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Die Reise «Das Wetter sollte schön sein.» Tim erinnert sich, wie die Gastgeberin des Monte Rosa, Madame Cossardeaux sagte: «Rufen Sie einfach an. Sie haben ja die Möglichkeit innert zwei Stunden hierher zu fahren.» Das ist so. Mit dem vor zwei, oder sind es mittlerweile schon drei Jahre her, seit der Lötschberg-Basistunnel eröffnet wurde? - ist die Fahrzeit von Thun nach Zermatt keine zwei Stunden. Das Umsteigen erfolgt neu in Visp und um jeweils einem Viertel nach jeder vollen Stunde ist der Bahnreisende in Zermatt. Abgemacht und bestätigt ist der Transfer vom Bahnhof ins Mont Cervin Palace. Doch am Bahnhof wartet weder das Kutschengespann, noch irgendwer vom Mont Cervin Palace ist auszumachen. Tim zu Clara: «Gehen wir zu Fuß.»
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Seitenzahl: 70
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Den Gastgebern des Hotels
Felsstück aufgelesen im Sommer 2013 auf der Wanderung von Blauherd nach Riffelalp
DIE REISE
DEN GÄSTEN GUTES TUN
VIERZIG – FÜNFZIG – SECHTZIG
MITTEN IM SOMMER
EIN WEITERES JAHR SPÄTER:
6. MÄRZ 2013
ANDRÉ & SIMONE SEILER – IHRE GASTGEBER
FRÜHLING
36. HOCHZEITSTAG
DIE WEINE IM MONTE ROSA
SOMMER 2015
AM 12. AUGUST 2015 – DER 37. HOCHZEITSTAG
ZERMATT – 3.– 13. MÄRZ 2016
DER ERSTE ABEND
ZERMATT – 6.–16. MÄRZ 2017
ZERMATT – 9.–11. AUGUST 2017
ZERMATT – 25. SEPTEMBER 2017
CLARA FÄHRT NICHT SKI
ZERMATT – 13.–16. MÄRZ 2018
CLARA’S GEBURTSTAG
ZERMATT – 11.–18. MÄRZ 2019
ZERMATT – 9.–11. AUGUST 2019
ZERMATT – 9.–16. MÄRZ 2020
ZERMATT – 11.–13. AUGUST 2020
«Das Wetter sollte schön sein.»
Tim erinnert sich, wie die Gastgeberin des Monte Rosa, Madame Cossardeaux sagte:
«Rufen Sie einfach an. Sie haben ja die Möglichkeit innert zwei Stunden hierher zu fahren.»
Das ist so. Mit dem vor zwei, oder sind es mittlerweile schon drei Jahre her, seit der Lötschberg-Basistunnel eröffnet wurde? – ist die Fahrzeit von Thun nach Zermatt keine zwei Stunden. Das Umsteigen erfolgt neu in Visp und um jeweils einem Viertel nach jeder vollen Stunde ist der Bahnreisende in Zermatt.
Abgemacht und bestätigt ist der Transfer vom Bahnhof ins Mont Cervin Palace. Doch am Bahnhof wartet weder das Kutschengespann, noch irgendwer vom Mont Cervin Palace ist auszumachen. Tim zu Clara:
«Gehen wir zu Fuß.»
Gut, Tim hat vorzeitig reserviert. Wie er telefoniert und die Nummer des Hotels Monte Rosa wählt, wird er sofort mit dem Reservationsdienst der Seiler-Hotels verbunden.
« . . . nein, die Gutscheine sind im Mont Cervin Palace nicht gültig, doch wir werden Sie im Laufe des Tages nochmals kontaktieren. Wie ist ihre Telefon-Nummer?»
Das Monte Rosa ist für die fragliche Zeit ausgebucht und Tim und Clara haben keinen Ausweichtermin. «Was soll’s? – Gehen wir halt im nächsten Jahr» – denkt Tim.
Dann der Rückruf: «Wir haben zwei Möglichkeiten,» so die Recepitionistin und weiter:
«Sie warten bis Montag. Sollte eine noch ausstehende Reservationsbestätigung nicht eintreffen, hätten wir für sie ein Zimmer.»
Tim: «Und die zweite Möglichkeit?»
