Jehlicka Polka im Dirndl - Catherine May - E-Book

Jehlicka Polka im Dirndl E-Book

Catherine May

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Beschreibung

Stefan spielt seit vielen Jahren in seinem Dorf im Musikverein Posaune. Er weiß von der Engstirnigkeit und Skandalsüchtigkeit der Dörfler. Jeder hat seinen Platz im Dorf, jeder muss seine Rolle spielen, genau so, wie es schon immer war - Mann ist Mann und Frau ist Frau. Da gibt es keine Unsicherheiten, keine Verwischung der Grenzen. Doch dann verliert Stefan eine Wette. Der Einsatz: Er muss, als Frau verkleidet, im Musikvereins-Dirndl das Jahresabschluss-Konzert spielen. Der Skandal ist vorprogrammiert: diese Gelegenheit werden sich die Dörfler nicht entgehen lassen. Stefan fühlt sich wie die Jungfrau, die in einem grausamen Ritual im sexuellen Rausch aller Beteiligten geopfert werden soll.

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Inhelt

Konzert im Dirndl

Die Abordnung

Jehlička-Polka

Der ‚gemütliche Teil‘

Tanz

Zuspitzung

Tanz auf einem Vulkan

Unerwartete Wende

Missgeschick

Hinweise auf weitere Bände der Reihe „Crossdresser-Erzählungen“

Konzert im Dirndl

Was bis zu diesem Augenblick geschehen war, war schon peinlich genug gewesen. Aber jetzt kam der Höhepunkt: Jetzt musste er auf die Bühne! Nun würden ihn nicht nur die Musiker-Kollegen sehen, von denen die meisten schon vorher von der verlorenen Wette gewusst hatten; zum Teil waren sie daran sogar beteiligt gewesen, hatten ihn dadurch also überhaupt erst in diese Situation gebracht. Sie hatten ziemlich genau so reagiert, wie er es erwartet hatte. Was er mitbekommen hatte, war es vor allem Gelächter und Spott gewesen: Schau mal, Stefan im Dirndl und in Stöckelschuhen! Mit Perücke, Lippenstift und sogar lackierten Fingernägeln! Und er hat – sieh mal! – sogar einen Strass-Stecker in der Nase! Wirklich wie ein Mädchen! Wahrscheinlich hat er auch ein Tattoo auf dem Po: „Ich bin ein Mädchen. Nimm mich hart!“

Sie hatten bereits ihren Spaß gehabt, gegen den er sich kaum hatte wehren können. Und sie hatten ja recht! Wie lächerlich musste all das wirken! Und wenn sie gewusst hätten, was er unter dem Dirndl trug – wie weit die Mädels gegangen waren, als sie ihn vor dem Konzert verkleidet hatten! Dann wären sie vor Lachen wahrscheinlich gar nicht mehr in der Lage gewesen, das Konzert zu spielen!

Aber jetzt! Jetzt musste er auf die Bühne! Da würde ihn das ganze Dorf sehen! Alle Verwandten, Freunde, Nachbarn. Und sobald er die Bühne betreten hatte, saß er buchstäblich auf dem Präsentierteller – eineinhalb Stunden lang im Dirndl, das die Tracht der Mädchen des Musikvereins war, mit Schürze, in Nylonstrümpfen und Schuhen, deren Absatzhöhe schon allein bewirken würde, dass ihnen der Atem stockte! Und Marita, die maßgeblich beteiligt gewesen war an seiner Verwandlung von einem männlichen Posaunisten in eine Dirndltragende Posaunistin, hatte ihm nicht nur ein zartes Kettchen um eines seiner Handgelenke gelegt, sondern auch noch eines um das Fußgelenk – genau in Augenhöhe des Publikums, wie sie süffisant lächelnd betont hatte. Das würde ins Auge fallen, hatte sie ihm prophezeit, vor allem im Zusammenhang mit diesen atemberaubenden Schuhen; das Kettchen würde jeden wissen lassen, dass sich die Verwandlung nicht auf die allen sichtbare Oberbekleidung beschränkt hatte, dass vielmehr drunter auch noch „etwas Leckeres“ zu vermuten war! Der ehemalige ‚Stefan‘ war auch drunter nun ein ‚richtiges Mädchen‘ – jedenfalls bis auf das eine Detail, das nicht zu ändern gewesen, aber gut versteckt war!

Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen, während er in dem engen Gang vor der Bühne wartete, dass sich die Tür öffnete und die Musiker ihre Plätze einnehmen konnten. Dabei hörte er wieder, wie die Absätze seiner Schuhe auf dem harten Steinboden ein höchst charakteristisches Geräusch machten. Ein Klacken, das jeder Mann, der es hörte, und vermutlich auch die meisten Frauen instinktiv mit der Verheißung auf eine attraktive Frau verband, die mit diesem ‚Klopfzeichen‘ unmissverständliche Signale aussandte.

Er spürte einen Luftzug über seine Brust streichen. Richtig: sie war zum Teil nackt, weil er heute nicht, wie gewöhnlich, ein bis oben zugeknöpftes Hemd trug, sondern eine Dirndl-Bluse mit weitem Ausschnitt. Er hatte ein Dekolletee! Sogar eine kleine Ritze hatten sie in den Ausschnitt gezaubert, indem sie die Haut über seiner Brust zusammengeschoben und mit Klebeband fixiert hatten: unter seinem BH – er trug einen BH! Stefan wurde wieder einmal rot vor Scham – war ein breiter Klebestreifen um seine Brust gezogen, der die Haut zusammenzog. Und knapp oberhalb der Ritze, die auf diese Weise in dem Ausschnitt seiner Dirndl-Bluse entstanden war, lag, an einer zarten Kette hängend, ausgerechnet ein kleines, silbernes Herz. Klein und zart war es „wie bei einem zarten Mädchen“, so Maritas Worte – wenigstens stand nicht noch „Love“ darauf oder ähnlicher Mädchenkram.

All dies war nicht seine Wahl gewesen. Nachdem klar gewesen war, dass er die Wette tatsächlich verloren hatte und sie von ihm eingelöst werden musste, hatten sich gleich vier Musikerinnen gemeldet, die ihn entsprechend herrichten wollten: mit dem Dirndl und mit allem, was sonst noch dazugehörte, wenn ein Mädchen oder eine Frau sich für einen Auftritt des Musikvereins ausstattete. Und offenbar hatten sie beschlossen, ihn nicht etwa, wie häufig in vergleichbaren Situationen, als lächerlichen Kerl in Frauenkleidern auf die Bühne zu lassen. Sie hatten ihre Aufgabe überraschend ernst genommen, so ernst, dass sie wirklich kein Detail ausgelassen hatten, selbst wenn es um Bereiche an seinem Körper ging, von denen unter normalen Umständen absolut nichts zu sehen war.

So hatten sie ihn, um die Sache wirklich perfekt zu machen, nicht nur am ganzen Körper rasiert und eingecremt, seine Fußnägel geschnitten und lackiert und ein zierliches Tattoo auf den unteren Teil seines Bauchs geklebt, sie hatten ihn auch mit dieser Langhaar-Perücke ausgestattet, die ziemlich teuer gewesen sein musste, da sie offensichtlich aus Echthaaren bestand; sie hatten ihn wunderschön frisiert mit einer Frisur aus einem langen, geflochtenen Zopf, wie junge, attraktive, etwas romantisch angehauchte Mädchen sie gelegentlich tragen, hatten ihm – sein Protest war wirkungslos verhallt – Ohrlöcher gestochen und ihn dann aufwändig geschminkt, so dass er kurzzeitig die Hoffnung gehabt hatte, schlichtweg von niemandem erkannt zu werden. Vielleicht glaubte der eine oder andere ganz einfach, dass es eine neue Posaunistin gäbe, die eben langes, blondes Haar hatte und ganz selbstverständlich das Vereins-Dirndl trug. Aber seit wenigen Minuten wusste er, dass die Nachricht von der wahren Identität der ‚Neuen‘ durchgesickert war und im Publikum längst die Runde gemacht hatte. Niemand würde da sein, der nicht wusste, wer unter dieser Perücke und in diesem Rock mit der traditionellen, roten Schürze steckte und wer so aufreizende Geräusche machte, während er in diesen atemberaubenden Schuhen über die Bühne stöckelte.

