Im Kleinen Schwarzen Teil 6 - Catherine May - E-Book

Im Kleinen Schwarzen Teil 6 E-Book

Catherine May

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Beschreibung

Der sechste Band der Erzählung "Im Kleinen Schwarzen" führt Alex in seine neue Rolle ein: Als Marie lebt er sich in seiner neuen Umgebung in einem Castle im englischen Lake District ein und wird darauf vorbereitet, sich mit dem todkranken Tom zu verloben und ihn später zu heiraten. Zu dieser Vorbereitung zählen viele einzelne Schritte der Feminisierung, die Alex zunehmend Probleme machen, nicht zuletzt da er immer tiefer in die intimsten Geheimnisse des Frau-Seins hineingedrängt wird und es absehbar für ihn keine Möglichkeit gibt, die Rolle zu verlassen. Versuche, sich dagegen zu wehren, schlagen fehl, das Rad dreht sich unaufhaltsam weiter. Zugleich gibt es Grund zu der Befürchtung, dass die Aufgabe, die ihn in der Rolle der Marie bindet, länger dauern wird als ursprünglich angenommen.

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Seitenzahl: 130

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Inhalt

Was bisher geschah

Neues Leben

Vorbereitungen

Schluss mit lustig!

Der springende Punkt

In den Pfuhl!

„Ein Kunstwerk!“

Eine neue Note

Der Antrag

Hinweise auf weitere Bände der Reihe „Crossdresser-Erzählungen“

Was bisher geschah

Die altbekannte Geschichte: Alex war von seiner Frau erwischt worden, wie er ihre Wäsche ausprobierte. Was der bloßen, mehr oder weniger unschuldigen Neugierde entsprungen war, hatte sich zu einem Drama entwickelt: Innerhalb kürzester Zeit hatte Eva sein Leben völlig umgekrempelt. Offenbar in Anknüpfung an ihm bisher unbekannte, sadistische Vorlieben, zu denen sie während ihrer Studienzeit einschlägige Erfahrungen gesammelt hatte, hatte sie ihn als ‚Marie‘ in die Rolle des Hausmädchens und zu sexuellen Dienstleistungen gezwungen, die weit über das hinausgegangen waren, was noch als Spiel hätte gelten können. Ihr Druckmittel, die Drohung der sofortigen Trennung, seines Hinauswurfs aus dem gemeinsamen Leben in eben den kompromittierenden Kleidern, in denen er seit seinem ‚Fehltritt‘ leben musste, hatte so weit gewirkt, dass er wenige Tage später in der Anwaltskanzlei ihres Nachbarn Paul eine Stelle als Sekretärin angetreten hatte, so elegant gestylt und gekleidet, wie man sich das von einer Sekretärin in einer prominenten Kanzlei vorstellt. Nachdem jedoch Eva provoziert und wohlwollend zugelassen hatte, dass die in ein Dirndl gekleidete Marie in einem Oktoberfest-Bierzelt von betrunkenen Männern missbraucht wurde, hatte Alex sich entschieden, Widerstand zu leisten und die Trennung in Kauf zu nehmen.

In diesem Augenblick jedoch hatte sich die finanzielle Abhängigkeit der Firma seiner Frau – ihrer gemeinsamen Lebensgrundlage – von der Anwaltskanzlei von Paul in fataler Weise als existenzbedrohend herausgestellt. Um die Folgen, den sofortigen Bankrott der Firma seiner Frau, aufzuhalten, war Alex gezwungen, als ‚Marie‘ gekleidet als ‚Pfand‘ einzuspringen und sich in den nicht näher definierten Dienst des Nachbarn zu stellen. Die erste Bedingung Pauls, die sofort auszuführen war, war Maries Übersiedelung auf seinen Wohnsitz im Lake District in England.

Hier wurde Alex überraschenderweise eine Aufgabe angetragen, die in einem gut bezahlten Gefallen für den behinderten, todkranken Bruder von Paul bestand. Vordergründig sollte Alex dafür eine Rolle in einer Art inoffizieller Reality-Show spielen: Marie würde zum Schein Tom heiraten und damit einen Herzenswunsch des Kranken erfüllen, so lange dieser noch lebte.

