High Society 13 - Sammelband - Dunja Wild - E-Book

High Society 13 - Sammelband E-Book

Dunja Wild

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Beschreibung

High Society - Liebe in Adelskreisen Sammelband

Leseglück für viele Stunden zum Sparpreis!

Es wird geliebt, gehasst, gewonnen und verloren. Werfen Sie einen Blick in die aufregende Welt der Reichen und Schönen und erleben Sie spannende Verwicklungen! Denn eins wird es in den feinen Kreisen garantiert nie: langweilig!

Was Frauen lieben und wovon sie heimlich träumen, davon erzählen die Romane in High Society - Liebe in Adelskreisen auf mitreißende Weise. Die perfekte Mischung aus Humor, Romantik, Drama und großen Gefühlen lässt den Alltag schon auf Seite 1 in weite Ferne rücken.

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Silvia-Gold 13: Er küsste jeden roten Mund
In Adelskreisen 40: Weil deine Märchenaugen lügen
Fürsten-Roman 2440: Sie fand ihr Glück in den Weinbergen

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 250 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 344

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2014/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © Blinova Olga/Shutterstock ISBN 978-3-7325-9864-9

Dunja Wild, Roma Lentz, Nina Gregor

High Society 13 - Sammelband

Inhalt

Dunja WildSilvia-Gold - Folge 013Julias Herzschlag gerät aus dem Takt, als sich ihr Blick in den blauen Augen von Benedikt Scharrenberger verliert. Jetzt versteht sie, warum die Münchner High Society von diesem Mann so hingerissen ist: Das dunkle Haar fällt ihm verwegen in die Stirn, sein Lächeln elektrisiert und verführt. Auch Julia fühlt sich mit jeder Faser ihres Körpers zu ihm hingezogen ... STOPP! Sie zwingt sich in die Realität zurück. Fast hat sein Charme Julia vergessen lassen, was Benedikt Scharrenberger sonst noch ist: ein skrupelloser Unternehmer, der sich ihre Firma unter den Nagel reißen will - und ein Mann, der schon vielen Frauen das Herz gebrochen hat ...Jetzt lesen
Roma LentzIn Adelskreisen - Folge 40Sie ist bezaubernd schön, einfach hinreißend - und entsetzlich wütend. Prinzessin Verità ärgert sich darüber, dass sie dem verrückten Wunsch ihrer Internatsfreundin Stefanie Fabing nachgegeben hat. Stefanie will nämlich ihre Hochzeit mit der Anwesenheit von einigen Adeligen aufwerten, deshalb hat sie die Prinzessin regelrecht erpresst: Verità soll ihre Vettern mitbringen! Die Prinzen haben jedoch weder Zeit noch Lust. Deshalb denkt sich die Prinzessin einen Streich aus. Sie beschließt, drei gut aussehende Männer zu "mieten" und sie als Adelige zu "verkaufen". Dass sie selbst durch ihren Schwindel in Teufels Küche gerät, das hat die schöne Verità natürlich nicht erwartet ...Jetzt lesen
Nina GregorFürsten-Roman - Folge 2440Als Gräfin Clara in Burgund ihrem Traumprinzen begegnete Als die reiche Gräfin Irmgard von Barnstedt stirbt, hinterlässt sie ihrer Enkelin Clara ihr Weingut, setzt aber gleichzeitig den jungen Prinzen Alexander von Ormbach als Verwalter ein. Der Letzte Wille der alten Gräfin geht dabei sogar noch einen Schritt weiter: Irmgard bittet Clara in ihrem Testament, Alexander innerhalb eines Jahres zu heiraten, denn zu Lebzeiten hat sie sich immer gewünscht, endlich einen Mann an der Seite ihrer Enkelin zu sehen. Clara und Alexander kennen sich schon seit Kindertagen, und eigentlich wäre Alexander auch der perfekte Mann für Clara. Doch die junge Gräfin fragt sich, warum sie in seiner Gegenwart keine Schmetterlinge im Bauch spürt. Vielleicht muss das ja so sein, und die Liebe fühlt sich gar nicht so wunderbar an, wie man sich immer erzählt, denkt Clara. Doch dann lernt sie bei einer Reise nach Burgund den jungen Franzosen Jean-Louis kennen, und diese Begegnung verändert alles...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Er küsste jeden roten Mund

Vorschau

Er küsste jeden roten Mund

Kann Julia den charmanten Herzensbrecher zähmen?

Von Dunja Wild

Julias Herzschlag gerät aus dem Takt, als sich ihr Blick in den blauen Augen von Benedikt Scharrenberger verliert. Jetzt versteht sie, warum die Münchner High Society von diesem Mann so hingerissen ist: Das dunkle Haar fällt ihm verwegen in die Stirn, sein Lächeln elektrisiert und verführt. Auch Julia fühlt sich mit jeder Faser ihres Körpers zu ihm hingezogen …

STOPP! Sie zwingt sich in die Realität zurück. Fast hat sein Charme Julia vergessen lassen, was Benedikt Scharrenberger sonst noch ist: ein skrupelloser Unternehmer, der sich ihre Firma unter den Nagel reißen will – und ein Mann, der schon vielen Frauen das Herz gebrochen hat …

»Das ging ja schnell«, sagte die ältere Dame neben Julia Auersbacher erstaunt, als die Maschine an Flughöhe verlor. »Schade, ich hätte mich gerne noch länger mit Ihnen unterhalten. Sie können mich ja mal in meinem Haus in Bogenhausen besuchen. Ich würde mich sehr freuen.«

»Danke für die Einladung.« Julia Auersbacher lächelte ihrer Sitznachbarin müde zu. »Aber zuerst muss ich …«

»Ja, ich weiß.« Die silberhaarige Münchnerin legte ihre üppig beringte Hand tröstend auf Julias, deren Hände so fest ineinander verschlungen waren, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. »Ich hoffe, dass es Ihrem Großvater bald wieder besser gehen wird. So, wie Sie ihn mir beschrieben haben, wird er sich bestimmt noch einmal von dem Infarkt erholen.«

»Ich hoffe es«, flüsterte Julia mit erstickter Stimme. »Er ist der einzige Mensch, den ich noch habe. Nach dem frühen Tod meiner Eltern bin ich bei ihm aufgewachsen.« Ihre seegrünen Augen, die so manches Männerherz höherschlagen ließen, füllten sich wieder mit Tränen. »Opa und ich haben eine besonders enge Beziehung. So vieles verbindet mich mit ihm. Er hat mir das Jagen beigebracht, das Segeln, Skifahren … Mein Großvater hatte auch noch so viel vor. Eigentlich sollte ich erst in zwei Jahren aus England zurückkommen, um dann die Brauerei zu übernehmen. Aber wie es jetzt aussieht …« Julia schluckte schwer. »Ich bin auf so viel Verantwortung noch gar nicht vorbereitet.«

Dicke Tränen rollten ihr über die blassen Wangen. Sie wischte sie schnell weg, weil sie sich ihrer schämte.

