Über die Hoffnung - Luise Rinser - E-Book

Über die Hoffnung E-Book

Luise Rinser

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Beschreibung

In diesem erstmals 1964 erschienenen Essay geht Luise Rinser dem Wesen der Hoffnung, dem Ausgangspunkt aller Lebenstriebe, auf den Grund. Sie erläutert, warum es nicht das Gleiche ist, zu »hoffen« und »hoffend zu sein«, und sie führt aus, inwiefern die Hoffnung eine Fähigkeit ist, die uns verliehen wurde, und eine Tat, die wir aktiv zu leisten haben. »Die Hoffnung ist eine«, die Liebe ebenso. Alles ist »Welt« und Gott ist in allem. Luise Rinser fragt danach, was es bedeutet, Gott zu lieben, und führt es auf das »hoffend sein«, auf das bedingungslose Vertrauen zu Gott, zurück. Damit erkennt sie letzten Endes die gläubige, hoffende Liebe als den Quell ihres Lebens. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

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Seitenzahl: 26

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Luise Rinser

Über die Hoffnung

FISCHER Digital

Inhalt

Über die Hoffnung

Über die Hoffnung

Es ist gar nicht so leicht für einen «normalen» Menschen, auf die Frage, aus welchen Quellen er lebe, wahrhaftig und mit sachlicher Treue zu antworten. Es bedeutet, sich mehr als üblich in seiner intimsten Sphäre nach außen zu öffnen, und dabei gilt wie eh und je das Wort des erfahrenen Goethe: «Sagt es niemand, nur dem Weisen …» Aber gleichviel: Wenn dieses Büchlein nicht nur «Literatur» unter vieler anderer Literatur sein soll, dann muß man sich selber wagen, hoffend und liebend, um dem Nächsten, vielleicht einem einzigen (das würde genügen), eine Wegspur zu zeigen (nicht mehr als das, und es genügte). Es gibt, so denke ich, schlechthin nur einen einzigen wirklichen Lebensantrieb: die Hoffnung. Jeder andere Impuls meint nichts als eben Hoffnung, wie immer er sich auch nennen mag: Glaube, Schaffenslust, Wille zur Selbstbehauptung, Ehrgeiz, Trotz, Opferwille, oder in nichts weiter zu begründender Elan vital. Selbst jener Mensch, der seine Hoffnung bewußt fahrenläßt, tut dies noch in der Hoffnung, nämlich in der Hoffnung darauf, sich durch eben dieses Fahrenlassen zu retten; zu retten vor voreiligen Schlüssen, vor billigen Lösungen, vor Selbstbetrug, vor dem Schmerz des Wartenmüssens auf die Befreiung von eben diesem Wartenmüssen, das uns der Tod verspricht. Noch der Selbstmörder tötet sich in der Hoffnung auf etwas, nämlich auf Erlösung von sich selbst. Kein Leben kann sein ohne zumindest eine zarte, unbestimmte Spur von Hoffnung.

Man kann nun sagen, dies sei ein lediglich formaler Begriff der Hoffnung, und es sei hier mit Hoffnung allzu vieles und Verschiedenes gemeint (nämlich alle denkbaren Lebensimpulse), um etwas vom Wesen und Inhalt der Hoffnung auszusagen.

In einer bestimmten Hinsicht ist das richtig. Die Hoffnung erscheint in so verschiedenen Gestalten, daß sie als die dennoch wahrhaft eine nur schwer zu erkennen ist. Wer etwas ganz Bestimmtes erreichen will, etwa ein Berufsziel, eine Ehe, oder Reichtum, oder Ruhm, der wird gerade diese seine individuell erlebte Gestalt der Hoffnung als Hoffnung schlechthin erleben und dabei übersehen, daß sie nur sektorenhaft sich verhält zum Ganzen der Hoffnung. Meist wird die Hoffnung überhaupt nicht bewußt erlebt; sie wird einfach hingenommen als selbstverständlicher Besitz. Wem dieser Besitz aber dahinschwindet, der erfährt mit Entsetzen, daß mit der Hoffnung zugleich der Wille zum Leben überhaupt dahingeht, zum Leben nicht nur im Sinne biologischer Vitalität, sondern als die ganze Weite menschlichen Daseins, die hineinreicht in jene geheimnisvolle Lebens-Wirklichkeit, die zuletzt, wenn alles biologische Leben dahingegangen sein wird, allein den Namen Leben tragen wird. Derjenige, der sich in seinem Lebenswillen in diesem Sinne bedroht sieht von innen her, der muß, um seine Situation zu verstehen und um sich retten zu können, erkennen, was ihm denn eigentlich verlorengeht, wenn ihm «die Hoffnung» entschwindet.

Als ich einmal, in Jerusalem, mit Martin Buber in ein Gespräch über die Liebe kam, lehrte er mich, von der hebräischen Sprache herkommend, den Unterschied zwischen lieben und liebend sein. Ich möchte diese Unterscheidung auf das Hoffen anwenden: Man kann hoffen und hoffend sein. Man hofft