Einer der Haken bestand darin, dass Tom nicht wusste, dass es sich nur um ein Schauspiel handelte. Er ging von einer wirklichen Heirat mit jener Frau aus, die zu seiner großen Begeisterung Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany ähnelte. Und für Alex bedeutete die Aufgabe einen 24/7-Job: vollständiges Leben als Frau in einem allerdings traumhaften Umfeld, bis Tom seinem Leiden erliegen würde. Der Zeitpunkt indessen, zu dem Toms Tod zu erwarten war, war nicht genau vorauszusagen. Die Ärzte gingen von einigen Wochen oder Monaten aus, die der Kranke noch zu leben hatte. Aber niemand wusste es so genau. Und Alex hatte gleich in der ersten Nacht in seinem neuen Bett einen verstörenden Traum, in dem ihm mehr als anschaulich die Möglichkeit vor Augen geführt wurde, dass Tom alle täuschte und sein Leiden nur vorspielte, in Wirklichkeit jedoch kerngesund war. Und so gesund, wie er in dem Traum wirkte, so lebhaft und ausgefallen waren seine sexuellen Vorlieben und Bedürfnisse, die er offenbar an Marie auszuleben gedachte, ohne dass sie sich dagegen hätte wehren können – schon gar nicht, wenn sie erst verheiratet sein würden.

Neues Leben

Als Alex, trotz der unruhigen Nacht perfekt gestylt als attraktive Frau, das Frühstückszimmer betrat, erhoben sich Paul und Tom vom Tisch. Paul wartete ab, bis Tom seiner ‚Marie‘ formvollendet den Stuhl zurechtgerückt und sie sich gesetzt hatte. Dann erst setzte auch er sich wieder an den üppig gedeckten Tisch, um den gleich mehrere Dienstboten bemüht waren.

„Guten Morgen“, sagte er, während Alex die Serviette auf seinem Schoß mit dem grenzwertig kurzen Rock ausbreitete, „hast du gut geschlafen in diesem riesigen, alten Bett? Ich hoffe sehr, du hast etwas Schönes geträumt! Du kennst ja diesen alten Kinderspruch: Was man in der ersten Nacht in einem fremden Bett träumt, das geht in Erfüllung!“

Alex warf einen schnellen Blick auf Tom, der sich soeben eine winzige Portion Eier, Speck, baked beans und Tomaten vorlegen ließ und sie mithilfe des feinen Silberbestecks vornehm zu verspeisen begann. Damit schien er zu sehr beschäftigt zu sein, um dem Gespräch zu folgen.

„Ach“, sagte er, während er sich wieder Paul zuwendete, „ich glaube, ich war einfach zu müde, um überhaupt etwas zu träumen. Ich habe wunderbar geschlafen. Und jetzt habe ich einen Bärenhunger. Was ein Traumfrühstück!“ Er wollte nicht über die vergangene Nacht sprechen. Noch immer fiel es ihm schwer, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden. Wenn er Tom ansah, konnte er sich nicht vorstellen, dass dieser stets lächelnde, von seinem Handicap unverkennbar geprägte Mensch tatsächlich getan hatte, woran er sich aus dem Traum nur allzu lebhaft erinnerte, selbst wenn er die Türen und Räume, die in dem Traum eine so entscheidende Rolle gespielt hatten, nach dem Erwachen nicht hatte wiederfinden können.

Paul war sichtlich erfreut. Er wandte sich an die Dienstboten und wies sie an, Marie mit allem zu versorgen, was sie wünschte.

Alex hatte englisches Frühstück schon immer geliebt. Je mehr er sich von der Erinnerung an seinen Traum löste und sich entspannte, umso mehr freute er sich darüber, nun das Original genießen zu können, noch dazu in einer so märchenhaften Umgebung. Er spürte, wie er trotz des ständigen Bewusstseins seiner Aufmachung und der Rolle, die er zu spielen hatte, langsam lockerer wurde. Allerdings konnte er es noch immer weder als normal ansehen, dass er hier war, noch, wie er hier saß: in Rock, Nylonstrümpfen und hochhackigen, aufreizend auf dem Parkett klackernden Schuhen, und dass er an der Kaffeetasse einen Lippenstiftrand hinterließ.

