Silvia-Gold 123 - Lotta Carlsen - E-Book

Silvia-Gold 123 E-Book

Lotta Carlsen

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Beschreibung

Mit Weihnachten hat die junge Altenpflegerin Tanja nichts mehr im Sinn: Alles schwärmt vom Fest der Liebe, doch vor einem Jahr erfuhr Tanja ausgerechnet in der Adventszeit die schmerzhafteste Enttäuschung ihres Lebens: Ihr Liebster verließ sie wegen einer anderen Frau. Am liebsten möchte sich Tanja den gesamten Dezember über verkriechen, doch da tritt "Oma Hertha", der gute Geist des Seniorenwohnheims, in dem sie arbeitet, mit einer Bitte an sie heran: Einmal möchte sie noch auf die Insel Sylt reisen, wo sie einst die glücklichste Zeit ihres Lebens verbrachte. Da sie sich die Reise allein nicht zutraut, bittet sie Tanja um ihre Begleitung. Seufzend willigt Tanja ein. Sie bringt es einfach nicht übers Herz, der liebenswerten alten Dame ihren Wunsch abzuschlagen ...
So sehr Tanja sich gegen die Weihnachtsstimmung wehrt, dem Zauber der verschneiten Insel kann sie nicht lange widerstehen - genauso wenig wie dem attraktiven Sportlehrer Vincent, der gemeinsam mit seinem Großvater nach Sylt gereist ist ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Das Herz der Weihnacht

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: HTeam / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0701-5

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Das Herz der Weihnacht

Die perfekte Unterhaltung für verträumte Stunden

Von Lotta Carlsen

Mit Weihnachten hat die junge Altenpflegerin Tanja nichts mehr im Sinn: Alles schwärmt vom Fest der Liebe, doch vor einem Jahr erfuhr Tanja ausgerechnet in der Adventszeit die schmerzhafteste Enttäuschung ihres Lebens: Ihr Liebster verließ sie wegen einer anderen Frau. Am liebsten möchte sich Tanja den gesamten Dezember über verkriechen, doch da tritt »Oma Hertha«, der gute Geist des Seniorenwohnheims, in dem sie arbeitet, mit einer Bitte an sie heran: Einmal möchte sie noch auf die Insel Sylt reisen, wo sie einst die glücklichste Zeit ihres Lebens verbrachte. Da sie sich die Reise allein nicht zutraut, bittet sie Tanja um ihre Begleitung. Seufzend willigt Tanja ein. Sie bringt es einfach nicht übers Herz, der liebenswerten alten Dame ihren Wunsch abzuschlagen ...

So sehr Tanja sich gegen die Weihnachtsstimmung wehrt, dem Zauber der verschneiten Insel kann sie nicht lange widerstehen – genauso wenig wie dem attraktiven Sportlehrer Vincent, der auch nicht ganz freiwillig mit seinem Großvater nach Sylt gereist ist ...

»Jetzt habe ich aber langsam genug«, schimpfte Tanja Ebert, als sie die gläserne Vordertür des Seniorenwohnheims, in dem sie als Altenpflegerin tätig war, aufschob und um ein Haar über die gigantische Weihnachtsdekoration gestolpert wäre. »Kann man eigentlich nirgendwo mehr hinschauen, ohne dass einem ein Mann im roten Mantel entgegenwinkt?«

»Och, mir wäre so ein winkender Mann eigentlich ganz recht.« Ihre Freundin und Kollegin Birte kicherte. »Besonders, wenn er einen Sack voll Geschenke mitbringt – nur gar so alt bräuchte er nicht zu sein.«

Sie zupfte dem fast lebensgroßen Plastikweihnachtsmann, der zur Freude der Heimbewohner in der Eingangshalle stand, am Bart.