«Sie kommen ins Mont Cervin Palace. Ihre Gutscheine sind gültig.»
Die Receptionistin, jetzt auf Tims Wahl wartend. Lange muss sie sich nicht gedulden, sagt doch Tim umgehend:
«Wir kommen ins Mont Cervin Palace.»
Tim und Clara werden am Donnerstag den Zug um 9:25 Uhr nehmen. Das heißt, kurz nach 9 Uhr müssen sie spätestens aus dem Haus.
Und jetzt das.
Ausgerechnet seit dem frühen Morgen setzt der Regen wieder ein und heftige Regenschauer prasseln über Thun nieder. Dies, obwohl die Wetterprognose für den weiteren Tag eigentlich gut ist. Tim zu Clara: «Nehmen wir den Schirm mit uns. Mit dem Bus müssten wir eine halbe Stunde früher gehen. Einfach am Bahnhof warten – nein
– wir haben Schirme.»
Glücklicherweise lässt der Regen geradezu auf neun Uhr nach. Noch fallen einzelne Tropfen aus den dichten und tief hängenden Wolken. Regenschirme brauchen die
Beiden keine.
Im Wallis – unmittelbar nachdem der Zug aus dem Tunnel fährt – heiterer Sonnenschein! Die Zugpassagiere geben ihrem Staunen hörbar Ausdruck und die Gesichter spiegeln die lachende Sonne.
Das Buch mit dem Titel “Den Gästen Gutes tun“ erscheint zum 150-Jahr-Jubiläum der Seiler Hotels in Zermatt im Jahr 2005. Darin schreibt der ehemalige Hoteldirektor des Monte Rosa, Urs Keller: «Selbst mit dem schönsten, neuesten Hotel würde der typische Monte Rosa-Gast nicht tauschen wollen.»
Dann fährt er fort: «Die Ambiance, der Charme und die Patina des Hauses gibt es nur einmal, und diese Atmosphäre kann man nicht bauen, sie ist über Jahrzehnte gewachsen.»
Tim erinnert sich: «Damals, vor 47 Jahren, schaue ich ehrfürchtig an der Fassade des Monte Rosa hinauf. Diese Reihen von Fenstern, in grauer, massiver Außenwand, sich kalt und trutzburgähnlich kontrastierend mit dem eleganten, lichten Zermatterhof in dem märchenhaft verschneitem Park gegenüber. Hier das Monte Rosa, dort der Zermatterhof, beide für Tim wohl immer und ewig unerreichbar.
Tim nimmt während den Ferien, noch in seiner Lehrzeit, an einem so genannten Vorunterricht-Skilager teil.
Happig sind die Anstrengungen: Aufstieg mit Fellen, dem Tiefschnee und der Unbill der Januarkälte ausgesetzt. Noch heute spürt Tim den Sturmwind. Eiskalte Schneekristalle, wie Nadelspitzen stechend, ins ungeschützte Gesicht fegend, und gleichfalls an Zehen und Fingern beständiges Kuhnageln. Und doch: Tim ist begeistert von den Möglichkeiten – jeden Tag ein anderes Skigebiet, anders als jedenfalls Sankt Johann im Toggenburg, wo jeweils die Schulskiwochen stattfanden und Stemmbogen um Stemmbogen geübt wurden.
Die Datierung – vor 47 Jahren – ist korrekt und dank einem Ereignis unauslöschbar. Noch hört Tim: «Was, du gehst nach Zermatt?»
Doch nichts soll Tim daran hindern! Weder Dürrenmatts Zeichnungen noch die Schlagzeilen in den Zeitungen, weltweit. Eine Saison zuvor bricht die Typhus-Epidemie in Zermatt aus. Aus dem vorgenannten Buch eine diesbezügliche Passage:
«Eines Sonntagmorgens im März 1963 . . . worauf die meisten sofort abreisten . . . Das Dorf wurde hermetisch gegenüber der Außenwelt isoliert und sämtliche Hotels und Wirtschaften geschlossen.»
Für Tim kein Grund, Zermatt zu meiden und doch vergehen Jahre, bis wiederum Skiferien in Zermatt anstehen. Diesmal ist für Clara die Jahreszahl unvergesslich: Ihr vierzigster Geburtstag.