Glücklicherweise musste er nicht viel sagen. Paul wollte Marie ganz offensichtlich unterhalten und schwärmte von der Landschaft, in der sie sich hier befanden – von ihrer Schönheit, den zahlreichen Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten, die sie bot, von der Nähe zu Schottland, zur legendären Isle of Man und zu Irland, das ebenfalls nicht weit entfernt war. Er erzählte von der Lebensweise, die noch sehr von der Landschaft und dem Verlauf der Jahreszeiten geprägt war, und auf Nachfrage von Alex erzählte er auch, wie er in den Besitz des Castles oberhalb des Lake Windermere gekommen war. Es war nicht etwa alter Familienbesitz, wie Alex angenommen hatte. Er hatte es vielmehr aus der Konkursmasse eines Klienten erhalten, dessen Vater es in den 1920er Jahren gekauft hatte, um hier das abgeschiedene Leben eines Schriftstellers in von Geschichte geschwängerter Umgebung und historischem Flair zu verbringen. Das erklärte nicht zuletzt die vielen, alten Ausgaben von Werken von Sir Walter Scott in der Bibliothek; im Verein mit Queen Victoria und Prinz Albert, erläuterte Paul, war maßgeblich Sir Walter es gewesen, der die Mittelalter- und Schottlandbegeisterung in England geprägt hatte. Allerdings war die Karriere dieses Schriftstellers trotz der hervorragenden Bibliothek und der unleugbar romantischen Umgebung anders verlaufen, als er es sich vorgestellt hatte, und die Erhaltungskosten des Schlosses waren irgendwann ins Exorbitante gestiegen. Nach dem Tod des Vaters hatte sich der Sohn des Schriftstellers von dem Anwesen trennen müssen, und da die Gebäude und der Park inzwischen in einem sehr schlechten Zustand gewesen waren, hatte Paul es, wie er sagte, ‚für einen Appel und ein Ei‘ erwerben können. In der Folgezeit hatte er es bewusst als eine mehr oder weniger autarke, kleine Welt für Tom umgebaut. Es war noch immer nicht fertig, aber immerhin war es zum größten Teil wieder unter einem intakten Dach und weitgehend bewohnbar.

Marie würde, wenn sie bliebe, im ältesten Teil des Schlosses wohnen, in dem sich auch die Eingangshalle, das Speise- und das Wohnzimmer befanden und der schon seit Jahrhunderten bewohnt war. Ihre Zimmer befänden sich oberhalb des Wohnzimmers mit dem großen Kamin, an dem sie am Abend zuvor gesessen hatten, während die Zimmer von Paul, Edith und Tom im angrenzenden Flügel lägen und moderner gestaltet seien, aber eben auch weniger von der Aura eines mittelalterlichen, schottischen Castles geprägt seien. Er würde Marie die Zimmer gern zeigen und selbstverständlich würde sie sich frei entscheiden können, ob sie lieber modern wohnen wollte, mit niedrigeren Decken, kleineren Fenstern, Teppichboden und Fußbodenheizung anstelle der Gewölbe, der knarzenden Holzdielen, des großen, offenen Kamins und der damit zusammenhängenden ‚gesunden Zugluft‘, die sie aufgrund der alten Fenster in ihren derzeitigen Zimmern hätte.

Alex fragte nach dem Ankleidezimmer.

Paul nickte begeistert. „Als wir das Schloss übernahmen, fanden wir in vielen Zimmern Truhen voller Kleidung, die zum Teil offensichtlich nachgemacht ist, zum Teil aber alt sein muss, also Originalkleidung aus längst vergangenen Jahrhunderten ist. Ich habe sie vor einiger Zeit durchsehen und aussortieren lassen, was nicht mehr zu retten war. Was in deinem Ankleidezimmer hängt, sind Kleider, die noch tragbar sind. Tom hat großen Spaß daran, sich und am besten auch seine gesamte Umgebung gelegentlich in der Mode vergangener Epochen zu kleiden. Die passende Männerkleidung hat er in seinem Appartement. In deinem Ankleidezimmer hängt ein Teil der Frauenkleider.“

