Johannes - Viktor Kamerer - E-Book

Johannes E-Book

Viktor Kamerer

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Beschreibung

Johannes hat eine grausame Krankheit, die ihm seine Kräfte nimmt. Sein Tod öffnet eine Tür zu seinem Sohn. Ihre Liebe und des Sohnes übernatürliche Gabe, ermöglicht es, dass beide über den Tod hinaus miteinander sprechen können. Als dann auch noch der Sohn stirbt, führt ihn Johannes in die Ewigkeit ein, doch der Sohn hat eine wundervolle, andere Idee.

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Zur Erinnerung an Johannes Kamerer

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Sorgenstunden

Johannes` Leid

Das Ende ist ein neuer Anfang

Die Phase

Die Einberufung des Bruders

Einen letzten tiefen Atemzug

Das Wohnzimmer

Sei gut mit Mutter

Ein Held, ein Märtyrer

Ich liebe dich

Tatsächlich in ein neues Leben

Die stille Wahl

Ich erwache

Frühstück mit Mutter

Wind

Der junge Johannes

Bewegen

Da muss ich hin

Das Paradies

Der Weg zur Hütte

Papa sorgt für uns

Ein unbeschreiblich schönes Vorhaben

Eine wundervolle Idee

Prolog

Seine Familie war bei ihm, Mutter und wir drei Kinder saßen am Krankenbett und ich sprach meine Gedanken aus.

„Papa, ich gebe dir gleich etwas für den Hals, und ein Beruhigungsmittel, dann können wir heute Abend etwas zusammen essen.“

Er erschrak, machte dabei die Augen ganz groß. Er wollte nicht mehr, doch ich konnte das so nicht hinnehmen. Doch sein Herz war stark und sein Wille zu gehen ebenso.

Ich sprühte ihm eine Lösung in den Rachen, damit er besser schlucken konnte, denn davon war gerade nicht mehr die Rede. Ich spürte, es würde gleich wieder funktionieren, und Papa Johannes würde schon am Mittag mit uns zusammensitzen und zu Mittagessen.

Ich war sehr grob mit ihm, als ich ihm half sich aufzurichten und die Beine auf den Boden zu stellen. Er schrie: „Au, langsam Jesus. Mach langsam, es tut mir weh.“

Ich hatte da noch kein Mitleid, denn ich war sehr davon überzeugt, er würde sehr bald wieder gesundwerden.

„Papa, du bist bald wieder auf den Beinen, das Wasser ist schon zurückgegangen, und die Schmerzen kriegen wir in den Griff.“

„Wie willst du die Schmerzen in den Griff bekommen, Jesus?“

Ich sah ihn an und erkannte eine Demut und eine Zartheit an ihm, so schön war er für mich noch nie gewesen.

Sorgenstunden

Johannes` Leid

Ich befeuchtete ein Tuch mit Wasser und tupfte damit seine Lippen ab, dann ließ ich drei Tropfen des Wassers in seinen Mund sickern. Er trank da schon kaum noch etwas, so sollte diese Aktion sein Überleben sichern. Immer wieder tropfte ich Wasser in seinen Mund. Der Kampf ging weiter.

Meine Beharrlichkeit war vorbildlich, als ich ihm erneut zum Sitzen verhalf sagte er: „Oh, Jesus, bist du ein guter Mensch. Du kümmerst dich um mich.“

Auch Mutter Clara sorgte sich um ihn, wir drei wohnten zusammen in dem Haus, das Johannes so hingebungsvoll gebaut und später renoviert hatte.

Unser Team bestand auch noch aus meiner Schwester, sie telefonierte vor einigen Tagen, um ein Krankenbett und eine Sauerstoffflasche zu erhalten. Die Sauerstoffflasche benutzte er nicht, doch eine Schmerzpumpe war eingetroffen.

Johannes sah meiner Schwester Isabel in die Augen, fragte: „Wird es jetzt gut, Isabel?“

Isabel war sehr davon überzeugt: „Papa, in den nächsten Tagen wird es gut.“

Die Krankenschwester die die Pumpe angeschlossen hatte, bestellte sodann ein weiteres Schmerzmittel, sodass Isabel guter Dinge war, Papa Johannes die Beinschmerzen zu lindern.

Doch schon am nächsten Tag sah mich Papa nicht mehr an. Was war geschehen? Warum war er abgedriftet. Ich spürte, dass er nicht mehr in der Gegenwart verweilte, er grübelte, war in Gedanken versunken.

„Papa, denke nicht so viel nach. Sei mit uns.“

„Johannes“, sagte Mutter Clara, als ich sie grob anfuhr, ich war unzufrieden, Mutter sollte mir noch behilflicher sein bei der Pflege. Ich war geladen, sagte: „Was machst du denn da, den ganzen Tag?“

Sie hatte Tränen in den Augen, heulte und sprach: „Johannes. Mit dem willst du mich alleine lassen!“

Ich fühlte mich stark und ließ keine Schwäche sehen. Papa Johannes fühlte sich dabei schlecht. „Ich bin schuld“, sagte er.

