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Die Kriegstagebücher sind tatsächliche Aufzeichnungen von Gottfried Lederhaas der während seiner Fronteinsätze im 1. Weltkrieg seine Erlebnisse und Gedanken aufzeichnete. Vermutlich hat er sie nach dem Krieg in Reinschrift als Aufarbeitung seiner schrecklichen Erlebnisse niedergeschrieben. Dabei schreibt er von den schlimmsten Erlebnissen und Leiden in Russland und Italien, von Feindkontakten, von bizarren Ereignissen von Intrigen aber auch von der Liebe zu seinem "Millerl". Fast 100 Jahre später wurden die Bücher von der Kurrentschrift übersetzt.
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Seitenzahl: 294
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Nicht hassen, aber schlagen,
Den Feind, der uns bedroht,
Nicht prahlen, doch nicht zagen,
Treu bis zum schweren Tod.
7. Februar 1918
Der Krieg beginnt
Meine Feuertaufe
Kriegsjahr 1915
Kriegserklärung – Italiens
Kriegsjahr 1916
Beginn der Offensive gegen Italien
Heimaturlaub
Kriegsjahr 1917
Kriegsjahr 1918
Ich gehöre zu jener glücklichen Generation, die seit dem 2. Weltkrieg bis zum heutigen Tag, ein so friedvolles Europa erleben darf, wie keine Generation zuvor. Ich bin der Sohn eines Vaters, der den 2. Weltkrieg und der Enkel eines Großvaters der den 1. Weltkrieg in vollem Ausmaß aktiv erleben musste. Das Kriegstrauma meines Vaters habe ich in seinen immer wiederkehrenden Erzählungen kaum mehr emotionell empfunden. Das Erzählte klang für mich abenteuerlich, die gelebte Kameradschaft ein Bündnis das in der heutigen Zeit nicht mehr diesen Stellenwert finden kann.
Die furchtbaren Ausmaße dieses so grausamen Krieges aber wurden mir mit zunehmenden Alter erst begreiflich. So entstanden aus dem Erzählten oft heftige Diskussionen, ja manches mal auch Streit, über Wissen oder Unwissen. Erst nach dem Tod meines geliebten Vaters, habe ich die Tagebücher meines Großvaters Gottfried Lederhaas erhalten. Anfangs wollte ich daraus gar nichts wissen, da mich all diese Kriegsgeschichten auch sehr belasteten.
Des öfteren zog es mich zum Fliegenfischen an den Isonzo, ein wunderschöner Fluss des heutigen Slowenien. In der Ortschaft Kobarid sah ich mir ein Museum des 1. Weltkrieges genauer an. Ich wusste von einer Auszeichnung, die mein Großvater anlässlich einer Schlacht am Isonzo gegen Italien erhalten hatte. Einige Reisen rund um Rovereto und an den Gardasee, die vielen Zeitzeugen der Stellungen, die in schwindelnder Höhe in den Fels geschlagen wurden, lösten in mir dann doch das Verlangen, die Kriegstagebücher meines Großvaters, den ich leider nicht mehr erleben durfte zu studieren.
Nun sehe ich es als Auftrag meines Großvaters, diese Tagebücher auch allen Geschichtsinteressierten in Form eines Buches zu fassen.
Diese Tagebücher sind in Wort und Schrift, genauso wiedergegeben. Als einzige Veränderung, wurde die damals angewandte Kurrentschrift in unsere heutige Schreibweise übersetzt. Ich möchte mich für diese mühsame Arbeit bei Herrn OAR. Johann Madl sen. und seinem Sohn Hannes sehr herzlich dafür bedanken. Mein besonderer Dank gilt meinem Schwiegersohn Mag. Stephan Fuchs, für die Gestaltung und Erstellung dieses Werkes.
Kurt Grogger, geb. 1956
Scan vom originalen Kriegstagebuch
Am 28. November 1912 rückte ich als Berufsfreiwilliger zum k. u. k. Inf. Regiment Nr. 27 nach Laibach ein. Nach kurzer Ausbildung im Kompaniedienst gibt mich mein Komp. Komdt. Hptm Erich Muse in den 8 wöchentlichen Manipulantenkurs, nach Absolvierung des Kurses bleibe ich in der Komp. Kanzlei. Nach Beförderung zum Gefreiten und später zum Korporal komme ich mit Kps. Kmdos. Gesuch zur 12. Feldkompanie nach Graz, melde mich bei vorhergenannter Komp. als Frontunteroffz.
Nicht lange dauert die herrliche Friedenszeit in der Grazer-Garnison. Am 28. Juni 1914 wird durch ruchlose Mörderhand das Thronfolgerpaar in Sarajevo ermordet. Düstere Wolken zogen sich über die Monarchie. Überall die Rufe – Rache! Krieg!
26. Juli 1914
Der unglücklichste Tag der Geschichte Österreich-Ungarn, der Tag wo sich die Pforten allen Unglücks und Jammers öffneten.
Von 25. auf 26. Juli 1914 halte ich Thorordnungsdienst in der Dreihackenkaserne, noch am 25. um 10 h Nachmittag kommt das erste Telegramm von der Kriegserklärung Serbiens an Österreich -Ungarn. Am 26. 3 h Vormittag laufe ich in die Wohnung meiner Eltern, als Erstes gratuliere ich meiner Mutter zum Namensfest (Anna) gleich darauf sage ich ihr vom Kriegszustand, gar nicht im Einklang kommen die Namenstasgswünsche mit der erschütternden Nachricht vom Kriege.
Noch denselben Tag fassen wir unsere grauen Feldmonturen, geben die Bajonette in die Schleiferei, zuletzt werden noch scharfe Munition und die Reserve Portionen an jeden Mann verteilt. Vor dem Kasernentor stehen Tag und Nacht Gruppen von Neugierigen, Angehörige von Soldaten.
