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Goldador Hündin Luna erzählt die Geschichte, wie sie mit ihren Zweibeinern aus der Schweiz nach Portugal auswanderte. Dort angekommen, überschlugen sich die Ereignisse und die Pläne, Land und Leute kennen zu lernen, mussten einem Gnadenhof für kranke, alte und nicht vermittelbare Tiere weichen. Nachdem sich die Zweibeiner auch noch mit der regionalen Mafia angelegt hatten, musste der Gnadenhof nach Spanien übersiedeln, wo sie krampfhaft versuchten, ein FürimmerZuhause zu finden. Lunas Zweibeiner Mutti erklärt dazu die Hürden und Probleme, die sie als Schweizer, in zwei fremden Ländern erwarteten und liefert wichtige Fakten und Tipps, die man als Auswanderer kennen und beachten sollte. Dieses Buch ist eine Mischung aus Reisetagebuch, Reiseratgeber und Auswanderer-Info in Einem, verpackt in einer emotionsgeladenen Geschichte, erzählt durch die Augen eines Vierbeiners. Die gesamten Einnahmen werden restlos an Tacork Cortegana gespendet und werden vollumfänglich für die Tiere auf dem Hof eingesetzt!
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Seitenzahl: 347
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Vorwort
Widmung
Danksagung
Wie dieses Buch entstand
Luna, genannt Lüüneli, das bin ich
Meine Zweibeiner Mutti, alias die Mutti
Mein Zweibeiner Papa, alias der Papa
Die Zweibeiner
Unsere Vorgeschichte
Die Vorbereitungen
Schweiz - Portugal das Abenteuer beginnt
Mein letztes Mal in der Schweiz
Portugal zum Zweiten
Alles Gute kommt von Oben
Ein Gehege voller Hunde
Und plötzlich ist alles anders
Das neue Projekt
Der Gnadenhof wird geboren
Die einen kommen, die anderen gehen
Es werden immer mehr
Keinen Respekt vor der Natur
Das kommt davon!
Noch einmal ganz von vorne
Ein Gnadenhof wandert aus
Es kommt immer anders, als man denkt
Das Haus auf dem Berg
Schon wieder ein neues Haus
Scoobys letzte Reise
Scoobys letzter Tag
Es nimmt kein Ende
Andalusien - bald am Ziel?
Das Haus am See
Wird doch noch alles gut?
Never ending Story
Das Ziel rückt näher
Sind wir bei „Versteckter Kamera“?
Wenn die Warterei zur Folter wird
Irgendwann ist auch mal gut!
Was kommt denn noch alles?!
Ein Schritt nach vorne und wieder zwei zurück
Kann es wirklich sein, dass es nun zu Ende ist?
Der Umzug, endlich geschafft!
Who is Who?
Was bisher geschah…
Nachwort
Muttis Gedanken und Ergänzungen
Wieso nicht einfach wieder „Back to the roots“?
Fotogallerie
Unterschiede Schweiz-Portugal-Spanien
Zusatzkapitel: Auswanderer Infos
Die Abmeldung in der Schweiz
Umzugsgut
Steuern
Wichtige Links
Ich trage den wunderschönen Namen Luna und erzähle euch hier, zusammen mit meiner Zweibeiner Mutti, die Geschichte unserer Auswanderung und was wir seither alles erleben durften. Mit vielen Hochs und Tiefs, Freuden und Leiden, Schwierigkeiten und Herausforderungen, die uns dabei unterstützten oder aber im Wege standen.
Dieses Buch ist eine Mischung aus Reise-Tagebuch, Abenteuergeschichte und einer Art Auswanderer Ratgeber.
Für die Geschichte bin hauptsächlich ich zuständig. Die Mutti hilft mir dabei, die erlebten Abenteuer mit den richtigen Worten auf Papier zu bringen, ergänzt die Themen und/oder Kapitel, indem sie die Umstände erklärt, die zu bestimmten Ereignissen führten.
Übrigens:
Muttis Kommentare und Erklärungen sind in Schrägschrift (kursiv) geschrieben, damit sie sich leichter von meinen Zeilen unterscheiden lassen.
Ich widme dieses Buch meinen zwei geliebten Vierbeiner Brüdern Neo und Scooby, die beide nicht mehr unter uns weilen, sich aber bestimmt jeden Tag köstlich amüsieren, wenn sie von ihren Wolken auf uns runterblicken.
Neo, im wahren Leben eigentlich mein Cousin, trat im Juni 2017, nach einer Krebserkrankung, die Reise über die Regenbogenbrücke an.
Scooby, mein Hof-Bruder aus Portugal, folgte ihm im Mai 2022, mit einem stolzen Alter von 15 Jahren; nach vier wunderbaren, gemeinsamen Jahren.
„Ich bin unendlich dankbar, dass ihr zwei tollen Seelen, Teil meines Lebens seid und ich freue mich auf den Tag, an dem wir uns alle wiedersehen werden!“
Neo 2007-2017
Scooby 2007-2022
Unser spezieller Dank geht an meine Zweibeiner Oma Monika und meine Freundin Renate, die die Mutti dazu drängten, endlich mit mir zusammenzuarbeiten und meine Worte niederzuschreiben.
Merci vo Härze Mämmu, Muito Obrigada Renate!
Zudem bedanken wir uns bei allen in diesem Buch erwähnten Personen, die uns durch ihr Sein und Tun elementare Lektionen des Lebens gelehrt haben.
Aber auch die Menschen, die uns geholfen, uns unterstützt und weitergebracht haben, wollen wir hier keinesfalls vergessen! Sie sind ein unentbehrlicher Teil unserer Geschichte, damit aus all diesen Erlebnissen und Begegnungen, ein hoffentlich spannendes und interessantes Buch entstehen konnte.
Ein ganz spezieller Dank geht an Laura und Stefanie.
Laura unsere Lektorin, die das Buch unentgeltlich lektoriert hat und der Mutti jederzeit mit Rat und Tat zu Hilfe eilte.
Ohne Stefanie, unsere Immobilienexpertin, hätten wir die letzten 20 Monate nicht halb so gut überstanden! Sie war immer für meine Zweibeiner da, egal wie schwierig die Situation war.
Danke euch für eure Unterstützung und Hilfe!
Grazie Laura, Muchas Gracias Stefanie!
Ich habe mich im Vorfeld lange damit beschäftigt und mich ausführlich informiert, was ich alles beachten muss, wenn ich ein Buch schreiben will. Schliesslich schreibt Hund nicht jeden Tag ein Buch!