Jetzt verstand ich, dass ich schuldig war im Sinne der Anklage, so sagte ich: „Nein, Papa. Du bist nicht schuld. Du kannst nichts dafür.“

Ich setzte mich zu ihm und umklammerte seinen Körper mit meinen Armen. Es war Liebe in mir und für ihn, zum ersten Mal spürte ich Derartiges.

Johannes sagte kein übles Wort über mich, wo er doch guten Grunde dafür hatte, schließlich hatte ich Mutter Clara beleidigt. Er verstand, dass ich es einfach nicht besser wusste.

Ich begriff, da zum ersten Mal, dass mein Leben stets ohne meine Eltern stattgefunden hatte, dass ich es versäumt hatte liebevoll mit ihnen zu leben, dass ich kein Teil ihres Lebens gewesen bin, jetzt aber ergriff ich die Möglichkeit und lebte mit ihnen.

Mutter war entsetzlich traurig, verbarg dies aber mit einem Mut wie es kein anderer aufbringen kann. Sie zeigte, sie war für ihn da, sie kochte, verabreichte ihm Spritzen und cremte ihm die eine oder andere Körperstelle ein.

Viel Medizin und Hilfsmittel, Behandlungen, all das sollte meiner Meinung nach, helfen, doch wo war es, jetzt wo kaum noch Zeit blieb. Seine Wangen, eingefallen und lasch, ich müsste ihm seine Backen wieder aufblasen mit Lebensmitteln, die er nur noch in Happen einnahm.

„Papa, gib jetzt nicht auf, wir schaffen das, wir haben es immer geschafft, warum also nicht auch dieses Mal“, sagte ich.

Er öffnete den Mund und sagte nur ein Wort:

„Ja.“

Das war es, was alles ausdrückte was noch von ihm da war. Oder wollte er weiterkämpfen und sagte deshalb ja, ja zum Leben, ja zur Familie, die ihn und er sie nicht aufgab? Er blieb noch uns zuliebe, auch wenn die Kraft schon verweichlichte, seine Arme lasch und kraftlos, auch der Verstand mit dem einen oder anderen Satz, der nicht zu verstehen war, irre, irrational. Die Medizin tat sein Übriges und verdrehte ihm den Verstand, was ich versuchte zu umgehen, indem ich versuchte seine Sätze zu verstehen, denn es war eine gewisse Logik dann doch darin, die Logik der Sprache mit Gefühlen.

Ich versuchte seine Worte als Gefühle zu erkennen, so, als ob er nur noch spürte.

„Mein Sohn, die Zeit zum Gelingen, es gelingt mir, ich bin groß und stark, gib mir ein Eis, ein Eis will ich.“

„Papa, du willst doch nicht wirklich ein Eis“, sagte ich, denn ich verspürte, dass er es schon im nächsten Moment nicht mehr so meinte. Was sollte man tun, er war nicht mehr der der er war, zumindest teilweise. Ich verspürte auch eine große Liebe in seinem starken Herzen, ein Herz, das niemals aufgab, er kämpfte auch für uns, seine innige Familie, Frau, drei Kinder, Schwiegersohn und Schwiegertochter, zwei Enkelkinder.

Dann kam doch ein realistischer Satz von ihm:

„Weitermachen.“

Die Worte wurden immer weniger, aber sie waren nun auf wichtige Dinge konzentriert.

Ich ließ mir von Mutter berichten, dass er am letzten Tag doch noch eine Zigarette mit ihrer Hilfe rauchte, nun im Bett liegend, aber ohne aufgeben zu wollen, was ich sehr guthieß, nicht nur ich, auch Mutter, Bruder, Schwester.

Die Dinge liefen bei mir aus Pflichtbewusstsein und Liebe, auch wenn meine Liebe in all den vergangenen Jahren nur sehr gering einzuschätzen war. Ich hatte Johannes nur mangelhaft geschätzt, hatte nicht gesehen wie schön er innerlich und äußerlich war. Doch das Pflichtbewusstsein hatte mich gepackt und es gab mir auch eine Zufriedenheit, die mich in diesen Wochen getragen hatte.

Die Gefahr war da, aber ich sah sie nicht, war erfüllt von Ehrgeiz und Antriebskraft, nahm eine Brause ein, die leistungssteigernd sein sollte, und es auch war, Gott sei Dank, ich war gewappnet gegen meinen schwachen Körper, der ab und zu dann doch in Schlaf verfiel, wenn ich nachts neben dem Krankenbett meines Vaters Wache hielt.