Wieder wechselte er den Fuß, verlagerte das Gewicht und spürte dabei, wie der in einem Seidenstrumpf steckende Oberschenkel am Stoff des Rocks entlangstrich – des Unterrocks, wohlgemerkt, denn auch hier waren die Mädels detailversessen gewesen: unter ein Dirndl gehöre ein unschuldig weißer, mit Rüschen und Häkelspitze versehener Unterrock, der, wie sie ausführlich erklärt hatten, so lang und so gut auf den Dirndl-Rock abgestimmt sein müsse, dass er hin und wieder, als wäre es nicht beabsichtigt gewesen, unter dem Rand des Rocks sichtbar wurde – beim Sitzen beispielsweise und selbstverständlich beim Tanzen, wenn der Herr seine Tanzpartnerin im Kreis herumschwang oder wenn sie sich so schnell um sich selbst drehte, dass der Rock hochflog; da war es dann der Unterrock, der sichtbar wurde, statt der nackten Beine oder gar – Gott bewahre! – des Höschens. Was sie allerdings nicht davon abgehalten hatte, auch auf einem spitzenbesetzten Strumpfhalter mit Strapsen und dazu passenden Nylonstrümpfen auf der glattrasierten, frisch gecremten Haut zu bestehen, mit breitem Spitzenrand. (Ob sie selbst auch soetwas trugen, fragte Stefan sich erst sehr viel später, als seine Verwirrung nachgelassen hatte und er seinen Verstand wieder einigermaßen gebrauchen konnte; allerdings wagte er dies stillschweigend zu bezweifeln. Musste man einer Frau nicht ansehen, wenn sie soetwas Heißes unter ihrem Rock trug? Und außerdem waren die meisten von ihnen viel zu bieder. Allerdings …) Und selbst beim Höschen waren sie zu keinem Kompromiss bereit gewesen; er hatte nicht eingesehen, warum er auch noch ein Damen-Höschen tragen sollte. Aber natürlich hatten sie sich durchgesetzt und schließlich sogar darauf geachtet, dass das Höschen farblich zum Strumpfhalter und zum Spitzenrand der Strümpfe passte. (Sie hatten ihm gedroht: wenn er nicht tue, was sie sagten, würde er am Ende auch noch eine Slipeinlage tragen müssen – eine feuchte, selbstverständlich! Dem war er glücklicherweise entgangen, allerdings nur, indem er das seidige Höschen anzog, das sie ihm gereicht hatten – wobei er zum ersten Mal unleugbare Erregung verspürte, als seine Haut in Berührung mit diesem Wäschestück kam. Weil auch sie dies offenbar gesehen hatten, hatten die Mädels ihm am Ende sogar noch ein ebenfalls besticktes, weißes Miederhöschen aufgenötigt, um zu verhindern, dass unter der Schürze eine Beule entstehen konnte, wo sie bei einem Mädchen eindeutig nicht hingehörte. – In der Folge hatte es ihm seltsamerweise geschienen, als ob sie ein wenig zu häufig den richtigen Sitz des Miederhöschens über dem spitzenbesetzten Seidenhöschen überprüft hatten.

Es ging noch immer nicht voran im Gang hinter der Bühne, sie standen weiterhin eng zusammengedrängt und warteten. Stefan wusste nicht, ob draußen noch jemand eine Rede hielt, immerhin war es ihr Jahresabschlusskonzert, oder was dort sonst noch vor sich ging, konnte also auch nicht einschätzen, wie lange sie hier noch würden stehen müssen.

Selbstverständlich war er wieder einmal der einzige, dem soetwas passierte. Bei der Wette war er zu hundertfünfzig Prozent überzeugt gewesen, Recht zu haben, und hatte sich leichtfertig dazu hinreißen lassen, den Wetteinsatz nicht schon vorher zu bestimmen und ihn außerdem vollständig dem Gewinner zu überlassen. Und als er dann zu seiner Bestürzung verloren hatte, waren sich seine drei Wett-Gegner schnell einig gewesen: ‚das Jahreskonzert im Dirndl spielen!‘ Erst hatte er an einen Scherz geglaubt, denn er hatte sich nicht erinnern können, dass es das schon jemals gegeben hätte. Dann hatte er verzweifelt versucht, sie umzustimmen, doch als sie immer rigoroser wurden und plötzlich auch BH, Seidenstrümpfe und Schuhe mit mindestens 10 Zentimeter hohen Absätzen obligatorisch waren, hatte er nicht weiter argumentiert.

Plötzlich spürte er, wie sich von hinten jemand an ihn herandrängte. Eine große Hand legte sich auf den seidigen Stoff des Rocks, der seinen Hintern bedeckte, und begann seine Pobacke zu kneten. Stefan versuchte abrupt, dem Griff zu entkommen, aber sie standen viel zu eng zusammengepfercht, als dass er sich von der Hand ausreichend hätte entfernen können. Zudem hatten sie alle ihre Instrumente und die Notenständer in den Händen, und direkt neben Stefan stand einer der Tubaisten mit seinem riesigen Gerät, an dem er nicht vorbeikam.

