Gisbert forscht - Gisbert Knüphauser - E-Book

Gisbert forscht E-Book

Gisbert Knüphauser

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Beschreibung

Zirbenbetten, Langeweile und andere Entdeckungen auf dem Weg zu Glück und Gesundheit Wie man lernt, mehr Geld zu haben, wie man in einer Minute 54 Sekunden die Kontrolle über sein Leben gewinnt und warum es gut ist, sich von der Natur unter Strom setzen zu lassen: Gisbert Knüphauser verändert Ihr Leben in 20 Kapiteln.  Gisbert Knüphauser führt die Leser des Magazins »carpe diem« seit fünf Jahren auf eine charmante und selbstironische Entdeckungsreise in unerforschte Gefielde der Gesundheit: Er beschreibt seine verblüffenden Erfahrungen mit belebtem Wasser, bekommt seinen Stress in den Griff, löst die Spannungen aus seinem Körper und lernt, sich selbst zu lieben. In diesem Buch finden sich Gisbert Knüphausers Kolumnen erstmals vereint, als Einladung zum Staunen, zur Selbsterfahrung und als humorvoller Lesegenuss.

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Seitenzahl: 169

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Gisbert forscht

20 erstaunliche Selbstversuchezwischen Esoterik und Schulmedizin

Impressum

Sämtliche Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Herausgebers und des Verlages ist ausgeschlossen.

1. Auflage

© 2024 Benevento Verlag bei Benevento Publishing

Salzburg – Wien, einer Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg

Alle Rechte vorbehalten — insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber

Red Bull Media House GmbH

Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15

5071 Wals bei Salzburg, Österreich

Umschlaggestaltung — Flora Seidl-Kietreiber

Covermotive — Stephanie Wunderlich

Layout und Satz — Isabel Neudhart-Haitzinger

Gesetzt aus — Adobe Caslon, Futura, Noe Display, Noe Text

Illustrationen im Buch — Stephanie Wunderlich

ISBN — 978-3-7109-0195-9

eISBN — 978-3-7109-5162-6

Inhalt

Vorwort

Was ich über Gisbert weiß und sagen darf

Selbstversuch 1

Wie ich lernte, auf mein Herz zu hören

Selbstversuch 2

Wie ich lernte, mich zu langweilen

Selbstversuch 3

Wie ich lernte, Wasser zu trinken

Selbstversuch 4

Wie ich lernte, mit Wasser zu sprechen

Selbstversuch 5

Wie ich lernte, was wirklich wichtig ist im Leben

Selbstversuch 6

Wie ich lernte, aus Abfällen das gesündeste Gericht der Welt zuzubereiten

Selbstversuch 7

Wie ich lernte, mich von der Natur unter Strom setzen zu lassen

Selbstversuch 8

Wie ich lernte, meinen Stress zu verstehen

Selbstversuch 9

Wie ich lernte, einen Eisberg zum Schmelzen zu bringen

Selbstversuch 10

Wie wir lernen, einander zu verstehen

Selbstversuch 11

Wie ich lernte, mit dem Duft der Zirbe einzuschlafen

Selbstversuch 12

Wie ich lernte, nach meinem Warum zu fragen

Selbstversuch 13

Wie ich lernte, dass ich mein Körper bin

Selbstversuch 14

Wie ich lernte, mehr Geld zu haben

Selbstversuch 15

Wie ich lernte, im Taketina-Rhythmus zu tanzen

Selbstversuch 16

Wie ich lernte, in die richtige Schwingung zu kommen

Selbstversuch 17

Wie ich lernte, auf Zucker zu verzichten und Fett zu verbrennen

Selbstversuch 18

Wie ich lernte, mir Gutes zu tun

Selbstversuch 19

Wie ich lernte, die Luft anzuhalten

Selbstversuch 20

Wie ich lernte, alle Nährstoffe richtig zu ergänzen

Vorwort

Was ich über Gisbert weiß und sagen darf

In der Sauna ist er gewöhnungsbedürftig. Nicht weil die Gespräche mit ihm nicht prickelnd wären – das sind sie nämlich meistens –, sondern weil er zwischendurch Fragen stellt, die man sich in schwachen Momenten selbst stellt, um sich dann mit letzter Kraftanstrengung an der Antwort vorbeizuschummeln. Die Frage zum Beispiel, ob ich denn mein wirkliches biologisches Alter kenne und ob mir die essenzielle Bedeutung von Mucki-Training gerade für Menschen im Herbst ihres Daseins bewusst ist. So was fragt man nicht bei 90 Grad und auch nicht beim Eisbad danach.

