Gegessen - Sonja Vukovic - E-Book

Gegessen E-Book

Sonja Vukovic

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Beschreibung

In Deutschland leiden immer mehr Mädchen und Jungen in immer jüngeren Jahren an Essstörungen. Eine davon war Sonja Vukovic, sie litt dreizehn Jahre an Anorexie und Bulimie. Mit ihrer eigenen Geschichte offenbart die heute Einunddreißigjährige schonungslos die Schrecken einer Essstörung, die sie fast ihr Leben gekostet hätte. Immer auf der Grenze zwischen Rausch und Krankheit führt Vukovic uns tief in ein Unheil hinein, in das jeder von uns stürzen könnte - und zeigt, wie sie es in ein gesundes und glückliches Leben schaffte.


Sonja Vukovic schreibt so fesselnd, dass man als Leser geradezu süchtig danach wird, zu erfahren, wie ihre Geschichte weitergeht. Zwischen Scheitern und Sehnen, Verzweiflung und Erwartung bricht Vukovic Tabus, macht Betroffenen Hoffnung und legt den Finger in die Wunde der Gesellschaft, die dem Rausch huldigt, Süchtige aber verachtet.

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Seitenzahl: 374

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Inhalt

CoverTitelImpressumEinleitungZitatPrologI. Die Fassade fälltII. Sinn der SuchtIII. Kampf um KilosIV. Eher tot als lebendigV. Zu sehr liebenVI. FühlenVII. Zeit zu heilenVIII. Friede der FamilieIX. Neues LebenX. Essen fürs BabyNachwort und Dank

Sonja Vukovic

gegessen

 

Wer schön sein will,muss leiden, sagt der Schmerz …

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Das Zitat auf Seite 195 mit freundlicher Genehmigung der Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek. Robin Norwood: Wenn Frauen zu sehr lieben, Reinbek 2012

 

Originalausgabe

 

Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

 

Textredaktion: Sylvia Gredig, Köln

Fotos: privat

Autorenfoto: © Olivier Favre

Titelgestaltung: Manuela Städele-Monverde unter Verwendung von Motiven von © Allan Jenkins / Trevillion Images

eBook-Produktion: Dörlemann Satz, Lemförde

 

ISBN 978-3-7325-2969-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

 

Dies sind meine Erinnerungen. Manche sind glasklar, andere wiederum im Lauf der Jahre etwas verblasst oder gar verdrängt. Manche Geschehnisse und Personen hat es genau so gegeben. Andere wurden, basierend auf der wahren Begebenheit, zum Schutz von individuellen Persönlichkeitsrechten stark abgewandelt. Insbesondere die Dialoge sind inhalts-, aber nicht wortgetreu wiedergegeben.

Dies ist meine Geschichte, sie hat keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.

 

I feel something so right

By doing the wrong thing

And I feel something so wrong

By doing the right thing

I couldn’t lie, couldn’t lie, couldn’t lie

Everything that kills me makes me feel alive

One Republic, Counting Stars

prolog

In dieser Nacht übertreibe ich es vielleicht etwas. Habe ich zu viel gegessen? Vielleicht breche ich auch zu viel auf einmal aus. Ich weiß es nicht. Jedenfalls bekomme ich das eben Erbrochene einfach nicht die Toilette hinuntergespült. Ich spüle und spüle, aber es will nicht wegrutschen. Stattdessen sammelt sich immer mehr Wasser im Klo, das sich mit dem Erbrochenen zu einer ekligen Kotzbrockensuppe mischt.

Okay. Also: Wenn ich mir das ansehen kann, dann kann ich auch hineingreifen! Ich schließe die Augen, halte kurz die Luft an, und dann versuche ich, den Kotzklumpen, der unten festsitzen muss, mit der Hand zu lösen. Aber ich komme nicht ran, meine Hand, die jetzt ellenbogentief im Klo hängt, bekommt einfach nichts zu fassen.

Ich hole die rote Gummi-Saugglocke aus dem Schrank unter dem Waschbecken, pumpe und pumpe, aber dabei rühre ich bloß alles durch. Scheiße! Was soll ich bloß tun? Verdammt!

Immer wieder treibe ich einem unsichtbaren Faden aus Verlangen hinterher in dermaßen abartige Situationen. Warum kann ich nicht ganz normale Mädchenprobleme haben, die man mit einem Abdeckstift wegretuschiert? Für mich bräuchte es ein Ganzkörper-Makeover, etwas, das alles verbirgt, was ich bin. Ich schäme mich. Jeden Tag. Jede Sekunde. Für weitgehend alles, was ich tue und bin.

Und kann doch nicht aufhören.

Als hinge mein Leben davon ab, das längst kein wirklich lebenswertes mehr ist, fresse und kotze und renne und hungere und betäube ich mich so häufig und so hart es eben nur geht.

Bin seit geraumer Zeit eine Hülle. Eine Hülle, die ich hasse. Außerstande darin irgendwas zu fühlen außer diesem Selbsthass. Und Angst. Und bohrende Zweifel. Traurigkeit.

Mir selbst nahe sein, mich spüren, das ist etwas, das ich einfach nicht ertragen kann.

Manchmal trinke ich mich selbst schön.

Oder nehme andere Drogen. Alles, um nicht hier und jetzt zu sein. Bei mir.

Mit diesem Buch spüre ich mir selbst nach und lege sämtliche Geheimnisse meines Lebens offen. Jedem gegenüber, der es liest. Ich trete damit aus meinem eigenen Schatten und werde um einige Beichten leichter. Um Leichtigkeit ging es in meinem Leben immer. Erst wollte ich weniger sein, später dann einfach nicht mehr so schrecklich kompliziert. Schließlich einfach: frei. Von Sucht. Von Leid. Von all der Scham.

Hier komme ich Antworten auf die Spur – und mir endlich etwas näher. Mit 31 Jahren, nach 13 Jahren Magersucht und Bulimie.

Was dieses Buch nicht ist: eine Anklage. Ich entschuldige und beschönige nichts – aber das vor allem aus der tiefen Überzeugung heraus, dass es zum Heilen einer Sucht, wie ich sie jahrelang hatte, dazugehört, ehrlich mit sich und zu anderen zu sein. Ich hege keinen Zorn und spüre keine Verzweiflung mehr. Ich habe keine offene Rechnung. Mit niemandem. Und ich bin auch nicht mehr enttäuscht von mir selbst. Ich bin durch. Was war, ist jetzt: gegessen.

Oder wie mein Mann sagte: »Sonja, vielleicht musst du das Buch jetzt schreiben, bevor die Erinnerungen an das, was dir geschehen ist, ganz verblassen.«

Berlin, März 2016

I. die fassade fällt

Als mich das Klopfen aus einem seichten Schlaf holt, streicheln bereits die ersten Sonnenstrahlen durch die Rollläden hindurch warm mein Gesicht. Die inzwischen fünftgrößte Stadt der USA, Phoenix, liegt mitten im sogenannten Valley of the sun, der Sonora-Wüste, die mit ihren rund 320000 Quadratkilometern von Mexiko bis Niederkalifornien und bis hierher, dem südwestlichen Teil von Arizona, reicht.

