High Society 12 - Sammelband - Lotta Carlsen - E-Book

High Society 12 - Sammelband E-Book

Lotta Carlsen

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Beschreibung

High Society - Liebe in Adelskreisen Sammelband

Leseglück für viele Stunden zum Sparpreis!

Es wird geliebt, gehasst, gewonnen und verloren. Werfen Sie einen Blick in die aufregende Welt der Reichen und Schönen und erleben Sie spannende Verwicklungen! Denn eins wird es in den feinen Kreisen garantiert nie: langweilig!

Was Frauen lieben und wovon sie heimlich träumen, davon erzählen die Romane in High Society - Liebe in Adelskreisen auf mitreißende Weise. Die perfekte Mischung aus Humor, Romantik, Drama und großen Gefühlen lässt den Alltag schon auf Seite 1 in weite Ferne rücken.

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Silvia-Gold 12: Doppelspiel in Wind und Wellen
In Adelskreisen 39: Tränen auf weißer Seide
Fürsten-Roman 2439: Fürstin wider Willen?

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 250 Taschenbuchseiten.
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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2014/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © LightField Studios/Shutterstock ISBN 978-3-7325-9239-5

Lotta Carlsen, Marion Alexi, Anja Von Stein

High Society 12 - Sammelband

Inhalt

Lotta CarlsenSilvia-Gold - Folge 012In wenigen Wochen will Melanies Freundin Viola ihrem Verlobten Alexander das Jawort geben. Eigentlich müsste sie ständig auf Wolke sieben schweben, doch stattdessen plagen sie immer häufiger Zweifel. Meint Alexander es wirklich ernst mit ihr? Aber warum fährt er dann alleine nach Sylt? Trifft er dort eine andere Frau? Um sich endlich Gewissheit zu verschaffen, bittet Viola Melanie, ebenfalls nach Sylt zu reisen und herauszufinden, was Alexander dort treibt ... Gleich bei ihrer Ankunft lernt Melanie einen sympathischen Mann kennen - und es ist Liebe auf den ersten Blick. Die beiden flirten, essen gemeinsam, lachen und schauen sich tief in die Augen. Dummerweise vergisst Melanie im Rausch der Gefühle, nach dem Namen ihres Begleiters zu fragen. Erst als sie sich verabschieden, stellt er sich vor: Sein Name ist Alexander ...Jetzt lesen
Marion AlexiIn Adelskreisen - Folge 39Die Traumhochzeit auf Schloss Graventhal stopft den Klatschbasen nur vorübergehend den Mund. Kaum zu glauben, aber der als Frauenheld bekannte Michael Prinz von Graveney scheint endlich solide geworden zu sein, denn er hat die entzückende Louise zu seiner Frau gemacht. Doch kaum ist das Paar aus den Flitterwochen zurück, taucht plötzlich eine seiner ehemaligen Geliebten auf dem Schloss auf und macht der jungen Prinzessin klar, dass die Katze das Mausen nicht lässt. Angeblich hat Yasmin Morath sogar eindeutige Beweise für die Untreue des Prinzen und so schafft sie es schließlich, Prinzessin Louise davon zu überzeugen, dass Michael sie nur aus dynastischen Gründen geheiratet hat. Angeblich gehört sein Herz seiner Geliebten - heute wie gestern und morgen erst recht. Louise ist entsetzt und fühlt sich betrogen. Hals über Kopf verlässt sie ihren Mann ...Jetzt lesen
Anja von SteinFürsten-Roman - Folge 2439Als sich die hübsche Kathy zwischen Titel und Liebe entscheiden musste. Nachdem die junge Amerikanerin Kathy Frey mit nur siebzehn Jahren ihre Mutter Sophie verloren hat, ist sie nun - elf Jahre später - endlich wieder glücklich mit ihrem Leben. Die Agraringenieurin ist kurz nach Sophies Tod mit ihrem Vater Tim nach Kalifornien gezogen, wo sie sich inzwischen heimisch fühlt. Doch dann erreicht sie ein Brief aus Deutschland, der Kathy völlig aus der Bahn wirft. Ihr leiblicher Vater soll gar nicht Tim Frey sein, sondern Albert Fürst von Lüdershausen? Der Fürst ist schwer krank und wünscht sich nichts sehnlicher, als seine Tochter kennenzulernen, bevor er stirbt. Nach dem ersten Schock nimmt Kathy die Einladung des Fürsten an und reist nach Deutschland, um die ganze Wahrheit über ihre Herkunft zu erfahren. Doch dort angekommen stellt sie bald fest, dass das Leben in der fürstlichen Familie ihr äußerst fremd ist. Kathy fühlt sich nicht wohl auf Schloss Lüdershausen - bis sie den jungen Grafen Lothar trifft...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Doppelspiel in Wind und Wellen

Vorschau

Doppelspiel in Wind und Wellen

Warum Melanie an der Treue ihres Liebsten zweifelte

Von Lotta Carlsen

In wenigen Wochen will Melanies Freundin Viola ihrem Verlobten Alexander das Jawort geben. Eigentlich müsste sie ständig auf Wolke sieben schweben, doch stattdessen plagen sie immer häufiger Zweifel. Meint Alexander es wirklich ernst mit ihr? Aber warum fährt er dann alleine nach Sylt? Trifft er dort eine andere Frau?

Um sich endlich Gewissheit zu verschaffen, bittet Viola Melanie, ebenfalls nach Sylt zu reisen und herauszufinden, was Alexander dort treibt …

Gleich bei ihrer Ankunft lernt Melanie einen sympathischen Mann kennen – und es ist Liebe auf den ersten Blick. Die beiden flirten, essen gemeinsam, lachen und schauen sich tief in die Augen. Dummerweise vergisst Melanie im Rausch der Gefühle, nach dem Namen ihres Begleiters zu fragen. Erst als sie sich verabschieden, stellt er sich vor: Sein Name ist Alexander …

»Schluss jetzt! Dieses Elend sehe ich mir nicht mehr länger an!« Melanie ließ den Karton ihrer Lieblingspizzeria auf den Tisch fallen und stellte eine Familienpackung Schokoladeneiscreme daneben. Sie schaute ihre Freundin Viola, die wie ein Häufchen Elend im Sessel hing, herausfordernd an. »Ich möchte nicht wissen, wie lange du nichts Vernünftiges mehr gegessen hast.«

»Seit drei Tagen«, murmelte Viola kleinlaut.

