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Das Leben: meist irgendwo dazwischen; zwischen Himmel und Hölle. Pläne lassen sich schnell machen, doch was letztendlich passiert, weiß niemand. Manchmal wird aus qualvollen Momenten rasant eine blühende Oase. Einen optimistischen Perspektivenwechsel habe ich mehrfach in meinem jungen Leben gehabt, sonst wäre ich mit all den Stolpersteinen auf meinen Wegen nicht da, wo ich heute bin. Im Leben braucht man Mut zum Hoffen, Konsequenz zum Glauben und stets Zuversicht und Vertrauen. Viele prägnante Erfahrungen erlebte ich, und dennoch möchte ich meinen Optimismus mit Ihnen teilen und Sie zu einem Perspektivenwechsel inspirieren. " Nur wer mehr wagt als realistisch scheint, kann herausfinden, was schaffbar ist." Auch beim Glauben braucht man Geduld...
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Seitenzahl: 298
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Begrüßungsworte
Das Leben davor
Das Leben dazwischen
Das Leben danach
Literarisches Finalwort
Seit ich schreiben kann verfasste ich unzählige Texte. Mit gutem Zuspruch andrer verwirklichte ich nun meinen Traum vom ersten eigenen Buch. All jenen, die mir halfen, mir gut zusprachen, sei an dieser Stelle gedankt!
Damit meine Kunst, die ich als kleines Mädchen verfasste, nicht in Vergessenheit gerät, baue ich, wenn es gerade zum Thema passt, die eine oder andere Geschichte oder dieses oder jenes Gedicht in den Text mit ein. Ich möchte meine kindliche Gedankenwelt in Erinnerung wahren. Die Kindheit ist etwas sehr Wertvolles, der Grundstein für den weiteren Lebensweg.
Es gibt da einen schönen Spruch: „Philosophen werden nie erwachsen“, wie es Goethe einst sagte. Man wird ja auch nicht von heute auf morgen „erwachsen“. Solange man sich das Kind-Sein, das Wissbegierige im Herzen behält, sind alle Türen offen. Philosophie oder Phantasie; Konfusion oder Konfuzius? Permanent geht mir irgendwas durch den Kopf und ich suche nach philosophischen Lösungen, versuche gesellschaftliche Themen zu erörtern.
Doch wollte ich tatsächlich, dass man viele meiner harten, jedoch sehr lehrreichen Erfahrungen in ein paar Seiten lesen kann? Mannigfaltige Erfahrungen mache ich täglich mit meiner Familie, meinen Freunden und Begegnungen, der
Welt und der Wirtschaft. Ein weiterer Grund zum Philosophieren.
Neulich meinte ein Therapeut zu mir, ich hätte zu hohe High-Beta-Frequenzen, was übersetzt heißt, ich denke zu viel. Das trifft es auf den Punkt! High-beta.
Ich habe lange gebraucht, um zu den Ansichten des Lebens zu kommen, wie ich sie jetzt vertrete. Dank High-beta passen sich meine Gedanken auch häufig den Lebensumständen an; jedoch nicht ohne einen langen Morgen darüber nachgedacht zu haben. Die Ansichten und die Lebenseinstellungen sind ohnehin von Person zu Person ganz individuell. Jenes, was ich versuche von mir zu geben, sehen andere eventuell ganz anders. Ich bin sehr jung und habe vielleicht, nach den Worten der Leute, mehr Weisheit oder Lebenserfahrung, wie man es auch nennen mag, als manch anderer. Dennoch ist meine Ansicht nicht zwangsläufig die rechte, da sich jeder sein eigenes wahres Bild konstruieren sollte.
Des Weiteren überlegte ich, ob ich wirklich wolle, dass jeder Leser meines Buches meine Ansichten kennen und meine Einstellungen zu manchen grotesken Themen wissen sollte. Man kann doch ohnehin nie alles von sich in ein paar Seiten erzählen. Dafür ist das Leben viel zu veränderlich, was nicht nur der Zellteilung zu verdanken ist. Es liegt auch an dem Leser selbst, was er sich aus den Zeilen mitnimmt, wie er sie versteht. Am besten lernen Sie mich jedoch in einem persönlichen Gespräch kennen. Es gibt solch Seelenebenen, welche man nicht nur durch Lesen erschließen kann. Manchmal fühlt man sich jemanden verbunden, obwohl man diesen nicht kennt. Sei es wegen seiner Einstellung, seines Aussehen oder wegen der unerklärlichen Faszination. Wie vieles ist nicht erklärbar?!
Wenn man mit jemandem auf gleicher Seelenebene ist, spielt der Grund für die Sympathie keine Rolle. Ich gebe ungern alles auf einmal von mir preis. Ein jeder soll sich Zeit nehmen mich kennenzulernen. Das geht meiner Meinung nach nicht in ein paar Stunden, wenn ich mich selbst hin und wieder verwunderlich finde. Ich versuche nicht jeden ein ideales Bild meiner selbst vorzugaukeln, da die Leute dadurch nicht die Möglichkeit haben sich ihr eigenes Bild von mir selbst zu machen. Jeder sollte die Möglichkeit haben, sich selbst ein Bild über einen Menschen zu konstruieren, ohne alles vorgekaut zu bekommen, was er zu schmecken hat.
Es gibt unzählige Bücher von Krankheitsgeschichten und Tragödien. Ich möchte ihren Augen nicht eine weitere Geschichte von einem bedauernswerten und kränklichen Lebensweg bieten. Viel eher wünsche ich mir, dass Sie aus meinen Zeilen Mut, Hoffnung, und Glauben schöpfen können.
Bereits in jungen Jahren erfuhr ich, dass man immer wieder Hoffnung braucht, um den Mut nicht zu verlieren, dass man irgendwann wieder glücklich leben kann.
