In Medias Res ... - Reiner Zablocki - E-Book

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Reiner Zablocki

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Beschreibung

IN MEDIAS RES ... ... willkommen im Mediensumpf Wirtschaftskrimi Dieser "enthüllende Wirtschaftskrimi" lädt Sie meine liebe Leserin, lieber Leser, zu einer kleinen Exkursion durch die für viele verborgene, oft auch märchenhafte und im Nachhinein von mir auch "verwunschene" und "verfluchte" Welt der "Print-Medien" ein. Er entführt Sie in die "Everglades", den "Sumpf der deutschen Medienindustrie". Ich selbst bin "eingetaucht" und "untergegangen". Meine Familie, mein Ruf und auch mein Name wurden durch hinterlistige und verlogene Machenschaften deutscher "Verlags-Barone" auf eine Art und Weise mit "Dreck" beschmutzt, die ihresgleichen lange suchen muss. "Adelige", die sich selbst a`la "Münchhausen" am eigenen Schopf aus diesem "Sumpf" gezogen haben, und in "deren Welt" nach eigener Aussage "Geld keine Rolle spielt". Lassen Sie sich wie ich "ab-" und entführen. "Werfen" Sie einen neuen Blick auf den deutschen "Rechtsstaat", seine "Schergen" und das Innere von "Justizvollzugsanstalten". Vergessen Sie alles was sie aus dem Fernsehen kennen. Dieses Buch beruht auf wahren Begebenheiten, die ich am eigenen Leib zu spüren bekommen habe: 57 Monate Haft! - und dieses "Urteil" wirkt bis heute nach.

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Seitenzahl: 427

Veröffentlichungsjahr: 2019

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IN MEDIAS RES ...... WILLKOMMEN IM MEDIENSUMPF

Dieser „enthüllende Wirtschaftskrimi“ lädt sie meine liebe Leserin, lieber Leser, zu einer kleinen Exkursion durch die für viele verborgene, oft auch märchenhafte und im Nachhinein von mir auch „verwunschene“ und „verfluchte“ Welt der „Print-Medien“ ein.

Er entführt sie in die „Everglades“, den „Sumpf der deutschen Medienindustrie“. Ich selbst bin „eingetaucht“ und „untergegangen“.

Meine Familie, mein Ruf und auch mein Name wurden durch hinterlistige und verlogene Machenschaften deutscher „Verlags-Barone“ auf eine Art und Weise mit „Dreck“ beschmutzt, die ihresgleichen lange suchen muss.

„Adelige“, die sich selbst a` la „Münchhausen – am eigenen Schopf aus diesen „Sumpf“ gezogen haben, und in „deren Welt“ nach eigener Aussage: „Geld keine Rolle spielt“.

Lassen sie sich wie ich „ab“- und entführen. „Werfen“ sie einen neuen Blick auf den deutschen „Rechtsstaat“, seine „Schergen“ und das Innere von „Justizvollzugsanstalten“.

Vergessen sie alles was sie aus dem Fernsehen kennen.

Dieses Buch beruht auf wahre Begebenheiten, die ich am eigenen Leib zu spüren bekommen habe: 57 Monate Haft! - und dieses „Urteil“ wirkt bis heute nach.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Rechtliche Bemerkungen

Danksagung

Kapitel 1

Erste spektakuläre Festnahme im Gerichtssaal.

Kapitel 2

Wie für mich alles begann.

Kapitel 3

Der Beginn einer erfolgreichen und sehr intensiven Geschäftsverbindung mit dem Axel-Springer-Konzern.

Kapitel 4

Fortsetzung der öffentlichen Vorführung vor Gericht.

Kapitel 5

Spektakuläre Festnahme im Gerichtssaal und Überführung in eine Arrestzelle der Polizeikaserne.

Kapitel 6

Meine erste und zweite Untersuchungshaft.

Kapitel 7

Der Millionenbetrug des Axel-Springer-Konzerns.

Kapitel 8

Der Anfang vom bitteren Ende und vom Kriechen und Vegetieren

Kapitel 9

Nachspiel nach der Verurteilung.

Kapitel 10

Im Spiegel der Presse: Auflagenbetrug bei Zeitschriftenverlagen ohne Ende.

Kapitel 11

Wechselspiel in Deutschland zwischen Justiz und Medien als "Vierte Gewalt".

Anhang

Schlusswort

VORWORT

Über viele Jahre war ich Geschäftsführender Gesellschafter eines deutschlandweit bekannten Unternehmens aus dem Bereich Direktmarketing; hatte das Unternehmen aus dem Nichts heraus zu einem Millionenunternehmen aufgebaut und war in Deutschland jahrelang Marktführer. Viele bekannte deutsche Großunternehmen aus fast allen Bereichen, besonders aber aus der Verlagsbranche, ließen ihre Werbung durch mein Unternehmen, der "kuw Gesellschaft für Kommunikation und Werbung", ausführen. Doch wie es in Deutschland gang und gäbe ist, gönnt man niemandem die Erfolge, auch wenn sie mit harter und konsequenter Arbeit und vielleicht auch ein wenig Glück erarbeitet wurden.

Die Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in Bochum wurde aufgrund mehrerer anonymer Anzeigen tätig, nahm mich aufgrund dessen zweimal in Untersuchungshaft, anschließend wurde ich zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Einer zweifelhaften, selbstherrlichen und völlig einseitig ermittelnden Justiz habe ich leider zu verdanken, dass ich extrem hart bestraft wurde.

Dem weltbekannten Axel-Springer-Verlag wurde von Justizseite her kaum Beachtung geschenkt, obwohl es ausreichend viele belegbare Anhaltspunkte gab. Er war der Initiator eines gigantischen Zeitschriften-Auflagen-Betrugs in Millionenhöhe. Der Konzern konnte, aufgrund exzellenter Anwälte und seines enormen Kapitals, sich und seine Mitarbeiter mit viel Geld bei der Justiz freikaufen.

Es ist eine Schande, wenn die Justiz sich durch Geld, ich nenne es "Schmierengeld", beeinflussen lässt und anschließend den eigentlichen Verursacher des Betruges mit unbedeutenden Geldstrafen belegt.

Ein bekannter Journalist brachte es mit folgenden Sätzen auf den Punkt:

Ein Auflagenbetrug im Dschungel der Printmedien von unglaublichem Ausmaß hat real über viele Jahre wöchentlich stattgefunden, bis der "Großverlag" den Vasallen nicht mehr brauchte. Ein Medientycoon benutzt eine etablierte Firma der Werbewirtschaft für einen über Jahre hinweg perfide durchdachten und organisierten Auflagenbetrug, der in die zweistelligen Millionen geht. Die Geschädigten sind letztendlich nicht nur die Werbewirtschaft, sondern Anzeigenkunden, die in angeblich "große Auflagen" am Zeitschriften-Himmel Millionen investieren. Ein Betrugsdelikt im überdimensionalen Stil, welches in Wirklichkeit verschwiegen worden ist und dennoch die blanke Wahrheit ist. Leider bemerken oder wollen wir es nicht wahrhaben, dass wir nur Marionetten im Spiel der Medienverlage sind.

Ich habe auch die kriminellen Ungeheuerlichkeiten, denen sich große deutsche Medienverlage bedienen, um der Werbewirtschaft unberechtigterweise Geld zu entlocken, nachprüfbar beschrieben. Aber auch meinen eigenen Part habe ich auf vielen Seiten dieses "Zeitschriften-Auflagenbetrugs-Krimis" detailgetreu geschildert.

Außerdem durch spektakuläre Einblicke in einen Gerichtssaal meinen eigenen Prozess - von der Ladung als Zeuge, über das äußerst unrühmliche Verhalten eines Oberstaatsanwaltes und eines Richters, bis hin zur ersten Festnahme, noch im Gerichtssaal und der sich daran anschließenden Untersuchungshaft, dargestellt.

Dem Leser dieses Buches wollte ich auch anhand meines Beispiels den wirklichen Alltag in einer Justizvollzugsanstalt vermitteln.

Es ist ein Enthüllungsbuch und Kriminalroman zugleich und ein Teil meiner eigenen Biografie, es ist spannend und spielt in der Wirklichkeit.

Im Buch kürze ich den Axel-Springer-Verlag oder Axel-Springer-Konzern mit dem Kürzel "AS" ab. Mein Unternehmen, die kuw Zablocki GmbH, Kurier und Werbedienst Zablocki oder kuw Gesellschaft für Kommunikation und Werbung GmbH, mit dem Kürzel "kuw".

RECHTLICHE BEMERKUNGEN

Dieses Buch beruht auf tatsächlichen Ereignissen, hat also einen realen Hintergrund. Namen und Personen, Orte, Zeiten und Geschehnisse können aus dramaturgischen Notwendigkeiten möglicherweise teilweise verändert sein.