Es hiess, man sollte sich erst im Klaren sein, was man überhaupt schreiben will, wie der Ablauf der Geschichte sein soll und dass die Leser gerne wissen, von wem oder was die Geschichte handelt. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich mich schwertue, zu gendern. In der Tierwelt gibt es nur Mann oder Frau, kein halb-halb oder ein komplett verändertes Geschlecht, sondern einfach nur Mann und Frau. Etwas anderes kenne ich nicht und ist mir auch noch nie begegnet. Es kann auch gut möglich sein, dass ich hier und da ein schweizerdeutsches Wort oder eine typisch schweizerische Satzstellung mit drin habe, die die Mutti und ich übersehen haben und Laura mit Absicht nicht geändert hat, um den Charakter des Satzes nicht zu verändern. Ich hoffe, ihr verzeiht mir das, denn inzwischen habe ich ein richtiges Sprachenchaos im Kopf. Wenn man, so wie ich, in der Weltgeschichte rumreist, kann das schon mal vorkommen.
Ich habe auch gelesen, dass man sehr vorsichtig sein und viele Dinge beachten muss, wenn man die richtigen Namen der Personen oder Figuren verwendet, weshalb ich mir für jeden Charakter einen fiktiven Namen ausgedacht habe.
Damit ihr nun aber wisst, wer wir drei Schweizer überhaupt sind, stelle ich euch jetzt einmal meine Zweibeiner und mich etwas genauer vor, sodass ihr im Bilde seid, von wem ich da eigentlich die ganze Zeit erzähle.
Nun wünsche ich viel Vergnügen beim Lesen, Lachen, Staunen und Weinen!
Es sind die ohne Schuhe,
die jeden Weg mit uns gehen.
Es sind die ohne Geld,
die uns all das geben,
was unbezahlbar ist.
Es sind die, die nichts versprechen,
die uns nie enttäuschen.
Es sind die, die nichts besitzen,
die uns oft mehr geben können,
als die meisten Menschen.
(Silvia Rassloff)
Wie ich bereits erwähnte, höre ich auf den Namen Luna, den ich mir übrigens selber aussuchen durfte! Ich fand damals, meine Zweibeiner Mutti könnte ein wenig Licht in ihrem Leben gebrauchen. Also suchte ich diesen wunderschönen Namen für mich aus.
Ich bin eine schwarze Labrador-Golden Retriever Mischlings Dame, eine sogenannte Goldador Hündin. Von meinem Papa, einem blonden Golden Retriever, habe ich die Beschaffenheit meines Fells, die Form meiner Augen und die etwas längeren Haare geerbt, während ich die Fellfarbe und meine wunderschöne Augenfarbe, von meiner Mama, einer schwarzen Labrador-Hündin, bekommen habe.
Seit ich 16 Wochen alt bin, lebe ich nun schon bei meiner Zweibeiner Mutti. Das ist eine ganz schön lange Zeit, denn ich wurde im Juni 2023, bereits neun Jahre alt. Meine Hobbys sind Essen, Kuscheln, Baden gehen, Löcher buddeln, Chillen und Mäuse fangen.
„Luna jagt an Orten nach Mäusen, wo es gar keine Mäuse gibt, denn würde eine Maus vor Lunas Nase sitzen, würde sie diese nicht als solche erkennen! Sie jagt eher irgendwelche Geister-Mäuse. Doch wenn man im Garten ein Loch braucht, muss man nur auf die gewünschte Stelle zeigen und ihr dann sagen, dass es dort Mäuschen gibt - und schon hat man ein Loch. Doch falls du sie nicht wieder stoppst, musst du damit rechnen, dass sie dir den ganzen Garten umgräbt”
Die Mutti wurde im Mai 1974, im Kanton Aargau, in der schönen Schweiz geboren. Sie war schon immer etwas anders und schwamm meistens gegen den Strom, was ihr eine nicht ganz einfache Kindheit und Jugend bescherte.
Da sie mit 17 Mutter wurde und ihren Sohn Liam, mehr oder weniger alleine grosszog, lernte sie schon sehr früh, den Ernst des Lebens kennen, da sie nicht nur schlagartig erwachsen werden musste, sondern damit auch gleich die Verantwortung für eine weitere Seele übernahm. Zuletzt war die Mutti selbständig und führte ein kleines Reform- und Lebensmittelgeschäft. Als sie bei einem Urlaub im Jahre 2000, nach einem Zeckenbiss Lähmungserscheinungen und Dauerschmerzen bekam, musste sie ihr Geschäft schweren Herzens aufgeben. Danach folgte die sukzessive Abkapselung von Gesellschaft und System. Sie absolvierte verschiedene Ausbildungen und Diplomlehrgänge im Bereich Natur- und Tierheilkunde.
Ihre Hobbys und Interessen aufzuzählen, würde die nächsten fünf Seiten füllen, weshalb ich es einfach "an vielem sehr interessiert" nenne.
Seit 2006 ist die Mutti nun ganztägig zu Hause, da sie mit der Krankheit keine Arbeitsstelle mehr findet und aufgrund ihres Gesundheitszustandes eine Invalidenrente bezieht.
Der Papa ist gleich alt wie die Mutti. Er wurde im Dezember 1974, im Schweizerischen Kanton Zürich geboren und wuchs danach im Kanton Aargau auf.
Er war verheiratet und hat zwei Töchter. Anastasia, die Ältere, wurde 2000 geboren und Leonora, die "Kleine", erblickte 2003 das Licht der Welt.
Als zehnjähriger Junge wurde der Papa sehr krank und erlitt dadurch eine Entzündung seines Gehirns. Sein Körper verlor sämtliche Erinnerungen an normale, alltägliche Tätigkeiten wie selbständiges Essen, Sprechen oder Laufen. Nachdem er wieder gesund war, musste der Papa alles von Grund auf neu erlernen. Das war eine schwierige und langwierige Zeit, in der es viel Willen, Kraft und Geduld brauchte. Auch er war jemand, der mehrheitlich gegen den Strom schwamm und mit einer Logik ausgestattet wurde, die ihn damals schon, vieles hinterfragen liess.
Nach einer Lehre als Elektriker, einer zusätzlichen Anlehre als Hochbauzeichner und einem Abschluss der Handelsschule, wurde auch er krank und konnte ab 2006, nicht mehr in der freien Wirtschaft arbeiten.
Eine generalisierte Organentzündung verursacht, dass er seither als arbeitsunfähig gilt und deshalb wie die Mutti, eine Invalidenrente bezieht.