Doch bis Sie dieses Buch zu Ende gelesen haben, sammelte ich bereits viele weitere sehr lehrreiche Erkenntnisse für mein Leben! In jedem Moment lassen sich neue Erfahrungen für den eigenen Lebensweg sammeln. Ich bin keine Nummer, keine Maschine, ich habe meinen eigenen „Dickkopf“. Oh nein, Oh nein, meine zahlreichen diffusen und zum Teil verrückten Gedanken kann ohnehin niemand nachempfinden. Daher habe ich nun jegliche Scheu abgelegt und freue mich Ihnen einen tiefgründigen Einblick in mein Leben zu bieten.
Und sollte ich nach der Veröffentlichung irgendwem auf der Straße sehen, der mit dem Finger auf mich zeigt und lacht, interessiert mich das nicht. Denn ich habe es lieber, wenn die Menschen wegen meiner Geschichten lachen, als über meinen Gang. Noch lieber wäre es mir jedoch, wenn die Menschen mit mir lachen, nicht über mich. Viel Vergnügen beim Lesen! Bitte trauen Sie sich ihre Emotionen zu zeigen, ich tat dies auch während meiner Niederschriften, von Tränen bis Lachen; von Wut bis Einsicht und Verständnis.
Meine Mutti besuchte mit meiner Schwester den Kinderfasching, als ihre Fruchtblase platzte und ich mich bemerkbar machte. Unfassbar aber wahr, vier Wochen früher als der Geburtstermin wollte ich aus dem engen und unbequemen Bauch meiner Mutti. Das passte ihr zu dieser Zeit gerade absolut nicht in den Terminkalender. Ausgerechnet noch der Tag, an dem meine Mutti mit ihrer Tochter zum Fasching wollte. Doch ich wollte unbedingt ein kleiner Harlekin werden. Außerdem wollte ich wahrscheinlich meine allerbeste Gebärmutter nicht länger mit dem dicken Bauch quälen oder ich war einfach durstig nach ihrer leckeren Milch, beziehungsweise dem „Leben da draußen“.
Hätte ich vorher gewusst, was mich in diesem Leben erwartet, hätte ich vielleicht lieber noch ein wenig länger reifen können, bevor ich in mein Leben purzelte. Doch mittlerweile bin ich für das, was ich wieder erreichte und immer wieder erreiche sehr dankbar. Letztendlich sind es die in den Weg gelegten Steine, egal ob große oder kleine, die uns Erfahrungen sammeln und jeden Einzelnen ganz individuell reifen lassen. Auch Goethe wusste es bereits, dass man aus Steinen, welche einem in den Weg gelegt werden, etwas Wunderbares bauen kann.
Aus der Geburtsstation wurde ich mit einem weißen Strampelanzug bekleidet entlassen. Die Hebammen meinten, ich sehe aus wie ein kleiner Engel und das, obwohl ich mit einem anderen Baby, was sich den gleichen Zeitpunkt für das Erlebnis „Leben“ gewählt hatte, um die Wette schrie, sodass man hätte meinen können, ich wäre eine Sirene.
Doch nicht nur, dass ich viel schrie oder oftmals mürrisch blickte, hatte ich zudem noch ständig Hunger. Ich war ein Nimmersatt und trank und trank und trank die köstliche Muttermilch, die anscheinend zu lecker mundete. Irgendwann waren die Ressourcen erschöpft. Irgendwie musste ich meinen enormen Durst stillen. Nun ja, Vampir wollte ich nicht werden, daher suchte ich nach einer anderen Variante.
Im Alter von einem Jahr fand ich sie: Karottensaft! Ich setzte die Flasche nur einmal an und nuckelte sie in einem Zug leer. Und weil diese total leckere Flüssigkeit nicht nur interessant aussah, sondern auch prima schmeckte, trank ich davon nicht nur eine Flasche am Tag, sondern ohne eine Sättigung zu verspüren eine Kiste pro Woche. Meine armen Eltern hatten meinetwegen ganz schön viel zu schleppen.
Bald schon machte sich der extreme Karottensaftmissbrauch an mir bemerkbar. Ich bekam eine schöne sonnige Hautfarbe, die vielleicht etwas zu dunkel für die Jahreszeit war. Später wurde mir erzählt, es hätte oftmals Kommentare von Spaziergängern, die in den Wagen schauten, gegeben, Make up sei nicht gut für Kinder und schon gar nicht für Kleinkinder. Doch ich nuckelte und nuckelte völlig ungestört eine Flasche nach der anderen leer.
Apropos „Nuckeln“: Trotz meines enormen Drangs an meiner Karottensaftflasche zu saugen, benutzte ich dennoch nie einen Nuckel. Wahrscheinlich wusste ich schon immer, auch als Baby, dass das nicht gut für die Zähne ist. Leider konnte ich meinen Saugdrang im Babyalter noch nicht mit Karottensaft stillen und irgendwie fehlte mir anscheinend ab und an die Brust meiner Mutter, doch ich wusste mir zu helfen. Es gibt da so ein nettes kleines Körperteil, was für mich den perfekten Nuckelersatz darstellte. Mein Daumen hatte nicht nur die Form eines Nuckels, sondern schmeckte auch noch viel besser als ein solcher. Die ganze Nacht kaute ich auf meinem Daumen herum. Mein Daumen wurde dabei ganz wund.
Das gefiel auch meiner Zahnärztin gar nicht. Hätte ich das vorher gewusst, dass auch mein Daumen auf die Dauer gesehen schädlich für meine Zähne ist, hätte ich doch gar nicht erst mit dem Daumenkatschen angefangen.