27. Juli 1914, II. Mobtag
Werde ich als Präsentierungs Unteroffz. für die bereits einberufenen Reservisten in den großen Hof der Dominikanerkaserne kommandiert. Tausende von jungen Männern zogen beim Kasernentor heran, geben ihre Militärpässe zur Präs. an den mit Jahrgängen bezeichneten Tischen ab, ich habe vollauf zu tun und kann mir kaum einige Minuten der Ruhe gönnen. Ziel- und planlos irrten die Reservisten herum, bis man sie in ihre betreffenden Unterabtlgn. einteilt. Bis zum 30. 7. dauert die Präsentierung hernach rückte ich wieder zu meiner Komp. ein.
31. Juli 1914
Werden noch die Tornister vorschriftsmäßig gepackt, das Verbandspäckchen in die linke Hosentasche genäht und das Legitimationsblatt mit Kapsel in die rechte Hosentasche befestigt. Mit Ungeduld harren wir schon der Abreise ins Feindesland.
1. August 1914
Tagwache um 5 h vorm. Um 10 Uhr 30 vorm. tritt das III. /27 Feldbaon in voller Marschadjustierung zur Inspizierung vor dem Baonskmdtn. Obstlt. Walland an. Nach einer begeisternden Ansprache treten wir ab.
2. August 1914
Stehe ich im Dienst als Korp. v. Tag um 8 Uhr vorm. findet unter Beteiligung der ganzen Garnison Graz eine Feldmesse statt. Nachm. freier Ausgang ich verbringe meine freie Zeit bei den Eltern zu, ordne meine Habseligkeiten und sonstig. Angelegenheiten vor dem Abgange ins Feld.
3. August 1914
Um 6 h vorm. Antreten im Hofe in Marschadjust. Züge und Schwärme werden eingeteilt, ich werde im 1. Zug als Schwarmkomdt. des II. Schwarmes bestimmt. Hernach werden vier Chargen zu unserem Zugskmdtn. Lt Schuppanzig gerufen und über das Verhalten vor dem Feinde belehrt. Gleich nach der Mittagsmenage werde ich mit 3 Mann zur Verkehrsbank am Bismarckplatz befohlen bekomme den Auftrag etwaige demonstrative Ansammlungen gewalttätige Andränge zur Bank mit der Waffe zu vereiteln. Auf dem Marsche zum Bankgeschäft ereignete sich ein kleiner Zwischenfall, auf der Albrechtsbrücke stehen 2 Männer in bessseren Civil, im Anmarschieren bemerke ich dass uns einer der Männer mit einem kleinen Fotoapparat fotographiert, ich hege sofort Verdacht und vermute in den beiden Männeren Spione. Kurz entschlossen verhafte ich beide Männer, was nicht ohne Menschenauflauf abgeht und bringe sie ins Grazer Rathaus am Hauptplatz. Eingedenk meines anzutretenden Dienstes in der Bank verhör ich sofort den verhafteten Fotographen. Nachdem sich der Mann als Musiklehrer einer hiesigen Musikschule legitimert und er seine Unwissenheit über das Verbot des Fotographierens von Militär in Felduniform nachweist, lasse ich die beiden Männer wieder laufen.
4. August 1914
Von 6 h früh bis 12 h mittag halte ich mit meinen 6 Mann Wache, der Dienst ist sehr angenehm. Den ganzen Tag über kommen Leute, besichtigen unsere feldmäßige Ausrüstung fragen um dies und jenes, fortwährend bringen uns gute Leute Cigretten, Mehlspeisen und Geld welches ich als Wachkommandant unter meinen Leuten aufteile. Die enorme Augusthitze zwingt uns in dienstfreien Stunden, in den kühlen Hofraum zu flüchten. Vom 3. Stockwerk lassen uns Bewohner mit Stricken Flaschenbier und Pakete mit Cigarren und Cigretten herunter, sogar Kopfpölster und gepolsterte Möbel bringt man uns; ich kann den guten Leuten nicht genug danken.
5. August 1914
Habe meinen letzten Dienst bei der Bank, unerträglich die Hitze, wohl sitz ich gemütlich im Bankgewölbe bei einigen Flaschen Bier, vor mir steht eine Schachtel Damen-Cigretten, liehs soeben die Sonderausgabe „Kriegserklärung-England an Deutschland. “
6. August 1914
Um 5 h 30 vorm. Ausrücken auf das Exerzierfeld (Göstinger Au) dort bis 11 h vorm. Übung im Zeltaufschlagen und im Entwickeln zum Angriff. Nachmittag bis 5 h Schule über Kriegsartikel. Abends besuch ich meinen Freund Glatz.
7. August 1914
Im Rgmtsverband Marschübung nach Liebenau, Petersbergen und Waltendorf.
8. August 1914
Vorm. Schule über Palamentäre, Feldwachen etc. nachm. Schießübung am Feliferhof, ich bin Zieler…
9. August 1914
Vorm. am Lazarettfelde feierlicher Fahneneid des ganzen Rgmts.
10. August 1914
Bin ich im Dienst als Kpl. vom Tag.
11. August 1914
Treffen die letzten Vorkehrungen für die Abreise ins Feld. Das I. /27. Feldbaon zog bereits in der früh unter klingenden Spiel und unter Jubel der Bevölkerung zum Bahnhof, nachm. folgten der Stab und das IV. /27. Feldbaon.