Meine Zweibeiner sind nur zwei Dörfer auseinander, aufgewachsen und zur Schule gegangen. Trotz vieler Gemeinsamkeiten und sogar demselben Freundeskreis, begegneten sie sich erst 2015, an einem Konzert von Muttis Sohn Liam, das erste Mal. Ein Jahr später trafen sie sich dann "per Zufall", das zweite Mal und gehen seit diesem Tag gemeinsam denselben Weg. Da beide schon krank und somit arbeitsunfähig waren, bevor sie zusammengekommen sind, sind sie, mit wenigen Ausnahmen, seit Oktober 2017, dauerhaft, 24 Stunden, 7 Tage die Woche und 365 Tage im Jahr zusammen.
„Und das, ohne gegenseitiges Köpfe einschlagen!“
Meine Zweibeiner sind beide handwerklich versiert und haben über die Jahre gelernt, aus nichts, etwas Brauchbares zu machen. Sie sind sich sehr ähnlich in dem wie sie Denken, wie sie ihr Leben angehen oder Probleme und Schwierigkeiten lösen. Aufgeben kennen die zwei nicht, denn ihre Kindheit und Jugend lehrte sie, dass Kapitulation niemals eine Option ist. Beide haben die Gabe oder den Fluch, dass sie Vieles hinterfragen, selbständig Denken und analysieren können. Deshalb wurden sie schon lange vor Corona, immer mal wieder als "komisch", "Schwurbler", "Träumer" oder "Verschwörungstheoretiker" abgestempelt. Doch allem Hohn zum Trotz ergänzen sich die Zwei auf der ganzen Linie! Zwei starke, impulsive Persönlichkeiten, die sich definitiv gefunden haben!
Die Mutti, mein sieben Jahre älterer Vierbeiner Bruder Neo und ich, zogen Ende 2016 wieder zurück in den Aargau, nachdem wir zehn Jahre im Kanton Bern wohnhaft waren. Der Zweibeiner Papa und seine jüngere Tochter Leonora brauchten nach dem Auszug von Papas Exfrau und der älteren Tochter Anastasia, ein wenig Unterstützung im Haushalt und ihrem Leben. Der Papa und seine geschiedene Frau zogen nach ihrer Scheidung in ein Haus und gründeten zusammen mit ihren Kindern, eine WG. Weil beide Mädels damals noch schulpflichtig waren, war der Papa tagsüber bei den Kindern, da er zu dieser Zeit schon nicht mehr arbeiten konnte, während ihre Mama berufstätig war. So konnten sie den Girls gewährleisten, dass die Familie trotz Scheidung der Eltern, weiterhin beieinander war.
2016 zogen die Exfrau und die ältere Tochter ins Nachbardorf, als Anastasia ihre Ausbildung begann. Leonora wollte damals lieber bei ihrem Papa bleiben, da sie sonst die Schule hätte wechseln müssen. Und da ihre Mutter hauptsächlich von Nachmittags bis in die frühen Morgenstunden arbeitete und Leonora noch zu jung war, um über Nacht alleine zu Hause zu bleiben, war das auch aus gesetzlicher Sicht, die beste Lösung. In Leo, wie wir sie nannten, hatte ich eine tolle Freundin gefunden, mit der ich täglich spielen und massenhaft Unfug treiben konnte.
Sie lehrte mir Tricks, ging mit mir spazieren oder lieh mir ihre Kleider, damit wir die Zweibeiner verwirren konnten. Wir hatten es wirklich total gut miteinander.
Kurz nach dem Umzug stellte man bei meinem Vierbeiner Bruder Neo, eine Krebserkrankung fest. Einen Tag nach meinem dritten Geburtstag Ende Juni 2017, hat er den Kampf gegen diese fiese Krankheit verloren und ging viel zu früh über die Regenbogenbrücke. Muttis Herz bekam durch den Verlust einen grossen Schaden, denn es zerbrach an diesem Tag in tausend Stücke! Sie und Neo hatten eine Beziehung, die jeden anderen Hund in den Schatten stellte und an die ich wohl niemals herankommen werde. Ich versuchte lange herauszufinden, ob und wie ich Muttis Herz wieder zusammenflicken kann. Ich wusste, mit einem zerbrochenen Herzen, lässt es sich nicht wirklich gut leben und wollte ihr in ihrer Trauer helfen. Doch manchmal heilen solche Wunden irgendwann von selbst - und das Leben macht plötzlich wieder einen Sinn.
Leonora kam schon bald in die rebellische Teenie Phase und es wurde für die Zweibeiner immer schwieriger, sie einigermassen in der Bahn zu halten. Nachdem täglich nur noch Diskussionen und Streitereien im Haus herrschten, beschloss Leonora von sich aus, dass es ihr bei ihrer Mutter besser gehen würde. Obwohl ich tieftraurig darüber war und sie sehr vermisste, merkte ich schnell, dass wieder Ruhe einkehrte und die Zweibeiner nun viel entspannter waren.
Die Mutti, wie auch der Papa, hatten schon immer davon geträumt, irgendwann, wenn die Kinder gross sind und auf eigenen Beinen stehen können, auszuwandern. Das war von Anfang an immer wieder Thema zwischen ihnen. Da Leonora nicht mehr zu uns nach Hause zurückkehren würde, waren sie nun im Begriff, nicht mehr länger zu warten und diesen Traum endlich wahr werden zu lassen. So fingen sie, früher als erwartet damit an, sich näher mit allem was es dazu braucht, zu befassen.
„Ich muss vielleicht erwähnen, dass es inzwischen fast unmöglich ist, in einem Haus mit Garten, einem oder mehreren Haustieren und mindestens einem Auto, in der Schweiz überleben zu können, wenn beide Hauptverdiener eine Invalidenrente beziehen. Andernfalls ist man entweder gezwungen, eine Ergänzungsleistung zu beantragen, die irgendwann zurückgezahlt werden muss, das Haus, die Tiere und das Auto gegen eine einfache Zweiraumwohnung in einem Mehrfamilienhaus, vielleicht sogar ohne Garten und die Erlaubnis Haustiere zu halten, umzutauschen; oder man entschliesst sich wie in unserem Fall, in ein Land auszuwandern, in dem das Klima für die Gesundheit besser und die Lebenshaltungskosten niedriger sind als in der Schweiz.“
Als Erstes sollte man natürlich wissen, welches Land für eine neue Heimat überhaupt in Frage kommt. Wenn, wie bei meinen Zweibeinern, komplett andere Kontinente auf der Liste stehen, wird es schwierig! Also setzt man sich zusammen, um alle Pro und Kontras von jedem Wunsch-Land abzuwägen ... und plötzlich kommen Bedürfnisse oder Ideen hervor, die ein komplett neues Land auf den Schirm bringen.
