Hunter Legacy - Düstere Leidenschaft - Lara Adrian - E-Book

Hunter Legacy - Düstere Leidenschaft E-Book

Lara Adrian

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Beschreibung

Nur sie kann das Herz des Jägers berühren

Asher gehörte einst zu den Jägern, die von dem wahnsinnigen Vampir Dragos zu Killern herangezogen wurden. Seit er seine Freiheit wiedererlangte, lebt er zurückgezogen auf einer einsamen Farm in der Wüste Nevadas. Doch eines Nachts wird er unvermutet zum Retter einer jungen Frau, die skrupellose Gangster in der Wüste verschwinden lassen wollen. Die toughe junge Stammesgefährtin zieht ihn sofort in ihren Bann. Aber Naomis Feinde sind ihr noch immer auf den Fersen, und Asher wird in ein tödliches Spiel verwickelt, in dem die Liebe zur gefährlichsten Waffe von allen werden könnte.

"Lara Adrian verwöhnt uns immer aufs Neue mit ihrer perfekten Mischung aus Romantik, Leidenschaft, Sinnlichkeit und Action." Reading Diva

Band 1 des düster-romantischen Spin-Off der Midnight-Breed-Reihe

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Seitenzahl: 382

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Inhalt

TitelZu diesem Buch123456789101112131415161718192021222324252627EpilogDie AutorinDie Romane von Lara Adrian bei LYXImpressum

LARA ADRIAN

Hunter Legacy

Düstere Leidenschaft

Roman

Ins Deutsche übertragen von Firouzeh Akhavan-Zandjani

Zu diesem Buch

Asher gehörte einst zu den Jägern, einer Gruppe von Stammesvampiren, die von dem wahnsinnigen Dragos von Kindesbeinen an als Killer herangezogen wurden. Seit er seine Freiheit wiedererlangte, lebt er zurückgezogen auf einer einsamen Farm in der Wüste von Las Vegas und will nichts von der Welt wissen. Doch eines Nachts überrascht er durch Zufall die Handlanger eines mächtigen Casino-Besitzers, die eine junge Frau in der Wildnis verschwinden lassen sollen. Kurzerhand bringt er ihre Peiniger zur Strecke und nimmt die verletzte Frau bei sich auf. Die toughe junge Stammesgefährtin zieht ihn sofort in ihren Bann. Und obwohl er nicht daran glaubt, dass ein Killer wie er, der so viele unschuldige Leben auf dem Gewissen hat, eine solche Frau für sich gewinnen kann, ist er entschlossen, sie zu beschützen. Doch Naomi hat noch eine Rechnung zu begleichen und ist zunächst nicht willens, sich einfach so in die Hände eines Fremden zu begeben. Aber als klar wird, wie skrupellos ihr Gegenspieler wirklich ist, begreift sie, dass Asher ihre einzige Chance ist, ohne Angst zu leben und den Menschen zu helfen, die ihr am meisten am Herzen liegen. Und sie muss sich eingestehen, dass die Leidenschaft, die zwischen ihr und dem mächtigen Stammesvampir lodert, mehr als nur eine flüchtige Flamme ist. Doch kann ihre Liebe vor den Abgründen seiner Vergangenheit bestehen?

1

Die Mojave-Wüste erstreckte sich schier endlos unter einem pechschwarzen Himmel. Niemandsland … nur viele Morgen öder Landschaft, die aus abweisender Vegetation und allen möglichen nachtaktiven Raubtieren bestand, welche die Dunkelheit auf der Suche nach Beute durchstreiften.

Aber so bedrohlich die wilden Bewohner der Mojave auch sein mochten, gab es doch keinen gefährlicheren Jäger als den Stammesvampir, der jetzt hinter dem Steuer eines alten Pick-ups über die schmale Piste raste.

Aber heute Abend hatte Asher sich nicht aufgemacht, um für sich selbst zu jagen. Er hatte die alte Ranch, die etwas mehr als dreißig Meilen von der nächsten Stadt entfernt in der Wüste lag, verlassen, um Futter für die Tiere sowie Vorräte zu besorgen. Die Fahrt zurück in die Zivilisation an der Grenze des Bundesstaates Nevada gehörte zwar nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, doch es war eine Pflicht, die er übernommen hatte, um sich bei dem in die Jahre gekommenen Menschen zu revanchieren, von dem er vor fünfzehn Jahren aufgenommen worden war. Ned Freeman hatte ihm ohne viele Fragen Unterschlupf gewährt. Auch war ihm keine Furcht anzumerken gewesen oder Abscheu davor, wer – oder was – Asher war oder vor dem, was er gewesen war, ehe es ihn auf das Land des alten Mannes in der Wüste verschlagen hatte.

Seit Neds Ableben im letzten Jahr gab es niemanden, der sich um das bescheidene Gehöft und die Tiere gekümmert hätte, und so war Asher geblieben. Warum auch nicht? Er musste nirgends dringend hin, und es gab auch niemanden, der auf ihn wartete. Als ein im Labor gezüchteter Killer war er geboren und aufgezogen worden, ein Leben als Einzelgänger zu führen. Selbst jetzt kannte und wollte er es nicht anders.

Die leere Weite der Landschaft, die Ashers Zuhause geworden war, stellte während der Fahrt mit Neds Pick-up auf der sich windenden Schotterpiste mitten durch die Mojave National Preserve nur einen schwachen Trost dar. Der Einkauf mit Hin- und Rückfahrt, der normalerweise nur zwei Stunden gedauert hätte und zu dem er um acht Uhr abends aufgebrochen war, hatte sich zu einem fünfstündigen Trip verlängert, nachdem unterwegs ein Reifen geplatzt war. Der Ersatzreifen, den Ned hinter den Sitzen in der Fahrerkabine verstaut hatte, war in keinem besseren Zustand, hatte Asher feststellen müssen, und so war ihm nichts anderes übrig geblieben, als zu Fuß zu einer rund um die Uhr geöffneten Tankstelle am Highway zu laufen und Flickzeug zu besorgen.

Es war eine Erleichterung, endlich nach Stunden mitten im Gewühl von lärmenden Menschen auf die Ranch zurückzukehren. Menschen machten ihn nervös, und zwar nicht nur weil sein Anblick die meisten Sterblichen beunruhigte. Mit seiner Größe von fast zwei Metern, einem Gewicht von hundertzwanzig Kilo an einem Tag mit wenig Nahrung und den Tätowierungen ähnelnden Dermaglyphen, die ihn als Stammesvampir reinsten Blutes auswiesen, verschmolz er nicht gerade mit der Masse.

Zwanzig Jahre war es jetzt her, dass die Existenz der Stammesvampire, die sich den Planeten mit den Menschen teilten, enthüllt worden war. Doch das Verhältnis zwischen den Spezies war immer noch gespannt – um es vorsichtig auszudrücken. Glücklicherweise kümmerten sich andere Abkömmlinge seiner Art um diese Probleme. Asher überließ die diplomatischen und heldenhaften Bemühungen, für Frieden zu sorgen, gern den Kriegern des Ordens und ihren Commandern, die in den größeren Städten auf der ganzen Welt stationiert waren. Und er? Er hatte genug Morde begangen, und ein Held war er schon gar nicht gewesen.