Gisbert fragt viel, vermutlich weil er sich eine kindlich-besser-wisserische Neugier bewahrt und kultiviert hat.

Ein Besserwisser ist er tatsächlich, auch im positiven Sinn. Dass er so vieles so viel besser weiß, liegt vermutlich daran, dass er sehr viel liest und alles hört, was Podcast heißt, und irgendwie das Potenzial hat, unser aller Leben länger und besser zu machen.

Recht gerne liest er Studien, medizinisches Zeugs, noch dazu auf Englisch und von komatöser Langwierigkeit – lauter Sachen, die unsereins nicht lesen mag, manchmal Sachen, die heute spooky klingen und in zehn, fünfzehn Jahren langsam in die konventionelle Medizin einsickern und noch einmal ein paar Jahre später beim Herrn Doktor in der Ordi als segensreiches Irgendwas ankommen werden.

So lange dauert’s meistens, sagt Gisbert. Und weil er nicht nur Theoretiker im Fachbereich Lebensverbesserung und Lebensverlängerung, sondern aus tiefster Leidenschaft auch praktizierender Missionar ist, tut er alles, damit alle alles schneller erfahren. Also schmeißt er auf seinen Streifzügen in die Grauzonen der Wissenschaft tollkühn mindestens seinen Körper und meistens sein ganzes Wesen ins Ungewisse, um Wirkungen und möglicherweise unerwünschte Wirkungen investigativ zu erforschen. Er beschreibt seine verblüffenden Erfahrungen mit belebtem Wasser, mit atemberaubenden Körpertherapien und körperbetonten Atemtechniken, er entdeckt die Geheimnisse finanzieller Gesundheit und im Vorbeigehen sein Warum.

Ja, schreiben kann er auch. Womit er schreibt, ist mir bis heute ein Rätsel. (Es gibt ja die Bauchschreiber und die Kopfschreiber, die Schmerzschreiber und diese verflucht talentierten Aus-dem-Ärmel-Schreiber. Ich vermute, er ist ein gesunder Mischmasch aus alledem.) Jedenfalls, er schreibt so gut, dass ich hier und jetzt zu sagen wage: Sie sind ein Glückskind, weil Sie hier und jetzt dieses Buch in Händen halten. Und Sie werden selten beim Schlauerwerden so viel Spaß haben!

Herzlich

Andreas Kornhofer

Herausgeber carpe diem

Selbstversuch 1

Wie ich lernte, auf mein Herz zu hören

Dein Herz weiß alles über dich und hat keine Geheimnisse vor dir. Über die Herzratenvariabilität und wie sich ausgemergelte Beziehungen durch die Musik verlorener Herzen reparieren lassen.

Nichts in deinem Leben funktioniert ohne Energie. Du brauchst Energie zum Atmen, zum Verdauen und Liebemachen, damit du Gehaltsverhandlungen führen, dich an der Supermarktkassa anstellen und deine Zehennägel wachsen lassen kannst, du brauchst Energie zum Denken und zum Singen und zum Jagen von Mammuts.

Aber wir haben nie genug Energie, um alles, was Leben ausmacht, gleichzeitig zu tun, es geht nur entweder Gehaltsverhandlung führen oder Liebe machen, entweder an der Kassa stehen oder singen, und während wir Mammuts jagen, wachsen die Zehennägel nicht.

