Heiße Küsse für das Christkind - Isabella Lovegood - E-Book

Heiße Küsse für das Christkind E-Book

Isabella Lovegood

4,9

Beschreibung

Ein bezauberndes Christkind, ein charmanter alleinerziehender Vater, eine entzückende Vierjährige, und das alles vor dem romantischen Hintergrund des vorweihnachtlichen Bad Gastein, sind die Zutaten für eine herzerwärmende, prickelnde Liebesgeschichte. Die Kindergartenpädagogin Christa Kindl ist auf Jobsuche. Das neu eröffnete Zwergenhotel sucht Kinderbetreuer. Alles scheint sich perfekt zu fügen, doch dann verändern ein Brand und ein großzügiges Angebot ihr Leben von einer Minute auf die andere. Enthält liebeovll-erotische Szenen. Band 1 der Reihe "Zimmer frei für die Liebe" Die Reihe "Zimmer frei für die Liebe": - Heiße Küsse für das Christkind - Ein Koch zum Verlieben - Die Liebe kommt in Gummistiefeln - Liebe ist kein Computerspiel - Zuckerbäcker küssen besser - Regenbogenküsse - Kreuzfahrt zurück ins Leben - Starthilfe fürs Herz - Herzenskinder Von der Autorin sind außerdem folgende sinnliche Liebesromane erschienen: Die Reihe "Club Red Vulcano" - Zweite Chance für Lust und Liebe - Wer mit dem Feuer spielt Die Reihe "Nachhilfe für die Liebe" - Die Sexpertin - Patchwork mit Herz - Dich zu sehen Die Reihe "Mallorca-Erotic-Romance" - Ich, du und sie - Wir drei für immer - Zitronenblütenküsse und Lebkuchensterne - Weil die Liebe siegt - Wahre Liebe rostet nicht - Das Meer, du und ich - Ein Boot, ein Kuss und du - Du, ich und Weihnachtszauber - Sommertanz & Einhornküsse "Keine Cupcakes für Bad Boys" zwei Romane in einem Buch - (K)ein Bad Boy für Carolin von Isabella Lovegood - Ein Cupcake zur Mittsommernacht von Tamara Leonhard "Traumprinz nicht gesucht und doch gefunden" (Fortsetzung) erscheint am 28. April 2021 Die "Rosen-Reihe": - Sommerflirt mit Folgen - Liebe zu dritt - Rosen-Himmel - Geteilte Liebe - Drei plus zwei und jede Menge Liebe - Auf Liebe gebaut - Herbstgenüsse - Aller guten Dinge sind 5 - Weihnachten am Heckenrosenweg "Hot Holiday Lovers" - erotischer Liebesroman "Neujahrsliebe" - Sinnlich-erotische Kurzgeschichte "Venus trifft Venus" - Sinnlich-erotische Kurzgeschichte Unter dem Pseudonym C.P. Garrett "A Groupie's Dream" - erotische Kurzgeschichte "Nina" - erotischer Roman "Mein 10. Hochzeitstag" - erotische Kurzgeschichte "Der Zucker und das Salz des Lebens" + "Honig und Chili" 2-teiliger, erotischer Roman Unter dem Pseudonym Ingrid Fuchs - Die Hexe Veronika: Roman für Kinder ab ca. 5 Jahren und dazu passendes Malbuch

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Heiße Küsse für

das Christkind

Eine sinnliche Liebesgeschichte

von

Isabella Lovegood

Copyright © 2015 Isabella Lovegood

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin

ISBN 978-3-903066-16-8

[email protected]

Covergestaltung: Isabella Lovegood

Cover-Foto: S.H.exclusiv - Fotolia

Alle Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten sind rein zufällig und ungewollt.

Kapitel 1

Die steile Holztreppe knarrte leise und vertraut, als Christa ins Obergeschoss des alten Hauses hinaufstieg. Sie verlagerte das Gewicht des kleinen Tabletts, um eine Hand frei zu bekommen. Behutsam klopfte sie an die schmale Tür.

„Komm herein“, erklang eine etwas heisere Mädchenstimme.

„Ich bringe dir deinen Tee und etwas Kartoffelsuppe.“ Sie klappte die Füße des Tabletts herunter und stellte es ihrer Tochter über die Knie. Christa ließ sich auf der Bettkante nieder und streichelte den roten Kater, der lang ausgestreckt auf der Bettdecke lag. Augenblicklich fing er wohlig an zu schnurren.