»Aber ich fürchte, mein Rainer hätte da entschieden etwas dagegen. Stell dir vor, womit dieser Goldschatz von einem Mann mich gestern überrascht hat! Eine Woche Skiferien in Zermatt! Über Weihnachten. In einer romantischen Berghütte, mit Candle-Light-Dinner und allem Drum und Dran. Und verloben wollen wir uns bei der Gelegenheit dann auch gleich.«

Tanja seufzte und wünschte sich ihre beste Freundin nicht zum ersten Mal auf den Mond. Und den ganzen Weihnachtsrummel konnte sie von ihr aus gleich mitnehmen!

Dabei war es nicht so, dass Tanja Birte ihr Glück mit ihrem Freund Rainer missgönnte, und schon gar nicht missgönnte sie den alten Herrschaften, die das Wohnheim »Abendfrieden« bewohnten, ihre Weihnachtsfreude. Im Gegenteil. Tanja liebte ihre Arbeit, sie war Altenpflegerin mit Leib und Seele, und wenn ihre Schützlinge Grund zur Freude hatten, dann freute sie sich mit.

Auch dem Weihnachtsfest, den kuscheligen Tagen bei Kaminfeuer, Zimttee und Vanillekipferln, der romantischen Zeit der Liebe, der Herzenswärme und der großen und kleinen Überraschungen hatte sie früher mit freudiger Erwartung entgegengeblickt.

Seit einem Jahr aber waren ihr die Festtage verleidet, und daran würde sich auch gewiss nie wieder etwas ändern. Vor einem Jahr nämlich war ihr eigenes Liebesglück wie eine vom Ast gefallene Christbaumkugel zerplatzt und in tausend Scherben zersprungen.

Dabei hatte sich Tanja in jenem Jahr ganz besonders auf die Adventszeit und die Feiertage gefreut. Zusammen mit ihrem Freund Patrick hatte sie endlich eine eigene Wohnung bezogen, und sie hatte sich vorgenommen, für den gemeinsamen Advent alles besonders festlich und gemütlich herzurichten und Patrick das schönste Weihnachtsfest seines Lebens zu bereiten. Insgeheim hatte sie sogar darauf gehofft, dass es ihr ergehen würde wie jetzt Birte, dass nämlich Patrick plante, ihr den ersehnten Verlobungsring als Geschenk unter den Tannenbaum zu legen.

Daran, dass Patrick ihre große Liebe war, dass sie heiraten, Kinder bekommen und eines Tages gemeinsam alt werden würden, hatte Tanja niemals gezweifelt. Der attraktive, schlaksige Versicherungskaufmann mit dem widerspenstigen Blondschopf war für sie immer der Mann ihrer Träume gewesen – einen anderen hätte sie nie im Leben angesehen.

Bereits als vierjährige Steppkes im Kindergarten waren sie und ihr Liebster einander begegnet. Während die anderen Jungen über die »doofen Mädchen« die Nase gerümpft hatten, hatte Patrick ihr auf dem Spielplatz Gänseblümchen gepflückt und mit ihr »Braut und Bräutigam« gespielt.

Seither waren sie unzertrennlich gewesen, durch sämtliche Schuljahre, die Ausbildung und die erste Zeit der Berufstätigkeit, in der sie für die Einrichtung einer eigenen Wohnung gespart hatten. Und ausgerechnet in dem Moment, als sie ihr Ziel erreicht hatten, war alles auf einen Schlag zu Ende gewesen!

Nie würde sie den Tag vergessen. Es war ein Freitag gewesen, der Freitag vor dem ersten Advent. Um Patrick zu überraschen und die Adventszeit durch etwas Besonderes einzuläuten, hatte sie sich den Nachmittag freigenommen. Sie hatte ein Festessen zubereiten wollen und sich von Oma Hertha, dem guten Geist von »Haus Abendfrieden«, deren Geheimrezept für Gänsekeulen Sylter Art geben lassen.

Aufgeregt wie ein Kind hatte Tanja das köstliche Essen vorbereitet, geschmückte Kiefernzweige in allen Zimmern aufgestellt und Patricks Lieblingswein in einen Dekanter aus geschliffenem Glas gefüllt, den sie ihm als Geschenk zum ersten Advent überreichen wollte. Sie hatte seine Heimkehr kaum erwarten können und war ihm entgegengelaufen, sobald sie seinen Schlüssel in der Tür gehört hatte.