„Sei nicht so zickig, Stefanie“, hörte er jemanden in sein Ohr flüstern. „Jedes Mädchen hat es gern, wenn man sich ein bisschen an seinen Kurven erfreut!“ Und die Hand fuhr fort mit den Knet- und Streichelbewegungen, wobei sie sich unverkennbar immer mehr der unter den Röcken steckenden Poritze näherte.

Stefan drehte den Kopf und sah das Gesicht von Joachim, einem der Trompeter, dem größten Casanova des Musikvereins, dicht neben dem seinen. Er schien noch näher rücken zu wollen. Die Hand fuhr weiter über den Stoff des Rocks und immer weiter zwischen Stefans Beine, und während sie knetete und streichelte, schob sie den Stoff immer mehr nach oben.

„Hör auf damit!“, zischte Stefan.

„Wie gut es doch ist, schöne Stefanie, dass ich genau weiß, dass Mädchen immer das Gegenteil von dem sagen, was sie meinen. Also …“

Und damit schob er den Rock samt Unterrock vollends so hoch, dass seine Hand nun zwischen die zusammengekniffenen Oberschenkel fahren konnte und weiter nach oben, bis sie das Miederhöschen erreicht hatte.

„Oh, was ist das?“ Joachim schien wirklich überrascht. „Die haben dich aber gut verpackt!“

Und weil Stefan sich nun gänzlich und ein wenig gewaltsam umdrehte, glitt die Hand ab und ließ den Stoff wieder fallen.

„Das ist ja spannend“, flüsterte der Trompeter. „Eigentlich hatte ich gedacht, du würdest gar kein Höschen tragen, so heiß, wie sie dich hergerichtet haben. Oder nur so ein kleines Dreieck, in das nichts Männliches reinpasst. Aber so ist es natürlich interessanter. Da werden wir nachher noch unseren Spaß haben, mach‘ dich darauf gefasst! Du wirst uns nicht entkommen, schöne Stefanie, auch wenn du noch so zickig bist! Die anderen freuen sich auch schon drauf! Nach dem Konzert wird getanzt, du auch, du süßes, kleines Mädchen. Du wirst tanzen, wie das alle Mädchen tun, die ein Dirndl tragen und sich so schön herausgeputzt haben“ – damit nahm er einen der Ohrringe in seine Hand und betrachtete ihn aufmerksam –, „um den Männern zu gefallen und sie anzulocken. Und nach dem Tanzen werden wir noch mehr Spaß mit dir haben, glaub’s mir! Aber vergiss nicht: das Höschen hier“ – damit fuhr er mit seiner großen Hand wieder über Stefans Hinterteil und griff noch einmal beherzt zu – „das gehört mir! Das bekomme nur ich, verstanden?“

In diesem Augenblick ging endlich die Tür zur Bühne auf und der Zug der Musikerinnen und Musiker setzte sich langsam in Bewegung. Stefan bemühte sich, in den hohen Schuhen einigermaßen sicher die Treppe hinauf zu kommen, um nicht umzuknicken und zu fallen oder sein Instrument loslassen zu müssen – glücklicherweise hatte er in den vergangenen zwei Tagen ausgiebig und unter äußerst kompetenter und vor allem kompromissloser Anleitung das Gehen in High heels geübt.

Er war erleichtert, dem Trompeter entkommen zu sein, doch andererseits sah er nun die Tür und das gleißende Licht dahinter näherkommen und er hörte das Rauschen des gut gefüllten Zuschauerraums. ‚Wie eine Gladiatoren-Arena‘, dachte er. Nun gab es wirklich kein Zurück mehr! Er wurde immer nervöser. Panik stieg in ihm auf, während er unaufhaltsam auf die Tür zugeschoben wurde. Das Blut stieg ihm in den Kopf, es dröhnte in seinen Ohren. Gleich würden ihn alle sehen können! Alle würden ihn anstarren. Sie würden lachen und mit dem Finger auf ihn zeigen, vielleicht ihn sogar verspotten. ‚Guckt mal, da ist Stefan – im Dirndl! Mit einem Busen! Seht mal, er hat sogar Lippenstift drauf! Und sogar Ohrringe trägt er! Ich wusste gar nicht, dass er schwul ist!‘ Der Skandal wäre wahrscheinlich geringer gewesen, wenn er sich einfach nackt auf die Bühne gestellt hätte. Das wäre vielleicht auch nicht ganz so lächerlich gewesen wie das hier. Er meinte schon, das Wort ‚Schwuchtel‘ zu hören, das ganz sicher fallen würde.