„Das ist lieb von dir, danke!“ Der Tee war noch zu heiß, deshalb tauchte Viola zuerst den Löffel in die cremige Suppe und kostete. „Hmmm ... Sehr gut. Ich brauche ohnehin noch etwas Energie, bevor ich mich ins Gewühl stürze.

„Du hast Fieber. Du kannst nicht aufstehen.“

„Ich muss, das weißt du genau! Die ganze Truppe erwartet mich in einer Stunde, nein, nicht nur sie, sondern halb Bad Gastein!“ Viola seufzte theatralisch auf, was in einem Hustenanfall endete.

„Wer ist heuer die Reserve-Besetzung?“

„Saskia. Sie hat sich vorgestern beim Ski-Opening das Bein gebrochen und lümmelt mit ihrem Gips den Rest des Jahres auf der Couch herum.“

„Das ist dumm ...“ Christa verzog das Gesicht zu einer nachdenklichen Grimasse.

„Mama, das ist nicht dumm, sondern eine Katastrophe!“ Viola machte Anstalten, die Bettdecke wegzuschieben. Carlo öffnete ungehalten eines seiner hellgrünen Augen.

„Nichts da. Mit 38,5 Grad Fieber gehst du mir nicht stundenlang in die Kälte hinaus. Und komm mir jetzt nicht mit deinem 'Ich bin erwachsen'!“

„Wenn es darauf ankommt, kannst du richtig autoritär sein“, grinste Viola trotz ihrer verzweifelten Lage. „Eigentlich fühle ich mich wirklich besch ...“ Sie vollendete das Wort lieber nicht. „Aber was wird aus dem Event?“

„Das 'Event' ist ein Nikolaus-Umzug und keine Staatsaffäre. Aber ich gebe zu, eine Adventsfeier ohne Anwesenheit des Christkinds hat es bei uns noch nie gegeben.“ Dann lächelte Christa plötzlich und erntete prompt einen alarmierten Blick ihrer Tochter.

„Oh-oh, den Ausdruck kenne ich. Was heckst du aus?“

„Ich werde statt dir gehen. Wir sehen uns so ähnlich, von weitem wird niemand merken, dass das Christkind heuer nicht ganz so knackig-frisch ist wie sonst.“

Traditionell wurde diese 'Position' mit einer jungen Frau um die Zwanzig besetzt. Christa war in Bad Gastein aufgewachsen und in ihrer Jugend selbst einige Jahre das 'Christkind vom Dienst' gewesen. Mit ihren blonden, langen Locken und den blauen Augen waren sie beide prädestiniert für diese Aufgabe. Sie sah ihre Tochter herausfordernd an. „Oder hast du eine bessere Idee?“ Viola schüttelte bedauernd den Kopf.

„Na, dann werde ich mich mal herrichten. Wo hast du das Kostüm?“

Viola wies auf ihren Schrank. Vorsichtig öffnete Christa die Tür. Sie hatte den Inhalt in den letzten Jahren schon in sehr chaotischem Zustand erlebt. Daher war sie angenehm überrascht, die elfenbeinfarbene Robe ordentlich auf einen Bügel gehängt vorzufinden. Sie befühlte den weich fallenden, dünnen Stoff prüfend. Ich muss mich darunter warm anziehen. Wo ist meine Skiunterwäsche? Und vielleicht zusätzlich Leggings?

Bald stand sie fix und fertig angekleidet vor dem großen Spiegel in ihrem Schlafzimmer. Wehmütig strich sie über das Gewand. Erinnerungen kamen auf. Sie hatte Violas Vater bei einem solchen Nikolo-Umzug kennengelernt. Gott, wie verliebt ich gewesen bin ... Und jung und naiv, rief sich Christa zur Ordnung.

Energisch bürstete sie ihre Haare aus, die sie normalerweise hochgesteckt oder sonst wie gebändigt trug. Weich und schimmernd fielen sie über die helle Kleidung und es schien, als ob sie dadurch noch stärker glänzten. Zum Abschluss legte sie sich den Umhang um die Schultern und schloss den Knopf. Zarte violette und goldene Stickerei zierte die vordere Kante und den Saum. Dieselben Farben, in denen auch die Nikolaus-Robe bestickt war. Probehalber zog sie die leichte Kapuze hoch und etwas in die Stirn. Ja, so fällt es noch weniger auf, dass ich keine zwanzig mehr bin.