Meine arme Mutti. Kein Nucki, aber Daumen. Meine Mutti war zu der damaligen Zeit zwar eine leidenschaftliche und sehr engagierte Krippenerzieherin, doch auch sie stand zunächst vor einem Rätsel. Bis sie auf die phänomenale Idee kam, mir Handschuhe anzuziehen. Da es zu jener Zeit, als meine Mutti diese Erleuchtung hatte, leider gerade Sommer war, waren die Nächte für meine kleinen, zarten Hände wie Sauna. Auch schmeckte der lederne Handschuh nicht annähernd so gut wie mein eigen Fleisch und Blut. Diese Tatsache zwang mich dazu, dem Drang an meinem Fingern zu nuckeln zu widerstehen. Nicht nur meinen Fingern zu Liebe, nein auch wegen meiner Zähne selbstverständlich! Auf meine Zähne achte ich seit ich denken kann. Von meinen Großeltern wurde mir sehr früh ans Herz gelegt, meine Zähne besonders gut zu pflegen, sodass sie bis ins hohe Alter erhalten bleiben. Mir gefielen die schönen weißen Zähne meines Papas, obwohl sie nicht so gesund waren, wie sie aussahen, doch der Schein trügt oft im Leben. Ich wollte nicht wie meine Oma mit einer Zahnprothese herumrennen, daher pflege ich meine Zähne besonders gut.
Ich hatte als Kind eine starke Angina, weshalb ich Antibiotika einnehmen musste! Das war, wie mir später von meiner netten Zahnärztin gesagt wurde, der Grund, warum sich meine Zähne etwas gelblich verfärbten. Heutzutage sind die Leute mit Mutmaßungen und Vorurteilen sehr gut, sehr schnell. Einige Leute, die mich nicht kannten meinten sicher ich würde rauchen. Andererseits gehört die Gerüchteküche, wohl oder übel, eher übel, zum Leben. Immerhin wertet sie deren Selbstbewusstsein auf und der Betroffene sollte das nicht ernst nehmen, da man nie alle Münder zufrieden stellen kann. Allerdings hat die Lästerei unnötige Ausmaße angenommen. Als ich jung war, machte sich eine sehr gute Freundin von mir „nur“ über meine verfärbten Zähne lustig. Im Laufe meines, noch immer jungen Lebens sammelte ich viel härtere Urteile über mein Aussehen oder Befinden von meinen Mitmenschen. Heute meint niemand mehr, ich hätte verfärbte Zähne. Im Gegenteil, ich werde hin und wieder von Zahnärzten angesprochen, weil sie meine weißen Zähne sehr bewundern. Dennoch lastete die kindliche Erinnerung schwer in meinem Gedächtnis und aus diesem Grund putze ich sehr lange und enorm gründlich.
Glücklicherweise zeigte mir meine phänomenale Zahnärztin irgendwann, wie man richtig Zähne putzt. Ich bewunderte zwar die weißen Zähne meines Papas, doch hatte er eine falsche Putzrichtung. Dieser Zahnarztbesuch war der spannendste, den ich bisher hatte. Ich studierte sehr aufmerksam die Worte meiner Zahnärztin. Auf jeden Fall putzte ich dann, nicht wie die meisten Leute nur ein bis drei Minuten, sondern lieber fünf bis zehn Minuten. Meiner Mutti kam es vor wie eine Stunde. Glücklicherweise zahlte sich die investierte Zeit irgendwann aus und die unschöne Verfärbung meiner Zähne schwand irgendwann auf natürliche Weise. Das war allerdings auch sehr harte Arbeit. Damit ich nicht wieder zu einer komischen Zahnfarbe komme, putze ich heute selbstverständlich auch sehr akribisch meine wertvollen Zähne, weil eine Zahnprothese eine Horrorvorstellung für mich ist.
Zum Zahnarzt ging und gehe ich immer gerne. Ich freue mich jedes Mal riesig, wenn er mir sagt es sei alles in Ordnung. Eine, für mein Alter gesehen, sehr lange Zeit wollte ich in die Fußstapfen meiner Zahnärztin treten. Ich träumte bereits davon, später einmal die Praxis zu übernehmen. Mein Idol, meine Zahnärztin, sagte mir allerdings, es hätten nicht alle Leute so saubere und gesunde Zähne wie ich. Außerdem sagte sie mir, es hätten viele Leute Mundgeruch oder verfaulte Zähne. Dies sei aber alles gar nicht so schlimm, denn es gäbe ja Handschuhe. Mein kleiner Kopf stellte sich die Beschreibungen meiner Zahnärztin sehr bildhaft vor. Bei diesem Horrorszenario überlegte ich mir, ein wenig konfus, wie mein Leben noch heute ist, keine Zahnärztin zu werden und lieber meine eigenen kleinen Beißer umso mehr zu pflegen, um meiner Zahnärztin eine Freude neben ihren unschönen Erlebnissen zu bereiten.
Als ich klein war, begann ich wie jedes Kind die Welt zu erkunden. Bei meinen Erkundungstouren hatte ich, was mir heute total unbegreiflich ist, jedoch nur eines im Sinn: ESSEN!!
Glücklicherweise gab sich das jedoch irgendwann, sonst hätte ich unter Umständen nach dem Motto leben können: „Ziehe Arme, Beine ein - ich könnte eine Kugel sein!“
Obwohl, bei den Sachen, die ich verspeiste, abgesehen von meinem Daumen, gab es wohl eher andere Bedenklichkeiten.
So kam es auf einer meiner vielseitigen und ausgeklügelten Entdeckungstouren vor, dass ich Appetit verspürte, Spaghetti Bolognese zu essen. Von meiner liebsten Mama wusste ich, dass dies sehr gut genießbar ist. Leider nur war diese leckere Mahlzeit nicht auffindbar. Dennoch fand ich etwas, das annähernd absolut gar nicht so aussah, aber vielleicht ja doch gut schmeckte.
Meine Mama hatte in unserem Esszimmer einen großen Blumentopf mit einer faszinierenden Pflanze stehen deren Pflanzenerde ein wenig Seramis zierte - kleine rote Tonsteine. Mit meinem genau analysierenden Blick, sah es den Spaghetti Bolognese ein bisschen zu ähnlich.