»Mein Gott, dich muss es ja wirklich übel erwischt haben«, stöhnte Melanie. »Also, pass auf, als Erstes schlagen wir zwei uns jetzt die Bäuche voll, das hilft gegen Kummer aller Art. Und danach erzählst du mir, was dich eigentlich so fertigmacht, einverstanden?«

Viola brachte nur ein Nicken zustande, warf Melanie aber einen dankbaren Blick zu.

Die beiden jungen Frauen hatten sich in der Grundschule kennengelernt, an der sie als Lehrerinnen arbeiteten. Melanie unterrichtete eine erste Klasse, und Viola war als Sportlehrerin zu Beginn des Jahres hinzugestoßen. Sie hatten sich auf Anhieb blendend verstanden und waren schon nach wenigen Wochen zu engen Freundinnen geworden.

Für gewöhnlich vertrauten sie einander sämtliche Sorgen und Kümmernisse an, doch diesmal hatte Viola jedes Mal beharrlich geschwiegen, wenn Melanie sie gefragt hatte, warum sie wie das personifizierte Unglück durch die Gänge schlich.

»Es ist nichts«, hatte sie wieder und wieder behauptet, obwohl Melanie sah, dass sie den Tränen nahe war. »Bestimmt bilde ich mir das alles nur ein.«

»Müsstest du nicht die glücklichste Frau der Welt sein?«, hatte Melanie versucht, die Freundin aus der Reserve zu locken.

Tatsächlich hätte Viola auf Wolke sieben schweben müssen: In drei Monaten wollte sie heiraten. Ihr Verlobter Alexander, der in Hamburg lebte und als passionierter Segler ständig in der ganzen Welt unterwegs war, würde demnächst zu ihr nach Berlin ziehen.

Viola, die ihren Alex furchtbar vermisste, hatte die Tage bis zu seiner Ankunft gezählt und sich unbändig darauf gefreut. Doch je näher der große Tag rückte, desto mehr schien Violas Freude zu verblassen, bis schließlich nichts mehr davon übrig war.

»Ja, ich weiß, ich sollte vor Glück platzen«, hatte sie auf Melanies Frage geantwortet. »Und, wie gesagt, ich bilde mir dieses dumme Zeug sicher nur ein. Vergiss es einfach.«

Damit war sie ihres Weges gezogen, und Melanie war kein bisschen schlauer gewesen als zuvor.

Doch heute hatte sie es endlich nicht länger ausgehalten. Es war ein Freitag, und ihr standen unverhofft zehn freie Tage ins Haus. Bei einem Gewitter war der Dachstuhl des Anbaus, in dem sich Melanies Klassenraum befand, eingestürzt, und nun musste er restauriert werden. Der Schulleitung war nichts anderes übrig geblieben, als Schüler und Lehrer während der Bauzeit freizustellen.

Melanie spielte mit dem Gedanken, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und spontan zu verreisen. Eine Pause vom Alltag kam ihr wie gerufen, und der herrliche Frühsommer war die ideale Jahreszeit dafür. Viola aber würde sie in dem Fall zehn Tage lang nicht zu Gesicht bekommen.

Auf dem Heimweg war ihr klar geworden, dass sie unmöglich wegfahren konnte, ohne zu wissen, was mit der Freundin los war. Also hatte sie kurzerhand bei ihrer Lieblingspizzeria angehalten, ein üppiges Abendessen besorgt und kurz darauf an Violas Wohnungstür Sturm geklingelt.

Viola seufzte.

»Du bist dein Gewicht in Gold wert, weißt du das?«

»Hör mir bloß auf mit meinem Gewicht!«, schimpfte Melanie scherzhaft.

Als Sportlehrerin liebte Viola alles, was mit Bewegung zu tun hatte, und war schlank wie ein Supermodel, während Melanie, die für ihr Leben gern gut aß, beständig gegen ein paar überflüssige Pfunde kämpfte.

Über den Sport hatte Viola auch ihren Alex kennengelernt: Sie hatte in einem Preisausschreiben eine Reise nach Mauritius gewonnen, wo Alex als Segellehrer gejobbt hatte. Die beiden Sportfans hatten sich auf den ersten Blick ineinander verliebt, und auch wenn Melanie das Ganze ein wenig stürmisch vorkam, so hatte Viola doch bis vor Kurzem sehr glücklich gewirkt.

»Ich hab’s nett gemeint«, verteidigte sie sich jetzt. »Du bist wirklich nicht zu dick, Melly – und außerdem wollte ich dir eigentlich nur sagen, wie froh ich bin, dass du gekommen bist. Ich habe schon gedacht, ich werde hier verrückt.«

Melanie öffnete den Karton und teilte die Pizza in handliche Stücke.

»Ich stelle das Eis ins Tiefkühlfach und hole uns Teller«, sagte sie. »Und dann will ich endlich hören, was eigentlich los ist.«

»Bring mir ein Glas Wein mit!«, rief Viola ihr hinterher. »Wenn du das wirklich hören willst, muss ich mir zuerst ein bisschen Mut antrinken.«

Im Kühlschrank fand Melanie einen spritzigen Chardonnay. Beim Einschenken entdeckte sie auf der Arbeitsfläche einen aufgeschlagenen Reiseprospekt. Das Bild eines schneeweißen Strandes, vor dem sich das windgepeitschte Meer erstreckte, sprang ihr geradezu entgegen. Fast glaubte sie zu spüren, wie die kräftige Brise ihr die Wangen rötete und die salzige Luft sie in der Nase kitzelte. So wild und überschäumend konnte nur die Nordsee sein!

Als Kind hatte Melanie zahlreiche Sommer an der sturmumtosten Küste verbracht, und sie hatte nie aufgehört, sich nach dem rauen Klima jener Landschaft zu sehnen. Im Moment aber war etwas anderes wichtig …

Sie hievte Viola ein Stück Pizza auf den Teller und stellte ihn zusammen mit dem Glas vor sie hin.

»Und jetzt raus mit der Sprache«, forderte sie die Freundin auf. »Seit ich dich kenne, bist du das Inbild der glücklich verliebten Braut, auch wenn dein Alex in der Weltgeschichte herumgondelt und du ihn kaum je zu Gesicht bekommst. Und jetzt, wo dieses ganze Warten ein Ende hat und ihr endlich zusammenleben könnt, hängen auf einmal deine Segel auf Halbmast?«

Ein wenig halbherzig lachte Viola auf.

»Du hörst dich an wie Alex«, fand sie. »Der spricht auch ständig in diesem Seglerjargon.«

»Das hat dich doch bis jetzt nicht gestört«, bemerkte Melanie.