Ansonsten habe ich ausschließlich Klarnamen verwendet, keine Abkürzungen oder Pseudonyme. Namen von Personen, Orte, Zeiten und Geschehnisse sind den Originalen, die mir auch als Kopie vorliegen, übernommen.

Die im Anhang erwähnten Informationen stammen aus meinen Original-Strafakten. Die weiteren Daten und Abläufe im Buch, auch die Angaben, die den Axel-Springer-Verlag betreffen, sind den mir vorliegenden Gerichtsakten, Niederschriften und Protokollen der Staatsanwaltschaft entnommen.

PETRA ...

… Dieses Buch widme ich ganz besonders meiner Ehefrau Petra, die mir Mut gegeben hat, in all den Jahren, den guten und den schlechten, die mir beigestanden ist, getröstet und wenn es nötig war, auch wieder aufgebaut hat.

Füreinanderdasein und vor allem das Zueinanderstehen, insbesondere in den letzten 24 Monaten meiner schweren Krankheit.

Sie hat mir jeglichen Beistand gegeben und durch ihre aufopfernde Fürsorge mit Erfolg dazu beigetragen, meine negativen Gedanken, zu vertreiben und mich ab und zu sogar wieder zum Lachen zu bringen.

Dies war nicht immer leicht. In den letzten Monaten habe ich gelernt, Demut und Dankbarkeit zu üben, und die Welt mit anderen, offeneren und klareren Augen zu sehen.

Sie hat einen großen Anteil daran, dass es für mich ganz langsam wieder bergauf geht. Nicht so, wie noch vor einem Jahr, diese Zeit ist Geschichte. Jedoch wieder lebenswerter, dabei gelassener und mit einer realistischen Perspektive.

Ich danke allen, insbesondere meinen treuen Freundinnen und Freunde für ihre, in dieser schwierigen Zeit hilfreichen Gesten, Ta-ten und Worte.

Ein besonderer Dank gilt auch meinem Urologen, der mit einer sehr wirksamen Medikation versucht, mich behutsam wieder aufzubauen und dem aggressiven Krebs entgegenzuwirken.

Nochmals, vielen Dank an alle.

Kapitel 1 Erste spektakuläre Festnahme im Gerichtssaal.

Mein Name ist Reiner Zablocki, ich war geschäftsführender Gesellschafter des größten und umsatzstärksten Direktmarketing-Unternehmens Deutschlands, wurde am 24. Oktober 1995 als Zeuge zu einer Gerichtsverhandlung in das Landgericht Bochum gebeten und nur wenige Stunden später, noch im Gerichtssaal, verhaftet und in Untersuchungshaft verbracht.

Zu Beginn einige Sätze zu den Tätigkeiten, für die ich bis zu diesem Zeitpunkt verantwortlich zeichnete und was man unter der Bezeichnung Direktmarketing versteht. Unter dem Oberbegriff Direktmarketing wird unter anderem ebenfalls die Haushaltswerbung in Deutschland zusammengefasst. Das heißt, die kostenlose Verteilung von Prospekten, auch Flyer genannt, Zeitschriften, Zeitungen und im Übrigen Muster/Warenproben.

Diese Verteilerarbeiten führten für mich Subunternehmer durch, die eigene Zusteller beschäftigten, die sie aber selber entlohnen mussten. Die Subunternehmer wurden durch meine Firma, anschließend zweimal jährlich durch mein örtliches Finanzamt überprüft. Dazu wurden die Steuerbescheinigungen der Subunternehmer an meine Steuerbehörde gegeben, die informierte wiederum die Außenfinanzämter. Dies ließ ich mir immer zeitgenau bescheinigen, denn eine Negativ-Bescheinigung meiner Steuerbehörde war wichtig.

Innerhalb von weniger als 15 Jahren avancierte ich mit meinem Unternehmen in Deutschland zum Marktführer mit einem jährlichen Umsatz von über 40 Millionen DM. Fast alle bekannten großen deutschen Lebensmittel-Filialunternehmen, große Möbelhäuser, Drogerieketten und auch kleinere Händler zählte ich zu meinen Kunden.

Dazu noch ein international tätiges Laundry & HomCare (Wasch- und Reinigungsmittel) und Beauty Care Unternehmen. Und nicht zu vergessen war im Kreis meiner Kunden einer der bekanntesten und größten Medienunternehmen Europas, der "AS"-Konzern.

Nun aber zu diesem 24. Oktober 1995, der für mich zu einem schwarzen Freitag wurde. Ich versuche noch einmal, diesen Morgen vor meiner Festnahme zu beschreiben: Wie fast täglich fuhr ich am Morgen des 24. Oktober 1995 gegen 8.00

Uhr ins Büro, führte einige Telefonate, sprach kurz aktuelle Themen an und kümmerte mich anschließend um den weiteren Tagesablauf. Frau Bargel, meine Sekretärin, eine äußerst liebenswerte Person im Alter von Anfang 40, nett, dienstbeflissen, korrekt und sehr diskret, bereitete mir einen Kaffee und ordnete meine restlichen Tagestermine.

Etwa um 8.30 Uhr setzte ich mich in meinen frisch gewaschenen und aufgetankten BMW 850 csi, ein absolutes Liebhaberstück. Zu diesem Zeitpunkt war mir noch nicht bewusst, dass ich dieses prächtige Fahrzeug mit 385 PS und 12 Zylindern, ein außergewöhnliches Fahrzeug, nur noch einige Augenblicke und wenige Kilometer fahren und mein Eigen nennen sollte. Meine erste wertvolle Armbanduhr, eine Rolex, ein Geschenk meiner Ehefrau, hatte ich vorher abgenommen und in meinen Schreibtisch gelegt - ahnte ich da vielleicht schon, dass der 24. Oktober 1995 ein ganz besonderer Tag für mich werden sollte? Diese Uhr sollte viele Monate später eine nicht unbedeutende Rolle spielen, denn sie rettete meiner Frau und mir für einige Zeit das weitere Überleben.

Ich fuhr los und war nach etwa 20 Minuten am Landgericht in Bochum. Dort suchte ich nach einem bewachten Parkplatz. Dieses Tun war nicht normal für mich, denn ich hätte meinen Wagen auch ohne große Probleme in einer Nebenstraße abstellen können. Mein damaliges Verhalten erscheint mir heute, viele Jahre später, recht merkwürdig, denn ich ließ auch noch mein Schlüsselbund mit Privat- und Firmenschlüssel im Auto liegen, außerdem mein Handy. Hatte ich schon eine Vorahnung auf die Ereignisse, die auf mich zukommen sollten, oder verhielt ich mich an diesem Morgen nur anders als sonst - ich weiß es nicht.

Ich parkte also mein Fahrzeug auf einem bewachten Parkplatz und ging langsam in Richtung Landgericht. Es waren zu Fuß keine 5 Minuten. Nachdem ich mich anhand von Wegweisern im Landgericht orientiert hatte, schlenderte ich zum Sitzungssaal, denn ich hatte bis zum Beginn der Verhandlung noch etwas Zeit. Was mir allerdings gleich auffiel, waren die vielen Leute vor der Tür zum Saal. Das Schicksal nahm nunmehr seinen Lauf, denn es erfolgte der tiefste geschäftliche und private Einschnitt in meinem Leben und meiner Familie. Von diesem Tag an wurde meine geschäftliche und private Existenz ganz bewusst zerstört.

Meine erste Festnahme erfolgte ohne Vorankündigung direkt im großen Gerichtssaal C 140 am Dienstag, den 24. Oktober 1995. Ich war einbestellt zu einer Zeugenvernehmung und wurde einige Stunden später als Verhafteter der Untersuchungshaft zugeführt. Zum besseren Verständnis berichte ich nicht nur spannend, brisant und emotionslos meine persönlichen Erlebnisse, sondern präzise wird hier auch der Justizalltag mit all seinen Missständen beschrieben.

Bei meiner Festnahme im Gerichtssaal C 140 des Landgerichtes merkte ich, wie mir das Blut ganz langsam aus dem Kopf wich und sich langsam eine Leere breitmachte. Denken oder Handeln war ab sofort nicht mehr möglich. Das wahrscheinlich Einzige, was in meinem Körper noch wach war, mein Herz, hämmerte wie verrückt in meinem Innersten und zu mir selbst sagte ich beruhigend: "Jetzt nur keine Schwäche zeigen und nicht umfallen."

Dann folgte ich teilnahmslos den Worten des Oberstaatsanwalts, der halblaut und beißend formulierte und fortfuhr:

"Und somit beantrage ich wegen einer uneidlichen Falschaussage, Flucht- und Verdunkelungsgefahr die sofortige Festnahme des Reiner Zablocki, hier im Gerichtssaal, gegen ihn bestehen die Haft-gründe des § 112, Absatz 2, Ziffer 2 und 3, der Strafprozessordnung." Wie der Schuss aus einer Pistole kamen mir diese Sätze vor. Ich war in meinem Denken gelähmt und langsam schoss das Blut wieder in mein Gehirn zurück und mir wurde heiß und kalt zugleich. Ich nahm aus weiter Ferne ein Raunen und Gestikulieren der vielen Menschen hinter mir im Gerichtssaal war. Mehr Einzelheiten sind leider nicht in meiner Erinnerung haften geblieben.