„Ach nein, runter damit! Du brauchst dich doch nicht zu verstecken!“

Christa schrak zusammen. Sie hatte ihre Tochter nicht kommen hören. „Immerhin verstoße ich gegen die Tradition.“ Viola zog die Kapuze herunter und breitete das lange Haar ihrer Mutter sorgfältig über deren Schultern aus.

„Die werden froh sein, dass wir sie nicht hängen lassen. Und Siegi freut sich bestimmt, dass du statt mir mit von der Partie bist.“ Sie zwinkerte ihrer Mutter im Spiegel zu. Die schüttelte lächelnd den Kopf, ging aber nicht näher darauf ein.

„Du, Mama, mir ist gerade eingefallen, das Gedicht musst du ja auch aufsagen ...“

„Was?? Welches Gedicht? Nein, das mach ich nicht ... Tut mir leid!“ Christas Gesicht drückte reines Entsetzen aus.

„War nur ein Scherz. Kein Stress!“ Viola kicherte und wandte sich rasch zur Tür. Schneller als ihre Tochter ihr das zugetraut hätte, bückte sich Christa und warf einen Hausschuh nach ihr.

***

Etwas außerhalb des Ortszentrums traf sich die ganze Gruppe: die Krampusse mit ihren Zottelgewändern, den traditionellen geschnitzten Masken und den Reisig-Ruten, der Nikolaus in der edlen Bischofsrobe, der Korbträger mit den süßen Sachen für die braven Kinder und Christa als Christkind. Manche sagten, die Lichtgestalt, die sie darstellte, sei ein Engel, aber da sie keine Flügel hatte, gingen die Meinungen hier auseinander. Fakt war, dass die wahren Anführer der 'Passe', wie der Trupp genannt wurde, der ehrwürdige Nikolaus und das freundliche, blondgelockte Wesen waren.

Die geschnitzten Masken behinderten die Sicht der Krampusse etwas. Daher bemerkten sie zunächst gar nicht, dass nicht Viola in der Verkleidung steckte. Siegfried Huber, der den Nikolaus darstellte, fiel es jedoch sofort auf. Seine Augen leuchteten auf.

„Oh, wer erweist uns denn die große Ehre? Welch Glanz für unser Fest!“ Er verbeugte sich so tief vor Christa, dass seine weiß-goldene Bischofsmütze beinahe abgestürzt wäre.

„Aber, aber, Herr Bischof, man verneigt sich vor Euch, nicht umgekehrt!“, ging Christa lachend auf seinen salbungsvollen Tonfall ein.

„Selbst die Kirche beugt sich in Demut vor der Schönheit eines Engels.“

„Hey, hört auf zu turteln ihr beiden, los geht´s!“, drängte einer der wilden Gesellen und schüttelte sich, dass es nur so bimmelte. Also machte sich der ganze Trupp auf zum Merangarten.

Kapitel 2

Die Kälte hatte Annikas Näschen gerötet und ein nass glänzender Tropfen sickerte heraus. Niklas suchte in seiner Jacke nach einem Taschentuch. Das Letzte … Ich darf nicht vergessen, auf dem Nachhauseweg welche zu besorgen. Am besten gleich eine Großpackung. Mit einer raschen, geübten Bewegung, die der Vierjährigen keine Gelegenheit zur Gegenwehr ließ, putzte er ihr die Nase.

„Wann kommen denn nun der Nikolaus und das Christkind? Mir ist schon ganz kalt!“

„Bald Schätzchen! Hast du Lust auf Beerenpunsch?“

„Weiß nicht. Schmeckt das gut?“

„Würde ich ihn dir sonst anbieten?“

Annika überlegte einen Moment, dann zog sie einen Schmollmund. „Also der Hustentee heute Morgen war nicht so toll!“

Nik musste lachen. „Aber mit dem zweiten Löffel Honig drin hast du ihn doch getrunken.“

„Ja, weil der Honig soooo gut ist - und nicht der Tee!“

„Der Beerenpunsch ist sicher auch lecker“, versprach er seiner Tochter und lotste sie durch die Menge. Als ihm die herrlichen Düfte nach Zimt, Glühwein und Rumpunsch in die Nase stiegen, überlegte er einen Augenblick, ob er sich einen Glühwein gönnen sollte. Doch dann fragte er sich, wie er zwei Getränke und das Kind gleichzeitig halten sollte.