»Nein.« Viola schüttelte den Kopf. »Es stört mich auch kein bisschen. Seine Leidenschaft für den Wassersport gehört zu den Dingen, die mich an ihm so anziehen. Es ist nur …« Sie stockte.

»Na komm, spuck’s aus. Was ist nur?«

»Er macht einfach keine Anstalten, sesshaft zu werden.« Viola stöhnte und trank von ihrem Wein. »Ja, er hat versprochen, nächsten Monat zu mir zu ziehen, aber hat er sich vielleicht hier um einen Job bemüht? Weit gefehlt. Wenn ich ihn darauf anspreche, weicht er mir aus. Er werde schon irgendetwas finden … aber wie denn? Als Segellehrer hat er in Berlin ja nicht gerade die besten Aussichten.«

»Vielleicht wird er sich hier gar nicht zu Hause fühlen«, gab Melanie vorsichtig zu bedenken. »Wenn er so sehr am Meer hängt, ist Berlin vermutlich gar nicht das Richtige für ihn.«

»Aber ich habe ihn doch schon hundertmal gefragt, ob er nicht lieber woanders wohnen möchte!«, rief Viola. »Ich bin gern bereit, mich versetzen zu lassen, wenn er das Meer braucht, um glücklich zu sein. Er ist es, der keine Vorschläge macht und kein Interesse daran zeigt, irgendwo Wurzeln zu schlagen.«

Darauf fiel Melanie keine Antwort ein. Ihre geheime Sorge, Viola könne sich zu schnell in die Romanze mit Alex gestürzt haben, ohne ihren Verlobten wirklich zu kennen, regte sich heftiger denn je.

»Und weißt du, was das Schlimmste ist?« Viola sprang auf, lief in die Küche und kehrte mit dem Reiseprospekt zurück. »Ich hatte gehofft, er würde nächste Woche hier sein, um mir mit den Vorbereitungen für die Hochzeit zu helfen. Und dann hatte ich mir natürlich auch gewünscht, dass wir mal über eine Hochzeitsreise reden. Viel Geld haben wir ja beide nicht, aber von einem romantischen Kurzurlaub habe ich trotzdem geträumt. Stattdessen hat er mir jetzt mitgeteilt, dass er allein in den Urlaub fährt. Nach Sylt! Und zwar ausgerechnet nächste Woche!«

Sie schwang den Reiseprospekt wie ein wütender Feldherr seine Standarte.

Sylt. Ganz kurz flammte Sehnsucht in Melanie auf. Von der berühmtesten der Nordseeinseln, von der so viele Menschen schwärmten, hatte sie immer geträumt, doch es war ihr nie gelungen, sie zu besuchen.

»Aber warum denn das?«, fragte sie ihre Freundin ratlos.

»Ach, er sagt, er möchte gern noch ein letztes Mal in der Vorsaison auf seine Lieblingsinsel fahren, wenn es nicht so voll ist«, erwiderte Viola. »Mit mir geht das ja nicht mehr, weil ich als Lehrerin nur in den Ferien verreisen kann. Im Grunde hört sich das ja auch ganz plausibel an, aber weißt du was?«

Melanie schüttelte den Kopf.

Ihre Freundin wirkte jetzt wirklich verzweifelt, und es klang, als bräche sie jeden Moment in Tränen aus.

»Ich kann ihm nicht mehr glauben!«, rief sie. »All diese Reisen in letzter Zeit … wenn ich ihn anrufe, geht er nicht ans Telefon, wenn er verspricht, mir zu mailen, vergisst er es, und wenn ich ihn nach der Zukunft frage, weicht er mir aus. Melly, ich habe solche Angst, dass etwas ganz anderes dahintersteckt als der Wunsch nach einem letzten Urlaub als Junggeselle.«

»Was soll denn dahinterstecken?«, fragte Melanie, doch sie tat nur so ahnungslos. Natürlich hatte sie längst eine Ahnung, worauf dieses Gespräch hinauslief.

»Eine andere Frau.«

Melanie zuckte zusammen. Was das bedeutete, kannte sie aus eigener leidvoller Erfahrung.

»Wenn er dich betrügt, hat er eine so tolle Frau wie dich gar nicht verdient«, bekundete sie kämpferisch.

»Ach Melly«, seufzte Viola. »Ich habe mich ja selbst schon gefragt, ob ich ihn vielleicht besser vergessen sollte. Aber er ist nun mal die Liebe meines Lebens. In seinen Armen fühle ich mich wie die tollste Frau der Welt, und es gibt nichts, was wir zusammen nicht schaffen könnten. Diese Liebe kann ich nicht einfach so aufgeben. Zumindest nicht, solange ich nicht sicher weiß, dass es wirklich eine andere gibt.«

»Aber wie willst du dir diese Gewissheit denn verschaffen?«, fragte Melanie, die sich nichts sehnlicher wünschte, als Viola in ihrer Not zu helfen.

»Ach, ich weiß ja selbst nicht«, bekannte die Freundin hilflos. »Wenn ich nicht arbeiten müsste, würde ich am liebsten auch in dieses Dünenhotel fahren und mir mit eigenen Augen ansehen, was er dort treibt.«

»Und wie soll das funktionieren?«, wurde sie von Melanie unterbrochen. »Sobald dein Alex dich zu Gesicht bekommt, wird er sich ja wohl hüten, sich mit einer anderen blicken zu lassen.«

»Wo du recht hast, hast du recht«, gab Viola zu. »Außerdem könnte ich ja sowieso nicht fahren, denn ich habe in der nächsten Woche gar nicht frei.«

»Du nicht«, murmelte Melanie gedankenverloren, »aber ich. Und mich hat dein Alex auch noch nie zu Gesicht bekommen.«

Tatsächlich hatte es sich durch Alexanders ständige Reisen bisher nie ergeben, dass er und Melanie einander kennenlernten. Viola hatte deswegen schon einmal gescherzt, Bräutigam und Trauzeugin würden sich wohl vor dem Standesamt zum ersten Mal begegnen. Melanie wusste nicht einmal genau, wie Alexander aussah, denn Viola war eine lausige Fotografin. Also konnte sie wohl davon ausgehen, dass auch Alexander kein Foto von ihr gesehen hatte.

Viola setzte sich in ihrem Sessel auf.

»Du meinst, du würdest …«, stammelte sie ungläubig, und ihre Blicke trafen sich.

Melanies Herz begann, schneller zu schlagen. War die Idee nicht völlig verrückt?

