Laie, nicht ferngesteuert - Luise Rinser - E-Book

Laie, nicht ferngesteuert E-Book

Luise Rinser

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Beschreibung

Dem Laien, obgleich er kein Angehöriger des Ordensstandes ist, kommt in der Kirche eine wichtige Rolle zu. Der traditionellen Amtskirche stellt Luise Rinser die charismatische Kirche gegenüber, gemäß der Überzeugung, dass erst die geistgetriebenen Außenseiter und Freidenker das kirchliche Leben nachhaltig voranzutreiben vermögen. Doch findet dies innerhalb der ordnenden Struktur traditioneller Hierarchien statt, und Luise Rinser erläutert in diesem erstmals 1967 erschienenen Essay, inwiefern dabei eine starre Elite nicht mehr zeitgemäß ist, wenn sie es denn je war. Die Frage danach, wie eine »moderne Kirche« aussehen müsste, ist heute noch genauso aktuell wie damals. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

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Seitenzahl: 45

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Luise Rinser

Laie, nicht ferngesteuert

 

 

Über dieses Buch

 

 

Dem Laien, obgleich er kein Angehöriger des Ordensstandes ist, kommt in der Kirche eine wichtige Rolle zu. Der traditionellen Amtskirche stellt Luise Rinser die charismatische Kirche gegenüber, gemäß der Überzeugung, dass erst die geistgetriebenen Außenseiter und Freidenker das kirchliche Leben nachhaltig voranzutreiben vermögen. Doch findet dies innerhalb der ordnenden Struktur traditioneller Hierarchien statt, und Luise Rinser erläutert in diesem erstmals 1967 erschienenen Essay, inwiefern dabei eine starre Elite nicht mehr zeitgemäß ist, wenn sie es denn je war. Die Frage danach, wie eine »moderne Kirche« aussehen müsste, ist heute noch genauso aktuell wie damals.

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Inhalt

Vorwort

Laie, nicht ferngesteuert

Vorwort

DIESER AUFSATZwar nicht als Buchveröffentlichung geplant. Er war geschrieben als Vortrag, den ich im November 1966 auf Einladung der Universität Fribourg, Schweiz, hielt. Ich muß das vorausschicken, damit man weiß, daß, schon der zeitlichen Begrenzung wegen und in Rücksicht auf einen nur zum Teil theologisch gebildeten Hörerkreis, viele Fragen nur eben angeschnitten werden konnten. Der Aufsatz erhebt also keinen Anspruch auf eine erschöpfende Behandlung eines noch dazu in lebhaftem Flusse befindlichen Themas. Von mir war ausdrücklich nicht ein theologischer Vortrag schlechthin gefordert, sondern vielmehr, daß ich als Laie meine Meinung äußern sollte, meine subjektive Meinung, oder sagen wir: meine in einiger Hinsicht subjektive Meinung, denn als christlicher Laie habe ich natürlich ein Vorverständnis für die Meinung der Kirche, das mich auch dort mitbestimmt, wo ich Bedenken und Kritik anmelde.

Ich weiß natürlich, daß ein katholischer Dogmatiker an einigen Stellen zu vorsichtigeren Formulierungen raten würde. Nun: wenn ich ganz sichergehen wollte, dem Klerus auch nicht die geringste Angriffsfläche zu bieten, so hätte ich ja nur den offiziell genehmigten Kommentar zum vierten Kapitel ‹De laicis› des Konzilsschemas ‹De ecclesiae› zu zitieren brauchen.

Da ich ziemlich sicher bin, keine Häresie zu verbreiten, nehme ich mir das uns Laien angebotene Recht, als ein Christ auf dem Wege zur ‹Mündigkeit› kritisch nachzudenken über das, was kirchliche Autoritäten sagen. Da ich ausdrücklich als Laie spreche, haben meine Ausführungen den Charakter eines Modells dafür, wie sich ein Laie heute mit theologischen und kirchlichen Fragen auseinandersetzen kann und darf, ohne mit seiner Kirche in Konflikt zu geraten.