»Mein tapferes Mädchen …«, hörte sie ihren Großvater jetzt sagen. Und sogleich räusperte sie sich energisch und setzte sich aufrecht hin. Ja, sie wollte tapfer sein! Sie wollte ihren geliebten Großvater nicht enttäuschen.

Über dem Sitz leuchtete nun der Hinweis »Bitte anschnallen« auf, und den Bruchteil einer Sekunde später kündigte der Flugkapitän über Lautsprecher die Landung an.

»Wir beginnen jetzt mit unserem Anflug auf den Franz-Josef-Strauß-Flughafen in München. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze wieder ein und …«

»Ich bin schon ganz aufgeregt«, plauderte Julias Sitznachbarin weiter. »Mein Jugendfreund und ich haben uns seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Werden Sie auch abgeholt?«, erkundigte sie sich dann besorgt.

Julia nickte. »Der Prokurist der Brauerei meines Großvaters wartet auf mich und bringt mich dann ins Krankenhaus.«

»Sie werden sehen, es wird alles gut werden. Ein Mann wie Ihr Großvater wird sich so schnell nicht kleinkriegen lassen. Vielleicht kommt er Ihnen schon auf dem Stationsgang entgegen und schimpft mit Ihnen, dass Sie seinetwegen Ihr Studium in Cambridge abgebrochen haben.«

Julia musste über die positive Lebenseinstellung der älteren Dame lächeln. Ihr geliebter Opa hatte auch einst vor Lebenslust gesprüht.

»Das wäre schön«, erwiderte sie leise.

Sie verzichtete darauf zu sagen, dass sie daran jedoch nicht glaubte. Vielmehr befürchtete sie, bald ganz allein auf der Welt zu stehen.

Als Julia aus der klimatisierten Flughafenhalle heraustrat, hielt sie nach Peter Seidemann, dem Prokuristen der Familienbrauerei, vergeblich Ausschau. Am Steuer der schwarzen, auf Hochglanz polierten Limousine saß stattdessen ein farbloser, junger Mann, den sie nicht kannte.

»Ich bin sozusagen das ›Mädchen für alles‹», stellte sich der blasse, sympathisch wirkende Fahrer ihr vor. »Herr Auersbacher hat mich vor einem halben Jahr eingestellt und mir damit aus meiner Arbeitslosigkeit herausgeholfen.«

»Wie geht es meinem Großvater?«, erkundigte sich Julia hastig, als sie auf dem Beifahrersitz Platz nahm.

Die persönliche Geschichte des Fahrers interessierte sie im Augenblick nicht.

»Den Umständen entsprechend«, erwiderte Gerd Schlüter ausweichend.

»Fahren Sie mich bitte sofort ins Krankenhaus«, sagte sie. »Von dort aus nehme ich mir dann ein Taxi zurück.«

***

Hans Auersbacher lag in einer kleinen Privatklinik am Stadtrand von München. Sein Zimmer vermittelte eher den Eindruck eines luxuriösen Hotelzimmers als den eines Krankenzimmers. Als Julia den Raum betrat, versuchte ihr Großvater, sich im Bett aufzurichten, was ihm jedoch noch sichtlich schwerfiel.

»Bleib nur ja liegen, Opa«, begrüßte die junge Frau den Brauereibesitzer mit ängstlich klingender Stimme. Sie eilte auf das Bett zu, nahm ihn vorsichtig in die Arme und küsste ihn auf die glatt rasierte Wange. »Was machst du nur für Sachen?«, fragte sie ihn voller Sorge, während sie ihn mit feucht glänzenden Augen ansah.

»Schmarren«, erwiderte der alte Herr unwirsch, der mit seinem stets gebräunten Gesicht und dem weißen Schnauzbart für seine zweiundsiebzig Jahre immer noch recht attraktiv aussah. »Die Ärzte machen alles schlimmer, als es ist. Und der Seidemann, diese Mimose …«

Julia musste unwillkürlich lachen. Das war ihr Opa, wie sie ihn kannte!

Hans Auersbacher war eben keine »Mimose«, sondern ein liebenswertes Raubein, das dem Leben stets die Stirn geboten hatte. Gerade deshalb war seine Enkelin so entsetzt darüber gewesen, dass er einen Herzinfarkt erlitten hatte.

»Jetzt sag ehrlich, wie es dir geht!«, forderte Julia ihren Großvater ernst auf. »Du weißt, du kannst mir nichts vormachen. Sonst frage ich den Professor.« Spielerisch drohte sie ihm mit dem Zeigefinger.

»Mir geht es schon wieder ganz gut«, erwiderte Hans Auersbacher nun genauso ernst, denn er spürte nur zu genau, wie unglücklich und verunsichert sein einziges Enkelkind war. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Die Ärzte und Krankenschwestern gehen mir jetzt schon ganz schön auf die Nerven. Ich bin froh, wenn ich endlich wieder hier raus bin.«

»Was hat man denn mit dir gemacht?«

»Einen Pfropfen aus der Arterie operiert, die zum Herzen führt, und ein paar Bypässe gesetzt«, erklärte er mit unbeeindruckter Miene. »Außerdem bekomme ich blutverdünnende Medikamente, die ich auch weiterhin nehmen muss.« Hans Auersbacher verzog bei dem Gedanken, dass er nun zu den älteren Leuten gehörte, die jeden Morgen ihre Tablettenration schlucken mussten, angewidert das Gesicht.

Julias Züge dagegen entspannten sich sichtlich. Sie atmete hörbar auf.

»Ich soll aufs Essen aufpassen und aufs Trinken …«, fuhr der alte Herr mürrisch fort. »So ein Schmarren! Nix dergleichen werde ich tun. Man lebt schließlich nur einmal. Und die kurze Zeit, die ich aufgrund meiner zweiundsiebzig Jahre noch haben werde …«

»Bitte, Opa.« Seine Enkelin sah ihn streng an. »Du wirst genau das tun, was der Professor dir verordnet. Dafür werde ich schon sorgen.«

Die dunklen Augen des Brauereibesitzers leuchteten erfreut auf.

