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Sechs Frauen erinnern sich an die Liebe in ihrem Leben. Aus den Gesprächen sind sechs Porträts entstanden, Geschichten über das Liebesleben dieser Frauen, die vertrauensvoll über ein noch immer heikles Thema berichtet haben: wie lieben Frauen. Dies ist ein kleines Buch, aber ein Versuch über ein großes, im Alltagsleben meist wortarmes Thema: weiblicher Sex. Betty spürt in der frühen Backfischzeit beim heimlichen Lesen des Romans "Clochemerle" einen ersten Orgasmus und sucht dieses herrliche Gefühl immer wieder. Beate sieht es als Schicksal ihrer Familie, dass die Kinder seit mehreren Generationen ohne Väter aufwachsen. Auch sie kann das nicht ändern. Die temperamentvolle Claudia beweist großes Stehvermögen, als es um die Beziehung zu dem Mann geht, den sie vom ersten Blick an als den richtigen erkannt hat. Ingeborg findet, nachdem ihre Geschwister schon gespottet haben, sie suche anscheinend in irgendwelchen Schubladen zu Hause nach einem Mann, den Vater ihrer Kinder und Partner, an den sie sich anlehnen kann, mit dem sie voller Vertrauen in die weite Welt geht. Katharina sieht länger als ein Jahr an ihrem Zukünftigen vorbei, bevor sich beide Hals über Kopf verlieben. Antje erlebt ein frühes Trauma und sucht lange Zeit nach Zuwendung, Zärtlichkeit und Geborgenheit in einer Beziehung. Als LIEBESLEBENSLÄUFE sind ihre Geschichten aufgeschrieben.
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Seitenzahl: 233
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Wie nächste Verwandte und beste Freunde lieben, darüber wissen wir so gut wie nichts. Darüber reden wir nicht. Und wenn doch, dann nur ganz allgemein. Wer hat eine Vorstellung davon, ob seine Eltern lustvoll miteinander umgehen oder nur eheliche Pflichten zum Zwecke der Fortpflanzung erfüllten? Die Nachkommen wissen irgendwann, dass es nicht der Klapperstorch war, der sie in die Welt gesetzt hat. Die meisten von uns erfahren jedoch nie, ob ihrem Ursprung ein Orgasmus vorausging. Denn darüber spricht man nicht, und nicht selten möchten sich die Kinder überhaupt kein Bild davon machen, was Vater und Mutter so treiben. Im Bett. Außer zu schlafen.
Gelegentlich fällt in der Familie oder im Freundeskreis ein Halbsatz, der Vermutungen auslöst. Doch wer weiß schon, wie ein anderes Paar miteinander intim ist. Wer will sich vorstellen, wie Bekannte ihre Lust leben? Auf der häuslichen Couch? Oder auf den abgezogenen Dielen? Auf dem Tisch, wie uns das Fernsehen einredet?
Auch davon, wie unsere Kinder lieben, haben wir im allgemeinen keine Ahnung, obwohl wir es doch waren, die irgendwann ein Aufklärungsgespräch planten, vielleicht sogar begannen. Und froh waren, als der Nachwuchs wissend abgewinkt hat. Eventuell ließen wir dann ein uns passend erscheinendes Buch ganz nebenbei auf dem Nachttisch liegen.
Wie alle Alten vor uns stellen auch wir jetzt fest, dass sich die Zeiten geändert haben und sich rasend schnell weiter ändern. Bei unseren Kindern geht es heutzutage weniger darum, eine unerwünschte Schwangerschaft zu verhindern, als vielmehr darum, eine gewünschte zu befördern. Zwar stehen ihnen mehr Möglichkeiten als früher zur Verfügung, medizinisch nachzuhelfen, das bedeutet allerdings auch mehr Möglichkeiten, sich zu quälen bei dem Akt, der Lust und Freude bringen sollte. Da wird rein wissenschaftlich der günstigste Zeitpunkt errechnet, um dem Eisprung beste Chancen zu geben. Das Vergnügen schwindet, wenn Sex zur zielgerichteten Pflicht wird.
*****
Als die Tochter eines Tages gestand: „Ich glaube, ich hatte noch nie einen Orgasmus“, erschrak die Mutter und fragte sich, ob sie bei der Aufklärung, etwas versäumt habe.
Die 35-jährige Tochter war Mutter von zwei Kindern und seit einem Jahrzehnt verheiratet. Auch ihr Vater sah erschrocken aus, als seine Frau von dem Gespräch berichtete. Das arme Kind, meinte er und urteilte nach kurzem Überlegen, dass der Mann Schuld sei, wenn die Frau nicht zum Höhepunkt finde. Ganz unschuldig sind die Frauen aber auch nicht, meinte die Gattin. „Nach meiner Ansicht“, hielt er dagegen, „ist der Mann ist für die Lust der Frau zuständig“.
