Kaisers Tochter - Brigitte Mou - E-Book

Kaisers Tochter E-Book

Brigitte Mou

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Beschreibung

Biografie der Mutter der Autorin, die in Danzig geboren wurde und sowohl beide Weltkriege, Flucht und Vertreibung und den kompletten Neuanfang erlebt hat. Es ist ein Spiegelbild der deutschen Geschichte bis hin zum Mauerbau und der Aussiedlung aus der DDR. Es ist aber gleichzeitig auch die Biografie der Autorin selbst bis hin zur Pflege ihrer Mutter.

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Seitenzahl: 101

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Zu diesem Buch:

Viele Geschichten gehen verloren weil einfach nur versäumt wird, diese weiterzuerzählen und dann auch festzuhalten. Die Hauptperson in diesem Buch – Elisabeth Haffke – wurde 103 Jahre alt und erzählte bis ins hohe Alter mit wachem Geist ihre persönlichen Erlebnisse. Und für ihre Mutter Melanie Kaiser, im Jahr 1879 noch zu Lebzeiten Kaiser Wilhelm I. geboren, galt das Gleiche: Sie wurde 101 Jahre alt.

So ergab sich ein Fundus von persönlichen Erlebnissen von den Zeitzeugen selbst erzählt, die auch gleichzeitig einen Spiegel der deutschen Geschichte darstellen. Das Leben in Danzig über die Zeit von zwei Weltkriegen, Flucht und Vertreibung mit schrecklichen Ereignissen wie dem Untergang der „Wilhelm Gustloff“, die Trennung durch den Mauerbau. All dies bestimmte das Leben dieser starken Frau.

Damit solch ein für unsere Familie persönlich wertvoller Schatz nicht verlorengeht, entstand dieses kleine Buch.

Das Titelbild:

Meine Mutter liebte Löwenzahn über alles. Es war ihr Rezept für ein hohes Alter. Aus den Blüten des frischen Löwenzahns im Garten bereitete sie einen Teeaufguss, die Stengel waren eine rohe Vorspeise und die Blätter habe ich in den Salat geschnitten.

Wenn der Löwenzahn aber geblüht hat ist es damit vorbei. Die Blätter werden alt und der Samen verfliegt mit dem Wind in alle Richtungen…

Gewidmet Christiane und Gerald

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Chronologie

Die Familiären Zusammenhänge

Danzig und Umgebung

Die Zeit UM CA. 1879 - 1905

Die Zeit Von 1906 BIS 1922

Die Zeit Von 1922 BIS 1933

Die Zeit Von 1933 BIS 1944

Das Traurige Jahr 1945

Vertreibung 1945

Die Zeit Von 1946 BIS 1961

Die Zeit Von 1962 BIS 1967

Die Zeit Von 1967 BIS 2002

Die Zeit Von 2002 BIS 2009

Das Jahr 2010

Nachwort

Familienrezepte

Gedichte und Gebete

Anmerkungen

VORWORT

Nach vielen Versuchen und Aufgaben, das Leben meiner Mutter niederzuschreiben, habe ich mich nun doch entschlossen, etwas aufzuschreiben. Auf Drängen von Christiane und Gerald, die ein ernsthaftes Interesse an Muttis Vergangenheit haben, wage ich diesen Schritt, denn es ist ja auch mein Leben.

Es ist für mich deshalb nicht leicht, weil es zwar viele glückliche Erlebnisse gab, aber auch viele sehr traurige, die ich verdrängt habe, um zufrieden leben zu können. Die Erinnerungen, die ich nun hervorholen muss, regen mich sehr auf! (Mein Lieblings-Cognac „Chantre“ ist aber ausreichend vorhanden)

Lohnt sich diese Aufregung? Als eine der letzten lebenden Zeitzeugen (die Zweite ist meine Schwester Irmtraut) sind Gerald und Christiane doch sehr interessiert an der Geschichte meiner Mutter und damit auch meiner eigenen. Ob es die nächste Generation auch noch ist, ist mir nicht bekannt, würde mich aber freuen.

Also – beginne!

