Geister Fantasy Dreierband 1020 - W. A. Hary - E-Book

Geister Fantasy Dreierband 1020 E-Book

W. A. Hary

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Romane: (399) Moronthor und die erste Stadt der Ungeheuer (W.A.Hary) Mark Tate und die weiße Hexe (Alfred Bekker/W.A.Hary) Der Geister-Computer (W.A.Castell) Immer schon hat es Geheimdienste gegeben. Einer der Männer, die für so einen Geheimdienst arbeiten, ist einer gewaltigen Verschwörung auf der Spur. Doch als er sich in die Gruppe seiner Widersacher eingeschleust hat, um letzte Beweise und Informationen zu bekommen, wird er ermordet. Ein seltsamer Mord, denn auf seiner Stirn sind drei Sonnen eingebrannt...

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W.A.Hary, W.A.Castell, Alfred Bekker

Geister Fantasy Dreierband 1020

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Inhaltsverzeichnis

Geister Fantasy Dreierband 1020

Copyright

Moronthor Urban Fantasy Serie

Moronthor und die erste Stadt der Ungeheuer: Moronthor 8

Mark Tate und die Weiße Hexe

Der Geister-Computer

Geister Fantasy Dreierband 1020

W.A.Hary, W.A.Castell, Alfred Bekker

Dieser Babd enthält folgende Romane:

Moronthor und die erste Stadt der Ungeheuer (W.A.Hary)

Mark Tate und die weiße Hexe (Alfred Bekker/W.A.Hary)

Der Geister-Computer (W.A.Castell)

Immer schon hat es Geheimdienste gegeben. Einer der Männer, die für so einen Geheimdienst arbeiten, ist einer gewaltigen Verschwörung auf der Spur. Doch als er sich in die Gruppe seiner Widersacher eingeschleust hat, um letzte Beweise und Informationen zu bekommen, wird er ermordet. Ein seltsamer Mord, denn auf seiner Stirn sind drei Sonnen eingebrannt...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Moronthor Urban Fantasy Serie

Moronthor lebt auf Schloss Aranaque. Er hat sich dem Kampf gegen die Mächte der Finsternis verschrieben - und die wichtigste Waffe gegen die dunkle Magie ist das Wissen. Moronthor ist ein Gelehrter, aber um die Finsternis zu bekämpfen, muss er magische Waffen einsetzen und seinen Kampf sowohl in dieser als auch in anderen Welten führen. Ihm zur Seite steht seine Assistentin Nicandra.

Erfahre mehr!

Moronthor und die erste Stadt der Ungeheuer: Moronthor 8

W.A.Hary

Moronthor starb!

Er spürte die Wellen von Pein, die sein Bewußtsein ins Reich der ewigen Finsternis katapultierten. Das Konzert des Grauens empfing ihn, bestehend aus Qualen, Kreischen, Dröhnen, Hämmern und dem Triumph des Todes, der wieder ein unglückliches Opfer geschafft hatte.

Das Konzert verebbte, als sein Geist ganz einging ins Reich der Finsternis.

Der Tod ist vollkommen und endgültig? sinnierte Professor Moronthor, bevor er die Augen aufschlug. Wie komme ich auf diesen Unsinn? Wie könnte er vollkommen und endgültig sein, wenn ich hier liege, meinen Körper und die reale Umwelt spüre und -lebe?

Ein schrecklicher Alptraum, der sich hoffentlich nicht mehr wiederholte.

Er öffnete die Augenlieder - und mußte sogleich alle neuerlichen Theorien über den Haufen werfen. Eine reale Umwelt? Das war ja wohl nicht möglich - wenigstens nicht in dieser Art. Die Umwelt leuchtete purpurn. Unweit von Professor Moronthor wanderten düstere Schatten auf und ab. Manchmal glühte es in Augenhöhe herüber, als würde es sich bei den Schatten um Dämonen handeln, die Professor Moronthor bewachten.

Ich wußte, daß mich der ständige Umgang mit Magie eines Tages den Verstand kosten würde! dachte Moronthor resignierend und richtete sich auf. Es gelang ihm ohne Schwierigkeiten, aber sobald er den Kopf oben hatte, schwindelte ihn. Die purpurne Umwelt drehte sich rasend schnell um ihn. Professor Moronthor kippte zur Seite und landete mit dem Gesicht am Boden. Sein Mund schmeckte Sand. Er war trocken und staubig und reizte den Meister des Übersinnlichen zum Husten. Sein Körper schüttelte sich dabei, und er stemmte sich mit beiden Händen auf.

Auch der Sand war purpurn. Professor Moronthor hatte Mühe, Einzelheiten auszumachen. Es dauerte eine Weile, bis sich seine Augen an diese gräßliche Farbe gewöhnt hatten. Sie lechzten förmlich nach einem kräftigen Grün, einem normalen Blau oder auch einem einfachen Weiß.

»Verdammter Mist!« schimpfte Moronthor. Es war nicht seine Art, lauthals zu fluchen. Aber manchmal reinigt es die Seele. Vor allem, wenn man nicht weiß, was mit einem geschieht und wer dahintersteckt.

»Ach, wieder lebendig?« fragte jemand mit einer gehörigen Portion Zynismus.

Moronthor zuckte zusammen. Es bedurfte der Überwindung, den Kopf zu drehen.

Da war zunächst nur das vermaledeite Purpur, aus dem sich bei längerem Hinsehen die Konturen eines Menschen schälten. Und was das für ein Mensch war! Der hatte Muskeln wie Gebirge, und wenn er sich bewegte, dann war das ein Schauspiel, vielleicht vergleichbar mit dem Wellenspiel auf hoher See bei Windstärke zwölf.

Es gab nur ein einziges Wesen, das Professor Moronthor persönlich kannte und auf das eine solche Beschreibung zutraf: Gor, der Held von Zartas!

Gor lachte grollend. Moronthor spürte deutlich, wie dabei der Boden erbebte.

Schweratmend ließ er sich niedersinken. Allmählich dämmerte ihm, in welchem Schlamassel er hier wieder steckte. Er hatte mit seinem Silberamulett ein Tor nach Zartas geöffnet, weil ihn seine Freundin Nicandra Dural so genervt hatte. Nicandra hatte mit der Hartnäckigkeit eines Nagetiers von ihm gefordert, ebenfalls einmal durch das Tor in die andere Dimension überwechseln zu dürfen. Das hatte Moronthor ihr nicht mehr verwehren können, zumal er es ihr einmal versprochen hatte. Ein unverzeihlicher Fehler, denn es stellte sich bei dem Experiment heraus, daß aus ungewissen Gründen nur Moronthor selber der Übergang gelang. Das Amulett hatte im Grunde genommen wenig Einfluß darauf, zumal es ebenfalls nicht in die andere Dimension eindringen konnte.

Die Dimension VARIA der Mannigfaltigkeit wegen machte einfach nicht mit, und Moronthor war es bislang nicht gelungen, herauszufinden, wieso VARIA bei ihm eine Ausnahme machte. Gehörte er zum Teil schon in diese Dimension?

Es war eine jenseitige Welt mit völlig anderen Gesetzesmäßigkeiten als auf der Erde. Hier würde wohl niemals ein Computer oder ein simples Auto funktionieren. Dafür waren magische Energien Trumpf. Es gab ungezählte Länder, voneinander durch natürliche, also magische Grenzen getrennt und mit wiederum unterschiedlichen Gesetzesmäßigkeiten, denen man sich nach Überschreiten der Grenzen erst anpassen mußte.

Das war schwieriger als es sich anhörte. Moronthor hatte es am eigenen Leibe erfahren.

Der größte Feind der Region Zartas, in der Gor, der Unbesiegbare, regierte, war der Kriegsgott Mars, denn der Kriegsgott glaubte, in Zartas ein Tor zum Diesseits zu finden. Er wollte die Menschheit mit seinem Grauensheer überrennen und unterjochen.

Es lag an Gor und seinem Freund Moronthor, dies zu verhindern.

Gor hatte Moronthor sogleich mit einer Neuigkeit empfangen: Seine Späher hatten festgestellt, daß es in einer anderen Region Störungen gab. Sie rechneten natürlich damit, daß Mars wieder eine Teufelei vorhatte, und machten sich auf den Weg in dieser Region.

