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Das Buch erzählt aus der Zeit, in die die Kindheit und Jugend des Autors fiel, vom Beginn der Erinnerungen bis zum 18. Lebensjahr (1940 bis 1958). Es waren dies interessante und bewegte Jahre, anfangs noch die des zweiten Weltkrieges, später die des Wandels, in denen die bürgerlich-christlich geprägte Gesellschaft in eine sozialistische überführt werden sollte. Der Ort der Handlung ist ein abgelegener Winkel Deutschlands, ein Dorf im oberen Erzgebirge. Zunächst wird das Dorf selbst, das traditionelle Leben mit den typischen Gepflogenheiten, Sitten und z. T. auch recht außergewöhnlichen Bräuchen geschildert. Dabei war das Pfarrhaus, das Heim des Erzählers, nicht nur das topographische Zentrum des Ortes, sondern auch ein solches in übertragenem Sinne, es flossen dort viele Informationen zusammen und es begannen sich dort auch bald die ideologischen Auseinandersetzungen mit der „Neuen Zeit“ abzuzeichnen. Im weiteren Verlauf kommt es zur Erzählung verschiedener Anekdoten und oft zum Schmunzeln verleitender Begebenheiten, die die drei miteinander aufwachsenden Geschwister und deren Freunde (auch Freundinnen) betrafen: einerseits solche, wie allgemein unter Kindern oder Jugendlichen üblich, andererseits aber vor allem jene, die durch die besonderen Umstände und Lebensformen einer anderen Ära bedingt waren. Die Probleme werden vor dem Juniaufstand 1953 und schließlich mit dem Eintritt in die Oberschule drängender. Die ideologischen Auseinandersetzungen mit der marxistisch-materialistischen Doktrin derer, die die Macht inne hatten, nehmen Gestalt an, es kommt bereits damals zu oppositionellen Aktionen, die nicht ohne Konsequenzen blieben und in deren Folge dann die Ereignisse ihren Höhepunkt und ihre Lösung in einer abenteuerlichen Republikflucht erreichen und damit das Ende der Kindheit bzw. Jugendjahre markieren. Ja, es gab Bitterstoffe in einigen der Früchte des Pfarrgartens. Und trotzdem ist diese Zeit die schönste aller nur denkbaren Kindheiten und Jugendzeiten zumindest aus der Sicht und Erinnerung des Autors gewesen und geblieben.
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Seitenzahl: 112
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Impressum
Gottfried Horbaschk, »Holzäpfel im Pfarrgarten«
www.edition-winterwork
© 2014 edition-winterwork
Alle Rechte vorbehalten
Umschlag: edition winterwork
Holzäpfel im Pfarrgarten
Gottfried Horbaschk
Vorwort
Dies ist die Geschichte meiner Kindheit und Jugend im Erzgebirge von 1940 bis 1958, wie ich sie in Erinnerung habe. Ich habe mich bemüht, einen wahren Bericht zu erstellen, nichts hinzuzufügen und nichts, was – natürlich insbesondere für mich – wichtig war, wegzulassen. Dass es sich um eine subjektive Betrachtungsweise der Dinge handelt, liegt in der Sache selbst und ist nicht anders zu bewerkstelligen.
Auch gerade aus heutiger Sicht war es eine interessante und bewegte Zeit, eine Zeit des Wandels und des Umbruchs, in der jahrhundertealte Traditionen, wie sie vor allem in der hier zu beschreibenden Gegend noch üblich waren, zur Neuen Zeit wechselten. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs und nach dem furchtbaren Krieg war es eine Zeit des Suchens, in der der Wettstreit um die bessere Gesellschaftsordnung, das bessere System, ausgetragen wurde und wir als Zeugen und Betroffene mittendrin waren.
Andererseits erlaubte uns die abgeschiedene Lage, das Zeitgeschehen quasi von einer Tribüne herab zu betrachten und zu erleben.