Andererseits wollte sie Viola um jeden Preis helfen, und einen Urlaub hatte sie ohnehin geplant. Zudem war eine Sylt-Reise seit Jahren ihr Traum.

Wie von selbst griff sie nach dem Prospekt und betrachtete das weiß verputzte Hotel, dessen Reetdach sich hinter den Dünen in einen graublauen Himmel reckte. Im Bruchteil einer Sekunde fällte sie ihre Entscheidung.

»Ja«, sagte sie. »Wenn dir damit geholfen ist, fahre ich nach Sylt und nehme deinen Alex unter die Lupe. Immerhin ist es besser, du erfährst jetzt, was er für ein Spiel spielt, als nachher, wenn ihr verheiratet seid.«

***

Zwei Tage später rollte Melanies roter Kleinwagen von der Rampe des Sylt Shuttles – ein Zug, der Autos über den Hindenburgdamm auf die Insel transportierte.

Melanie konnte es kaum fassen. Ehe sie einstieg, um zum Hotel Deichhof weiterzufahren, musste sie sich einmal um ihre eigene Achse drehen, die Luft, die nach Salz und Seetang duftete, tief in ihre Lungen saugen und sich das blonde Haar vom Wind zerzausen lassen. Sie war auf Sylt, wirklich und wahrhaftig auf Sylt!

Da Viola wie auf Kohlen saß und Alexander bereits an diesem Wochenende auf der Nordseeinsel eintreffen wollte, hatten die beiden Freundinnen beschlossen, keine Zeit zu verlieren.

»Ich kümmere mich um alles«, hatte Viola versprochen. »Ich buche dir ein Zimmer in dem Hotel, von dem Alex so geschwärmt hat, und einen Platz im Shuttle. Du brauchst nur noch nach Hause zu gehen und deinen Koffer zu packen.«

»Also dann: auf in den Kampf«, hatte Melanie zugestimmt.

»Dass du das für mich tust, vergesse ich dir nie«, hatte Viola an der Tür geschworen und Melanie umarmt.

Sie hatten vereinbart, dass Melanie sie anrufen würde, sobald sie herausgefunden hatte, was der Grund für Alexanders merkwürdiges Verhalten war. Spekulationen nutzten der armen Viola nichts. Sie brauchte nach diesen quälenden Wochen endlich Gewissheit darüber, ob ihr Verlobter sie wirklich liebte oder sie kaltschnäuzig betrog.

Und jetzt also war sie, Melanie Schwedtke, tatsächlich auf Sylt, stieg in ihren Wagen und steuerte ihn durch eine Landschaft, die noch romantischer, uriger und atemberaubender war, als sie es sich in ihren kühnsten Träumen ausgemalt hatte.

Der kleine Ort Hörnum lag ganz im Süden der Insel, fernab von dem Glamour und Lärm der Tourismuszentren. In der Ferne konnte sie bereits den rot-weiß bemalten Leuchtturm ausmachen, und immer wieder blitzte zwischen Dünen das Meer auf, das sie mit seiner tosenden Kraft schon als kleines Mädchen innig geliebt hatte.

Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite: Für Anfang Juni war es schon recht warm, doch es wehte ein kräftiger Wind, der weiße Wolkenbällchen über den Himmel jagte. Dazwischen brach immer wieder die Sonne hindurch und tauchte die Insel in kräftige, leuchtende Farben.

Ja, dachte Melanie, es war richtig gewesen, hierher zu kommen. Was immer sie über Alexander herausfinden würde, für Viola war alles besser als die zermürbenden Zweifel. Und was sie selbst betraf, so konnte es keinen Ort auf der Welt geben, an dem sie ihren Urlaub lieber verbracht hätte.

Am Rand des beschaulichen Örtchens, in dem sich ein malerisches, reetgedecktes Haus an das andere reihte, fuhr Melanie an den Straßenrand, um im Prospekt des Hotels noch einmal die Wegbeschreibung zu studieren.

Kaum hatte sie die liebevoll aufgemachte Broschüre aus ihrer Handtasche gezogen, hielt hinter ihr ein schwarzer Geländewagen, und ein Mann stieg aus. Im nächsten Moment stand er auch schon vor ihrem Auto und klopfte ein wenig schüchtern an die Fensterscheibe.

Melanie kurbelte das Fenster herunter.

»Kann ich Ihnen helfen?«

»Das hoffe ich.« Das Lächeln des Mannes hätte vermutlich einen Eisberg zum Schmelzen gebracht und die Titanic vor dem Untergang gerettet. »Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie belästige, aber ich habe aus Ihrem Kennzeichen geschlossen, dass Sie hier ebenfalls fremd sind. Also dachte ich mir dreist, vielleicht habe ich ja Glück, und Sie suchen dasselbe wie ich?«

Sie musste lachen.

»Um das festzustellen, müssten Sie mir erst einmal sagen, was Sie suchen.«

»Mein Hotel«, erwiderte er mit gespielter Verzweiflung. »Ich fahre bereits seit einer halben Stunde in der Gegend herum und habe das Gefühl, mich in einer Art Spinnennetz zu verheddern. Sie müssen nämlich wissen, ich bin ein Orientierungs-Legastheniker.«

»Ein was?«

Wieder schenkte der Mann ihr sein verblüffendes Lächeln und entblößte eine Reihe prächtiger Zähne.

»Jemand, für den eine Straßenkarte ein Buch mit sieben Siegeln ist – der also nichts dafürkann, wenn er sich nirgendwo zurechtfindet.«

»Aha. Dann bleibt mir ja nichts anderes übrig, als Ihnen zu helfen, oder?«

»Auf keinen Fall«, bestätigte er fröhlich. »Als Frau mit einem großen Herzen können Sie einen hilflosen Mann wie mich unmöglich seinem Schicksal überlassen.«

»Und woher wissen Sie, dass ich eine Frau mit einem großen Herzen bin?«, fragte Melanie. »Haben Sie das etwa auch aus meinem Kennzeichen geschlossen?«

»Nein«, erwiderte er ernst. »Das habe ich aus Ihren Augen geschlossen. Und aus Ihrem netten Lachen – dem wäre es in einem kleinen Herzen bestimmt viel zu eng.«

Melanie konnte nicht anders, sie musste schon wieder lachen. Der Bursche war ein bisschen unverschämt, aber er hatte, als Gott den Charme verteilte, offenbar gleich doppelt zugelangt.