Warum es zu dieser Festnahme im Gerichtsaal bei meiner Ladung zu einer Zeugenaussage kam, ist relativ schnell erzählt:

Anfang Oktober 1995 bekam ich durch Zustellungsurkunde des Landgerichtes Bochum eine Ladung zu einer Zeugenaussage gegen einen meiner Subunternehmer. Diese Art von Ladungen hatte ich im Laufe der letzten Jahre, in meiner Eigenschaft als Geschäftsführer der "kuw", mindestens ein halbes dutzend Mal bekommen, und ich dachte auch zu keiner Zeit daran, diesen Fall vorher mit meinem Hausanwalt besprechen zu müssen. Da es sich um einen meiner vielen Subunternehmer handelte, der für mich und mein Unternehmen irgendwann einmal tätig gewesen war, kam es mir überhaupt nicht in den Sinn, meinen Anwalt mit Rückfragen zu belästigen.

Doch diesmal keine anwaltliche Beratung in Anspruch genommen zu haben, war aus heutiger Sicht betrachtet, der größte Fehler, den ich jemals in meinem Leben begehen konnte. Ich kam mir unschlagbar gut vor und hatte die vielen Kleinen und auch etwas größeren Warnungen aus meinem direkten Umfeld gar nicht wahrgenommen oder wollte sie einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Immerhin war ich wer, ich war ein sehr erfolgreicher und bekannter Unternehmer und glaubte fest daran, dass ich es in meinem Leben geschafft hatte. Wer sollte mir ein Bein stellen können und was wollte man von mir?

Aber wie so oft im Leben kommt alles ganz anders. Binnen kurzer Zeit wurde mein Leben und das meiner Familie nicht nur auf den Kopf gestellt, wie sich noch herausstellen sollte, mussten wir nach mehr als dreißig Ehejahren noch einmal ganz von vorn oder besser gesagt, von tief unten beginnen. Ab jetzt ging alles ganz schnell, und innerhalb von nur wenigen Minuten veränderte sich mein Leben. Irgendwie klangen mir da noch die Worte des Oberstaatsanwaltes wie schallende Ohrfeigen nach, und auch die anschließende Begründung der Festnahme durch den Vorsitzenden Richter der 12. Strafkammer des Landgerichts Bochum beunruhigte mich maßlos. Alles war für mich so unwirklich, ja fast fremd. Ich konnte absolut nicht glauben, dass die deutsche Justiz und alle Personen, die mit dieser Gerichtsbarkeit zu tun hatten, Oberstaatsanwälte, Amtsanwälte, Staatsanwälte und Richter genauso sind, vielleicht noch eine Spur schlimmer, wie ich es bisher nur in Krimis nachlesen konnte oder wie es in Kriminalserien im Fernsehen mitzuerleben war. Aber auf einmal war alles ganz anders als im Fernsehen, denn was nunmehr auf mich herab prasselte, war das wirkliche und reale Gerichtsleben. Es war kein Geplänkel wie in irgendwelchen Fernsehprogrammen, nun ging es nur um mich und meine Zukunft. Mir wurde von einer Minute auf die andere die Freiheit genommen, und dieses einschneidende Erlebnis können nur diejenigen verstehen, die eine derartige Situation schon einmal selbst erlebt haben. Wie ging es an diesem Morgen los, was passierte so alles vor meinem Gerichtstermin und wie oder was fühlte ich?

Der Saal C 140 des Landgerichtes in Bochum war einer der Größten und besetzt bis auf den letzten Platz. Im Inneren des Saales, direkt an der Tür, saßen mehrere Justizbeamte, was ich völlig ignoriert hatte.

Um 9.30 Uhr wurde das Publikum, aber auch die Zeugen, Anwälte und ganz zum Schluss, in Begleitung von mehreren Justizbeamten, einer der Angeklagten hereingerufen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass einer von zwei Beschuldigten bereits zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden war, sollte aber als Zeuge gegen einen weiteren Beschuldigten aussagen, der wiederum sollte wegen Steuerhinterziehung, illegaler Beschäftigung von Personal und wegen des vielfach zitierten Strohmann-Systems, das bei Subunternehmern wohl völlig normal angewendet wurde, verurteilt werden. Die Beamten führten diesen Angeklagten direkt aus der Justizvollzugsanstalt vor. Um dies allerdings dem Gericht glaubhaft zu machen, war auch der bereits Verurteilte geladen. Außerdem der Prokurist für Haushaltswerbung meines Unternehmens. Mir selbst war allerdings bis zu diesem Zeitpunkt dieses Strohmann-System in seiner Konsequenz nicht bekannt. Warum gerade mein Prokurist und ich geladen worden waren, ist mit wenigen Worten gesagt:

Mein Unternehmen setzte für Tätigkeiten der Verteilung und Zustellung von unadressierten Werbebotschaften und Zeitschriften innerhalb Deutschlands auch Subunternehmer ein. Die wiederum beschäftigten Personal, das aus steuerlichen Gesichtspunkten teilweise nicht beschäftigt hätte werden dürfen. Es handelte sich auch um Personen, die bereits eine steuerliche Tätigkeit ausübten, also nichts mehr dazu verdienen durften oder um welche, die Gelder des Arbeits- oder Sozialamtes bezogen. Dieses Bezahl-Prozedere wurde und wird besonders heute Hunderttausendmal täglich in Deutschland praktiziert, etwa im Handel, bei Reinigungsunternehmen, Taxi-Betrieben, Friseuren, in der Altenpflege und ganz besonders im Baubereich ist diese Praktik fast schon Normalität. In diesem Zusammenhang erinnere ich nur an die neuerlichen Paketdienste-Diskussionen.

Dazu nehme ich später in diesem Buch noch genauer Stellung. Aber besteht denn das reale Business nicht immer aus einer rechtlichen Gratwanderung, und wird sich nicht ständig am unmittelbaren Wettbewerb orientiert? Doch wenn jeder Unternehmer in Deutschland so denken würde, gäbe es ein steuerliches Chaos und dem Betrug wären Tür und Tor geöffnet. Wir hätten dann mafiöse Zustände, ähnlich wie in den Ländern Südeuropas. Nun gut, um Recht und Ordnung hatte ich mir damals keine großen Gedanken gemacht, warum auch. Mir und meiner Familie ging es blendend, die Firma lief wie geschmiert und Geld war genügend da. Das Geschäft war zwar knüppelhart, denn für mich war eine 60 bis 70 Stundenwoche an der Tagesordnung, aber das bisher Erreichte entschädigte mich dafür reichlich.

Nachdem mein Prokurist und ich den Gerichtssaal verlassen mussten, nahm die eigentliche Verhandlung ihren Lauf. Nach endlosen Minuten wurde ich hereingerufen und setzte mich auf die Zeugenbank. Der Vorsitzende Richter der 12. Strafkammer war Hans-Joachim Regul, ein Mann von kleiner Statur, ein stellvertretender Richter, dazu ein Oberstaatsanwalt, ein Staatsanwalt, ein Oberamtsanwalt und mehrere Zeugenanwälte schoben sich gegenseitig die rechtliche Verantwortung der Subunternehmerfrage und der sich daraus ergebenen steuerlichen Konsequenz zu. Das Spiel ging so lange, bis ich von Oberstaatsanwalt Dr. Koenen in den Zeugenstand gerufen wurde.

Warum gab es wegen einer derart kleinen Straftat eines Subunternehmers ein so großes Justizaufgebot, und warum waren überhaupt mehrere Justizbeamte im Saal und wie waren die vollbesetzten Zuschauerplätze zu erklären? Diese Fragen stellte ich mir. Heute weiß ich es:

Reiner Zablocki sollte der Prozess gemacht werden, nicht den beiden kleinen und uninteressanten Subunternehmern. Sie hatten zwar für mich gearbeitet und auch für mich das Geld verdient, aber daran war das Gericht nur am Rande interessiert. Mich wollte die Justiz in die Enge treiben, und es sollte in einer Art und Weise geschehen, wie es einer deutschen Gerichtsbarkeit nicht würdig sein sollte. Ich stand hier vor mehreren Richtern und Staatsanwälten, dazu Steuerfachleuten der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität beim Landgericht Bochum. Bei denen galten und gelten andere Gesetze, wie ich es später noch mehrfach erfahren sollte, denn Oberstaatsanwalt Dr. Koenen und auch der Richter der 12. Strafkammer Regul wollten mich hier im Gerichtssaal öffentlich hinrichten.