CHRONOLOGIE

18.06.1907

Geburt Elisabeth Kaiser

1914

Schulbeginn (1 Jahr später als normal)

1914 -1918

1. Weltkrieg

1918 -1922

Marienschule in Danzig (Internat für Mädchen)

1922

Hausdame und Kindermädchen bei Dr. Hevelke

16.02.1933

Heirat Fritz Haffke

28.12.1934

Geburt 1. Tochter Brigitte

23.06.1937

Geburt 2. Tochter Irmtraut

1938

Heirat der Schwester Hildegard („Tante Hildchen“)

1938

Tod des Schwiegervaters „Opa Haffke“

01.09.1939

Beginn 2. Weltkrieg

1940

Umzug zum Brunshöferweg in Langfuhr, Eröffnung des neuen Delikatessengeschäftes

30.01.1945

Untergang der „Wilhelm Gustloff“ bei Gotenhafen Freitod der Schwester Hildegard und ihrer beiden Kinder Ingelore und Sigrid

März 1945

Evakuierung durch die Deutschen von Langfuhr nach Zoppot

August 1945

Vertreibung durch die Polen aus Danzig- Langfuhr 2 Wochen Flüchtlingstreck

Sept. 1945

Ankunft in Berlin-Karow bei Onkel Theo und Tante Marie

18.10.1945

Tod des Ehemannes Fritz Haffke

Nov. 1945

Umzug in ein Zimmer in Berlin-Karow

1946

Umzug in eine Wohnung bei einem Bauern in Berlin-Buch, dann Umzug in die Wohnung Berlin-Pankow, Damerowstr.

1947

Aussiedlung der Eltern „Oma und Opa Kaiser“ mit deren Enkelkind Marlies von Ohra nach Gera

08.07.1947

Tod des Vaters „Opa Kaiser“

1949

Umzug der Mutter Melanie Kaiser von Gera nach Berlin-Pankow zur Tochter Elisabeth

Jan. 1954

Ausreise Tochter Brigitte aus der DDR nach Brühl bei Köln, Übernahme der Wohnung von ihrer Freundin Marlies, die in die USA auswandert

1958

Rückkehr Tochter Brigitte nach West-Berlin

1960

Heirat Tochter Irmtraut mit Klaus Demme (wohnen in West-Berlin)

09.03.1961

Geburt 1. Enkelkind Christiane (Tochter von Irmtraut und Klaus)

13.08.1961

Bau der Mauer

Okt. 1961

Tod von Tante Grete (Mutter von Klaus)

21.05.1963

Geburt 2. Enkelkind Matthias (Sohn von Irmtraut und Klaus)

09.09.1964

Heirat Tochter Brigitte mit Hans-Dieter Mou

Sept. 1964

Umzug Tochter Brigitte von Berlin nach Kiel

Jan. 1966

Tod Paula Mou (Schwiegermutter von Brigitte)

Juni 1967

Umsiedelung Elisabeth Haffke gemeinsam mit ihrer Mutter von Berlin-Pankow (DDR) nach Kiel-Suchsdorf, Rungholtplatz

1970

Umzug Tochter Brigitte und Dieter nach Kiel-Mettenhof

1974

Tod Max Mou (Schwiegervater von Brigitte)

1978

Bauplanung Haus „Alte Chaussee“

19.06.1979

Melanie Kaiser 100. Geburtstag

19.10.1980

Tod Melanie Kaiser

März 1981

Einzug im eigenen Haus Kiel-Suchsdorf, Alte Chaussee 30

1987

Hochzeit Enkel Matthias mit Petra Steudler

05.09.1989

Tod des Schwiegersohnes Dieter Mou

09.09.1989

Hochzeit Enkelin Christiane mit Gerald Immens

Dez. 1992

Ende Berufstätigkeit Tochter Brigitte

09.09.1994

Geburt des 1. Urenkels Marian

10.10.1996

Tod des Schwiegersohnes Klaus Demme

18.06.2007

Elisabeth Haffke´s 100. Geburtstag

07.12.2010

Todestag Elisabeth Haffke

DIE FAMILIÄREN ZUSAMMENHÄNGE

Eltern der Elisabeth Haffke:

Mutter:

Melanie Kaiser (Geb. Lewandowski)

(* 19.6.1879, + 19.10.1980)

Vater:

Friedrich Kaiser

(* 20.02.1880, + 08.07.1947)

Geschwister der Elisabeth Haffke:

1. Kind:

Mariechen Ortmann geb. Kaiser

(* 1906, + 1946)

Verheiratet mit Erich Ortmann

Kinder: Hubert (* 1930, +?)