12. August 1914
Mein Baon hat bereits den Abmarschbefehl erhalten, in aller früh beginnen wir schon zu packen, die Gewehre und den Tornister mit Blumen dekorieren. Die Stunde des Abschieds aus der Heimat rückt immer näher, um 6 h nachm. sammeln sich die Kompanien des III. /27. Feldbaons im Hofe, dichtgedrängt stehen Civilleute, Frauen und Kinder im Kasernhofe, auch meine Mutter mit Schwester Greti stehen an meiner Seite. Um 8 h abends erschallt das Signal „habt acht“ unser Baon Komm. Obstlt Wallana hält uns vor dem Abmarsche eine Ansprache mit den Schlußworten „Wir wollen nicht erobern, wir wollen uns nur verdeitigen.“ Dann wird zum Gebet geblasen und mit Hurra! geht’s unter klingendem Spiel zum Kasernentor hinaus, wohl halt mich meine Mutter fest an der Hand und weint - leider es muss geschieden sein. Bis zum Bahnhof begleitet mich mein Bruder Hans. Um 11 h 30 nachts dampfen wir unter Hurrarufen aus der Bahnhofshalle Graz – hinaus ins blutige Feld.
13. August 1914
Bei Tagesanbruch gelangen wir in die ungarische Tiefebene, auf jeden Bahnhof empfing uns die Bevölkerung mit Elysenrufen, bekommen Cigaretten, Brot und Getränk.
14. August 1914
Um 3h 30 vorm. fahren wir langsam in die Bahnhofhalle von Budapest ein. Leider kann man infolge des dichten Nebels nichts sehen von der Stadt Budapest. Um 4 h früh passieren wir die große Donaubrücke und fort geht es hinein ins tiefe Ungarland, unübersehbar Tabak, Zuckerrüben und Getreidefelder lagen beiderseits der Strecke, in den Waggons mit 30 Mann war eine unausstehliche Hitze auf jeder Station bitten wir die Leute um Wasser einige meiner Kameraden platzieren sich auf dem Dache des Waggons, ich setze mich an die Waggonrampe und lasse meine Füße hinunterhängen nicht achtend welche böse Folgen dies bringen könnte. Um 8 Uhr abends erreichen wir Debrecen. Der ganze Bahnhof ist mit Neugierigen und Labepersonal überfüllt wir haben eine Stunde Rast, dies nützen unsere sangeslustigen Steirer aus und gaben einige Heimatlieder zum Besten, wir werden reichlich bewirtet – leider kann ich nicht so lustig sein wie meine Kameraden. Durch die lange Fahrt und das ständige sitzen an der Waggonrampe sind meine Füße so dick angeschwollen, das ich bei jeden Schritt schreien möchte. Zum Glück entdecke ich am Bahnhof einen Eiswaggon und mache mir Eisumschläge, um 9 h nachts geht die Fahrt weiter gegen Galizien.
15. August 1914
Bei herrlichen Wetter seh ich schon die grünen Föhren der Karpathen, pustend und schnaubend arbeiten unsere Lokomotiven die schwere Zugsgarnitur über die Höhe hinauf. Passieren 4 Tunelle dann geht’s bergab sind bereits auf galizischen Boden. Herrlich angenehm wirkt auf unseren matten Körper die gute Waldluft. Von allen Seiten strömten die Leute herbei und begrüßten uns in ihrer landesüblichen Sprache. Zum 4ten und zum letztenmal sinkt die Nacht während unserer Eisenbahnfahrt nieder, den soeben erhalten wir Befehl alles zum auswaggonieren bereit halten. Der Zug hält wir sind in Syjdacof und werden dort auswaggoniert.
Nach 2 Stunden steht das Baon geordnet zum Abmarsch bereit vor dem Bahnhof. Meine Füße sind noch dick geschwollen, doch was nützt alles jammern, ich kann nicht zurückbleiben, bald darauf setzt sich die ganze Collonne in Bewegung auf grundlosen schlechten Straßen marschieren wir bis zum Stryfluß sollten eine Brücke übersetzen, doch ist die Brücke so baufällig, das wir im Umwege eine andere Bücke übersetzen mussten; nach 6 Stunden mühsamen Marsch gelangten wir in das uns zugewiesene Dorf Wolciniov. Wie glücklich sind wir, endlich mal auf Retablierung zu kommen.
16. August 1914
Bekomme den Dienst als Korpl. vom Tag nachm. geben alle Kompanien leere Cementsäcke an die Mannschaft aus, die uns später als Kopfschutz dienen sollen.
17. August 1914
Göttlich schlief ich in einer Streuhütte die mir als Schlafstätte dient, nachm. gehe ich mit einigen Kameraden zum nahen Stry baden herrlich wohl tut uns das frische Bad, leider forderte dieses heimtückische Fluß mit seinen vielen Wirbeln das erste Opfer unseres Regiments. Inftrst. Steiner der 11. Feldkompanie kommt auf eine reißende Stelle des Flusses und verschwindet lautlos in die Tiefe, erst nach langen Suchen konnte man den Leichnam aus der Tiefe holen.
18. August 1914
Geburtstag Sr. Majestät K. F. Josef: Außerhalb des Dorfes versammeln sich die Feldbaone mit einer Eskadron der Dragoner, vor dem errichteten Feldaltar Feldkurat Almer hält den Festgottesdienst.
Scan vom originalen Kriegstagebuch
19. August 1914
Ausrücken auf eine nahegelegene Wiese dort Übung im Aufmarsche bei feindlichen Artill. feuer und im Benehmen bei Verwundungen.
20. August 1914
Sanitätsdienstübung unter Inspizierung unseres Divisionärs Kralicek. Nachm. kommt plötzlich Abmarschbefehl, marschieren um 5 h nachm. von Wolciniov ab. Nach 10 km langen Marsch gelangen wir in die Judenstadt Sydaco bekomme dort im Schulgebäude als Quartier zugewiesen. Trotzdem ich sehr müde bin, gehe ich mit einigen Kameraden in die Stadt hinein und kaufen uns weißes Brot, Sardinen, Chocolade etc. Leider muss ich konstatieren, dass mein Portmanei von Schwindsucht befallen wird.