Vorsichtig nahm er den dunkelblauen Henkelbecher mit den weißen Schneesternen entgegen. Das daraus aufsteigende Aroma brachte er sofort mit 'süß und rot' in Verbindung. Das Gefäß war sehr heiß. Annika hatte zwar Handschuhe an, aber die Gefahr, dass sie sich an dem Getränk den Mund verbrannte, fand er extrem groß.

„Könnten Sie bitte einen Schuss kaltes Wasser hineingeben?“, ersuchte er die ältere Frau, die sich bereits dem nächsten Kunden zuwenden wollte.

„Er kühlt doch ohnehin gleich aus!“

„Ich hab hier eine extrem durstige kleine Dame, die nicht gerne wartet!“ Zum Beweis hob er Annika hoch. Die zeigte ihr schönstes, engelhaftestes Lächeln und Nik fragte sich wiedereinmal, woher sie diesen natürlichen Charme hatte, dem auch die gestresste Glühweinstandlerin nicht widerstehen konnte.

Er behielt seine kleine Prinzessin gleich auf dem Arm. Das Gedränge nahm minütlich zu und aus ihrer Perspektive musste das Treiben wirklich beängstigend sein. In die stimmungsvolle Musik der Weihnachtsbläser, die auf einem Podium traditionelle Adventlieder spielten, mischte sich aus der Ferne dumpfes Glockengeläut, das sich schnell näherte. Ein Raunen ging durch die Menge und alle reckten die Hälse in die Richtung, aus der das Gebimmel und Geschrei kam. Schon erreichten die ersten Krampusse mit ihren grausigen Masken und dem zotteligen Fell den Platz. Sie sprangen wild auf und ab, um die mächtigen Schellen, die sie an einem Gürtel umgeschnallt trugen, zum Klingen zu bringen. Während sich Nik fragte, wie schwer diese Teile wohl sein mochten, spürte er, wie sich Annikas kleiner Arm enger um seinen Nacken legte.

„Keine Angst, die tun nur so wild!“

„Ich weiß doch, dass du mich beschützt, Papa!“ Sie drückte ihm einen klebrigen Kuss auf die Wange. Das wärmt besser als ein Glühwein, dachte er und umarmte sie noch ein wenig fester.

Amüsiert beobachtete er das Treiben. Es war sein erster Winter in Bad Gastein und das regionale Brauchtum für ihn noch fremd.

Eine zierliche, weiß gekleidete Gestalt trat vor und hob die Hand. Nach und nach kamen die rauen Gesellen zur Ruhe und stellten sich friedlich im Halbkreis hinter sie und den Nikolaus, der mit sonorer, lauter Stimme zu sprechen anfing. Er begrüßte die Gasteiner und alle Gäste, die sich hier eingefunden hatten, um den Advent und im Besonderen das Fest des Heiligen Nikolaus gemeinsam zu feiern. Einer der kleineren Krampusse fing an herumzuhüpfen und mit Gesten auf sich aufmerksam zu machen. Dabei bimmelten die Kuh-Glocken heftig, die er sich vorne und hinten angeschnallt hatte. Das trug ihm einen strafenden Blick des Christkinds ein, doch der Nikolaus beeilte sich, nun auch seine haarigen Begleiter miteinzubeziehen. Dann war wieder Ruhe. Von den Bläsern begleitet sangen alle gemeinsam einige Lieder. Nik versuchte meist vergeblich, sich an die Texte zu erinnern und summte schließlich nur die Melodien mit. Die bekam er noch eher hin.

Kichernd legte ihm Annika ihren Wollhandschuh über den Mund. „Du hörst dich an wie ein Bär, Papa“, stellte sie nachsichtig fest. „Ich hab im Kindergarten erzählt, dass du nicht singen kannst. Da hat die Tante Moni gelacht und gesagt, du hast sicher andere Qualitäten. Was meint sie denn damit?“

Einen Augenblick musste sich Nik beherrschen, um nicht missbilligend die Stirn zu runzeln. Er wusste genau, was Sache war. Seit er zum ersten Mal dort aufgetaucht war, ließ die Kindergartenhelferin durchblicken, dass sie an ihm Gefallen gefunden hatte. Das war ja vielleicht schmeichelhaft, aber vor dem Kind anzügliche Bemerkungen zu machen?

