Hyperion - Manfred Ehmer - E-Book

Hyperion E-Book

Manfred Ehmer

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Beschreibung

Vom Titanenkampf, vom Sturz der alten Götter und ihrem Aufbegehren gegen die neuen Herrscher im Olymp handelt das dramatische Gedicht Hyperion des Lyrikers John Keats (1795-1821), der mit Shelley und Lord Byron zu den Hauptvertretern der englischen Romantik gehört. Hyperion, ein Hohelied auf die Freiheit, auf Rebellion und Kampf gegen Unterdrückung, ein unsterbliches Werk der Weltliteratur, wird hier in einer freien Nachdichtung von Manfred Ehmer vorgelegt.

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Seitenzahl: 68

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Manfred Ehmer

Ein Fragment von John Keats

Hyperion © 2021 Manfred Ehmer

Umschlagbild, Satz und Layout:

Manfred Ehmer Graphic Studio

Verlag & Druck: tredition GmbH,

Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

Teil 6 der Reihe edition theophanie

ISBN: 978-3-7482-5488-1 (Paperback)

ISBN: 978-3-7482-5489-8 (Hardcover)

ISBN: 978-3-7482-5490-4 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Besuchen Sie den Autor auf seiner Homepage:

www.manfred-ehmer.net

Inhaltsverzeichnis

John Keats

Hyperion

Buch I

Buch II

Buch III

Hyperions Fall

Helios

Glossar

Bibliographie

Abbildungen

JOHN KEATS (1795–1821)

John Keats

Leben und Werk

Der Dichter John Keats (1795–1821), der mit Lord Byron und P. B. Shelley das strahlende Dreigestirn der englischen Romantik bildet, ist zuweilen mit Hölderlin verglichen worden, ja man kann ihn geradezu einen „englischen Hölderlin“ nennen; denn auch Keats schuf ein längeres Fragment mit dem Titel Hyperion – allerdings keinen Briefroman, wie der deutsche Klassiker einen schrieb, sondern eine epische Dichtung in Blankversen, formell zwar in der Nachfolge Miltons, aber ganz im Geist der griechischen Klassik gehalten. Unter den englischen Romantikern war Keats derjenige, der am tiefsten den Geist des klassischen Griechentums in sich aufgenommen hat, der am intensivsten auf das große Vorbild der antiken Poesie zu antworten verstand. Während bei Hölderlin jedoch der dunkle, feierlich-bewegte Gesang Pindars forttönt, glaubt man bei Keats eher das attische Lied durchklingen zu hören, wie es zuerst Archilochos, Alkman und Alkaios anstimmten.

Wie Hölderlin zeitlebens in seiner dichterischen Größe unerkannt blieb, schließlich einsam und geistig umnachtet verstarb – so wurde auch Keats zu seinen Lebzeiten verkannt, ja in der literarischen Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen; nur wenige seiner engeren Freunde, darunter das Ehepaar Shelley, ahnten wohl seine Bedeutung. Erst lang nach seinem Tod gelangte er in seiner Heimat England im Kreis der Präraffaeliten zu Ansehen und Bekanntheit; in Deutschland hat er sich bis heute noch kein Heimatrecht erworben, obwohl so bedeutende Geister wie Hugo von Hofmansthal und Rainer Maria Rilke immer wieder auf die Leistung dieses poetischen Genies hingewiesen haben. Und Keats war ein Genie; seine Werke, in einem ungeheuer kurzen Leben in einem geradezu fieberhaften Schaffensrausch hingezaubert, gehören zur Weltliteratur. Es war ihm allein vergönnt, wenn auch posthum, alle seine Zeitgenossen zu überflügeln – Wordsworth, Coleridge, Byron, Shelley; er ließ auch alles „Romantische“ weit hinter sich und wurde zum „Klassiker“ vom Format eines Hölderlin. So konnte denn Alfred Tennyson, der allseits anerkannte poeta laureatus der viktorianischen Zeit, über Keats sagen: „Wir alle kommen von ihm, und er wäre unser Größter geworden“.

Später, als der Stern Keats' auch in Europa aufging, war es Georg Brandes, der ihn erkannte als den „mit den schärfsten Sinnen und der feinsten universellen Sinnlichkeit ausgestatteten Sensualisten, der alle Nuancen von Farbenpracht und Vogelsang und Seidenweichheit und Traubensaft und Blumenduft, die die Natur umfasst, sieht, hört, fühlt, schmeckt und einatmet“. In der Tat: Keats ist der Dichter des englischen Sensualismus, in dem sich eine große Vision, von Milton und Spenser herkommend, mit einer neuen, intensiven, leiden schaftlichen Sinnlichkeit verbindet. Alles wurde dem jungen Dichter zur Natur; alles war ihm blühende, atmende Leibhaftigkeit. Die Neigung des Engländertums zur sinnlichen Erfassung der Wirklichkeit, verbunden meist mit einer Abneigung gegen abstraktes Denken, hat bei Keats – in keiner Weise puritanisch gezügelt, sondern durch die Hinwendung zur griechischen Klassik eher noch bestätigt und gesteigert – den reinsten künstlerischen Ausdruck gefunden. Gerade dieser Zug zum Sinnlichen, Männlich-Herben, Praktischen, Naturhaften unterscheidet ihn von dem ihm ansonsten geistesverwandten Percy Shelley (1792 –1822).