Um sechs Uhr morgens steht die Sonne schon steil und strahlt dann im Durchschnitt 13 Stunden am Tag, 325 Tage im Jahr. Zehn Monate lang bringt der Sommer Bedingungen, die bei uns in Europa als Klimakatastrophe gelten würden: Wenn man nicht aufpasst, bleibt Straßenteer an den Schuhen kleben, Wasser verdunstet quasi noch beim Auskippen, und viele Wagen fahren mit kaputten Reifen oder ohne Scheibenwischer, weil die Strahlen der Sonne das Gummi zerstören.

Alles, was ein Dach und Türen hat, ist darum auch mit Air Conditioning ausgestattet. An manchen Tagen ziehen Klimaanlagen in der Region mehr als die Hälfte des Stroms im Bundesstaat Arizona.

Für mich sind die Räume wie Kühlschränke.

Ich war schon immer ein Sonnenkind, und seit ich als Austauschschülerin hier lebe, nutze ich jede Gelegenheit, um draußen zu sein. Auch bei 40 Grad. Die McFinns, meine Gasteltern, schütteln lächelnd den Kopf, wenn sie mich von drinnen aus auf der Veranda oder im Garten hinter dem Haus lernen oder Sport machen sehen. Zur Hitze kommt eine Luftfeuchtigkeit von bis zu 50 Prozent hinzu, das macht jede Bewegung anstrengend, man schwitzt schnell.

Mir gefällt das. Mir gefällt alles hier – vor allem die Gewissheit, dass jetzt endlich alles anders wird. Dass ich nicht mehr an ihn denken muss. Nicht mehr an die Scham. Und vor allem: kein Fressen und kein Kotzen mehr. Stattdessen Sport und lernen. Und was soll ich sagen? Es geht. Wahnsinn, es geht wirklich!

Gabbie, Tom und ihre Tochter July sind alle drei fat. So nennen sie sich selbst: fett.

Sie sind warmherzige, lebenslustige Genussmenschen. Ich mochte sie auf Anhieb sehr!

Am ersten Tag bei ihnen zu Hause staunte ich nicht schlecht, als jeder für sich allein eine Familienpizza aß. Als ich sie probierte, verstand ich aber, wieso man davon kaum genug bekommen kann. Der Boden war sehr dünn und knusprig, der Rand weich und von einer unglaublich leckeren Öl-Würzmischung überzogen. Über scharfer, feiner Salami und knackigen Zwiebeln zerliefen drei verschiedene Sorten Käse. So eine Pizza hatte ich bis dahin noch nie gegessen. Dieser Mischung aus salzig-süßem Hefeteig und fettig-deftigem Belag konnte auch ich nicht widerstehen. Und noch im selben Moment, als ich mir ein weiteres Stück nahm, obwohl ich bereits satt war, graute mir schon vor dem, wovor meine Austauschorganisation Building Bridges (BB) uns gewarnt hatte: In der Vorbereitung auf das Austauschjahr hatten sie uns darauf hingewiesen, dass die Körper von Jugendlichen oft einige Monate brauchen, um sich an das Essen und das ungewohnte Klima zu gewöhnen. Ihre Haut wird oft pickelig und viele kommen mit zehn oder sogar mehr Kilos zusätzlich zurück aus den USA. Vor allem Letzteres eine Horrorvorstellung!

So wollte ich nicht enden. Die vergangenen zwei Jahre hatte ich zu hart meinen »Babyspeck« bekämpft, wie ihn meine Mutter und meine Oma gern nannten. Gut 15 Kilo hatte ich zu viel auf den Hüften gehabt.

Das Schwitzen und der Sport in der Hitze sollen mir gegen das Ansetzen neuer Pfunde helfen. Ich suche geradezu nach jeder Gelegenheit, Wasser, Kalorien und Gifte zu verlieren, viel Flüssigkeit nachzutrinken und, so weit mein heller Hauttyp das zulässt, Farbe zu gewinnen. Gebräunt sieht man schlanker aus.

Am Abend creme ich mich mit diesen süßen Vanille-Après-Lotions ein, die es hier in den überdimensionierten Grocery Stores gibt. In den USA haben Hygiene-Artikel Geschmack. Und sie duften nach Essen. Lebensmittel bekommt man in Ein-, Zwei- oder Fünf-Pfund-Boxen – Cornflakes und Milch, Steak am Knochen und Joghurt, Chips und Schokolade. Nach Belieben all das auch in den Varianten no fat, zero calories, low carbs oder light. Aber das schmeckt nicht und ist wegen der Zusatzstoffe auch nicht wirklich gesünder.

Das Amerika, das ich erlebe, ist extrem in jeder Hinsicht. Das Essen, das Wetter, das politische Geschehen. Doch als sei das nicht genug, wird auch sprachlich alles immer in Superlative gesetzt – sogar die Verniedlichungen. Alles ist amazing, gorgeous, pretty, sweetie, Hunde sind doggys, Katzen sind kitties.

Und ich bin jetzt Sunny – sunny, wie sonnig.

»Du lachst auch immer und strahlst richtig. Sunny ist der perfekte Spitzname für dich«, sagte Gastmutter Gabbie und lächelte warm.

Gabbie heißt eigentlich Gabriela. Sie ist 52 und arbeitet als Krankenschwester. Tom, 53, macht etwas mit IT. Außerdem engagieren sich beide in ihrer Baptisten-Gemeinde für Kinder, managen Jugendprojekte und nehmen als Betreuer an Reisen mit Kindern teil, deren Eltern ihnen das aus finanziellen, gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht ermöglichen können. July, 21, ist die Jüngste von insgesamt fünf Kindern, sie wohnt als Einzige noch daheim – und ich bin die erste Austauschschülerin, die bei den kinderlieben McFinns leben darf, nachdem die eigenen vier Söhne schon einige Jahre aus dem Haus sind.

Ich liebe es. Die Gastfamilie, die Schule, meine neuen Freunde. Und natürlich die Wärme und das Licht, die sich wie Komplizen schon morgens durch die Rollläden in mein Zimmer stehlen. All das macht mich endlich glücklich. Mit 16 Jahren fängt mein Leben an. Endlich!

Dieser Morgen ist anders.

»Sunny!«, ruft mein Gastvater Tom durch die Holztür. Er klopft wieder an, und es braucht ein paar Sekunden, ehe ich richtig wach bin und begreife, dass er in mein Zimmer möchte. Ein Blick auf den Digitalwecker rechts neben meinem Kingsize-Bett – die Betten hier sind so weich und groß, ich könnte ewig darin schlafen: Es ist 6:40 Uhr, Horizon High School startet heute doch erst um neun Uhr!

Ich ziehe die Decke komplett über mich drüber und murre: »Yaaaa. You can come in, Tom«, »Du kannst reinkommen.«

Tom öffnet die Tür. »It’s your mum«, sagt er und hält mir das schnurlose Telefon hin.