„Das heißt, dass ich eben andere Dinge besser kann.“

„Wie Gutenacht-Geschichten erzählen“, ergänzte Annika bereitwillig.

„Genau.“ Jetzt kam wieder mehr Leben in die Szenerie auf dem Platz. Die Gruppe löste sich auf und die Krampusse fingen an auszuschwärmen. Nik hob Annika auf seine Schultern, damit sie in Sicherheit war und alles gut überblicken konnte. Dadurch konnte er auch seinen Arm ein wenig entlasten. Langsam wurde sein Baby doch schon schwer. Von anderen Krampus- und Perchtenläufen wusste er, dass es öfters ziemlich brutal zuging, aber diese hier waren überraschend friedlich. Erst als sie näher kamen, wurde ihm klar, dass in manchen Kostümen Kinder stecken mussten. Sie gingen eher zaghaft und vorsichtig mit ihren Ruten aus dünnem Reisig um.

Der Nikolaus und das Christkind machten ihre Runde. Der Korbträger folgte ihnen. Bei jedem Kind blieben sie stehen, sprachen mit ihm und übergaben ihm dann ein kleines Päckchen. Annika hopste aufgeregt auf seiner Schulter herum und krallte sich in seine Haare. Gut, dass ich heute keine Zeit hatte, zum Frisör zu gehen, sonst hätte sie jetzt nichts um sich anzuhalten. Nun näherte sich die weiß gekleidete Frau. Sie lächelte, ihre Blicke begegneten sich. So unglaublich blau ... Er musste sich dazu zwingen, sich von ihren Augen lösen, um sie nicht einfach nur anzustarren. Dann erst registrierte er die hellblonden Haare, die ihr in weichen Locken über die Schulter fielen, die kleine, gerade Nase und die hellroten, ungeschminkten Lippen. Seine Betrachtung kehrte wieder zu ihren Augen zurück und er merkte, dass auch sie ihn noch immer ansah.

„Hallo, liebes Christkind! Ich bin hier oben“, machte sich Annika bemerkbar und zappelte heftig mit den Beinen. Hastig verstärkte er den Griff. Die Frau kam ihm tatsächlich beinahe wie eine Lichterscheinung vor. Irgendetwas hatte sie an sich, dass ihn berührte und wie magisch anzog. Nun stand sie direkt vor Nik. Sehr nahe, damit sie sich mit dem kleinen Mädchen über den Lärm hinweg unterhalten konnte.

„Wie heißt du denn?“, fragte sie. Ein schwacher Hauch ihres Parfums erreichte seine Nase und er sog ihn unwillkürlich tief ein. Er studierte die feinen Fältchen rund um ihre Augen, die samtige Haut ihrer von der Kälte rosigen Wangen, den Schwung der lächelnden Lippen, das spitze, energische Kinn. Annika beugte sich ruckartig vor, um das raschelnde, rote Nikolosäckchen in Empfang zu nehmen und er kam ein wenig ins Schwanken. Dabei bekam er einen flüchtigen Eindruck weicher runder Hügel, die sich gegen ihn drückten. Er schwang wieder zurück und fing sich. Die Frau trat ein Stück nach hinten, nur ein oder zwei Schritte, aber es wäre ihm eindeutig lieber gewesen, sie wäre geblieben. Wieder sah sie ihn an, und zwar sehr aufmerksam. Ihr Blick glitt von seinen Augen ausgehend über sein Gesicht, blieb einen Moment an seinen Lippen hängen und kehrte dann zurück. Sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln, dann wich sie weiter zurück. „Wir müssen weiter“, sagte sie und blickte dann hoch. „Einen schönen Abend noch, Annika!“

Nik sah ihr mit leichtem Bedauern nach. „Die ist hübsch, was meinst du, mein Schätzchen?“

„Natürlich. Das Christkind muss hübsch sein!“, meinte sie voller Überzeugung. Das Rascheln über seinem Kopf verriet ihm, dass seine Tochter soeben versuchte, ihr Säckchen zu öffnen.