Ursula (* 17.03.1932)

Marlies (* 13.12.1937)

2. Kind:

Elisabeth (* 18.06.1907, + 07.12.2010)

3. Kind:

Paul (* 1908, + 2002)

Verheiratet mit Hildegard (*1910, + 1994)

Kind: Karin (* 12.07.1947)

4. Kind:

Hildegard („Hildchen“)

(* 1915, + 1945)

Verheiratet mit Gerd

Kinder: Ingelore (* 1940, + 1945)

Sigried (* 1942, + 1945)

5. Kind:

Herbert (* 1922, + 1944)

Verheiratet in Österreich

Die Hauptperson

Elisabeth Haffke geb. Kaiser

(* 18.6.1907 in Nobel Kreis Danzig,

+ 07.12.2010 in Kiel)

16.02.1933 Hochzeit mit Fritz Haffke

(* 20.04.1906 in Danzig, + 18.10.1945 in Berlin-Buch)

Kinder:

1. Kind:

Brigitte Mou geb. Haffke

(* 28.12.1934 in Danzig-Langfuhr)

09.09.1964 Hochzeit mit Hans-Dieter Mou

(* 21.04.1934 in Kiel, + 04.09.1989 in Kiel)

2. Kind:

Irmtraut Demme geb. Haffke

(* 23.06.1937 in Danzig-Langfuhr)

1960 Hochzeit mit Klaus Demme

(* 03.11.1935 in Berlin, + 11.10.1996 in Berlin)

Enkelkinder:

1.

Christiane Immens geb. Demme

(* 09.03.1961 in Berlin)

09.09.1989 Hochzeit mit Gerald Immens

(* 17.05.1959 in Essen)

2.

Matthias Demme

(* 21.05.1963 in Berlin)

09.09.1987 Hochzeit mit Petra Steudler

(* 25.09.1965 in Berlin)

Urenkel:

Marian Demme (* 09.03.1994 in Berlin)

DANZIG UND UMGEBUNG

DIE ZEIT UM CA. 1879 - 1905

Beginnen wir mit den Eltern meiner Mutter, also meinen Großeltern. Meine Oma Melanie Lewandowski war das 16. Kind (!) ihrer Eltern, doch bei der Geburt des 17. Kindes starb ihre Mutter. Der Vater war Rektor und Organist in „Guteherberge“ südlich von Danzig-Ohra. Er heiratete kurze Zeit nach dem Tod seiner ersten Frau noch einmal und es kam eine Stiefmutter ins Haus, so wie sie im Buche steht. Sie war Polin, von ihr lernte Oma perfekt polnisch.

Die Hälfte der Kinder der verstorbenen Mutter war bereits aus dem Haus, die andere Hälfte wurde sehr schlecht behandelt. Sie mussten ihre Schularbeiten im Stehen machen, bekamen nicht genug zu essen. Sie holten sich manchmal die Essenreste aus dem Schweinetrog. Die Schule war gleich nebenan. In den Schulpausen mussten sie nach Hause kommen und arbeiten. Die Stiefmutter bekam noch vier Kinder, von denen drei sehr früh verstarben. Nur ihre Tochter Hedwig überlebte und wurde im Gegensatz zu den Stiefkindern sehr verwöhnt1.

Meine Oma liebte ihren Vater über alles. Auf meine Frage, warum sie sich nicht bei ihm über die Benachteiligungen beschwert hat, kam die Antwort: „Das war damals nicht üblich.“

Oma lernte den Beruf der Käserei. Ihr Vater wünschte sich, dass sie einen der Lehrer an seiner Schule heiraten sollte. Aber sie wollte gerne in ein Kloster. Das wäre auch für sie persönlich die ideale Lösung gewesen. Das ausgewählte Kloster aber nahm sie nicht auf, denn sie konnte die gewünschte Mitgift nicht aufbringen.