Ein Waldhufendorf ist eine historisch durch Rodung entstandene ländliche Siedlungsform im Sinne eines Reihendorfes. Meist folgt es einem Bach- oder Flussbett, in dem in lockerer Folge rechts und links von dem Weg oder der Straße die Gehöfte errichtet wurden, ausreichend weit voneinander sowie vom Bach und von der Straße entfernt. Senkrecht zum Verlauf der Siedlung schließt sich jeweils ein breiter Streifen Land an die Hoflage des Anwesens als eigene Hufe an, so viel Land, wie der Bauer und seine Familie bewirtschaften konnten. Dazu gehört ein eigener Feldweg, der oft zum Nachbarn hin durch eine Steinhecke begrenzt ist. Jede Hufe erstreckt sich in der Regel mehr oder weniger ansteigend bis zum Wald, von welchem der Hofbesitzer den in der Flucht seines Acker- und Wiesenlandes liegenden Teil ebenfalls sein Eigen nennen konnte.
Ein typisches Dorf dieser Art war Hermannsdorf und ist es in seiner Grundkonzeption bis heute geblieben.
Die Zschopau – die Namen mit den vielen Zischlauten sind wendischen Ursprunges – ist ein munterer Gebirgsfluss mit steinigem, zum Teil auch felsigem Flussbett. Seine Ufer sind von Büschen und Bäumen gesäumt und von schmalen, grünen Wiesen umgeben. Je nach Windung des Flussbetts grenzt die Zschopau manchmal auch direkt an den Wald und durchfließt in dem hier zu beschreibenden Bereich eben die Fünfhundert-Meter-Höhenlinie.
Aus ihrem Tal zieht sich Hermannsdorf, zuerst über eine aus groben Steinen gemauerte Brücke, gut zwei Kilometer dem Dorfbach und daneben der Straße folgend, mal mehr mal weniger ansteigend, rechts und links eingebettet in sanfte Höhenzüge, hinauf bis zum Hundsrück, einem bewaldeten Bergrücken auf fast siebenhundert Metern Höhe. Das Letzte zum Dorf gehörende Gut liegt etwas abseits direkt am Waldrand, und hinter den ausgedehnten Fichtenwäldern gab es nur noch die auf Waldwegen zu erreichenden »Hermannsdorfer Wiesen«. Nicht nur wegen ihrer abgelegen Lage und – wie man heute sagen würde – extensiven Bewirtschaftung, sondern auch wegen allerlei seltener Pflanzen, u. a. der fleisch-, besser insektenfressenden Blume Sonnentau, die angeblich fast nur noch hier vorkommt, erfreuten sich diese bei Botanikern und Naturliebhabern schon damals einiger Bekanntheit.
Dort oben am Ende des Ortes hat man einen herrlichen Ausblick auf den gesamten Erzgebirgskamm, und hier endete auch die Dorfstraße, die zur damaligen Zeit als Stein- und Erdstraße ausgebaut war. Auch alle übrigen Wege, insbesondere jene, die zu den Bauernhäusern führten, waren solcher Art oder auch oft nur mit Gras bewachsener, festgetretener Naturgrund. Durch ihre Nutzung mit Ochsen- und Pferdegespannen wiesen sie die üblichen zwei Radspuren auf, die je nach Bodenbeschaffenheit und Nutzung von beträchtlicher Tiefe sein konnten.
Fast gegensätzlich zu der Beschaffenheit der Wege handelte es sich bei den Gebäuden zum größten Teil um ausgesprochen stattliche Fachwerkgehöfte. Meist waren sie schon mehrere hundert Jahre alt. Typischerweise waren sie zumindest an einer Seite im Obergeschoss mit Holz verschalt. Die große Wohnküche und die gute Stube lagen nebst Wirtschaftsräumen und den Ställen für Rinder und Pferde im Erdgeschoss. Die Schlafzimmer und Kammern dagegen befanden sich im Obergeschoss, was sich wegen der aufsteigenden Wärme, u. a. aus dem Stall, in den langen und oft sehr harten Wintern als äußerst nützlich erwies. Die Scheune schloss bei den kleineren und mittleren Anwesen direkt an den Stall an, bei den größeren stand sie frei und im rechten Winkel zum Haupthaus und betonte damit den Hofcharakter.