Außerdem war er höllisch attraktiv. Sein braunes, leicht gewelltes Haar fiel ihm jungenhaft in die Stirn, sein sonnengebräuntes Gesicht war ausdrucksvoll und scharf geschnitten, und seine Augen schillerten in einem Grünton, der ein gefährliches Kribbeln in ihrem Magen verursachte. Melanie musste zugeben, dass dieser Mann sie aus der Fassung brachte.

»Also schön«, sagte sie schließlich. »Wie heißt denn das Hotel, das Sie suchen?«

»Deichhof!«, verkündete er. »Es wird geführt von einem Ehepaar Peters und soll hier auf Sylt ein echter Geheimtipp sein.«

»Das freut mich zu hören«, erwiderte Melanie und unterdrückte ein Schmunzeln. »Wir sind nämlich in der Tat auf dem Weg in dasselbe Hotel. Demnach schlage ich vor, Sie fahren einfach hinter mir her.«

»Ich bin sicher, Sie werden es finden!« Er strahlte sie an, als wäre diese Tat mindestens einen Nobelpreis wert. »Ihnen kann unmöglich klar sein, wie dankbar ich Ihnen bin. Ich darf Sie doch heute Abend zum Essen einladen? Ich weiß, ich wäre Ihnen wesentlich mehr schuldig, aber mit dem Essen wäre zumindest einmal ein Anfang gemacht.«

»Sind Sie nicht ein bisschen schnell?«, fragte Melanie und hatte Mühe, ihrer Stimme einen tadelnden Unterton zu verleihen.

»Bitte verzeihen Sie.« Er ließ die Arme sinken, und sein Gesicht nahm einen schuldbewussten Ausdruck an. »Ich gehöre sonst eher zu der Sorte Mann, die sich schüchtern und verlegen anpirscht … Aber bei Ihnen hatte ich das Gefühl, wenn ich mir nicht sofort Ihre Zusage sichere, kommt mir ein anderer zuvor und schnappt mir den Abend mit Ihnen weg.«

»Und das wäre so schlimm?«

»Noch viel schlimmer«, beteuerte er. »Und da Sie eine Dame mit einem großen Herzen sind, lassen Sie mich nicht länger leiden, sondern versprechen mir, mit mir zu essen. Ja?«

***

Das Hotel übertraf Melanies kühnste Erwartungen. Das einstige Gutshaus lag so dicht an den Dünen, dass sie in ihrem Zimmer unter den nach Harz duftenden Dachbalken das Meer rauschen hörte; und die behagliche Einrichtung sorgte dafür, dass sie sich rundum wohl und geborgen fühlte. Hölzerne Möwen schmückten das Fensterbrett, auf dem kleinen Teetisch stand ein grob getöpferter Krug mit frischen Wiesenblumen, und im Bad luden flauschige Handtücher und ein duftendes Schaumbad zur Entspannung ein.

Obwohl die Saison noch nicht begonnen hatte, waren sowohl das Haupthaus als auch die drei kleinen Bungalows für Familien so gut wie ausgebucht. Dennoch entstand nirgendwo der Eindruck von Überfüllung oder routinierter Abfertigung – im Gegenteil: Die grauhaarige Empfangsdame, die sie an der Rezeption erwartete und sich als Anni Meiser vorstellte, behandelte Melanie und ihren Begleiter, als wären sie lang erwartete Ehrengäste.

Auch die Inhaber des Hotels, Lars und Maike Peters, kamen eigens nach vorn, um ihre neuen Gäste persönlich zu begrüßen. Die grazile, blonde Frau und ihr Mann, dessen Lachfältchen Sinn für Humor verrieten, strahlten eine Harmonie und Vertrautheit aus, wie man sie bei lange verheirateten Paaren nur selten fand.

Maike Peters erklärte den neuen Gästen, wo sich das Restaurant mit seiner geschützt gelegenen Terrasse befand und zu welchen Zeiten Frühstück und Abendessen serviert wurden.

Ohne zu zögern, nutzte Melanies Begleiter die Gelegenheit.

»Ich möchte gern einen Tisch für zwei Personen reservieren«, sagte er und bedachte Maike Peters mit seinem jungenhaften Lächeln. »Ich bitte Sie, geben Sie mir den schönsten Tisch, den Sie haben. Ich bin Frau Schwedtke etwas schuldig – ohne Sie würde ich nämlich noch immer dort draußen herumirren und könnte mir mein Abendessen für heute abschminken.«

Offenbar hatte er sich Melanies Namen gemerkt, als sie sich Anni Meiser vorgestellt hatte.

Eine Chance, abzulehnen, ließ er ihr nicht, aber wenn sie es recht überlegte, war sie deswegen nicht böse. Warum sollte sie nicht ihren ersten Abend in Gesellschaft dieses amüsanten Charmeurs verbringen? Ihre Mission hatte Zeit bis morgen, denn heute Abend würde sie Alexander ohnehin nicht mehr auftreiben.

Eilig machte sie sich im Bad ein wenig frisch und schlüpfte, ohne lange nachzudenken, in einen kirschroten Hosenanzug, den sie bisher nie getragen hatte. Im Geschäft hatte sie sich in das schicke Teil verguckt, doch daheim waren ihr Zweifel gekommen: Konnte sie eine so gewagte Farbe überhaupt tragen? War der Anzug nicht eher für eine gertenschlanke Frau wie Viola entworfen worden?

Aber als sie sich jetzt im Spiegel betrachtete, stellte sie fest, dass der Schnitt ihren weiblichen Formen schmeichelte und das kräftige Rot perfekt mit ihrem blonden Haar harmonierte. Sie würde den Anzug anbehalten! Wenn ihr forscher Kavalier sich an ein paar Rundungen störte, hätte er eben eine andere Frau einladen müssen!

Mit Schwung verpasste sie ihrer Mähne ein paar knisternde Bürstenstriche, legte ein wenig Lippenstift auf und begab sich dann auf den Weg nach unten.

Das Restaurant machte denselben anheimelnden Eindruck wie der Rest des Hotels. Auf den weiß eingedeckten Tischen brannten dicke, duftende Wachskerzen, und im Hintergrund spielte unaufdringlich sanfter Jazz.

Melanies Reisegefährte wartete bereits auf sie. Als er sie kommen sah, stand er auf und rückte ihr galant den Stuhl zurecht. In seinem hellen Leinenblazer über einem weinroten Hemd wirkte er noch attraktiver als vorhin am Auto.

»Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte er. »Ich hatte fürchterliche Angst, Sie könnten unterwegs ein besseres Angebot erhalten.«

»Unterwegs?«, fragte Melanie belustigt. »Meinen Sie auf der Treppe von meinem Zimmer bis hierher?«

»Eine Frau mit Ihrer Ausstrahlung ist auch auf einer Hoteltreppe nicht vor Verehrern sicher«, beteuerte er ernsthaft, ehe er ihr aus einer eisgekühlten Flasche Wein einschenkte. »Ich jedenfalls hätte Sie bestimmt nicht vorbeigehen lassen, wenn Sie mir in diesem atemberaubenden Rot begegnet wären.«

Melanie, die als Lehrerin schlagfertig sein musste und um eine Antwort sonst nie verlegen war, starrte ihn sprachlos an. Hatte er das, was er gesagt hatte, ernst gemeint? Oder entsprach es einfach seiner Gewohnheit, fremde Frauen mit Komplimenten zu überschütten?

»Lassen Sie Ihren Wein nicht schal werden.« Er lächelte. »Worauf wollen wir trinken? Auf unsere Ankunft auf Sylt?«

Ihre Gläser klirrten gegeneinander.

»Sind Sie zum ersten Mal hier?«, brach Melanie ein wenig unbeholfen ihr Schweigen.

»Ja.« Ihr Begleiter nickte. »Wenn man sieht, wie einmalig schön diese Insel ist, fragt man sich, warum man nicht schon viel früher hergekommen ist, nicht wahr?«

»Genau so geht es mir auch!«, rief Melanie. Kaum zu glauben, dass sie ihre Traumreise so oft verschoben hatte – und ohne Violas Problem mit Alexander hätte sie Sylt vermutlich auch in diesem Jahr verpasst.

»Man schiebt viel zu vieles zu lange auf«, sagte ihr Begleiter, als teile er ihre Gedanken. »Wollen wir uns vornehmen, auf dieser Reise alles zu tun, was uns in den Sinn kommt, ohne es auf morgen zu verschieben?«

Melanie blickte auf und sah in seine Augen, die sie zugleich zu bitten und herauszufordern schienen. Wie schon vorhin im Auto verspürte sie ein ungewohntes Kribbeln in der Magengegend.

»Klingt gut«, hörte sie sich sagen, »aber auch gefährlich.«

»So ist das Leben, oder?«

Sie lachten beide, ohne ihre Blicke voneinander zu lösen. Die Kellnerin, die an ihren Tisch trat, räusperte sich diskret.

Verlegen griffen Melanie und ihr Begleiter nach ihren Speisekarten – an die Wahl ihres Abendessens hatten sie noch keinen Gedanken verschwendet.

Der nächste Grund, gemeinsam zu lachen, fand sich, als sie feststellten, dass sie sich beide für genau dieselben Gerichte auf der Karte entschieden hatten: für einen Krabbencocktail als Vorspeise und anschließend ein Schollenfilet mit Speck und frischen Waldpilzen.

Kurz zögerte Melanie, doch der Abend war viel zu schön, um ihn sich mit Kalorienzählen zu verderben.

»Und hinterher rote Grütze mit Vanillesauce«, verkündete sie und spürte, wie ihr das Wasser im Mund zusammenlief.

»Grandiose Idee«, lobte ihr Begleiter und bat die Kellnerin, ihm dasselbe Dessert zu bringen.

Ein wenig neidisch ließ Silke ihren Blick von seinem kräftigen Brustkorb hinunter auf seine tadellose Taille gleiten. Ob er wohl zu den Verrückten gehörte, die wie Viola morgens um fünf durch die Gegend joggten, um sich trotz einer Vorliebe für üppigen Nachtisch die tolle Figur zu bewahren?

»Ist etwas an mir nicht in Ordnung?« Erschrocken blickte Melanie auf und sah in sein amüsiertes Gesicht. »Ich habe mich doch wohl nicht bekleckert, noch ehe unser Essen überhaupt gebracht wurde?«

»Nein, nein«, rief Melanie hastig. »Ich habe nur …«

»Was haben Sie nur?«

Nun ist es ohnehin zu spät, dachte sie trotzig. Und hatten sie sich nicht eben vorgenommen, auf dieser Reise zu tun, was ihnen in den Sinn kam?

»Ich habe mich nur gefragt, wie Sie es schaffen, trotz Speckscholle und Vanillesauce so gut in Form zu bleiben«, platzte sie heraus. »Mir schmeckt auf der Speisekarte grundsätzlich das am besten, was die meisten Kalorien hat, aber leider sieht man mir das auch an.«

»Tut man das?« Jetzt war es an ihm, seinen Blick an Melanie heruntergleiten zu lassen. Es fühlte sich an, als würde er sie streicheln. »Dann bin ich aber froh, dass man es Ihnen ansieht«, sagte er leise, und seine Stimme klang ein wenig rau. »Wenn Speckscholle und Vanillesauce so schön machen, würde ich sämtlichen Frauen raten, nichts anderes mehr zu essen.«

Melanie glaubte zu spüren, wie ihr glühende Röte in die Wangen stieg. Ein Teil von ihr war froh, als die Kellnerin mit ihren Krabben an den Tisch trat, doch ein anderer empfand beinahe etwas wie Traurigkeit, weil der Zauber des Augenblicks zerstört war.

Mit ihren siebenundzwanzig Jahren war sie natürlich nicht ohne Erfahrung, sondern hatte sogar eine langjährige Beziehung mit einem Studienkameraden hinter sich, aber noch nie hatte ein Mann ihr ein derart schmeichelhaftes Kompliment gemacht. Hinzu kam, dass die Worte ihres Gegenübers spontan und aufrichtig klangen und dass seine Augen die Bedeutung zu unterstreichen schienen.

Der Krabbencocktail war köstlich, und die Scholle, dessen war Melanie sicher, war die beste, die sie je gegessen hatte.

Während des Essens unterhielten sie sich über Gott und die Welt, und schon bald hatte Melanie das Gefühl, den Mann, der ihr gegenübersaß, seit Langem zu kennen. Sie lachten über dieselben Dinge und hatten zahlreiche gemeinsame Interessen. Beide lasen gern, vor allem spannende Krimis.

»Am liebsten ist es mir, wenn ich mich daheim unter meiner Bettdecke so richtig grusele«, gestand Melanie.

»So geht es mir auch!«, stimmte ihr Begleiter begeistert zu. »Manchmal geht meine Fantasie derartig mit mir durch, dass ich mich vor meinem eigenen Schatten an der Wand erschrecke.«

Melanie lachte und hätte ihm gern gesagt, wie sympathisch sie sein Eingeständnis fand. Die meisten Männer hätten sich lieber die Zunge abgebissen, als zuzugeben, dass sie sich beim Lesen eines Buches fürchteten.