»Hallo Mama«, sage ich und bemerke, dass meine Stimme ein wenig weiterschläft. »Was ist denn los?«

»Ja, das will ich dich fragen, Sonja. Was ist bei euch los?«

»Wie? Was meinst du?«

»Hast du denn nichts gesehen? Das mit den Flugzeugen.«

»Was für Flugzeuge, Mama? Ich liege noch im Bett. Es ist noch nicht mal sieben Uhr. Normalerweise würde ich noch eine gute Stunde schlafen!«

»Ach, habe ich ganz vergessen, hier ist ja Nachmittag. Tut mir leid, ich bin etwas aufgeregt. Du musst mal den Fernseher anmachen, da sind zwei oder drei Flugzeuge gleichzeitig abgestürzt, in New York und in Washington D. C. Und die vermuten, das waren Terroristen.«

»Was?«

Noch bin ich nicht in der Lage, einschätzen zu können, ob wirklich etwas Schlimmes geschehen ist oder ob meine Mutter sich wieder einmal zu viele Sorgen macht.

»Mama, ich muss erst einmal aufwachen. Kann ich dich später zurückrufen?«

»Ja, mach das. Aber geh am besten heute nicht in die Schule. Bleib zu Hause. Wer weiß, was noch passiert.«

»Ja, Mama … mal schauen.«

»Pass auf dich auf.«

»Ja, Mama.«

»Und melde dich.«

»Ja. Mama. Mache ich«

»Tschüss, bis später. Melde dich auf jeden Fall, ja?«

»Ja, bis später.«

Gleich links neben meinem Zimmer, das eigentlich das Zimmer des ältesten Sohnes der McFinns, Marc, 34, ist, liegt ein Bügel- und gleich dahinter das Schlafzimmer von Tom und Gabbie. Gegenüber davon ist das Bad. Ich gehe rein, lasse kaltes Wasser ins Waschbecken laufen und stecke mein Gesicht hinein, trockne es ab und gehe schnell wieder raus. Normalerweise dusche ich sofort nach dem Aufstehen, um fit zu werden und klar denken zu können. Aber jetzt muss ich wissen, was passiert ist.

Als ich durch den Flur zum Wohnzimmer gehe, sehe ich, dass Tom und Gabbie es genauso gemacht haben. Sie sitzen mit zerzausten Haaren, kleinen Augen und großen Tassen Kaffee in ihren Pyjamas auf dem beigen Viskose-Teppichboden vor dem Sofa und starren den Fernseher an. Verschiedene, aufgeregte Stimmen kommen aus dem Gerät, aber so auf die Schnelle verstehe ich nicht genau, was sie sagen. Zumindest erschließt sich mir der Zusammenhang nicht.

Es wird Monate dauern, bis irgendjemand die Zusammenhänge dieses Tages vollständig herausfinden und Gründe für das benennen kann, was allem zum Trotz wohl immer unbegreiflich bleiben wird.

Ich verstehe jetzt erst einmal gar nichts. Nach zwei Monaten in Amerika kann ich immer noch nicht perfekt Englisch sprechen, hinzu kommt, dass das Amerikanische ganz anders klingt als britisches Englisch. Bei vielen Vokabeln rate ich noch, was sie bedeuten können. Verdammt, hätte ich doch in der Schule besser aufgepasst! Oder wäre ich doch einfach klüger und könnte mir alles besser merken!

Andererseits: Ich denke immer, dass ich etwas falsch mache. Falsch bin. Auf jeden Fall nicht gut genug. Das ist eine Macke, die ich einfach nicht loswerde, auch wenn mein Kopf es eigentlich besser weiß. Weiß, dass ich zu streng zu mir selbst bin. Aber wann immer etwas besonders laut ist, besonders hektisch, kritisch, missverständlich oder einfach bloß sehr viel Aufmerksamkeit erregt und ich irgendwie mithalten muss beim Verstehen, Diskutieren, Schön- oder Klugsein, überfällt mich blanke Panik. Ich kann einfach nichts dagegen tun, irgendetwas Kaltes, Dunkles, Unheilvolles packt mich am Nacken und drückt mich vor lauter Scham in die Knie.

Verwirrt und verschämt laufe ich am Sofa vorbei, links davon führt ein runder Esstisch aus hellem Holz mit sechs Stühlen in die Küche. Der Viskoseteppich endet hier, ich laufe barfuß auf weißen, quadratischen Fliesen weiter.

Mir gefällt es, dass Küchen- und Wohnbereich in typischamerikanischen Häusern direkt ineinander übergehen, so sind alle Familienmitglieder beisammen, auch an Tagen, an denen viel gekocht wird, an Thanksgiving zum Beispiel. Oder Christmas.

Die Wohnküche der McFinns ist durch und durch in Pastell gehalten. Zartrosa Wände, karamellfarbene Einrichtung, und sie haben so eine neumodische Kapsel-Kaffeemaschine in Hellblau. Ich drücke oben auf den Knopf, es summt und surrt und wenige Sekunden später läuft ein starker, heiß gebrühter Kaffee in die Tasse. In dem Gefäß für Milchschaum gibt es noch einen Rest. »Darf ich die Milch haben?«, frage ich.

»Natürlich«, sagt Tom regungslos.

Ich erkenne auf dem Fernsehbild das Logo von »CNN News«, daneben einen Splitscreen, der mir aus der Ferne nicht viel mehr zeigt als graue und schwarze Rauchwolken. Als mein Milchkaffee fertig ist, gehe ich rüber und setze mich hinter die McFinns auf die Couch. Ohne dass ich frage, sagt Tom: »Da sind zwei Flugzeuge in das World Trade Center geflogen. In der Gegend halten sich bestimmt Zehntausende Menschen um diese Uhrzeit auf. Und ein weiteres Flugzeug ist in das Pentagon gestürzt. Eine Katastrophe.«

»Das ist ein Terroranschlag auf die Vereinigten Staaten von Amerika«, sagt Gabbie und zieht ihre Stirn kraus.

Jetzt ist es in Phoenix kurz vor sieben Uhr, in New York drei Stunden später. Das TV-Bild zeigt, wie sich mir aus der Moderation erschließt, seit über einer Stunde diese zwei riesigen Löcher in den zwei Wolkenkratzern links und Rauchwolken über einem Gebäude, das das US-Verteidigungsministerium sein muss, rechts.

Plötzlich reißt Tom die Arme über seinen Kopf, Gabbie schlägt ihre Hände vor den Mund: »Oh my god!«, ruft Tom. »Oh my goodness! Look at that!« Im Bild erscheint ein Korrespondent, man sieht, wie er in Richtung des World Trade Centers schaut. Oder, wie der Anblick des Hintergrunds befürchten lässt: in die Richtung, wo das WTC einmal war. Eine mehrere Blocks umfassende Rauchwolke türmt sich zu einem pilzförmigen Aschemonster auf, das die umliegenden Gebäude zu verschlingen scheint. Der Reporter, dessen Hinterkopf man sieht, ist sprachlos. Er sagt nur immer wieder, er könne den Südturm nicht mehr sehen. »I can not see the south tower. I can not tell, what happened, I can not see behind the cloud of smoke. I can not see anything.«

»Er ist eingestürzt«, sagt Tom.