Das Leben ist quasi ein dauerndes Dilemma, aber die Natur hat sich damit genial abgefunden: Über die Millionen Jahre der Evolution hat sie gelernt, in jeder Situation das Maximum verfügbarer Energie dorthin zu lenken, wo sie gerade gebraucht wird, und zwar in einem so schnellen, komplexen und fehlerfreien Vorgang, dass sie ihn vorsichtshalber unserer bewussten Steuerung entzogen hat.

Ein gesundes Herz schlägt tak-taak-taktack, nicht tak-tak-tak. Die Millisekunden der Unregelmäßigkeit dirigieren unser Leben.

Unser Leben sortiert sich, ohne dass wir das merken, in zwei Betriebssysteme. Sie werden durch Nerven gesteuert, den Parasympathikus und den Sympathikus. Wenn wir bedroht werden, kämpfen oder fliehen müssen, ein Mammut auftaucht oder ein Brief vom Finanzamt, dominiert der Sympathikus, alle Energie knallt in die Muskulatur, Blutdruck steigt, Blaulicht, Folgetonhorn.

Wenn wir weder jagen noch flüchten müssen und den Steuerbescheid überlebt haben, übernimmt der Parasympathikus und kümmert sich um alles, was mit Gesundheit zu tun hat: dass wir entspannen und schlafen, dass Wundheilung und Verdauung in Gang kommen und unser Immunsystem Eindringlinge abmurkst. Natürlich werden Sympathikus und Parasympathikus nicht wie mit dem Lichtschalter ein- und ausgeknipst. Die beiden ergänzen einander, ihr Miteinander hat etwas von einem Tanz, und je geschmeidiger sie miteinander umgehen, desto besser klappt unser Leben.

Die Chinesen wissen seit 1.800 Jahren, dass das alles mit dem Herzschlag zu tun hat. Sie wissen, dass unser Leben umso besser, fröhlicher, gesünder und länger wird, je unregelmäßiger das Herz schlägt.

Ja, richtig gelesen: je unregelmäßiger!

Denn regelmäßiger Herzschlag ist schlecht. Ziemlich schlecht sogar. Der Arzt Wang Shu-He (180–270 n. Chr.) sagte: »Schlägt das Herz so regelmäßig wie das Klopfen des Spechts oder das Tröpfeln des Regens auf dem Dach, stirbt der Patient innerhalb von vier Tagen.«

Tot? In vier Tagen? Nur weil das Herz gleichmäßig schlägt?

Schon seit ungefähr einem Jahrhundert kennen wir im Westen das Wort Herzratenvariabilität. Wir wissen: Schlägt unser Herz im strengen Tak-tak-tak eines Metronoms, stimmt was nicht mit uns – und wenn uns noch nichts zwickt, dann ist es sehr wahrscheinlich bald so weit. Schlägt unser Herz aber tak-taak-taktack – ein paar Millisekunden zwischen diese beiden Schläge reingeschwindelt, ein paar Millisekunden aus jenen rausgezwickt –, dann ist alles in Ordnung. Selbst die modernste Medizin kennt keinen zuverlässigeren Beleg für stocksolide Gesundheit.

Wieso ist das alles so?

Mit dem leichtfüßig-unregelmäßigen Dahingehüpfe reagiert unser Herz auf jeden Einfluss des Lebens, blitzschnell und unglaublich elegant passt es sich an alles an, was in unserer Welt passiert, an jeden unserer Gedanken und jedes unserer Gefühle, an alles, was wir bewusst oder unbewusst tun, ob wir nun Brokkoli oder Pommes essen, ob wir dem Bus nachrennen – und ob wir ihn erwischen oder verpassen –, ob das Kind den Suppenteller über den Restauranttisch kippt oder uns in der Nacht das WLAN den Schlaf torpediert.

Alles das und tausende andere Eindrücke verarbeiten wir permanent, und unser Herz reagiert darauf schneller und genauer, als unser Bewusstsein das je könnte, es dirigiert Sympathikus und Parasympathikus in Millisekunden, und wo sie gerade benötigt wird, wird Lebensenergie angeliefert, ohne dass wir was davon merken.