21. August 1914
Nach einen erquickenden Schlaf wird rasch angekleidet, Kaffee getrunken, nachher muss ich erst zum 15 I. weit entfernten Fluß gehen und dort meine Toilette erledigen. Ein interessanter Anblick am Fluß, dessen Wasser für alle Zwecke verwendet wird, zum kochen, waschen, baden etc. nur muss man sich im Krieg allen Ekel abgewöhnen.
Vorm. besuche ich mit Kameraden einen Judentempel wo soeben Gottesdienst ist, muss mich nur zurückhalten um nicht in ein schallendes Gelächter auszubrechen über die komische Zeremonie der Juden. – Soeben kommt Telegramm, die Russen sind bei Brody eingedrungen, auf galizisch. Boden wird bereits gekämpft. In aller Eile nehmen wir unsere Menage ein, bald darauf kommt der Abmarschbefehl, endlos ist die ganze marschierende Collone des III. Korps unerbittlich heiß brannten die Sonnenstrahlen auf uns nieder, eine endlose Ebene vor uns –
Riesenstaubwolken wirbelten auf. Der Aufmarsch beginnt.
Um 1 h 30 nachm. können wir die prophezeihte Sonnenfinsternis beobachten. Nach einem Marsch von 5 Std. halten wir auf einem Feld eine 2 stündige Rast. Im Schweiße gebadet, fielen wir wie tot in die Ackerfurchen hin. Nach Ablauf der 2 Stunden heißt es wieder umhängen, nochmal so schwer kommt mir jetzt meine Rüstung und das Gewehr mit der vielen Munition vor. In der furchtbarsten Hitze schleppen wir uns fort über endlose Felder, Sümpfe, passieren einzelne Gehöfte, große Windmühlen, endlich um 12 h nachts gelangen wir in ein galic. Dorf wo wir in Scheunen und Stallungen übernachten.
22. August 1914
Um 4 h früh werden wir aus dem bestenSchlafe geweckt „Alarm“ wohl stand die Fahrküche mit den dampfenden Kaffeekesseln bereit, doch darf sich niemand wagen, seine Eßschale herunterzuschnallen, den Eile tut not! Der Feind ist ins Land gedrungen, bald sollten wir ins Gefecht kommen. Unerträglich ist die Hitze, nach beiden Seiten fallen die Leute infolge Ermattung hin. Wohl werden wir von an der Straße wohnenden Bauern mit Essiggurken, saurer Milch und Brot gelabt.
Gott sei Dank, endlich sinkt der glühende Sonnenball nieder, wir erreichen Hügelland herrliche Birkenhaine. Die Abendluft ist göttlich schon längst haben wir die Straße verlassen, marschieren lustig plaudernd durch den Birkenwald, auf der Höhe bleib ich auf Befehl meines Komp. Kmdtn. Hptm. Megiska, mit 5 Mann als Wegweiserpatrouille für die Fahrküchen zurück. Nach Durchführung des Befehles rückte ich mit meiner Patrouille zum Baon ein, welches in einen Wäldchen lagerte; nach den Abmenagieren komme ich in den Dienst als Korpl. vom Tag und gleich wird zum Weitermarsche aufgebrochen. Endlich nach Zurücklegung von 45 km, gelangen wir um 10 Uhr in ein Dorf, wo sofort Quartier bezogen wird, nur ich im Dienste durfte nicht schlafen, setzte mich hinaus ins Freie und erwarte dort den jungen Tag.
Blutigrot der Horizont im Osten – die Sonne geht auf – mit Sonnenaufgang erschallt das Signal „Tagwache“. Nun bin ich erst froh, dass ich auf und wach bin; nach Verteilung des schwarzen Kaffees heißt es wieder umhängen und abmarschieren.
23. August 1914
Bei sengender Hitze geht es wieder weiter über Berg und Tal, werden in jeden größeren Dorf mit Milch und Wasser gelabt.
Bald sollen wir mit dem Feinde in Fühlung kommen. Von unseren Vortrupp wurden Kosakenpatrouillen gesehen.
Abends kann ich auf Feldwache bleiben, die ganze Nacht unter freien Himmel. Die Nacht verläuft ohne Störung.
24. August 1914
Im gesicherten Marsch geht es weiter durch lange, dichte Wälder, auf miserablen versumpften Wegen bleiern wird der Schritt, man wankt wie betäubt dahin, ohne zu wissen wohin, von Zeit zu Zeit verschwinden unsere Meldereiter hinein in den Urwald. Meine Komp. ist Nachhut sind nun die letzten des Baons. Durch ein surren in den Lüften aufmerksam gemacht, entdecken wir einen russischen Aeroplan der genau in unserer Marschrichtung fliegt. Der erste Feind den wir sehen.
Endlich das Signal „Rast“ vor eine Straßenkreuzung lassen wir uns ins staubige Gras fallen, bald darauf zogen lange Collonen von flüchtigen Bewohner meist Juden, aus der Gegend von Brody die Straße daher. Auf kleinen Wägen haben sie ihre Habseligkeiten die vor Plünderung der Russen noch rechtzeitig gerettet werden konnten, verladen und erzählen uns unter weinen und schreien, von den Greueltaten der Russen.
Mittlerweile reiten aus der Richtung Glyniani ein Zug 15er Dragoner daher, die bereits im Gefecht mit Kosaken waren, viele von den Dragonern hatten ihre Helme und ihr Pferd im Kampf verloren, circ. 30 verwundete Pferde mit entsetzlichen Lanzenstichen oder Schussverletzungen schleppten sich hinter nach. Die armen Tiere hatten furchtbar zu leiden. Nach Erzählen der Dragoner tobt der Kampf 3 Stund. von uns entfernt. Nun in Gottes Namen!