Mit weit geöffnetem Fenster, um die kühle Nachtluft hereinzulassen, saß er bequem hinter dem Steuer und schaute nach vorn auf die schmale Straße mit den unzähligen Löchern im Asphalt, die vom schwachen, gelben Licht der Scheinwerfer des ratternden Pick-ups erhellt wurden. In der Ferne heulte ein Kojote, und kurz darauf fielen andere in den Jagdgesang ein.

Asher respektierte und achtete diese Jäger. Zwar hatte er einmal einen von ihnen töten müssen, als alle Warnungen, sich von Neds Hühnern fernzuhalten, nicht gefruchtet hatten, doch es hatte keinen Spaß gemacht. Allerdings war Töten niemals mit Spaß verbunden.

Tu deine Pflicht, Junge.

Der leise, drohende Befehl wisperte durch seinen Geist – die Stimme seines alten Herrn und Meisters, jenes wahnsinnigen Stammesvampirs, der Asher und zig andere wie ihn in seinem Labor gezüchtet hatte. Schnaubend verdrängte Asher die Erinnerung an Dragos und das höllische Hunter-Zuchtprogramm und schaltete das Autoradio an. Er drehte den einzigen Sender, der nicht rauschte, voll auf.

Es brachte nichts, sich in Erinnerungen an die Vergangenheit zu ergehen. Sie war mit lauter höchst unerfreulichen Ereignissen gespickt. Stattdessen übertönte ein übellauniger Country-Song die genauso unangenehmen Geräusche in seinem Kopf, während sein Blick fest nach vorn auf die Straße gerichtet war.

Es war nur noch eine Viertelstunde Fahrt bis zur Ranch, als seine Scheinwerfer ungefähr in einer Meile Entfernung etwas erfassten. Als er näher kam, stellte er fest, dass es sich um eine schwarze Limousine handelte, die knapp fünfzig Meter vom Straßenrand entfernt auf festem Wüstenboden abgestellt war.

Ashers Nasenflügel flatterten, als ihn ein ungutes Gefühl erfasste. So weit von der I-15 entfernt hatten nicht viele etwas zu erledigen, und für gewöhnlich kam auch nichts Gutes dabei heraus, wenn sie sich so tief in die von Dornengestrüpp überwucherte lebensfeindliche Landschaft vorwagten. Entweder begab man sich mit Absicht oder weil man gezwungen wurde zu so später Stunde in die tiefe, dunkle Wüste.

Im Laufe der Zeit hatte er beides häufig genug erlebt, um alle anderen Möglichkeiten auszuschließen.

Er erinnerte sich plötzlich an eine Nacht vor gut zwölf Jahren, als er in diesem entlegenen Winkel der Wüste auf einen anderen Stammesvampir – einen ehemaligen Jäger wie er selbst – gestoßen war. Der Name des Mannes war Scythe gewesen, und er hatte sich in die Mojave geschleppt, um in der Sonne zu sterben, nachdem er eine Frau, die er geliebt hatte, und ihren kleinen Sohn verloren hatte. Ned war es gewesen, der darauf bestanden hatte, Scythe auf die Ranch zu bringen und zu versuchen, ihn zu heilen. Doch es war schließlich Asher gewesen, der sich geweigert hatte zuzulassen, dass der andere sich aufgab. Während der ganzen Zeit der Genesung hatte er Scythe sozusagen immer wieder in den Arsch getreten, bis Scythe sich schließlich so weit erholt hatte, dass er die Ranch verlassen konnte.

Aber Asher machte sich nichts vor – eine gute Tat würde nie all das Falsche ausgleichen, das er in seinem Leben getan hatte. Nicht einmal ansatzweise würde das gelingen. Trotzdem war er froh, dass Scythe überlebt hatte, und obwohl sie nur sehr sporadisch voneinander hörten, war Asher zu Ohren gekommen, dass der andere inzwischen mit einer Stammesgefährtin zusammen war und glücklich irgendwo in Italien lebte.

Er hatte das Gefühl, dass das, was da in der Nähe des geparkten schwarzen Wagens ablief, längst kein so gutes Ende nehmen würde.

Das ging ihn nichts an.

Und es war auch nicht sein Problem.

Knurrend schaltete Asher die Musik aus und brachte damit die raue Stimme des Mannes zum Schweigen, der sein Leid wegen einer Frau klagte, bei der er erst gemerkt hatte, wie sehr er sie liebte, als sie fort war. Unwillkürlich ging sein Fuß vom Gaspedal, als er den großen Wagen vor ihm musterte.

Er sah leer aus, doch wie lange schon, konnte er nicht erkennen. Reifenprobleme schienen nicht der Grund für den Stopp gewesen zu sein, Brandgeruch konnte er auch nicht feststellen, und andere Anzeichen für eine Autopanne gab es ebenfalls nicht. Das bedeutete, dass das wirkliche Problem sich gerade irgendwo rechter Hand in der Wüste zwischen den spindeldürren Josua-Palmlilien und vereinzelt stehenden Kakteen abspielte.

Die Scheinwerfer des alten Pick-ups waren im Grunde nur Funzeln, aber Asher schaltete sie trotzdem ganz aus und kam ein paar Meter hinter dem anderen Wagen zum Stehen. Er stellte den Motor ab und drückte die rostige Tür auf.

Kaum berührten seine Stiefel den Boden, wusste er mit absoluter Sicherheit, dass irgendetwas nicht stimmte.

Es war still. Unnatürlich still. Man hörte noch nicht einmal Käfer über den Sand huschen, keine Skorpione, die raschelnd über Steine krabbelten, oder den Flügelschlag von Fledermäusen.

Er legte den Kopf in den Nacken und atmete den Geruch ein, der in der Luft lag.

Menschen.

Drei Männer, von denen zwei sich anscheinend um die Wette mit widerlich süßlichem Rasierwasser übergossen hatten, während der dritte nach seiner letzten Mahlzeit stank, die offensichtlich hauptsächlich aus Knoblauch bestanden hatte. Er dünstete den Geruch so intensiv aus, dass es sich nur um eine riesengroße Knoblauchpizza mit Knoblauchbelag gehandelt haben konnte, die mit einem Knoblauch-Smoothie heruntergespült worden war.

In der Ferne waren Stimmen zu hören, und er konnte massige Gestalten erkennen, die sich zwischen den Palmlilien und dornigem Gestrüpp bewegten. Das Trio, das eine einzige Beleidigung für seine Nase war, schob im Dunkeln jemanden vor sich her. Das Geräusch eines harten, metallischen Gegenstands, der auf weiches Fleisch und Schädelknochen traf, wurde von einem lauten, schmerzerfüllten Keuchen, einem plötzlichen Stolpern und einem dumpfen Laut übertönt, als jemand zu Boden stürzte.

»Steh auf!« Der scharfe Befehl war nur ein leises Zischen, doch in Ashers Ohren klang er laut wie ein Schuss.

Eine andere Stimme antwortete. Diese war mehrere Oktaven höher und redete schnell. Die Worte konnte er selbst mit seinem scharfen Gehör nicht verstehen. Aber er brauchte gar nicht zu hören, was gesagt wurde. Die Angst, die fast greifbar in der Luft hing, war unverkennbar. Genau wie das bedrohliche Auftreten der drei Männer, die keine Ahnung hatten, dass sie nicht die einzigen Killer im näheren Umkreis waren.