»Willst du denn jetzt tatsächlich für immer hierbleiben?«

»Ja … ich glaube schon. Das Aufbaustudium in Cambridge brauche ich ja nicht unbedingt. Mit meiner Ausbildung zur Brauerin und meinem abgeschlossenen Betriebswirtschaftsstudium bin ich auch ohne die Zusatzausbildung in der Lage, deine Nachfolgerin zu werden.« Sie warf ihrem Großvater einen schelmischen Blick zu. »Vorausgesetzt, du würdest das jetzt schon wollen.«

»Die Sache ist so …« Hans richtete sich im Bett auf und lehnte sich gegen die Kissen. Er sah die junge Frau, die seinem verstorbenen Sohn wie aus dem Gesicht geschnitten war, ernst an. »Der Grund dafür, dass ich dich habe rufen lassen, ist, dass ich mit dir über die Brauerei reden möchte. Ich will mich noch nicht ganz aus dem Geschäft zurückziehen, aber ich würde gern die Firmenleitung für die Zeit, in der ich mich noch nicht ganz erholt habe, abgeben und in deine Hände legen – sofern du dich dieser Aufgabe jetzt schon gewachsen fühlst.«

»Dann geht es dir also doch schlechter, als du mir sagst?«, fragte Julia sofort mit panischem Blick.

»Nein, nicht so schlecht, wie du befürchtest, aber ich fühle mich auch nicht mehr so stark, dass ich den Betrieb allein weiterführen möchte«, erwiderte der alte Herr. »Zumal ich merke, dass in der Brauerei seit einiger Zeit etwas vor sich geht. Deshalb brauche ich jemanden, der jeden Tag vor Ort ist – was ich zurzeit nicht kann. Und was ich auch zukünftig nicht mehr möchte.«

Hans Auersbacher lächelte bedeutungsvoll und fügte mit geheimnisvoller Miene hinzu: »Vielleicht gibt es für Männer in meinem Alter ja auch noch ein paar andere Vergnügen als die Leitung einer Brauerei.«

Seine Enkelin sah ihn verwirrt an.

»Na ja …«, meinte er in gedehntem Ton schmunzelnd, »wenn ich mich hier in der Klinik so umsehe, gibt es die eine oder andere nette Patientin …«

Julia fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Sag bloß, Opa! Du hast dich doch nicht etwa …?«

»Verliebt?« Ihr Großvater lachte sein dröhnendes Lachen. »Das wird sich noch zeigen. Wir sind uns erst ein paar Mal auf dem Gang begegnet und haben immer nur kurz miteinander gesprochen. Aber ich bin guter Dinge …« Er winkte ab und wurde wieder ernst. »Feststeht, dass ich dich jetzt in der Brauerei brauche. Wie gesagt, ich glaube, dass da etwas vor sich geht, was nicht in meinem Sinne ist.«

»Was meinst du denn damit?«

»Peter Seidemann, der viele Jahre wie ein Sohn für mich war, kommt mir in der letzten Zeit etwas merkwürdig vor«, vertraute Hans seiner Enkelin nun an. »Ich sage es nur ungern, aber du wirst ein Auge auf ihn halten müssen.«

Die junge Frau reckte entschlossen ihr Kinn in die Luft und fragte knapp: »Welche Vollmachten habe ich?«

»Alle. Ich habe unseren Notar bereits informiert. Er hat alles dafür vorbereitet, dass du die Auersbacher Brauerei für die nächste Zeit leiten kannst.«

***

Nach dem Besuch bei ihrem Großvater ließ sich Julia Auersbacher mit einem Taxi in die Innenstadt fahren. Ihr Abflug war so überraschend gewesen, dass sie gar kein Geschenk für Erna Huber, die Haushälterin ihres Großvaters, hatte besorgen können, die für sie wie eine nahe Verwandte war.

Julia bat deshalb den Taxifahrer, auf der noblen Einkaufsmeile Münchens auf sie warten. Denn sie konnte ja schlecht mit ihrem schweren Koffer durch die Geschäfte ziehen, um für Erna etwas zu kaufen. Sie wusste auch schon, mit was sie der treuen Hausangestellten eine Freude machen konnte. Die ältere Frau liebte Sonnenhüte, mit denen sie im Garten der Villa gärtnerte.

Zielbewusst strebte Julia also auf den Eingang der Galerie zu, der aus riesigen Glastüren bestand. Dabei schaute sie jedoch nach vorn, wie sie es eigentlich hätte tun müssen, sondern zur Seite, weil in diesem Moment gerade eine Frau mit einem tapsigen Hundewelpen aus dem Kaufhaus heraus und auf den Bürgersteig trat.

»Vorsicht!«

Kaum hatte Julia Auersbacher diesen Warnruf vernommen, da spürte sie auch schon einen schmerzhaften Schlag am Kopf. Benommen taumelte sie zurück und wäre der Länge nach auf den Bürgersteig geschlagen, wenn nicht zwei starke Arme sie in diesem Moment aufgefangen hätten.

Sie spürte sofort, dass diese Arme nur Männerarme sein konnten. Denn eine Frau hätte gar nicht die Kraft besessen, sie vor dem Sturz zu bewahren. Im gleichen Augenblick, als ihr das bewusst wurde, nahm sie auch schon den Geruch eines angenehm duftenden Aftershaves wahr.

Nachdem Julia sich von dem Schock erholt hatte, befreite sie sich aus der Umarmung und drehte sich um.

Vor ihr stand ein Mann, der einen Kopf größer war als sie. Und er war ein Mann, nach dem sich die Frauen auf der Straße umsahen.

Breit gebaut, braun gebrannt, ein markant geschnittenes Gesicht, auf dem jetzt ein strahlendes Lächeln stand, das sie fast erneut in die Knie gezwungen hätte. Der Mann trug einen anthrazitfarbenen, leichten Anzug, der auf den ersten Blick die Handschrift eines bekannten Designers verriet.

»Haben Sie sich wehgetan?«, fragte dieser Traummann Julia nun ganz besorgt.

»Es … es geht schon«, stotterte sie verwirrt.

Den Schmerz an ihrem Kopf spürte sie in diesem Augenblick gar nicht mehr. Vielmehr nahm sie nur noch die körperliche Anziehung wahr, die von dem Dunkelhaarigen ausging.

»Ist wirklich alles in Ordnung?«, erkundigte er sich noch einmal, wahrscheinlich, weil sie ihn so sprachlos anstarrte. Dabei hielt sein Blick ihren ein paar Herzschläge lang fest.

Angesichts seines jungenhaften Lächelns, das gleichzeitig etwas Draufgängerisches und Verwegenes an sich hatte, konnte Julia nur stumm nicken. Sie besaß durchaus eine gesunde Portion Selbstbewusstsein. Doch die starke erotische Ausstrahlung ihres attraktiven Gegenübers verunsicherte sie völlig.

Nimm dich zusammen!, befahl sie sich. Du wolltest nichts mehr mit Männern zu tun haben. Schon einmal gar nicht mehr mit so gutaussehenden. Weder mit jungen noch mit älteren.

Sie straffte sich und strich sich den kniekurzen Rock ihres Kostüms glatt.

»Es ist alles okay«, versicherte sie mit belegter Stimme.

Sie zögerte, meinte, sich bei ihm bedanken zu müssen, weil er sie vor einem vielleicht gefährlichen Sturz bewahrt hatte. Doch irgendwie kamen ihr die Dankesworte nicht über die Lippen. Dieser attraktive Typ sollte bloß nicht denken, dass er sie beeindruckt hatte!