»Patrick, Liebling, ein schönes erstes Adventswochenende in unserem Heim!«

Dann hatte sie sein Gesicht gesehen und sofort gewusst, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.

»Gehen wir erst mal rein, Tanny«, hatte er gemurmelt, war ihr voraus ins Wohnzimmer gegangen und achtlos über Samson, ihren dicken Perserkater, gestolpert. Die CD mit den walisischen Weihnachtsliedern hatte er ausgeschaltet. »Ich muss mit dir reden.«

Er hatte sich aufs Sofa plumpsen lassen und sich ein Glas Wein eingeschenkt, ohne den schönen Dekanter auch nur eines Blickes zu würdigen.

»Ist etwas wegen deiner Arbeit?«, fragte Tanja, die wusste, dass das Versicherungsunternehmen, bei dem Patrick angestellt war, in einer finanziellen Krise steckte. »Hast du etwa deine Stellung verloren? Ach, Liebling, das ist doch nicht das Ende der Welt. Du bist gut in deinem Job, du findest sicher im Handumdrehen etwas Neues. Und so lange leben wir eben von Luft und Liebe, dann kommen wir mit meinem Gehalt schon über die Runden.«

»Um die Arbeit geht es nicht«, hatte Patrick sie unterbrochen. »Es geht um uns.«

»Um uns?«

»Es ist wirklich nicht so, dass ich dich nicht mehr gernhätte, Tanny. Ich werde dich immer gernhaben, du bist fast wie eine Schwester für mich. Aber bei uns ist irgendwie die Luft raus, findest du nicht auch? Wir sind doch noch viel zu jung, um uns für immer und ewig zu binden, wir haben doch noch gar nichts erlebt.«

»Nichts erlebt?«, hatte Tanja benommen gefragt. »Ja, aber wir waren uns doch einig, dass wir erst einmal für die Wohnung sparen wollten. Im nächsten Jahr machen wir dann die große Reise, von der du geträumt hast, und dann ...«

»Mein Gott, ich spreche doch nicht von irgendwelchen Reisen.« Patrick hatte geklungen, als ginge ihm Tanja auf die Nerven. »Also um die Sache abzukürzen, ich habe jemanden kennengelernt. Sabine und ich haben wirklich versucht, uns gegen unsere Gefühle zu wehren, aber zwischen uns ist ein solches Knistern, wie ich es bei dir nie empfunden habe. Ich will diese Leidenschaft nicht länger unterdrücken.«

»Aber ... aber was ist denn mit uns? Ich dachte, du liebst mich!«

»Wir können doch Freunde bleiben, Tanny. Bestimmt wirst du dich mit Sabine bestens verstehen, wenn du erst einmal über den Schrecken hinweg bist.«

Über den Schrecken bin ich bis heute nicht hinweg, dachte Tanja bitter.

Wie sollte sie auch darüber hinwegkommen, dass Patrick ihre Liebe weggeworfen hatte wie eine alte Jacke, die aus der Mode gekommen war?

Wahrscheinlich fuhr er mit seiner Sabine über Weihnachten zum Segeln in die Karibik, während sie in ihrer einsamen Wohnung saß, die sie sich nur durch zahlreiche Überstunden überhaupt weiterhin leisten konnte.

Wie im letzten Jahr würde sie sich während der Weihnachtsfeiertage zum Dienst melden. Die Heimleitung war froh, wenn sie jemanden bekam, denn alle anderen Mitarbeiter hatten Partner oder sogar Familien, mit denen sie das Fest begehen wollten.

Tanja hatte sich von Anfang an bemüht, sich bei ihrer Arbeit nichts von ihrem privaten Kummer anmerken zu lassen.

Oma Hertha aber war nicht nur eine exzellente Köchin, sondern auch eine lebenskluge Frau, die sich so schnell nichts vormachen ließ, und so hatte sie Tanja eines Tages darauf angesprochen, dass sie in letzter Zeit immer so traurig wirkte.