Da meine Mama gerade nicht in der Nähe war, konnte ich die durch meinen Appetit gesteigerte Phantasie nicht mehr zügeln. Meine kleine Hand griff an den Stängel der schönen Pflanze in dem großen runden Blumentopf, packte ein wenig Spaghetti Bolognese und steckte sie ganz schnell in den Mund. Hatte mich jemand gesehen? Blick links, rechts, niemand da, alles in Ordnung. Das Zeug, was sich in meiner Mundhöhle befand verbreitete schon dort einen eigenartigen Geschmack. Ohne dass ich mein Experiment zu Ende studieren konnte, rettete mich meine Mama vor weiteren unangenehmen Erfahrungen.
Als ich klein war, musste ich immer als kleiner Junge herhalten. Vermutlich wollte meine Mama einen kleinen Lycienn, da sie ja schon meine ältere Schwester als Püppchen hatte. Daher war ich als kleines Kind immer der Frechdachs von uns beiden. Meine Schwester war die Lady und ich, so robust, wie ich war, der kleine Junge. Auch meine tiefe Stimme war völlig untypisch für ein kleines Mädchen. Meine Schwester, Viviane wiederum hatte, was gewöhnlicher ist, eine hohe Piepsstimme. Ich hingegen hatte eine tiefe brummige Stimme, wie die eines Bären.
Meine Mama erzählte mir, ich habe immer grimmig in meinem Kinderwagen gesessen. Sie meinte ich hätte kaum gelacht und wäre Fremden gegenüber immer ernst gewesen. Das muss wahrscheinlich sehr furchteinflößend ausgesehen haben. Ich wusste damals schon, wo ich hingehöre und ließ mir diesen Platz nicht streitig machen.
Heute lache ich hingegen sehr gerne. Lachen ist jedoch nicht gleich Lachen. Ich selektiere es aus meiner Sicht zwischen dem Lachen, was man nur des Anstandes wegen zeigt, beispielsweise bei Witzen oder manch einer Comedy, das Haha-Lachen. Und dann gibt es meiner wundersamen Ansicht nach noch das Lachen, dass aus tiefstem Herzen heraus ehrlich gemeint ist. Dieses ehrliche Lachen entsteht oft aus simplen Alltagssituationen heraus, wenn Missverständnisse vorliegen. Ich nenne es das Hihi-Lachen.
Heutzutage geht das Lachen häufig auf Kosten anderer. Ich denke, Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Dennoch kann es, obwohl man aus Anstand mitmacht, sehr verletzend sein. Ich lernte viele Menschen kennen, die sich über andere belustigten, um einerseits selbst durch ihre gemeinen Satiren im Mittelpunkt zu stehen oder andererseits von sich abzulenken. Ich möchte nicht jeden Clown kritisieren, da es nun mal Tatsache ist, dass Menschen am liebsten über andere Leute lachen.
Nach Erich Kästner ist Humor der Regenschirm der Weisen. Dieses Gleichnis wirkt erklärend dafür, dass oftmals ein Witz gerissen wird, um von eigenen Fehlern abzulenken. Das ist nicht mal dumm. Unfair wird es nur, wenn statt einem selbst ein anderer als Opfer herhalten muss und ständig auf diesem verbal eingedroschen wird. Das zermürbt sehr und zerrt an den Nerven.
Unsere Gesellschaft ist meiner Ansicht nach so strukturiert, dass die Anerkennung einer Person, die Witze erzählt, wächst, je mehr sich diese über andere belustigt. Auf jeden Fall wird dies häufig durch heutige Comedians signalisiert, weshalb diese, auf Grund der Zustimmung, immer weiter auftrumpfen und immer mehr diskriminierend werden.
Ich und jeder von Ihnen sicherlich auch, möchte, dass die Freunde, Bekannten oder wer auch immer, mit einem lachen und nicht über einen. Über einen Witz, über das eigene amüsante Verhalten ist nichts einzuwenden, dennoch sollte man acht geben, die schmale Grenze zur Verletzung nicht zu überschreiten. Ich schmunzele selbst oft über peinliche oder unüberlegte Situationen anderer, jedoch verspotte und verletze ich sie nicht.
Als ich klein war, verletzte mich meine Mutti keineswegs damit, dass sie aus mir einen Burschen machte, es war mir egal, sofern ich es überhaupt realisierte. Da ich für einen halben Burschen gehalten wurde, aß ich selbstverständlich auch so. Gerne stopfte ich eine riesige Portion in mich und, als ob das nicht genug wäre, aß ich die Reste, die meine Schwester übrig ließ, gleich mit.
Glücklicherweise änderte ich irgendwann mein Essverhalten.
Als meine Mutti jedoch realisierte, dass sie zwei kleine Mädchen hatte, ließ sie sich was Neues einfallen. Nun war ich nicht mehr ihr kleiner frecher Junge, sondern der Zwilling meiner Schwester. Jahrelang wurden wir gleich gekleidet, frisiert und genährt. Wir trugen sehr lange das gleiche Outfit. Da wir die gleichen blonden Haare hatten, ähnliche Augen und fast gleich groß waren, hielt man uns tatsächlich für Zwillinge. Es kam schon damals häufig vor, dass die Leute unsere Namen verwechselten, aber das passiert ja heute immer noch. Doch unser enorm unterschiedliches Essverhaltens verriet, wer wir waren.
Uns wurde immer gepredigt, wir sollen mit der lieben Schwester teilen. Viviane aß jedoch die Kaugummis und alle Süßigkeiten auf einmal lieber selbst, als diese mit mir zu teilen. Nun ja, was soll ich sagen, meine Zähne danken es mir heute.
Als ich fünf Jahre alt war beschlossen meine Mutti und mein Papa eine neue Küche zu kaufen. Die alten DDR-Küchenmöbel waren von mir und meiner Schwester offenbar sehr beschädigt worden.