Der Durchbruch an der magischen Grenze hatte Moronthor tausend Tode sterben lassen, und einer war qualvoller als der andere gewesen.

Wenn er daran dachte, daß er irgendwann zürückkehren mußte, graute ihm jetzt schon davor. Aber es würde sich nicht vermeiden lassen.

Falls wir das hier überhaupt überleben! dachte Moronthor nach einem weiteren Rundblick pessimistisch.

Gor lachte wieder grollend. »Stell dich nicht so an, mein irdischer Freund. Sieh mich: Auch ich bin die tausend Tode gestorben. Aber nun sollten wir uns dem Innern dieses Landes zuwenden. Was hältst du davon?«

»Gar nichts!« erwiderte Moronthor wahrheitsgemäß.

»Und warum nicht?«

»Ich habe das im Gefühl, Gor. Wenn die Grenze schon solche tausendfältigen Schrecken bereithält, dann wird es im Innern des Landes bestimmt nicht besser. Ich kann mir kaum vorstellen, daß ein unbedarfter Mensch diese Qualen überhaupt jemals überstehen könnte.«

Gor lachte zum dritten Mal. Ihn konnte anscheinend nichts erschüttern. Für Moronthor war das allerdings kein Trost.

Sie standen auf und klopften den Staub aus ihren Lederrüstungen. Gor rückte seinen Wikingerhelm zurecht. Damit sah er noch furchterregender aus.

Sie spürten die Nähe der magischen Grenze und bewegten sich dem Landesinnern zu.

Moronthor hatte Angst, hätte es aber niemals zugegeben - nicht einmal sich selbst gegenüber, denn das Eingeständnis der Angst machte in einer solchen Umgebung schwach. Es sei denn, man wertete sie als Mahnung zur erhöhten Vorsicht.

Die wandernden Schatten wichen vor ihnen zurück.

Und dann starrten sie mindestens hundert glühende Augen an. Aus dem Purpurnebel drang ein lautes Rufen. Es stammte nicht aus einer menschlichen Kehle und erzeugte auf dem Rücken von Moronthor eine Gänsehaut.

Unwillkürlich blieben die beiden stehen.

Danach stürzten sich die Schatten mit den glühenden Augen auf sie.

Geistesgegenwärtig riß Gor sein Heiliges Schwert aus der Scheide und hieb mitten in die Angreifer hinein. Sie wurden von der Klinge nicht verletzt, aber davongewirbelt, als hätten sie kein Gewicht.

Moronthor hatte mit seinem Schwert weniger Glück. Wenn er einen der Schatten traf, ging das Eisen einfach durch ihn hindurch.

Aber die Kampfeskraft von Gor reichte für zehn. Er jagte die Schatten in die Flucht.

Die beiden waren allein.

»Die zweite Kostprobe«, murmelte Moronthor brüchig. »Also, ich sage dir, mein lieber Gor, dieses Land gefällt mir nicht. Die Leute sind nicht freundlich genug.«

Sie gingen weiter.

***

Der Boden blieb trocken und staubig. Mit jedem Schritt, den sie sich von der natürlichen Grenze entfernten, verloren sie mehr den Kontakt mit der magischen Barriere - und damit die Orientierung.

Bis sich vor ihnen die roten Nebel lichteten. Moronthor und Gor blieben stehen. Zwei ungleiche Männer, die nicht nur durch das Schicksal zu Freunden zusammengeschweißt worden waren. Die Bande zwischen, ihnen waren stärker. Trotz ihrer Verschiedenheit akzeptierte jeder den anderen mitsamt seinen Eigenheiten. Das machten sie in VARIA, in der Dimension, in der Unmögliches alltäglich war und Alltägliches unmöglich, zu einem starken Kampfteam. Sie mußten es sein, wollten sie hier überleben.

Im Moment hatte Moronthor leise Bedenken, was das Überleben betraf. Er starrte auf die immer wieder entstehenden Lücken im jetzt blutigroten Nebel. Dahinter schimmerte es heller. Licht brach sich in einer spiegelnden Oberfläche.

Waren sie an das Ufer eines Sees gelangt?

Nichts rührte sich. Es schien keine Gefahren mehr zu geben.

Gor schob sich an Moronthor vorbei und trat an den Rand der spiegelnden Oberfläche.

Moronthor schluckte schwer. Aus ungewissen Gründen scheute er vor dem Wasser zurück.

Vielleicht, weil es gar kein Wasser ist? dachte er und knirschte mit den Zähnen.

Gor wandte sich um. »Verdammt, das Zeug sieht aus wie durchsichtige Haut. Es ist kein See, sondern eben Haut, die sich über unsichtbaren Tiefen spannt.«

»Ein lebendiges Wesen vielleicht? Ein Gigant?« fragte Moronthor und ärgerte sich darüber, da seine Stimme leicht zitterte.

Ich muß mich zusammenreißen, verdammt noch mal!

Professer Moronthor, der Meister des Übersinnlichen, wurde sofort ruhig. Stirnrunzelnd trat er neben Gor und schaute über die spiegelnde Oberfläche hinweg. Sie bewegte sich sanft und zeigte ein Wellenmuster wie die See bei leichter Brise.

Der Blick ging durch die Haut hindurch, doch darunter schien es nur wogende Schatten zu geben, Algenfäden gleich, die heraufzüngelten, in einer Tiefe wurzelnd, die man nicht sehen konnte.

Moronthor blickte sich um. Es gab keinen Stein. Darum nahm er eine Handvoll Sand auf und warf sie auf die durchsichtige Haut.

Der Sand reagierte wie auf Wasser: Er tauchte ein und sank langsam tiefer.

Gor stieß ein drohendes Knurren aus und zog das Heilige Schwert aus der Scheide. Es war eine magische Verbindung mit Gor eingegangen und machte ihn zu einem fast unbesiegbaren Kämpfer.

Probehalber streckte er das Schwert vor und berührte mit der Spitze die spiegelnde Oberfläche.

Ein leises Zischen klang auf. Dampf quoll empor.

Gerade so, als würde man ein glühendes Eisen in Wasser halten.

Der Effekt verstärkte sich, als Gor sein Schwert tiefer stieß.

Plötzlich riß er die Waffe zurück und machte ein ungläubiges Gesicht.

»Was ist?« drängte Moronthor, dem es nicht entgangen war.

»Es handelt sich um ein magisches Medium, mein irdischer Freund. Es ist weder Wasser noch sonst etwas, was wir kennen, aber es reagiert so. Nennen wir es, wie wir wollen. Es bleibt unerklärlich und…«

Moronthor hätte gern noch weiter gehört, was Gor zum Thema zu sagen hatte, aber es gab keine Gelegenheit mehr dazu, dann plötzlich straffte sich die durchsichtige Haut des magischen Mediums. Im nächsten Augenblick platzte sie unweit der beiden ungleichen Männer auseinander. Ein Schwarzes Ding schob sich hervor. Ein blauer Schlund öffnete sich und stieß ein urweltliches Röhren aus.

Es handelte sich um den Kopf eines gewaltigen Ungeheuers. Fünfzig Meter weiter brach die durchsichtige Haut ebenfalls auf. Dort schob sich ein gekrümmter Schwanz ins Freie. Der Schwanz peitschte das magische Medium, daß schillernde Fetzen davonflogen, und katapultierte den monströsen Kopf in die Höhe.

Das Untier erhob sich in voller Größe aus seinem Element. Es war das Element des Bösen, das Tod und Verderben über alle hereinbrechen ließ, die es wagten, ihm zu nahe zu kommen.

Gor hatte mit seinem harmlosen Experiment das Untier aus der Tiefe gelockt, und nun war es herauf gekommen, um sie zu bestrafen.

Hoch wie ein Gebirge ragte es vor den beiden Männern auf. Dagegen war selbst Gor nur ein Winzling.

Das Heilige Schwert in seinen Händen glühte auf und wurde von einer flimmernden Aura umgeben.

Moronthor sah es fasziniert. Die Aura breitete sich aus und sprüht als Funkenregen über Gor hinweg. Sie hüllte ihn in ein starkes magisches Feld.