25. August 1914
Nach Nächtigung in einen Dorf, lagern wir außerhalb des Dorfes auf einer großen Wiese, sind jederzeit marschbereit, bald lodern hohe Feuer im Lager dass echte Kriegerleben beginnt, wir braten uns Maiskolben, und lassen mitunter ein Ganserl oder eine Ente von den vielen hundert, welche im Dorfe herumschnatterten – rasch verschwinden und gönnen uns ein feines Bratl.
Wohl ist es so manch guten Kameraden ein letzter guter Bissen. Mein Hptm. kommt und sagt zu uns: „Jetzt meine Burschen gehen wir an die Russen.“ Endlich um 3 Uhr nachm. kommt der endgiltige Abmarschbefehl. Kampfesfreudig und mit Begeisterung marschieren wir bis 10 Uhr abends und nächtigen wieder in ein Dorf.
26. August 1914
Im Gefechtsmarsch verlassen wir frühmorgens das Dorf, passieren um 9 Uhr vorm. die Stadt Glyniany. Gute Leute bringen uns Sodawasser mit Himbeer, Taback und Cigretten, neu gestärkt und frohen Muts verlassen wir die Stadt Glyniany.
10 h vorm. hör ich den ersten Geschützdonner, „ja feindliche Artillerie ist schon in Tätigkeit“ sagt unser Hptm. Schon galoppieren Meldereiter hin und her, Kommandorufe erschallen – die Kompanien gehen in Staffeln – rechts vorwärts! Unsere Komp. bleibt Baons. -Reserver; plötzlich geht eine Mordsschießerei los; - feindl. Inf. Geschoße sausten über unsere Köpfe. ffff-sss-frfr geht es unaufhörlich fort. Die russische Infanterie nimmt uns unter heftigen Feuer! Alles wirft sich zu Boden und deckt sich vor den todbringenden Blei so gut es geht; wir keuchen, graben den Kopf in die Ackerfurchen – halten das Gewehr mit Bajonett auf schußbereit in der Hand! Vor uns liegen haushohe Heu und Strohschober und ein einzeln gelegenes Haus (ein Maierhof) der uns später als Verbandplatz dienen soll. Weiter hinten liegt der Bahndamm des Strecke Wien-Lemberg. Fortwährend prasselt das fürchterliche Gewehrfeuer des Feindes über unseren Köpfen hinweg, - zischend fahren Inf. Geschoße vor unseren Köpfen in die Erde. Kein Wort wird gesprochen – Alles blickt starr in die Richtung des Feindes – endlich erschallt der Befehl „vorwärts!“ mit einen Ruck steht die ganze Linie und wie rasend stürmen wir gegen den Bahndamm. Schon hat uns die feindl. Artillerie entdeckt und beschoss uns mit Granaten und Schrapnell! Der grausame Krieg! Das Männermorden beginnt! – höre schon das schreien und stöhnen der ersten Verwundeten, sehe das erste Blut! Mein Kamerad liegt schwerverwundet in einen Kartoffelfeld mich packt die Wut und vorwärts stürm ich mit acht Mann den besten Schützen meines Schwarmes, gelange glücklich bis über den Bahndamm zu einen Bahnwächterhäuschen, mein Hptm. kommt mir nach ruft: „Wo sind die Russen eingegraben?“ Ich werfe mich mit meinen Leuten ins Gras und beginne lebhaft zu feuern.
Der Schweiß rinnt uns über die Stirn, eine furchtbare Hitze – 2 feindl. Tragtiere laufen vor uns herum, ein gutgezielter Schuss und ein Pferd stürzt getroffen ins Gras. Wo stand das zweite Pferd? Neben den getroffenen und senkt traurig den Kopf zu seinen toten Kameraden.
Nehme das Glas zur Hand und beobachte das Vorterain, - plötzlich entdecke ich den ersten Russen in kniender Stellung mit angeschlagenen Gewehr auf mich gerichtet; rasch gehandelt Aufsatz 400 x Jetzt gilt es den Russen oder mir. Ruhig Blut – kurz gezielt – ein Kracher und mein erster Russ stürzt kopfüber zu tote getroffen ins Gras.
Mir wird schwarz vor den Augen, Hunger und ein rasender Durst plagt mich, tausende von Geschoßen sausen über unsere Köpfe, ich achte diese nicht, stürze mich aufs Bahnwächterhaus mit Aufbietung meiner ganzen Kräfte trete ich 3 Türen ein und gelange ins Innere. Gott sei Dank! Wasser, Preiselbeer, Obst, Eier und Brot waren vorhanden! Fasse als erstes ein großes Glas mit eingekochten Preiselbeer und trinke gierig, hernach nehme ich die 2 Leibe Brot und die Eier für meinen Hptm. Habe mich gelabt und gesättigt, kaum habe ich die Hütte verlassen – schlugen schon zischend und krachend 2 schwere feindl. Granaten in das Bahnwächterhäuschen hinein. Im Hofraum lag ein Hund mit durchschossenen Ohren, draußen im Stall lag noch eine schöne Sau die ich leider dem Flammen preisgeben musste. Endlich komm ich zu meinen Kameraden gib ihnen das requirierte Brot und Obst die Kameraden stürzen sich wie wilde Tiere auf das Obst und Brot. – ungeschwächt tobt der heiße Kampf weiter, meine Nachbarkompanie geht bereits im Sturme vor, bei uns lautet der Befehl „lebhaft feuern!“ links von uns attak. Dragoner auf Kosaken! Eine Schlacht im warsten Sinne des Wortes! 9 h abends, gespensterhaft wirft der aufgehende Mond seine Schatten auf das Schlachtfeld. Pötzlich erschallt der Rgmts. Ruf und Vergatterung! 27er marschieren direktion der Wand! Geht es von Mund zu Mund also Rückzug, der Gegner ist zu stark wir können ihn nicht heben. Die M. G. A. (Anm. Maschinengewehrabteilung) unseres Baons feuert auf den Feind deckt uns den Rückzug. Greulich der Anblick Todverwundete liegen herum, einzelne Gehöfte überfüllt mit Verwundeten stehen in Flammen.