In ihrer Not hatte Tanja sich damals der alten Dame anvertraut und war froh gewesen, endlich mit jemandem sprechen zu können.

»Das, was Sie jetzt durchmachen, ist sehr hart«, hatte Hertha gesagt, nachdem sie sich ihre Geschichte angehört hatte. »Junge Männer sind wirklich manchmal blind und taub in ihrem Drang, sich zu beweisen, was für tolle Kerle sie sind. Aber wissen Sie was? Im Grunde gibt es nur zwei Möglichkeiten.«

»Und welche?«, hatte Tanja wissen wollen.

»Entweder Ihr Patrick besinnt sich und kommt zu Ihnen zurück – oder er war doch nicht der Richtige.«

Der Richtige war er ganz bestimmt, dachte Tanja jetzt traurig, einen anderen würde sie niemals wollen. Aber daran, dass Patrick zu ihr zurückkommen würde, konnte sie nicht glauben.

Inzwischen war ein Jahr vergangen und sie hatte ihr Leben wieder recht gut im Griff. Aber jetzt, wo die ganze Stadt im Weihnachtsglanz erstrahlte, aus jedem Geschäft »Stille Nacht« oder »Oh du Fröhliche« auf die Straße hallte und eigentlich nur noch der Schnee fehlte, um die Romantik perfekt zu machen, flammte der alte Schmerz wieder auf. Und Birtes glückliches Geplapper machte die Sache nicht besser.

»Ich glaube, ich gehe gleich mal nach Oma Hertha sehen«, sagte Tanja deshalb schnell. »Sie war gestern Nachmittag ein bisschen niedergeschlagen.«

»Ach Gott, das habe ich völlig vergessen!« Birte schlug sich die Hand vor die Stirn. »Beim Abendessen, als du Herrn Schmidt von der Physiotherapie abgeholt hast, hat Oma Hertha nach dir gefragt. Sie war ganz aufgeregt und hat gesagt, du sollst dich unbedingt sofort bei ihr melden, wenn du zurückkommst. Bitte sei mir nicht böse. Ich hatte nur den Abend mit Rainer im Kopf und habe total vergessen, es auszurichten.«

»Dann gehe ich am besten sofort zu ihr«, erwiderte Tanja. »Und du mach dir keine Sorgen – wenn jemand Verständnis dafür hat, dass man aus Liebe seinen eigenen Namen vergisst, dann ist es Oma Hertha.«

Die alte Dame saß in ihrem liebevoll eingerichteten Zimmer an ihrem zierlichen Sekretär und sprang auf, als Tanja eintrat.

»Guten Morgen, Kindchen!« Die gebürtige Berlinerin strahlte über das ganze Gesicht, das Tanja ein wenig an die rotbackigen, runzligen Äpfel erinnerte, die ihre Großmutter im Advent immer auf bunte Teller gelegt hatte.

Tanja war bei ihrer Großmutter aufgewachsen. Sie war vor drei Jahren gestorben, und noch immer fehlte sie ihr. Umso mehr fühlte sie sich zu Oma Hertha hingezogen.

»Kommen Sie nur rasch her, meine Liebe«, bat die alte Dame nun. »Ich muss Ihnen unbedingt etwas zeigen.«

Tanja trat neben sie an den Sekretär und betrachtete die farbig bebilderte Broschüre, die dort aufgeschlagen lag. Statt der befürchteten Hochglanzbilder von Weihnachtsbäumen und verschneiten Bergwäldern sah sie die weite, blaugraue Fläche des Meeres, über der eine einzelne Möwe kreiste, daneben eine Dünenlandschaft mit leuchtenden Sanddornbeeren und windzerzaustem Gras und schließlich ein weiß verputztes, reetgedecktes Gutshaus mit einer Terrasse, auf der Menschen unter bunten Sonnenschirmen in ausgelassener Stimmung beisammensaßen.