Wenn es nach mir gegangen wäre, wären wir in den Norden gezogen. Ich liebe es zwar zu baden wenn es warm ist, jedoch mag ich die Hitze, die im Sommer mein schwarzes Fell aufheizt, eher weniger. Deshalb wäre mir der Norden lieber gewesen. Doch die Zweibeiner entschieden sich aus gesundheitlichen Gründen, für den Süden. Für Papas Krankheit ist es wichtig, dass die Luft salzig und leicht feucht ist und auch Muttis Körper funktioniert besser bei Sonne und Wärme.
Die neue Heimat sollte aber nicht weiter als eine Tagesreise weg sein, damit die Kinder jederzeit zu Besuch kommen könnten. Die Zweibeiner wären wiederum schnell in der Schweiz, falls sie mal in die alte Heimat wollen oder etwas mit den Kindern oder der Familie ist. Lange Rede, kurzer Sinn, am Ende standen nur noch zwei Länder auf der Liste.
Es waren Portugal und Spanien.
Spanien kam fälschlicherweise, hauptsächlich aufgrund der Lebenskosten nicht in Frage und Portugal kannten die Zweibeiner bisher überhaupt nicht. So wurde entschieden, dass sie im September 2017 erst einmal nach Portugal fahren würden, um das Land ein bisschen näher kennenzulernen. Liam, mein Zweibeiner Bruder, nahm sich für diese Zeit extra Urlaub, aber nicht, um mit nach Portugal zu reisen, sondern nur für mich. Er zog nämlich vorübergehend wieder bei uns ein, sodass wir die zehn Tage, in denen die Zweibeiner weg waren, gemeinsam verbringen konnten. Seit er vor ein paar Jahren ausgezogen ist, hatten wir zwar regelmässigen Kontakt, doch es ist was anderes, ob du miteinander am selben Ort wohnst oder ob du einander nur ab und zu sehen kannst.
Nachdem die Zweibeiner zehn Tage in Portugal waren, wo sie bei einem Bekannten wohnten, kamen sie nach Hause und teilten mir mit, dass wir uns ein kleines Häuschen zur Miete suchen werden. Von dort aus würden wir das Land und seine Leute erkunden und viele neue Orte besuchen. Sie schwärmten mir vor, wie schön es da sei und wie viel unbebaute Natur dieses Land hat. Das tönte richtig aufregend! Ich war noch nie im Ausland und hatte immer nur vom Meer gehört, wenn andere etwas darüber erzählten. Durchs ganze Land zu fahren und die schönsten Orte und Strände kennenzulernen, bis wir irgendwann unser "FürimmerZuhause" gefunden haben, würde bestimmt ein aufregendes Abenteuer werden!
Aber nur zu wissen, wohin man auswandern will, bringt einen noch nicht dahin. Man muss erst ganz viele andere Dinge beachten und erledigen.
„Dinge wie zum Beispiel:
Wie sieht es aus mit Arbeit, falls man im Arbeitsmodus steckt. Wie finanziert man seinen Lebensunterhalt, wenn man nicht mehr arbeiten kann oder die Invalidenversicherung plötzlich die Rente streicht.
Wie sieht es aus mit Schulen, falls die Familie mit schulpflichtigen Kindern auswandert oder,
wie ist es mit der medizinischen Versorgung, was besonders wichtig ist, wenn man gesundheitlich angeschlagen oder schon in einem gewissen Alter ist.
Nicht jedes Land hat genügend Arbeit, gute Schulen, fundierte Ausbildungen oder dieselbe medizinische Versorgung, wie wir es uns gewohnt sind.
Dann stellt sich die Frage, ob die Toleranzgrenze genug hoch ist, wenn es dauernd Stromausfälle gibt oder kein Internet vorhanden ist, das Trinkwasser, das aus dem Wasserhahn kommt, ungeniessbar ist oder man statt auf einem Cerankochfeld, plötzlich mit Gas kochen und backen muss.
Kommt man klar mit einer anderen Sprache, mit den kulturellen Unterschieden und kann man auch noch immer da leben, wenn die anfängliche Euphorie verflogen ist und sich der Alltag bemerkbar macht?
MERKE:Es ist immer ein grosser Unterschied, ob du nur Urlaub machst oder permanent dort lebst! Das alles und noch viel mehr, sollte beachtet werden, wenn man nicht irgendwann ein böses Erwachen erleben will und gegebenenfalls dann wieder in die Heimat zurückkehren muss, weil man entweder nicht klarkommt oder einem das Geld ausgeht. Wir konnten uns dieses Abenteuer auch nur "leisten", weil wir eine regelmässige Rente bekommen.“
Geplant war eigentlich, dass die Zweibeiner weiterhin in der Schweiz angemeldet sind und abwechselnd alle paar Monate zurückfliegen, während ich in Portugal bleibe. Da man nur für eine gewisse Zeit (je nach Kanton zwischen 90 und 180 Tagen) der Schweiz fernbleiben darf, ohne dass man sich abmelden muss, war es ihnen wichtig, diese Fristen einzuhalten. Geplant war aber auch, so schnell wie möglich die portugiesische Sprache zu lernen, damit man sich angemessen verständigen kann.
Dann mussten die Invalidenversicherung, die Krankenkassen, alle anderen Versicherungen, Post und Gemeinde verständigt und Abos/Verträge gekündigt werden. Die Zweibeiner mussten eine in der Schweiz lebende Kontaktperson bevollmächtigen, die die letzten Steuerrechnungen und wichtige Unterlagen der Invalidenversicherung empfing und diese an die Zweibeiner weiterleitete. Ich musste zum Tier-Doc, um mich gegen Tollwut impfen und untersuchen zu lassen, damit ich einen Pass bekomme und über die Grenzen reisen darf. Auch für mich war es natürlich ganz wichtig, dass ich schnell portuhündisch lerne, damit ich etwas verstehe, wenn ich irgendwann auf andere Hundis treffe. Zuerst aber mussten wir ein geeignetes Haus für uns drei finden. Einfach so drauflos fahren und im Auto leben, wäre dann doch ein wenig zu gewagt.
Die Suche stellte sich jedoch als sehr schwierig heraus, viele Fincas wurden nur für die Urlaubszeit vermietet.