Leider entschieden sich meine Eltern für eine vollständige Erneuerung, von den Küchenmöbeln angefangen bis hin zum Fußboden und Sitzgarnitur. Das war für mich unbegreiflich. Mein treuer Stuhl, auf dem ich jeden Tag saß und aß, sollte einen neuen Sitzbezug erhalten. Das schöne ekelige Braun, was dem Stuhlgang glich, sollte damals modernem Grau weichen? Unmöglich! Das war mein Stuhl, so wie er war mit der Polsterfarbe, den Stuhlbeinen und haargenau dieser Polsterung. Jahrelang, um genau zu sein, seit ich aus dem Kinderstuhl raus war, hatte ich auf ihm gesessen und jetzt sollte er neu bezogen werden?
Ich begann laut zu weinen. Die Tränen kullerten in Strömen über mein Gesicht. Mein Papa, ein Tischler, konnte absolut nicht verstehen, was ich gegen ein neues Aussehen meines alten Stuhles hatte. Ich versuchte ihn verheult mit zitternder Stimme zu erklären: „Mein ganzes Leben sitze ich auf dem Stuhl. Ich kenne keinen anderen und möchte auch keinen anderen Stuhl.“
Daraufhin ging mein lieber Papa zumindest einen Kompromiss ein. Er fotografierte ein Abschiedsbild von mir und meinem treuen Stuhl.
Heute sehe ich das nicht mehr so verbissen. Sicherlich ist es schön, alte Dinge in seinem Besitz zu haben, an denen höchstwahrscheinlich auch jede Menge Erinnerungen hängen.
Erinnerungen sind das, was Menschen verbindet, sie zurück in unser Gedächtnis holt. Erinnerungen können sehr angenehm sein und motivierend, beziehungsweise optimistisch auf uns einwirken. Heute weiß ich, man muss auch lernen, loslassen zu können und bereit sein, mit den schönen Erinnerungen, die einem bleiben, etwas Neues zu beginnen.
Sehr spannend fand ich als kleines Mädchen auch, alte Fotos von meinen Großeltern oder die Briefmarkensammlung zu betrachten. Toll fand ich es mit der ersten Schlafkappe meiner Uroma zu spielen oder Urlaubsbilder von Kinderzeiten anzusehen. Meine Mutti erfreut sich noch immer an dem Gebastelten von mir aus der Grundschule.
Sehr häufig beginne ich dennoch Sachen zu sammeln, um Erinnerungen zu bewahren. Man muss zwar loslassen können, doch helfen uns bestimmte kleine aufbewahrte Dinge, die Erinnerung ins Gedächtnis zurückzurufen. Ich schmunzele sehr oft über mich selbst, wenn ich mich wieder einmal dabei erwische, irgendwas zu sammeln zu beginnen, denn mitnehmen zu dem, was nach dem Leben folgt, kann man ohnehin nichts.
Viel zu viele Erinnerungen sammeln wir im Laufe unseres Lebens in Form von Gegenständen. Nur weil wir jeden einzelnen Gegenstand für wertvoll und wichtig halten, behalten wir ihn über Jahre, Jahrzehnte oder ein Leben lang. Genau auf diese Art und Weise füllt sich unser „Rucksack des Lebens“ mit viel Müll.
Erinnerungen sind sehr wichtig, denn sie sind es, die Menschen verbinden oder zu unserer eigenen und individuellen Lebensgeschichte gehören. Doch statt Erinnerungen in Gegenständen zu horten, sollten wir viel lieber unsere Erinnerungen pflegen und immer wieder ins Gedächtnis rufen. So behält man nur das, was wirklich wertvoll ist und nicht unser weiteres Leben erschwert. Um den imaginäre „Rucksack des Lebens“ von materiellen, lange aufgehoben und doch nutzlosen Dingen zu verschonen, muss man guten Gewissens loslassen.
Okay, dieses Plädoyer hat, wie die meisten Angelegenheiten im Leben, zwei Seiten. Die Medizin, die Wirtschaft oder Politik verfolgen meist stur einer Linie, in der es kein Platz für Ausnahmen gibt. Ausnahmen wiederum bestätigen die Regel und lassen das Leben interessant und abwechslungsreich werden.
Ein gutes Beispiel dafür ist die von Ludwig Erhard eingeführte „soziale“ Marktwirtschaft. Ich möchte nicht politisch werden, denn auch da vertritt jeder seinen eigenen Standpunkt. Anhand dieses Beispiels lässt sich erkennen, dass es nie nur eine Lösung für „Probleme“ gibt.
Das Wort „Probleme“ missfällt mir, ich nenne es Herausforderung, Chance oder Möglichkeit. Ich habe festgestellt, dass wir ohne Herausforderungen niemals zu Lösungen kämen. Oft werden bestimmte Situationen nur geändert oder genauer ausgedrückt verbessert, weil es ein anscheinendes P... gibt. Sie wissen schon, eine Chance. Wäre dieses negativ belastete Wort jedoch nicht aufgetreten, hätte man die Situation nie geändert und würde immer noch mit dem Altgewohnten weitermachen.
Leben heißt Veränderungen! High-beta - mein Glück. Es leben die Zellteilung und der ewige Kreis des Lebens. Auch die Zellteilung findet kontinuierlich fortwährend statt. Wer an einem Punkt stagniert und sich nicht verändern will, kann nicht existieren. Am Ende wird derjenige, der sich nicht ändern will, auch seine Beständigkeit verlieren, die er gedacht hatte zu halten. Das Leben bietet wenig Konstanz. Es ist eine immer fortwährende Veränderung und nichts bleibt, wie es ist. Man muss sich an die Lebensumstände anpassen, sonst hat man keine Chance zu überleben. High-beta braucht auch etwas zu tun.