Das mir gestellte Thema hieß zunächst: ‹Verantwortung und Sendung des Laien in der Kirche von heute›. Ich habe es verändert in: ‹Laie, nicht ferngesteuert›. Diese saloppe Formulierung enthält ein Korn Ironie und einen Schuß Aggression. Man wird sehen, daß beides Ausdruck einer Sorge ist.

Laie, nicht ferngesteuert

BEI ALLEM, was heute über den Laien gesagt wird, muß zum Ausgangspunkt genommen werden, was im Konzilsschema von der dogmatischen Konstitution der Kirche über den Laien gesagt ist.

Ich zitiere wörtlich die dort gegebene Definition: «Unter der Bezeichnung Laien sind hier alle Christgläubigen verstanden, die nicht Glieder des Weihestandes und des in der Kirche anerkannten Ordensstandes sind, das heißt die Christgläubigen, die durch die Taufe Christus einverleibt, zum Volke Gottes gemacht und des priesterlichen, prophetischen und königlichen Amtes auf ihre Weise teilhaftig, zu ihrem Teil die Sendung des ganzen christlichen Volkes in der Kirche und in der Welt ausüben.» In diesem Satz ist alles enthalten, was zu sagen ist, aber es bedarf der genauen und vorsichtigen Interpretation.

Der Satz besteht aus zwei Hälften. Die erste enthält die negative Definition des Laien, die zweite die positive.

Die negative: der Laienstand ist verschieden vom Priester- und Ordensstand.

Die positive: der Laienstand hat teil am priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt der Kirche, freilich auf seine besondere Weise, und er hat eine Sendung in Kirche und Welt.

Die negative Definition nehmen wir als hinreichend klar an, obgleich auch hier schon Bedenken anzumelden wären, die später im Text auftauchen und zeigen werden, wie kompliziert diese Frage ist.

Betrachten wir jetzt die zweite Hälfte der Vatikanischen Definition; sie enthält drei Behauptungen.

Die erste: zum Laienstand gehören alle Christgläubigen, die durch die Taufe Christus einverleibt und zum Volke Gottes gemacht sind.

Die zweite: die Laien sind des priesterlichen, prophetischen und königlichen Amtes auf ihre Weise teilhaftig.

Die dritte: die Laien üben zu ihrem Teil die Sendung des ganzen christlichen Volkes in der Kirche und in der Welt aus. Diese dritte Behauptung enthält zwei verschiedene Hinweise, nämlich den auf die Sendung des Laien innerhalb der Kirche und in der Welt – wobei sich schon wieder eine Frage aufdrängt, nämlich ob denn Kirche nicht zur Welt gehöre und wo denn die Grenze zwischen Welt und Kirche verlaufe.

Aber wir wollen jetzt erst einmal Punkt zwei anschauen. Punkt eins, welcher der wichtigste ist, wird uns später beschäftigen. Die Aussage, daß der Laie teilhabe am priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt der Kirche, wirkt nicht nur auf den theologisch wenig gebildeten Laien befremdend. Denn bisher hat man ihm gesagt, daß er eben nicht Priester sei, daß er nichts zu sagen habe in der Kirche, nicht nur mulier tacet in ecclesia, sondern auch vir tacet, sofern er nämlich nicht Priester ist oder Kaiser oder sonstwie große politische Macht besitzt. Der Laie hat sich erfahren als der bloß Empfangende, der Untergebene, der Unwissende, der zum Fußvolk Gehörende, kurzum eben als: der Laie.

Wort und Begriff Laie findet sich in der griechischen Antike und heißt im Theater: das Publikum, bei den Mysterienkulten: die Nichteingeweihten, und ganz allgemein: die nicht unterrichtete Masse.

Im Alten Testament hießen Laien jene, die weder Priester noch Leviten sind.