Ihre Schwäche für guten Jazz teilte er ebenso wie ihre Liebe zum Meer und ihre Freude an langen Spaziergängen in der Natur.

»Warum machen wir uns morgen nicht gemeinsam auf den Weg und erkunden ein wenig die Umgebung?«, schlug er vor. »Von hier aus soll man wunderbar bis zur Südspitze der Insel laufen können, und wenn das Wetter so klar bleibt wie heute, müssten wir von dort eine Sicht bis nach Föhr und Amrum haben.«

Der Plan klang so verlockend, dass Melanie auf der Stelle zusagen wollte. Dann aber fiel ihr ihre Mission ein. Als Erstes musste sie morgen Alexander unter den Gästen finden, und danach würde sie genug damit zu tun haben, ihn im Auge zu behalten. Sie öffnete eben den Mund, um das reizvolle Angebot abzulehnen, als sein Blick sie traf.

»Tun Sie’s nicht«, sagte er. »Bitte geben Sie mir keinen Korb, Melanie.«

Sie wusste nicht, was dieser Mann an sich hatte, dass sie so völlig entwaffnete. Was immer es war – sie brachte es schlichtweg nicht fertig, in seine erwartungsvollen Augen zu sehen und ihm die geplante Abfuhr zu erteilen.

»Also schön«, hörte sie sich sagen. »Morgen nach dem Frühstück, einverstanden?«

Vorher würde sie sich alle Mühe geben, Alexander ausfindig zu machen, sodass es keine Rolle spielte, wenn sie ihre Beobachtung für ein, zwei Stunden unterbrach.

»Einverstanden? Das ist überhaupt kein Ausdruck!«

Über den Tisch hinweg nahm er ihre Hand, beugte sich darüber und streifte sie federzart mit den Lippen. Es war eine galante Geste des Dankes, nichts weiter, aber durch Melanies Körper jagte etwas wie ein Stromstoß.

Lieber Himmel, dachte sie bei sich und begriff mit einem Schlag, was hier vor sich ging: Sie war im Begriff, sich in den Mann, der noch immer ihre Hand hielt, zu verlieben – in einen Mann, von dem sie nichts wusste und den sie nicht mehr als ein paar Stunden kannte.

Sei auf der Hut, meldete sich eine warnende Stimme in ihr.

Gegen einen Flirt war nichts einzuwenden, doch für eine tiefere Beziehung schien ihr Gegenüber entschieden der falsche Kandidat zu sein. Männer mit seinem Charme und seiner Attraktivität hatte man selten für sich allein, und Melanie wollte sich ihr Leben nicht durch Komplikationen und Herzschmerz erschweren.

Zwar lag ihre Trennung von Lutz, ihrem Studienkameraden, schon zwei Jahre zurück, doch das Leid jener Zeit war ihr noch allzu präsent. Wie Viola hatte auch sie an der Treue ihres Partners zweifeln müssen, und das würde sie sich kein zweites Mal antun.

Ihr Begleiter hatte mit der freien Hand nach seinem Weinglas gegriffen, stellte es aber noch einmal ab, um Melanie in die Augen zu sehen.

»Ich fürchte, ich weiß, was Sie denken«, sagte er unglücklich. »Bitte glauben Sie mir – es ist ganz und gar falsch.«

»Und was denke ich?«

»Dieser Typ ist bestimmt nur auf eine schnelle Affäre aus«, erwiderte er. Dann ließ er ihre Hand los und hielt sich in gespielter Furcht beide Hände vors Gesicht. »Nein, bitte kratzen Sie mir nicht die Augen aus. Seit ich Ihnen heute Nachmittag begegnet bin, habe ich mich selbst bestimmt schon hundertmal ermahnt, zurückhaltender zu sein.«

»Sie sind kein bisschen zurückhaltend.«

»Ich weiß.« Beschämt blickte er auf den Tisch. »Es gelingt mir einfach nicht. Sobald ich Sie anschaue, muss ich mit der Tür ins Haus fallen.«

Zögernd, von unten herauf, sah er sie wieder an.

»Aber das mit der schnellen Affäre ist wirklich nicht wahr«, beteuerte er. »Wenn ich verspreche, mich von jetzt an anständig zu benehmen und die Pferde im Zaum zu halten – darf ich Sie dann näher kennenlernen, Melanie? Ganz langsam und allmählich, wie es sich für gesittete Menschen gehört?«

Melanie konnte nicht anders, sie musste lachen.

»Ich kann Sie mir nicht so recht als ›gesitteten Menschen‹ vorstellen«, sagte sie. »Aber wenn Ihnen so viel daran liegt – in Ordnung, probieren wir es aus.«

Erleichtert atmete er auf und nahm noch einmal ihre Hand in seine.

Ehe er etwas sagen konnte, trat die Kellnerin an den Tisch, räumte die leeren Dessertteller ab und stellte zwei kleine Stumpen mit einer klaren Flüssigkeit vor sie hin.

»Unser Küchenchef Adrian Krüger sendet Ihnen seinen hausgemachten Sylter Korn«, erklärte sie mit einem Lächeln. »Als Hilfe für die Verdauung und um Sie bei uns willkommen zu heißen.«

Dieses Hotel hatte ein Flair, das sich nur schwer beschreiben ließ: Jedes Detail und jede kleine Geste trugen dazu bei, dass man sich geschätzt und verwöhnt fühlte.

Melanie und ihr Begleiter bedankten sich, dann erhoben sie ihre Gläser, um miteinander anzustoßen.

»Auf Sie, Melanie«, sagte er und ließ seinen Stumpen gegen ihren klirren. »Ich darf Sie doch Melanie nennen? Ich glaube, ich könnte unmöglich Frau Schwedtke zu Ihnen sagen.«

»Melanie nennen dürfen Sie mich, aber leider habe ich überhaupt keine Ahnung, wie ich Sie nennen soll.«

»Oh Gott, wie peinlich.« Verlegen lächelte er. »Ich falle nicht nur mit der Tür ins Haus, sondern vergesse dabei obendrein, mich vorzustellen. Verzeihen Sie mir? Ich heiße Alexander. Wenn Sie wollen, können Sie gern Alex zu mir sagen.«

Melanie, die gerade an ihrem vor Kälte beschlagenen Glas hatte nippen wollen, stockte der Atem.