Die Mutter grübelte: Hätte sie mehr Intimes ausplaudern sollen? Hatte sie das Thema, wie so viele Eltern, der Schule, den Büchern und anderem Informationsmaterial überlassen? Hatte sich die Tochter nicht stets unangenehm berührt gezeigt und sogar abgeblockt, wenn die Mutter versuchte, mit ihr über Intimes zu reden? Anscheinend haben Eltern asexuelle Persönlichkeiten zu sein.
Ihr Mann habe sie seit der Geburt des Sohnes vor fünf Jahren nicht mehr angerührt, berichtete eine andere Tochter einer anderen Mutter. Er habe das mit seiner Anwesenheit bei der Geburt begründet. Da sei etwas in ihm zerstört worden. Er könne das nicht erklären. Es sei einfach so. „Aber du warst doch auch zuvor schon bei der Geburt unserer Tochter dabei,“ wunderte sich die Frau.
Die Ehe geriet aus den Fugen. Die Tochter sagte, sie sei nicht bereit gewesen, einen Orgasmus vorzutäuschen.
*****
Wenn man aus Statistiken erfährt, wie viele Frauen keinen Orgasmus erleben, fragt man sich, wie es um die weibliche Sexualität bestellt ist im Alltag, durch die Jahrzehnte des Älter- und Altwerdens hindurch.
Jedenfalls habe ich mich das gefragt.
Ich habe Frauen gesucht, die mir vertrauten, weil wir uns seit Jahren kennen. Ja zu meinem Ansinnen haben demnach nur Frauen aus dem Freundeskreis gesagt. Nur einige, sie sind nicht repräsentativ. Es wurde eine ganz persönliche Angelegenheit, Ich habe gefragt, und sie erzählten. Alle waren um die 70 Jahre alt, als wir uns zu mehreren Einzelgesprächen trafen, nur eine von ihnen war ein gutes Jahrzehnt jünger. Wir gehören zur selben Generation.
Manche Details ihres Lebens habe ich einer möglichen Identifizierung entzogen, und doch entsprechen die Lebensläufe der Wirklichkeit, nichts ist erfunden, was das Liebesleben und die persönlichen Erfahrungen ausmacht.
Ein dickes Portemonnaie
BETTY
Ich war ein verträumtes Kind. Wurde mein Name gerufen, musste ich mich erst aus meiner Traumwelt herausfinden, und es dauerte eine Weile, bis ich begriff, worum es gerade ging. Für die Familie war ich die „Transuse“, ein Schimpfwort, kein Lob, doch ich wehrte mich nicht. Ich galt als ruhiges, freundliches Mädchen, aber eben auch als ein bisschen langsam im Gegensatz zu meinem jüngeren Bruder, der für alle das „pfiffige Kerlchen“ war, obwohl er nervte.
Meine Erinnerungen an die Kindheit beginnen zur Zeit des Kriegsendes. In unserer kleinen Stadt waren viele Häuser zerstört. Wir Kinder fürchteten uns vor den Ruinen und flüsterten von den Toten in den Kellerlöchern. Wenn meine Mutter zur Arbeit ging, waren wir nachmittags bei den Großeltern oder auch allein zu Hause. Allein zu sein, genoss ich sehr, obwohl es oft Streit mit meinem Bruder Torsten gab. Er konnte nicht leben, ohne das letzte Wort zu haben, bei Erwachsenen und erst recht bei mir.
Ich genoss es, durch die Wohnung zu bummeln, öffnete Schubladen und Schrankfächer, besah mir den Inhalt, nahm Bücher aus dem Schrank und betrachtete die Bilder. Vieles begriff ich noch nicht, aber das war meine Welt. Später fing ich an, wahllos zu lesen, was mir in die Hände kam, egal ob ich den Inhalt verstand oder nicht.
Dass ich als Mädchen Kleider trug und anders aussah als die Jungen, hat mich nicht weiter interessiert. Mit meinem Bruder habe ich mich nie verglichen und nur ausnahmsweise mal gespielt. Von den Doktorspielen, zu denen sich einige Nachbarskinder geheimnisvoll in eine offene Garage im Hof zurückzogen, schloss man mich als Älteste aus, doch das war mir egal. Ich war gern für mich allein.
Dieter Nuhr, der Kabarettist, hat einmal gesagt, in der Schulzeit und davor sei er ganz entspannt wie eine Qualle in der Welt herumgesegelt, völlig ohne Absicht und Ziel. Das hat mir gefallen. So sehe ich mich als Kind.