Tim will dieses Ereignis feiern und schlägt vor: «Machen wir Skiferien in Zermatt.» Noch heute kennt Tim den Ort, nahe des Bahnhofs, abseits von der Hauptgasse, im Hotel Continental. Das Skifahren macht Spaß, eine Einladung von Hans und Sonja ins Mont Cervin Palace zum Nachtessen bildet den Höhepunkt.
Genau zehn Jahre später, ein weiteres Mal Skiferien in Zermatt. Es ist das Jahr 1997 und Tim notiert:
«Nun sind die Zermatter-Skiferien vorbei. Wir hatten es in allen Belangen ausgezeichnet: Schnee, Sonne, Hotel.
Die Abfahrten nach Valtournenche und Cervinia berauschten uns. Auf der italienischen Seite entdeckten Clara und Tim das Restaurant Maison Cime Bianche, wo gediegenes Mittagessen Freude machte. Kurzum, es waren ereignisreiche Ferien und das Skifahren konnten wir in vollen Zügen genießen. Am Freitag war dann noch Claras Geburtstag. Tim schlug vor, im Hotel Monte Rosa zur Feier des Tages bei einem Glas Champagner anzustoßen. Alsdann, neuen Mutes, durchstöberten Clara und Tim die Räume im ersten Stock. Die Arvenstube mit den getäferten Wänden mit Bildern von Walliser Frauen und Männern, Panoramen, vor über einhundert Jahren fotografiert. Die Bibliothek mit dem altem Ofen, den vielen gerahmten Porträts unterschiedlicher Größe von Bergsteigern, wie Edward Whymper, dem Erstbesteiger des Matterhorns und seiner Seilschaft, Persönlichkeiten von Winston Churchill bis zu Elisabeth II.
Unvermittelt standen die Beiden alsdann vor den noch verschlossenen Glastüren zum Speisesaal. Wir drückten uns daran die Nasen platt und unsere Augen begannen zu leuchten ob dem brillantem Gedeck und dem schmucken Saal. – Sogleich entstand der Wunsch, hier einmal abzusteigen und zu tafeln – wer könnte den Beiden neidisch sein?»
Und wiederum gehen Jahre ins Land. Doch zum Sechzigsten Claras, findet sich folgender Eintrag im Tagebuch:
Dass dieses Jahr zum Geburtstag noch Lisa und Beatrice dabei sein konnten, das war nicht nur das Tüpfchen auf dem i, das war ein Ereignis, wofür wir dankbar sind.
Anderntags, als die Töchter wieder abgereist waren, wurden Clara und Tim von einem älteren Herrn auf Englisch angesprochen. Tim übersetzte für Clara: «Ihre Töchter wissen Eleganz und modernes Leben zu verbinden. Daran hat die Mutter entscheidenden Anteil durch die Erziehung.» – Sichtlich erfreut bedanken sich Clara und Tim für dieses Kompliment.
Mittlerweile sind Clara und Tim Stammgäste im Monte Rosa. Es ist das Jahr 2002, wie sie zum ersten Mal in diesem Haus Ferien verbringen und wohl die beste Jahreszeit zum Skifahren: In der ersten Hälfte des Monats März. Die Tage werden heller und die Januarkälte ist längst vorbei. Und doch gibt es Ereignisse. Lesen wir den Eintrag in Tims Tagebuch aus diesem Jahr:
«In den Beinen macht sich der Skitag bemerkbar.
Eigentlich sind wir zeitig gut dran. Nochmals eine Schussfahrt auf der Lieblingsstrecke im Valtournenche.
Nachher geht es mit dem endlos langen Tellerlift wieder nach oben und als ob es eine Selbstverständlichkeit verlangte, noch einmal eine Abfahrt ins Tal bis nach Cervinia.
Während der Bergfahrt kommt dicker Nebel auf. Kaum mehr sind die Skispitzen sichtbar, so dicht. Der ganze bisherige Tag Sonnenschein. Jetzt dieser Wetterwechsel.
Urplötzlich. Tim und Clara hängen sich einer Gruppe Skifahrer an, um nach zwei, drei Schwüngen anhand der Streckenmarkierung festzustellen: