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Grau und kahl stehen die Hügel, unter deren Decke jene liegen, die sie bepflanzten, Bäume setzten, von denen Reste verkrüppelt mit zerschossenen Ästen noch stehen. Im Erhaltungstrieb der Lebewesen gibt sich die Natur in ihrer Zweckerfüllung zu erkennen. Das strebende Wesen müht sich über die Natur hinaus in der Festigung des Selbstzwecks. Das Wollen ist ein Grundzweck, um den Seinsanspruch zu erfüllen. Dabei braucht die Selbsterhaltung nicht hervortreten. Es bedarf auch nicht der Überlegenheit 'höherer' über 'niedrigere' Zwecke als Bestimmungsgrund, soweit die Unterscheidung nicht schon ethisch als Pflicht zum höheren Zweck getroffen ist. Die Theorie der Verantwortung umfasst den rationalen Grund der Pflicht und den psychologischen Grund der Fähigkeit, den Willen zu motivieren und das Handeln dem Guten zuzuwenden. Erforderlich ist, für den Ruf zur Pflicht empfänglich zu werden und mit dem Gefühl der Verantwortung zu reagieren. Der Raum ist groß für das sittliche Verhalten aus dem guten Willen heraus, dessen Selbstgewissheit nach keiner Beglaubigung verlangt. Ziel des sittlichen Strebens und Handelns ist, den eigenen Zustand der Höhe der Sittlichkeit anzugleichen. Die Sittlichkeit ist unvergänglich und verlangt ihren Platz in dieser Welt. Dagegen erlischt die vom Menschen getragene Verantwortung mit dem Tod. In der Ethik ist es die Andersartigkeit, die von der Verantwortung Besitz ergreift. Form und Geist der Situation prägen die Handlung und gehen im ethischen Entschluss über das Handlungsziel hinaus. Der Mensch muss sich den Anspruch der Sittlichkeit erwerben, um das Gefühl der Anteilnahme und Betroffenheit in sich zu entwickeln. Neben dem Gefühl der Ehrfurcht vor der Höhe wird die Vernunft bezüglich der Universalität zur Quelle des Affektes und seines Gegenstandes. Wenn Sterbliches in die Unsterblichkeit mündet, steigt die Verehrung von den Sohlen der bodenständigen Bescheidenheit, weil es Menschen sind, die Übermenschliches taten und selbstlos weiter tun.
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Seitenzahl: 84
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Helmut Lauschke
Im Gang nach vorn
Das Dasein der Menschheit steht auf dem Spiel
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Inhalt
Hügel
Ein Felderlebnis
Meißelgeschichte
Vieles ward dem Menschen geschenkt
Raphael kehrt von der Wanderung zurück
Wir treten auf Scherben
Über der Ferne hängt Rauch
Das Gefühl
Die kleine Stadt
Stürme toben von den Seiten
Am Ende der Träne
Wie das Unglück so das Glück
So ist’s der Mensch
Zur Gebrechlichkeit des Lebens und der Gerechtigkeit
Es ist schon schlimm
Die Angst
Es gibt die Armut und die Magerkeit
Von der Sprache des Bösen
Vor dem Ende und der Bildungsmangel
Der Mensch und die Gebrechlichkeit
Menschen in den Löchern und Gräben des Elends
Das Virus und die Macht des Tötens
Dinge der großen und der kleinen Bedeutung
Die Zeichen steigen und fallen
Vom Schlucken des Virus
Der Anstand geht bis in die Genetik
Das Verlorengehen der großen Werte
Vom verkehrten Verstehen
Das Virus zieht den Strich
Offenheit ist mit dem hohen Risiko behaftet
Von Häusern und dem fehlenden Dach
Unmenschlichkeit und der Aufschrei
Vom Taubhalten der Ohren
Unerwartet
Zum Gebot der Ethik und Verantwortung, Intuition der Sittlichkeit
Wenn Sterbliches in die Unsterblichkeit mündet
Impressum neobooks
Im Gang nach vorn
Das Dasein der Menschheit steht auf dem Spiel
Hügel Ein Felderlebnis Meißelgeschichte Vieles ward dem Menschen geschenkt Raphael kehrt von der Wanderung zurück Wir treten auf Scherben Über der Ferne hängt Rauch Das Gefühl Die kleine Stadt Stürme toben von den Seiten Am Ende der Träne Wie das Unglück so das Glück So ist’s der Mensch Zur Gebrechlichkeit des Lebens und der Gerechtigkeit Es ist schon schlimm Die Angst Es gibt die Armut und die Magerkeit Von der Sprache des Bösen Vor dem Ende und der Bildungsmangel Der Mensch und die Gebrechlichkeit Menschen in den Löchern und Gräben des Elends Das Virus und die Macht des Tötens Dinge der großen und der kleinen Bedeutung Die Zeichen steigen und fallen Vom Schlucken des Virus Der Anstand geht bis in die Genetik Das Verlorengehen der großen Werte Vom verkehrten Verstehen Das Virus zieht den Strich Offenheit ist mit dem hohen Risiko behaftet Von Häusern und dem fehlenden Dach Unmenschlichkeit und der Aufschrei Vom Taubhalten der Ohren Unerwartet Als folgen Gänge den Gesetzen Zum Gebot der Ethik und Verantwortung, Intuition der Sittlichkeit Wenn Sterbliches in die Unsterblichkeit mündet
Grau und kahl stehen die Hügel, unter deren Decke jene liegen, die sie bepflanzten, Bäume setzten, von denen Reste verkrüppelt mit zerschossenen Ästen noch stehen.
Über die Hügel hat sich das Schreituch gelegt, ein dickes Tuch, das Menschen zusammengeschrien haben, bevor sie umgestoßen, erschlagen und verscharrt wurden. Rotbraun sind die Spuren ihrer Schreie, toskanisch zum Gefäß gerundet und erhöht. Höher als die Türme von Menschenhand gebaut durchstößt es die Wolkendecke und ragt weit in den Himmel hinein. Das obere Ende ist von unten nicht mehr zu erkennen.
Außen am Gefäß hat der Künstler Majograsso die Erschaffung und das Wirken von Menschen aufgemalt, anders, aber nicht kleiner als die in der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo, wo auch Menschen mit ihren Werken zugange sind.
Im Gefäß stecken keine Blumen für den Himmel, sondern Menschen wie du und ich, die sich in endlosen Lagen bis in den Himmel liegen, weil sie das Schreituch über den Hügeln erstickt hat; weiter oben helfen sie sich gegenseitig auf. Von denen, die sie unters Schreituch brachten, erwarten sie keine Hilfe, weil die sich an der Not und am Menschen vergreifen und sich ihrer Stärke an Wehrlosen noch rühmen.
Auf den Kontinenten überziehen Schreitücher die Hügel von Toten. Die Spuren werden im Rotbraun der toskanischen Erde, den Rückständen des verklungenen Requiems von den Untergangschören gesungen.
Der Planet ist voll von Hügeln gestopft mit Menschen, denen das Schreituch übergezogen wurde. Auf den Hügeln verwirren die rotbraunen Pfade. Man hört die Schreie bis in den Schlaf hinein, die einen zu ersticken drohen. Was ist das für ein Menschenfleiß, der sich nicht stoppen lässt!
Wind wogt über Felder, dass der Keimling im Boden zittert. Der Sturm schlägt hochstehendes Getreide nieder und macht das Schöpfungswerk zunichte.
Das Kind fragt den Vater auf dem Felde, was es bedeutet. Der Vater schüttelt den Kopf, dass das Kind Tränen in die Augen bekommt. Der Vater nimmt das Kind an die Hand und sieht auf das zerzauste Feld. Er sagt, dass es nicht gut mit der Ernte gegen den Hunger steht.
Die Kinderhand drückt die Hand des Vaters, die ihm den Mut eindrücken will, der sich mit Worten nicht eindrücken lässt. Der Vater ist gerührt und setzt sich auf den Boden. Er nimmt das Kind auf den Schoß und streicht ihm mit der rauen Hand über den Kopf.
Er sagt es mit wenigen Worten, dass die Natur so einfach nicht ist, dass man älter werden muss, um sie zu verstehen.
Das Kind hält den Blick aufs verwüstete Feld und fragt den Vater, ob das an den Menschen liegt, die nicht immer gut zu den Kindern sind. Das verschlägt dem Vater die Sprache, der sich wundert, woher das Kind das weiß. Sie gingen ins Dorf zurück und schwiegen; sie nahmen den stummen Weg zurück.
Das verstand das Kind; es fragte nicht weiter und hörte auf die tiefen Atemzüge des Vaters.
Dem Herbst gehört die Frucht. Auch wenn sie bitter schmeckt, sie belohnt den Fleiß der Arbeit. Jahre und Furchen sind im Gesicht und in den Händen ‘eingemeißelt’. Es ist die Meißelgeschichte, die im Leben ohne Ende ist.
Jahresnüsse werden geknackt, dabei werden hirnige Kerne aus der Schale befreit, dass die Zeit mit dem Momentum kommt und das Perpetuum mobile freisetzt. Es ist ein kühnes, virtuoses Unterfangen.
Nur dem Lebenden gilt das Ende, solange er zwischen Kopf- und Fußende steckt, staunend vor dem Kreis steht und den Punkt betrachtet, der als Doppelpunkt von Anfang und Ende herumkreist, ohne ihm aufsitzen und auf ihm aufsteigen zu können.
Die Gestalt passt nicht in den Punkt, der Ausgeformtes nicht aufnimmt, das dem Ende entgegenaltert, was dem kreisenden Punkt der neuen Werdemöglichkeit vorbehalten bleibt.
Die Gestalt ist Frucht, und die Frucht ist vergänglich, dass man sie pflücken muss, wenn sie reif ist. Ein zeitliches Darüberhinaus gibt es nicht.
Der Kern gehört in den Boden, damit der Keimling sprossen kann, dem der Kern den Seinsgrund gibt und dabei selbst zugrunde geht.
Es ist die Meißelgeschichte, die im Gesicht und in den Händen zu lesen ist.
Mancher wurde reich, doch nicht hilfreich, dazu fehlen Einsicht, Fleiß und Würde und Mut. Denn was er schafft, ist oft eckig und klein, als hätte er den Sinn für’s Große im Sein verloren, das ihn unterscheiden soll von den anderen Wesen, die wir sehen, ob wir sie kennen und achten.
Wie der Mensch auch sei, er sollte sich der Mühe unterziehen, vor dem, was gut ist, nicht zu fliehen, denn wie sonst kann er das Böse lassen, dass sich die Völker hassen bis tief in den Charakter der Traditionen hinein, wo schon der kleinste Ansatz stolpert am Stein, der in Feindseligkeit über Generationen ausgelegt ist. Es ist das gestörte Verhältnis des Menschen zum anderen Menschen.
Der Mensch sei groß im Herzen, auch wenn er körperlich klein erscheint, sein Blick soll ein Blick der funkenden Herzlichkeit und Hilfe sein. Es ist die tätige Empfindsamkeit in der Geradheit des Helfenwollens, was ihn von den andern ihm bekannten Wesen unterscheidet.
Der Artenreichtum im Helfenwollen ist die Besonderheit der Güte, die ihn auszeichnet, auch wenn er auf die Auszeichnung nicht achtet, denn die Geradheit ist im Charakter tief verankert als das Geschenk, das ihm die Schöpfung auf den Weg gegeben hat, dass er auf äußere Auszeichnungen nicht angewiesen ist, sie vielmehr als lästig empfindet.
[Nach seiner Rückkehr siehtRaphael in der Ferne die Stadt seiner Jugend unter der aufgehenden Sonne]
Raphael:
Näher, immer näher rückt das Ziel, weit war der Weg, die Füße bezwangen viel. Es waren keine asphaltierten Straßen, Dornen, rostige Nägel und Löcher gab es über die Maßen.
Lang war der Marsch über endlose Weiten, Stück für Stück verlor sich der Mensch nach beiden Seiten, denn da lagen sie frei oder in geschaufelten Gräben, sie waren vertrocknet, bevor wir das letzte Wasser gaben.
Unzählbar waren die Füße, als sie begannen die ersten Schritte, als die Fußsohlen rissen, sich erhitzten, kamen gleich die Tritte über Kreuzungen und Straßen durch Dörfer und Städte.
Wir hörten sie, wie sich jene die Wette flüsterten, als die rohe Kraft sich ins Maßlose steigerte und einer vor Erschöpfung sich weigerte, die auch uns von Tag zu Tag mehr befiel, erhielt der Eine gnadenlos vom Wächter den letzten Schlag.
So lichtete sich allmählich die unübersichtliche Menge, es kürzte sich von Nacht zu Nacht die Kolonnenlänge. Dazu brachten Hunger und Durst die schnellere Auswahl, Frost und Fieber gaben schnell die nächste Qual.
Stolz erhoben sich die Köpfe mit dem Totenkopf, für uns gab es abends gesalzene Wassersuppe im Topf, wir standen zerlumpt, verdreckt und beschmiert, suchten vergebens, wo sich in der Suppe das Fettauge verliert.
So stieg von zerrissenen Füßen bis zu den Herzen hoch die Trauer, tatsächlich kamen auch wir hinter die Mauer, wo sich unüberwindlich verklemmte das große Heimweh, als der Lagerboden gefroren und überzogen war von neuem Schnee.
Es war, dass eisige Winde über hungrige Mägen wehten, da waren noch keine Fußspuren in den Schnee getreten, schien zumindest der Boden friedlich eingefroren, als sich Nächte und Tage nacheinander verloren.
Dann kamen sie, die gefürchteten Transporte, von Angst geplagt durchfuhr ich im Waggon die Pforte mit den vielen andern und dem Wenigen, dem letzten Gut. Da packte auch mich unentrinnbar die schnelle Flut auf dem Bahnsteig der menschentrennenden Rampe.
Einer mit weißen Handschuhen und Reitstock entschied bei trüber Lampe über Leben und Tod im milden Wind, der sich süßlich hin und her bewegte, bis sich das Letzte, zunächst als Mensch, dann als Opfer legte.
Beim Opfergang stachen Ohnmacht und Trauer tief in die Herzen, da gab es den Schlaf schon längst nicht mehr. Die Augen waren trauerverschleiert und erwartungsmatt, denn hier gab es den jähen Abbruch mit dem qualvollen Ende.