Shelley und Keats, beide in etwa Altersgenossen, beide auch im Dienst an ein gemeinsames Ideal miteinander befreundet, bilden eine Polarität – Shelley, eine zarte sylphengleiche Natur, dessen Verse stets geisterhaft zu schweben und zu schwingen scheinen, ist der eigentliche „Romantiker“ unter den Engländern: ätherisch, verklärend, stets auf eine geheimnisvolle Geisterwelt hin ausgerichtet, naturverbunden zwar, aber doch immer etwas erdenfern, letzten Endes im Unbestimmten verschwimmend. Keats dagegen ist, im Gegensatz zu diesem allzu Ätherischen, im strengen Sinne der „Klassiker“ unter den englischen Dichtern: herber, männlicher, formbestimmter, ganz auf Schönheit, Sinnlichkeit und Harmonie ausgerichtet; seine Verse sind bündiger, kerniger, kompakter als die Shelley's.

Der 1930 verstorbene Robert Bridge, auch ein „Poet laureate“ in England, sah bei Keats „die höchste aller dichterischen Gaben“ vorhanden, nämlich „die Fähigkeit, alle weitverzweigten Mittel der Sprache konzentrisch auf einen Punkt zu richten, derart, dass ein einzelner, anscheinend sich ganz von selbst einstellender Ausdruck die künstlerisch empfängliche Einbildungskraft in dem Augenblick beglückt, in dem ihre Erwartungen und ihre Ansprüche aufs Höchste gestiegen sind und der zugleich dem Geiste einen überraschend neuen Aspekt der Wahrheit erschließt“.

Über dem Leben des Dichters John Keats liegt eine große Tragik – die Tragik des Nicht-Vollenden-Könnens; denn sein Leben währte nur 26 Jahre, das letzte Jahr davon war ohnehin nur Siechtum im Angesicht einer unheilbaren Krankheit. Alles, was seine dichterische Hinterlassenschaft ausmacht, schrieb er in einer Frist von nur vier Jahren nieder – so musste sein Werk, obgleich vom Ansatz her monumental angelegt, doch nur Fragment bleiben. Er starb, ohne das Angefangene vollenden zu können, wie auch sein ganzes Leben einem Fragment gleicht.

Geboren am 31. Oktober 1795, aus kleinen Verhältnissen stammend, Sohn eines Londoner Mietskutschenbesitzers, früh verwaist, zudem durch seine lungenschwindsüchtige Mutter erblich schwer belastet, begann er zunächst ein Medizinstudium, um sich aber 1816 – als Einundzwanzigjähriger – ganz auf seine Dichtervision zu werfen; er legte zwar noch die Apothekerprüfung ab, versuchte aber schon mit Hilfe des damals bewunderten Dichters Leigh Hunt sich einen Weg in die Öffentlichkeit zu bahnen. Sein erster Gedichtband – Poems 1817 – fand in der Öffentlichkeit jedoch wenig Anklang.

Ein Jahr später versuchte er es mit der mythologischen Dichtung Endymion. Der Themenkreis des Endymion ist bereits ein klassisch-antiker: nach der griechischen Mythologie war Endymion, Sohn des Aethlios und der Kalkye, der Geliebte der Mondgöttin Selene, die ihn im Schlaf besuchte und ihm 50 Töchter gebar; in verschiedenen literarischen Bearbeitungen seit Shakespeare erkennen wir den römischen Ovid als Quelle. Keats gab jedoch dem Stoff eine ganz eigene Prägung: hier ist es eine Traumreise zum Ewig-Schönen, zwischen irdischer und himmlischer Liebe aufgespannt, bis sich die Mondgöttin Chynthia auch im Irdischen als Erfüllung offenbart; Klassik und Romantik sind noch in wundersamer Weise miteinander verschmolzen, dionysische Wildheit erscheint in apollinischem Maß gezügelt.

Endymion besteht Abenteuer, die symbolisch das Erwachen des Dichters zur Kunstschönheit darstellen. Der erhoffte Erfolg blieb auch hier aus – allein, schon die Eingangsverse geben geradezu programmatisch das Leitwort seines ganzen Dichtens wider: A thing of beauty is a joy for ever – ein Werk der Schönheit ist eine Freude für immer. In einem Brief an Bailley (1818) führte Keats aus, warum die Poesie und nicht das Christentum seine Religion ist; allein das „glühende Streben“ unseres Geistes heiligt die Dinge. In den wenigen Lebensjahren, die ihm noch verblieben, steigerte er sein Können zur Meisterschaft: die Natur wird ebenso schwelgerisch besungen wie die bildende Kunst; Poesie, Kunst und Natur wuchsen ihm zur Einheit zusammen. Die Religion der Poesie, der Keats huldigte, gründet sich auf einen Kult der Schönheit: hinter allem Sinnlich-Schönen liegt das Ewig-Schöne, das zugleich das Ewig-Wahre ist. „Schönes ist wahr und Wahres schön“ – so lautet der triumphierende Schlussakkord seiner berühmten Ode auf eine griechische Urne, die den unverkennbaren Ton Keats'scher Lyrik trägt und vielerlei Eindrücke in fünf virtuosen Strophen verdichtet. In der letzten Strophe tritt uns die griechische Urne geradezu als ein Sinnbild der ewigen Schönheit entgegen:

Attische Form! Du Werk nach edlem Maß

Aus Männern, Mädchen, marmorn aufgereiht,

Aus Walddorn, Lorbeer und zerstampften Gras:

Verschwiegner Krug, o schöpf mir Ewigkeit!

O Hirtenlied von Gold, o blau umloht!

Verdirbt auch dies Geschlecht in kurzer Frist,

Du überdauerst Leid und Zeit und Tod,

Freundin des Menschen, lehre mein Gedicht:

„Schönes ist wahr und Wahres schön – dies ist,

Was ihr auf Erden wisst, mehr frommt euch nicht.“

Im Mittelpunkt von Keats' dichterischem Schaffen steht eindeutig der Hyperion,