Allerdings sollte es keine Hinrichtung wie im Mittelalter werden, denn dazu sind wir in Europa viel zu zivilisiert. Nein, es sollte eine Vollstreckung in der heutigen Zeit und hier im hochzivilisierten Deutschland sein, wo alles nach Gesetz und Disziplin abzulaufen scheint. Sollte das aber auch an diesem bundesweit gefürchteten Landgericht, wo die Staatsanwaltschaften für Wirtschaftskriminalität in ihrem Tun noch ungebunden sind, mal die Regeln des Strafgesetzbuches verletzen oder besser ausgedrückt, dehnen können, nach Recht und Ordnung ablaufen?

Eine dieser fast schon berüchtigten und für ihre rüden Methoden bekannte Staatsanwaltschaft spielte an diesem 24. Oktober 1995 eine entscheidende Rolle in meinem Leben und veränderte auf einen Schlag alles.

Diese Justiz wollte "Gott" spielen! Alles kam mir vor wie eine unblutig einberufene Hinrichtung und war, zumindest für Zuschauer und anwesender Presse, spektakulär.

Kapitel 2 Wie für mich alles begann.

Es war Mitte des Jahres 1979, die Sonne brannte vom Himmel herab, und ich schlenderte in meiner Heimatstadt die Fußgängerzone entlang, den Kopf voller Gedanken und Pläne. Ich weiß heute nicht mehr genau, an was ich gerade zu jener Zeit wähnte, doch eines weiß ich noch immer genau, als ob es heutzutage gewesen wäre: Ich grübelte unentwegt, mich auf irgendeine Art und Weise selbstständig zu machen.

Nur wie sollte das vor sich gehen, und in welcher Branche könnte ich denn ein Unternehmen gründen? Mir wurde bei diesen Gedanken noch heißer, und in meinem Inneren begann es zu brodeln. Ich setzte mich nach draußen vor den Eingang eines kleinen Cafés, geschützt durch einen Sonnenschirm, bestellte einen Cappuccino und eine kleine Flasche gekühltes Mineralwasser und döste so vor mich hin. Das, was ich in diesem Augenblick sah, sollte mein Leben und das meiner Familie nicht nur verändern, nein, geradezu auf den Kopf zu stellen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn es war die Geburtsstunde einer familiären Achterbahnfahrt, die dann viele Jahre später allerdings leider zum „Waterloo“ führte.

Diese Situation war vergleichbar mit Napoleon bei seiner entscheidenden Schlacht gegen die Engländer unter General Wellington, am 18. Juni 1815 bei Waterloo, wo er seine totale Niederlage erlebte.

Während ich noch grübelte, standen vor dem Café zwei äußerst hübsche Damen vor mir. Die eine von beiden überreichte mir eine Probepackung einer damals sehr begehrten und bekannten Zigarettenmarke. Ja, so etwas gab es noch, Zigarettenwerbung auf offener Straße. Obwohl ich schon fast zehn Jahre Nichtraucher war, nahm ich diese Packung ohne zu zögern an, bedankte mich bei den beiden hübschen jungen Mädchen, schaute ihnen noch hinterher und im Nu waren sie am nächsten Tisch und innerhalb von wenigen Minuten auch schnell aus meiner Sicht. Ich schaute auf die Packung, drehte sie hin und her, denn ich wollte erfahren, welche Werbefirma die Damen beauftragt hatte. Leider blieb mein Bemühen ohne Erfolg. Nachdem ich wieder zu Hause war und meiner Frau von dieser Begegnung berichtet hatte, war für mich klar:

Das konnte sie sein, meine neue geplante Selbstständigkeit. So etwas konnte ich auch, denn im Organisieren konnte mir kaum jemand etwas vormachen, das hatte ich im Laufe der letzten Jahre gelernt und fast schon zur Perfektion gebracht. Meine Frau konnte mir nicht so richtig folgen und meinte nur, ich sollte es doch mit wirklicher Arbeit versuchen und nicht mit derartigen Hirngespinsten liebäugeln, immerhin sollte ich auch an die Familie denken. Natürlich hatte sie recht, wie fast immer. Aber war diese Überlegung der Wink des Schicksals, auf den ich so lange gewartet hatte?

Was sich an diesem sonnig heißen Junitag vor dem Café abgespielt hatte, prägte mein weiteres Leben, denn bereits am Mittwoch, den 15. August 1979, meldete ich auf den Namen meiner Frau ein Gewerbe an mit der hochtrabenden Bezeichnung: "Kurier- und Werbedienste".

Stolz klebte ich ein Kunststoffschild über die Klappe unseres Briefkastens. Wieso ich auf diesen Namen gekommen war und warum ein Unternehmen mit der Bezeichnung Kurier- und Werbediensten, muss ich erzählen: Bereits einige Tage später nach der Begegnung mit den jungen, hübschen Zigarettenverteilerrinnen kreisten meine Gedanken nur noch um das eine, wie könnte ich innerhalb kürzester Zeit etwas Ähnliches auf die Beine stellen?

Dabei kamen mir Lebensmittel- und Möbelanzeigen der örtlichen Tageszeitung in den Sinn. Unter anderem wurden auch Personen für die Verteilung von Handzetteln gesucht. Sie erinnerten mich sofort an meinen eigenen Briefkasten, der fast täglich mit den verschiedensten Prospekten vollgestopft wurde.

Ich wusste nicht genau, wie ich vorgehen sollte, legte ich mich auf die Lauer und sprach am nächsten Tag eine Frau an, die gerade im Begriff war, Handzettel einer deutschlandweit bekannten Drogeriemarkt-Kette in meinen Briefkasten zu stecken. Ich nahm Kontakt zur Prospektverteilerin auf, und sie erzählte mir, dass sie für eine große Agentur im Sauerland arbeiten würde. Ich rief, ohne zu zögern, diese Agentur unter falschem Namen an. Jetzt war ich wieder einen großen Schritt weiter, denn nunmehr wusste ich, was eine Handzettelverteilung dem Kunden kosten und noch besser, was ich den Verteilern zu zahlen hätte. Das Puzzle konnte ich zwar im Moment noch nicht zusammensetzen, war aber einer ersten Angebotserstellung für diese Drogeriemarkt-Kette ziemlich nah.

Der nächste Schritt war für mich, eine kleine Anzeige in der örtlichen Zeitung zu schalten. Der Text, ich kenne ihn heute noch, lautete:

"Prospektverteiler für sofort gesucht." Ohne einen Auftrag eines Kunden in der Tasche schaltete ich bereits Anzeigen. Ich gab als Kontaktmöglichkeit meine private Telefonnummer an, und es meldeten sich tatsächlich einige Dutzend Personen bei mir. Am Telefon tat ich so, als ob ich bereits etliche Verteilaufträge zu vergeben hätte. Alle plauderten wie ein Wasserfall. Ich erfuhr, für wen diese Leute bereits arbeiteten, was sie an Verteillohn bekamen, wie der tägliche Ablauf war und was eine einzelne Person täglich verteilen konnte. Außerdem bewarb sich ein Gruppenleiter bei mir. Ich machte mit ihm einen Termin aus, und wir trafen uns einige Tage später bei mir zu Hause.

Gott sei Dank, das Wetter war schön, und so konnten wir auf dem Balkon sitzen und dort miteinander sprechen. Daher bemerkte er nicht, dass ich über kein Büro verfügte. Er war noch bei einer Verteilerorganisation beschäftigt, aber nicht abgeneigt, bei mir organisatorische Aufgaben zu übernehmen. Im Grunde genommen musste er bemerkt haben, dass dieses Werbemetier absolutes Neuland für mich war. Ihn reizte es aber, mit mir etwas Neues zu beginnen.

Wir verabredeten uns für ein weiteres Treffen in der darauf folgenden Woche. In der Zwischenzeit blieb mir etwas Zeit, mögliche Auftraggeber, die für die Vergabe von Prospektverteilungen in Frage kommen könnten, anzuschreiben. Meine elektrische Schreibmaschine, ein Vorläufer der heutigen Computer, holte ich wieder hervor und begann mit dem Verfassen von Vorstellungsschreiben. Die Daten besorgte ich mir über Prospekte, die täglich in meinen Briefkasten gesteckt wurden.

Außerdem schrieb ich die örtlichen Lebensmittelhändler an, sowie Drogeriemarkt-Ketten, Möbelhäuser und Baumärkte. Die genauen Telefondaten bekam ich über die Auskunft der Telekom, Google war zu dieser Zeit noch ein Fremdwort. Gleichzeitig entwarf ich zusammen mit meiner Frau einen ersten Firmenbriefbogen, gab als Anschrift und Telefonnummer unsere Privatadresse an und hoffte, dass niemand aus der Werbeabteilung der angeschriebenen Firmen mich persönlich aufsuchen würde. Eine Preisliste für Prospektverteilungen war schnell erstellt. Es begann alles mit einem Verteilpreis von, sage und schreibe 30.00 DM tausend verteilter Exemplare. Mir war bekannt, dass das von mir zu beauftragende Verteilunternehmen von diesem Preis 20.00 DM bekommen würde. Wenn ich die damaligen Löhne, Gehälter, Steuern, Sozialabgaben berücksichtige, war dies fast ein vernünftiges Preis-/-Leistungsverhältnis. Immerhin kostete ein Liter Benzin um die 1.00 DM und ein Glas Bier ebenso so viel. Zwanzig Jahre später und etlichen jährlichen Preissteigerungen und seit Einführung des Euro sollte man annehmen, dass sich die Verteilpreise ebenfalls erhöht hätten, doch genau das Gegenteil trat ein.