Aber wie gut geht’s dir wirklich? Landet deine Energie immer dort, wo sie hingehört? Wirbeln Sympathikus und Parasympathikus virtuos durch den Ballsaal deines Lebens? Oder stolpern sie herum und latschen einander auf die Füße?

Und klappt vielleicht deswegen deine Verdauung nicht?

Kriegst du vielleicht deswegen deine Migräne und deine Verkühlungen nicht los oder bist sofort von allem genervt, weil dein Parasympathikus einfach nicht gegen den Sympathikus ankommt?

Das alles lässt sich schwarz auf weiß sehen, in Zahlen, Grafiken und Tabellen.

Denn die eigene Herzratenvariabilität lässt sich messen. Mit Gratis-Apps am Handy und mit EKG-genauen, tausende Euro teuren Geräten; die Palette der Messtools ist so groß, dass man, kaum hat man begonnen, sich mit der HRV nur ein bisschen auszukennen, erst mal schon wieder gar nichts mehr versteht.

Manche Systeme fassen die Ergebnisse lapidar in einer Zahl zwischen 1 und 150 zusammen, andere werfen mit Begriffen wie HF, LF, RMSSD oder SDNN und jeder Menge Kommastellen um sich, wieder andere zeichnen Kurven, Wolken und Diagramme.

Was macht man also, wenn man wissen will, wie es einem geht?

Rasmus Gaupp-Berghausen zu fragen ist keine schlechte Idee. Kaum jemand hat sich mit den Angelegenheiten des Herzens in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren auf so vielen Ebenen auseinandergesetzt wie der Vorarlberger mit dänischen Wurzeln und einem soliden beruflichen Hintergrund von der Agrarwissenschaft (Forschungsarbeiten in Wien, Kopenhagen und Costa Rica) bis zur Quantenphysik.

»Deine Herzratenvariabilität ist der exakteste Spiegel deiner Lebendigkeit«, sagt Gaupp-Berghausen, »nichts liest deine Befindlichkeit im Moment so exakt aus, und noch mehr: Nichts erkennt so zuverlässig, wie du die letzten Jahre mit dir selbst umgegangen bist, mit deinem Körper, deinem Geist, deiner Seele. Deine Herzratenvariabilität zeigt, wie belastet du bist und wie gut du mit Belastung umgehen kannst, ob und wie schnell du regenerierst. Sie gibt dir unmittelbares Feedback darauf, ob dein Leben gut oder schlecht für dich ist: Hilft mir diese Diät? Frag deine HRV. Bringt mich dieser Trainingsplan weiter? Frag deine HRV. Wie reagiere ich auf Fasten, wie auf Meditation? Frag deine HRV.«

Zur Annäherung ans eigene Herz empfiehlt Gaupp-Berghausen drei Schritte.

• Schritt 1: Sich eine billige App aufs Handy zu laden ist ein guter Beginn, zwei oder drei Euro reichen. Gaupp-Berghausen: »Spiel damit rum, sogar die ungenaue Pulsmessung über Kamera und Zeigefinger reicht. Die Werte sind unzuverlässig, aber du hast ins Thema reingeschnuppert, das ist das Wichtigste.«

• Schritt 2: Vertief dich ein bisschen in Recherche, das Internet ist voll mit Infos. Gaupp-Berghausen: »Ich empfehle als Quellen hrv24.de oder meine eigene Website.« (aquaquinta.com/sound-of-soul)

• Schritt 3: Leg dir einen Brustgurt für die Pulsmessung zu, ein normales Gerät, wie du es in jedem Sportgeschäft kriegst (Gaupp-Berghausen: »Damit werden die Messungen der App genauer als mit dem Zeigefinger«) und beschäftige dich weiter mit dem Thema: Nütze deine Herzratenvariabilität als Feedback im Alltag, leiste dir vielleicht einmal eine professionelle Messung. In Summe kostet dich das ein paar Stunden und vielleicht 100 oder 200 Euro. Das ist es tausendmal wert!