„Einschließlich der Unterwäsche.“

Paul lächelte. „Ja. Wir denken im Moment darüber nach, was wir damit machen sollen. Am besten wäre es wohl, diese Sachen an ein Museum zu stiften. Heimatmuseen gibt es hier eine ganze Menge. Die Briten lieben solche Trusts und kümmern sich hingebungsvoll um die Dinge, die ihnen anvertraut sind. Auf der anderen Seite können wir uns aber nicht so leicht davon trennen. Im Augenblick ist es so, dass, wenn Tom eine Epoche aussucht, wir praktisch von der Unterwäsche bis zum Schmuck alles haben, was notwendig ist.“

„Was ist denn Toms Lieblingsepoche?“

„Das ist nicht leicht zu sagen. Er selbst kleidet sich gern elegant, dazu figurbetont. Das war besonders in der viktorianischen Zeit im 19. Jahrhundert beliebt. Die Männer trugen schmale Fracks, Westen aus wunderschönen Stoffen, Halstücher und gingen mit einem Spazierstock durch die Gegend, auch die jungen Männer.“

„Und die Frauen?“

Paul lächelte, eher verbindlich als herzlich, wie es Alex schien. „Die Frauen waren vor allem eng und immer enger geschnürt, glaube ich. Die Röcke waren längst nicht so ausladend wie zum Beispiel im Barock, alles saß verhältnismäßig schmal an und die Oberteile waren hochgeschlossen. Viel Stoff, aber recht straff um die Figur drapiert. Das war die Epoche, in der Männer schon in Verzückung gerieten, wenn sie nur die Fußknöchel einer Frau erspähen konnten, die ansonsten vollkommen verpackt waren. Wrapped Women, sozusagen, lange vor Christo und der Postmoderne.“ Paul lachte. „Riesige Hüte, übrigens. Wegen der engen Schnürung fielen die Frauen des Öfteren in Ohnmacht – die Epoche des Riechfläschchens also.“

„Und solche Sachen habt Ihr auch hier?“

„Riechfläschchen?“

„Ich meinte eher die Kleider einschließlich der Korsetts oder wie immer man die Schnürung zuwege brachte.“

„Da solltest du Edith fragen, aber, ja, ich meine, mich zu erinnern, dass wir auch schon einmal eine Party unter diesem Motto veranstaltet haben. Und Riechfläschchen haben wir selbstverständlich auch. Nur frag‘ mich nicht, was da hineinkam, damit die Frauen wieder ins Leben zurückfanden. Luft kann es ja schlecht gewesen sein …“

„Was meinst du mit Party?“, unterbrach Alex ihn, „Kostümpartys? Ladet ihr dann Leute ein, die alle entsprechend gekleidet sein müssen?“

Paul nickte. „Tom liebt es, wenn das Haus voll ist, Musik durch die Räume schallt und getanzt und getafelt wird. Allerdings wird tatsächlich nur eingelassen, wer sich dem Motto entsprechend gekleidet hat. Wunderbare Veranstaltungen! Dafür eignet sich das Castle ganz hervorragend; selbst an Möbeln und Accessoires wird vorher alles weggepackt, was nicht zu der gewählten Epoche passt. Oder doch fast alles.“

„Die elektrische Beleuchtung?“

„Die zuallererst!“

„Die Klospülung?“

Paul lachte wieder. „Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir in dieser Beziehung einen Kompromiss geschlossen. War es nicht so, Tom?“

Tom blickte von seinem Teller auf, grinste, und als sein Mund leer war, stieß er erst ein „Spülung muss sein!“ hervor, und schob dann „Kein Plumpsklo! Kleiner Kompromiss!“ hinterher und lächelte Marie an.

Auch Paul grinste. „Wir wollen ja nichts übertreiben.“

„Wird es eine solche Party demnächst geben?“

„Im Augenblick ist nichts geplant. Oder, Tom?“

Tom schüttelte mit dem Kopf und lächelte schwach.

„Er hat in den nächsten Tagen einige Arzttermine, die wollten wir erst abwarten.“

Alex sah zu Thomas hinüber. Der hatte gerade sein Besteck auf dem leeren Teller zusammengelegt und stand nun auf, legte seine Serviette ordentlich auf den Tisch, verneigte sich kurz vor Marie, dann vor Paul und verließ schweigend den Raum.