Mit Beginn der Existenz des Lebens auf dieser Erde musste sich jede Lebensform an ihre Umwelt anpassen, um nicht auszusterben. Die Dinosaurier zum Beispiel, konnten sich vermutlich nicht oder nicht ausreichend ändern und starben aus, ähnlich wie viele Spezies bei der Entwicklung des Menschen. Sie konnten sich nur ungenügend anpassen, bis hin zu uns, dem heutigen Geschöpf.
Und dennoch gibt es heute immer noch Menschen, die sich partout nicht verändern wollen. Dabei sollte man doch meinen, dass dieses hoch entwickelte Wesen mit jeder Veränderung leben könnte.
Ich möchte kein „Schubladendenken“. Ich bin der Meinung, Menschen sind Individuen und der reflexive Mensch macht alles möglich.
Festzustellen ist für mich jedoch, dass oftmals ältere Generationen schwer mit sich ändernden Lebenssituationen umzugehen wissen. Doch auch das ist für mich verständlich. Über viele Jahre waren sie etwas gewohnt, was zum festen Bestandteil ihres Lebens wurde und mit einem Schlag ändern sich diese Lebensverhältnisse. Das Gefühl, man würde gegen eine Wand rennen, breitet sich in einem aus. Man kann sich nicht erklären, warum es überhaupt notwendig war, das „gute Alte“ zu reformieren. Dabei sollte man sich in seinem tiefsten Inneren bewusst sein, dass jeder Mensch Veränderungen unterworfen ist.
Auch wenn wir nicht immer das Gute an unseren Veränderungen erkennen können, müssen wir sie dennoch annehmen und werden zu einem späteren Zeitpunkt eventuell zu besserer Erkenntnis kommen. Verändern ist vielleicht das falsche Wort, besser ist, glaube ich weiterentwickeln.
Die jungen Menschen sind naturgemäß dynamischer. Sie sind viel unbeständiger in vielerlei Hinsicht, was Partnerschaften betrifft, aber auch Freundschaften oder andere Beziehungen, Familie, Haus, Wohnung, Handy, Notebook, Kleidung usw. usw. Die Liste ließe sich mit vielen weiteren Dingen erweitern. Andererseits ist es auch wiederum sehr bedauernswert, dass die neuen Generationen die Beständigkeit, gerade was Beziehungen angeht, weniger wertschätzen.
Dabei muss ich jedoch zugeben, dass man auch hier nicht alle jungen Menschen in einen Topf werfen kann. Denn, wie Bertolt Brecht sagte: „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom.“
Es gibt also mit Sicherheit auch junge Menschen, die nicht für eine Veränderung bereit sind. Ich bin kein toter Fisch! Gehöre also nicht dazu. Trotzdem, hin und wieder wünsche auch ich mir etwas mehr Beständigkeit, eine Konstanz in meinem Leben. Diese kann man wahrscheinlich nur schwer halten. Ich erlitt viele Niederlagen und Rückschläge, die mich immer wieder motivierten zu kämpfen und mich zu verändern. Wie oft wünschte ich mir in dieser Zeit ein wenig Beständigkeit.
Ich machte mir schon seit ich denken kann jede Menge philosophischer Gedanken. Das war wahrscheinlich auch ausschlaggebend, weshalb ich nach meinem Traum, eine Zahnärztin zu werden, eine weltberühmte Buchautorin werden wollte. Wohlgemerkt, ich wusste damals noch nichts von High-beta- oder Theta-Frequenzen.
Nach meiner Einschulung lernte ich, unter Aufsicht meines Papas sehr ehrgeizig das Schreiben.
Da mein Papa erfolgreicher, selbstständiger Tischler war, blieb ihm leider viel zu wenig Zeit für meine Schwester und mich. Dennoch versuchte er jeden Freitag zeitiger mit der Arbeit aufzuhören, um meine Schwester und mich vom Hort abzuholen. Ich freute mich immer riesig auf meinen Papa, der mit uns Hausaufgaben machte, damit Viviane und ich wieder einen neuen Buchstaben, wortwörtlich malen konnten.
Mein Papa vertrat die Meinung, wer arbeiten wolle, müsse auch essen. Hausaufgaben gehören für Schulkinder zur Arbeit, die sehr wichtig sei, um später einmal richtig arbeiten zu gehen.
Mit diesen Worten stellte sich mein Papa in die Küche und spielte Koch. Normalerweise gab es bei ihm oft Mahlzeiten, die einfach zuzubereiten sind oder aufgewärmtes Essen, welches von seiner Mutti für uns gekocht wurde. Dieses Mal jedoch wollte er höchst persönlich etwas ganz besonderes für meine Schwester und mich zaubern. Er verarbeitete frischen leckeren Porree zu einer Porree-Rahm-Suppe. Ausgesehen hat das Meisterwerk sehr interessant. Wir wünschten uns gegenseitig einen guten Appetit! Ich freute mich schon auf das genüsslich duftende und wohl aussehende Süppchen. Schnell nahm ich den Löffel in die Hand. Ich schlürfte den bis zum Rand gefüllten Löffel rasant hinunter. Trotz meiner ersten positiven Sinne versagte in diesem Moment mein Geschmack. Es schmeckte völlig komisch, ungenießbar. Mein Papa meinte, der frische Porree aus dem Garten seiner Mutter sei besonders gut für die Nerven, die ich für meine Hausaufgaben brauche. Also zwang ich mich die eigenartig schmeckende Porree-Rahm-Suppe zu essen.
Mit großem Widerwillen befolgte ich seine Anweisung. Das führte dazu, dass ich die nächsten sieben Jahre keinen Porree mehr aß. Mittlerweile hab ich diese Geschmackskonfrontation überwunden. Auch wenn ich als Kind anders darüber dachte, bin ich mittlerweile froh, dass mein Papa in seiner Erziehung so konsequent war. Dadurch wurde ich auch sehr konsequent und zielstrebig, was mir in vielen Situationen weiterhilft.