Im Laufe des Tages stürzt auch der Nordturm ein und ein viertes Flugzeug bei Pennsylvania ab. Nach und nach werden sämtliche Flughäfen in allen US-Bundesstaaten gesperrt, die amerikanische Börse bleibt geschlossen, und auch Disneyland in Florida und Disneyworld in Kalifornien machen zu. Präsident Bush versetzt das Militär in Alarmzustand, und die Army lässt Regierungsgebäude, das UN-Hauptquartier sowie Teile der Städte New York und Washington evakuieren. Foot- und Baseballturniere in ganz Amerika fallen aus. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten stößt an die Grenzen des Begreifbaren.

Der Terror trifft die Nation, 3000 Menschen, zählt man später, sterben.

Mein Unterricht fällt aus. In der Schule schauen wir weiter Fernsehen, anders als sonst folgen alle Schüler aufmerksam dem, was vorn gesprochen wird. Manche weinen, andere zeigen sich wütend oder patriotisch. Einige sprechen auch von Vergeltung, doch noch weiß keiner, welche die angemessene Reaktion auf so eine Tat ist. Noch wissen wir nicht einmal sicher, wer und was dahintersteckt. Immer wieder höre ich einen Namen, den ich zuvor noch nie gehört habe: Ossamabinlahden. Und dass der ein Gegner der westlichen Lebensweise sein soll.

Niemand, den ich kenne, hat jemanden gekannt, der heute sterben musste – aber »es sind Brüder und Schwestern«, sagen viele Schülerinnen und Schüler. In den Pausen beten mehr als 100 von ihnen in der Bibliothek für die Verstorbenen und ihre Angehörigen, andere versammeln sich vor der Flagge der Vereinigten Staaten, die in der Turnhalle als fünf mal sieben Quadratmeterversion an einer Wand hängt, legen ihre rechte Hand aufs Herz und sprechen The Pledge of Allegiance, den Treueschwur gegenüber der Nation.

Die Lehrer diskutieren mit uns über mögliche Militärschläge, über Religion und über Krieg. Manche nutzen die Gelegenheit, dass ich in ihren Reihen sitze, um über Hitler-Deutschland zu sprechen und den »feigen Pazifismus« der heutigen Bundesrepublik. Rund um die Uhr füllt die Sondersendung »America United« die TV-Sender.

Am Abend klärt Tom mich über Osama bin Laden auf. Und US-Präsident George W. Bush spricht zur Nation – und wohl auch zu Osama bin Laden. Seine Worte klingen in meinen Ohren kalt, so als wären ihm die vielen Tausend Einzelschicksale egal. So, als sei alles Politik, alles Vaterland, alles eine Frage der Ehre. Wer denkt an all die Männer, Frauen und Kinder, die jetzt ohne Eltern, Mann, Frau, Söhne oder Töchter sind? Ich bin müde und ziehe mich zurück, um erst meine Mutter anzurufen und dann meine E-Mails zu checken.

Seit etwa einem Jahr nutze ich jetzt Lycos. Aber es nervt mich eigentlich, dieses Einwählen ins Netz, und dass man entweder telefonieren oder E-Mails schreiben kann. Das birgt ständig Streitpotenzial mit allen, zu Hause in Deutschland mit meiner Mutter und meinem zwei Jahre jüngeren Bruder – mein Vater lebt, seit meine Mutter ihn vor drei Jahren endlich verließ, nicht mehr mit uns zusammen –, und auch hier mit den McFinns. Wobei die McFinns wirklich großzügig sind, ich darf ihr Arbeitszimmer, ihr Telefon und Internet benutzen, wann und so oft ich will.

»Hallo Sonja Vukovic. Sie haben drei neue Nachrichten …«

Eine E-Mail ist von Andrew Heinrich, hiesiger Leiter von BB, der Austauschorganisation. Ich solle mich in der kommenden Woche nicht in der Nähe irgendwelcher öffentlichen Gebäude aufhalten. Und: Die Reise nach Washington D.C und New York, die wir deutsche Bundestagsstipendiaten im Oktober hätten antreten sollen, sei aus Sicherheitsgründen abgesagt. Ich hätte das Weiße Haus gern einmal gesehen, aber im Grunde hatte ich es mir seit heute Morgen schon gedacht, dass das nicht mehr passieren würde.

Eine andere Nachricht ist von Silvia, meiner besten Freundin in meinem Heimatdorf. Sie hat wieder einen neuen Freund. Im Anhang sind Bilder. Bomberjacke, kurze Haare, Nike Air Max. Ein Nazi, na toll. Ich antworte nicht.

Die letzte E-Mail ist von Frau Birnstein, der Politikchefin der Erkelenzer Lokalredaktion der »Rheinischen Post«. Ich soll dringend einmal anrufen, schreibt sie. In Deutschland ist es jetzt Nacht.

1999, zwei Jahre zuvor, schrieb ich meinen ersten Artikel für die »Rheinische Post«. Dazu war ich zufällig gekommen, durch eine Lüge, um ganz genau zu sein. Als 14-Jährige hatte ich Jazz- und Modern Dance (JMD) in der Regional-, später auch in der Zweiten Bundesliga getanzt. Und als mich der Reporter, der uns zu Turnieren begleitete, einmal fragte, was ich werden wolle, sagte ich: Journalistin.

Etwas Besseres fiel mir in diesem Moment nicht ein, doch ich hatte kurz zuvor meinen Moped-Führerschein gemacht und so kam es mir gerade recht, dass der Journalist mir anbot, ich könne mein Taschengeld als »Rasende Reporterin« in seiner Redaktion aufbessern. Bambini-Fußballturniere, Jahreshauptversammlungen von Leichtathletik- und Schützenvereinen sowie lokale Karnevalsumzüge waren ab dann mein Themenfeld. Mit einem blauen Regencape fuhr ich auf meiner 25-km/h-Maschine von Dorf zu Dorf und trug jede Strecke akribisch in das Fahrtenprotokoll ein. Es gab 70 Pfennig Kilometergeld und eine Mark Lohn pro Zeile. Im Monat kam ich so locker auf 200, 350 Mark, also gut 100, 150 Euro. Für eine Schülerin nicht wenig.

Unglaublich, dass ich all das Geld die Toilette hinuntergespült habe.

Am 12. September 2001 fragt mich RP-Politikchefin Birnstein am Telefon, ob ich nach den Anschlägen auf das World Trade Center Auslandskorrespondentin für die »Rheinische Post« sein wolle. Zwar bin ich in Phoenix immer noch mehr als dreieinhalbtausend Kilometer vom Geschehen entfernt – aber näher dran als die Journalisten in Deutschland.

Am nächsten Tag erscheint »Tränen und Wut in der Schule« auf der Titelseite.

In diesen Tagen ist das Schreiben meine Hauptbeschäftigung. Noch eine ganze Reihe Artikel über »Das Amerika nach 9/11« folgen. Und ich sauge jedes Fünkchen Anerkennung, das mir zuteilwird, auf. Vor allem aber bin ich stolz auf mich, weil ich immer noch keiner einzigen Fressattacke erlegen bin. Ich habe also den richtigen Schritt getan, ich bin weit genug fortgegangen, von ihm. Von allem, was war.