Deshalb bemühte sie sich um ein kühles Lächeln und sagte mit ironischem Unterton: »Danke, dass Sie mir das Leben gerettet haben.«

»Kein Problem«, konterte der Fremde prompt. »Dafür bin ich von der Stadtverwaltung angestellt worden. Es gibt immer wieder schöne Frauen, die mit dem Kopf durch die Wand wollen.«

Julia schnappte unwillkürlich nach Luft. Mit dieser Retourkutsche hatte sie nicht gerechnet. Auf den Mund gefallen war er also nicht, das stand schon mal fest.

»Soso …«, fiel ihr dazu nur ein. Und ärgerte sich den Bruchteil einer Sekunde später darüber, dass sie so einfallslos war.

Abrupt drehte sie sich um und ging, dieses Mal ohne die Glastür zu übersehen, in das Kaufhaus hinein. Dabei spürte sie den Blick des attraktiven Fremden in ihrem Rücken.

Ich bin nicht hierhergekommen, um Männer kennenzulernen, rief sie sich energisch in Erinnerung. Und schon einmal gar nicht solche Casanova-Typen.

***

»Du wirst ein Problem bekommen«, sagte Sebastian Scharrenberger zu seinem Bruder. Dabei lehnte er sich an den Türrahmen des Büros und zündete sich nervös eine Zigarette an.

»Bitte nicht hier«, erwiderte Benedikt, der hinter dem riesigen Schreibtisch saß, mit einem missbilligenden Blick auf die Zigarette. »Ich kann den anderen nicht das Rauchen untersagen, und du …«

»Ich weiß …« Sebastian Scharrenberger drückte die Zigarette wieder aus und steckte das Feuerzeug ein. Das alles mit einem bekümmerten Seufzer.

»Wie war es im Krankenhaus?«, erkundigte sich Benedikt ernst.

»Unverändert. Ich kann nur hoffen, dass die Therapie dieses Mal anschlägt. Sonst …« Sebastians Stimme begann zu schwanken.

Benedikt Scharrenberger biss sich auf die Unterlippe. Im Raum breitete sich ein betretenes Schweigen aus. Er wusste, wie abgöttisch sein jüngerer Bruder seine Frau liebte und wie sehr Sebastian darunter litt, dass Elvira an Krebs erkrankt war. Aus diesem Grunde hatte sich Sebastian auch auf unbestimmte Zeit aus der Geschäftsleitung des gemeinsamen Unternehmens zurückgezogen und Benedikt alle Vollmachten erteilt.

Sebastian Scharrenberger war zurzeit nur noch eines wichtig – rund um die Uhr bei seiner geliebten Frau sein zu können.

»Noch einmal zu deinem Problem«, sagte Sebastian jetzt, während er in dem elegant eingerichteten Büro unruhig hin und her ging.

»Welches Problem?«, fragte Benedikt verdutzt.

Für Benedikt Scharrenberger gab es keine Probleme. Er schien den Erfolg gepachtet zu haben. Nicht nur in beruflicher Hinsicht. Der attraktive Junggeselle war einer der begehrtesten Männer in der Münchner High Society. Und die Tatsache, dass er das Getränkeunternehmen, das die beiden Brüder von ihren Eltern geerbt hatten, durch Aufkäufe kleinerer Firmen zu einem der größten in Europa gemacht hatte, gab ihm eine Machtposition in dieser Branche, die besonders die Frauen noch zusätzlich reizvoll an ihm fanden.

»Ich weiß aus gesicherter Quelle, dass es beim Kauf der Auersbacher Brauerei Probleme geben wird«, sagte Sebastian Scharrenberger jetzt mit bedeutsamem Blick. »Der alte Auersbacher will die Leitung seiner Enkelin übertragen. Und das schon in den nächsten Tagen. Du musst dich also sputen, damit du den Aufkauf der Brauerei noch vorher unter Dach und Fach bringst.«

»Schon in den nächsten Tagen?« Benedikts stahlblaue Augen weiteten sich ungläubig. »Woher weißt du das?«

»Von wem schon?« Sein Bruder zuckte mit den Schultern. »Von Peter natürlich. Wir haben gestern zusammen Golf gespielt.«

»Das hätte ich mir ja gleich denken können«, murmelte Benedikt wie zu sich selbst.

Aus seiner missbilligenden Miene war zu erkennen, wie wenig er von dem Bekannten seines Bruders hielt.

»Ich weiß gar nicht, was du gegen Peter Seidemann hast«, sagte Sebastian jetzt auch sofort in vorwurfsvollem Ton. »Immerhin hast du ihm die Idee zu verdanken, die Brauerei zu kaufen, um damit unser Getränkesortiment noch einmal zu erweitern.«

»Du weißt, dass ich immer für ein gutes Geschäft zu haben und an der Expansion unseres Unternehmens interessiert bin. Aber ich arbeite mit fairen Mitteln, und dein Bekannter …«

»Du hältst ihn für unfair?«, fragte Sebastian ärgerlich.

»Das weiß ich noch nicht«, erwiderte Benedikt ruhig. »Feststeht, dass ich den Kerl nicht mag. Mein Gefühl sagt mir, dass man im Umgang mit ihm vorsichtig sein sollte. Du warst immer schon zu leichtgläubig.«

»Ach so.« Auf Sebastians Durchschnittsgesicht, dem die stahlblauen Augen seines älteren Bruders sowie dessen markantes Kinn und der sinnliche Mund fehlten, machte sich ein schmales Lächeln breit. »Was heißen soll, dass ich blöder bin als du. Das meintest du doch, oder?« Seine Stimme hatte einen angriffslustigen Unterton.

Benedikt stand auf und trat auf seinen Bruder zu. Er wusste ja, wie belastet dieser zurzeit war. Er wusste aber auch, dass Sebastian ein weitaus schlechterer Geschäftsmann war als er selbst.

»Nein, das meine ich nicht«, sagte er und legte ihm in einer versöhnlichen Geste die Hand auf die Schulter. »Komm, setz dich! Wir trinken einen Cognac. Den kannst du bestimmt jetzt gebrauchen.«

Der jüngere von beiden nickte und ließ sich mit einem Stoßseufzer auf das schwarze Ledersofa fallen. Er öffnete den Knoten seiner Krawatte, bevor er einen kräftigen Schluck aus dem bauchigen Kristallglas nahm, das sein Bruder ihm gereicht hatte.

Seit seine Frau erkrankt war, trank er auffällig mehr als vorher. Das stellte jetzt auch Benedikt Scharrenberger wieder einmal besorgt fest.

Es war gut, dass er selbst den Vorschlag gemacht hatte, die Geschäftsleitung für einige Zeit ganz abzugeben, dachte Benedikt, während er an seinem Cognac nur nippte.