Noch einen vierten und fünften Schritt weiter geht »Sound of Soul«. Das System, das Gaupp-Berghausen entwickelt hat, übersetzt HRV über eine spezielle Software in ein Erlebnis aus Musik und Farben, und es fühlt sich zugleich vertraut und fremd an, wenn dein eigenes Herz beginnt, dir ein kleines Harfenkonzert vorzuspielen.

Was »Sound of Soul« über das Erlebnis hinaus zu etwas Besonderem macht: Es verwandelt die Herzratenvariabilität von einem Instrument der Diagnose und des Feedbacks in ein therapeutisch wirksames Tool. Denn das Eintauchen in das Spiel mit Klängen und Farben leitet dich direkt in die Tiefenentspannung, du lernst die poetische Kraft deines Herzens kennen und dich ihr anzuvertrauen, und dein Parasympathikus kommt endlich wieder ordentlich ins Tanzen.

In italienischen Herzkliniken wird Gaupp-Berghausens Erfindung eingesetzt, um Patienten vor Operationen zu beruhigen, um ihren Parasympathikus aus den Stressklauen des Sympathikus zu befreien, sogar angesichts der durchaus Panik verursachenden Bedrohung durch eine Herz-OP. Die Eingriffe verlaufen einfacher und komplikationsfreier, die Patienten werden früher und gesünder entlassen.

Auch andere Herzspezialisten haben »Sound of Soul« für sich entdeckt: Schweizer Beziehungstherapeuten schließen Paare, die sich aneinander abgearbeitet haben, an das Gerät an und schauen, was passiert, wenn die beiden entfremdeten Herzen miteinander umgehen müssen.

Wenn die beiden so verkabelt nebeneinandersitzen, passieren manchmal kleine Wunder: Die Herzen beginnen miteinander zu musizieren, man kann hören, wie sich ihre Harfen und Violinen und Panflöten schüchtern in etwas fremd gewordenes Gemeinsames hineintasten. Und für gar nicht so wenige Paare, berichten die Therapeuten, beginnt am Ende des gemeinsamen Konzerts tatsächlich etwas Neues.

Selbstversuch 2

Wie ich lernte, mich zu langweilen

Über unser eingebautes Belohnungszentrum, die Wissenschaft rund um Dopamin und GABA, über Popcorn, Rückenschmerzen und den unheimlich schwierigen Verplemperter-Nachmittag-Test.

Der heimliche Herrscher des Universums sitzt in deinem Kopf, ist so groß wie eine Erbse und kann dich traurig und krank machen – oder glücklich und gesund.

Dieser »heimliche Herrscher«, von dem die Rede ist, ist das Belohnungs- und Lustzentrum in deinem Gehirn. Sein Mittelpunkt ist der Nucleus accumbens, ein ungefähr erbsengroßer Bereich ein paar Zentimeter hinter der Nasenwurzel im sogenannten Reptiliengehirn, dem innersten, ältesten und mächtigsten Teil unseres Gehirns.

Ist dieser Erbsenbereich angeregt, geht es uns gut. Ist dieser Erbsenbereich nicht angeregt, geht es uns nicht gut.

Es mag keine besonders schmeichelhafte Botschaft für unser Selbstwertgefühl als Krone der Schöpfung sein, aber: Unser Lebensglück passt in eine Erbse. Dieses geringe Volumen reicht aus, weil unser Lebensglück keine besonders ambitionierten Ansprüche stellt. Die Natur hat nämlich vor ungefähr sieben Millionen Jahren beschlossen, dass der Sinn unseres Lebens das Leben selbst ist. Sie macht uns das klar, indem sie uns immer dann am üppigsten mit Lebensfreude und Lebenslust beschenkt, wenn wir etwas tun, was unser Überleben (und damit den Fortbestand der Art) sichert: wenn wir uns fortpflanzen, wenn wir essen und trinken, wenn wir unser Revier behaupten, wenn wir von anderen Menschen Aufmerksamkeit bekommen, wenn ein Plan funktioniert.

Nichts bereitet uns so viel Freude wie das nackte Überleben.