»Ist das nicht wundervoll?«, schwärmte Oma Hertha. »Ich habe so lange nicht mehr gewagt, an Sylt zu denken! Aber seit mit der Post gestern dieser Prospekt ins Haus geflattert ist, denke ich an nichts anderes mehr.«

Hotel Deichhof, las Tanja zwischen den Bildern von der wild-romantischen Landschaft. Unser persönlich und liebevoll geführtes Hotel inmitten der Dünen, in Sylts naturbelassenem Süden. Treten Sie ein, fühlen Sie sich wie zu Hause, und vergessen Sie den Alltag.

Wenn das so einfach ginge, dachte Tanja wehmütig. Aber sie musste zugeben, dass das Hotel, das sich so behaglich unter sein hohes Dach kuschelte, aussah, als könne man dort tatsächlich alle Sorgen und allen Kummer des Alltags eine Zeitlang vergessen. Es wirkte, als risse die frische, salzige Brise jede trübe Stimmung mit sich und triebe sie über das Meer davon.

»Habe ich Ihnen eigentlich je erzählt, dass ich auf Sylt die glücklichste Zeit meines Lebens verbracht habe?«, fragte Oma Hertha in ihre Gedanken hinein.

»Nein, bestimmt nicht«, antwortete Tanja.

Oma Hertha hatte zwar zahlreiche amüsante Anekdoten aus ihrer Berliner Kindheit zum Besten gegeben, aber die Insel Sylt hatte sie nie erwähnt.

»Das sieht mir ähnlich.« Die alte Dame lachte auf. »Irgendwie dachte ich wohl, wenn ich es nicht mehr erwähne, müsste ich es auch nicht mehr vermissen. Aber gestern ist mir klar geworden, dass das so nicht funktioniert. Ich habe auf Sylt gelebt, als ich etwa in Ihrem Alter war, Tanja. Ich hatte mich immer nach dem Meer gesehnt, und als in einem Hotel auf der Insel eine Stelle als Zimmermädchen angeboten wurde, habe ich sofort zugegriffen.«

Sie seufzte abgrundtief.

»Es war mein schönstes Jahr. Nie wieder habe ich mich an einem Ort so zu Hause gefühlt.«

»Aber warum sind Sie denn von dort weggegangen?«, rief Tanja bestürzt.

»Das ist eine lange Geschichte, die ich Ihnen vielleicht ein andermal erzähle«, antwortete Oma Hertha. »Heute gibt es etwas anderes, das ich Ihnen sagen möchte. Um genau zu sein: Ich habe ein Attentat auf Sie vor, mein Kind.«

»Na dann nur heraus damit.« Tanja lächelte ihr aufmunternd zu. »Attentate sind meine Spezialität.«

»Umso besser.« Oma Hertha erwiderte das Lächeln. »Waren Sie selbst denn überhaupt schon einmal an der Nordsee?«

»Leider nicht«, antwortete Tanja. Geträumt hatte sie davon schon seit Kindertagen, aber weil Patrick unentwegt von den sonnenüberfluteten Stränden und dem exotischen Reiz südlicher Gefilde geschwärmt hatte, hatte sie gar nicht mehr erwähnt, dass ihre eigene Sehnsucht insgeheim dem rauen, stürmischen Charme des Nordens galt.

»Dann wird es aber höchste Zeit!«, fand Oma Hertha. »Mir ist nämlich gestern noch etwas klar geworden, als ich die Hotelbroschüre in meinem Postfach gefunden habe.«

Sie nahm den Prospekt und wedelte Tanja damit vor der Nase herum.

»Und zwar?«, hakte Tanja nach.

»Die Dinge, die man sich im Leben wirklich wünscht, lassen sich nicht einfach beiseiteschieben – ganz egal, wie sehr man es versucht. Deshalb habe ich beschlossen, mir zu Weihnachten den Wunsch zu erfüllen, gegen den ich seit fast fünfzig Jahren vergeblich ankämpfe: Ich will noch einmal nach Sylt. Was sagen Sie dazu?«

Tanja hatte keine Ahnung, was sie dazu sagen sollte.