»Wer ist denn diese Enkeltochter? Was hat Peter Seidemann über sie erzählt?«, erkundigte er sich dann neugierig.

»Julia Auersbacher ist – genauso wie du – Diplom-Betriebswirtin«, berichtete Sebastian. »Darüber hinaus kann sie eine Ausbildung als Brauerin vorweisen. Die letzten zwei Jahre hat sie in England verbracht, wo sie noch ein Zusatzstudium in Cambridge angefangen hat.«

»Cambridge? Donnerwetter!«, entfuhr es Benedikt sichtlich beeindruckt. Dann breitete sich ein charmantes Lächeln auf seinem männlich-markanten Gesicht aus, mit dem er jedes Frauenherz zu gewinnen wusste. »Und wie sieht sie aus? Wie alt ist sie? Ist sie verheiratet?«

»O nein!«, stöhnte sein Bruder genervt auf. »Ich dachte, es geht dir ums Geschäft.«

Benedikt lachte unbeschwert. »Du kennst mich doch! Wenn ich Geschäft und Vergnügen miteinander verbinden kann …« Er zwinkerte Sebastian vielsagend zu.

»Du bist und bleibst ein Casanova«, erwiderte sein Bruder kopfschüttelnd.

»Also, was hat dir Peter Seidemann über Julia erzählt?«

»Sie ist achtundzwanzig, sehr schön und sehr klug. Und sie soll eine Kämpferin sein und ziemlich geschäftstüchtig.«

»Ach, komm!« Benedikt winkte lässig ab. »Ich kenne nicht eine einzige schöne Frau in ihrem Alter, die nicht lieber shoppen oder auf Partys geht, als den ganzen Tag in einem Büro zu sitzen und sich mit den Problemen herumzuschlagen, die eine Firmenleitung mit sich bringen.«

»Vielleicht lernst du bald schon eine solche kennen«, meinte sein Bruder trocken und sah ihn mit ironischem Lächeln an.

»Blödsinn! Du willst mir doch nicht etwa erzählen, dass ich diese Brauerei nicht übernehmen werde?« Benedikt lachte schallend auf. »Diese … diese Julia Auersbacher hat doch bisher keinerlei praktische Erfahrung in dieser Branche gesammelt. Und wenn sie sich erst einmal mit den Geschäftszahlen befasst, dann wird sie schon einsehen, dass es besser wäre, an uns zu verkaufen.«

***

Julia Auersbacher hatte in der Villa ihres Großvaters in Grünwald wieder ihre kleine Einliegerwohnung bezogen, in der sie seit ihrem achtzehnten Lebensjahr gewohnt hatte. Auf Anhieb fühlte sie sich auch nach den zwei Jahren Abwesenheit dort wieder zu Hause.

Erna Huber verwöhnte die junge Frau, wie sie es früher getan hatte – froh und glücklich, dass wieder ein bisschen Leben in die vielen stillen Räume gekommen war. Denn nachdem es Hans Auersbacher mit jedem Tag besser ging, gewann auch Julia spürbar mehr an Lebensfreude zurück. Ihre braunen langen Haare glänzten wieder, ihre seegrünen Augen leuchteten offen in die Welt. Sie strahlte Energie und Lebenslust aus.

Am dritten Tag nach ihrer Rückkehr in die Heimat fuhr sie nach dem Besuch bei ihrem Großvater zum Tegernsee, wo Hans Auersbacher ein Segelboot liegen hatte.

Es war ein Sommertag, der schöner nicht hätte sein können. Die klare Luft verwandelte die Landschaft in ein Postkartenidyll. Das Land breitete sich blühend und leuchtend zu beiden Seiten der Landstraße aus. In den sattgrünen Wiesen lag hier und da ein Bauernhaus, von dessen Balkonen rote Geranien flossen. Goldene Zwiebeltürme kleiner, weißer Kapellen glänzten in der Sonne. Und im Hintergrund malten sich die Zacken der Berge in den azurblauen Himmel.

Als Julia die schmale, gewundene Straße hinunterfuhr und unten im Tal der Tegernsee vor ihr auftauchte, fühlte sie Ruhe und Frieden in sich aufkommen.

Wie sehr hatte sie ihre Heimat vermisst! Es hatte so kommen müssen, zumal sie vor zwei Monaten in England eine Liebesbeziehung beendet hatte. Der junge Mann hatte sie mehrmals betrogen. Schnell hatte sie sich von dieser Enttäuschung erholt, denn im Nachhinein musste sie feststellen, dass er doch nicht die große Liebe für sie gewesen war.

Zurückgeblieben war eine misstrauische Haltung gegenüber allzu gutaussehenden, erfolgreichen und charmanten Männern. Aber zunächst hatte Julia sowieso nicht im Sinn, eine neue Beziehung zu beginnen. Jetzt galt es erst einmal, sich in die Leitung der Brauerei einzuarbeiten.

Die Sonne malte eine goldflimmernde Straße auf die Wasseroberfläche des Tegernsees. Die weißen Segel der Boote funkelten in der Sonne. Bei diesem Anblick überfiel Julia plötzlich die Lust auf eine Segelpartie. Dadurch abgelenkt bemerkte sie den Geländewagen am Straßenrand erst viel zu spät. Der silberne Jeep nahm fast ihre gesamte Fahrspur ein, sodass sie ihr Steuer nach links herumreißen musste, um ihm in letzter Sekunde noch ausweichen zu können.

Bremsen quietschten auf, Julias Cabrio brach zur Seite aus und landete schließlich schlitternd im Straßengraben, die Kühlerhaube in einem sonnengelben Ginsterbusch vergraben, das rechte Hinterrad in der Luft drehend.

Nachdem sich Julia von dem ersten Schreck erholt hatte, begann sie zu schimpfen.

»So eine Frechheit!«, rief sie voller Zorn aus. »Wie kann man nur an so einer unübersichtlichen Stelle parken!«

Das konnten doch nur irgendwelche Touristen sein, die sich in der Gegend nicht auskannten!

Sie legte den Rückwärtsgang ein und gab Gas, in der Hoffnung, sich so aus dieser misslichen Lage befreien zu können. Doch die Räder ihres Wagens drehten nur auf der Stelle durch. Ihr war klar, dass sie ohne Hilfe aus dem Graben nicht mehr herauskommen würde.

Wo, zum Teufel, war denn nur dieser Jeepfahrer, der sie in diese Situation gebracht hatte?, fragte sie sich wütend.

Sie drehte sich um. Da sah sie einen hochgewachsenen, schlanken Mann auf sich zulaufen. Ihre Augen weiteten sich ungläubig. Der Mann war der Casanovatyp, den sie vor dem Kaufhaus in München kennengelernt hatte!