Moronthor selbst wurde davon ausgeschlossen.

Unwillkürlich wich er zurück.

Da schlug das Untier zu. Aus der gigantischen schwarzen Masse schnellte ein dicker Tentakelarm und schlug nach den beiden Männern. Moronthor duckte sich noch, doch das nutzte nichts, denn der dicke Tentakelarm wischte auch einen Teil des Ufers mit davon. In einem Berg von Staub und Sand wurden Moronthor und Gor hinweggefegt. Aber dort, wo der Tentakelarm die flimmernde Aura berührte, gab es ein lautes Krachen und Donnern. Moronthor konnte sich den Höllenlärm nicht erklären und hatte auch keine Gelegenheit, nach den Ursachen Ausschau zu halten, denn er war damit beschäftigt, wenigstens sein Gesicht zu schützen.

Unter ihm tauchte die spiegelnde Oberfläche auf. Unwillkürlich krümmte er sich vor dem Aufprall zusammen.

Das magische Medium nahm Moronthor auf. Er wurde verschluckt wie von einem See und sank tiefer, immer noch begleitet von Dreck und Sand.

Der Schall wurde nicht gedämpft, und Moronthor konnte den schwarzen Schatten des Riesenmonsters sehen.

Auch Gor kam an, aber das verlief anders als bei Moronthor.

Die Berührung mit der Aura hatte den Tentakelarm zerfetzt. Schwarzes Blut tropfte herab und bildete auf der spiegelnden Oberfläche eine Lache. Gor tauchte in das magische Medium ein. Es gab keine Wechselwirkung zwischen dem unbekannten Zeug und der magischen Aura.

Das Untier röhrte schmerzerfüllt. Ein noch heiler Tentakelarm schnellte heran, verfehlte Moronthor knapp, der unwillkürlich Schwimmbewegungen machte und somit rasch Abstand zwischen sich und das Geschehen brachte, und dann griff auch der zweite Tentakelarm nach Gor. Blitzschnell wickelte er sich um den Helden von Zartas.

Moronthor sah nur noch, daß Gor in einer Reflexbewegung das Heilige Schwert hochriß, um den Tentakelarm zu kappen. Noch bevor die Bewegung ganz ausgeführt war, hatte ihn der Tentakelarm umschlungen.

Die magische Aura hatte etwas dagegen. Abermals knatterte es laut. Professor Moronthor begriff, daß es sich um kleinere Explosionen handelte, die auch diesen Tentakelarm zerfetzten. Große Teile schwammen davon. Schwarzes Blut schwebte zur Oberfläche.

Das gigantische Untier röhrte enttäuscht und erschrocken und zog sich mit wilden Schwimmbewegungen zurück. Dabei erzeugte es an der Oberfläche haushohe Wellenberge. Gor und Moronthor wurden von einem Sog erfaßt und tiefer in das fremde Medium gezogen. Sie konnten sich nicht dagegen wehren.

Kaum entfernte sich das Untier, als die magische Aura verblaßte.

Gor wandte sich um und sah Moronthor entgegen. Sein Gesicht zeigte ein verzerrtes Lächeln. Es war von Anstrengung gezeichnet.

Also war die magische Aura nicht von allein entstanden, sondern war durch den Willen von Gor gesteuert worden.

Das Röhren des Monsters verlor sich in der Ferne. Der Sog wurde geringer.

»Das war knapp«, sagte Gor, und da erst kam Moronthor voll zu Bewußtsein, daß sie innerhalb des magischen Mediums ganz normal atmen konnten. Es unterschied sich von der Atmosphäre außerhalb lediglich dadurch, daß sie sich darin schwimmend fortbewegen mußten. Es war ein eigenartiges Gefühl, darin zu schweben und sich wie ein Fisch zu gebärden.

Prüfend zog Moronthor das Medium in seine Lunge. Es war, als würde es sich um frische, saubere Luft handeln.

Vielleicht atmen wir hier überhaupt nicht? Vielleicht geschieht das nur in unserer Einbildung? Wie können wir in einer solchen Umgebung zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden? Vielleicht ist VARIA überhaupt nur eine Einbildung?

Dieser Gedanke ging zu weit. Sofort kehrte Moronthor in die Wirklichkeit zurück. Es war sinnlos, sich darüber Gedanken zu machen, sondern er war gehalten, die Begebenheiten als real hinzunehmen. Es funktionierte. Das war die Hauptsache.

»Ich fürchte, daß wir nicht mehr zum Ufer zurückfinden«, sagte der Meister des Übersinnlichen. »Der Sog hat uns weit hinausgetrieben.«

Diesmal gelang Gor das Lächeln schon besser. Er erholte sich überraschend schnell.

»Keine Bange, Moronthor, ich habe die Orientierung nicht verloren. Das Heilige Schwert hat sich im Kampf an diese Umgebung angepaßt und ich mit ihm. Seine Magie steht inzwischen im Einklang mit der hiesigen Magie. Wir sind im Monsterland, Moronthor, und hier herrschen andere Gesetze als überall außerhalb. Du weißt, daß jedes Land in VARIA sich anders präsentiert.«

An die Gesetze von Monsterland angepaßt? überlegte Moronthor. Das habe ich auch, sonst würde ich nicht mehr leben. Aber ich könnte mich dennoch nicht orientieren.

Es fehlten ihm die bewährten magischen Hilfsmittel. Hier mußte er ohne sie auskommen, weil sie nicht mit ihm den Weg nach VARIA gehen konnten.

Gor winkte ihm mit einer grotesk anmutenden Geste zu. Das Gewicht des Schwertes hatte ihn tiefer sinken lassen. Er steckte es in die Scheide zurück. Dann bewies er Moronthor, daß er ein geschickter Schwimmer war. Er bewegte sich in dem magischen Medium, als hätte er jahrelang nichts anders gemacht, als tauchen geübt.

»Komm, du kannst mir folgen. Es hat keinen Sinn, wenn wir auf selbem Weg zurückkehren. Wir durchqueren die Monstersee. Halte aber die Augen offen, Moronthor, mein irdischer Freund, denn das Schwarze Monster lebt nicht allein hier. Es hat in einer Abwehrreaktion gehandelt, nicht aus reiner Vernichtungswut. Es gibt andere Tierchen, die darüber anders denken.«

Moronthor hätte Gor gern gefragt, was er noch alles in Erfahrung gebracht hatte und auf welche Weise dies geschehen war, aber Gor legte große Eile an den Tag.

Dem Meister des Übersinnlichen blieb nichts anderes übrig, als Gor nachzuschwimmen.

Auch er war ein guter Schwimmer, aber er hatte alle Mühe, mit dem Helden von Zartas Schritt zu halten.

***

Die fadenähnlichen Gebilde, die Moronthor schon vom Ufer aus gesehen hatte, entpuppten sich als eine Art unterseeischer Dschungel. Gor wich den Fäden aus, die in einer sanften Strömung hin und her wogten. Manchmal wirkten sie wie Geisterhände, die nach den beiden greifen wollten. Dann wie wedelnde Fächer, die Kälte zu ihnen dringen ließen.

Es wurde in der Tat kälter. Moronthor spürte es trotz der Anstrengung, die ihn das Schwimmen kostete.

Da wich der unterseeische Algendschungel auseinander und ließ eine weite Lichtung entstehen.

Moronthor verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, denn die Lichtung wurde von einem silbrigen Aderwerk durchzogen. Als würde es dort unten feine Rinnsale mit echtem Wasser geben.

Ein Blick zu Gor hinüber. Auch der Held von Zartas hatte eingehalten und blickte hinunter. Durch das Gewicht des Schwertes gezogen, sank er langsam tiefer. Aber er tat nichts dagegen.

Moronthors Schwert war ungleich leichter. Deshalb hatte er keine großen Probleme damit. Es behinderte ihn nur beim Schwimmen ein wenig.

»Was hast du vor?« rief er Gor zu.

Gor wedelte mit der rechten Hand. Eine Geste, die Moronthor nicht zu deuten wußte. Es sah so aus, als wüßte Gor selber nicht, was dort unten seine Neugierde geweckt hatte.