27. August 1914
Matt und elend gelangen wir in der früh um 6 h auf eine Hochfläche unweit der Stadt Gliniani. wir müssen uns dort abermals eingraben. Wie tot liegen wir dort in den frischaufgeworfenen Erddeckungen und erwarten nachfolgende Kosaken. Furchtbar ist die Hitze, weit und breit kein Wasser! Bei Eintritt der Dämmerung brechen wir auf und marschieren durch die total demolierte und ausplünderte Stadt Gliniany – zurück nach der Ortschaft wo wir am 25. August nächtigten.
28. August 1914
Wie im Himmel fühlten wir uns in den Scheunen wo wir uns aus Stroh und Heu die Lager bereiteten. Leider sind uns die paar Stunden der Nachtruhe nicht gegönnt, Unsere Feldwachen und Patrouillen werden fortwährend von einzelnen Kosakenpatrouillen belästigt. Noch in der Nacht werden wir alarmiert und schlaftrunken marschieren wir in der Richtung Lemberg, besetzen noch bei Morgengrauen die Höhen östlich des Dorfes Kolovica, Patrouillen unserer Kompanie stellen mit den Nachbarkomp. die Verbindung her endlich bringt man uns Wasser und Zwieback.
29. August 1914
Rasch greifen wir zu Spaten und Krampen und beginnen mit den Ausheben der Schützengraben, bei den lockern Erdboden fällt uns das Graben nicht so schwer, müssen uns beeilen dass wir bei Tagesanbruch sicheren Schutz vor den feindl. Geschoßen haben.
Hallo! Schon kommen die ersten ehernen Grüße von der russischen Artillerie den Tornister über den Kopf haltend, hocken wir den ganzen Tag in den Erdlöchern, die feindl. Artillerie schießt sich auf unsere Stellungen ein, bis zum Abend zähle ich 178 Schrapnell und noch mehr Granaten, die im Bereiche unserer Kompanie einschlugen. Gott sei Dank haben wir trotz der heftigen Beschießung keine Verluste zu beklagen: bis zum Abend verstummt die feindl. Atillierie wir kriechen aus unseren Erdlöchern, vorsichtig spühren wir das Terain ab. Neugierig begucken wir die Sprengstücke und Zünder der feindl. Geschoße. In den vor uns liegenden Dorfe welches von den Bewohnern bereits verlassen war, huschen feindl. Patrouillen durch die Häuser welche später durch unsrige Patrouillen vertrieben werden.
Auf Befehl musste das Dorf in Brand gesteckt werden, schon in 10 Minuten brennt das Dorf lichterloh prasselnd und polternd fielen die brennenden Balken zu Boden.
Ein schauriger Anblick! Weithin sieht man himmelhohe Feuergarben von den brennenden Dörfern auflodern. Leute meiner Kompanie laufen ins brennende Dorf und befreien das Vieh aus den Ställen, Fett, Zucker, eingekochtes Obst, Brot und noch verschiedene Genußartikel schleppen unsere Leute vom Dorf herauf.
30. August 1914
Abwechselnd schlafend und im Dienste wachend vollbringen wir die Nacht im Schützengraben. Allen Anschein nach sind die Russen keine Liebhaber für Nachtangriffe; der junge Tag bricht an, eigene Haubitzen hinter unserer Stellung schießen sich auf die feindl. Linien ein, wir sind schon ganz taub von der furchtbaren Schießerei. Mittlerweile requirieren Kameraden aus einem Dorf einige Schweine, stehlen sie gleich und so konnten wir alsbald unseren Riessenhunger mit gebratenen Schweinefleisch und gerösteten Kartoffeln stillen; obwohl unser Hptm. zuerst gepoltert und geschimpft greift er dann durch den würzigen Bratengeruch angeregt tapfer zu uns und isst mit Appetit mit uns mit.
Endlich am Abend bringt man uns in Inf. Mun. Verschlägen die dickeingekochte Reissuppe mit etwas Fleisch. Gott möge uns die kommende Nacht vor Angriffen schützen, wir sind totenmatt und benötigen Ruhe.
31. August 1914
Bei Morgengrauen verlassen wir unsere Rückzugsstellung und beziehen bei der Ortschaft Nicolei auf einer Höhe unsere neue Stellung. Viel Verräter gibt es hier in Galizien wir wurden von unseren Vorgesetzten gewarnt Civilisten, jeden Bauern haben wir zu mustern und scharf zu beobachten, denn größte Vorsicht tut not.
Ein Offizier unseres Rgmts. entdeckte in der Dorfkirche hinter dem Altar eine Telephonstation, von welcher aus ein russischer Pope mit der feindl. Artillerie in Verbindung steht, dieses Individuum treibt schon seit Beginn sein Unwesen und verrät der feindl. Artillerie all unsere Stellungen. Der Pfarrer wird an Ort und Stelle erschossen. Um nun die feindl. Artillerie Irre zu führen, telephoniert ein Offizier der russische Sprache beherrscht, zur feindl. Artillerie und avisiert ihnen den Anmarsch der Österreicher auf einen Berg; tatsächlich pulvert die feindl. Artillerie den ganzen Tag auf den angegebenen Berg, ohne einen Österreicher zu schaden.