»Sind Sie verrückt?«, fauchte sie ihn an, als er sie erreicht hatte. »Wie kann man nur so dämlich parken? Ihr blöder Jeep ist an dieser Stelle ein Verkehrshindernis! Ich hätte … ich könnte tot sein, wenn mein Cabrio sich überschlagen hätte.«

Allein die Tatsache, dass sie mit ihrem Auto so hilflos im Graben hing und zu ihm aufsehen musste, passte ihr ganz und gar nicht. Dieser Umstand stachelte ihren Ärger nur noch mehr an.

Der attraktive Fremde war unter seiner Bräune ganz blass geworden. Seine stahlblauen Augen, die Energie und Durchsetzungsvermögen verrieten, sahen sie mit einem Ausdruck höchster Verwunderung sowie Betroffenheit an.

»Sie?«, fragte er zuerst erstaunt.

»Sind Sie von der Stadt München auch dafür angestellt worden, Verkehrsunfälle zu verursachen?«, spottete sie.

Über das markant geschnittene Männergesicht glitt ein amüsiertes Lächeln. Dann entschuldigte er sich sofort mit seiner tiefen, leicht kratzig klingenden Stimme: »Es tut mir leid, wirklich.«

Seine Stimme bescherte Julia auch jetzt wieder eine Gänsehaut, wie sie sich für den Bruchteil einer Sekunde eingestehen musste. Doch sofort wieder siegte ihre Verärgerung über dieses wohlige Gefühl.

»Dass es Ihnen leidtut, reicht nicht«, erwiderte sie streng. »Helfen Sie mir lieber hier raus. Ich habe eine Verabredung, die ich nur ungern verpassen möchte.«

Das war ein wenig geflunkert, denn sie wollte, auf Wunsch ihres Großvaters, nur im Jachthafen nach dem Rechten sehen. Aber dieser Mann hatte es verdient, ein noch schlechteres Gewissen zu bekommen.

»Natürlich«, erwiderte er hastig. »Es … es tut mir wirklich leid. Ich hatte nur Motoröl nachfüllen müssen. Laut Anzeige …«

»Also – können wir jetzt?«, fragte Julia betont schnippisch, was sonst gar nicht ihre Art war. Aber der tiefe Blick aus den stahlblauen Männeraugen verunsicherte sie.

Der Jeepfahrer nickte, drehte sich um und lief zu seinem Auto zurück, das hinter der Kurve stand.

Julia sah ihm mit gemischten Gefühlen nach. Welch ein Mann!, musste sie sich unwillig eingestehen und stellte zu ihrer Verblüffung fest, wie ihr Herz schneller schlug. Dann schüttelte sie energisch den Kopf.

Jetzt sah sie den silbernen Geländewagen im Rückspiegel auftauchen und wurde, Gott sei Dank, von ihren Gedanken abgelenkt. So fachmännisch, als zöge er jeden Tag irgendein Fahrzeug aus dem Graben, befreite der Fremde ihr Cabrio aus der Böschung. Und als Julia wieder mit allen vier Rädern auf der Straße stand, stieg sie aus, um ihr Auto in Augenschein zu nehmen. Sie konnte keine Beule feststellen.

»Na ja«, meinte sie, schon wieder etwas versöhnt. »Das ist ja noch mal gutgegangen.«

»Ich komme natürlich für alle Schäden auf«, versicherte ihr der Mann eilfertig. »Hier!« Er zückte eine Visitenkarte aus seinem Portemonnaie und reichte sie ihr. »Rufen Sie mich an, falls Sie doch noch Kratzer finden sollten.« Sein intensiver Blick machte sie nervös, zumal er viel zu lange an ihren hübsch geformten, braun gebrannten Beinen hängen blieb. »Sie können mich auch anrufen, wenn Sie keine Kratzer gefunden haben«, fügte er mit verwegenem Lächeln hinzu.

Er flirtete mit ihr! Da gab es für Julia gar keinen Zweifel.

Einen Augenblick lang standen sie einfach nur so da. Es war, als wären sie plötzlich allein auf der Welt. Nur sie beide und das leise Rauschen des Spätsommerwindes, der mit den Blättern der Buchen über ihnen spielte.

Julia spürte ein Prickeln in sich aufsteigen. Aufregend! Viel zu aufregend, wie sie fand. Es fiel ihr schwer, sich von dem Blick des gut aussehenden Jeep-Fahrers loszureißen.

»Ich glaube, das ist nicht nötig«, sagte sie förmlich. Und zum Beweis dafür, dass für sie die Sache nun endgültig erledigt war, zerriss sie die Visitenkarte vor seinen Augen, ohne einen Blick auf sie geworfen zu haben. »Ich muss jetzt weiter«, fügte sie hinzu, zwang sich zu einem huldvollen Lächeln und stieg in ihr Cabrio.

Ohne den attraktiven Mann, der es fertiggebracht hatte, ein Chaos in ihrem Herzen zu veranstalten, noch einmal anzusehen, fuhr sie weiter die Straße zum Tegernsee.

***

Als Julia an ihrem ersten offiziellen Arbeitstag in der Brauerei das Vorzimmer der Chefetage betrat, wurde sie von der Sekretärin ihres Großvaters herzlich begrüßt, wie eine Tochter, die nach langer Zeit den Weg nach Hause gefunden hatte. Die ältere Dame führte sie ins Chefbüro.

Früher hatte Julia diesen Raum geliebt. Ein riesiges Zimmer mit hohen Decken, knirschenden Holzdielen und sandfarbenen Wänden, die zur Hälfte mit dunkler Mooreiche getäfelt waren. Über einer antiken Truhe hing ein altes Schwarz-Weiß-Foto in einem schlichten Rahmen, das das Gebäude der Brauerei zur Gründungszeit zeigte.

Julia musste lächeln, als sie sich daran erinnerte, wie sie sich als kleines Mädchen oft unter dem wuchtigen Schreibtisch aus Wallnussholz in der Mitte des Zimmers versteckt hatte. Sie seufzte kaum hörbar auf. Denn heute erschien ihr das Büro nicht nur zu dunkel, sondern auch zu unpraktisch.

»Ich brauche dringend einen neuen Computer und einen schnellen Internet-Anschluss«, sagte sie zu Hildegard Pichler. »Können Sie das in die Wege leiten? Und bis dahin hätte ich gern eines der anderen Büros.«

»Natürlich«, erwiderte die Sekretärin beflissen.

Man sah ihr an, dass sie etwas verunsichert war. Sie hatte Julia schon als Kind nur als Enkelin ihres Chefs gekannt, und jetzt sollte die junge Frau ihre Vorgesetzte sein?

Hildegard Pichler ging quer durch den Vorraum, von dem mehrere Türen abgingen, öffnete eine von ihnen und schob sie so weit auf, dass Julia sich ungehindert in dem Zimmer umsehen konnte.