»Du hast gehört, was er gesagt hat. Komm verdammt noch mal hoch und geh weiter«, befahl der andere, dessen Knoblauchatem zusammen mit seinem leisen, sadistischen Lachen im leichten Wind zu Asher hinüberwehte. »Aber vielleicht willst du ja, dass wir dich gleich hier verbuddeln. Dem Boss ist es egal, wie das hier abläuft. Er will nur nicht, dass du jemals zurückkommst.«

Wieder ertönte ein leiser Schrei, dem die schwach hervorgestoßene Bitte um Erbarmen folgte, was Asher vor Ingrimm die Zähne zusammenbeißen ließ.

Verdammt.

Erinnerungen kamen wie eine schwarze Woge zu schnell und mit zu viel Macht angerast, sodass er nicht in der Lage war, sie im Zaum zu halten. Ein ganzer Chor ähnlicher flehentlicher Schreie erfüllte seine Ohren, der seine Sinne erbarmungslos und in voller Schärfe mit all den Sünden überflutete, bei denen er in der Vergangenheit dabei gewesen war.

Und die er selbst begangen hatte.

Die unerwünschte Erinnerung an sich selbst von einst war schon schlimm genug, aber zusammen mit seiner einzigartigen Fähigkeit als Stammesvampir, nur durch eine kurze Berührung auch die schmerzhaftesten Erfahrungen anderer bis ins kleinste Detail und alle damit einhergehenden Empfindungen wie seine eigenen zu erleben, hatte dafür gesorgt, dass Ashers Bedürfnis nach Einsamkeit nicht nur ein selbst gewählter Lebensstil war, sondern beinahe eine Notwendigkeit.

Deshalb konnte er es jetzt wirklich überhaupt nicht gebrauchen, in das hineingezogen zu werden, was da zwischen Knobi, seinen in Parfümwolken gehüllten Kumpanen und dem dürren Teenager ablief, der offensichtlich irgendjemanden so sehr auf die Palme gebracht hatte, dass dem nichts Besseres eingefallen war, als ihn von diesen Männern in die Wüste schleifen zu lassen, wo ihn der sichere Tod erwartete.

Doch diese Überlegungen hielten Ashers Füße nicht davon ab, sich in Bewegung zu setzen und direkt auf das Übel loszumarschieren, das nur Ärger bedeuten konnte.

»Gibt’s ein Problem, meine Herren?«

»He, shit!« Einer von den Typen mit dem billigen Duftwasser wirbelte auf seinen auf Hochglanz polierten Schuhen herum. Dabei flog sein Jackett auf, sodass man das leere Pistolenhalfter sehen konnte, welches er umgeschnallt hatte. Die Waffe in seiner Hand wies hellrote Blutflecken auf. Offensichtlich war das der stumpfe Gegenstand gewesen, mit dem er dem dunkelhaarigen Jugendlichen, der einen übergroßen Kapuzenpullover und locker sitzende Jeans trug, eins übergezogen hatte. Jetzt wirkte der Schlägertyp gar nicht mehr so taff. Die Waffe zitterte in seiner Hand, als er den Blick hob und den Kopf dann noch ein bisschen mehr in den Nacken legen musste, um Asher in die schmalen Augen blicken zu können. »Wo zum Teufel bist du denn plötzlich her …«

Das Stammeln setzte aus, als er Asher ansah – ihn wirklich wahrnahm – und das außerirdische Glühen in dessen Augen und die spitzen Fänge bemerkte, die angesichts der Wut, die jetzt durch seine Adern strömte, hervorgetreten waren.

»Verflucht.« Der Ganove taumelte nach hinten und ließ seine Waffe mit einem erstickten Schrei fallen. Er raste davon und stolperte blindlings in die Wüste hinein, während sein ebenfalls mit Parfüm getränkter Kamerad Richtung Auto stürmte. Asher machte sich noch nicht einmal die Mühe, den beiden hinterherzuschauen. Die Duftspur in ihrem Kielwasser war wie ein unsichtbarer Faden, der ihn zu den beiden führen würde, egal wie schnell sie versuchten wegzulaufen.

Knobi war nicht so schlau wie seine Kumpane. »Dreckiger Blutsauger«, knurrte er.

Die eine Hand war in die schmale Schulter des Teenagers gekrallt. Wahrscheinlich hielt nur das den in sich zusammengesackten, windelweich geprügelten Jungen aufrecht. Der Kopf hing schlaff herunter, und durch das ziemlich lange, blutgetränkte Haar waren die zarten, asiatischen Gesichtszüge nur andeutungsweise zu erkennen.

Knobi drückte seinen schweigenden Gefangenen mit einer Hand auf den Boden. Seine ganze Aufmerksamkeit – und seine Waffe – war jetzt auf Asher gerichtet. Die Halbautomatik, die er mit seiner fleischigen Hand umklammerte, zitterte kein bisschen.

»Friss Blei, du lausiger Stammesvampir!«

Laut brüllend drückte er mehrmals ab. Von den drei Schüssen, die er aus kürzester Entfernung auf Asher abgab, verfehlten ihn alle bis auf den ersten. Zwar wurde Asher von der Kugel, die ihn rechts in der Brust traf, nicht gebremst – geschweige denn umgebracht –, aber sie reizte ihn bis aufs Blut.

Ehe Knobi sein Magazin ganz leeren konnte, packte Asher die Waffe am Lauf und verbog sie, als bestünde sie nur aus Blech.

»Was hast du gesagt?«

Vor Entsetzen weit aufgerissene Augen sahen in Ashers ausdrucksloses Gesicht. Der Schläger wäre nicht einmal in der Lage gewesen zu antworten, wenn er es versucht hätte. Ashers Faust lag an der Gurgel des Mannes. Er drückte nur leicht zu und zerquetschte die Luftröhre. Mit einem nach Knoblauch stinkenden Gurgeln hauchte der Mensch sein Leben aus, ehe der schlaffe Körper auf den Wüstenboden sackte und wie der Haufen Unrat aussah, der er ja auch vorher schon gewesen war.

Ashers forschender Blick ging zu dem Teenager, der bäuchlings beunruhigend still im Gestrüpp lag. Er widerstand dem Drang, die Hand auszustrecken und nach dem Puls zu suchen, sondern lauschte stattdessen den leisen, flachen Atemzügen und beobachtete, wie der schmale Rücken und der Brustkorb sich kaum wahrnehmbar unter dem weiten Sweatshirt bewegten.

Der Junge lebte. Na, das war ja schon mal was.

Doch jetzt waren da noch zwei weitere Probleme, mit denen er sich befassen musste.

Ruhig und ohne dabei eine Regung zu verspüren, nahm er die blutige Pistole, die Billigrasierwasser Nummer eins fallen gelassen hatte, und feuerte einen einzigen Schuss mitten in die dunkle Wüste ab. Man hörte den Hall, und dann stürzte der flüchtende Feigling ein paar Meter weiter tot zu Boden.

Asher drehte sich zu dem Letzten der drei um, der gerade abseits der Straße hektisch versuchte, in den schwarzen Wagen zu steigen. Mit einer weiteren Kugel hätte er ihn ebenfalls ohne Weiteres aufhalten können, aber alles in Asher sträubte sich gegen ein solch plumpes Vorgehen, wenn er bedachte, wie er ähnliche Situationen früher gehandhabt hätte.