Moronthor folgte ihm in gebührendem Abstand. Das Zwischenspiel mit dem Schwarzen Monster hatte ihm gezeigt, daß Gor sich in dieser Umgebung durchaus zu wehren wußte, aber daß er selber ziemlich hilflos war. Er wollte das Schicksal nicht herausfordern.

Gor landete. Der Untergrund bestand anscheinend aus Sand, der unter den Füßen von Gor hochwirbelte.

Gor bewegte sich halb laufend, halb schwebend auf eine der silbernen Adern zu.

Moronthor schätzte den Durchmesser der Lichtung auf mindestens fünfhundert Meter, und sie befanden sich in einer Tiefe von etwa einem Kilometer. Es mutete phantastisch an, vor allem, da es keinen Druck wie beispielsweise unter Wasser gab.

Moronthor beobachtete, was Gor tat. Der Held von Zartas betrachtete erst sorgsam die Silberader. Dann sagte er laut: »Es scheint sich nicht um Wasser, sondern um flüssiges Silber zu handeln.«

Er schaute zum hochaufragenden Algenwald hinüber. Der Wald war ungeheuer dicht an seiner Sohle. Dadurch war ein zylindrischer Schlauch von fünfhundert Metern Durchmesser entstanden.

Auf einmal spürte Moronthor ein prickelndes Gefühl in der Magengegend. Sein Herzschlag beschleunigte sich.

Sie hatten die ganze Sache falsch eingeschätzt. Die Lichtung hatte kleiner und vor allem weniger tief gewirkt. Es mutete Moronthor wie eine tödliche Falle an.

Und da hörten sie hoch über sich das urweltliche Röhren des Schwarzen Monsters. Sofort geriet der Algenwald in Aufruhr. Die feinen Algenfäden, die an der Wurzel wesentlich dicker waren als an ihren Spitzen, wogten mächtig hin und her. Der Sog wirkte sich auf die beiden Männer aus.

Gor ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er tauchte die Schwertspitze in das silbrige Zeug.

Nichts geschah - wenigsten nichts, was Moronthor hätte sehen können.

Der Meister des Übersinnlichen sah sich nach einer Fluchtmöglichkeit um, denn er rechnete damit, daß das Schwarze Monster hier zu landen versuchte. Vielleicht war die Lichtung sogar sein Nest?

Er wagte sich nicht vorzustellen, was mit ihm geschah, wenn das Schwarze Monster wirklich hier auftauchte.

Klang das urweltliche Röhren nicht schon lauter und eindringlicher?

In der Tat: Das Schwarze Monster befand sich breits bedrohlich nahe.

Moronthor begann wie wild mit den Armen zu rudern, um auf dem schnellsten Weg zum Dschungelrand zu kommen, ehe es zu spät war.

Nur einmal warf er einen Blick zurück.

Gor rührte sich nicht von der Stelle. Er stand noch immer an der Silberader und hatte die Spitze seines Schwertes in die Flüssigkeit gesenkt.

Moronthor schaffte es nicht, den Dschungelrand zu erreichen, ehe das Unheil über sie hereinbrach.

Das Schwarze Monster senkte sich mit kräftigen Schwimmbewegungen auf sie herunter. Bisher konnte das ewige Licht von Monsterland ungehindert bis zum Seegrund herunterdringen. Jetzt warf etwas seinen riesigen Schatten, als würde ewige Nacht hereinbrechen.

Das Röhren war ganz nahe und schickte einen reißenden Strom, so heiß, daß Moronthor glaubte, verbrennen zu müssen. Er wurde wie ein welkes Herbstblatt davongewirbelt und prallte gegen den Algendschungel.

Ja, er prallte dagegen, denn der Algendschungel erwies sich als stabil und elastisch. Die Algen waren immerhin bis zu einem Kilometer lang. Sie setzten Moronthor genügend Widerstand entgegen.

Er zog das Schwert und wollte eine Lücke schlagen, aber das Schwert gehorchte Gesetzen wie unter Wasser. Da konnte man mit einer solchen Waffe auch nicht einfach zuschlagen. Die Bewegung wurde stark behindert.

Er setzte mit der Spitze an und erhöhte den Druck.

Es nutzte nichts.

Das Schwarze Monster war gekommen, um die beiden Widersacher zu verschlingen. Einer der schwarzen Tentakelarme tastete nach Moronthor. Ehe der Meister des Übersinnlichen es verhindern konnte, wurde er von dem Tentakelarm eingerollt und von der Dschungelwand zurückgerissen.

Er preßte Moronthor die Luft aus der Lunge. Die Augen drohten ihm schier vor den Kopf zu treten. Er glaubte, sein letztes Stündchen habe schlagen. Über ihm war der gewaltige Körper des Schwarzen Monsters, gar nicht richtig zu sehen. Er war wie ein schwarzer Schatten, der jegliches Licht schluckte.

Aber da schimmerte es bläulich.

Moronthor wußte, daß an dem Schwarzen Monster nur eines blau war: Der Schlund!

Darauf wurde Moronthor vom Tentakelarm zugeschoben, unaufhaltsam. Moronthor versuchte sich zu wehren, aber das gelang ihm nicht. Es war so aussichtslos wie der Kampf eines Flohs gegen einen Elefanten.

Bevor ihn der blaue Schlund verschlang, erhaschte er einen Blick auf Gor. Nur Sekundenbruchteile. Gor stand nach wie vor an seinem Platz. Der Kontakt mit der Silberader hatte ihn anscheinend gelähmt. Es gab auch keine flimmernde Aura, die ihn schützte.

Das war das letzte, was Moronthor zu Gesicht bekam, ehe er in dem blauen Schlund des Riesenmonsters verschwand.

***

Ich will nicht sterben! dachte Moronthor verzweifelt.

»Na, wer schon?« fragte eine Stimme leichthin.

Moronthor hielt überrascht inne. Er spürte den unbarmherzigen Druck des Tentakelarmes, der ihn nach wie vor umschlungen hielt. Jetzt mußte er sich doch in dem blauen Schlund befinden, oder?

Ja, seine Umgebung war blau, wie von glänzender Seide.

Das ist der Wahnsinn - endgültig, unwiderruflich. Ich kam nach Monsterland, um den Verstand bis ans Ende meines Daseins zu verlieren.

»Du solltest dich entscheiden, Fremder: Willst du nun leben oder sterben? Ich habe noch nie zuvor ein Wesen angetroffen, das beides zur gleichen Zeit wünscht.«

»Es gibt für alles ein erstes Mal«, gab Moronthor zurück.

Es ist verrückt, alles verrückt. Verflixt, wann erwache ich endlich aus diesem blödsinnigen Traum?

»Du hast recht. Aber wie heißt du eigentlich, du widersprüchlichstes aller Wesen?«

»Ich denke, du kannst meine Gedanken lesen?«

»Ja, schon, aber nur die ganz intensiven Gedanken, verstehst du? Ich höre sie wie gesprochene Worte. Meine Güte, ich habe mich jetzt schon so an diese blödsinnige menschliche Sprache gewöhnt, daß ich so rede wie einer von diesen Menschen.«

»Du fragst mich, wer ich bin, und dann erklärst du mir, daß du die Sprache der Menschen erlernt hast und…«

»Nein, das hast du jetzt mißverstanden. Natürlich, ich habe ein bestimmtes Wissen über Menschen und so, aber ich weiß überhaupt nicht, was Menschen sind. Bist du so ein Ding?«

»Na, ich bin keineswegs oin Ding, denn Menschen sind nich einfach Dinger, sondern denkende und fühlende Wesen. Beispielsweise schmerzt es mich, wenn du mich so fest umklammert hältst.«

»Wieso ich?«

»Wer denn sonst?«

»Ach so, du meinst Black. Nun, ich gebe zu, er ist ein wenig rüde, aber ansonsten wirklich gutmütig.«

»Ja, ganz abgesehen davon, daß er uns gleich nach unserer Ankunft umbringen wollte.«

»Du sprichst in der Mehrzahl? Ja, ist denn noch jemand außer dir nach Monsterland gekommen?«

»Spielt jetzt keine Rolle«, lenkte Moronthor rasch ab. »Wie ist das nun? Könnte ich endlich freigelassen werden? Ich möchte mal wieder genügend Luft in die Lunge bekommen.«

»Merkwürdige Forderungen sind das. Luft in die Lunge?« Der Tentakelarm löste sich. Moronthor schwebte auf den blauen Untergrund hinab, während der Tentakelarm mit einem leichten Sog irgendwo verschwand.