Als sich ein paar Wochen später der beliebteste Junge der Schule in mich verliebt und mein Name auf Platz eins des Schüler-Votings »Hottest Girls in High School« steht, scheint mir mein Glück geradezu perfekt. Einziger Wermutstropfen ist, dass man mich in die Junior High gesteckt hat, nicht in die Senior Class. Anders als andere Austauschschüler kann ich deshalb kein High-School-Abschlusszertifikat in schwarzem Talar entgegennehmen und habe daher auch nicht die Chance, an der Prom Night, einer Art Abschlussball, teilzunehmen.

Erst einmal.

Der beliebte George ist in der Senior High, und nachdem er sich meinetwegen von der schönen Courtney getrennt hat, werden wir ein Paar. Die Prom Night stellt sich mir so dann doch noch in Aussicht – doch zum Schluss schaffe ich es nicht dorthin.

Das ist aber eine andere Geschichte. Eine Geschichte, die mit Schreien im Wind beginnt:

In mir ist ein Schmerz. In diesem Punkt sind George und ich wohl Seelenverwandte. Er ist von seinen Eltern vor die Tür gesetzt worden, weil er sich – er ist 17 – einen Ohrring hatte stechen lassen. Das sieht tatsächlich nicht gerade besonders gut aus, finde ich, aber für die Tellers ist es ein Verbrechen gegen Gott. Die Tellers sind Mormonen. Sie haben acht Kinder und gehen täglich in die Kirche. Sie leben für Gott, streng nach den Regeln ihres Glaubens. Einer von Georges drei älteren Brüdern lebt seit seinem 15. Lebensjahr nicht mehr zu Hause, weil seine Eltern nicht akzeptierten, dass er eine Freundin hatte. Eine ältere Schwester ist mit 14 Jahren abgehauen, seither fehlt jeder Kontakt zu ihr. Dagegen war Georges Ohrring ein vergleichbar harmloses Zeichen der Rebellion.

Er hat Unterschlupf bei einem Freund gefunden, beide finanzieren sich gemeinsam eine 30-Quadratmeter-Wohnung mit Klo auf dem Flurgang durch Jobs als Fastfood-Kellner nach der Schule. Wenn George nicht arbeitet und ich nicht Sport treibe oder schreibe, verbringen wir viel Zeit in diesem dunklen Loch ohne Tapete und mit einem Bunsenbrenner, der als Herdplatte und zum Kaffeekochen dient.

Oder wir cruisen mit seinem zehn Jahre alten Pontiac Firebird durch die Stadt, drehen die Fensterscheiben runter und die Musik auf, hören Linkin Park. Immer und immer wieder dieses eine Lied:

Crawling in my skin

These wounds, they will not heal

Fear is how I fall

Confusing what is real

There’s something inside me

That pulls beneath the surface

Consuming, confusing

This lack of self-control I fear, is never ending

Wir kreischen mit. Beide. Wenn wir das Lied hören, und wir hören es immer laut, singen wir diese Zeilen, bis unsere Stimmen versagen. Es ist, als stießen wir aus unseren Zwerchfellen all das heraus, was uns Qualen bereitet. Unsere Schreie verstummen dann im Fahrtwind.

An einem Nachmittag Ende September, als ich gerade am Schreibtisch sitze und Mathematik-Hausaufgaben mache, klopft Tom wieder an meine Zimmertür. »Da ist ein Fan dran«, meint er. Ich schaue irritiert. »Ein Fan?« Tom zieht die Schultern hoch und reicht mir das Telefon. Ist es vielleicht George?

»Hallo?«, sage ich.

»Amerika scheint dir gutzutun«, sagt der Mann am anderen Ende der Leitung.

Es wird schwarz vor meinen Augen. Und mein Kopf fühlt sich wie eine Trommel von innen an: leer. Und betäubend laut. Mein Geist steigt aus meinem Körper und sieht auf das Mädchen, das mit einem Winkel, einem Lineal und Zirkel bewaffnet vor seinen Mathematik-Hausaufgaben sitzt. Seine Arme und Beine brennen von innen, und es gibt keinen Funken Kraft darin.

O Gott.

Es könnte den Zirkel nicht einmal heben, nicht zustechen, wenn man ihm jetzt etwas täte. Gedanken schreddern sich durch seinen Kopf und finden kein Ende. Sie schreddern und schreddern sich in die entlegensten Winkel seines Gehirns, immer weiter, bis da nichts mehr ist außer einem Flimmern und Piepsen, das wuchert, sich ausbreitet und wie tausend Nadelstiche herumpiekst in Erinnerungsfetzen, die einfach zu schwer sind für einen kleinen Menschen.

Mein Atem geht laut und schnell, und als ich bemerke, dass er das hören muss, halte ich den Atem an.

»Hat es dir die Sprache verschlagen?«, fragt er.

»Woher hast du diese Nummer?«

»Von deinen Freundinnen. Du weißt doch, ich treffe einige davon immer bei den Leichtathletik-Turnieren, und ich wollte meinem Schützling mal gratulieren. Du bist ja jetzt ein kleiner Star.«

»Es geht mir gut. Und so soll es bleiben. Warum rufst du an?«

Ich zittere. Mir ist nicht kalt. Es ist, als ob dieses Zittern mich auflöst und in Pigmente zersetzt, die wie ein grauer Schleier über mir schweben und sich verlieren.

»Ich vermisse dich«, sagt er.

Stille.

»Ich habe gesagt, ich fange jetzt ein neues Leben an.«

»Aber ich liebe dich. Und seit du weg bist, weiß ich nicht, wie ich weiter leben soll. Ich werde meine Frau verlassen.«

»Ich will das nicht hören. Und ich will auch nicht telefonieren. Tschüss.«

Das Telefonat dauert fast eine Stunde. Immer wieder will ich auflegen, aber ich schaffe es nicht. Er sagt, er wolle sich umbringen, wenn ich nicht zu ihm zurückkäme. Er sagt, ich sei großartig und dass aus mir etwas ganz Besonderes werde.

Ich erinnere ihn daran, dass der Deal war, dass ich niemals jemandem ein Wort darüber sagen werde, was geschehen ist, wenn er mich nur in Ruhe lässt.

Er sagt, ich sei das Einzige, was ihn am Leben hält, und wenn er sich morgen töte, sei das meine Schuld.

Ich sage, dass solche Worte der Grund sind, weshalb ich jetzt allein an mich denken muss.

Er weint.

Und ich weine.

Und ich sage, ich bin krank.

Crawling in my skin / These wounds, they will not heal / Fear is how I fall / Confusing what is real.

Er überhört meine Bitte, mich in meinem neuen Leben in Ruhe zu lassen. Er meint, ich habe ihm viel zu verdanken.

Ich schreie: »Du liest doch so unglaublich viel. Dann nimm dir mal ein Scheißbuch und lies mal ein scheißbisschen was über die Scheißbulimie. Lies von Essstörungen und Magersucht, lies von der Sucht, immer weniger sein zu wollen. Lies, warum ich meinen Körper ablehne, warum ich nachts schwitze und tagsüber zittere. Lies, warum ich mich hasse. Anstatt dich. Lies, was du aus mir gemacht hast.«

Ich lege auf, als ich den Hörer nicht mehr halten kann.