»Ist dieser Raum recht?«

Julia lächelte sie dankbar an. »Ja. Hier kann ich besser arbeiten.« Sie trat an den modernen, funktionalen Schreibtisch, auf dem ein Flachbildschirm stand. An dem grünen Lämpchen erkannte sie, dass er eingeschaltet war. Sie sah die Sekretärin bittend an. »Ich möchte so schnell wie möglich die Bilanzen der vergangenen drei Jahre haben. Einnahmen, Ausgaben, Umsätze, Gewinne und eine Statistik, welche Biersorten sich besser, beziehungsweise schlechter verkauft haben. Dazu brauche ich auch die Personalakten aller Angestellten. Auch die von Peter Seidemann«, fügte sie mit bedeutsamen Blick hinzu.

Hildegard Pichler schluckte, sichtlich beeindruckt vom Arbeitseifer der jungen Frau. Sie nickte und sagte hastig: »Ich werde gleich alles veranlassen, Frau Auersbacher. Einen Kaffee?«

Julia sah sie verblüfft an und lachte herzlich.

»Frau Auersbacher?«, fragte sie dann mit warmem Blick. »Für Sie bin ich immer noch die Julia«, fügte sie augenzwinkernd hinzu.

»Aber nur, wenn wir allein sind«, erklärte Frau Pichler. »Vor den anderen sieze ich dich lieber. Das macht sich besser.«

***

Während sich die Sekretärin im Vorzimmer um alles kümmerte, machte sich Julia mit den anstehenden Aufgaben vertraut.

Als Hildegard Pichler den Kaffee brachte, war sie schon mitten in der Arbeit. Am Nachmittag übergab sie der Sekretärin eine Liste der notwendigsten Dinge, die so schnell wie möglich erledigt und besorgt werden mussten. Danach widmete sie sich den Bilanzen, die in den grauen Ordnern auf sie warteten.

Zwei Tage und ein paar Nachtstunden verbrachte sie damit, sich durch die Belege zu arbeiten. Danach konnte sie sich ein Bild von der wirtschaftlichen Situation der Brauerei machen. Dieses Bild verschlug ihr den Atem, denn das Familienunternehmen stand kurz vor dem Ruin.

Völlig erschöpft ließ Julia den Kopf auf die Arme sinken.

Wie hatte ihr Großvater das bloß übersehen können?, fragte sie sich ungläubig. Hatte er die gesamte Verantwortung für die Brauerei Peter Seidemann überlassen und sich um nichts mehr gekümmert? Und warum hatte der Prokurist seinem Chef die Notlage nicht längst geschildert? Hatte er ihren Großvater schonen wollen?

Julia stand vor einem Rätsel. Jetzt galt es, dieses Rätsel zu lösen. Aber nicht nur das. Sie musste alles daransetzen, den Betrieb wieder in die schwarzen Zahlen zu führen. Nicht nur ihre Existenz und die ihres Großvaters hing daran, sondern auch die der Angestellten.

Ob ihr das gelingen würde?

Zu dieser späten Abendstunde zweifelte Julia daran.

***

Am nächsten Morgen rief die junge Firmenchefin für den frühen Nachmittag eine Betriebsversammlung ein.

Alle Mitarbeiter kamen und starrten die junge Frau mit dem glänzenden, langen braunen Haar an, die in dem taillierten, dunklen Kostüm noch zierlicher wirkte, als sie war.

Julia saß am Kopfende des langen Konferenztisches. Sie wirkte freundlich, ruhig und gelassen. Der sanfte Glanz in ihren seegrünen Augen täuschte jedoch. Wer genauer hinsah, erkannte den Ausdruck von Entschlossenheit darin. Und es gab einen unter den Anwesenden, der ganz genau hinsah: Peter Seidemann.

»Ich möchte Sie alle herzlich begrüßen«, eröffnete Julia mit ihrer weichen, melodisch klingenden Stimme die Sitzung und sah dabei einen nach dem anderen an. »Einige von Ihnen kennen mich ja bereits von früher. Andere haben angefangen, nachdem ich vor zwei Jahren nach England gegangen bin. Ihnen möchte ich mich jetzt vorstellen: Ich bin Julia Auersbacher, die Enkelin Ihres Chefs. Seit gestern bin ich bis auf Weiteres die Leiterin der Brauerei, und ich hoffe, dass wir alle gut miteinander auskommen und dass Sie mit mir zufrieden sein werden«, fügte sie mit einem verschmitzten Lächeln hinzu.

Natürlich hatten die Angestellten so etwas munkeln hören. Trotzdem kam jetzt ein unruhiges Raunen im Raum auf. Dann sahen alle wieder die Rednerin erwartungsvoll an.

Julia machte es kurz.

»Wie die Zahlen der Brauerei unmissverständlich ergeben, steuern wir auf den wirtschaftlichen Abgrund zu – wovon mein Großvater bis jetzt noch nichts weiß«, fügte sie mit einem langen Blick auf Peter Seidemann hinzu. Dann fuhr sie fort: »Wenn es so weitergehen würde, müsste ich in kürzester Zeit die meisten von Ihnen entlassen und die Brauerei schließen. Deshalb möchte ich Sie alle bitten, mitzuarbeiten, um diese Entwicklung aufzuhalten. Um aus den roten Zahlen wieder herauszukommen, müssen wir einiges verändern.«

Sie legte eine bedeutungsvolle Pause ein, in der sie wieder den Prokuristen lange ansah, der ihr bisher stumm am anderen Ende des langen Tisches gegenübergesessen hatte.

»Wir müssen mehr Werbung machen, an den Verpackungen, beziehungsweise an den Aufklebern der Flaschen etwas verändern und neue Produkte ins Sortiment aufnehmen, damit wir neue Kundenschichten erobern und dadurch den Absatz wieder steigern können.«

Julia las von ihrem Notizzettel tausend Ideen vor, die den Leiter der Marketingabteilung geradezu überschwemmten. Stumm und wie zur Salzsäule erstarrt, saßen alle auf ihren Plätzen, überwältigt von dem Tempo, das die neue Firmenchefin vorlegte. Eins begriffen sie jedoch alle: Die ruhigen Zeiten waren vorbei.

Nach zwei Stunden entließ Julia ihre Angestellten mit der Bitte: »Überdenken Sie meine Anregungen! Ich erwarte von Ihnen bis Ende dieser Woche zu diesen Punkten konkrete Vorschläge. In schriftlicher Form bitte.«

Als Peter Seidemann das Konferenzzimmer verlassen wollte, rief Julia ihm zu: »Herr Seidemann – einen Moment bitte noch.«

***

»Ich würde gern in meinem Büro mit Ihnen sprechen«, sagte Julia freundlich zu dem Mann, der um die vierzig war.

Peter Seidemann war eine blasse Erscheinung mit bereits schütterem, blondem Haar, weißblonden Brauen und wasserhellen Augen, von denen das rechte leicht zuckte.