Er redete sich ein, dass es diese Kälte in ihm war, die ihn handeln ließ, und nicht der Stich, den es ihm versetzt hatte, den hilflosen, zusammengeschlagenen Jungen um Gnade betteln zu hören, die ihm niemals zuteilwerden würde.

»Willst du etwa abhauen?«

Ashers tiefe, ungerührte Stimme ließ den Letzten von den Feiglingen so heftig zusammenzucken, dass man hätte meinen können, es handele sich um einen epileptischen Anfall. Gefangen zwischen der geöffneten Fahrertür und Ashers kräftiger Gestalt drehte sich Billigrasierwasser Nummer zwei unbeholfen um und hob beide Hände.

»Oh Gott! Warte ’ne Sekunde, ja? Warte!« Die Stimme des Mannes überschlug sich fast, und sein Blick huschte unruhig umher, während er sich weiter in den Wagen hineinschob, als wolle er es nicht wahrhaben, dass sein Ableben kurz bevorstand, und als hege er tatsächlich noch die Hoffnung, er könnte sich ans Steuer setzen, ehe Asher ihm den Garaus machte.

Wie niedlich.

Der Ganove fuhr sich mit der Zunge über die fleischigen Lippen, und auf seiner Stirn standen Schweißperlen, während er seine wenigen, schwindenden Möglichkeiten erwog.

»Also, ich will keine Schwierigkeiten mit … Ihnen haben, äh, Sir. Ich will einfach nur zurück nach Vegas und Ihnen wirklich keinen Ärger machen.« Er versuchte zu lächeln, doch seine Lippen schienen diesem Befehl nicht gehorchen zu können. Sein Mund zitterte, und die großen Zähne begannen zu klappern. »Bitte … lassen Sie mich gehen. Ich schwöre Ihnen, dass Sie mich nie wiedersehen werden.«

Daran zweifelte Asher keine Sekunde lang. Kurz überlegte er, den Feigling weiter betteln und flehen zu lassen. Allerdings ging es dabei nicht um sein Vergnügen, sondern vielleicht könnte er so herausfinden, wer diese drei Mistkerle bezahlte. Doch damit begäbe er sich in eine heikle Lage, die er lieber vermeiden wollte. Es war egal, für wen die drei gearbeitet hatten oder was das Vergehen des Jungen war, durch das er sich fast einen solch grausamen Tod eingehandelt hatte.

Nein, sobald er sich mit dem Letzten von diesem Abschaum befasst hatte, würde er erkunden, wo der Junge hingehörte, und dafür sorgen, dass er wohlbehalten dorthin zurückkam. Danach müsste er dann auf sich selbst aufpassen. Asher würde sich wieder auf der Ranch vergraben, seine Arbeit tun, sich um die Tiere kümmern und ein reines Gewissen haben. Wobei rein ein relativer Begriff war.

Trotzdem bestand keine Veranlassung, der Sache weiter auf den Grund zu gehen oder sich noch mehr in diese Situation zu verstricken, als er es bereits getan hatte.

Aber der Typ mit dem billigen Rasierwasser redete weiter. »Okay, okay … ich glaub, ich hab’s verstanden. Das ist Ihr Revier, und wir sind eingedrungen. Stimmt’s, Großer? Also, wie kann ich das wieder in Ordnung bringen? Wollen Sie Geld? Ich kann Ihnen Geld besorgen.«

»Ich will dein Geld nicht.«

Das Knurren, mit dem er Antwort gab, ließ den Menschen ganz bleich werden. Er hob eine Hand an die Kehle, wo man den Adamsapfel hüpfen sah, als er ruckartig schluckte.

»Und dein Blut will ich auch nicht.«

Der Mann schnaufte fast vor Erleichterung. Er warf einen Blick über die Schulter in die vom Mond beschienene Wüste, und dann sagte er etwas wirklich Dummes. »Sie wollen das Mädchen?«

Ashers Miene verfinsterte sich, und erst jetzt wurde ihm klar, was eigentlich völlig offensichtlich gewesen war. »Der Teenager ist eine Frau?«

Der andere nickte. »Sie gehört Ihnen, wenn Sie sie wollen. Ich werde keinem davon erzählen. Lassen Sie mich einfach nur gehen, und Sie können mit der Schlampe machen, was Sie wollen.« Ein Anflug von Zuversicht schwang in der Stimme des Mannes mit, und es gelang ihm sogar, ein wenig zu lächeln. »Nehmen Sie sie. Dann können Sie und ich das alles … einfach vergessen.«

»Ich vergesse nie«, brummte Asher grimmig.

Blitzschnell streckte er die Hände aus und drehte den Kopf des Mannes, bis sein Genick brach. Asher ließ die Leiche neben der Straße liegen, ging zum Kofferraum des Wagens und machte eine Bestandsaufnahme der Situation.

Drei Leichen und eine bewusstlose junge Frau, die ärztlicher Versorgung bedurfte.

Na, ganz grandios.

Und er hatte doch tatsächlich gedacht, ein geplatzter Reifen wäre sein größtes Problem, als er heute Abend losgefahren war.

Er lebte jetzt seit rund fünfzehn Jahren in der Gegend und hatte es geschafft, nicht weiter aufzufallen. Aber ihm war klar, dass die Polizei ihm einen Besuch abstatten würde, wenn sie zufälligerweise durch diese Gegend kam, ehe Kojoten und Geier sich um die drei Leichen gekümmert hatten. Denn natürlich wusste man von ihm, auch wenn ihn nie jemand belästigte. Neds Ranch war eine von nur ein paar wenigen Gehöften zwischen Cima und Kelso, und in Las Vegas selbst lebten natürlich viele Stammesvampire, aber aufgrund der Nähe zum Tatort würde er ganz oben auf der Liste der Verdächtigen stehen.

Er hatte keine Angst vor Menschen, aber der Gedanke, eingesperrt zu werden, eine Halsfessel angelegt zu bekommen oder einen von denen umbringen zu müssen, die geschworen hatten, zu dienen und zu beschützen, gefiel ihm nicht. Vor allem, nachdem er der Menschheit eigentlich einen Gefallen getan hatte, indem er dieses Pack eliminiert hatte.

Asher warf noch einmal einen kurzen Blick zu der kleinen Gestalt, die immer noch an der Stelle lag, wo sie vor einer Weile zusammengebrochen war, ehe er den Kofferraum mit einem mentalen Befehl öffnete und einen Fluch ausstieß, als sich sein Verdacht bestätigte. Neben Ersatzreifen und Wagenheber lagen zwei rostige Schaufeln, eine Plane und Isolierband darin.

Mit grimmiger Miene schnappte er sich eine der Schaufeln und marschierte wieder in die Landschaft aus Sand und Gestrüpp zurück, denn er hielt es für besser, noch mal nach dem Mädchen zu schauen, ehe er anfing, Gräber für ihre Möchtegernmörder auszuheben.

Als er die Stelle erreichte, wo sie zu Boden gestürzt war, blieb Asher abrupt stehen und stieß einen leisen Fluch aus.

»Verdammt noch mal!«

Sie war weg.

2

Naomi taumelte eher als dass sie lief. Ihre Füße schlurften über den Boden, und sie fragte sich unwillkürlich, ob ihre Schnürsenkel zusammengeknotet worden waren, als sie nicht aufgepasst hatte.