Nach einer Weile, in der mein zersetztes Selbst sich form- und orientierungslos im Raum verloren hat, reiße ich mich zusammen, nehme meinen iPod und meine Sportsachen und gehe ins Badezimmer. Kaltes Wasser ins Becken. Gesicht rein. Luft anhalten. There’s something inside me / That pulls beneath the surface. Auftauchen. Leben. Trotz allem. Haare zum Zopf binden. Loslaufen. Bei 40 Grad schwitzen, so viel es geht. Rennen, so weit die Füße tragen. Und schreiend singen:

Against my will I stand beside my own reflection

It’s haunting

How I can’t seem

To find myself again

My walls are closing in

I’m convinced that there’s just too much pressure to take

I’ve felt this way before

So insecure

Als ich wieder zu Hause ankomme, ist es bereits dunkel. In Phoenix – ich glaube, in ländlichen US-Gebieten überall – schließen die Menschen weder ihre Häuser noch ihre Autos ab. Alles ist durch Alarmanlagen gesichert und hoch versichert. So komme ich einfach rein, obwohl niemand daheim ist. July übernachtet wohl wieder bei ihrem Collegefreund. Und heute ist Kirche. Es wird neun Uhr sein, ehe Tom und Gabbie heimkehren.

Ich gehe duschen. Trockne mich ab, creme mich ein und föhne die Haare an. Das alles geht so schnell, ich nehme mich selbst nicht wahr, und wenn ich später an diesen Abend zurückdenke, kann ich zwar gedanklich rekonstruieren, was passiert ist. Aber ich habe kein Gefühl dazu.

Nur eins: Hunger. Ich verhungre geradezu. Und ich hasse es, wenn ich Hunger habe. Am liebsten hätte ich nie Hunger.

Es gab Zeiten, in denen war das so. Nach zwei Tagen ohne Essen gewöhnt sich der Magen daran. Er knurrt dann nicht mehr, und irgendwann, nach ein paar Tagen, vergeht auch der Appetit. Das ist sehr gut, das macht es viel einfacher. Und es macht stolz.

Der Kampf gegen den Hunger ist hingegen sehr deprimierend. Man verliert so oder so – entweder gegen dieses unangenehme körperliche Empfinden, das uns Menschen dazu veranlasst, Nahrung zu sich zu nehmen. Oder gegen das unangenehme Körperempfinden, das mich dazu veranlasst, keine zu mir zu nehmen. Ich hasse diesen Konflikt. Darum umgehe ich ihn am liebsten, indem ich gar nicht esse und dann gar nicht mehr hungrig bin.

Aber in den USA ist selbst das besonders schwierig. Schon nach den ersten Wochen fühle ich mich wie Obelix, der in ein Fass voller Zauberelixier gefallen ist und immer mehr und mehr möchte, obwohl es lange schon reicht. So als sei ich nach außen hin stark und kräftig, innen aber schwach und voller Gelüste.

Okay, ein Salat mit Ei, ohne Dressing, nehme ich mir jetzt zum Abendessen vor. Oder: etwas Obst mit Zero-Fat-Yoghurt? Oder doch zwei Knäckebrot-Scheiben ohne Butter, belegt mit Pute und Zero-Fat-Käse?

Als ich den Kühlschrank aufreiße, sehe ich die ölig-knusprig gegrillten Chicken Wings vom Vortag. Und dieses Frozen-Yoghurt, das hier als leichtes Dessert gilt, obwohl der Joghurt 11 Prozent Fett und meist Smarties oder Brownies oder anderen Knusperkram als Topping hat. Ich weiß, im Brotkorb liegt dieses unfassbar leckere Knoblauchbrot, natürlich weiß, pures Weizen, bestreut mit Salz. Ich sehe den Käse und den Ketchup und die XXL-Trüffelschokolade. Und die Milch und die Mayonnaise und die Erdnussbutter und die Honey Nut Cherios – Frühstückszerealien mit Nuss und Honig. Und ich stelle fest: Heute ist mir doch alles egal.

Zu Hause in Deutschland habe ich von meinem kleinen Reporterinnen-Salär bis zu meinem Abflug in die USA quasi täglich die Menge an Lebensmitteln eingekauft, von der eine Großfamilie leben kann. Ich haben das Essen mit meinem Roller transportiert und in großen Taschen heimlich am Wohnzimmer – in dem meine Mutter sich meist aufhält – vorbei in mein Zimmer, das im ersten Stock unserer Doppelhaushälfte liegt, getragen.

Die 70 Quadratmeter große Mietwohnung gehört einem älteren Bauernpaar im Dorf, es gibt einen Hof und eine alte Scheune, aber keine Tiere mehr und leider auch keinen Garten. Aber wir fühlen uns dort wohl – besonders mein zwei Jahre jüngerer Bruder, der sich unter dem Dach sein ganz eigenes Reich mit allen möglichen Spielkonsolen und einem selbst gebauten Minitonstudio geschaffen hat, in dem er deutschen Hip-Hop schreibt und aufnimmt. Über seine Texte lerne ich ihn besser kennen als sonst im Alltag. Wir streiten uns häufig, und er nervt mich mit seinen doofen Jungssprüchen. Aber seit ich seine Musik kenne, weiß ich, dass er eigentlich ein sehr einfühlsamer, kluger und nachdenklicher Kerl ist.

Und was macht seine große Schwester?

Ich habe zwischen Schule und Tanzproben – ich tanze seit meinem vierten Lebensjahr – nichts Besseres zu tun, als mich in meinem Zimmer einzuschließen, all das Essen auszubreiten, das ich eingekauft habe, und es in mich hineinzustopfen. Ich schäme mich bei dem Gedanken. Es darf mich niemals jemand dabei sehen – das wäre das Peinlichste, das ich mir vorstellen kann.

Also, nur für alle Fälle, dass July nicht auswärts übernachtet und doch noch nach Hause kommt oder falls Tom und Gabbie – aus welchem blöden Zufall auch immer – früher zurück sind: Ich will vorsichtig sein und nehme erst einmal nur zwei Scheiben weißes Toastbrot aus dem Schrank und bestreiche sie so dick, wie es nur eben geht, mit Erdnussbutter. Dann kommt noch Marmelade oben drauf, das habe ich bei Gabbie oft gesehen, mich aber noch nie getraut, so ein Sandwich zu essen. Das muss die absolute mega Kalorienbombe sein. Und unfassbar lecker.

Beide Brote esse ich sofort auf. Ich mache dasselbe noch einmal und verschlinge auch das dritte und vierte Brot, als hätte ich seit Wochen keine Nahrung zu mir genommen.

Dann nehme ich die Chicken Wings aus dem Kühlschrank. Es sind noch fünf und ganz sicher würde Tom die später noch essen wollen. Kurz halte ich inne: Soll ich trotzdem?