Julia kannte ihn nicht anders als in seinem grauen Anzug, dem weißen Hemd und einer dunkelblauen Clubkrawatte. In den zehn Jahren, in denen der Prokurist in der Auersbacher Brauerei arbeitete, hatte er sein Privatleben unter Verschluss gehalten. Hans Auersbacher wusste nur, dass Peter Seidemann ungebunden war und bei einer alten Tante lebte.

Der Prokurist folgte nun der jungen Firmenchefin ins Büro ihres Großvaters, das inzwischen über alle technischen Geräten verfügte, die sich Julia gewünscht hatte.

»Bitte, setzen Sie sich.« Sie bot ihm den Besuchersessel vor dem wuchtigen Schreibtisch an und kam sofort zum Thema. »Wie ist es möglich, dass die Brauerei in eine solche Krise geraten ist, ohne dass mein Großvater darüber Bescheid weiß?«, fragte sie Peter Seidemann frei heraus und sah ihn durchdringend an.

Der Prokurist hielt ihrem Blick stand, während er ruhig und leise, wie es seine Art war, antwortete: »Ich wollte Ihren Großvater schonen.«

»Schonen?« Julia lachte kurz und hart auf. »Was glauben Sie, wie mein Großvater reagieren würde, wenn er heute davon erfahren würde, dass er fast bankrott ist? Er würde den nächsten Infarkt bekommen, so sehr würde er sich darüber aufregen, dass Sie ihm verschwiegen haben, wie es um sein Unternehmen steht. Und ob er diesen Schock überstehen würde …«

Sie schluckte aufgeregt. Dann atmete sie einmal tief durch und versuchte, sich innerlich wieder zu sammeln.

»Ich habe noch keine Zeit gehabt, mit dem Steuerberater über die gegenwärtige Lage der Brauerei zu sprechen oder die Bilanzen ein zweites Mal gründlicher durchzusehen. Doch eins weiß ich jetzt schon. Irgendetwas kann daran nicht stimmen. Das sagt mir mein Gefühl.«

Die hellblonden, dünnen Brauen des Prokuristen schnellten in die Höhe.

»Gefühl?« Peter Seidemann lächelte Julia ironisch an. »Hier geht es um Zahlen, Frau Auersbacher, nicht ums Gefühl.«

Die junge Frau schnappte unwillkürlich nach Luft. Wie konnte dieser Kerl, der bisher die Verantwortung für die Brauerei getragen hatte, so unverschämt antworten?

»Und warum haben Sie nichts dafür getan, dass aus den roten Zahlen schwarze wurden?«, fragte sie in scharfem Ton zurück. »Und das bereits vor einem Jahr, als es noch einfacher gewesen wäre, das Ruder herumzureißen?«

»Nun beruhigen Sie sich«, lenkte Peter Seidemann ein. »Ich stehe kurz vor dem Abschluss einer Übernahme. Der Käufer ist bereit – trotz der finanziellen Schieflage – eine erstaunlich hohe Summe für die Brauerei zu zahlen.«

»Wie bitte?« Julia sprang auf und starrte den Prokuristen an. »Höre ich richtig? Übernahme? Sie denken an einen Verkauf?«

»Ja. Die Sache ist so gut wie unter Dach und Fach. Ich hatte Ihrem Großvater an dem Tag, als er den Infarkt bekommen hat, darüber berichten wollen.«

Julia ließ sich wieder in den Schreitischsessel sinken.

»Und wer will die Brauerei kaufen?«, fragte sie völlig verwirrt.

»Die Scharrenberger Getränke GmbH. Ich habe schon mehrere Gespräche mit Benedikt Scharrenberger geführt. Er ist bereit …«

»Das kommt überhaupt nicht infrage«, unterbrach Julia ihn barsch. »Die Brauerei ist ein Familienunternehmen. Sie ist seit über einem Jahrhundert in der Hand der Auersbacher. Nie und nimmer werde ich zulassen, dass sie verkauft wird.«

Und schon mal gar nicht an diesen Typen, fügte sie im Stillen hinzu.

Sie kannte Benedikt Scharrenberger zwar nicht persönlich, aber er war in der Münchner Gesellschaft nur allzu gut bekannt als knallharter Geschäftsmann und Frauenheld, der den Frauen zudem auch noch die Fähigkeit absprach, sich in leitenden Positionen behaupten zu können. Bei der Vorstellung, dass die Brauerei einem solchen Geschäftshai in die Hände fallen würde, drehte sich ihr fast der Magen um.

»Ich verstehe Ihren Wunsch, den Betrieb zu reformieren und zu retten«, sagte Peter Seidemann jetzt in ihre Gedanken hinein. »Doch wenn wir einen so hohen Verkaufspreis erzielen könnten, frage ich mich tatsächlich, ob es nicht besser wäre, das Unternehmen abzugeben. Ihr Großvater wird in Zukunft immer weniger arbeiten können. Und Sie …« Seine zweifelnde Miene sprach Bände.

Er schien der jungen Firmenchefin nicht zuzutrauen, die Brauerei leiten zu können.

»Und ich bin, Ihrer Meinung nach, nicht dazu fähig, den Betrieb zu retten. Das meinen Sie doch, oder?«, fragte Julia, und ihre Augen blitzen ihn dabei angriffslustig an.

»So wollte ich es nicht ausdrücken …« Der Prokurist wand sich sichtlich.

»Herr Seidemann«, hob Julia mit Nachdruck in der Stimme an, »die Auersbacher Brauerei wird nicht verkauft. Basta! Sie ist mein Erbe, meine Existenz. Ich werde alles daransetzen, sie zu sanieren. Sie können entweder dabei mithelfen, und zwar nach meinen Regeln, oder Sie lassen es. Ich verzichte nur ungern auf einen erfahrenen Mitarbeiter wie Sie, aber ich brauche jetzt starke und vertrauenswürdige Verbündete, auf die ich mich hundertprozentig verlassen kann. Überlegen Sie sich bis nächste Woche Freitag, ob Sie in dieser Sache mit mir an einem Strang ziehen wollen oder nicht. Wenn nicht, müssen wir beide uns trennen.«

Sie erhob sich als Zeichen dafür, dass sie die Besprechung als beendet ansah.

Peter Seidemann stand ebenfalls auf. Sie konnte den Blick aus den wasserhellen Männeraugen, der zwei, drei Atemzüge lang auf ihrem Gesicht lag, nicht deuten. So, wie sie den ganzen Mann nicht durchschauen konnte.

Sie wusste nur eins: Peter Seidemann war ihr nie besonders sympathisch gewesen. Und sie hatte noch niemals richtig verstehen können, dass ihr Großvater vor sieben Jahren diesem undurchschaubaren Menschen einen so verantwortungsvollen Posten überlassen hatte. Damals war Hans Auersbacher Mitte sechzig gewesen und noch kerngesund.