Den Moment, in dem mir mein Körper zum ersten Mal ein erotisches Signal gegeben hat, erinnere ich genau. Ich habe immer gern, schnell und viel gelesen. Und beim Lesen im Roman „Clochemerle“, den ich mir heimlich aus dem Schrank genommen hatte, kribbelte es plötzlich in meinem Bauch. Das war ein schönes Gefühl, wie ich es noch nie erlebt hatte.
„Clochemerle“ wurde mein Buch! Erst vor kurzem entdeckte ich es auf einem Flohmarkt, blätterte darin und suchte schließlich die Schlüsselstelle, oder genauer eine Schlüsselstelle:
„Sie näherte sich dem Bett, auf dem der arme Kranke, von halb fiebrigen Träumereien angestachelt, seine Kräfte zurückkehren spürte. Die Erscheinung seiner Wirtin mit dem Gurgeltrank gegen die Angina gab diesen Träumen einen so willkommen konkreten Inhalt, daß er mit der Miene eines launisch kranken Kindes, das verzogen werden möchte, ihre Schenkel umschlang, die breit und fest waren und sich gut anfassen ließen. Eine Welle beruhigenden Wohlgefühls durchströmte Adeles Körper, als ob, nachdem das Gewitter endlich ausgebrochen war, große Regentropfen ihre glühende Haut erfrischten. … Er nutzte die Behinderung seiner Wirtin durch das Tablett, das sie immer noch hielt, dahingehend aus, daß er sich weitere Vorteile verschaffte, indem er sich in einer Weise aufdeckte, die jede Beteuerung erübrigte. Adele gab als gute Geschäftsfrau, die den Wert der Zeit zu schätzen weiß, sanft nach … „
Mehr war da nicht!
Beim erneuten Lesen nach mehr als einem halben Jahrhundert erkannte ich, dass diese simplen Zeilen mich als Teenager berührten und zum ersten Onanieren verführten. Das kann ich heute noch nachempfinden.
Warum es so angenehm geprickelt hat, wollte ich nach dem ersten Lesen sofort erforschen. Ich war allein zu Hause und suchte mir einen Handspiegel. Dann habe ich – ganz ohne Anleitung durch Feministinnen - den Schlüpfer ausgezogen, mich auf den Fußboden gesetzt, die Beine breit gemacht und mich betrachtet. Bis dahin hatten nur meine Finger heimlich diesen Teil des Körpers erkundet, von dem es immer hieß: „An den Popo fasst man sich nicht, pfui! „
Aber wenn ich an meinen Fingern gerochen habe, fand ich nicht, sie würden stinken, sondern irgendwie spannend riechen. Jedenfalls nicht unangenehm, mehr so, dass man sie nur an die Nase hält, wenn man ganz allein ist. Zum Beispiel im Bett.
Damals habe ich nicht darauf geachtet, doch im Nachhinein denke ich, dass ich als Kind schon alle paar Wochen so etwas wie Hormonschübe hatte. Jedenfalls hatte ich dann immer Lust darauf, das schöne Gefühl zu wiederholen. Anfangs las ich die Stellen in „Clochemerle“, wo die Seiten dunkler auszusehen begannen. Später brauchte ich nur daran zu denken. Es war so eine Art intuitiver Vorbereitung. Ich habe das Buch genommen, es mir gemütlich gemacht und mich mit dem Spiegel angeguckt. Da erwachte sofort ein schönes Gefühl.
In der Kindheit habe ich immer gut funktioniert und Anweisungen meistens befolgt. Zu Hause war alles in der Schwebe. Meine Mutter war stark unter Druck. Sie musste Kindererziehung und Haushalt allein bewältigen. Und arbeiten gehen musste sie auch. Der Vater war nie da. Während des Krieges und danach verfiel er mehr und mehr dem Alkohol und wurde zu einer Randerscheinung in der Familie.
Mit acht Jahren habe ich meine Mutter am Heiligabend ernsthaft gefragt, wie lange wir uns die Eskapaden meines Vaters noch gefallen lassen würden. (Vermutlich hatte ich ein deftigeres Wort gewählt!) Er hatte, während wir in die Christmette gegangen waren, den Baum schmücken, die Kerzen anzünden und bei unserem Heimkommen Weihnachtslieder am Klavier spielen sollen. Stattdessen hing er volltrunken auf dem Sofa. Nach diesem Eklat reichte meine Mutter die Scheidung ein, allerdings schweren Herzens. Es hat mich immer bedrückt, dass meine Frage der letzte Anstoß zu diesem Schritt gewesen war.