Heutzutage müsste die Verteilung von tausend Prospekten bei mehr als 100 Euro liegen, doch die Prospektverteilungen werden zu Dumpingpreisen von weit darunter durchgeführt. Diese Preisgestaltung geschieht teilweise mit Abstimmung der Auftraggeber. Ich möchte nicht abschweifen und von der heutigen Zeit berichten, doch diese Dumpingpreise spielen in dem vorliegenden Buch noch eine lebenswichtige und entscheidende Rolle für mich.

Was opferte ich außer meiner Freizeit und etwas Geld für meine Idee, Prospektverteilungen durchzuführen? Ich musste Vorstellungsschreiben und Angebote erstellen verschicken und Telefonate tätigen. Doch der erste eigene Auftrag kam nicht aus dem Drogeriemarkt- oder aus dem Lebensmittelbereich, er hatte auch absolut nichts mit der Verteilung von Handzetteln zu tun, sondern von einem japanischen Hersteller von Profi-Nähmaschinen.

Meine Aufgabe bestand darin, 20 Schneiderinnen zu stellen, die während einer "DOB" Damen-Oberbekleidungs-Messe Vorführungen auf diesen Nähmaschinen durchführen sollten. Dieses Angebot erreichte mich etwa im September 1979, denn der Auftrag für die Messegestellung dieser Damen fiel in den Gründungszeitraum meiner neuen Firma. Die gewünschten 20 Schneiderinnen zu gewinnen, war nicht einfach, denn ich betrat absolutes Neuland. Den Auftrag hatte ich aber bereits angenommen und blauäugig, wie ich damals noch war, auch schnell schriftlich bestätigt. Also musste ich per Anzeige Schneiderinnen für Messetätigkeiten suchen und eine zusätzlich Person finden, die in der Lage war, die täglichen Fahrdienste zur Messe durchzuführen. Außerdem musste er den Kontakt zum Auftraggeber auf dem Messegelände herstellen.

Fast abenteuerlich ging es nunmehr weiter, denn ich besaß weder einen fahrbaren Untersatz, um die 20 Schneiderinnen befördern zu können, noch das Geld für den Kauf eines adäquaten Fahrzeuges. Da war guter Rat teuer, doch ich besann mich schnell auf meine positiven Eigenschaften, und begann wieder zu organisieren. Jetzt war Organisation ohne Eigenmittel gefragt, aber dafür mit viel persönlichem Risiko und Engagement.

Mit meiner Frau klapperte ich mehrere Autohäuser ab, um eventuell an einen alten Kleinbus zu kommen. Gute gebrauchte Fahrzeuge, ob VW-Bus oder Ford-Transit, waren teuer und ein Neufahrzeug zu kaufen, erwies sich für mich in dieser Situation als schier unmöglich. Dazu reichten unsere finanziellen Mittel im Moment nicht aus. Hängen geblieben sind wir dann bei einem kleineren Autohaus und leasten unseren ersten Ford-Transit.

Dies war sicherlich ein gutes Omen, denn im Laufe der nächsten 20 Jahre folgten noch Leasingverträge für Hunderte dieser Fahrzeuge. Die Person, die unsere Fahrtätigkeit zur Messe wahrnehmen sollte, war schnell gefunden, es bewarb sich ein Polizeibeamter, der musste wegen seiner Scheidung seine Haushaltskasse auffrischen und übernahm bei mir stundenweise Fahr- und Lagertätigkeiten. Unterdessen führte ich die Akquisition weiter, inzwischen auch mit einem Mitarbeiter, den sich meine Frau vom Arbeitsamt bezahlen ließ, weil er längere Zeit ohne Beschäftigung war. Der neue Mitarbeiter führte mir interessante Leute aus der Verteilerbranche zu, selbst allerdings war er ein blasser Typ, der nicht in mein Konzept passte. Jedoch wegen der Messetätigkeit, weiteren Akquisitionen und den allerersten Kunden-besuchen stand bei mir die Überlegung an, vielleicht doch ein bescheidenes Büro in meiner Heimatstadt anzumieten. Schließlich, nach langem Suchen, fand ich für 200 DM Monatsmiete ein kleines, zugiges Hallenbüro auf dem Gelände des Großmarktes meiner Heimatstadt. Die sich daran anschließende etwa 100 m2 große Halle durfte ich mitbenutzen. Nun musste das Büro nur noch renoviert und hergerichtet werden. Dass diese Räumlichkeiten aber nicht geeignet waren, merkte ich leider erst später. Der Vermieter wollte mein Büro mitbenutzen, nur das wollte ich ihm nicht gestatten. Innerhalb weniger Wochen bezog ich mein zweites Domizil und mietete die Räume einer ehemaligen Versicherungsagentur an. Keller und Toilette mussten noch ausgebaut werden.

Anfangs saß ich ganz allein im neuen Büro. Von hier wickelte ich den Messeauftrag ab. Es funktionierte hervorragend, denn vor allem die Auswahl an Schneiderinnen war gut gelungen. Jedoch blieb an diesem Auftrag weniger übrig als von mir kalkuliert, es waren weniger als 4.000 DM.

Zwischenzeitlich hatten sich meine Frau und ich von dem Mitarbeiter, den wir als "Verteilexperten" vom Arbeitsamt zugewiesen und teilweise bezahlt bekamen, wieder getrennt. Er war nicht zu gebrauchen und feierte gleich nach einer Woche krank. Dieses Verhalten von Mitarbeitern kommt uns allen wahrscheinlich auch heute sehr bekannt vor. Für das junge und fast mittellose Unternehmen war es allerdings eine Katastrophe. Deshalb machte ich mich daran, ein bekanntes und bereits etabliertes Verteilunternehmen aufzusuchen. Ich gaukelte den Gesprächspartnern vor, bereits Verteilerteams unter Vertrag zu haben, und bekam prompt einen ersten wöchentlichen Auftrag. Den Kontakt zu den Verteilerteams, die sich bereits bei mir vorgestellt hatten, aktivierte ich auf die Schnelle. Darunter war eine Familie aus meiner direkten Nachbarstadt mit mehreren alten Kombi-Fahrzeugen. Vater, Mutter, mehrere Kinder, weitere Verwandte und Bekannte, also eine Großgruppe, führten für mich die ersten Aufträge des Metiers Prospektverteilung durch. Da ich äußerst wissbegierig war und alles Erlernte sehr schnell umsetzen wollte, war ich bei der Beladung der Fahrzeuge mit Prospektmaterial genauso dabei, wie bei den anschließenden Kontrollen in den Verteilgebieten. Jetzt musste ich mich auch um Stadtpläne kümmern und versuchen, sie zu lesen, diese waren und sind noch heute das Grundmaterial jeder Prospektverteilung. Zusätzlich wichtig waren auch die Haushaltszahlen der einzelnen Städte, denn die Verteilerteams mussten vernünftig eingeteilt werden und die zu verteilenden Gebiete durften nicht zu groß, aber auch nicht zu klein sein. Waren die Gebiete zu groß kalkuliert, war die Verteilung nicht zu schaffen, waren sie zu klein kalkuliert, verschenkte ich bares Geld.

Ich konnte logischerweise nicht alles alleine machen und konnte auch nicht an den verschiedensten Stellen gleichzeitig anwesend sein. Also beschlossen meine Frau und ich, eine weibliche Person mit Schreibmaschinenkenntnisse einzustellen.

Ihr Name war Wolf, eine Kraft, die mitten im Leben stand und auch am Telefon sich den wechselnden Gegebenheiten sofort erfolgreich anpassen konnte. Rau aber herzlich, sie war genau die Richtige für dieses Metier. Nunmehr kam tatsächlich Schwung in das neu gegründete Unternehmen und der Umsatz ging steil nach oben.

Im ersten Jahr des Bestehens erzielte ich einen Umsatz von etwa 65.000 DM. Dieses Ergebnis war kein schlechter Beginn für einen Zeitraum von nur knapp vier Monaten. Im darauffolgenden Jahr erhöhte sich der Umsatz munter weiter.

Dann erreichte uns erfreulicherweise der allererste eigene Verteilauftrag, den ich von einer Drogeriemarktkette aus Ehingen bekam. Das Wagnis Prospektverteilungen durchzuführen begann für mich nunmehr Formen anzunehmen. Das bisher eingesetzte Kapital lag bei etwa 3.000 DM, das Risiko natürlich bereits viel höher.