„Er wird nach der Zeitung sehen“, erklärte Paul. „Das macht er immer so. Um diese Zeit kommt gewöhnlich der Zeitungsbote und Tom liebt es, die Zeitung am Portal persönlich entgegenzunehmen und dem Boten dafür eine Münze in die Hand zu drücken. Auch wenn er sie erst später liest, erst nach dem Frühstück.“

Alex zögerte einen Augenblick, bevor er bemerkte: „Man sieht ihm gar nichts an.“

Paul nickte bekümmert. „Würdest du ihn schon etwas länger kennen, würdest du es besser erkennen. Er ist schmaler geworden. Seine Gesichtsfarbe ist nicht gesund. Und er bewegt sich behäbiger.“

„Ja“, stimmte Alex zu, „seine Bewegungen sind sehr langsam, das ist mir aufgefallen, fast bedächtig. Diese Bewegungen würde man eher von einem älteren Mann erwarten.“

„Tatsächlich hat sich das in den vergangenen Monaten spürbar verändert.“

Alex blieb für einen Augenblick still sitzen. Dann räusperte er sich, trank einen Schluck Kaffee, schaute kurz zur Tür und fragte dann: „Wie wird es denn nun weitergehen?“

Paul sah ihn mit einem Blick an, der durch ihn hindurch und in die Zukunft zu gehen schien. „Das wird nicht zuletzt davon abhängen, wie du dich entscheidest, fürchte ich. Unsere Wünsche und die Bedingungen hat Edith dir gestern bereits genannt. Hast du dazu noch Fragen?“

„Ich bin mir nicht ganz sicher, wie genau meine Aufgaben hier aussehen werden.“

„Das ist eigentlich ganz einfach. Du sollst dabei helfen, Tom eine gute Zeit zu ermöglichen.“

„Und dazu soll ich Audrey Hepburn spielen.“

Paul musste lachen, obwohl ihm sichtlich nicht danach zumute war. „Wenn man so will“, räumte er dann ein. „Hat Edith das so gesagt?“

„Darauf schien es mir hinauszulaufen.“

„Na ja, ich würde eigentlich eher sagen: Du sollst so sein, wie du bist, dabei darfst du gern etwaige Ähnlichkeiten zu Audrey Hepburn unterstützen. Du solltest dich ein bisschen um Tom kümmern und auf seine Wünsche eingehen, Dinge mit ihm unternehmen, nett zu ihm sein …“

„… und ihn heiraten.“

„Na ja.“ Paul lächelte und sah Alex gewinnend an. Dann räusperte er sich. „Wenn Tom ganz gesund wäre, würde ich jetzt sagen: Das wird sich dann zeigen. Aber nach dem, was die Ärzte sagen, bleibt uns nicht mehr viel Zeit, können wir nicht auf irgendwelche allmählichen Entwicklungen warten. Und du entsprichst in hohem Maß dem, was Tom sich offensichtlich vorstellt. Mir ist das gleich aufgefallen, als wir uns zufällig im Biergarten getroffen haben. Und die Art, wie Tom auf dich reagiert, bestärkt mich darin, dass wir die Sache richtig eingeschätzt haben.“ Er machte eine kurze Pause und sah vor sich hin. „Hochzeit, ja.“ Er schien laut nachzudenken, sah Alex dann aber wieder direkt an. „Tatsächlich ist ‚Hochzeit‘ für ihn seit Monaten ein großes Thema und ich musste ihm versprechen, dass ich mich nach einer passenden Kandidatin umschaue.“

„Und er weiß, dass ich diese von dir ausgesuchte Kandidatin bin?“

„Ja.“

Alex brannte zunehmend diese eine Frage auf der Seele, die er unbedingt ansprechen wollte. Als Paul nicht weitersprach, räusperte er sich und senkte dann seine Stimme, wobei er weiter die Tür im Auge behielt, durch die Tom verschwunden war. „Da ist noch die Frage nach seiner Sexualität. Edith konnte mir dazu gestern nichts sagen.“

Paul nickte. „Das ist auch nicht ganz einfach. Auch ich bin mir nicht sicher, ob er um etwas, was wir Sexualität nennen, überhaupt weiß, ob er also etwas in sich spürt, das dem nahekommen würde.“

„Hat er sich noch nie befriedigt?“

„Jedenfalls nicht so, dass ich es mitbekommen hätte.“