Ist es ratsam, Kinder zu zwingen, etwas zu essen, obwohl es ihnen nicht schmeckt, nur weil es gesund ist? Ich bin kein großartiger Fastfood-Fanatiker und um ehrlich zu sein, froh, dass meine Mutti sehr großen Wert auf Ernährung und gesunde Kost legt. Auch mein lieber Papa wollte mit dieser Speise eine gute und ausgewogene Ernährung sichern.
Das Leben hat viele Facetten. Man kriegt nicht immer das, was man will, häufig auch nicht, wenn man noch so zielstrebig oder konsequent sein mag. Die äußeren Umstände, die man nur bedingt beeinflussen kann, wirken mancher Zielstellung entgegen. Das ist aber auch gut so, denn sonst würden wir keine Grenzen kennen und Größenwahn bekommen. Denn nur wer seine Grenzen kennt, kann auch sein Ziel finden.
Das mag hart klingen, doch Fakt ist, dass es überall im Leben gewisse Richtlinien oder Grenzen gibt, die man nicht überschreiten darf. Weil mein Papa klare Regeln setzte, erst Hausaufgaben, dann Spielen, lernte ich schnell schreiben und schrieb bald darauf eine meiner ersten Geschichten. Nachfolgend gebe ich Ihnen einen Einblick in eine dieser Geschichten, die ich teilweise auf Grund von schönen Träumen, aber auch dank meiner vielseitigen Phantasie schrieb:
Willis Abenteuer - Der Drache
Das Eichhörnchen Willi ging mit seiner Freundin wandern. Sie waren weit gewandert, deshalb machten sie Rast auf einem Baum. Plötzlich fing der Baum an zu wackeln. „Ein Erdbeben“, erschrak Willi. Lisa, seine Freundin sah nach: „Nein, ein riesiger Drache. Er ist bestimmt von seinem Schlaf aufgewacht.“ Willi entgegnete: „Wir müssen etwas unternehmen! Lisa, du lockst ihn mit einer Möhre in die Höhle zurück! Ich besorge etwas.“
In der Nähe war ein Karottenfeld. Dort pflückte Lisa eine Möhre. Sie stöhnte: “Immer kriege ich die schweren Aufgaben!“ Doch da täuschte sie sich sehr. Willi kam mit einem Radio und Schlafmusik zurück. Er machte das Radio an. Die Schlafmusik ertönte.
Der Drache wollte jedoch nicht einschlafen. Willi flitzte erneut weg. Er holte den Eichhörnchen-Zauberer. Der Zauberer schwang kurz seinen Zauberstab. Bald schon schlief der Drache tief und fest ein.
Virginie Blei, 11.3.2000
Ich danke meinem Papa, dass er stets konsequent war und mir half, Schreiben zu lernen. Doch nicht nur das, ich danke ihm für alles, was er für mich machte, was er mich lehrte und mich immer noch lehrt. Des Weiteren schließe ich daraus, dass, wenn man einem Kind alles erlaubt, es ohne Grenzen lebt und alles bekommt, was es möchte, es sich zwar selbst entfalten kann, jedoch in keinen geregelten Rhythmus gelangt. Dies ist allerdings nur meine Ansicht. Ich bin noch keine Mutter. Vielleicht ändern sich ja meine Ansichten in ein paar Jahren noch einmal. Die Lebenseinstellung auf Grund der eigenen Erfahrungen im Leben optimiert und reformiert sich immer wieder. Zum Glück, sonst wäre ich jetzt doch Zahnärztin.
Nicht nur die Gene eines Kindes bestimmen seine Entwicklung, sondern ausschlaggebend ist auch die Erziehung der Eltern. Jeder, der ein Kind hat, kann wahrscheinlich nachvollziehen, dass es besser für die Entwicklung des Kindes ist, wenn sich beide Elternteile in Sachen Erziehung einig sind.
Es erscheint mir unklug, wenn die beiden Elternteile komplett kontroverse Ansichten vertreten. Logischerweise wendet sich das Kind dann immer an denjenigen, der ihm seinen Wunsch erfüllt.
Bitte entschuldigen Sie mein altkluges Geplapper über Kinder und deren Erziehung, obwohl ich selbst noch keine habe. High-beta! Ein weiterer Grund ist unter Umständen auch, dass meine Mutti Leiterin einer Kindertagesstätte ist und viele Jahre in einer Kinderkrippe arbeitete. Den Drang meinerseits das kindliche Verhalten zu analysieren, kann ich mir nur so erklären.
Doch auch meine liebe Mutti ist nicht immer eine Nonne, was die Erziehung angeht. Sie hat einen sehr liebherzigen, mütterlichen und dennoch konsequenten Erziehungsplan. Heute befürwortet sie eine sehr gesunde und ausgewogene Ernährung. Ich frage mich wie sie damals, entgegen den Willen meines Papas, mit meiner Schwester Viviane und mir in ein Fast-Food-Restaurant gehen konnte. Damals fand ich das natürlich Spitze, da diese Kost genau das Richtige für meine Geschmacksnerven war. Als Krönung unseres kleinen geheimen Ausfluges gab es zu jedem Mahl auch ein witziges kleines Spielzeug. Meine Mutti legte mir und Viviane ans Herz, wir dürften Papa nichts sagen.
Meine Schwester war schon immer ein kleines Plappermaul, deswegen war es nicht verwunderlich, dass sie gleich, als wir nach Hause kamen, zu meinem Papa rannte und ihm erzählte, was wir „Verbotenes“ unternommen hatten.
Dieses kleine Beispiel sollte Ihnen verdeutlichen, dass es normal ist, auch hin und wieder unmoralisch in der Erziehung der Kinder zu handeln. Es sind die Kleinigkeiten, die banalsten Dinge, die uns das Leben versüßen und uns glücklich machen.