Problematisch wurde alles, als wir lernten, den Erbsenkönig unseres Glücks zu kitzeln. Wie problematisch, das weiß man seit 1954, als man Laborratten einen elektrisch leitenden Draht ins Belohnungszentrum gelegt und mit einem Taster versehen hatte. Die Ratten konnten damit also Glück, Rausch und Euphorie einschalten wie unsereins eine Glühbirne.

Klingt nach Paradies, wurde Hölle. Die armen Viecher verloren innerhalb kürzester Zeit das Interesse an allem, was weniger Lust brachte als der Draht in ihrem Hirn – und das war alles, was kein Draht im Hirn war. Sie betätigten den Taster rasend, wie Irre, tausend, zweitausend Mal pro Minute. Manche knipsten sich tatsächlich zu Tode, weil sie vor lauter Taste drücken auf die Nahrungsaufnahme vergaßen.

Hach, kann man jetzt sagen, Ratten … auch nicht die Hellsten.

Nun ja. Wir Menschen haben Prosecco und Marlboro, wir haben Marzipankuchen und Pornos, Netflix, YouTube und einen Instagram-Feed, wir haben Erfolgsboni und Lottoziehungen, wir haben Handys, XL-Monitore und Shopping, wir haben E-Mail- und WhatsApp-Notifications und Likes auf unsere Postings, wir haben Schokocroissants und Heroin und einen großen, vorteilhaft beleuchteten Spiegel in der Garderobe unseres Fitnesscenters.

Und wir schlichten immer mehr Leben in immer weniger Zeit.

In einem US-Film des Jahres 1953 wurde durchschnittlich alle 27,9 Sekunden geschnitten, heute alle zwei Sekunden. Von Jahrtausendbeginn bis 2009 hat sich unsere durchschnittliche Gehgeschwindigkeit in den Städten um zehn Prozent erhöht, sicher sind wir mittlerweile noch schneller geworden. Seit 2007 tragen wir überhaupt die ganze Welt in unserer Hosentasche herum: Das Smartphone hat alles, was man erleben kann, jederzeit überall verfügbar gemacht. Wer braucht da noch eine Standleitung ins Hirn?

Die gute Nachricht: Nichts von all dem, was uns Lust und Freude und Anerkennung bereitet, ist schlecht für uns. Also, außer vielleicht das Heroin und die Marlboros.

Die schlechte Nachricht: Alles davon ist gar nicht gut für uns. Das hat nichts mit den Transfetten in den Croissants, den Trojanern in den Pornos und den Influencern auf Instagram zu tun. Es hat mit dem Alles zu tun. Mit dem Zuviel an Stimulation unseres Glückszentrums, dem Zuschnell, dem Zuoft. Zu viel Glücksreiz macht uns nämlich, das weiß die Wissenschaft heute, unglücklich.

Sobald wir mehr Glückserreger produzieren, als die Erbse in unserem Kopf verarbeiten kann, ist sie überfordert. Sie erschöpft sich, verbraucht sich, verkümmert, brennt aus. Unser Glückszentrum verlernt, uns glücklich zu machen. Jahrelang merken wir davon gar nichts, weil wir gegensteuern, indem wir instinktiv immer öfter immer stärkere Reize setzen. Aber irgendwann sitzen wir da und sind einfach nur noch traurig, lustlos, fühlen uns leer, innerlich irgendwie unruhig, rastlos, vielleicht tut der Kopf weh oder der Rücken, ohne dass der Arzt im Kopf oder im Rücken was fände, oder wir können nicht mehr schlafen, das Leben macht insgesamt irgendwie gar keine so rechte Freude mehr, und wir wissen nicht, warum.

Es kann gut sein, dass das alles einfach an der Kapitulation einer Erbse liegt.

Es gibt ein sehr gescheites Buch zu diesem Thema vom deutschen Arzt Ingo Schymanski mit dem Titel »Im Teufelskreis der Lust«. Er erklärt darin sehr einfach die Biochemie unseres Glücks, wie das mit dem Dopamin in unserem Gehirn funktioniert und welche Rolle GABA spielt – Gamma-Aminobuttersäure: Ein anderer Botenstoff, der den Kreislauf aus Lust und Befriedigung, aus Anstrengung und Belohnung, aus Motivation und Leistung abrundet und uns nach all der Aufregung satt, zufrieden, ruhig und müde werden lässt.