„Für längerfristige Mieten gab es zwar spezielle Plattformen, jedoch waren die meisten auf Lehrer und Ärzte ausgelegt, die befristete Verträge oder dauernd wechselnde Arbeitsstellen hatten, bei denen sie pendeln müssen. Damals war es für Portugiesen unvorstellbar, dass Hunde und Katzen im Haus leben. Die Hunde sollten auf Haus und Hof aufpassen und waren meistens an einer Kette angebunden und die Katzen waren wild. Die Tiere bekamen hauptsächlich die Reste vom Tisch oder sie bedienten sich selbst. In den letzten Jahren hat sich aber bei den Menschen eine grosse Veränderung sichtbar gemacht. Die Tierschutzgesetze wurden "humaner", strenger kontrolliert und der Stellenwert der Haustiere ist heute viel höher. Nun dürfen vielerorts auch Katzen und Hunde mit ins Haus.“
Als die Zweibeiner schon bald am Verzweifeln waren, meldete sich der Bekannte, der unterdessen vor Ort nach Häusern für uns suchte. Er erzählte, dass Daniela, eine seiner deutschen Bekannten, auf einer Quinta (Wohnsiedlung) wohnen würde, wo es immer freie Häuser (Fincas) zu mieten gäbe. Der Vermieter der Häuser sei ein älterer Herr, sehr freundlich und zuvorkommend. Er sei zwar ein störrischer kleiner Messie und die Häuser seien teilweise voller Möbel und anderen für ihn wertvollen Dinge, aber abgesehen davon, sei er ein lieber und lustiger Typ. Daniela schickte den Zweibeinern Fotos des Hauses und der Quinta und die waren auf der Stelle, Feuer und Flamme. Die Miete war angemessen und der Platz für die erste Zeit ausreichend, sodass sie gleich zusagten und die Finca ungesehen mieteten.
Da das Haus aber nicht ausreichend und mit teilweise uralten, defekten Möbeln möbliert war, entschieden die Zweibeiner, dass wir etwas aus unserer Einrichtung mitnehmen würden. Dazu wurde Muttis VW Polo verkauft und gegen einen VW Bully eingetauscht. So hatten wir mehr Platz, um alles zu transportieren. Nachdem die Zweibeiner ihre Dinge geregelt, alles eingepackt und organisiert hatten und Muttis Arzt ihr eine Bestätigung geschrieben hatte, dass sie die Opiate, die sie über die Grenze mitnahm, aus gesundheitlichen Gründen brauchte, war alles soweit bereit, dass wir für die nächste Zeit unbekümmert nach Portugal reisen konnten.
„Unbedingt Zoll-Bestimmungen der betreffenden Länder beachten, sobald man auch nicht rezeptpflichtige Medikamente über die Grenze nimmt! Bei Rezeptpflichtigen muss man zwingend eine Bestätigung des Arztes und in meinem Fall sogar, die des Kantonsarztes mitführen. Sämtliche Angaben, Personalien des Patienten und des behandelnden Arztes, der Dosierung und der Medikamente im Detail, müssen in diesem Schreiben aufgelistet sein! Ansonsten könnte man Probleme wegen "Verletzung des Betäubungsmittelgesetzes" bekommen. Zu beachten ist, dass nicht alle Medikamente, die man in der Schweiz rezeptfrei bekommt, im Ausland ebenso einfach erhältlich sind!
In Andalusien zum Beispiel, brauche ich ein Rezept, um einen einfachen Magenschoner oder ein Antihistamin zu bekommen, während diese in der Provinz Valencia, in Portugal und in der Schweiz rezeptfrei ist/war.“
Nachdem alles geregelt und organisiert war und sich die Zweibeiner von ihren Familien und Freunden verabschiedet hatten, der Bully kistenweise mit Dingen, für die nächsten drei Monate beladen war und sogar noch ein paar Möbel darin Platz fanden, ging ich das letzte Mal Gassi. Schon bald würde ich am Meer sein und dort spazieren gehen, wie aufregend! Ich atmete die kalte, Schweizer Winterluft ein und genoss es, ein letztes Mal durch das bisschen Schnee zu rennen. Die Zweibeiner hatten mir erklärt, dass es in Portugal zwar Schnee geben würde, wir aber an einen Ort fahren würden, wo es im Winter im Durchschnitt 10 Grad warm wäre. Somit konnte ich zum letzten Mal den Schneeflocken nachjagen und Schneehundeengel machen. Danach sprang ich in mein Bettchen, das gleich hinter dem Fahrersitz auf den Sitz geschnallt war …und wir fuhren los.
Es war 10 Uhr morgens, am 30. Dezember 2017.
Wir fuhren erst einmal quer durch die Schweiz bis nach Genf. Von dort aus ging es dann über die Grenze nach Frankreich. Bei der letzten Raststätte auf Schweizer Boden, füllte der Papa noch einmal den Tank, da das Benzin in Frankreich generell teurer ist. Ich ging meine Beine vertreten und Pipi machen, damit wir ungehindert weiterfahren konnten und die Mutti deckte sich am Raststätten Kiosk mit CBD Zigaretten und CBD Kaugummis ein, die in der Schweiz legal käuflich sind, um genügend "Schmerzdämpfer" während der Fahrt zu haben. Danach ging es über die Grenze. Tschüss Schweiz!
Irgendwo in Frankreich lotste uns das Navigationsgerät plötzlich von der Autobahn ab und in eine Stadt hinein, die wir eigentlich umfahren sollten, sodass wir wieder zurückfahren mussten und bei diesem Manöver ganze zwei Stunden unserer berechneten Fahrzeit verloren. Ansonsten kamen wir sehr gut durch den Verkehr, denn wir hatten kaum irgendwelche Staus oder sonstige Hindernisse. Das Wetter war jedoch wie eine Wundertüte. Wir fuhren bei Sonne, klarem Sternenhimmel, Regen, Wind und sogar bei Schnee, doch unser Bully trotzte sämtlichen Wetterlagen und brachte uns sicher an den Pyrenäen vorbei, nach Spanien. Dort war das Wetter wieder beständiger, doch die Fahrt durch dieses Land zog sich extrem lange hin.
Geplant war, dass der Papa die Mittelmeer-Küste entlang über Barcelona fährt, doch das Navi lotste uns bereits in Frankreich Richtung Lyon und Bordeaux, sodass wir stattdessen, die Biskaya-Küste kennenlernten. Knapp Dreiviertel der Strecke hatten wir bis dahin schon zurückgelegt und so langsam hatte ich genug von diesem Geruckel. Am schlimmsten aber waren die schiefen Töne, die die Zweibeiner von sich gaben, indem sie meinten, sie müssten lauter singen, als das Radio! Was für ein Katzengejammer! So schief zu singen sollte wirklich verboten sein! Ich entschied, dass ich für den Rest der Strecke einfach schlafen würde, damit ich mir diesen Krach nicht mehr anhören musste.