Unterm Dach des Wohnhauses schlossen sich auf mehreren Böden Speicherplätze für Heu und Holz an. Eine Umzäunung war, abgesehen von dem kleinen Gemüsegarten, nicht üblich. So lagen die Höfe frei im Wiesenland eingebettet, in ordentlichem Abstand voneinander und auch ein gutes Stück von der Straße entfernt. Direkt an der Straße hingegen befanden sich die kleineren, nicht so alten Wohnstätten der sogenannten Häusler und Handwerker sowie öffentliche Einrichtungen.
Die Zschopaubrücke war der Übergang zur großen weiten Welt. Wenn man sie vom Dorf aus überquert hatte, kam man auf eine Landstraße II. Ordnung. Ursprünglich war sie einmal als Teerstraße ausgebaut worden, mittlerweile überwogen allerdings die Stellen ohne Asphaltbelag und mit großen Schlaglöchern. Dort brachte ein Bus die Dorfbewohner in die Kreis- und Bergstadt Annaberg. Am frühen Morgen ging es los, gegen Abend zurück.
Außer dem nicht unüblichen Fußmarsch in die umliegenden Ortschaften oder Städte – für Annaberg zum Beispiel musste man mehr als zwei Stunden über Berg und Tal ansetzen – gab es zwei weitere Verkehrsanbindungen. Die aus leicht nachvollziehbaren Gründen am wenigsten genutzte war der Eisenbahnhaltepunkt mit dem Namen Hermannsdorf. Zu ihm führte vom oberen Dorf aus ein ruppiger, notfalls auch befahrbarer Weg, der zu Fuß in knapp einer Stunde zu bewältigen war. Der Dampfzug, eine Tenderlok mit zwei Waggons einschließlich Gepäckabteil, verkehrte zweimal täglich, morgens sehr zeitig und abends, endete allerdings im nächsten Ort. Ab da waren die Geleise nach dem Krieg im Zuge von Reparationsleistungen an die Russen abgebaut worden. In der noch befahrbaren Richtung erreichte man über einen großen Bogen ebenfalls Annaberg.
Eine ab Dorfmitte etwas raschere und deswegen häufiger genutzte Möglichkeit, ein Verkehrsmittel zu erreichen, war die Schmalspurbahn im Nachbarort Tannenberg. Für Fahrschüler war dieser heute noch anderen Orts als Museumseisenbahn genutzte Zug, die »Bimmelbahn«, eine echte Alternative, verkehrte sie doch auch mittags. Allerdings war man zur Schule in Annaberg mit Umsteigen und einer Strecke zu Fuß auch mehr als zwei Stunden unterwegs. Jeder Wagen hatte einen Perron an beiden Enden, war mit gelben Holzbänken, einem Ofen und einem Toilettenhäuschen im Abteil ausgestattet. Der Fußmarsch zum Haltepunkt Obertannenberg führte über Feld- und Waldwege, zum Teil direkt über Wiesen und Äcker, u. a. als Trampelpfad diagonal durch ein hohes Roggenfeld, und war sehr romantisch im Sommer, im Winter weniger.
Der gut zwei Kilometer lange Ort lässt sich, obwohl die Besiedelung durchgehend und einigermaßen gleichmäßig erfolgt war, in drei Abschnitte aufteilen: das Unterdorf, die Dorfmitte und das Oberdorf.
Fast ein jeder, der Hermannsdorf betritt, tut dieses über die schon genannte Zschopaubrücke und kommt zunächst in das Unterdorf. Rechter Hand der Brücke steht die »Talmühle«, ein breit angelegter Fachwerkbau mit gleichnamigem Gasthaus und Mühle. Auf halber Stockwerkshöhe liegt das Tor, davor eine überdachte Rampe, auf welche der über und über mit Mehl bestäubte Müller heraustrat, sobald ein Pferde- oder Ochsenfuhrwerk, manchmal auch ein mit Pferd und Ochsen bespannter Wagen, vorfuhr. Er nahm die mit Korn gefüllten groben Leinensäcke entgegen und gab das in feinere Säcke abgefüllte Mehl heraus.