Das Klavier, das mein Vater als einziges Stück aus der Wohnung hatte mitnehmen wollen, ertrotzte Mutter für uns und unseren künftigen Klavierunterricht. „Das Klavier bleibt da.“ verlangte sie. „Haben die Kinder denn schon Unterricht?“ fragte der Scheidungsrichter. Sie musste zugeben, das sei nicht der Fall. Dennoch ging sie nicht auf den Vorschlag des Gerichts ein, sich mit dem Vater zu einigen.
Was meine Aufklärung betrifft, so gab es einen eher lächerlichen Versuch meiner Mutter, indem sie mir das entsprechende DDR-Buch in die Hand drückte, geschrieben von einem Professor Siegfried Schnabl mit dem zugkräftigen Titel „Die Geschlechterfrage“. Zu jenem Zeitpunkt meinte ich schon allerhand zu wissen und sah gelassen und ein bisschen neugierig auf das Kommende.
Während der Pubertät haben wir uns in unserer reinen Mädchenklasse gegenseitig beobachte und belauert. Leider gehörte ich nicht zu denjenigen, denen sichtbar der Busen wuchs. Die haben wir aus Neid geärgert: sie zögen sich einen Büstenhalter an, um Busen vorzutäuschen. Eine Mitschülerin zerrte schließlich mit Tränen in den Augen ihren Pullover hoch, um uns die Echtheit zu beweisen. In der Turnhalle betrachteten wir uns gegenseitig, meist etwas verstohlen. Dort redeten wir auch über die Periode. Es war üblich, dass die Betroffenen auf der Bank sitzen blieben und nicht mitturnten. Wenn man seine Tage bekommt, meinten die Weisen unter uns, wird man eine richtige Frau. Von den Klassenkameradinnen erfuhr ich, dass man dann blutet und dass das ganz normal ist. Es ginge allen Mädchen so.
Ich fand das Ganze höchst eigenartig und hatte keine Ahnung, was man gegen das Bluten tut. Die anderen erzählten von Binden, mit denen man gar nicht richtig gehen könne. Sie berichteten auch, wie vorsichtig man sein müsse, um nicht alles schmutzig zu machen. Ich erinnere mich, dass ich mir versuchsweise ein zusammen gerolltes Taschentuch in den Schlüpfer gesteckt habe und steifbeinig herumstolziert bin. Ich habe darauf gewartet, gefragt zu werden, warum ich so komisch gehe, und dann hätte ich geantwortet, weil ich meine Tage habe.
Als es dann wirklich passierte, bekam ich heftige Bauchschmerzen und dachte, das sei Durchfall. Auf der Toilette habe ich das Blut gesehen und meine Mutter gerufen. Sie hat mir diesen entsetzlichen Gürtel aus Gummiband gegeben, an den man eine Stoffbinde knöpfen musste. Damals gab es nichts Besseres.
Der Großvater hat in unserer Kindheit viel Einfluss auf das Familienleben genommen. Er war blind geworden und hatte genug Zeit, sich über alles Gedanken zu machen. So redete er immer wieder auf uns Enkel ein, ja nicht zu heiraten und sich Kinder anzuschaffen. Für mich war das wie eine Schallplatte, der ich nicht mehr zuhörte. Irgendwie würde sowieso alles auf mich zukommen, dachte ich, ob ich wollte oder nicht.
Wenn ich als Backfisch – so hießen Teenager in jenen Tagen - meinen Großvater durch die Stadt in den Schrebergarten führte und mich im Vorbeigehen in einem Fenster spiegelte, fand ich mich entsetzlich hässlich, geradezu lächerlich: eine Giraffe mit langen Beinen und obendrauf ein kleines Köpfchen. Weil ich groß war, drückte ich die Knie beim Gehen nicht durch und hielt mich nicht gerade, um nicht so lang zu wirken.
In der Familie war ich in dieser Zeit nicht nur die „Transuse“, sondern wurde auch ständig gefragt, wo ich denn noch hinwachsen wolle. So hoch aufgeschossen, würde ich wohl nie einen Mann finden und Jungfer bleiben, lautete der Kommentar, und ich dachte nur: „Ach, du lieber Gott!“ Damals konnte mich wirklich nicht besonders leiden.
Als ich mit vierzehn Jahren an der Jugendweihe teilnahm, änderte sich das zum ersten Mal. Meine Mutter hatte schwarzen Taftstoff aus dem Westen besorgt. Wie sie das geschafft hatte, weiß ich nicht. Aus einer westdeutschen Zeitschrift durfte ich mir bei einer Bekannten ein Modell aussuchen. Und schließlich fand ich das Kleid sehr schick, sogar an mir.