Alexander. Von allen männlichen Vornamen der Welt war dieser der letzte, den sie hatte hören wollen. Das durfte einfach nicht sein! Wie konnte das Schicksal ihr so übel mitspielen?

Der Mann, mit dem sie in den letzten zwei Stunden geflirtet hatte, als ob es kein Morgen gäbe, war kein beliebiger Urlaubsgast, sondern der Verlobte ihrer Freundin Viola! Der Bräutigam, dessen seltsames Verhalten sie überhaupt nach Sylt geführt hatte!

Und wie es aussah, bestand Violas Verdacht zu Recht. Der saubere Herr verlor keine Minute Zeit, um sich ein Opfer zu suchen, mit dem er die Frau, die ihn liebte, betrügen konnte.

Reiß dich zusammen, Melly, rief sie sich zur Ordnung.

Auf keinen Fall durfte sie sich jetzt etwas anmerken lassen. Eigentlich sollte sie in gewisser Weise sogar froh darüber sein, dass Alexander ausgerechnet sie als seine Beute auserkoren hatte, denn so würde es ein Leichtes sein, ihn zu überführen.

Wenn sie an Viola dachte, spürte sie allerdings einen Kloß in ihrer Kehle. Wie sollte sie der Freundin bloß beibringen, dass der Mann, mit dem sie ihr Leben teilen wollte, ein gewissenloser Herzensbrecher war?

»Ist Ihnen nicht wohl?«, fragte Alexander besorgt. »Wollen wir kurz nach draußen gehen, ein bisschen frische Luft schnappen?«

»Nein, nein, es ist alles in Ordnung«, beeilte sich Melanie zu versichern.

Auf keinen Fall wollte sie jetzt mit diesem Hallodri allein sein, denn dann konnte sie für nichts mehr garantieren. Am liebsten hätte sie ihm sogar hier, mitten im Restaurant, in sein allzu attraktives Gesicht geworfen, was sie von ihm hielt.

»Alles in Ordnung?« Skeptisch hob er die Brauen. »Das glaube ich Ihnen zwar nicht, aber Sie sind ja nicht verpflichtet, sich mir anzuvertrauen. Trinken Sie Ihren Korn. Er ist ausgezeichnet, und vielleicht fühlen Sie sich danach besser.«

Als sie ihn wieder ansah, fragte sich Melanie, warum sie nicht gleich darauf gekommen war, dass sie Alex vor sich hatte. Genau so hatte Viola ihn ihr immer wieder beschrieben …

»Sehr gut aussehend, sportlich und ungeheuer charmant. Er ist groß, hat braunes Haar, und wenn er dich anschaut, hast du das Gefühl, dahinzuschmelzen wie Butter in der Sonne.«

Ohne Zweifel – der Mann, auf den diese Beschreibung passte, saß ihr gegenüber und griff jetzt von Neuem nach ihrer Hand.

Heftig entzog sie sie ihm.

»Ich bin furchtbar müde«, behauptete sie. »Ich würde jetzt gern bezahlen und gehen.«

»Ich hatte Sie eingeladen. Schon vergessen?«, fragte er, und es klang ein wenig verletzt.

»Ich ziehe es vor, mein Essen selbst zu bezahlen«, versetzte Melanie patzig und stand auf, um nach der Kellnerin Ausschau zu halten.

»Melanie.« Alexander stand ebenfalls auf und nahm ihren Arm. »Habe ich irgendetwas gesagt oder getan, was Sie verärgert hat?«

Oh ja, dachte Melanie und bebte innerlich vor Zorn. Du hast weit mehr getan, als sich mit Worten ausdrücken lässt.

Im letzten Augenblick beherrschte sie sich und schluckte die scharfe Antwort hinunter.

»Bitte sagen Sie es mir«, bat er. »Das Letzte, was ich wollte, war, Ihnen wehzutun.«

»Sie tun mir nicht weh«, verwies sie ihn schroff. »Ich bin nur müde und möchte auf mein Zimmer.«

»Aber es bleibt bei unserer Verabredung morgen?«

Noch einmal schluckte sie, ehe sie sich ein Nicken abrang. Am liebsten hätte sie Viola heute schon angerufen und ihr klargemacht, mit was für einem Schuft sie im September vor den Traualtar treten wollte.

Doch wenn sie das tat, war die Freundin im Grunde genauso schlau wie vorher, denn strenggenommen hatte Alexander sich ja noch nichts zuschulden kommen lassen. Sie lebten schließlich im einundzwanzigsten Jahrhundert, und es war nicht verboten, eine Frau nach dem Weg zu fragen oder sie zum Essen einzuladen.

Melanie war es Viola schuldig, einen eindeutigen Beweis für die Untreue ihres Verlobten zu erbringen. Deshalb würde sie sich wie vereinbart mit ihm treffen, so schwer es ihr auch fiel.

»Ja, wir sehen uns morgen«, gab sie ihm knapp zur Antwort.

Der Blick seiner grünen Augen traf sie.

»Gute Nacht, Melanie.« Seine Stimme war ein Streicheln. »Wenn Sie mir wirklich nicht erlauben wollen, für Ihr Essen zu bezahlen, sorge ich dafür, dass man es Ihnen auf die Zimmerrechnung setzt.«

»Ich kann alleine …«, setzte sie zum Protest an.

»Ich weiß«, unterbrach er sie. »Aber Sie sind müde und sehen aus, als wenn Sie etwas quält. Lassen Sie mich wenigstens diese lächerliche Kleinigkeit für Sie tun.«

Da ihr nichts einfiel, um es ihm zu verweigern, gab sie es auf und wandte sich zum Gehen.

An der Tür des Restaurants drehte sie sich, ohne es zu wollen, noch einmal nach ihm um. Er stand noch immer an ihrem Tisch und sah ihr wie gebannt nach.

***

In dieser Nacht fand Melanie kaum Schlaf. Sie wälzte sich von einer Seite auf die andere, während die Gedanken in ihrem Kopf unaufhörlich kreisten. Sollte sie Viola nicht doch sofort ins Bild setzen? Oder sollte sie warten, bis Alexander noch weiter ging und sein wahres Gesicht zeigte? Aber wie sah dieses wahre Gesicht denn aus?

Wieder und wieder sah sie ihn vor sich, wie er ihr im Restaurant gegenübergesessen hatte. Wie aufmerksam hatte er ihr zugehört, wie interessant erzählt! Wie ehrlich und zauberhaft zugleich hatten seine Komplimente geklungen! Der Mann musste ein Casanova der Extraklasse sein, um ihr so gekonnt etwas vorzuspielen.