Andererseits stelle ich fest, wären solche Ausflüge zur Gewohnheit geworden, hätten sie an Besonderheit verloren und resultierend nicht so viele Endorphine freigesetzt. Es sind die seltenen Dinge, die für uns Menschen besonders wertvoll sind und auf Grund ihrer Seltenheit glücklich machen. Wenn etwas zur Routine wird, verliert es oftmals an Wert und wird weniger achtsam und vorsichtig behandelt.
Als Kind schrieb ich zwar mehrere Geschichten von „Willis Abenteuern“, von denen es eine bereits zu lesen gab, doch irgendwann beflügelte mich das abwechslungsreiche Leben von Willi nicht mehr. Da ich immer sehr viel träumte, schrieb ich einige meiner Träume in Form von Geschichten nieder. Als bestes Beispiel, aus der Sicht von Kinderaugen fallen mir die „Himminies“ ein. Diese Geschöpfe meiner Phantasie ähnelten jovialen Feen, welche die Welt beschützten. Wohlbedacht gab ich ihnen die Farben meines Lieblingspullovers, den ich von meiner Mutti geschenkt bekam und den ich, obwohl er mir viel zu groß war, sehr gerne trug. Rosa, Hellblau und Weiß. Heute lächele ich darüber, wenn ich daran denke, wie heilig mir diese Trikolore meiner Phantasie war.
Sollte Sie meine Phantasie, die ich als Kind hatte, nicht interessieren, habe ich dafür auch vollstes Verständnis. Fantasiegeschichten, besonders die eines kleinen Kindes, sind nun mal nicht der Geschmack eines jeden.
Nicht nur als Kind, sondern auch noch heute habe ich eine blühende Phantasie. Ich versuche sie mir auch heute zu bewahren. Ich stimme Albert Einstein bei seiner Feststellung: „Phantasie ist mehr wert als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“, oftmals zu. Die Kreativität, welche ich in meiner Kindheit hatte, zeigt, wie unbeschwert es in jungen Jahren, in einer glücklichen Familie ist. Es ist lobenswert, dass meine Eltern diese Kreativität stets förderten. Demzufolge bin ich heute noch immer sehr einfallsreich und entwickele bei mancher Not geniale Einfälle zur Abhilfe. Der einzige Unterschied ist, dass ich es inzwischen Marketing nennen darf. Die Kreativität kommt mir bei Tanzinszenierungen sehr zu gute. Nicht nur bei der Produktion, ebenso bei Freiräumen, die sich während einer Performance entwickeln können.
Ich finde es bewundernswert, wenn Kinder eine vielfältige Phantasie haben. Ich vermute, dass es ihnen im Laufe ihres Lebens hilft, mit den „Steinen des Lebens“ zurechtzukommen. Aus den Augen eines Kindes gibt es keine Probleme. Kinder finden immer eine Lösung oder einen Weg, zum Optimum zu kommen.
Ich hatte eine wunderbar traumhafte Kindheit. Mein Papa nutzte die wenige freie Zeit, die ihm nach Beginn seiner Selbstständigkeit blieb, um mit Viviane und mir etwas zu unternehmen. Im Herbst bastelten wir selbst Drachen. Mein Papa zimmerte ein Holzgestell, auf dem er ein Leinentuch befestigte. Meine Schwester und ich durften dieses mit Nase, Augen, Mund, Haaren eventuell auch Ohren und Brille, bemalen. Mein Papa ließ unserer Kreativität freien Lauf.
Des Weiteren sammelten wir in dieser Jahreszeit Eicheln und Kastanien und bohrten Löcher hinein, verbanden die Herbstfrüchte der Bäume mit Streichhölzern und konstruierten verschiedene Tiere, Menschen und Gegenstände.
Generell bastelten meine Schwester und ich viel mit unserem Papa. Da er Tischler war und eine eigene Werkstatt in unserem Haus hatte, durften Viviane und ich das eine oder andere Mal in seiner „Wichtel-Werkstatt“ selbst etwas Wunderbares basteln.
Einmal nahm er mich mit und ich durfte ein Quadrat sägen. Danach sollte ich die Mitte einzeichnen, was mir auf Anhieb gelang und worüber ich sehr stolz war. Dann bohrte ich noch ein Loch hinein und bemalte die Platte bunt mit Holzmal-farbe. Als das Produkt fertig war, ergab es einen Untersetzer für meinen Papa. Er fertigte gerne Gegenstände, die er mit meiner Schwester, meiner Mutti oder mir in Verbindung brachte. Wir waren seine drei Engel.
Es kam aber auch häufig vor, dass wir zwei Kleinen halfen, das Haus instand zu halten. In solch einem Fall strichen wir den Zaun mit Mutti und Papa zusammen oder stapelten das klein gesägte Holz in den Transporter.
Als er unser Esszimmer neu tapezieren wollte, erlaubte er Viviane und mir, die alte Tapete für ein letztes Mal zu verschönern. Meine Schwester und ich malten, was unserer Phantasie einfiel. Der letzte Tag mit alter Tapete war demzufolge sehr künstlerisch anzusehen.
Mein Papa hatte sich für seine Arbeit einen großen roten Transporter gekauft. Dieser wurde von ihm an manchen Tagen zum Camping- und Picknick Auto umfunktioniert. Oftmals fuhren wir an warmen Sommerabenden zu einem Reh-Gehege in der Nähe unseres Wohnortes. Dort angekommen wurde die Tür der Ladefläche sperrangelweit geöffnet. Anschließend setzten wir uns auf eine Decke vor die Laderampe mit den geöffneten Türen. Die Laderampe diente uns nun als Tisch. Wir erzählten uns gegenseitig unseren Tag, aßen, lachten, sahen den Rehen zu und genossen in der untergehenden Sonne, die den Himmel rot färbte, den Moment.