Doch es waren nicht die Schuhe, die ihre Flucht verlangsamten. Es war ihr Kopf.

Verdammt, er tat so weh.

Den größten Teil der Nacht war sie von diesen Las-Vegas-Gangstern misshandelt worden. Ihr Schädel hatte bereits nach dem ersten Schlag gedröhnt, den sie hatte einstecken müssen, als man sie beim Kasino Moda in den Kofferraum gestoßen hatte. Sie ging davon aus, dass sie bereits da eine Gehirnerschütterung erlitten hatte.

Jetzt hämmerte ihre linke Schläfe wie eine Trommel, und nach dem Hieb mit der Pistole, der der Höhepunkt einer ohnehin schon üblen Lage gewesen war, nahm sie alles nur noch wie durch einen dichten Schleier wahr.

Anfangs war sie nur sauer gewesen, dass sie nicht aufgepasst hatte und es Leo Slaters Handlangern gelungen war, sie am Fahrstuhl des Kasinos zu stellen, denn sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie die Nacht vielleicht nicht überleben würde. Es hatte ihr einen Schock versetzt, wie schnell alles eskaliert war. Selbst als man sie nach unten in den Keller gebracht und durch eine Geheimtür in die Garage geführt hatte, war sie noch fest davon ausgegangen, sich irgendwie herauswinden zu können. Doch dann hatte Gordo, der riesige Kerl mit dem üblen Mundgeruch, ihr einen Faustschlag gegen die Stirn versetzt, der bei ihr alle Lichter hatte ausgehen lassen.

Sie war wieder aufgewacht, als man sie mitten in der Wüste in finsterster Nacht aus dem Kofferraum gezerrt hatte. Gar nicht gut.

Aber sogar da hatte sie sich noch nicht aufgegeben. Sie kannte sich mit verfahrenen Situationen aus und wusste, wie man sich aus einer misslichen Lage befreite. Himmel! Sie hatte in ihren sechsundzwanzig Jahren so viel überstanden, dass neun Leben nicht einmal annähernd dafür gereicht hätten. Sie war davon überzeugt, mit mehr als einem Dutzend Leben geboren worden zu sein. Erst als sie die Waffen der Gangster gesehen hatte und sie der friedhofsähnlichen Stille, die in der Tiefe der Mojave herrschte, gewahr wurde, hatte sich das beklommene Gefühl in ihr breitgemacht, ihre unendlich lange Glückssträhne könnte jetzt wohl doch vorbei sein.

Eigentlich war sie darauf geeicht, sich gefährlichen Situationen durch Flucht zu entziehen, aber ihr war ziemlich schnell klar geworden, dass ihr das hier nur gelingen würde, wenn sie sich hilflos und unterwürfig gab, um den drei Dummköpfen das Gefühl zu geben, leichtes Spiel mit ihr zu haben, während sie mit ihr in die Wüste hineingingen. Sie musste also nur ihre Rolle spielen, den rechten Augenblick abwarten und die Gelegenheit beim Schopf packen, um zu Fuß zu flüchten. Es war ein guter Plan gewesen – im Grunde ihr einziger Plan –, bis Gordos Kumpel ungeduldig geworden war und ihr eins mit dem Lauf seiner Beretta übergezogen hatte.

Sie erinnerte sich nur noch daran, hingefallen zu sein und die Männer angefleht zu haben, ihr nichts zu tun. Ein bisschen davon war Teil ihres Plans gewesen, doch als sie angefangen hatte, Sternchen zu sehen, und sie merkte, wie ihr die Sinne schwinden wollten, hatte sich doch Angst in ihr breitgemacht.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sterben würde, war verdammt groß.

Dann war er aufgetaucht.

Kein strahlender Ritter auf einem weißen Ross, sondern ein Stammesvampir. Groß. Finster. Gefährlich.

Es gab wohl nur eins, was schlimmer war, als den sicheren Tod durch Slaters Schergen zu finden: Das war die noch viel größere Bedrohung, die der Stammesvampir darstellte.

Ihr war nicht klar, warum der riesige Vampir sie retten wollte, doch sie würde sicher nicht darauf warten, es herauszufinden. Was auch seine Gründe sein mochten, war sie doch ganz gewiss nicht darauf erpicht, ihn mit einem Schluck aus ihrer Halsschlagader zu entlohnen.

Ganz abgesehen von allem anderen, was der knurrende Unsterbliche sonst noch im Sinn haben könnte.

Deshalb war sie jetzt wieder bei Plan A.

Weglaufen und verstecken, um sich dann zu überlegen, wie sie unversehrt nach Las Vegas zurückkommen könnte.

Wenn doch nur ihre Beine bei diesem Plan mitmachen würden. Jeder Schritt auf dem harten, unebenen Boden verlangte ihr alles ab, als würde sie durch tiefen Sumpf waten. Es war stockfinstere Nacht, aber der Schleier, in den alles gehüllt war, und das unablässige Hämmern in ihrem Schädel ließen sie noch langsamer vorankommen. Übelkeit stieg in ihr auf, und sie taumelte.

»Hopp, hopp, hopp … Pferdchen, lauf Galopp«, feuerte sie sich selbst an. »Du hast schon Schlimmeres überstanden. Bleib einfach in Bewegung. Vorwärts.«

Angestachelt von ihren eigenen aufmunternden Worten senkte sie den Kopf und tat noch ein paar Schritte … um plötzlich gegen eine Wand zu laufen, die auf einmal aus heiterem Himmel in der kühlen Luft Gestalt vor ihr angenommen hatte.

Allerdings war diese Wand warm. Ja sogar heiß. Und sie bestand aus muskulösem Fleisch und unverrückbarer Kraft. Und gut riechen tat sie auch noch. Würzige Kräuter mischten sich mit sauberer Seife und etwas anderem, das sie nicht recht benennen konnte. Sie atmete den Duft ein und stöhnte instinktiv, weil er so viel besser war als alles, was sie heute Nacht gerochen hatte.

»Es gibt keinen Grund wegzulaufen.« Die tiefe Stimme katapultierte sie in die raue Wirklichkeit zurück.

Allmächtiger!

Sie machte einen Satz nach hinten, fuhr herum und stürzte mit aller Kraft in die entgegengesetzte Richtung davon.

Doch schon stand er wieder vor ihr und versperrte alle Hoffnung auf Flucht. Pustend und keuchend blieb sie abrupt stehen und war kurz davor, in Ohnmacht zu fallen.

»Ich sagte, du sollst nicht weglaufen, Mädchen.«

»Fahr zur Hölle!«

Sie versuchte, seitlich an ihm vorbeizukommen, doch sein hünenhafter Körper war schneller. Überirdisch schnell. »Du merkst doch wohl, dass du das letzte bisschen Energie verschwendest, das du noch hast, oder?«

Verspottete er sie oder war es einfach nur eine Feststellung? Was es auch war … es gefiel ihr nicht.

Sie schaute auf und musste dabei den Kopf so weit in den Nacken legen, um ihm ins grimmige Gesicht zu sehen, dass die Kapuze ihrer Sweatshirtjacke herunterrutschte.