Endlich sind wir mit dem ausheben unserer Schützengräber fertig, wollen uns gemütlich im Graben eine Cigrette anrauchen, doch hören wir das uns schon bekannte summen und heulen der feindl. Granaten und dicht vor unserer Stellung schlugen schwere Granaten, große Erdschollen emporschleudernd ein. Abermals ist es aus mit der Ruhe, ausgehungert und abgemattet gruben wir mit Anspannung aller Kräfte tiefer hinein um uns von den umhersausenden Sprengstücken zu schützen. Abermals kommt Abmarschbefehl werden von Ort zu Ort gehetzt. Bei Einbruch der Dämmerung verlassen wir die Stellung und marschieren weiter gegen Lemberg. Seit 7 Tagen bietet sich wieder mal Gelegenheit zum Waschen.
1. September 1914
Nach Nächtigung unter freien Himmel in Ackerfurchen, marschieren wir unter den schwirigsten Verhältnissen auf grundlosen Wegen den ganzen Tag, - kommen abends bis zu den Befest. Anlagen der Stadt Lemberg, nach zweistündiger Rast werden wir im Dorfe – Socolnici bei Lemberg in schöne Quartiere untergebracht. Gott sei Dank endlich mal ein ordentliches Dach und Lager.
2. September 1914
Um 5 h vorm. steht unser Rmgt. am Dorfplatze zum Abmarsch bereit, um 6 h vorm. Abmarsch mit der nötigen Sicherung, mein Zug stellt die Verbindung mit dem Nachbarregiment 47 her. Der Magen knurrt, großer Hunger stellt sich ein, endlich kommt Brot! Für je 12 Mann werden 3 Wecken Brot gefasst; kam auf jeden Mann ein Mundvoll Brot. Zum größeren Leid setzte ein eisigkalter Steppenwind ein dass uns vor Kälte die Zähne klapperten. Eifrig arbeiten wir an den Schützengrabenbau müssen uns beeilen, nach Meldungen verfolgt uns der Feind mit Artillerie, Infant. und Kavallerie; schon kreisen feindl. Aeroplane ober uns und nach kurzer Zeit sind wir wieder das Ziel der feindl. Artillerie. Bis in die Nacht hinein durften wir den Graben nicht verlassen, fröstelnd vor Kälte in den Erdlöchern. Um 9 h abends verlassen wir die Stellung und marschieren wir die ganze Nacht hindurch über Stock und Stein bei Wind oder Regen. Fühlbare Mattigkeit befiel uns, bei jeder kürzeren Rast fallen wir hin ungeachtet des nassen Grases und des Straßenkotes – wir sind kaum mehr im Stande weiter zu marschieren. Doch der grausame Krieg kennt kein Erbarmen „Auf “ heißt es und schlaftrunken taumeln wir weiter.
3. September 1914
In der früh um 7 h erreichen wir eine kleine Bahnstation der Lemberger Strecke, halten dort eine Stunde Rast; mittlerweilen kommt die Meldung dass Lemberg vom Feinde besetzt ist. Beim Abmarsche von unseren Rastplatz wird uns „Feind in Sicht“ gemeldet, aufgelöst in Schwarmlinien steuern wir einem Dorfe zu, Weiber und Kinder laufen uns entgegen und schreien „Kosaki! Kosaki!“ Tatsächlich sieht man weit draußen einige Kosaken dahinsprengen die aber Reißaus machten nachdem sie uns sehen. Um 7 h abends marschieren wir in die Stadt Grodek ein. Bis auf arme Judenfamilien war alles ausgewandert und geflüchtet. Im Moment als wir den Hauptplatz der Stadt Grodek passieren, schlugen aus einem großen Gebäude hohe Flammen auf man hörte kleine Detonationen und in nu ist alles in Rauch gehüllt. Die Stadt ist überfüllt mit Militär, Weiber, Kinder schreien gottjämmerlich, als der letzte Mann die Brandstätte passiert, - stürzt das brennende Gebäude zusammen und verlegt gleichzeitig die Hauptstraße mit Balken und Schutt.
2 Soldaten dringen unerlaubt in das Gebäude welches abbrannte und hantieren im Brandweinkeller wo auch Spiritus eingelagert war. Mit offenen Licht so unvorsichtig dass alles in Brand geriet die beiden Brandstifter werden standrechtlich verurteilt. Mehr hinkend als gehend gelangen wir um 10 h nachts in einen großer Maierhof, erhalten dort nach langer Zeit mal eine warme Menage, hernach richten wir aus Stroh unser Nachtlager im Hofe her und legen uns gleich zur Ruhe.
4. September 1914
Die erste Nacht konnten wir ruhig und ungestört schlafen, wohl sind wir in Folge des Nachtregens bis die auf die Haut naß, doch entgeltet dies der heutige angesagte Rasttag; mit Behagen schlürfen wir unseren Frühstückkaffee und waschen uns hernach beim nahegelegenen Teich. – Große Freude überall! Die erste Post aus der lieben Heimat ist angekommen. Ich bekomme ein Schreiben von meinen Bruder Richard; auf Strohbündeln Mauern und Wägen sitzen wir und lesen. 2 – 3 Mal unsere Post durch. Im Lager herrscht allgemein guter Humor, man lacht, scherzt und singt wieder. Im Laufe des Weges machen wir den Obstgärten und Kartoffelfelder einen Besuch. Füllen uns Taschen und Brotsack mit Äpfel und Birnen! Man lebt wieder; einige Russen und Spione erzählen uns dass sie besonders vor unserer guten und zielsicheren Artillerie Angst haben und durchaus keine Kriegslust haben.