„Das ist keine gute Idee. Ich stecke es inzwischen in meine Tasche und du machst es zu Hause auf. Es wird ohnehin Zeit, dass wir ...!“ Er kam nicht mehr dazu, den Satz zu Ende zu führen. Es machte „Raaatsch“ und die Süßigkeiten und Erdnüsse, eine Mandarine und ein Apfel regneten auf seinen Kopf und die Schultern und landeten schließlich im Schneematsch. Annika schrie auf. In diesem Moment liefen auch noch drei Krampusse an ihnen vorbei zu und rempelten Nik im Gewühl an. Er taumelte und fing sich gerade noch im letzten Moment. Er griff nach Annika, mit dem Ziel sie von seinen Schultern herunterzuheben, um seine eigene Statik zu verbessern. Doch sie klammerte sich panisch an seinen Ohren fest, was ihm einen Schmerzenslaut entlockte. Plötzlich war das Christkind wieder bei ihnen und streckte ihre Hände nach dem Mädchen aus.

„Komm, Annika“, lockte die weiche Frauenstimme und tatsächlich ließ sie sich auf den Arm nehmen. Die Lippen des kleinen Schmollmunds zitterten.

„Nicht weinen, ist ja alles gut“, sprach sie beruhigend auf das Kind ein, während sich Niklas die schmerzenden Ohren rieb.

„Meine Nikolo-Sachen“, jammerte Annika und deutete nach unten. „Alles kaputt und dreckig!“ Die Tränen kullerten bereits und er machte sich auf ein lautstarkes Konzert gefasst. Wieder half ihm das freundliche Christkind aus der Patsche.

„Ich bin sicher, der Nikolaus hat noch etwas für dich.“ Ohne lange zu fragen, bahnte sie sich mit der Kleinen auf dem Arm einen Weg durch die Menge und Annika durfte sich selbst ein neues Säckchen aus dem Korb nehmen.

„Wir haben uns darauf geeinigt, dass der Papa das jetzt tragen darf!“, teilte sie Nik mit, der ihnen gefolgt war. Würdevoll überreichte ihm Annika ihren Schatz.

„Aber nicht verlieren und nicht zerdrücken.“ Der altkluge Kommentar entlockte den beiden Erwachsenen ein Lächeln und ihre Blicke trafen sich.

„Danke, liebes Christkind. Du hast uns den Abend gerettet.“

„Dafür bin ich doch da, oder?“ Sie zwinkerte ihm zu, dann beeilte sie sich, den Mann mit der Bischofsmütze einzuholen. Nik sah ihr nach und bedauerte, sie nicht nach ihrem Namen gefragt zu haben.

Aber das hätte ja doch irgendwie plump gewirkt. Wenn sie beim Brauchtumsverein ist, muss sie im Ort wohnen. Da laufe ich ihr bestimmt mal wieder über den Weg. So groß ist Gastein ja nicht. Wahrscheinlich ist sie ohnehin verheiratet ...

„Papa ich muss mal“, riss ihn Annika aus seinen Überlegungen. Niklas sah sich hektisch um. Das ‚Jägerhäusl‘ war das naheliegendste Lokal und aus Erfahrung wusste er, dass er nicht viel Zeit hatte, nach einer Alternative Ausschau zu halten. Glücklicherweise war die Serviererin freundlich und zuvorkommend, als er nach der Toilette fragte, obwohl er offensichtlich von der Straße und nicht aus dem Gastraum kam. Die haben hier gerade einen zukünftigen Gast gewonnen, dachte Nik erleichtert, als er seiner Tochter aus dem warmen Overall half.

***

Na, das war doch ein gelungener Abend, stellte er zufrieden fest, nachdem er Annika ins Bett verfrachtet hatte. Die kleine Maus ist hundemüde. Da stehen die Chancen nicht so schlecht, dass ich heute Nacht durchschlafen darf.

Er sah durch das Fenster hinaus in den parkartigen Garten, der zu dem Hotel gehörte. Das Dunkel wurde durch stilvolle, altmodisch anmutende Laternen erhellt. Der Eindruck täuschte. Tatsächlich waren sie seit kurzem mit stromsparenden LED-Lampen bestückt.

Feine Flocken tanzten aus der Dunkelheit ins Licht. Manche blitzten auf wie kleine Diamanten. Lautlos sanken sie auf die schon vorhandene Schneedecke. Eine Weile beobachtete er sie, dann wandte er sich den Checklisten zu, die er sich angelegt hatte. Er hatte nichts dagegen, Verantwortung zu tragen, ganz im Gegenteil. Trotzdem wäre es schön gewesen, sich mit jemandem über sein neues Projekt auszutauschen. Im Augenblick jedoch war er ein Einzelkämpfer auf der ganzen Linie. Seufzend nahm er sich den Stapel mit den Bewerbungen vor. Plötzlich hob er lauschend den Kopf.