Sofort wünschte sie sich, sie hätte nicht nach oben geblickt. Nicht dass er hässlich gewesen wäre, auch wenn sie das gern vorgegeben hätte. Er sah zwar nicht wirklich gut aus, aber atemberaubend männlich. Unwiderstehlich auf eine animalische Art, auf die sie sogar mit ihren benebelten Sinnen mit unerwünschtem Wohlgefallen reagierte.

Die kantigen, finsteren Züge, die unter den struppigen, braunen, zu langen Haaren hervorschauten, sahen aus, als hätte der himmlische Schöpfer einen Block aus Stein genommen und daran herumgemeißelt, um dann kurz vor der Vollendung mit der Arbeit aufzuhören, sodass ein flächiges Gesicht mit scharfen Kanten und einem eckigen Kinn dabei herausgekommen war.

Sie konnte die Farbe seiner Augen nicht erkennen, die sie unter den starken, dunkelbraunen Brauen hervor musterten. Der bernsteinfarben glühende Blick machte eindeutig klar, dass er anders war.

Als würden die scharfen, schneeweißen Spitzen seiner Fänge nicht schon Hinweis genug sein, womit sie es hier zu tun hatte.

Einem kalten, gefühllosen Killer.

Während sie so getan hatte, als wäre sie bewusstlos, hatte sie ihn beobachtet und unter den gesenkten Wimpern zugesehen, wie er Gordo und die anderen beiden Schläger erledigt hatte. Er war gnadenlos. Sein Vorgehen schnell und brutal und ohne jedes Zögern. Sie hatte immer darauf geachtet, sich von Abkömmlingen seiner Art fernzuhalten, doch seit Anbeginn der Schöpfung kannte jede Spezies Bedrohungen wie ihn. Den Typen, dem niemand in einer dunklen Gasse begegnen wollte, denn man wusste, dass nur einer lebend wieder herauskommen würde, und die Chancen standen schlecht, dass man es selbst sein würde.

Und jetzt stand sie hier hilflos und allein diesem riesigen Stammesvampir mitten in der Mojave-Wüste gegenüber – dem anonymen Grab zahlloser Huren, Ausreißer und Falschspieler. Sie konnte nirgends hin, und keiner würde ihre Schreie hören, selbst wenn sie die Energie aufbrachte, es zu probieren.

Sie schaute wieder zu ihm auf und versuchte zu erkennen, was er vorhatte. Die schroffe Miene, die auf sie hinunterblickte, war undurchdringlich, aber in seinem Blick meinte sie, eine zwiespältige Haltung zu sehen – als wäre dieser Moment hier mit ihr auch für ihn das Letzte, was er gerade wollte.

»Sie bluten«, stellte sie fest, als ihr Blick zu seiner Brust ging. »Gordo hat Sie angeschossen.«

Er zuckte die Achseln. »Das ist nichts. Ich bin ein Stammesvampir. Das wird in ein paar Stunden verheilt sein.«

»Ich weiß, was Sie sind.«

Sie hatte es nicht wie einen Vorwurf klingen lassen wollen, doch jetzt war es zu spät, die Worte zurückzunehmen. Fairerweise musste gesagt werden, dass sie noch nie in all den sechsundzwanzig Jahren, die sie schon lebte, einen Mann – sterblich oder nicht – kennengelernt hatte, dem sie wirklich trauen konnte. Nun ja, bis auf Michael. Und der zählte wohl kaum, da er mehr wie ein Bruder für sie war, seit sie sich als Waisenkinder auf der Straße kennengelernt hatten.

Shit. Michael.

Er war ihretwegen bestimmt krank vor Sorge.

Die Anrufe und Nachrichten ihres besten Freundes, der wissen wollte, wie es ihr ging, hatten ihr Handy wahrscheinlich mittlerweile heiß laufen lassen. Aber sie würde sowieso nicht rangehen können. Ihr Handy lag in den Tiefen eines Müllcontainers beim Moda, wo es zusammen mit ihrem gefälschten Studentenausweis lag, den Leo Slaters Handlanger ihr abgenommen hatten, bevor sie von ihnen in den Kofferraum des Wagens verfrachtet worden war.

»Wie heißt du, Mädchen?«

»Zoe«, erwiderte sie, und die Lüge ging ihr auch jetzt wieder so leicht über die Lippen wie bei den drei Typen, die sie aus dem Kasino geführt hatten. Sie hatte haufenweise Alias, sodass es ihr gelegentlich schwerfiel, sich an ihren richtigen Namen zu erinnern – den Namen, den ihre Mutter Aiko ihr am Tag ihrer Geburt gegeben hatte und den sie nicht mehr gehört hatte, seit sie acht war.

Ihr skurriler Retter nahm es mit einem Brummen zur Kenntnis und musterte sie beunruhigend lange, ohne irgendetwas zu sagen. »Du wirkst nicht wie ein kleines, dummes Kind, Zoe«, meinte er schließlich. »Wie bist du also mit drei solchen Männern und ihrem Boss aneinandergeraten?«

Sie schluckte und versuchte zu entscheiden, mit welcher Geschichte sie wohl am besten fahren würde bei diesem gefährlichen Mann, der offensichtlich genau wie ihre ursprünglichen Häscher auf ihre Maskerade als Teenager hereingefallen war. Allerdings war dieser Stammesvampir kein Blödmann wie Gordo und Konsorten. Sein intelligenter, funkelnder Blick hing unverwandt an ihr, und sie wusste mit absoluter Sicherheit, dass er es merken würde, wenn sie versuchte, ihm noch mehr Lügen aufzutischen.

»Ich habe heute Abend versucht, ihnen etwas zu stehlen. Aus einem Kasino.«

»Geld?«, brummte er.

Sie nickte und zuckte zusammen, als diese kleine Bewegung einen heftigen Schmerz auslöste. »Ja, ich habe ein bisschen Geld aus einem Spielautomaten genommen, der gerade kaputtgegangen war. Sie haben mich geschnappt, ehe ich damit zur Tür raus konnte.«

Er hob das kantige Kinn und nickte dann leicht. »Vielleicht bist du ja doch dumm. Gier und falsche Entscheidungen sind die Hauptgründe, warum Leute mitten in der Nacht hier draußen landen.«

Sie zweifelte nicht daran, dass er recht hatte. Aber obwohl sie ihre Erklärung mit einer Prise Ehrlichkeit gewürzt hatte, sah sie keinen Grund, ihm zu erzählen, dass das »bisschen Geld«, das sie heute Abend zu stehlen versucht hatte, fast einen Betrag von zweitausend ausmachte, oder dass sie nur deshalb so dicht davor gestanden hatte, solch eine erkleckliche Summe Bargeld in ihren Besitz zu bringen, weil sie es geschafft hatte, den Automaten in einer Weise zu überlisten, zu der nur sie in der Lage war, um dann einen anderen Gast des Kasinos mit einem Hunderter zu schmieren, damit er den Gewinn für sie einsammelte und anschließend an sie weitergab.

Doch statt der grauhaarigen alten Dame aus Kansas, mit der sie sich zur Geldübergabe am Fahrstuhl verabredet hatte, war Naomi von den Sicherheitskräften des Moda erwartet worden.