Die Sonne blickte gerade das erste Mal über den Horizont, als ich jäh aus meinem Traum gerissen wurde, weil die Mutti erfreut durchs ganze Auto jubelte, dass wir nun in Portugal seien. Na endlich! Was für eine anstrengende Fahrt! Das erste Mal Pipi machen in Portugal - darauf hatte ich rund 20 Stunden gewartet.
„Endlich raus aus dem Auto und ab ins M…! Hey, wo bitte ist jetzt das Meer?! Ihr hattet doch gesagt, wir würden direkt am Wasser wohnen?“
Ich dachte, ich hätte mich verhört! Der Papa erklärte mir nämlich allen Ernstes, dass wir erst in circa drei Stunden am Ziel sein würden!
„Wie bitte? Ich dachte, wir fahren nach Portugal? Wir sind doch jetzt hier! Wieso müssen wir denn jetzt nochmals drei Stunden fahren? Ich wollte doch noch vor dem Frühstück das erste Mal im Meer baden gehen. Was soll denn nun dieser Unfug, von wegen noch drei Stunden?!“
Sämtlicher Protest meinerseits wurde abgeschmettert. Ich begab mich frustriert wieder zurück in mein Bettchen und tat so, als würde ich schlafen. Zum Glück kamen wir dann doch irgendwann morgens um 10 Uhr portugiesischer Zeit, in unserem neuen Zuhause an. Daniela und ihre Hündin warteten bereits gespannt darauf, uns das Haus, die Quinta und ihre Bewohner vorzustellen.
„Kurze Anmerkung: Portugal liegt in einer anderen Zeitzone und hinkt der Mitteleuropäischen Zeit, eine Stunde nach, egal ob Sommer- oder Winterzeit.“
Unser Häuschen hatte ein Schlafzimmer, ein Bad und eine ins Wohnzimmer integrierte Küche. Bevor aber unsere Möbel und Kisten ausgeladen werden konnten, musste die Mutti erst einmal die Bude durchputzen, während der Papa mit mir die Quinta und den Garten erforschte. In Portugal scheint es nicht üblich zu sein, dass man sein Haus oder seine Wohnung in einem tadellosen Zustand hinterlässt, wenn man umzieht. Das ganze Haus war staubig, speckig und schmutzig. Nach 24 Stunden Fahrt ohne wirklichen Schlaf, war das genau das Richtige, um wach zu bleiben. Nachdem wir alles ausgekundschaftet hatten, fuhr der Papa mit Daniela ins Dorf, um ein paar Dinge fürs Abendessen zu kaufen. Danach half er der Mutti, die drei Zimmer einzurichten und die Kisten fertig auszupacken. Nachdem alles geputzt, das Meiste ausgeräumt und verstaut war, fuhren wir zusammen mit Daniela und ihrer Hündin endlich ans Meer, das nur zehn Minuten von uns entfernt war.
„Daniela war eine Deutsche, die ein paar Monate vor uns nach Portugal kam. Leider war sie eine von den Auswanderern, die ohne Arbeit, ohne Sprachkenntnisse und ohne finanzielles Polster, dafür mit ganz vielen Träumen, Illusionen und einer grossen Portion Selbstüberschätzung einfach mal drauf los reiste und dann merken musste, dass es nicht so toll ist, wie sie sich das vorgestellt hatte. Schon nach wenigen Monaten musste sie mit den letzten Euros in der Tasche wieder zurück in die Heimat, damit sie dort, wenigstens von Hartz IV leben konnte.“
Ihre Hündin war vom Charakter her ihrem Frauchen sehr ähnlich, denn auch sie meinte, was "Besseres" zu sein und glaubte, der Strand gehöre ihr alleine. Kaum machte ich einen Schritt in den Sand, fing die doofe Zicke an, mich auf Germahündisch anzublöken. Doch ich ignorierte ihr resolutes Getue und tat so, als würde ich sie nicht verstehen. Ich rannte zum Wasser hin und tauchte meine Schnauze ins kühle Nass.
Aber … Was war das denn?!
"Bäääh, wieso schmeckt das Wasser denn so komisch? Wie soll ich denn hier nach Fischen suchen, wenn ich jedes Mal dieses salzige Wasser im Mund habe?! Das ist echt eklig! Pfui!“
Die Zweibeiner lachten und meinten, dass Meerwasser halt nun mal salzig sei. Und da wir jetzt endlich am Meer ständen, sei es logisch, dass das Wasser so schmecke. „Ist ja gut, ich hab' mich nur kurz ‘erschrocken’, weil ich es nicht erwartet hatte. Kein Grund, gleich das Klugscheisserchen herauszuhängen. Ich muss alles erst kennenlernen. Ich war schliesslich noch nie am Meer!“
Ich rannte noch eine Weile im Sand umher, spielte im Wasser mit den Wellen und den vielen Fischchen, während der Papa sich mit Daniela unterhielt und die Mutti Fotos machte. Als die Sonne langsam gen Horizont sank, hiess es trocken rubbeln, den Sand aus dem Fell schütteln und nach Hause fahren, denn da warteten noch ein paar wenige Kisten darauf, ausgepackt zu werden. Zudem meldete sich mein Magen, es war nämlich langsam Zeit fürs Abendessen. Die Nacht verlief ruhig, denn wir alle waren müde genug, um gleich einzuschlafen.
Am Morgen musste ich zuerst richtig wach werden, um zu realisieren, dass wir nun an einem neuen Ort wohnten. Der erste richtige Spaziergang in der Nachbarschaft war interessant. Diese unbekannten Gerüche, die neuen Erfahrungen, einfach nur toll! Ich war danach komplett platt und froh darüber, dass die Zweibeiner erst noch ein paar Dinge im Haus zu erledigen hatten, bevor sie ins Städtchen wollten. Ein wenig Bummeln, die verschiedenen Geschäfte kennenzulernen und dabei gleich für die nächsten Tage einzukaufen war zwar interessant, jedoch nicht nach einem so aufregenden Spaziergang.
In der kommenden Zeit beschränkten wir unseren Wunsch Land und Leute kennenzulernen, auf die nähere Umgebung. Die Zweibeiner mussten uns nämlich in Portugal registrieren, die Mutti und ich brauchten einen neuen Doc und der Papa wollte rausfinden, wo er das Auto in die Werkstatt bringen kann. Wir genossen die feinen Hähnchen am Wochenmarkt, machten einen Stadtbummel oder nutzten die Zeit vor der Badesaison, damit ich mit den Zweibeinern an den Strand gehen konnte. Sobald die Saison beginnt, sind wir Vierbeiner nämlich nicht mehr gerne am Strand gesehen und an den meisten ist dann offizielles Hundeverbot.