In den ersten Schuljahren war meine Frisur ein Kränzchen gewesen, also ein oben um den Kopf herum geflochtener Zopf. Danach trug ich eine Art Pagenkopf mit Mittelscheitel und Pony. Ich sah aus, als hätte man mir zum Haareschneiden einen Topf aufgesetzt, einfach furchtbar, aber eben auch furchtbar praktisch! Zur Jugendweihe bekam ich eine Lockwelle, wie sie gerade modern geworden war. Mit dieser Frisur habe ich mir gefallen.
Im Betrieb, in dem meine Mutter arbeitete, fand die Jugendweihe, der DDR-Ersatz für die Konfirmation, in einem Saal statt. Da standen wir Vierzehnjährigen alle steif und unbeholfen auf der Bühne herum. Aber Verwandte und Bekannte bewunderten mein Aussehen, und ich habe mich gut gefühlt. Dagestanden habe ich freilich mit eingeknickten Hüften und ständig nach rechts und links gesehen, um mich den anderen anzupassen und optisch zu verkleinern. Das weiß ich noch ganz genau.
Nach der achten Klasse begann ich, da das die Familie, besonders meine Mutter, so entschied, eine Ausbildung zur Grundstufenlehrerin und musste deswegen in ein Internat gehen. Zwar war es nur einige Bahnstationen entfernt, aber wir durften lediglich Sonnabend/Sonntag nach Hause fahren. Das war schon hart.
Für Jungen hatte ich mich bis dahin kaum interessiert. Wie anders sie sind, konnte ich ausreichend an meinem kleinen Bruder Torsten studieren. Er schien nur Freude zu haben, wenn er stänkerte und das letzte Wort hatte.
In den großen Ferien, bevor ich im Institut anfing, lernte ich meinen späteren Mann kennen, der für mich von Anfang an ein Phänomen darstellte, weil er sich als stolzer Schweiger und etwas Besonderes gab und in der Sportschule schon ein Star war. Wir begegneten uns im Betriebsferienlager, in das ich nach dem Schulabschluss noch einmal geschickt wurde, weil ich ein Auge auf meinen Bruder haben sollte. Wolfgang war als Betreuer eingesetzt. Von den Mädchen wurde er angehimmelt, was er scheinbar überhaupt nicht zur Kenntnis nahm. Er müsse sich auf sein Training konzentrieren und habe für nichts anderes Zeit, sagte er immer wieder, auch ungefragt. Er war der Typ „einsamer Indianer“, und ich fand ihn ganz toll. Wenn er vom Sportfeldrand Ratschläge gab, zum Beispiel, wie wir den Volleyball halten müssten, habe ich ihn bewundert und fand sein Wissen enorm. Als ich bemerkte, dass er sich für mich interessierte, fühlte ich mich geschmeichelt. Für mich war er ein Freund, dessen Art mir gefiel. Mehr war da nicht: Bewunderung, zunächst noch ganz ohne Erotik. Also zum Beispiel, wenn ich mit Wolfgang geschmust habe – das war rein geistig-seelisch -, und wenn ich dabei einen feuchten Slip bekam, dachte ich, ich sei blasenkrank, denn ich habe keinen Zusammenhang herstellen können.
Wolfgang war keusch wie eine Jungfer und verklemmt dazu - wie ich später herausfand -, so dass er es vermieden hat, seinen Penis in meine Nähe zu bringen oder ihn gar sehen zu lassen. Im Gegenteil: er versteckte ihn! Wir waren fünfzehn oder sechzehn Jahre alt, und ich habe mich gewundert, warum er so ein großes Portemonnaie in der Hose trägt, wenn er mich umarmt.
Für mich war er anders als die anderen. Er war ernsthaft, gab sich erwachsen, lästerte nicht, verspottete keinen. Letzteres hatte wohl auch damit zu tun, dass er keinen Humor hat. Aber das habe ich erst viel später bemerkt.
Im Internat lebten und lernten Jungen und Mädchen gemeinsam. Ich habe die Jungen zunächst als geschlechtslose Kumpel wahrgenommen und stand selbst gern im Mittelpunkt. Vor anderen aufzutreten, habe ich genossen. Ich wollte gefallen, vor allem den Erwachsenen.