Eigentlich ist jede Art von Frage zu diesem Zeitpunkt rhetorisch. Völlig zwecklos. Ich denke sie mir zwar, aber wohl nur aus Anstand, Scham oder dem verzweifelten Versuch heraus, doch noch etwas gegen das zu machen, was jetzt kommt. Denn schon seit dem ersten Bissen in dieses Peanut-Butter-Jelly-Sandwich funktioniert mein limbisches System im Autopilot. Das kenne ich schon.

Wie oft habe ich schon am Anfang einer Fressattacke gedacht: Das ist das letzte Mal. Oder: Wenn ich jetzt aufhöre, dann habe ich zwar etwas zu viel gegessen – aber ich werde nicht fett und muss das nicht unbedingt auskotzen. Nie haben solche Gedanken dazu geführt, dass ich wirklich aufhörte. Es ist, als ob ich das dann gar nicht mehr kann.

Ich nehme die unfassbar leckere Honey-Chilli-BBQ-Sauce aus dem Kühlschrank und die Wasabi-Knoblauch-Sauce auch. Dann löffle ich von beiden zirka 100 Gramm auf einen Teller und tunke das erste Chicken Wing – kalt – in beide Dips. Ich weiß, Tom wird mich fragen, wo die restlichen Chicken Wings sind. Er wird sicher auch etwas verwundert sein, denn normalerweise esse ich ja vor allem abends nur leichte Sachen. Vielleicht bin ich dann sogar schuld, dass er traurig ist, weil er die Hühnerflügel nicht mehr selbst essen kann. Aber dann ist das eben mal so. Er wird mich deshalb schon nicht aus dem Haus werfen.

Damit die McFinns mir glauben, dass ich nur ausnahmsweise mal etwas Fettiges gegessen habe, und damit sie meine Fressattacke nicht erahnen, spüle ich Besteck und Geschirr und räume es zurück in den Schrank, ehe ich das nächste Essen aus dem Kühlschrank nehme. Außerdem beschränke ich mich jetzt nur noch auf Dinge, deren Fehlen nicht gleich auffällt – eine große Schüssel Honey-Nut-Cherios, viel Milch, noch mehr Nüsse, mit Erdnussbuttercreme garniert. Ein paar Käseschreiben bestrichen mit sahnigem Kräuter-Frischkäse, ein paar Stücke saftige Salami dazu, alles kurz in der Mikrowelle erhitzt. Ein halbes Dutzend White-and-Black-Chocolate-Cookies, zwei Hand voll Chips, ein paar Löffel Eiscreme und zwei Stangen von diesem ölig-knusprigen Knoblauchbrot – getunkt in pure Butter.

Dann bin ich auch schon voll.

Es passt nichts mehr in meinen Magen rein. Das ist eigentlich ungewöhnlich. Mit der Zeit war mein Magen nämlich immer größer geworden und vor drei Monaten, als ich noch in Deutschland war und bis zu zehn Mal am Tag solche Essanfälle hatte, hätten da jetzt noch mindestens zwei Burger, eine große Portion Pommes und ein Stück Streuselkuchen hineingepasst.

Auch wieder neu ist das Gefühl von Übelkeit. Das hatte ich am Anfang, aber nach etwa ein, zwei Monaten verschwand das. Der Magen kann größer und auch wieder kleiner werden, er gewöhnt sich an fast alles. Nach drei Monaten Abstinenz war er nun wohl geschrumpft.

Schnell spüle ich den letzten Löffel und die Schüssel, trockne alles ab und lege die Dinge wieder zurück, wo sie hingehören. Dann gehe ich ins Bad, klappe den Deckel und den Toilettensitz hoch und beuge mich nach vorn. Es geschieht nichts.

Okay, nachhelfen. Rechten Zeigefinger in den Mund und die Gaumenmandel kitzeln.

Mein Magen krampft. Ich würge. Etwa zwei Drittel des Essens kommen rückwärts wieder aus mir heraus. Geht doch. Rasch etwas Wasser am Hahn trinken. Zwei Minuten warten. Dann dasselbe noch mal. Noch mehr Wasser. Warten. Würgen. Beim dritten Mal kommt üblicherweise nur noch das Wasser mit etwas Magensäure wieder raus. Dann weiß ich: Der Magen ist wieder leer.

Ich gehe in mein Zimmer und lege mich aufs Bett. Ich starre an die Decke und aus meinem Körper weicht die Anspannung. Es kribbelt überall, meine Lider werden schwer und alles wird weiß. Das ist das beste Gefühl auf der ganzen Welt. Wenn alles weich und locker wird an mir und ich mich schwerelos fühle, so als schwebte ich, so als stünde die Zeit still, und alles in mir ist langsam und leise. High sein vom Kreislauf, der da kollabiert, ich fühle mich buchstäblich leer. Das ist geil. Nur wenn sich dann, irgendwann, Schweißperlen auf der Stirn bilden, weiß ich, es ist Zeit, ein Stück Traubenzucker einzuwerfen, und dann ist alles schnell wieder vorbei. Dieses Mal müssen es zwei kleine Stückchen Schokolade sein, etwas Besseres habe ich gerade nicht.

Nach drei Monaten ohne Fressen und Kotzen fühlt es sich sogar fast wieder an wie am Anfang – so befreiend. Ätzend wird es erst, wenn der ganze Alltag nur noch daraus besteht, die Kalorien zu zählen, die ich drin behalten will, die ich auskotzen muss, die ich verbrennen kann. Wenn ich nur noch esse, damit mir nicht schwindelig wird, und kotze, damit ich nicht zunehme. Irgendwann, wenn alles nur noch Zwang ist, geht es mir richtig dreckig. Darum hatte ich mir ja auch so fest vorgenommen, in den USA damit aufzuhören.

Scheiße, denke ich. Das kann so doch nicht weitergehen.

Jedenfalls nicht für immer.

»Sonja, we need to talk to you, can you please come for a few minutes?«, fragt Gabbie ein paar Wochen später, als ich gerade draußen im Garten wieder mein Aerobic-Programm abreiße. Sie klingt ernst. O nein, bitte, bitte, lieber Gott, lass sie nichts gemerkt haben!

Ich trockne mir mit einem Handtuch kurz den gröbsten Schweiß aus dem Gesicht, von den Armen und Beinen. Dann nehme ich einen Schluck Wasser und gehe hinein in die stark gekühlte Wohnküche.

»Kann ich kurz duschen gehen, ich erkälte mich sonst?«, frage ich Gabbie.

»Ja klar, kein Problem. Wir warten hier.«

Die Dusche stelle ich so ein, dass das Wasser eiskalt ist. Das mache ich immer so, das macht mich fit und hält die Haut gut durchblutet und straff. Man kann nie früh genug damit anfangen, präventiv gegen Cellulite vorzugehen.

Was kann ich den McFinns nur sagen, wenn es jetzt wirklich um das Essen geht, das fehlt?, überlege ich. Ob sie etwas ahnen? Die ganze Familie isst doch so viel, da wird das bisschen mehr, das ich jetzt täglich mehr zu mir nehme, doch nicht aufgefallen sein. Und wenn doch?