Immerhin waren meine Frau und ich durch einen Leasingvertrag für den ersten Ford-Transit, durch den längerfristigen Mietvertrag des Büros und durch die Einstellung einer Bürokraft ein großes gewagtes Unterfangen eingegangen.

Doch meine Umsätze stiegen kontinuierlich weiter, denn ich nahm die Akquisition von Aufträgen selbst in die Hand und schrieb mir die Finger wund. Jeder Lebensmittel- oder Möbelhändler war für mich ein potenzieller Auftraggeber und jeder noch so unbedeutende Handzettel in unserem Briefkasten hätte ein neuer Auftraggeber für mich sein können. Mein Einsatz wurde mehr als belohnt, denn ich konnte mir den Auftrag einer großen Lebensmittelkette, die ihren Sitz im Ruhrgebiet hatte, gegen bereits bestehende und etablierte Verteilunternehmen an Land ziehen. Alles lief wie geschmiert, bis dann Anfang der Achtziger Jahre mir der Geschäftsführer eines Anzeigenblattverlages anbot, die wöchentliche Verteilung seines Blattes zu übernehmen. Das Team des Verlages war sehr jung, alle Mitarbeiter waren Anfang bis Mitte zwanzig. Ein Mitarbeiter des Verlages war Student. Er war für den Vertrieb zuständig und mein direkter Ansprechpartner und wusste nicht so recht, wie es mit ihm beim Verlag weitergehen sollte. Es war ein finanzielles Risiko für mich und meinem sehr jungem und noch relativ unbekannten Unternehmen einen Auftrag anzunehmen, wo kaum ein vernünftiges Kapital dahinter stand. Im Nachhinein ist es leicht, zu urteilen, aber dieser Auftrag wurde zu meinem ersten finanziellen Debakel und für meine Frau und mich fast zum allerersten Waterloo. Nach anfänglich pünktlichen Zahlungen wurde die Zahlungsmoral dieses Verlages schlechter, und das Zahlungsziel immer weiter hinausgeschoben. Von den nicht gedeckten Schecks gar nicht zu reden. Dummerweise ließ ich mich von dem jungen Vertriebsmitarbeiter überreden, weiter zu machen, obwohl weit mehr als 20.000 DM zur Zahlung ausstanden. Schließlich, nach viel zu langem Warten, beendete ich die Geschäftsverbindung und suchte einen Anwalt.

Doch wen sollte ich nehmen? Ich hatte bis dahin nie einen Anwalt benötigt, dann besann ich mich an einen ehemaligen Banknachbarn vom Gymnasium. Er war bereits ein angesehener Rechtsanwalt in Herne. Ich konnte ihm nur eine kleine Anzahlung anbieten. Dennoch übernahm er erfreulicherweise meinen Fall.

Die Verteilergruppen hatte ich für ihre Arbeit bereits ausbezahlt, aber das mir zustehende Geld des Verlages fehlte. Wir hatten zwar den anschließenden Prozess vor dem zuständigen Landgericht gewonnen, doch Geld bekamen wir trotzdem nicht, denn zwischenzeitlich hatte der Verlag Insolvenz angemeldet und die Geschäfte führten andere weiter.

Mittlerweile war ich nicht einmal mehr in der Lage, die bereits angefallenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten zu begleichen. Mein Schulfreund übernahm dies, und ich verpflichtete mich, diese Kosten in Raten auszugleichen, sofern es mein Budget erlauben würde. Er erwies sich mit seinem Verhalten als wahrer Freund. Dass ich ihm im Laufe der nächsten Jahre meine gesamten geschäftlichen und privaten Notarverträge, Prozesse und mehr übertrug, versteht sich von selbst. Das Geld war also futsch, aber ich hatte einen Menschen für mich gewonnen, der damals mitgeholfen hatte, mir zum Aufstieg meines Unternehmens bis hin zum Marktführer der deutschen Haushaltswerber durch sein honoriges Verhalten zu verhelfen. Ohne ihn, meinen ehemaligen Schulfreund vom Gymnasium, hätte ich den Durchbruch nicht in einem so rasanten Tempo geschafft.

Bereits 1980 erwirtschaftete mein kleines Unternehmen einen Umsatz von nahezu 1.7 Millionen DM, der sich in den nächsten beiden Jahren verdoppeln sollte.

Das am 15. August 1979 als Einzelfirma gegründete Unternehmen gab es nicht mehr, denn bereits 1983 überführte meine Frau die Einzelfirma in eine GmbH, mit einem Stammkapital von 100.000 DM. Ich wurde der erste Geschäftsführer dieses neuen Unternehmens, namens "kuw".

Kapitel 3 Der Beginn einer erfolgreichen und sehr intensiven Geschäftsverbindung mit dem Axel-Springer-Konzern.

Anfang der Achtzigerjahre wurden im Ballungsraum Ruhrgebiet sehr viele Zeitschriften in Fußgängerzonen kostenlos verteilt oder in die Briefkästen gesteckt. Es waren Leseproben der verschiedensten Verlage, doch einer war immer wieder dabei: der "AS"-Konzern. Die Zeitschriften wurden teilweise vor den Türen und in den Hausfluren abgelegt, oder es wurde gar nicht verteilt. Das konnte meine Chance sein, den Konzern vielleicht für mich zu gewinnen, zumindest ein Einstieg sollte möglich sein.

Der "AS"-Konzern, immerhin einer der größten und bekanntesten Medienverlage Europas mit Sitz in Hamburg. Mein Unternehmen setze mittlerweile 5 Millionen DM im Jahr um, nur dieser große Konzern gehörte noch nicht zu meinen Auftraggebern, und genau das musste sich ändern. Nur wer einen der großen Zeitschriftenverlage in Deutschland in seiner Referenzliste angeben konnte, hatte auch Chancen, Aufträge von den kontinuierlich werbenden Handelsunternehmen zu bekommen.

Das musste ich versuchen zu korrigieren, und es gelang mir tatsächlich innerhalb kürzester Zeit. Ich ließ mir die Namen der leitenden Personen aus der Zeitschriften-Sparte des "AS"-Konzerns geben, jedoch stellte es sich als äußerst schwierig heraus, an die Telefonnummern der Entscheider zu kommen.

Der richtigen Person in der richtigen Abteilung ein Preisangebot zukommen zu lassen, dass keinerlei Wünsche offenließ, gelang den-noch durch puren Zufall.

Mein Telefonat wurde ins Sekretariat des Vertriebsleiters Zeitschriften durchgestellt, vorher stellte ich mich der Mitarbeiterin kurz vor. Glück muss man schon haben, und das hatte ich in diesem Moment. Meine Offerte landete punktgenau auf dem Schreibtisch des richtigen Mannes, und ich wurde bereits wenige Tage später zu einem Gespräch in den Verlag eingeladen. Es war das entscheidende Quäntchen Glück, das mir bis zu diesem Zeitpunkt noch gefehlt hatte. Ich wollte diesen Verlag als meine Referenz haben und bekam tatsächlich sehr schnell auch einen ersten Probeauftrag. Es war zwar nicht der größte Auftrag, aber ich war dabei und konnte bei guter Durchführung mit weiteren interessanten und lukrativen Aufgaben rechnen.

Nach diesem Antrittsbesuch und den ersten, mit einer positiven Resonanz durchgeführten Aufträgen, lief das Geschäft mit diesem neuen Kunden von Monat zu Monat besser. Nunmehr wurde ich fast im Wochenrhythmus zu Besuchen von der Vertriebsleitung des "AS"-Verlages nach Hamburg eingeladen. Ich konnte immer darauf bauen, weiterhin neue und interessantere Aufträge zu bekommen. Diese Aufträge spülten einiges Geld in die Firmenkasse, und dieses Geld konnte ich gerade in dieser Anfangsphase meines geschäftlichen Aufstiegs sehr gut gebrauchen.

Offensichtlich setzte man großes Vertrauen in meine Person und meine Firma, besprach große Aufträge sowie deren Durchführung mit der Vertriebsleitung und anderen Abteilungen des Verlages. Vergessen hatte ich nicht, dass auch mein Unternehmen aufgrund der exzellenten Referenzen des "AS“-Konzerns ständig wuchs. Die zunehmende Größe ermöglichte mir auch, Geschäfte von größerer Bedeutung mit dem Verlag abzuwickeln. Eines Tages, ich hielt mich wie so oft in Hamburg auf und besprach anstehende Aufträge mit dem stellvertretenden Vertriebsleiter Soetje, da wurde ich zum Vertriebsleiter der Zeitschriften-Gruppe Peter Schmidt zu einem Vier-Augen-Gespräch eingeladen. Er machte mir einen Vorschlag mit der Bitte, schnell darüber nachzudenken und mich am besten sofort zu entscheiden.