Eine weitere Mühle, die von einem noch erhaltenen Teich gespeist wurde, war die »Ölmühle«. Sie hatte zur Verarbeitung von Leinsamen gedient, wurde zu der Zeit jedoch schon nicht mehr als solche genutzt. In unmittelbarer Umgebung gab es noch zwei bescheidene Industriebetriebe, eine kleine Posamentenfabrik und eine Produktionsstätte für Badesalze. Das wohlriechende, lila gefärbte Fichtensalz gab dem Badewasser eine rosarote Farbe und war neben den im Nachbarstädtchen Geyer hergestellten Seidenstrümpfen (mit damals modischer Naht an der Rückseite) einer der wenigen Artikel aus der Sowjetisch Besetzten Zone (SBZ), die auch bei Verwandten im Westen Anklang fanden. Mit solcherlei Waren konnte man sich bei ihnen erkenntlich für deren Wohltaten zeigen. Eine mechanische Werkstatt, dessen Inhaber den einzigen, zumindest zeitweise funktionierenden PKW des Ortes, einen Ford Modell K, besaß, ergänzte das kleine Wirtschaftszentrum. Jenseits der Brücke existierte eine Gemischtwarenhandlung, die zumindest zeitweise auch Schuhe im Sortiment führte.
Die weiteren Handwerksbetriebe und Läden standen verstreut im unteren und mittleren Ortsbereich. Es waren dies im Einzelnen eine Kohlenhandlung, zwei Schmieden (mit offenem Feuer und Blasebalg und dem Geruch nach verbranntem Pferde- oder Ochsenhuf), ein Fahrbetrieb mit einem LKW, auf dem an anderer Stelle noch einzugehen sein wird, zwei Tischler, ein Stellmacher, ein Schuster und ein Klempner. Bei Letzterem musste man immer wieder über Monate vorsprechen, um tropfende Wärmflaschen, Töpfe, die Zinkbadewanne und andere wichtige Haushaltsgegenstände reparieren zu lassen. Lötzinn war ein ausgesprochener Mangelartikel. Weiter gab es eine kleine Werkstatt »für alles«, deren Inhaber sich auch mit Elektroartikeln und Fahrrädern auskannte, und eine mechanische Strickerei.
Was die Händler betrifft, besaß Hermannsdorf einen Fleischer, zwei Bäcker und einen Milchladen. Dazu kamen drei kleinere Läden mit wechselndem oder besser gesagt selten ausreichendem Lebensmittelsortiment. Im Zentrum schließlich befand sich die kommerzielle Krönung des Ortes: Neben einer Heißmangel hatte »Max Mayer, Kolonialwaren« auch das Postamt im Hause. Würde man diesen Ort nur nach seinen Gerüchen beschreiben, fiele mir spontan Sauerkraut, gemischt mit Räucherfisch ein. Beides bewahrte man bei »Max Mayer, Konlonialwaren« in großen Holzfässern auf nebst den nötigsten Artikeln für das tägliche Leben. Diese konnten, falls gerade vorhanden, über einen glatten, hölzernen Ladentisch mit stolz darauf thronender Registrierkasse käuflich erworben werden.
Das eigentliche Ortszentrum war erstaunlicherweise frei von Gasthäusern. Die »Linde«, in der es schon im Hausflur bzw. an der Gassenschänke so gut nach abgestandenem Bier roch – dem berühmten »Wernergrüner Pilsener« – lag an der Grenze zum Unterdorf. Die »Schenk“ hingegen war an der Grenze zum Oberdorf angesiedelt. Offiziell hieß das gestandene Gasthaus »Sächsischer Hof«. Der Saal im ersten Stock war der Ort alles bedeutsamen gesellschaftlichen Lebens. Hier wurden politische Versammlungen abgehalten, auch schulische Veranstaltungen. Er diente Hochzeiten oder Jubelkonfirmationen, dem Kino, Theater und Tanz. Einmal im Jahr feierte man auf dem geräumigen Hof Kirmes. Dann waren dort zur Freude aller Kinder zwei Karussells, eine Luftschaukel sowie eine Schieß- und eine Losbude aufgestellt.