Sie war nicht bereit, ihre Beweggründe mit Gier zu erklären, doch sie musste wohl einsehen, dass es tatsächlich die falsche Entscheidung gewesen war, so ein großes Risiko einzugehen. Von jetzt an würde sie sich nicht mehr auf Mittelspersonen verlassen, wenn es ums Einsammeln ihrer Beute in Slaters Kasino ging. Sie würde in Zukunft erfinderischer sein müssen.

Abwesend rieb sie sich die Handgelenke, während sie versuchte, wieder klar zu denken.

Alles tat ihr weh. Es war ein langer Tag gewesen und eine noch längere Nacht. Ihr Hirn war wie Brei, und sie wollte einfach nur nach Hause, in ihr Bett steigen und eine Stunde oder zehn liegen bleiben. Obwohl ein verbliebener Rest von Vernunft ihr sagte, dass lange zu schlafen wohl das Schlimmste war, was man bei einer Gehirnerschütterung tun konnte, war sie doch so erschöpft, dass sie es gerade mal schaffte, nicht umzukippen. Wenn sie nicht bald aus dieser Wüste rauskam und wieder zurück nach Vegas fuhr, würde sie wohl noch an Ort und Stelle zusammenbrechen.

Ihre Fähigkeit, schlaue Pläne zu machen und wagemutige Aktionen zu veranstalten, schwand im gleichen Maße, wie sich ein immer dichterer Nebel über ihr Gehirn legte und ihre Beine immer schwächer wurden. Und auch ihre Möglichkeiten wurden immer weniger. Sie musste sich von ihrem ursprünglichen Plan verabschieden, wegzulaufen und sich zu verstecken, bis sie gefahrlos zur Autobahn laufen oder sich mitnehmen lassen konnte. In ihrem gegenwärtigen Zustand würde sie zu Fuß nirgends hinkommen.

Das hieß, dass sie nicht nur in der Schuld dieses Stammesvampirs stand, sondern auch auf seine Barmherzigkeit angewiesen war. Da weder Kampf noch Flucht Optionen waren, die zur Verfügung standen, während er drohend über ihr aufragte, musste sie die Situation mit ihrem Verhandlungsgeschick lösen … und Unverfrorenheit.

Welche Vorgehensweise sie wählte, war eigentlich egal. Im Grunde könnte sie auch würfeln.

Himmel, sie zog es eindeutig vor, wenn Würfel zu ihrem Vorteil gezinkt waren.

»Hören Sie, Mister, äh … welchen Namen hatten Sie noch gleich genannt?«

»Ich hatte gar keinen genannt.« Diese schimmernden Stammesvampiraugen schienen sie förmlich zu durchbohren. »Man nennt mich Asher.«

Ein ungewöhnlicher Name und auch eine seltsame Formulierung. Andererseits war an dieser Nacht sowieso nichts normal; am allerwenigsten die Begegnung mit ihm.

»Okay, Asher.« Sie nickte. Das schmerzhafte Schwappen ihres Gehirns erinnerte sie daran, dass selbst kleinste Bewegungen im Moment keine gute Idee waren. Seine Miene wurde noch finsterer, als eine erneute Woge von Übelkeit sie schwanken ließ. »Wie ich schon sagte, Asher, ich weiß es wirklich zu schätzen, was Sie hier für mich getan haben. Und auch wenn Sie sich keine Sorgen wegen des Lochs in Ihrer Brust machen, tut es mir doch leid, dass Sie angeschossen worden sind, als Sie versuchten, mir den Hintern zu retten. Jetzt würde ich gern nach Hause, ein schönes heißes Bad nehmen und dann eine Woche lang schlafen. Ich bin mir sicher, dass es etwas gibt, was auch Sie heute Nacht noch gern machen wollen.«

Während sie sprach, glitt sein Blick aufmerksam musternd über ihr Gesicht. Wenn das Missfallen, das seine Miene ausdrückte, irgendwelche Rückschlüsse zuließ, dann musste man wohl davon ausgehen, dass ihm nicht gefiel, was er sah. »Du redest zu viel.«

Und er gab kaum ein Wort von sich, was eigentlich egal war. Aber seine ausdruckslose Miene und der seiner Art eigene Blick gaben genauso wenig preis wie die kurzen, knappen Sätze und das tonlose Knurren, das sein Markenzeichen zu sein schien. Sie meinte jedoch, den Eindruck zu haben, dass er sie genauso schnell loswerden wollte, wie sie darauf erpicht war, drei Kreuze hinter den ganzen Abend zu machen.

»Okay«, verkündete sie und wurde dabei fast von Hochstimmung erfasst. »Dann schätze ich mal, dass ich mich jetzt auf den Weg mache. Gordo und seine Freunde werden den Wagen ja nicht mehr brauchen, also suche ich jetzt den Schlüssel und fahre los.«

Sie zwang sich zu einem schmalen Lächeln, obwohl ihr Kiefer dabei anfing höllisch zu schmerzen. Doch er erwiderte das Lächeln nicht.

»Du siehst noch nicht mal alt genug aus, um überhaupt fahren zu dürfen.«

»Ich bin sechsundzwanzig«, schnaubte sie.

»Dass ich nicht lache.« Die blitzenden Augen glitten wieder über sie und musterten sie diesmal von Kopf bis Fuß. Das dauerte nicht lange, wenn man bedachte, dass sie noch nicht einmal einen Meter sechzig groß war. Außerdem war sie in mehrere Lagen locker sitzender Kleidung gehüllt, in der drei von ihrer Statur Platz gefunden hätten.

»Ich bin kein Mädchen mehr«, brummte sie leise, trotzdem hörte man ihr die Entrüstung deutlich an. »Diese Schwachköpfe haben nur wegen meiner Kleidung angenommen, ich wäre noch nicht erwachsen, und weil ich ihnen gesagt hatte, ich wäre noch nicht volljährig. Ich hatte gedacht, das würde reichen, damit sie mich laufen lassen, aber da habe ich mich wohl geirrt.«

Ihm schien nicht zu gefallen, was er da hörte. »Du bist also kein Kind mehr?«

»Ich mag vielleicht fast fünfzig Zentimeter kleiner sein und nur halb so viel wiegen wie Sie, aber ich bin eine erwachsene Frau.«

Das war wahrscheinlich nicht das Schlaueste, was man einem Jäger wie ihm, der jetzt den Kopf auf die Seite legte und sie aus schmalen Augen noch durchdringender musterte, sagen konnte, aber sie gab ihrer Gehirnerschütterung die Schuld an der unbedachten Äußerung. Davon abgesehen würde ihr Alter wohl sowieso keine Rolle spielen, wenn dieser Mann über sie herfallen wollte. Außerdem hätte er bereits genug Zeit und Gelegenheit gehabt, ihr das Schlimmste anzutun.

Zumindest war das die Erklärung, an die sie sich klammerte, während sie inständig hoffte, dass sie es schaffen würde, sich aus diesem Schlamassel zu befreien.

Die schmerzhaften Krallen, die ihren Schädel umklammerten, verstärkten ihren Griff. Sie stöhnte auf, ehe sie den mitleiderregenden Laut zurückhalten konnte.

»Du bist verletzt. Die Schwellung an deinem Kopf muss behandelt werden.«

»Ich weiß«, sagte sie, obwohl es ihr schwerfiel, es einzugestehen. Himmel, sie hasste Schwäche und Hilflosigkeit mehr als alles andere auf der Welt. Diese Empfindungen waren ständige Begleiter ihrer Kindheit gewesen, und deshalb kämpfte sie jeden einzelnen Tag darum, diese Gefühle nie wieder in ihr Leben zu lassen.