Wo bin ich überhaupt? fragte Moronthor sich.

Es war deutlich genug, um von seinem verrückten Gesprächspartner aufgenommen werden zu können.

»Na, wo denn schon? Im Magen von Black natürlich! Wo hast du denn gedacht?«

Dieser Hinweis war nicht gerade dazu angetan, Moronthors Zuversicht zu stärken.

»Und was soll ich hier?« fragte er.

»Blöde Frage: Mit mir unterhalten. Das ist doch wohl klar.«

Moronthor ärgerte sich maßlos über diese Behandlung, aber er war vorsichtig genug, seiner Wut keine Luft zu verschaffen. Er atmete ein paarmal tief durch und drehte sich langsam im Kreis. Prompt schwindelte ihn, denn ringsum war alles in diesem glänzenden Blau. Er verlor die Orientierung.

»Also gut, Mister Unbekannt, dann eröffne ich dir jetzt, daß ich kein Interesse an einer Fortführung des Gesprächs habe. Schick mir einen von Blacks Tentakelarmen und befördere mich ins Freie. Ich möchte weiterschwimmen und künftig in Ruhe gelassen werden!«

»He«, rief die Stimme überrascht. »Du schmähst meiner? Bin ich nicht das Silbernetz? Wer wagt es, meiner zu höhnen. Ruft mich erst und weist mich dann wieder ab. Das ist ja wohl das Letzte. Ziemlich schizophren, diese Menschen. Das muß ich schon sagen.«

Silbernetz? dachte Moronthor.

Die Stimme ging nicht darauf ein. Professor Moronthor versuchte, alle weiteren Gedanken abzuschirmen. Er hatte als Professor der Parapsychologie so seine Erfahrungen darin.

Diesmal fiel es ihm besonders schwer, denn seine Gedanken drohten, chaotisch zu werden. Kein Wunder. Die Bezeichnung Silbernetz ließ ihn an das Bild mit Gor zurückdenken.

Moronthor wußte nun, daß niemand anderes als Gor diese Stimme auf den Plan gerufen hatte. Das Silbernetz als lebendiges Wesen? Gor mußte es irgendwie geweckt oder zumindest seine Aufmerksamkeit auf Moronthor gelenkt haben. Dann war das Schwarze Monster mit Namen Black gekommen, vom Silbernetz gesteuert?

Hier endeten Moronthors Gedankengänge. Er wandte sich an die Stimme. »Nun gut, ich habe es mir überlegt: Ich bleibe doch noch ein wenig hier. Du sollst dich nicht umsonst bemüht haben. Erstens, wie heißt du? Zweitens, woher kennst du all dies über die Menschen? Und sage nicht wieder, daß du es selber nicht erklären kannst.«

»Doch, das kann ich, du wankelmütiges Wesen. Du kannst dich wohl nie für etwas entscheiden? Ich habe noch nie etwas kennengelernt, das seine Meinung so schnell ändert wie du. Äh, ich nehme an, daß ich die notwendigen Informationen von dir erhielt. Als du mich gerufen hast, waren die Informationen einfach da. Sonst wäre eine Verständigung wohl nicht möglich gewesen, wie? Und wie ich heiße, habe ich bereits gesagt: Silbernetz!«

Punktum, basta! Das hätte gerade noch gefehlt. So entschieden hatte der letzte Satz geklungen.

»Paß auf, du trotziges Silbernetz, ich habe dich am Grund von Monstersee gefunden und gleich erkannt, daß du ein besonders schlaues Wesen sein mußt. Hast ja schon gemerkt, wie unendlich überlegen du mir bist. Ich bin halt ein wenig blöd geraten, Silbernetz. Niemand bedauert es mehr als ich. Weißt du, ich tu jetzt etwas und habe es nachher wieder vergessen. Schlimm, was? So habe ich glatt vergessen, daß ich dir die Informationen mit einem Gedankenimpuls übermittelte. Ich vergaß es durch den Schock, als du Black schicktest. Niedlich, wie du mich von ihm hast apportieren lassen, aber auch nicht besonders angenehm.«

»Meinst du?« fragte Silbernetz verwirrt.

Moronthor hatte seinen Gesprächspartner dort, wohin er ihn hatte haben wollen: In der Defensive. Im Moment hatte Moronthor das Zepter in der Hand.

»Nimm es nicht so tragisch. Weiß ja, daß du es nur gut mit mir gemeint hast, Silbernetz. Aber mal meine Frage: Muß ich wirklich im Magen von Black bleiben, um mich mit dir zu unterhalten? Geht es nicht auch außerhalb?«

»Es dient zu deiner eigenen Sicherheit, Mensch. Du hast versucht, in den Algenwald zu schlüpfen. Der wartet doch nur auf so etwas. Wenn der Algenwald nicht so erschrocken wäre, weil Black so schnell auftauchte, dann hätte er dich mit Haut und Haaren aufgefressen.«

»Du meinst, Algenwald hat Appetit auf Menschen?«

»Algenwald hat auf alles Appetit, was lebt!« belehrte Silbernetz ihn.

»Algenwald ist der Größte in Monsterland und wird von jedem gemieden, außer von mir. Ach ja«, seufzte Silbernetz, »ich könnte ihm ja den Rang ablaufen und ihn von Black und anderen Lakaien abernten lassen, aber wozu? Dadurch würde ich nur das Gleichgewicht stören. Die Monstren in der Stadt schmeißen sowieso allen Unrat einfach in die Monstersee. Algenwald frißt es. Und wenn er mal nicht mehr ist, wer tut es dann? Ich sage dir, Mensch, der Abfall wird sich überall türmen. Wir werden allesamt darin ersticken!«

»Das Problem kommt mir bekannt vor«, sinnierte Moronthor laut.

»Wie?«

»Äh, nichts von Wichtigkeit, Silbernetz. Ich habe nur eine Frage: Seit wann ist die Ordnung von Monsterland gestört?«

Auf diese Frage folgte eine erschrockene Pause. Das Blau der Magenwände begann zu zucken.

O weh, dachte Moronthor bestürzt, jetzt beginnt der gute Black, mich zu verdauen. Bin ich zu weit gegangen?

Silbernetz meldete sich wieder: »Ich - hm - mußte das erst mal schlucken. Du erscheinst mir fremd, Mensch. Was weißt du von den Störungen?«

»Ich registrierte es von außerhalb. Deshalb bin ich hier. Ich möchte die Ursachen ergründen.«

»Außerhalb?«

»Ja, von außerhalb Monsterlandes. Jenseits der Grenze. Von dort, wo es noch mehr von meiner Sorte gibt. Kapiert?«

Moronthor hatte genau den Redestil von Silbernetz getroffen und wurde dadurch von Silbernetz voll als Gesprächspartner akzeptiert. Das zahlte sich aus, indem Silbernetz künftighin ganz offen über seine Probleme sprach.