Das Oberdorf ist in meiner Erinnerung als das Ende der Welt haften geblieben. Die Höfe lagen von der dort endenden Straße weitab und einsam in den Wiesen, der Getreideanbau machte wegen der Höhenlage kaum noch Sinn. Natur und örtliche Gegebenheiten schienen auch die Menschen geprägt zu haben. Sie hielten ihre Türen immer gut verschlossen und kamen nur selten ins Ortszentrum, auch in der Kirche sah man sie so gut wie nie. Sie waren schüchtern und verschlossen, kaum kannten wir ihre Namen, manche nur mit Spitznamen. Es gab Alte, die weder schreiben noch lesen konnten, von dem dort aufkeimenden Okkultismus wird noch die Rede sein.
Etwas abseits der Ortsmitte gab es auch einen Gutshof, der mit seinem neobarock-klassizistischen Stil zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet worden sein musste, einschließlich einem kleinen, zu meiner Zeit bereits verwahrlosten Park und Teich. Im Obergeschoss befand sich ein Jagdzimmer, der Besitzer, ein Rechtsanwalt aus der Kreisstadt, war selten anwesend, und wenn, dann meist in betrunkenem Zustand. Das Gut war mit seinen 40 Hektar das größte des Ortes und wurde durch einen einheimischen Pächter bewirtschaftet. Sein ganzer Stolz waren drei Rotschimmel-Kaltblüter, die als einzige Pferde Hermannsdorfs mit Gummi bereifte Wägen zogen.
Die wirkliche topografische, optische, kulturelle und für den Ortscharakter bedeutsame Mitte war das geistige Zentrum mit Kirche, Pfarrhaus und zwei Schulen. Die Knabenschule stammt aus dem achtzehnten Jahrhundert und hatte im Erdgeschoss ein großes Klassenzimmer, darüber die Kantorenwohnung. Die andere Schule ist ein später errichteter L-förmiger Bau, der sich aber gut in das ländlich-barock geprägte Ortsbild einpasste und auf dem Walmdach im Winkel einen Turm mit Uhr trug.
Die Kirche ist ein gefälliger Bau im Rokokostil mit klassizistischem Eingangsteil und einem Dachreiter, stammt aus dem 18. Jahrhundert und steht heute zusammen mit Pfarrhaus und Knabenschule unter Denkmalschutz. Das Pfarrhaus stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und ist im Stil der großen örtlichen Fachwerkhäuser errichtet. Wie diese verfügte es über eine separat stehende Scheune und war mit Ställen, Gärten, einer großen Hufe Land und Wald ausgestattet. Es kam gegenüber der Straße ein umzäuntes Wiesengelände mit Obstbäumen hinzu, das vom Dorfbach durchflossen wurde und in das auch der kleine Pfarrteich eingebettet war. Früher hatte der Pfarrherr selbst das Gut bewirtschaftet und wahrscheinlich wurde diese Tradition peu à peu aufgegeben. Zu unserer Zeit waren Wald, Felder und Scheune bereits verpachtet.
In diesem schönen Pfarrhof erblickte ich am 26. Juli 1940 das Licht der Welt. Die Hebamme kam mit dem Fahrrad aus dem Nachbarort, die Geburt verlief bis auf eine kleine Verlängerung des Wochenbetts durch eine Beinvenenthrombose meiner Mutter komplikationslos. Auf Bildern erkennt man, wie glücklich meine Eltern waren, es war die mit Glück am meisten gesegnete Zeit in ihrem kurzen gemeinsamen Leben. In dem gleichen geräumigen Schlafzimmer wurden ein Jahr später mein Bruder Dieter und nach weiteren anderthalb Jahren meine Schwester Christine geboren.