»Meine Firma sollte zu den ganz normalen Aufträgen, und deren Abwicklung und Abrechnung, noch viele, nicht ganz so normale Aufträge durchführen. Zum besseren Verständnis muss ich erklären, dass er damit meinte, dass diese neuen Aufträge zwar vom "AS“-Konzern bezahlt, aber nicht ausgeführt werden sollten. Es ging um Scheinumsätze, die durch Scheinrechnungen legalisiert werden sollten.«

Aussagen der Herren Hügelmann und Schmidt sind im Vernehmungsprotokoll der Staatsanwaltschaft Bochum nachzulesen.

Ich war komplett sprachlos, fing mich aber dann sehr schnell. Dies war der Zeitpunkt, als bereits absolutes Vertrauen zwischen den wichtigen Personen des Konzerns und mir herrschte. Da wir uns blind vertrauen konnten, machte es auch absolut keinen Sinn, dem Begehren des Konzerns misstrauisch und ablehnend gegenüber zu stehen.

Der Wunsch des Vertriebsleiters, Aufträge zu erhalten und das weitere Ansinnen, diese Aufträge gar nicht ausführen zu müssen, fand ich zwar im ersten Moment abwegig, konnte mich dennoch schnell damit anfreunden. Immerhin war es die große Chance, eine sehr, sehr enge Bindung mit dem Konzern eingehen zu können, noch enger, als sie zu diesem Zeitpunkt bereits bestand. Im Hinterkopf witterte ich selbstverständlich auch die große Chance, nicht nur die Liquidität meines Unternehmens für kurzfristige Zeiträume sicher stellen zu können, sondern auch eine gewisse Abhängigkeit des Verlages zu meinem Haus herzustellen.

Auch ich war mittlerweile ein Profi, der sein Handwerk ganz gut verstand. Das Begehren des "AS"-Konzerns war mir gerade in diesen Jahren sehr angenehm, denn mein Unternehmen machte, dank einer äußerst günstigen Entwicklung, große Umsatzsprünge. Die sehr knappe Kapitaldecke hielt allerdings mit der Entwicklung nicht immer Schritt, und es gab häufiger Diskussionen mit meinen Hausbanken. Deshalb kam mir die geschäftliche und fast schon private Nähe zum "AS"-Konzern sehr gelegen

»Nunmehr versuche ich, nicht nur Details dieser sehr ungewöhnlichen Abrechnungstechnik verständlich zu erklären. Denn das Ansinnen des "AS"-Konzerns, weitere Aufträge nach einem veränderten Abwicklungs- und Abrechnungsverfahren einzuführen, ist nicht normal und für Branchenfremde absolut unverständlich.

Es war im Jahr 1983, als der "AS"-Konzern bundesweite Zustellungen von Zeitschriften-Leseproben an Haushalte plante. Auch mir wurde dieser Großauftrag angeboten, ich gab ein ordentliches und faires Angebot ab, bekam den Zuschlag und führte künftig alle Aufträge, die das Metier Haushaltswerbung betrafen, für den Konzern durch. Nun war ich für Verteilungen von Zeitschriften endgültig die Nummer "Eins". Doch wollte ich diese Position nicht ausnutzen, denn ich hatte es mit feinfühligen Auftraggebern zu tun, zumindest dachte ich es zu dieser Zeit. Bei dem Ansinnen des Verlages ging es um Aufträge, die nur auf dem Papier, also in der Theorie, nicht aber in der Wirklichkeit abgewickelt werden sollten. Über meine Firma sollten diese Scheinaufträge abgerechnet und bezahlt werden. Für mich waren es Scheinumsätze, legalisiert durch Scheinrechnungen. Es war Betrug«.

Ab 1985 machte mein Unternehmen Millionenumsätze mit dem Verlag, und in den Jahren darauf sollten es immer mehr werden. Zu diesem Zeitpunkt avancierte meine Firma bereits zum größten, bekanntesten und erfolgreichsten Unternehmen der Haushaltswerbung in Deutschland. Kein Unternehmen verteilte mehr Prospekte und Warenproben als die „kuw“. Das hatte ich dem "AS"-Konzern aus Hamburg zu verdanken, denn dieser Name in meiner Referenzliste öffnete mir die Türen zu den bekanntesten Unternehmen des deutschen Handels und zu weiteren Verlagen.

Bereits 1987 kratzte mein Jahresumsatz zum ersten Mal an der 20 Millionen DM Marke. Nun wurde es für mich geschäftlich äußerst spannend, denn meine Personalkosten, Treibstoffkosten, Leasing des Auto-Fuhrparks, deutschlandweite Übernachtungskosten und auch die verdeckten Kosten stiegen explosionsartig an. Rücklagen konnte ich aufgrund des rasanten Wachstums kaum bilden. Ich war froh, einen starken Partner wie diesen Konzern für mein Unternehmen und auch für meine Zukunft gewonnen zu haben.

Fast die Hälfte meines Umsatzes machte ich mittlerweile mit dem "AS"-Konzern, davon den größten Teil unter steuerlich äußerst bedenklichen Aspekten. Mir war das zwar recht, doch hatte ich immer ein ungutes Gefühl wegen der zweifelhaften und illegalen Vertriebsabrechnungen und traute dieser momentanen Goldgräberstimmung nicht. Meinem Unternehmen ging es blendend, und was die Verlagspolitik anging, verdrängte ich meine negativen Gedanken. Ich glaubte daran, dass die "Stabsabteilung Steuern und Recht" in diesem Milliardenunternehmen bereits im Vorfeld für Rechtssicherheit gesorgt hatte. Mit riesigen Schritten gingen wir auf das Ende der Achtziger Jahre zu, und für mich und meinem Unternehmen lief es optimal.

Anfang des Jahres 1990 wurde ich zum 50. Geburtstag des Gesamtvertriebsleiters Zeitschriften Herrn Schmidt in die Konzernzentrale eingeladen und wurde auf ein ganz besonderes Thema angesprochen. Es ging um weitere Aufbauarbeiten des Verlages, also um Verkäufe von Zeitschriften und damit verbundene Umsätze in den neuen Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Ich hatte, wie viele andere Geschäftsleute auch, bereits gleich nach der Wende, in weiser Vorausschau, eine Niederlassung in Halle etabliert, diese jedoch verschlang Unsummen an Kapital.

Da kam mir das Gespräch mit dem Gesamtvertriebsleiter gerade recht, und ich war äußerst gespannt, wie es ablaufen würde. Herr Schmidt begrüßte mich mit den Worten:

"Guten Tag, Herr Zablocki, wie ich bereits vor einiger Zeit angedeutet hatte, haben wir in unserem Bereich Zeitschriften bezüglich der Werbung in den neuen Bundesländern mit ihnen und ihrer Firma sehr viel vor".

Ich war überrascht und erfreut zugleich, denn neue Aufträge hieß für mich, es gab nicht nur Umsatz und Arbeit, es gab auch viel Geld zu verdienen, das mein Unternehmen unbedingt brauchte. Denn seit dem Mauerfall im Jahre 1989 hatte ich sehr viel in die Aktivitäten meiner Niederlassung im Osten unserer Republik investiert, allerdings blieb der Erfolg hinter den Erwartungen zurück. Doch ich war immer ein Optimist und hoffte, das investierte Kapital eines Tages wieder zurückzubekommen. Nun war möglicherweise der Tag gekommen, auf den ich so sehnsüchtig gewartet hatte.

Das Gespräch mit dem Gesamtvertriebsleiter Zeitschriften in der Zentrale des "AS"-Konzerns ging positiv zu Ende, und so freuten wir uns gemeinsam, eine Basis gefunden zu haben. Mit meinen Leistungen war der Konzern bisher sehr zufrieden. Warum sollte ich also nicht mit weiteren zusätzlichen Aufträgen bedacht werden.

Noch in der gleichen Woche traf ich mich mit der zuständigen Objektleitung in Leipzig, wir besprachen die Durchführung eines sehr großen Auftrages. Dieses Mal ging es nicht um Verteilungen, sondern um etwa 4.500 Metallregale für Zeitschriften-Kioske und sonstige Verkaufsstellen. Diese sollten von mir vormontiert werden und anschließend in Teilen der Bundesländer Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aufgestellt und mit Zeitschriften bestückt werden. Das Auftragsvolumen war fast eine Million DM. Der Deal war perfekt, und zum Schluss meines Besuches gingen wir noch gemeinsam zu einem feinen Italiener um die Ecke des Verlages zum Mittagessen und tranken ein Glas Prosecco auf diesen Auftrag und auf eine weitere gute Zusammenarbeit.