Also heiratete sie für die damalige Zeit erst sehr spät Friedrich Kaiser, unseren Opa, Muttis Vater. Auf die richtige Aussprache ihres Vornamens mit Betonung auf der zweiten Silbe, also ein langes „a“ und dem abgesetzten „e“, legte unsere Oma großen Wert. Die Betonung auf der ersten Silbe ist ja eigentlich üblich.

Mein Opa war gelernter Kaufmann. Das Ehepaar überlegte sich drei mögliche Alternativen für die berufliche gemeinsame Zukunft: entweder ein Einzelhandelsgeschäft, eine Kneipe oder eine Landwirtschaft. Beide entschieden sich für die Landwirtschaft und kauften sich in Nobel in der Danziger Niederung einen Bauernhof. Angebaut wurde Korn, aber auch viel Gemüse, Obst und Blumen. Es gab ein Pferd, Schweine, Kühe, Hühner, Gänse, eine Kutsche und einen Hofhund an der Kette. Der große Verdienst war im Herbst zu Martini, wenn die Gänse alle geschlachtet wurden. Im Frühjahr wurden die jungen Gänse gekauft, das ganze Jahr liefen sie frei herum und wurden vor der Schlachtung kräftig gefüttert. Sie sollten groß und schwer sein. Das ganze Personal musste nach der Schlachtung Federn zupfen.

Der Absatz erfolgte zuerst in Danzig auf dem Wochenmarkt, zu dem sie mit Pferd und Wagen fuhren. Später verkauften sie ihre Produkte über Handelsgesellschaften, die die Ware auf dem Hof abholten.

Es war viel Arbeit auf dem Hof, aber alles lief gut. Geld war genug vorhanden. Oma konnte zweimal im Jahr zum Einkaufen (shoppen) nach Danzig fahren. Es wurde, außer Weihnachtsgeschenken, vorwiegend Stoffe gekauft. Dazu kam dann eine Schneiderin ins Haus, die wochenlang für Oma und die Kinder Kleidung nähte.

Omas erste Handlung wenn sie in Danzig ankam war es, sich in das schönste Café zu setzen, Kaffee zu trinken und Baiser mit Schlagsahne zu essen („Theo, wir fahr’n nach Lodz“ ist das gleiche). Die Kinder hatten viel Respekt vor ihren Eltern. Meine Mutter liebte ihren Vater sehr. Oma hatte einen großen Haushalt zu führen mit Mägden für Haus und Küche sowie Knechten für die Landwirtschaft. Alle wohnten auf dem Hof und mussten versorgt und beköstigt werden.

Sonntags gingen die Eltern mit den Kindern zu Fuß zur Kirche. Es war ein Weg von einer Stunde hin und einer Stunde zurück. Aber die Kutsche wurde nicht benutzt, denn die Arbeitspferde sollten für die Woche geschont werden. Wenn mal ganz schlechtes Wetter war oder viel Schnee lag, blieben Oma und die Kinder zu Hause. Opa ging dann alleine. Mittagessen gab es erst, wenn er zurückkam. Aber dann die Zeit mit Spielen zu vertreiben, kam nicht in Frage. Oma saß die ganze Zeit zusammen mit der Schar ihrer Kinder und betete mit ihnen.

Bei Gewitter wurden alle Kinder angezogen und saßen auf der Treppe. Die Angst vor Gewittern hat meine Mutter nie verloren. Und nun kommt ein kleines Familiengeheimnis: Nach dem Gewitter erhielt jedes Kind ein „Zuckerei“ – ein frisches Ei verrührt mit Zucker. Diese Sitte brachte Mutti mit in unsere Kindheit. Viele Jahre später bekamen wir nach einem Fliegeralarm oder anderen Katastrophen immer auch ein „Zuckerei“.

Nach der Ernte im Herbst erhielten die Knechte und Mägde ihren Jahreslohn und konnten entscheiden, ob sie bleiben oder gehen wollen. Die meisten aber blieben. Es gab ein Fest mit Kartoffeln im Feuer.

Der Tod einer Magd war immer tragisch. Man legte sie dann zunächst in die Scheune. Und manchmal kam sie nach zwei Tagen mit dem Kopfkissen unter dem Arm wieder raus. Das Thema „Scheintod“ hat unsere Oma im Dorf öfter erlebt. Die Anordnung, einen Totenschein vom Arzt ausstellen zu lassen, kam erst Jahre später.