„In gewissen Ländern kann das Ignorieren der Strandregeln sehr teuer ausfallen. Deshalb immer die Bestimmungen, die meist überall an den Stränden ausgehängt sind, beachten!“
Nach und nach füllte sich das Häuschen mit Möbel, die die Mutti im Schuppen des Vermieters oder in den vollgestopften Wohnungen gefunden und komplett neu gestaltet hat. Da kamen braune Möbel ins Haus und nachdem die Mutti fertig war, waren sie weiss und grau - passend zum neuen dunkelgrauen Sofa, das sich die Zweibeiner leisteten. Als der Vermieter mitbekam, dass die Zweibeiner sich für die Zukunft ein anderes Zuhause suchen wollten, weil ein Schlafzimmer auf Dauer doch ein wenig zu klein war und sie ja eigentlich ein FürimmerZuhause für uns suchten, bot er ihnen an, zwei weitere Zimmer anzubauen. So hätten sie mehr Platz und könnten ohne Stress, etwas Tolles für uns suchen.
„Sein Angebot war natürlich nicht ganz uneigennützig. Er verlor durch die Dauervermietung an uns keine Einnahmen und konnte nach dem Umbau sogar noch mehr Miete verlangen!“
Er erklärte dem Papa ausführlich, dass er zwei Zimmer vom Nachbarhäuschen abtrennen würde, denn einzelne Zimmer liessen sich besser an Arbeiter vermieten. Schon einen Tag später kam jemand vorbei, um alles auszumessen. Der Papa sagte, der Mann heisse Bauleiter und er würde unser Haus vergrössern. Da nun die Regenzeit begann und mich dieser Lärm im Haus umso mehr störte, weil man nicht nach draussen flüchten konnte, entschlossen sich die Zweibeiner dazu, verfrüht wieder zurück in die Schweiz zu fahren, um dort alles, was sie nicht mehr wollten/brauchten, zu verkaufen oder zu verschenken. Sie hatten sich nämlich entschieden, weiterhin in Portugal zu bleiben. Da sie aber nicht wussten, wie lange sie für alles brauchen würden, durfte ich wieder mitfahren, denn ich konnte ja nicht alleine dort bleiben.
Am 25. Februar 2018, fuhren wir also wieder zurück in die Schweiz. Dieses Mal nahm der Papa einen anderen Weg und so brauchten wir dafür nur 19 statt 25 Stunden. Als wir nach der langen Rückfahrt ankamen, war es bereits kurz vor zehn Uhr abends, an einem Sonntag. Wir waren noch keine zehn Minuten zu Hause, da klingelte es an der Haustüre.
„Wer kommt denn bloss um diese Zeit zu Besuch?!" Als der Papa die Türe öffnete, standen zwei Polizisten davor, die die Mutti sprechen wollten. Sie erklärten ihr, dass der Bully seit Januar keine Versicherung mehr hätte, da diese nicht bezahlt wurde und die Mutti samt Bully, seither zur Fahndung ausgeschrieben sei. Die Kameras an der Grenze hätten uns erfasst, als wir in die Schweiz einreisten. Sie wären nun beauftragt, die Nummern des Autos einzuziehen, damit niemand mehr fahren könne, solange die Versicherung nicht bezahlt sei.
„Sobald du per Fahndung gesucht wirst und über die Grenze fährst, wird ausgerechnet, wie lange du brauchst, bis du zu Hause bist und dann steht die örtliche Polizei fast zeitgleich mit deiner Ankunft, vor deiner Tür. Unsere Fahrtzeit von der Grenze bis nach Hause betrug etwa 2h und 52 Min.! Drei Stunden nach unserem Grenzübertritt standen sie vor der Tür!“
Die Zweibeiner erklärten den Herren Polizisten, dass mit der Versicherung alles geregelt wurde, noch bevor wir nach Portugal gefahren sind und das Ganze garantiert ein Missverständnis sei. Diese telefonierten dann, fast mitten in der Nacht, mit dem Versicherungsmakler und klärten alles. Die Mutti traf definitiv keine Schuld, denn der Versicherungsmensch bestätigte ihre Aussage, dass alles im Voraus geregelt wurde. Die Schuld lag eindeutig bei der Versicherung und ihrer Buchhaltung. Sie würden den Fehler aber gleich morgen Montag, berichtigen. So blieben die Nummern weiterhin am Auto, die Mutti war zum Glück unschuldig und der Schock, bald wieder vergessen.
Auch wenn ich inzwischen sehr gerne in Portugal lebte, war ich dennoch froh, wieder in meiner gewohnten Umgebung zu sein, denn hier war alles so vertraut. Das Haus erschien mir plötzlich viel grösser als zuvor und irgendwie wurde ich gleich wieder an Neo und Leonora erinnert, die noch vor kurzem mit uns hier lebten. Doch ich hatte keine Zeit, meinen Emotionen freien Lauf zu lassen, denn gleich am nächsten Morgen wurden Listen angelegt, welche Dinge verschenkt, verkauft und entsorgt werden sollten. So arbeitswütig und zackig waren meine Zweibeiner schon lange nicht mehr drauf. Ich dachte eigentlich, sie hätten in den knapp drei Monaten Portugal, ihre Schweizer Mentalität abgelegt und würden nun auch so "calma" unterwegs sein wie die Portugiesen, doch da hatte ich mich wohl getäuscht. In Windeseile war beschlossen, was auf welche Liste kommt.
Der Papa fing gleich an, den Bully mit Dingen zu füllen, die entsorgt werden mussten. Als der Bus voll war, fuhr er erst zur Entsorgungsstelle und ging danach für die nächsten Tage einkaufen, während die Mutti und ich die Dinge, die die Zweibeiner verkaufen wollten, in Leonoras altes Zimmer schafften. Nachdem der Papa wieder zu Hause war, legten wir ganz portugiesisch, erst einmal eine Siesta ein. Danach ging’s endlich auf einen Spaziergang auf grünem, weichem Gras. In Portugal wächst das Gras zwar im Winter und nach der Regenzeit, doch sobald es wärmer wird, trocknet alles aus und die Landschaft versinkt in ein einheitliches grau-braun. Da tat es richtig gut, wieder einmal viel Grün und die bunten Blumen zu sehen, die sich nach dem Winter an die Oberfläche kämpften.