„Papa? Mama? Papa? Paaapaaa!“ Rasch lief er ins Kinderzimmer, um den Albtraum zu verjagen, der seine Tochter im Schlaf überfallen hatte.

Kapitel 3

Fassungslos las Christa die Mail noch einmal, diesmal laut.

„ ... Daher bedauern wir sehr, Ihnen mitteilen zu müssen, dass die Stelle anderweitig besetzt wurde. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute!“, endete das Schreiben trocken.

„Das gibt´s doch nicht! Du hattest doch schon die mündliche Zusage!“ Viola, die über ihre Schulter hinweg mitgelesen hatte, ließ sich auf den Stuhl neben ihre Mutter plumpsen. Christas Handy vibrierte und sie nahm das Gespräch an.

„Hallo Chrissi, ich dachte, ich muss dich schnell anrufen und dich vorwarnen ...“

„Servus Lotte, ich hab es schon gesehen. Sag mal, wie konntest du mir das antun? Du weißt doch, dass ich meine Stelle in Dorfgastein schon gekündigt habe, damit ich bei euch rechtzeitig anfangen kann!“ Christa ließ ihrem Frust freien Lauf. Lotte war eine Schulfreundin und die Leiterin des örtlichen Kindergartens. Das Schreiben war allerdings nicht von ihr gekommen ...

„Es tut mir wahnsinnig leid. Ich wollte dich unbedingt und habe deine Bewerbung ausdrücklich favorisiert. Stattdessen hab ich jetzt die Nichte von irgendeinem hohen Tier in der Bezirkshauptmannschaft am Hals. Sie kommt frisch aus der Schule und meint, sie hätte die Weisheit mit dem Löffel gefressen!“ Es war deutlich zu erkennen, dass das junge Mädchen einen schweren Stand haben würde. „Gegen die Weisung von oben konnte ich nichts ausrichten, ehrlich!“

Als Christa Lottes Ärger spürte, war sie etwas besänftigt. „Ja, das glaub ich dir schon. Ich weiß ja, wie das mitunter läuft. Aber es ist echt besch ... Was mach ich denn jetzt?“

„Vielleicht wird ja in den Nachbargemeinden bald wieder was frei. Oder die liebe Jeanette wirft das Handtuch, wenn sie merkt, dass sie bei mir nicht das Prinzesschen spielen kann. Die anderen Kolleginnen hätten auch viel lieber dich gehabt. Wir sind ein eingeschworenes Team von g‘standenen Frauen und du hättest so gut dazugepasst.“

„Naja, vielleicht bringt die Kleine ja ein bisschen frischen Wind in eure Truppe.“ Christas Optimismus gewann langsam wieder die Oberhand.

„Na, ich weiß nicht ... Du bist mir also nicht böse?“

„Nein, Lotte, ich versteh dich ja. Jetzt muss ich mir halt Plan B überlegen. Einfach dasitzen und warten liegt mir nicht.“

„Es wird sich schon was finden. Machst halt bis nach den Feiertagen mal ordentlich Urlaub. Ist ja auch nicht schlecht.“

Christa runzelte die Stirn. Ihrer Freundin war offensichtlich nicht bewusst, dass sie einen Monat lang kein Arbeitslosengeld bekommen würde, weil sie selbst gekündigt hatte. Aber sie mochte darüber nicht jammern. Es war weder Lottes Schuld noch ihr Problem. Sie unterhielten sich noch ein wenig über Lottes Familie, dann beendete Christa das Gespräch in aller Freundschaft.

Viola sah ihre Mutter fragend an. „Und was jetzt?“

Die zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Hier im Gasteinertal sind die passenden Stellen dünn gesät. Wenn da nicht eine Kollegin ein Baby bekommt oder in Pension geht ... Bis zum nächsten Herbst brauche ich auf jeden Fall wieder einen ordentlichen Job.“

„Mach dir wegen meines Studiums keine Sorgen, Mama. Das kriegen wir schon hin. Ich kann mir ja auch einen Teilzeit-Job suchen, damit ich was dazuverdiene.“

„Das ist lieb von dir, aber bis dahin ist noch viel Zeit. Hast du Hunger?“, wechselte sie das Thema.