Die Nacht war lang, einmal nickte ich ein, Vater saß auf dem Bett, dorthin hatte ich ihn zuvor bugsiert, und obwohl er normalerweise nicht lange sitzen konnte, war er hier gesessen, mucksmäuschenstill, er wollte mich nicht aufwecken, und im Nachhinein tat es mir unendlich leid, ihn da im Stich gelassen zu haben.

Noch vor einer Woche lief er, und Mutter und ich schliefen in unseren Betten, da konnte er noch alleine gelassen werden in der Nacht, aber jetzt war alles wieder schlimm, grausam, furchterregend, abscheulich, was für ein schlechter Witz, könnte man sich denken. Ich weiß, es ist schlicht Gang und Gäbe, dass Menschen von uns gehen, aber Papa nicht, nein, er nicht, der er doch mit starken Schultern und muskulösen Oberarmen daherkam. Jetzt aber, nur noch ein Schatten seiner selbst.

Der Pfleger kam und sprach einige Worte, die er sich ins Gesicht schmieren konnte, er sagte den Tod voraus, dem widersprach ich wutentbrannt, sagte: „nein, es geht weiter“, er aber war der Meinung, dass wir es realistisch sehen müssten. Ich konterte erneut: „Ich sehe es realistisch.“

Was für ein Irrsinn, die Krankenschwester hielt sich damit zurück solche Prophezeiungen zu treffen, der Pfleger ist ein Scheusal, dachte ich und blieb stur, auch ohne weitere Worte von mir zu geben und ohne weiteren Groll zu hegen.

Ich glaubte fest, Papa würde es noch schaffen, die Medikamente sollten doch meiner Meinung nach Gesundheit schenken und nicht den Tod, mein Gott, was ist das nur, was ist die Wahrheit? Helfen diese Medikamente oder lassen sie ihn nur in Frieden sterben?

Nein, ich hatte keinen Gedanken an den Tod, aber dass die Medikamente nicht tun was sie tun sollten, das hatte ich schon in meinem Kopf hin- und hergeworfen. Die Zeit wurde knapp, nicht für mich, aber für Papa. Nicht für Mutter, Bruder oder Schwester, aber für den lieben Papa, Ehemann und Großvater, der er nun mal war, ein liebreicher Mensch, jetzt im Angesicht dieser Tatsache wurde er immer schöner in meinen Augen, mein Gefühl verriet mir, er war ein schöner Engel, ein Engel von einem Menschen.

Mutter legte ihm ein nasses Handtuch auf die Stirn, weil er erhöhte Temperatur hatte, kein Fieber, wie die Dame beim ambulanten Dienst es am Telefon feststellte. Die Handtücher auf der Stirn taten Gutes, Mutter wechselte sie ab und zu. Dann kam erneut die Sache mit dem Schlucken, was für ein Mist das doch war, dass Vater nicht richtig schlucken konnte. Ich regte mich so auf, innerlich, zeigte es äußerlich nicht, sondern blieb im Tun bedächtig, vorsichtig und zuversichtlich.

Ich mischte ihm ein Pulver in den Brei und in die Getränke, doch dieses Pulver schmeckte ihm schnell nicht mehr, obwohl es doch das Schlucken ein wenig leichter zu machen vermochte. Ich war schon ein Fuchs, Jesus, ein treuer Anhänger Gottes auf der Erde, und so betete ich in der Nacht zu Gott, für Vater, wünschte ihm weitere schöne Jahre. Es war einfach zu beten, doch dann sprach ich das Gebet auch vor Johannes, nicht zu laut, doch so dass er es verstehen konnte, auch wenn ich dachte er wäre abgeneigt, es war gesprochen und ich meinte es auch so, denn meine Worte waren:

„Mein großer Gott Heiliger Geist, im Himmel und auf Erden und überall, wo du bist. Hilf meinem Papa bei dieser Krankheit, schenke ihm mit deiner Gnade eine schöne Zeit mit Enkeln, Kindern, und Ehefrau. Danke, Gott.“

Ich hatte gehofft, Gott verstünde was ich meinte, er möge meine Worte doch nicht missverstehen, missdeuten, denn ich war der Meinung, Johannes möge eine schöne Zeit hier auf Erden, als Mensch, bekommen. Um einem Irrtum zu entgehen sprach ich oftmals dazu, dass Vater doch weiter hier auf Erden, als Mensch weiterleben solle, doch irgendwie war dieser Vers bei dem heutigen Gebet an dieser Stelle ausgeblieben.

Die Kräfte schwanden, nicht bei mir oder Mutter, sondern bei unserem lieben Johannes, dem Wunderbaren, dem Unerschrockenen, dem guten Menschen, was war das nur für eine blöde Idee von Gott, ihn so leiden zu lassen, ihm solche Schmerzen zu bereiten, obgleich ich nicht dachte, dass es Gott war, der ihm so zusetzte, aber Gott ließ es zu, und das schon seit Wochen.