»Ich will es dir erklären, Moronthor.«

»He, woher weißt du meinen Namen so plötzlich?«

»Weiß ich ihn denn?«

»Du hast ihn eben genannt.«

»Tatsächlich? Ist mir irgendwie zugeschlüpft. Habe keine Ahnung, wie das geschehen konnte. Herrschafts Zeiten, früher wußte ich immer gut Bescheid, aber in letzter Zeit werde ich immer konfuser. Ist ja auch kein Wunder. Weißt du, Moronthor, in Monsterland war alles schön ausgewogen. Äh, wußte gar nicht, daß es überhaupt ein Außerhalb gibt? Ist ja auch egal. Von irgendwoher mußt du schließlich gekommen sein, was? Also, da war Algenwald, der Vielfraß. Natürlich ungeheuer blöd. Da waren Black und seine Freunde, die Algenwald Konkurrenz machten, aber von den Monstren in der Stadt gejagt wurden, damit sie nicht zur Plage wurden. Ich nahm mich später des Problems an und dressierte Black und seine Freunde. Jetzt gehorchen sie. Es sei denn, ich kümmere mich gerade mal nicht um sie. Dann drehen sie in letzter Zeit öfter durch. Aber das hast du schon erlebt. Was ich sagen will: Die Kräfte sind längst nicht mehr ausgewogen. Algenwald und das andere Böse ist stärker geworden. Ja, du hörst richtig, Moronthor: In Monsterland beginnt das Böse zu regieren und das Gute zu fressen. Ich -ich habe Angst. Ich beichte es dir, Moronthor, und du mußt mir glauben, daß es das erste Mal in meinem Leben ist: Ich hatte noch nie zuvor Angst, weil alles überschaubar blieb.«

»Du weißt nicht, wer die Ordnung stört?«

»Nein. Sag bloß, du könntest es mir sagen?«

»Ja, kann ich: Mars, der Kriegsgott!«

»Wer ist denn das?«

»Es wäre eine lange Geschichte, Silbernetz, und sie würde dir wenig nutzen, denn Mars bleibt wohlweislich außerhalb von Monsterland. Obwohl ich mir denken kann, was er vorhat, können wir nichts direkt gegen ihn tun, sondern müssen versuchen, die Ordnung wiederherzustellen.«

Silbernetz lachte humorlos. »Du bist mir ein wahrer Schlauberger. Hier geht allmählich alles drunter und drüber, und da kommst du und sagst mir, daß man etwas dagegen tun müßte. Was glaubst du, was ich die ganze Zeit schon versuche?«

Moronthor ließ sich nicht beirren. »Mars will, daß das Böse in Monsterland siegt. Dann wird er die Grenzen öffnen. Die Monstren werden ausströmen und Tod und Verderben über VARIA bringen.«

»VARIA?«

»Das ist die Welt, in der Monsterland liegt. Silbernetz, ich sehe, daß du nichts über die Welt weißt. Aber du kannst sie nicht länger ignorieren. Ich bin hier und gelte als der schlagende Beweis. Kriegsgott hat eine besondere Teufelei vor. Er will, daß die Bewohner von Monsterland auf der Erde einfallen und ihm den Weg zur Eroberung bereiten. Er will der Herrscher über Leben und Tod werden - zu einem Zeitpunkt, an dem du nicht mehr existierst, egal, wer oder was du auch bist.«

Wieder folgte eine Gedenkminute. Moronthor wartete lange, bis Silbernetz sich wieder meldete. Schon glaubte er, daß Silbernetz über die letzten Sätze eingeschnappt wäre, aber die Schweigeminute hatte andere Ursachen: »Dachte ich mir doch, daß du nicht allein gekommen bist!«

Nach dieser Eröffnung entstand irgendwo ein Loch. Etwas züngelte herein. Ein Tentakelarm, der jemanden umklammert hielt: Gor.

Der Held von Zartas grinste amüsiert.

»He!« rief Moronthor.

»Hallo!« gab Gor zurück. »Wie gehts, wie stehts?«

»Du brauchst auch noch Witze zu machen. Weißt du überhaupt, wo wir hier sind? Im Magen vom Monster Black, und wie groß das Monster ist, hast du inzwischen ja erfahren.«

Der Tentakelarm ließ Gor los. Er überbrückte den Rest der Entfernung mit ein paar kräftigen Schwimmstößen. Das Heilige Schwert ruhte in der Scheide.

»Was hast du, Professor? Was regst du dich so auf? Ich habe Silbernetz mit meinem Schwert gekitzelt und ihm ein paar Informationen Zuströmen lassen. Dann habe ich die Zusammenkunft arrangiert.«

»Wie bitte?«

»Zugegeben, Professor Moronthor, der Magen eines Monsters ist vielleicht nicht der richtige Tagungsort. Aber bedenke, wir befinden uns in Monsterland. Da herrschen andere Sitten und Gebräuche, denen wir uns anpassen müssen, wollen wir mit jemanden Freundschaft schließen.«

»Mit Silbernetz?«

»Ja, Moronthor.« Gor wurde plötzlich sehr ernst. »Es bestand keine Gefahr für dich, mein Freund. Ich hatte das Schwert an der richtigen Stelle und hätte meine Magie eingesetzt, um dich zu befreien. Silbernetz hat uns überhaupt nicht wahrgenommen, als wir uns näherten. Wir waren einfach zu fremd, und außerdem sind seine Sinne stark beeinträchtigt. Sein Verstand auch!« fügte er leiser hinzu.

Aber Silbernetz hatte es dennoch vernommen.

»Unverschämtheit!« rief er erbost. Seine Stimme klang direkt in den Köpfen der beiden Männern auf. »Und da sprichtst du von Freundschaft, Gor?«

»Nun, immerhin habe ich dir bewiesen, daß ich Vertrauen in dich habe. Sonst wäre ich nicht hier - und Moronthor auch nicht. Leuchtet dir das ein?«

»Ich erinnere mich an etwas: Black hat euch anfangs angegriffen? Eine Information, die du mir untergejubelt hast?«

»Ja, Silbernetz, und Black war negativ. Er war von Schwarzer Magie erfüllt. Sonst hätte ich mein Schwert nicht so erfolgreich gegen ihn einsetzen können. Mir scheint, daß dein Schoßhündchen doch nicht immer so brav ist wie es sein sollte.«

»Du hast recht, Gor, und ich bin echt froh, daß ich euch getroffen habe.«

»Na also. Wurde auch Zeit, daß du es aussprichst. Und könntest du uns jetzt freundlicherweise zur Stadt bringen?«

»Du willst dort wirklich hin? Ich meine, ich möchte euch nicht dreinreden, aber dort geht es zur Zeit ziemlich chaotisch zu.«

»Ist uns auch klar, aber wir können uns nicht hier verkriechen - so wie du.«

»Ich habe mich nicht verkrochen!« verteidigte Silbernetz sich erzürnt. »Du weißt genau, daß ich an diesen Ort gebunden bin. Ich habe meine Fäden zwar überall gezogen, aber…«

»Aber unter der Stadt hast du sie zurückgezogen!«

»Nein, sie wurden mir gekappt -jedenfalls an wichtigen Stellen. Ich wage es nicht, den Rest zu aktivieren, sonst wird man unnötig auf mich aufmerksam.«

»Paß auf, Silbernetz. Wir sollten nicht soviel reden, sondern endlich zu handeln beginnen. Wenn alles schon soweit fortgeschritten ist, dann müssen wir eingreifen.«

»Wo und wie?«

»Bring uns an einen Ort, an dem wir nicht so sehr gefährdet sind und von dem aus wir operieren können. Und versprichst du mir etwas?«

»Was denn?«

»Aktiviere deine Fäden, wenn wir in Not sind, einverstanden? Wenn du zur falschen Zeit feige bist, ist alle Hoffnung auf die Wiederherstellung der Ordnung von Monsterland verloren.«

»Darauf antworte ich einfach gar nicht!« sagte Silbernetz beleidigt.

Ein Ruck ging durch den mächtigen Körper von Black. Die beiden Männer spürten den Andruck.

Moronthor nahm an, daß Black sie schwimmend in die Stadt brachte, aber seine Erwartungen wurden um einiges übertroffen.

Es wurde erstmals deutlich, als ihnen die Stimme von Silbernetz riet: »Haltet euch fest!«

Black startete wie eine Rakete.

Danach meldete sich Silbernetz nicht mehr. Das seltsame Wesen hatte Angst, zuviel Aufmerksamkeit zu erregen. Es hatte wahrscheinlich böse Erfahrungen machen müssen und handelte deshalb so vorsichtig.

Obwohl Gor es nach seiner Mentalität als feige einstufte.

Er hätte sich niemals verkrochen und auf automatische Besserung gewartet!

Nun hat Silbernetz uns, als Verbündete, dachte Moronthor und fand mit den Händen an der blauen, elastischen Seide Halt. Ja, es fühlte sich an wie Seide, und es wurde immer unvorstellbarer, daß sie sich wirklich im Innern eines Magens befinden sollten.

Black wurde offenbar übel, denn er spie plötzlich aus!

Das magische Medium, das wie Wasser wirkte, rauschte nach draußen und hätte Moronthor beinahe mitgerissen. Der Rat von Silbernetz, sich festzuhalten, war wirklich gutgemeint.