Es waren auch meist die Älteren, die sich für mich interessierten. Ein Arbeitskollege, ein schöner, sehr männlicher Mann in meinen Augen, sagte meiner Mutter – und sie hat es ihren Bekannten erzählt -, wenn ich erst mal 16 Jahre alt sei, werde er sich um mich bemühen. Wörtlich soll er gesagt haben, dann sei ich fällig. Falls wir uns begegneten, setzte er sich in Szene. Berührte er mich scheinbar zufällig am Arm, bekam ich einen elektrischen Schlag. Ich träumte von ihm, etwa, dass er mich anfasst und auszieht und sich zu mir legt. Mit angenehmen Gefühlen wachte ich dann auf.
Durch Bücher hatte ich eine gewisse Vorstellung davon, was die beiden Geschlechter miteinander machen. Gelegentlich versuchte meine Mutter, mir zu erklären, wie sich Mann und Frau lieben. Sie litt Qualen dabei, das spürte ich und belächelte sie insgeheim, weil ich mich für bestens informiert hielt.
Die Leipziger Messe galt in der DDR als Begegnungsstätte zwischen Ost und West, leicht anrüchig, weil Ostmädchen dort mit Westmännern schnelles Westgeld verdienen konnten. In unserem Institut hatte man – ich weiß nicht wer und warum – die Idee, dass drei ausgewählte Schüler einen Tag auf der Messe verbringen und sich dort umsehen sollten, um danach über ihre Eindrücke zu berichten.
Ich gehörte zu den drei Auserwählten. Bei der Rückfahrt bin ich nicht ins Internat, sondern nach Hause gefahren. Meine Mutter, die mir am nächsten Morgen eine Entschuldigung schrieb, hat sich mächtig darüber aufgeregt, dass man uns allein zur Messe, also in ein Sündenbabel, geschickt habe. Wir seien schließlich gerade erst 16 Jahre alt. „Was wäre, wenn dich einer verführt hätte!“ Ich habe geantwortet, dass ich mich gewehrt hätte. „Du hast doch gar keine Erfahrung.“ Ich widersprach: „Trotzdem merke ich, wenn einer was will!“ „Und wenn er dir schöne Strümpfe schenkt und sie dir anziehen will und die Beine streichelt?“ - „Dann sage ich Danke und gehe weg!“ – „Das stellst du dir viel zu einfach vor.“ Ich gab Widerworte, bis wir letztendlich lachen mussten. Aber sie fuhr fort, mir zu erklären, dass ich die Situation vielleicht nicht bremsen könne, weil manche Männer eben auch gut verführten. Sie mühte sich noch eine ganze Weile, ihre unerfahrene Tochter vor den bösen Männern zu warnen. Dass ich in Wirklichkeit viel weiter war und bei der Erinnerung an ihren Arbeitskollegen onanierte, der Gedanke ist ihr gar nicht gekommen.
Einmal habe ich meine Eltern – wie wohl die meisten Kinder - beim Sex erwischt. Mein kleiner Bruder stand im Gitterbett und jammerte, er müsse sich erbrechen. Ich rannte aus dem Zimmer, um Mutter Bescheid zu geben. Als ich die Wohnzimmertür aufriss, lagen die Eltern nackt auf der Couch. Beide schraken auf, und mein Vater verlangte energisch: „Raus!“ Die Situation war für mich so befremdlich, dass ich schnell die Tür zugemacht habe und weggelaufen bin.
Über solche Erlebnisse haben wir uns im Ferienlager unterhalten. „Ich habe das bei meinen Eltern gesehen, wie die das machen.“ erzählte ich. „Meine Mutter lag oben drauf und hat mit meinem Vater gesprochen.“ Einer von den Jungen hat ganz locker gesagt, dass sie da nur gespielt hätten. Damit war das Thema für mich erst mal erledigt. Man kann ja vielerlei Spiele machen, wenn man zu zweit allein ist.
Nachdem meine Mutter geschieden war und zur „Ex-Frau vom „wilden Männe“ wurde, bemerkte ich einige Male, wie sie sich von Männern bedrängt fühlte. Eines Abends weinte sie zu Hause und schimpfte, sie werde keinen Schritt mehr in das Büro setzen, in dem sie nebenher zuverdiente. Immer wieder erlebte sie, wie Männer über sie herfielen, weil sie glaubten, eine allein lebende Frau müsse ganz heiß sein und brauche dringend einen Mann. Meine Mutter hat das jedes Mal als erniedrigend und eklig empfunden und ist nie wieder in diese Büros gegangen.