Sie hörte, wie er tief einatmete – und dabei einen unterdrückten Fluch ausstieß. »Das nächste Krankenhaus ist in Henderson. Du bist nicht in der Verfassung zu fahren, geschweige denn so einen weiten Weg auf dich zu nehmen.«

Er hatte wahrscheinlich recht. Nein, er hatte eindeutig recht. Plötzlich erfasste sie eine Woge der Erschöpfung, und sie stöhnte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so müde gewesen war. In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen, und sie konnte nur noch verschwommen sehen. Verdammt, sie wurde immer schwächer. Was es ihr an Kraft abverlangen würde, es bis hinter das Lenkrad zu schaffen, sorgte wahrscheinlich dafür, das zu vollenden, was Leo Slaters Handlanger mit ihr vorgehabt hatten.

Aber welche andere Wahl hatte sie denn?

»Lass uns los«, sagte er tonlos.

»Los?« Sie blickte benommen und verständnislos zu ihm auf und sah, dass er mit seinem kantigen Kinn kurz nickte.

»Zum Krankenhaus. Ich bringe dich hin.«

Oh, shit. Meinte er das ernst? Sie sollte mit ihm in einen Wagen steigen? Sollte glauben, dass er wirklich tat, was er sagte, und nicht stattdessen irgendwo anders mit ihr hinfuhr, um ihre Schulden einzutreiben, indem er ein oder zwei Liter von ihrem Blut trank?

»Nein.« Ihre Antwort kam wie aus der Pistole geschossen … keine schlechte Leistung, wenn man bedachte, dass ihr Mund völlig ausgetrocknet war und sie ihre Zunge kaum mehr bewegen konnte. Sie wich einen Schritt zurück, und vor ihren Augen verschwamm alles. »Ich schaffe das schon selbst«, murmelte sie, und ihre Worte wurden immer undeutlicher, während sie sprach. »Ich brauch nur … ’ne Minute … um auszuruhen … und Kraft …«

Sie war noch lange genug bei Bewusstsein, um zu spüren, wie die Beine unter ihr anfingen nachzugeben.

Aber ob sie kurz darauf auf den harten Wüstenboden aufschlug, bekam sie nicht mehr mit.

Zum zweiten Mal in dieser Nacht wurde um sie herum plötzlich alles unausweichlich. Völlig dunkel.

3

Asher hielt die bewusstlose Frau in den Armen, während die nächtliche Brise seinen leisen Fluch davontrug.

Selbst in Tonnen formlosen Stoffs und Jeans gehüllt, wog sie fast nichts. Zwar hatte es ihm überhaupt nicht gefallen zu erfahren, dass sie nicht nur eine Frau, sondern auch noch eine erwachsene Frau war, doch zumindest etwas war zu seinen Gunsten verlaufen. Durch all die Schichten an Kleidung wurde es seinen Fingern erspart, ihre Haut zu berühren. Wäre es zu dieser Art des Körperkontakts gekommen, würde sein Geist jetzt mit den schlimmsten und quälendsten Erinnerungen der Frau überflutet werden.

Er schaute auf ihren herunterhängenden Kopf und das seidige, schulterlange, schwarze Haar und erkannte erst jetzt, wie schön sie tatsächlich war. Die Bezeichnung zart wurde ihren Zügen nicht gerecht. Abgesehen von der viel zu großen, schlichten Kleidung, die sie anhatte, war sie das Abbild einer teuren Porzellanpuppe – ein zierlicher Engel mit ebenholzschwarzem Haar, der in seinen kräftigen Armen schlief.

Ihre mandelförmigen Augen wiesen ein atemberaubendes Goldbraun auf, das ihm aufgefallen war, ehe sie das Bewusstsein verloren hatte. Jetzt verbargen die gesenkten Lider den intelligenten Blick, und ein dichter Kranz aus pechschwarzen Wimpern ruhte auf der milchigen Glätte ihres Gesichts. Der engelhafte Mund, der bestimmt nie viel Ruhe fand, wie er annahm, war jetzt entspannt, und leise Atemzüge entwichen den leicht geöffneten Lippen, die für seinen Seelenfrieden viel zu sinnlich waren.

»Zoe«, sagte er und hoffte, dass der Klang ihres Namens sie wecken würde.

Aber sie regte sich noch nicht einmal andeutungsweise. Und nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob es überhaupt ihr richtiger Name war. Die Frau war eine Kämpferin durch und durch, so viel konnte er sehen. Ganz abgesehen davon, dass sie auch eine Diebin war, wie sie selbst zugegeben hatte. Aber sie war auch ein Dummkopf, wenn sie meinte, sie könnte sich mit einem offensichtlich mächtigen Kasinobetreiber anlegen, der ihren Tod in Auftrag gegeben hatte, und dann einfach nach Vegas zurückmarschieren, als ob nichts passiert wäre.

Andererseits war das nun wirklich nicht sein Problem.

Trotzdem stand er jetzt hier und war keinen Deut weiter in dieser unerfreulichen Situation als in dem Moment, in dem er Neds Truck an den Straßenrand gelenkt hatte, um sich das Ganze näher anzusehen.

Nein, er steckte jetzt sogar tiefer drin, denn jetzt musste er die Leichen entsorgen und das unerwünschte Paket, das er in den Armen hielt, in der Notaufnahme des nächsten Krankenhauses abladen.

Was für Probleme oder Ärger sie sich dann einhandelte, ging ihn nichts an.

Asher trug sie zu der Stelle, wo Gordo und seine Kumpane lagen, und legte sie vorsichtig auf ein sauberes Stück Sand, um sich dann um die Entsorgung der Leichen zu kümmern. Sobald er ein großes Loch ausgehoben und die drei Dauerbewohner darin untergebracht hatte, fuhr er den Wagen so tief in dorniges Gestrüpp, dass man ihn nicht so schnell von der Straße aus entdecken würde. Dann ging er zurück, um sich um die Frau zu kümmern.

Er rechnete schon fast damit, dass sie wieder weg sein würde, wenn er zurückkam. Oder vielleicht hoffte er das auch nur.

Aber sie lag genau da, wo er sie zurückgelassen hatte, und schlief immer noch so unnatürlich tief, was ihr mehr schaden als guttun würde, wenn die Gehirnerschütterung tatsächlich so schwer war, wie er vermutete.

Er hockte sich neben ihr hin und versuchte, nicht darauf zu achten, wie süß und unschuldig sie aussah … oder dass sie so hübsch war, dass ihr Anblick schon fast schmerzte. Wie lange war es her, dass er eine Frau gehabt hatte?

Einen Monat wohl, nahm er an. Himmel, vielleicht sogar zwei.

Viel zu lang angesichts der Regungen, die in ihm erwachten, als ihr reiner, betörender Duft seine Sinne umspielte und ein besitzergreifendes Verlangen entzündete, das er nicht wahrhaben wollte. Der Drang, sie zu berühren, war fast zu stark, um ihm zu widerstehen.

Das dunkelrote Blut, das als getrocknetes Rinnsal an ihrer Schläfe zu sehen war, entspannte die Situation für ihn auch nicht gerade.