Dem Stillsitzen so viel Zeit lassen, wie es möchte, und vielleicht sogar ein bisschen mehr.

Schymanski erklärt, wie sehr wir durchs moderne Leben unsere Dopamin- und GABA-Speicher systematisch erschöpfen und unsere Glücksrezeptoren ausbrennen; wieso uns diese Überforderung dazu bringt, von uns selbst und der Welt immer stärkere Impulse zu fordern – wir wollen mehr, wir wollen größer, wir wollen bunter, süßer, fetter, lauter; wieso es uns nicht mehr reicht, im Kino einfach nur einen Film anzusehen, sondern wir einen Liter Cola und einen Container Popcorn dazu brauchen.

Er erklärt, wieso wir gar keine Chance mehr haben, uns auf eine Sache zu konzentrieren, wenn wir nicht genug GABA im System haben.

Er erklärt, wieso es klug ist, vor jede Belohnung eine Herausforderung zu stellen. Und nach jeder Belohnung eine Pause.

Schymanski hat auch ein ziemlich einfaches Rezept bei der Hand, wie wir wieder lernen, glücklicher zu sein. (»Einfach« übrigens nicht im Sinn von »leicht«, sondern in Sinn von »unkompliziert«; dazu gleich mehr.)

Schymanski empfiehlt vor allem, dass wir uns an den Weisheiten des Fernen Ostens bedienen – dass wir unserem westlichen »Immer mehr« ein östliches »Immer weniger« entgegensetzen.

Schymanski schwärmt von der heilenden Kraft des bewussten Verzichts, ganz konkret rät er zu Meditation, aber nicht zu unserer Täglich-fünf-Minuten-App-Morgenroutine-Meditation mit Handy-Timer-Countdown, sondern dazu, der Meditation Ruhe zu geben, dem Stillsitzen so viel Zeit zu lassen, wie es möchte, und vielleicht sogar ein bisschen mehr. Und vor allem regt er an, die Meditation nicht als Werkzeug zu sehen, sondern als Selbstzweck. Dann kann das Glück in uns wieder lernen zu entstehen, sogar ganz von selbst, wenn wir ihm dafür Zeit geben.

Er rät zum bewussten Verzicht im Alltag, zum Neinsagen, Nein zum überfordernden Chef genauso wie Nein zum herkömmlichen Frühstück: den zusätzlichen Job nicht annehmen, Überstunden, Zucker und Kaffee weglassen. Einfach einmal zum Frühstück nur Wasser trinken und herausfinden, wie das Wasser schmeckt.

Schymanski rät zu Pausen, die wirkliche Pausen sind – also zu Zeiten, in denen wir nichts tun, ganz und gar nichts. Das Beste, meint er, wäre überhaupt, sich ausgiebig zu langweilen, und es wäre fantastisch, wenn Kinder wieder lernen müssten – dürften! –, mit Langeweile umzugehen.

Langeweile ist, wie die Akkus unserer Lebensfreude-Rezeptoren aufzuladen.

Ich wollte das ausprobieren. Ich habe mir vorgenommen, mich einen Nachmittag lang zu langweilen.

Kein Handy, kein Fernsehen, kein Internet, keine Chips knabbern, kein Fermentiergemüse schnippeln, nicht laufen gehen, nicht einmal ein Buch lesen oder den Keller zusammenräumen, also nicht einmal nichts tun, nicht einmal über den nächsten Arbeitstag nachdenken, alte E-Mails sortieren oder eine To-do-Liste schreiben. Gar nichts. Einfach nur dasitzen, im Wohnzimmer, und in die Stille des Wohnzimmers hineinhören. Wie meditieren, nur ohne Meditations-App, ohne Meditationsmusik, ohne Meditationsmatte und ohne Meditationsschnickschnack.

Es war fürchterlich.

Aber ich war tapfer.