5. September 1914
Liegen bereits den 2ten Tag im Maierhof im Quartier, leider tritt ein ekelhaftes Wetter mit eisigkalten Wind und Regen ein; uns friert besonders in der Nacht. Um 9 h vorm. verlassen wir unser gutes Quartier der Marsch geht über grundlose Feldwege sodass wir bis über die Knöchel in Kot stecken und können uns nur schwer fortbewegen. Ganz durchnässt auf und auf voll Kot gelangen wir in der Nacht auf einen Höhenzug, machen dort Halt. Sind seit 3 Tagen mit den Feind außer Fühlung niemand weiß wo die nächste Fühlungsnahme mit den Feind stattfinden wird.
6. September 1914
Noch ehe der Tag anbrach sind wir mit den Aushebeln der Deckung fertig, man erwartet einen feindl. Angriff. „Vom Feind nichts zu sehen“ kam die Meldung so verbleiben wir dem Regenwetter ausgesetzt unter freien Himmel in unserer neuen Kampfstellung. Bald machten sich einige Kameraden auf und gehen ins nächste Dorf, requirieren dort einige Sau und Gänse; so konnten wir uns bis zum Abend bei gekochten Schweinernen und Gänsebraten gemütlich tun.
7. September 1914
An allen Gliedern steif vor Kälte kriechen wir aus unseren Erdbau, sind noch glücklich, dass man uns soeben den Kaffee bringt - der Schwarze, unentbehrlich für den Feldgrauen. Mittags holen wir uns vom im Dorfe stehenden Train Fleischkonserven, Zwieback und Brot; dies war uns ein sicheres Zeichen, dass wir in nächster Zeit in eine längere Gefechtstätigkeit treten werden; noch mittags erfolgt der Abmarsch, aus der Ferne hören wir bereits schweren Geschützdonner, nun Gott mit uns! Schon geht es in Eilmarsch eine Höhe hinunter und gelangen vor die Ortschaft „Weissenbach“. wir werden bereits von russ. Artillerie und Inf. beschossen. Tiroler Landesschützen stehen im großen Kampf mit den zurückweichenden russischen Vorhuttruppen; eine Menge Tote und Verwundete liegen umher, wir greifen ins Gefecht und im zweistündigen Ringen werfen wir den Feind zurück und säuberten vollkommen die Ortschaft. wir lösen die Tiroler Landesschützen ab und bleiben die Nacht über in Zeltblätter eingehüllt in den Ackerfurchen liegen.
Schlaf können wir keinen finden, sondern rauchen verstohlen unter den Zeltblättern unsere Cigretten, Feuer dürfen wegen Feindesnähe keine gemacht werden.
Geheimnisvolle Stille ringsumher!
8. September 1914, Schlacht bei Grodek
2:30 vorm. Alarm! Schnell vergattern sich die Komp. alles nimmt Bajonett auf, der Verfolgungsmarsch beginnt. In streng gesicherten Marsch und in völliger Finsternis gehen wir mit aus dem Orte. Um 3 h früh bestimmt mich mein Hptm. mit 3 rüstigen und geschickten Leuten als Aufklärungspatrouille. Eile meiner Komp. ca. 300 x voraus entwickle mich in breiter Front und beginne in Gottes Namen meinen gefährlichen Dienst. Wie Indianer schleichen wir vorsichtig nach allen Seiten spähend und horchend durch kniehohes Gras, winde mich durch Hirsefelder und gelangen beim Morgengrauen in die Nähe des Dorfes Oppenhausen. Mit meiner nachfolgenden Komp. bin ich durch Sicht verbunden; lege mich mit meinen 3 Männern in eine Ackerfurche und instruiere sie im Verhalten bei einen Zusammenstoß mit feindl. Patrouillen.
Doch was ist dies?! Pf pf pf geht’s auf einmal dicht neben mir schlagen Inf. Geschoße ein, es sind aber Einzelschüsse was kann dies sein, sofort signalisiere ich nach rückwärts zu meiner nachfolgenden Kompanie geb zum wiederholtenmal das Zeichen „Feind“ die Komp. folgt rasch in Schwarmlinien und legt sich in meiner Höhe nieder. Plötzlich neben mir ein kurzer Aufschrei eines Getroffenen rechts von mir ebenfalls ein Mann meiner Patrouille im Gesäß von einer Gewehrkugel getroffen, nun bin ich im Klaren wir werden von rückwärts anGeschoßen. Ohne weitere Befehle von meinen Komp. Kmdo. einzuholen, kommandiere ich meinen Schwarm: „Auf! Mir nach!“ Ich stürze mich voll Wut auf das hinter uns stehende Gebäude und sehe eben wie ein baumlanger galiz. Bauer flüchten wollte; schon versetze ich diesen Schuft der auf uns geschoßen hat einen Hieb mit meinen Gewehrkolben „Boga pane“ fing dieser Schuft zu jammern an. Doch half ihm nichts in kurzer Zeit habe ich mit Hilfe meiner Leute 60 solche Gauner und Verräter beisammen, Weiber stehen mit russ. Heiligenbilder und jammern und heulen über ihre Männer, doch rasch gehandelt, die Russen die sich vor dem Dorfe eingegraben hatten, werden durch den Lärm im Dorfe aufmerksam und überschütten uns mit einen rasenden Infant. und M. G. Feuer. Die Verräter werden gefeßelt und unter starker Bedeckung zum Brigadegericht geführt und noch den selben Tag zum Tode durch den Strang verurteilt.
Draußen vor dem Dorfe wogt bereits das blutige Gefecht nun in Gottes Namen! Gehe ich mit meinen braven Leuten ins Gefecht – wohl hat jeder von uns seine Seele Gott empfohlen! Rasch eil ich in gebückter Stellung bis zu einem leerstehenden Schuppen und entdecke durch einen Mauerspalt die russische Schwarmlinie. Wir sind 50 m von den Russen entfernt, doch gedeckt gegen Sicht und Schuss.