Im Grunde genommen habe ich jedoch keine Ahnung, wie es ihr damals als Frau erging. Irgendwie kam es mir so vor, als sei Sex für sie kein friedlicher Genuss, sondern mehr ein Kampf. Viel später, als wir uns einmal darüber unterhielten, sagte sie, sie sei eine dumme Kuh gewesen, denn sie habe erwartet, dass sich jeder Mann so verhalte wie Männe, wenn er nicht betrunken war. Sie hat ihn geliebt, und den Sex empfand sie als schön und erfüllend, solange er dem Alkohol noch nicht ganz verfallen war. Er war übrigens erstaunt darüber gewesen, dass sie bei ihrem ersten Verkehr noch Jungfrau war, und hat von Anfang an ihre natürliche Sinnlichkeit bewundert. Sie verhalte sich, sagte er, als habe sie viel Erfahrung. Das hat ihr gefallen und Selbstvertrauen gegeben. Doch es fiel ihr ihr Leben lang schwer, über dieses Thema zu reden.
Einmal hat sie sich abgerungen, zu Wolfgang zu sagen, er solle mich aus dem Urlaub so wiederbringen, wie sie mich verlassen habe. Damals waren wir bereits verlobt und sind mit ihr und Bruder Torsten an die Ostsee gefahren. Wolfgang und ich, wir beiden Jungfern, hatten uns vorgenommen, dass ES in in diesen Ferien zum ersten Mal geschehen sollte. Mutter und Torsten mussten früher abreisen, während wir uns noch für einige Tage ein Quartier besorgt hatten. Zum Abschied präsentierte sie diese Äußerung - total daneben, wie aus einem schlechten Roman. Prompt antwortete Wolfgang mit einem Ja, obwohl ich ihm und ihr zuvor erklärt hatte, dass ich jetzt Sex haben wolle, unbedingt. Wir waren verlobt, wollten zusammen bleiben und auch mal eine Familie gründen. Warum also kein Sex, sondern ein Leben wie im Kloster?
Meine Mutter reagierte mit „Oh mein Gott!“ und verlangte, ich solle ja vorsichtig sein. Männe habe das immer gekonnt. Ich habe gefragt, was er denn immer gekonnt habe und womit ich vorsichtig sein solle. Männe habe es eben gekonnt, dass man keine Kinder bekomme. Ich fragte: „Und wie ist das mit Wolfgang?“ Sie entgegnete, er habe doch auch Eltern, mit denen müsse er über diese Dinge sprechen.
Den ersten Sex haben wir beide uns übrigens ganz großartig organisiert, so dass er weit ab von jedem Lustempfinden von statten ging. Wir haben eine Art heiligen Akt vollzogen, indem wir beide am Abend bei Sonnenuntergang in die kalte Ostsee gestiegen sind und uns hinterher nass und nackt in den kalten Sand gelegt haben – wahrhaftig genial und zum Totlachen! Unerfahren eben, dafür mit Sand paniert!
Übrigens war ich es, die Wolfgang bei einem abendlichen Spaziergang das erste Mal geküsst hat. Ich bin auf der Parkbank näher und näher an ihn herangerückt, und dann gab es einen Kinderkuss. Aber er war schön genug und hat mächtig gekrabbelt, eine angenehme Erfahrung. Mein Zukünftiger überließ mir, was den Sex in unserer Beziehung anging, immer die Initiative, er ließ nur geschehen. So war es beim ersten Kuss gewesen, und so war es auch später.
Damals endeten im Kino die Liebesszenen, bevor etwas geschah. Aber dennoch verhalfen uns Stars, wie etwa Gérard Philip, wenn sie einen von der Leinwand herunter ansahen, zu Schmetterlingen im Bauch. Bei mir lösten diese richtigen Männer Gefühle aus. Später erkannte ich den Grund: Männe hatte als Vater in meinem Leben keine Rolle gespielt. Den erwachsenen Mann gab es in meiner Jugend nicht. Während der Zeit im Lehrerinstitut hatte ich allerdings den Eindruck, dass mir manche Lehrer nahe kommen wollten. Zum Beispiel beim Tanzen. Das habe ich irgendwie erstaunt hingenommen, und mir auch da manches erst später erklärt.
In den Jahren im Internat, also in der Pubertät, schien meine Lust in bestimmten Abständen anzuwachsen, und die Gefühle wurden immer intensiver. Mit anderen habe ich nie über so etwas gesprochen. Doch ich bin manchmal abends auf die Toilette geschlichen und habe mich breitbeinig hingesetzt. Ich war schon auf dem Weg dorthin erregt, so dass mir Gedanken genügten, um die Gefühle auszulösen und aus dem Institutsalltag mit seinem Druck und seiner Kontrolle zu entfliehen. Oder ich nahm die Finger zu Hilfe. Jedenfalls habe ich es mir schön gemacht, weil ich Lust darauf hatte. Ich habe mich nie gefragt, ob ich süchtig danach bin. Das schöne Gefühl gehörte mir ganz allein.