Herr Giebel, der Objektleiter des Verlagskonzerns, sagte mir noch, dass für mich als Ansprechpartner beim Pressevertrieb in Leipzig für dieses Projekt eine Frau zuständig wäre. Das hörte sich nicht schlecht an. Wir flachsten noch ein wenig herum und verabredeten uns zu einem ersten Treffen in Leipzig. Der Aktionsablauf sollte vor Ort besprochen werden, und hier sah ich zum ersten Mal diese junge Frau und war ganz schön erstaunt. Herr Giebel hatte wirklich nicht zu viel versprochen. Da ich nicht nur für die Regale des Verlages zuständig war, sondern noch weitere Verteilaufträge in den neuen Bundesländern zu organisieren hatte, konnte ich mich nicht nur um diese junge Frau kümmern, doch sie ging mir nicht aus dem Sinn.

Ich hatte mindestens wöchentlich einmal mit ihr zu tun, denn es wurde in Tranchen abgerechnet und dazu brauchte ich immer ihre Unterschrift. Nach Abschluss dieses sehr aufwendigen Auftrages hatte ich leider keine Gelegenheit mehr, diese hübsche junge Frau wiederzusehen, geschweige denn, sie zu einem großartigen Essen einzuladen. Eigentlich sehr schade.

Dies war nur einer der großen und lukrativen Aufträge, die ich vom "AS"-Konzern erhielt. Dazu weitere mengenmäßig riesige Verteilaufträge. Ich sollte druckfrische Zeitschriften und Remittenten des Verlages in den Großstädten von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in einer Größenordnung von vielen Millionen Exemplaren verteilen. Mit diesen Aufträgen verdiente ich sehr viel Geld und konnte damit konsequent auch meine Marktanteile in den alten Bundesländern ausbauen. Weit mehr als zweihundert Verteilerteams mit mehreren Tausend Zustellern führten für mich Werbemittelverteilungen innerhalb Deutschlands durch. Ich hatte es jetzt wirklich geschafft, denn ich war ab sofort im Werbesegment Haushaltswerbung mit Abstand die Nummer eins. Mein Firmenumsatz schnellte auf mehr als 25 Millionen DM hoch und auch die Rendite konnte sich sehen lassen.

Mittlerweile konnte ich es mir sogar erlauben, unterschiedliche Firmen zu gründen, alle mit dem gleichen Ziel - Auftraggeber für die lukrative Haushaltswerbung zu gewinnen. Unter anderen Namen und mit anderen Geschäftsführern zog ich mir auch die Aufträge an Land, die preislich nicht so in Ordnung waren, aber immerhin für eine Gesamtauslastung sorgten.

Da gab es eine Firma in meinem Miniimperium, das sich fast ausschließlich mit dem Merchandising, der Gestellung von Werbedamen und weiteren Promotion-Aktivitäten für verschiedene Handelsunternehmen befasste. Die Auftraggeber kamen aus der Spirituosen- und Genussmittelbranche, außerdem der Nudel- und Tabakwarenindustrie.

Ich erinnere mich noch an den Vermittler eines bekannten Spirituosenherstellers, der mir Aufträge in Millionenhöhe beschaffte, gleichzeitig jedoch 10 % der getätigten Umsätze als Vermittlungsprovision wieder abnahm. Als dieser "Gierhals" einige Jahre später den Arbeitgeber wechselte und für einen großen Nudelhersteller zum Geschäftsführer avancierte, ging die Auftrags- und Geldbeschaffung nach dem gleichen Muster munter weiter. Auch hier fungierte er als "Mister 10 %" und ich war leider wieder gezwungen zu zahlen, ob ich wollte oder nicht.

Es gab keine Aufträge ohne finanzielle Gegenleistung. Die Gegenleistungen waren durch fingierte Firmenrechnungen von "Mister 10 %" steuerlich abgesichert. Ich hoffte damals immer noch auf Besserung der Lage, doch vergeblich.

Da mein Unternehmen speziell für diesen Bereich der Werbung in Deutschland auf Sicht gesehen zu klein und zu unbedeutend war, ich kam über ein Nischendasein nicht hinaus, blieb es mein Sorgenkind. Ich musste endlich mal wieder eine schwarze Null in der Bilanz schreiben, und ich entwickelte deswegen einen genialen Plan. Mein Promotion-Unternehmen, machte um die fünf bis sechs Millionen DM Umsatz jährlich. Doch aufgrund der hohen Provisionszahlungen, teurem Personal, Steuern und sonstigen Abgaben, immerhin hielt ich eine komplette Mannschaft vor, bestehend aus Geschäftsführer, Sekretariat und weiteren Angestellten, rutschte ich innerhalb von nur wenigen Jahren in ein riesiges Kapital-Loch. Um diese Bilanzverluste auszugleichen, war mein Hauptunternehmen zuständig, das Gott sei Dank sehr potent war.

Ich wollte versuchen, einige große Aufträge des "AS"-Konzerns über dieses finanziell angeschlagene Unternehmen abzuwickeln und abzurechnen. Das "Wie", ich erinnere mich noch sehr genau, war einfach. Als ich wieder in der Konzernzentrale war und eine mengenmäßig riesige Leseprobenverteilung besprach, konnte meine "Idee" realisiert werden. Es sollte eine Frauenzeitschrift und eine Fernsehzeitschrift verteilt werden, das Volumen lag bei mehr als einer Million DM.

Aufgrund meiner guten geschäftlichen und privaten Beziehungen zum Konzern konnte ich diesen Auftrag auf meine mittlerweile angeschlagene Promotion-Firma ziehen und mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Meinem "Sorgenkind" wurden frische Finanzmittel zugeführt, es fielen keine steuerlichen Zahlungen an, und ich konnte gleichzeitig mein Hauptunternehmen zusätzlich für Verteil-, Fahr- und Kontrolldienste und anderer Leistungen in Anspruch nehmen. Auf dem Papier produzierte ich also eine Menge Kosten und konnte so das Steuervolumen meiner Hauptfirma, das ich ansonsten dem Finanzamt in den Rachen geschoben hätte, finanziell mindern. Das war ein einfacher, doch effizienter Kniff und ein sehr erfolgreicher Coup, steuerlich zwar bedenklich, aber ich führte nunmehr nur das weiter, zwar in abgewandelter Form, was der "AS"-Konzern von mir verlangt hatte. Die leitenden Mitarbeiter des Verlages, speziell der stellvertretende Vertriebsleiter Zeitschriften Herr Soetje, spielten ohne zu zögern mit, denn es gab da noch einige kleinere und größere Zusatzgeschenke für diesen Deal. Gern gesehen wurden immer meine Einladungen in das 12. Stockwerk des Hamburger "Finnlandhauses", auf deren Etage sich ein fantastisches Speiselokal befand, das nicht nur wegen seines herrlichen Rundumblicks preislich ganz oben angesiedelt war, sondern auch wegen seiner nordischen Spezialitäten. Diverse Gerichte vom Elch, oder die sogenannten "Elchtränen". Gleichermaßen teure Präsente oder Jahreskarten für VIP-Lounges von Tennisturnieren und Fußballspitzenklubs gehörten ebenfalls dazu. Mein Promotion-Unternehmen wurde nach mehreren dieser Verteil-Coups nicht mehr in Anspruch genommen. Alle Mitarbeiter wurden in mein Hauptunternehmen, ihren Fähigkeiten entsprechend, integriert. Die GmbH wurde anschließend aufgelöst. Einige dieser Rechnungs-Transaktionen habe ich am Ende des Buches eingestellt. Die Aufträge wurden vom "AS"-Verlag mit Order-Schecks bezahlt. Wenig später hielt ich einen dieser Schecks in meinen Händen und diese fingen leicht an zu zittern. Es war der höchste Scheck-Betrag, den ich jemals in Händen hatte:

»596.550 DM - ein wahnsinniges (doch gutes) Gefühl«.

Die allermeisten meiner Geschäfte waren steuerlich absolut sauber. Sie waren so sauber, dass mir der geschäftsführende Gesellschafter einer der größten Warenhandelsketten der Welt ein Weihnachtspräsent im Wert von etwa 70 DM schon als Bestechung vorhielt und mit einem gepfefferten Brief zurückschickte. Ich schickte einen Entschuldigungsbrief und spendete einen größeren Geldbetrag an eine Wohltätigkeitsorganisation. Damit war die Sache für ihn ausgestanden. Mit einem Präsent im Wert von 70 DM wollte ich keinen Milliardär bestechen, das lag mir fern! Wenn ich dieses heute so locker sehe, war es zur damaligen Zeit eine gefährliche Gratwanderung. Auf der einen Seite kamen die Banken täglich auf mich zu und drangen darauf, gemachte Zusagen einzuhalten, andersherum musste ich meine Auftraggeber bei der Stange halten. Erschwerend kam noch hinzu, dass meine Frau und ich mit unserem gesamten Privatvermögen hafteten – das war auch nicht gerade eine angenehme Perspektive. Der kometenhafte Aufschwung, der schon fast explodierende Umsatz und im Hinterkopf das Bewusstsein, dass alles, was ich bisher geschaffen hatte, mit einem Schlag zu Ende sein könnte.