Die nächsten Tage ging es im selben Tempo weiter. Alles wurde sortiert, in Gruppen eingeteilt und in die betreffenden Zimmer verfrachtet. Die Dinge, die sie verschenken wollten, wurden entweder abgeholt oder die Zweibeiner brachten sie denjenigen, die sie beschenken wollten. So konnten sie gleich die Chance nutzen, sich nochmals von allen zu verabschieden. Danach veranstalteten sie eine Art Flohmarkt, bei dem jeder das mitnehmen durfte, was er gebrauchen konnte.
Inzwischen war das Haus so leer, dass es in den Räumen hallte, sobald man einen Laut von sich gab. Das war teilweise sehr gespenstisch, denn jedes Mal, wenn die Haustürklingel schellte und ich bellen musste, tönte es durchs gesamte Haus, sodass man meinen konnte, dass ein Rudel Hunde hinter der Tür wartete.
Nun konnte die Mutti anfangen, die leeren Zimmer zu putzen, während der Papa die vielen Werkzeuge und Maschinen in der Werkstatt sortierte und einpackte. Auch ich hatte meine Sachen bereits aussortiert und eingepackt und nur noch die wichtigsten Dinge und ein paar Spielzeuge herumliegen, die ich die nächste Zeit brauchte.
Am 28. März 2018, fuhren der Papa und ein Freund in einer 52-Stunden Mission, die restlichen Möbel und gepackten Kisten nach Portugal, damit wir bei unserer Reise eine Woche später, nur noch das mitnehmen mussten, was wir bis zum letzten Tag brauchten. Als der Papa wieder zu Hause war, meldete er sich gleich bei seinem Freund, dem er den Bully verkaufen konnte. Da die Zweibeiner ihren Dacia Duster hatten, den ein Bekannter später zurück in die Schweiz brachte, um ihn dort zu verkaufen, hatte der Bully seinen Dienst getan.
Trotz allen Bemühungen, möglichst viele Altlasten zu Hause zu lassen, war auch der Duster bis fast oben hin voll mit Dingen, auf die die Zweibeiner nicht verzichten konnten oder wollten.
Nachdem der Papa noch einmal bei Anastasia war, die am 8. April ihren Geburtstag feiert und die Mutti einen langen Spaziergang mit mir machte, starteten wir zum zweiten Mal, Richtung Portugal. Nun sollte ich definitiv das letzte Mal Schweizer Luft schnuppern können, denn in Zukunft, wenn die Zweibeiner die Schweiz besuchen werden, würde ich in Portugal bleiben.
Der Weg in die neue Heimat kam mir dieses Mal viel länger vor als die Reise in die Schweiz vor sechs Wochen. Doch irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, hatten wir es wieder geschafft! Wie schon bei der Rückfahrt fuhren wir auch dieses Mal die Mittelmeer-Küste entlang über Montpellier-Barcelona-Saragossa, bis nach Badajoz und unserem Zielort im Alentejo.
Nun also sollte ein neues Leben für mich beginnen, fernab von meiner Heimat und allem, was ich bisher kannte. Das wird bestimmt spannend, auch wenn ich ein wenig Bammel davor hatte.
Als wir ankamen, musste ich erst Pipi machen gehen. Dabei konnte ich auch gleich mal feststellen, ob sich in den letzten Wochen auf der Quinta etwas verändert hat, während der Papa die Haustüre aufschloss und die Mutti sämtliche Fenster öffnen wollte, da das Haus in den vergangenen sechs Wochen unbewohnt war. Der Papa öffnete die Schlafzimmertüre und die Zweibeiner bekamen fast einen Herzkasper! Die Wände waren plötzlich schwarz und es roch wie in einem alten Keller! Der Regen der letzten Wochen war so stark, dass er die Wände komplett durchnässte und sich danach Schimmel ansetzte. Da der Papa und sein Freund an Ostern erst einmal sämtliche Kisten und Möbel ins Wohnzimmer stellten, damit sie gleich wieder zurückfahren konnten, waren diese zum Glück alle verschont geblieben. Doch dadurch hatte aber auch niemand bemerkt, was sich im Schlafzimmer ungestört zusammen braute. Nun war das ganze Haus mit Möbel und Kisten vollgestellt und das Auto war auch noch voller Waren, die irgendwie rein sollten.
Also wurde erst einmal der Anbau inspiziert, denn das ganze Zeug musste ja verstaut werden und irgendwo sollten wir auch noch wohnen können. Der Bauleiter müsste inzwischen eigentlich fertig sein, somit hätten wir wenigstens ein Bad und ein Schlafzimmer zusätzlich und könnten uns irgendwie vorübergehend arrangieren. Doch die Zweibeiner vergassen zu bedenken, dass wir nicht in der Schweiz waren und Termine hier nicht ganz so ernst genommen werden, vor allem nicht in der Regenzeit.
Die Arbeiten waren noch immer am selben Punkt, wie vor sechs Wochen. Nichts war seither passiert, ausser dass auch diese zwei Räume, bereits Schimmel angesetzt hatten. Die Zweibeiner mussten deshalb sämtliche Möbel und Kisten in dem einen Raum, der Küche und Wohnzimmer zusammen beinhaltete lagern, weil alle anderen Räume verschimmelt waren.
Was für eine freudige Rückkehr!
Zum Glück hatten sie sich im Januar gleich ein neues Sofa mit Option zum Schlafsofa gekauft, weil das alte, das zur Einrichtung gehörte, schon so kaputt war, dass man die Federn unterm Popo spürte. So hatten sie wenigstens ein Bett für die Nacht und ein Sofa am Tag. Über einen schmalen Weg zwischen all den Kisten und Möbel hindurch, gelangten sie an die Haustür, an den Kochherd und ins Badezimmer, um zu kochen, duschen oder zur Toilette zu gehen. Mehr konnten sie in dem Moment nicht tun, denn die Regenzeit war im Endspurt und gab noch einmal alles, was die Wolken hergaben.
In dieser Zeit schliefen und lebten wir zu dritt auf dem Sofa und schauten uns sämtliche Staffeln der Serie "NCIS LA" an, damit wir nicht den ganzen Tag die Wände ansehen oder schlafen mussten. Der Regen war nämlich so stark, dass ich, einzig um schnell Pipi zu machen, nach draussen ging und ich noch nicht einmal Bock auf einen Spaziergang hatte, geschweige denn sonst aus dem Haus zu gehen. Nach zwei ellenlangen Wochen hörte es endlich auf zu regnen und man konnte sich wieder nach draussen wagen, ohne Angst haben zu müssen, dass man ertrinkt!