Moronthor blickte in die Richtung, in die das Medium abgeflossen war. In ihm dämmerte eine Ahnung.

Er tauschte mit Gor einen Blick aus.

Gor war auf denselben Gedanken gekommen.

Sie brauchten sich nicht mehr festzuhalten und marschierten aus dem Magen. Die Speiseröhre des Monsters mit Namen Black bestand ebenfalls aus glänzender Seide. Moronthor versuchte, nicht daran zu denken, daß dieses Glänzen möglicherweise aus Überresten eines Verdauungssekretes bestand. Hier war alles in diffuses Licht gehüllt. Es wurde von dem Sekret verursacht.

Nur an einer Stelle war es heller. Dort glühte es rötlich.

Zweifelsohne befand sich an dieser Stelle der Ausgang.

Vom Magen in die Speiseröhre und von der Speiseröhre in das Maul. Hoffentlich vergißt Black seine Passagiere nicht und schluckt, uns wieder runter - gerade, wenn wir den Hals passieren!

Die beiden ungleichen Männer marschierten weiter, ohne daß etwas geschah. Die schlimmsten Befürchtungen von Professor Moronthor erfüllten sich nicht.

Sie passierten den Hals und mußten sich dabei bücken, denn hier verengte sich die Speiseröhre. Es sah aus wie ein Torbogen.

»Black sollte hinter uns schließen, sonst schluckt er zuviel Luft und bekommt womöglich noch Blähungen«, sagte Moronthor sarkastisch. Gor ging nicht darauf ein. Er sah sich in der Mundhöhle um.

Er gab keine Zunge und auch keine Zähne. Black schien sein Opfer immer ganz zu verschlucken und anschließend gleich zu verdauen, ehe sie sich gegen die Behandlung wehren konnten.

Moronthor bekam eine Gänsehaut.

Gemeinsam mit Gor erreichte er die Mundöffnung. Black hatte den Mund nur einen Spaltbreit geöffnet, sonst wären sie wohl hinausgefallen. Die Unterlippe bildete eine brusthohe Brüstung.

»Sehr freundlich und aufmerksam von dir, mein lieber Black«, murmelte Moronthor und stützte sich auf der Unterlippe des Riesenmonsters ab.

Gor sagte: »Wenigstens hat der Bursche keinen Mundgeruch!«

Moronthor wollte über die Bemerkung lachen, aber es blieb ihm im wahrsten Sinne des Wortes im Hals stecken.

Sie befanden sich hoch in den Lüften über Monsterland. Weit unter ihnen war die wogende Monstersee, eine spiegelnde Oberfläche, die scheinbar kein Ende nehmen wollte.

Moronthor hätte gern gewußt, was sich außer Algenwald und Silbernetz alles unter dieser Oberfläche befand, aber diese Fragen wurden angesichts der Tatsache, daß sie sich im vollen Flug befanden, völlig gegenstandslos.

»He, wieso kann Black fliegen?« entfuhr es Gor.

Er war genauso überrascht wie Moronthor.

Der Meister des Übersinnlichen fing sich schneller und schlug Gor mit dessen eigenen Waffen: »Wir befinden uns in Monsterland«, äffte er nach. »Andere Länder, andere Sitten. Wir sollten uns allmählich daran gewöhnen, nicht wahr?«

»Wieso kann Black fliegen?« beharrte Gor. Es war für ihn ein echtes Problem.

Er lehnte sich weit über die »Brüstung« und spähte zur Seite hin.

Auch Moronthor tat es, ungeachtet der Absturzgefahr.

Die wahre Gestalt von Black hatten sie bislang gar nicht erfassen können. Wahrscheinlich konnte das Monster seine Gestalt bis zu einem gewissen Grad verändern. Möglicherweise waren Maul, Speiseröhre und Magen nicht immer so harmlos wie zur Zeit, sondern waren durch den Auftrag von Silbernetz entsprechend verändert worden.

Im Moment sah Black aus wie eine riesige Flunder. Sein Körper war flach wie ein Herbstblatt, und die Enden wippten träge wie die Flügel eines urweltlichen Vogels.

Auf diese Weise kamen sie ungeheuer schnell voran und eilten schneller als der Wind über die Monstersee.

Schon zeigten sich in der Ferne die Zinnen einer großen Stadt. Seitlich davon schloß sich Festland an.

Dies war Monsterstadt, von der Silbernetz gesprochen hatte. Dies war auch das Zentrum von Monsterland.

Dort war die Störung der Ordnung zum ersten Mal erfolgt.

Moronthor konnte sich vorstellen, wie das aussah. Mars hatte nicht viel investieren müssen. Er hatte nur schwarzmagische Energien nach Monsterland zu pumpen brauchen. Das war natürlich ein Kunststück für sich. Mars war es gelungen, und die negativen Monster waren dadurch erstarkt. Inzwischen würden sie wahrscheinlich Monsterland erobert haben.

Aber dann würden wir zu spät kommen! korrigierte Moronthor seinen Pessimismus. Vielleicht ist noch Zeit zum Eingreifen?

Obwohl er sich nicht denken konnte, wie das gelingen sollte.

Black ging langsam tiefer und setzte auch die Geschwindigkeit herab.

Gor zog den Kopf ein. »Silbernetz wird sich nicht mehr melden, bis er sicher ist, daß keine Gefahr für ihn besteht.«

»Du glaubst, er hilft uns nicht, wenn wir in der Klemme stecken?«

»Ich will es einmal so formulieren: Wir sollten uns nicht darauf verlassen, sondern stets auf unsere eigene Kampfkraft und Findigkeit hoffen.«

»Du hast eine seltsame Art, einem Freund Mut zu spenden.«

Unter ihnen tauchten bizarre Schiffe auf. Einige hatten Segel. Andere ähnelten Galeeren aus dem irdischen Altertum. Moronthor sah, daß von einem Schiff Netze eingezogen wurden.

Die fischen in der Monstersee! dachte er überrascht.

Etwas zappelte in dem großen Netz. Er konnte auf diese Entfernung hin nicht feststellen, was es war. Auch konnte er die Gestalten der Fischer nicht so genau sehen.

Black ging noch tiefer. Vor ihnen tauchte eine Hafenanlage auf. Dort befanden sich nochmehr von diesen Schiffen. Keines sah so aus wie das andere. Sie waren auf die besonderen Bedürfnisse von Monstersee zugeschneidert: Nußschalen, die mit verschnörkelten und anscheinend sinnentleerten Aufbauten versehen waren. Es mochte daran liegen, daß die Wesen, die diese Schiffe benutzten, allesamt nicht wie Menschen aussahen.

Aber sie sind intelligent! dachte Moronthor. Monsterland präsentiert sich als ein Land, in dem denkende Geschöpfe leben. Sie arbeiten hier und wohnen in der Stadt. Es ist nicht anders als auf der Erde.

Es war ihm klar, daß er sich etwas einreden wollte, denn sie waren in Monsterland. Da konnte es einfach gar nicht so sein wie auf der Erde!

Black huschte wie ein riesiger Schatten über den offenen Hafen hinweg und schwebte über die Dächer der Stadt.

Bislang schien niemand auf den Anflug geachtet zu haben, aber das änderte sich schlagartig.

An mehreren Stellen der Stadt stiegen Schatten auf.

Moronthor achtete nicht sofort darauf. Die Stadt selbst hielt ihn gefesselt. Der Himmel darüber bestand aus rötlichem Dunst, durchwoben von feinem Netzwerk, wie schwarze Blitze. Es war ein anderer Himmel als der über der Monstersee. Was waren das für schwarze Blitze?

Die Einflüsse von Mars! Durchzuckte ihn die Erkenntnis. Von dort aus wirkt er auf Monsterland. Er hat eine Schwachstelle gefunden und beeinflußte die Ordnung in Monsterland von oben. Dann braucht er die stabilen magischen Grenzen gar nicht zu überwinden und hat es nicht notwendig, seine eigenen Krieger zu gefährden.

Kein Wunder, wenn man die Vorgänge in Monsterland außerhalb spüren konnte: durch dieses schwarze Netzwerk sickerten störende Energien auch nach draußen, wo wieder ganz andere Gesetzesmäßigkeiten herrschten.

Ein teuflischer Plan, den Mars da ausgeheckt hatte. Dabei war nicht einmal abzusehen, was das alles noch für Folgen für die Dimension VARIA haben konnte. Dagegen war der negative Einfluß des Kriegsgottes Mars im Zyklopenland noch harmlos zu nennen !

Der Dunst des Himmels griff über die Dächer der altertümlich anmutenden Stadt mit ihren Kuppeldächern, Zwiebeltürmen, spiralförmig verdrehten Bauten, den Höckerdächern mit Schindeln wie Monsterschuppen, den engen Straßen und winkligen Gassen. Die Farbe Rot herrschte hier, wie überall in Monsterland, vor. Sie tendierte von dunkelrot über purpur bis zu einem Rot, das von weißen Schleiern durchwoben wurde - am fernen Horizont.

Monsterstadt war ungeahnt groß. Hier mußten Millionen von Monstern hausen.

Von was lebten sie? Es waren doch nicht alle Fischer?

Die aufsteigenden Schatten näherten sich dem Monster Black. Prompt wurde Black unruhig und wackelte hin und her, daß seine Passagiere beinahe den Halt verloren.

Es dauerte nicht lange, bis sich das Rätsel seiner plötzlichen Panik löste: Die aufsteigenden Schatten entpuppten sich als Dämonenvögel! Einer der Vögel rauschte auf mächtigen Schwingen heran. Moronthor sah einen menschenähnlichen Kopf. Das schwarze Federkleid umschloß den Schädel wie eine enge Kappe und endete spitz über der Nasenwurzel. Die Augen lagen weit auseinander und blickten streng. Das Gesicht war unnatürlich bleich. Der Mund war halb geöffnet. Der rosarote Schlund bildete einen Kontrast zum bleichen Gesicht. Die Zähne waren messerscharf und wirkten bedrohlich - vor allem die vampirhaften Eckzähne. Sie waren rot verschmiert. Der Dämonenvogel flog genau auf sie zu und wurde von den anderen seiner Art verfolgt.

Sie wollten Black mitsamt seinen Passagieren vom Himmel über Monsterstadt holen und sie vernichten.

Der Dämonenvogel riß sein Maul auf und stieß ein fürchterliches Krächzen hervor.

Dann war er heran…

***

Black faltete im letzten Augenblick die weiten Hautlappen und ließ sich absacken. Der Dämonenvogel segelte knapp über ihn hinweg.

Moronthor und Gor hatten alle Hände voll zu tun, nicht aus dem Maul von Black geschleudert zu werden und in den Abgrund zu stürzen. Sie hielten sich krampfhaft an der wulstigen Unterlippe fest.

Der Dämonenvogel war ein geschickter Flieger. Er stieg steil empor, um sich von oben auf Black zu stürzen, aber Black schien es zu ahnen. Die beiden Männer wußten nicht, wie hoch die Intelligenz des Schwarzen Ungeheuers einzuschätzen war. Vielleicht war sie von der Steuerung durch Silbernetz abhängig, aber Black erwies sich als schlauer Kämpfer. Ein Tentakelarm zuckte dem Dämonenvogel nach, als dieser gar nicht mehr damit rechnete, erwischte den Dämonenvogel im Genick und… Es knackte, daß es auf den Rücken von Gor und Moronthor eisige Schauer erzeugte. Der Dämonenvogel ließ ein letztes Krächzen hören und segelte dann mit schlaffen Schwingen in den Abgrund über der Monsterstadt.

Die Angreiferfront der Dämonenvögel hatte das Schauspiel sehr wohl beobachtet. Sie befanden sich hoffungslos in der Überzahl. Black hätte keine Chance gegen sie gehabt, aber er hätte einige von ihnen mit in den Tod genommen.

Die Dämonenvögel waren feige und hinterhältig. Ihr Krächzen klang nicht mehr angriffslustig, sondern eher ängstlich. Black flog mit kräftigem Flügelschlag direkt auf die Front zu.

Das verkrafteten die Feiglinge nicht. Die Front brach auseinander. Schleunigst brachten sich die Dämonenvögel in Sicherheit.

Aber das war für sie nicht so einfach, denn die Tentakelarme des gigantischen Black hatten eine ungeahnte Reichweite. Er schleuderte sie ihnen nach. Er holte ein Dutzend von den widerlichen Monstern vom Himmel über Dämonenstadt, ehe sie so recht begriffen hatten, wie ihnen geschah.

Es waren noch gut dreißig Dämonenvögel übrig. Black folgte unerbittlich einem Pulk von ungefähr zehn Stück. Als sie das erkannten, schlugen sie wie wild mit ihren Flügeln, wurden dabei jedoch langsamer anstatt schneller. Die Luft war erfüllt vom irren Krächzen und dem Sausen der Schwingen.

Und dann zuckten die Tentakelarme wieder vor. Sie hielten Ernte unter den Dämonenvögeln.

Die Überlebenden verschwanden unten in den engen Gassen der Stadt. Sie verkrochen sich, damit Black ihnen nichts mehr anhaben konnte.

Gor und Moronthor tauschten Blicke.

»Das hätten wir«, sagte Gor leise. »Unser Freund hier hat sich als wichtiger Verbündeter entpuppt.«

»Noch ist nicht aller Tage Abend, und ein relativ unbedeutetes Scharmützel entscheidet längst nicht den Ausgang des Krieges«, orakelte Moronthor pessimistisch.

Er spähte nach unten. Dort zeigte sich nichts mehr. Sämtliche Bewohner der Stadt schienen sich versteckt zu haben.

Der Schein trog, denn gewiß lauerten die Monstren nur auf die Landung von Black.

Kaum hatte Professor Moronthor daran gedacht, als Black nach unten sank. Rasend schnell wie ein Stein stürzte er der Stadt entgegen. Ein Dutzend seiner Tentakelarme baumelten herab, als hätte ihn jede Kraft verlassen.

Moronthor sah, daß die Tentakelarme direkt aus der Unterseite von Black wuchsen. Er konnte sie ganz einziehen, so daß nichts mehr von ihnen zu sehen war.

Black blieb ein schwarzer, nur silhouettenhaft erkennbarer und darum geheimnisvoller Schatten. Dabei kämpfte er zur Zeit auf der Seite des Guten.

Hoffentlich noch lange genug, bis wir einigermaßen in Sicherheit sind! dachte Moronthor.

Knapp über den Dächern der Stadt entfaltete Black seine gigantischen Schwinger und ließ einen riesigen Schatten über die Stadt entstehen. An dieser Stelle von Monsterstadt brach die Nacht herein.

Ehe Gor und Moronthor sich versahen, schnellten zwei Tentakelarme herein und packten nach ihnen. Es nutzte nichts, daß sie sich festhielten. Sie wurden unsanft nach draußen befördert.

Während die Schwingen von Black leicht wippten und somit das Gleichgewicht im Schwebeflug hielten, senkten sich die beiden Männer, von den Tentakelarmen gehalten, auf einen mächtigen Palast. Er beherrschte die gesamte Umgebung. Alle anderen Gebäude wirkten gegenüber dem Palast eher mickrig.

Im diffusen Halbdunkel sahen die beiden Männer, daß der Palast ringförmig gebaut war und einen weiten Innenhof umschloß. Er mutete an wie eine Festung, um alle ungebetenen Gäste abzuhalten.

Gor und Moronthor schienen allerdings zu den Willkommenen zu zählen, sonst hätte Black sie wohl kaum hergebracht.

Das redete der Meister des Übersinnlichen sich ein, obwohl er dem Frieden nicht so recht glauben mochte.

Black setzte sie auf dem Dach ab. Dann schug er kräftiger mit den Schwingen und rauschte davon, einen Sturm dabei entfachend. Moronthor und Gor mußten sich flach auf den Boden legen, um nicht vom Dach geweht zu werden.

Der Sturm legte sich wieder. Moronthor untersuchte mit den tastenden Händen den Untergrund.

Das Dach fühlte sich feucht und schwammig an. Wenn man die ganze Handfläche darauflegte, pulsierte es sanft.