Eine Ausrede fällt mir ein! Ich habe etwa zu der Zeit, als ich auch meinen Rückfall hatte, gerade angefangen, hier in einem Studio Jazz und Modern Dance zu tanzen. Ich tanze seit zwölf Jahren, nehme seit meinem neunten Lebensjahr an Turnieren teil. In den USA hatte ich das Training total vermisst. Beim Tanzen kann ich mich ausdrücken. All meine Kraft, meine Wut, all meine Hoffnungen fließen in die Bewegung. Das Schöne am Jazz und Modern Dance ist, dass es eine Mischung aus harten und sanften Abläufen bildet – so was wie ein Ballett-Hip-Hop-Show-Tanz-Mix. Mal streichelt man sanft die Luft, gleitet, berührt mit der Haut den Boden oder die Körper der anderen Tänzerinnen wie ein romantischer Kuss. Mal schlägt man um sich, klatscht, als fange das Leben jetzt erst an, und stampft, als wäre man tausend Tonnen reinste Motivation. Tanzen ist pures Glück.

Obwohl ich zu Hause an überregionalen Wettbewerben, ja sogar an Weltmeisterschaften teilgenommen hatte, dachte ich, als ich zum ersten Mal bei einem Training in Phoenix war, ich würde niemals so gut sein wie die anderen des Teams. Zu meiner Überraschung hatte die Trainerin mich ziemlich bald in den vordersten Reihen aufgestellt. Vorn tanzen heißt vortanzen. Drei Mal die Woche ging ich jetzt hin – und das brauchte natürlich Kraft und mehr Energie. Wenn die McFinns mich darauf ansprechen, dass ich jetzt mehr esse, dann erkläre ich das damit. Gute Idee!

Zehn Minuten später sitze ich mit feuchten Haaren am Esstisch. Tom und Gabbie setzen sich zu mir.

»Was ist los?«, frage ich. Mein Herz schlägt wie verrückt.

»Wir haben eine nicht so schöne Nachricht. Leider kannst du nicht weiter bei uns wohnen«, sagt Tom.

Damit habe ich jetzt gar nicht gerechnet. Mist! Das gibt es doch gar nicht! Bin ich eine Last? Haben sie es gemerkt und wollen mich jetzt nicht mehr?

»Aber … aber warum denn?«

»Du weißt doch, wir haben vier Söhne. Zwei hast du kennengelernt, David und John. Aber Patrick und Marc kennst du noch nicht.«

An meinen Schläfen fühle ich pochende Schmerzen. Ich muss die Augenbrauen ziemlich fest zusammenziehen. Ich will hier nicht weg. Die McFinns sind so lieb. Sie tun mir so gut. Ich will nirgendwo anders hin.

»Marc hat schon seit geraumer Zeit Probleme mit seiner Ehefrau. Jetzt ist es womöglich endgültig vorbei.«

»Die, mit der er zwei Kinder hat?«

»Ja. Die beiden haben einiges versucht, aber es soll wohl nicht mehr sein. Er rief uns heute Morgen an und sagte, dass sie vorhaben, sich scheiden zu lassen, und dass er nun erst einmal zuhause ausziehen soll. Er weiß nicht, wohin, ein Hotel kann er sich auf Dauer nicht leisten. Eine Wohnung findet er auf die Schnelle auch nicht.«

»Nun kommt er zu euch?«

»Ja. Wir müssen und wollen ihm helfen, er ist unser Sohn. Und wir hoffen auch ein wenig, dass sie sich vielleicht noch einmal zusammenraufen, wenn sich alles etwas beruhigt hat.«

»Ich verstehe.« Es liegt nicht an mir, das ist gut. Aber es ist trotzdem voll scheiße!

»Ich verstehe.« Es liegt nicht an mir, das ist gut. Aber es ist trotzdem schrecklich.

»Oh, Sonja. Komm her«, sagt Tom, der mir meine Traurigkeit wohl ansieht. Er breitet seine Arme aus und drückt mich an sich. Gabbie steht auf, geht ein paar Schritte um den Tisch und nimmt uns beide in die Arme. Wie ich sie vermissen werde!

In den nächsten Tagen falle ich in ein tiefes Loch. Nichts soll mir gegönnt sein. Jetzt habe ich es schon durch ein langes Auswahlverfahren mit Stipendium hierher geschafft. Ich lerne fleißig und versuche, ein besserer Mensch zu sein. Aber warum verliere ich die Menschen, die ich mag? Und die, die mir wehtun, die kommen immer wieder zu mir zurück. Ich hasse das Leben!

Ich weiß weder, was ich sagen, noch was ich tun soll. Ich weiß nur, dass ich hungrig bin. Und dass ich es hasse. Dass ich einfach alles hasse, was mich in diesem Leben hält. Der Umzug soll schon in drei Tagen sein.

Jessica und Dan Baker sind in derselben Baptisten-Gemeinde wie Tom und Gabbie. Sie haben schon einige BB-Stipendiaten bei sich aufgenommen, und sie waren es, die Tom und Gabbie überzeugt hatten, eine Austauschschülerin aufzunehmen. Mich aufzunehmen. Nun wollen sie dafür geradestehen, mich in ein paar Tagen bei ihnen zu Hause einziehen lassen, bis eine andere Familie gefunden ist, weil ich sonst womöglich nach Hause fliegen müsste.

Immerhin schicken sie mich nicht zurück nach Deutschland!

Inzwischen übergebe ich mich wieder mindestens alle zwei Tage – oder Nächte. Meistens nehme ich mir, weil ich so eine große Angst habe, erwischt zu werden, Lebensmittel mit auf mein Zimmer, wenn Tom und Gabbie schon schlafen gegangen sind. Selbst kann ich keine Lebensmittel kaufen, denn der nächste Supermarkt ist 15 Autominuten entfernt. Wenn ich die mit dem Rad führe, würde ich nicht nur jämmerlich in der Sonne eingehen, ich würde wohl auch überfahren werden, denn an vielen Stellen der Stadt gibt es keine Fußgänger- oder Fahrradwege. Das Verkehrsnetz in Phoenix besteht in weiten Teilen aus Freeways und Autobahn.

In der Nacht vor meinem Umzug zu den Bakers kämpfe ich erfolglos mit der roten Gummi-Saugglocke gegen die Kotzbrockensuppe in der beinahe überquellenden Toilette an.

Warum muss mir das gerade heute Nacht passieren? Ich kann mich von den McFinns doch nicht mit dieser riesigen Scheißaktion verabschieden!

Zusammenreißen.

Ich muss das Erbrochene in der Kloschüssel irgendwie reduzieren, also schippe ich mit einem Glas, in dem ich sonst meine Zahnbürste habe, Wasser und Kotze rüber in die Dusche gleich neben dem Klo – vielleicht bekomme ich das dort besser runtergespült? Oder vielleicht, wenn alles andere in der Wanne ist, bekomme ich den festsitzenden Teil Fressfutter im Klo zu fassen? Oh shit, die Wanne! Der Abfluss ist doch kleiner, als ich dachte. Schnell hole ich einen Eimer, verteile alles wieder um. Nach mehr als einer Stunde ist das ganze Bad versifft. Egal, was ich auch versuche, ich mache es bloß schlimmer.