Er fühlte sich, als würde er zur Schlachtbank geführt. Obwohl – nein: bei der Schlachtbank ist es irgendwann vorbei. Das Beil fällt und – aus! Aber hier! Es würde Stunden dauern! Er fühlte sich eher, als wäre er Teil eines großen Opferrituals, bei dem all diese Menschen, nachdem sie von Musik und Alkohol in Ekstase versetzt worden sind, ein Menschenopfer bringen, eine Jungfrau aus ihren Reihen abschlachten, ein unschuldiges, unbeflecktes Mädchen, das in ihrem Leben noch niemals jemandem etwas zuleide getan hat. Und diese Jungfrau, die geopfert werden sollte – war er! Und die Art und Weise, wie dieses Opfer vollzogen wurde, war einfach, aber äußerst beschämend: die Jungfrau würde totgefickt werden. Vor aller Augen würde sie entblößt werden, man würde ihr die Kleider vom Leib reißen, den makellosen Körper aller Hüllen berauben und ihn den gierigen, sabbernden, schwitzenden Männern vorwerfen. Und unter Beteiligung aller Anwesenden würde jeder von ihnen seinen steifen, vor Geilheit glänzenden, harten Schwanz in seiner Ekstase so gewaltsam wie möglich in sie hineinrammen und sie ficken, bis ihre Schreie in ein Wimmern, dann in ein Röcheln übergehen und schließlich ganz verstummen würden, während sie besudelt mit dem Unflat des Rituals am Boden liegen würde. Und alle, die jetzt dort unten vor dieser Bühne saßen, so kam es Stefan vor, wussten, dass ihm dies bevorstand, und sie würden ihn angaffen und erschauern angesichts der Vorstellung dessen, was gleich folgen würde.

Die Tür rückte näher. Er hörte seine Absätze nicht mehr, aber er spürte die unnatürliche Haltung, in die sie seine Füße und mit ihnen den ganzen Körper hineinzwangen. Er konnte nur kleine, gezierte Schritte machen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, ging praktisch nur auf den Zehenspitzen und stellte sich vor, dass sein geschnürter Körper dabei sehr weiblich aussah – eben wie jene Jungfrau, der nun das Opferritual bevorstand …

Irgendwann hatte er die Tür erreicht. Noch zwei Schritte hinter dem zur Seite gerückten Vorhang, dann wurde er von den Nachfolgenden in den offenen Bühnenraum geschoben, mitten ins gleißende Licht der Scheinwerfer, das ihn wie ein Strahl heißer Luft überflutete. Wie betäubt ging er unsicher zu seinem Platz beinahe in der Mitte der Bühne.

Es war ihm, als würde es für einen Augenblick stiller im Saal, als blieb ihnen der Atem stocken. Dann brandete das Geräusch der vielen Stimmen wieder auf und Stefan hörte vereinzeltes Gelächter. Er setzte sich auf seinen Stuhl, stellte die Posaune in den Instrumentenständer, musste kurz noch einmal aufstehen, um – Gipfel der Peinlichkeit! – den Rock und die Schürze glattzuziehen, rückte dann den Notenständer zurecht und ordnete die Noten in der Mappe. Die ganze Zeit über versuchte er sich auf diese einfachen Handgriffe zu konzentrieren und nicht darauf zu achten, was im Publikum geschah. Dennoch bekam er mit, dass es viel Gelächter im Raum gab. Selbstverständlich konnte er nicht wissen, ob sie über ihn lachten oder einfach nur gut gelaunt waren. In den Dörfern dieser Gegend wurde gern und viel getrunken. Und vielleicht wussten es ja doch nicht alle, versuchte er sich einzureden. Vielleicht hatten sie ihn und den Skandal, der an ihm hing, noch gar nicht mitbekommen.

Als er alles gerichtet hatte, schaute er instinktiv für einen Augenblick auf – und sah unvermittelt in das Gesicht seiner alten Tante, die ihn mit großen Augen direkt ansah. Entgeistert? Schockiert? Er traute sich nicht, länger hinzusehen – sonst hätte er unter Umständen bemerken können, dass sie wohlwollend zu lächeln begann. Sie hatte einige Zeit gebraucht, um ihn zu erkennen. Doch dann hatte sie ihn mit aller weiblichen Professionalität gemustert, die eine langjährige Tracht-Trägerin auszeichnete – und für gut befunden, was sie sah! (Bis auf die eindeutig zu hohen Schuhe allerdings; es blieb ihr ein Rätsel, wer auf die absurde Idee gekommen war, zum Dirndl so hohe Schuhe auszusuchen. Obwohl – elegant waren sie, das stand außer Frage. Und mit seinen Beinen, konnte er sich die hohen Absätze durchaus leisten.)