Im Mittelpunkt meines Denkens und Fühlens stand jedoch Wolfgang. Wir waren längere Zeit räumlich getrennt, er bei der Armee und ich beim Studium. Urlaub bekam er, wenn überhaupt, alle sechs bis acht Wochen. Da reichte die gemeinsame Zeit meistens nur für einen Spaziergang oder einen Abend bei uns zu Hause. Damals habe ich weder seinen Penis gestreichelt, noch hatten wir Verkehr, sondern wir haben nur gekuschelt, wobei ich, wenn auch ohne Orgasmus viel Vergnügen hatte, aber nicht weiß, wie es bei ihm war. Er hat sich wahrscheinlich schwer getan, mit dem Onanieren sowieso, denke ich. Aber ich kann mich erinnern, wie ich ihn einmal in meines Großvaters Garten entführt habe, indem ich in der Wohnung der Großeltern den Gartenschlüssel geklaut habe für die Laube, in die ich ihn dann hineingezerrt habe, und auf der schmalen Liege hat er mich gestreichelt.
Aber das ging immer von mir aus, nie von ihm. Unsere Geschlechtsorgane haben wir erstaunlich lange Zeit völlig außer Acht gelassen, was meine Mutter offensichtlich für unmöglich hielt. Ich bekam jedes Mal Krach, wenn ich später als vereinbart am Abend nach Hause kam. Wie gesagt, hockten Wolfgang und ich auf Parkbänken und sprachen über Gott und die Welt, das heißt über den Sozialismus und die Welt, wie Wolfgang sie sah. Wir blickten in die Sterne und beredeten die große Politik oder was auch immer, indem Wolfgang sprach und ich nickte.
Was den Sex angeht, so hat er ihn vermutlich als notwendiges Befruchtungszeremoniell gesehen, wenn man eine Familie haben möchte. Seine Wurzeln sind ja katholisch, aber auch als guter Sozialist, der er sein wollte, sah er Sex als notwendig, als zum Leben gehörig an, aber mehr war da für ihn wohl nicht. Anfangs in der Sportschule sah er sich zudem als Kader für den Leistungssport und wollte seinen Körper – wie von den Trainern strengstens empfohlen . nicht schwächen.
Er hat nie versucht, mich zu verführen, mich so gut wie nie vorbereitend gestreichelt. Er spielte immer den schweigsamen Helden. Dieses Schweigen habe ich anfangs als In-sich-ruhend beziehungsweise Mit-sich-im-Reinen-Sein interpretiert. Dabei ging es, wie ich später herausfand, von einer großen Unsicherheit aus. In seiner Fantasie lief er oft in merkwürdige Richtungen und ließ keinen daran teilnehmen.
Die Familie, vor allem meine Mutter, malte sich unterdessen aus, was wir Schlimmes taten. Der Großvater beharrte darauf, dass ich als Lehrerin arbeiten und alles andere bleiben lassen müsste, vor allem Männer und Kinder. Ich habe diese Vorhaltungen nicht an mich herankommen lassen, weil ich auf die schönen Gefühle nie im Leben hätte verzichten wollen. Zudem war ich der Meinung, dass ich selbst bestimmen kann, wie weit ich gehen will. Da wird keiner irgendetwas mit mir anstellen, das lasse ich nicht zu. Die Sorgen und Ängste der Mutter und des Großvaters gingen letztlich zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder heraus, vor allem weil sie viel zu oft wiederholt wurden.
Während des Studiums habe ich mir mein zukünftiges Leben völlig normal vorgestellt, Heirat mit Wolfgang, Kinder, ein oder zwei sollten sein, also alles ganz normal. Abwarten, und sehen, was kommt und wie es geht.
Als ich das erste Mal mit dem Zukünftigen zusammen war, damals im kalten Ostseesand, und er anscheinend nur enttäuscht und voller Sand war, innen und außen, da hatte es mir trotz aller Schwierigkeiten doch irgendwie Spaß gemacht. Zwar dachte ich: „Ach du liebes bisschen!“, aber wir lagen noch eine Weile beieinander, und ich fragte ihn, ob wir das alles nicht gleich noch einmal probieren wollten. Auch in den folgenden zehn oder vierzehn Tagen habe immer ich als treibende Kraft gesagt: „Ach, lass uns doch noch mal zusammen ins Bett gehen!“ Das hat ihn jedoch, glaube ich, eher befremdet als erfreut. Mit dieser Anforderung hatte er nicht gerechnet und hat sich nicht besonders toll dabei gefühlt. Offenbar konnte er die Zärtlichkeiten nicht richtig genießen. Ich bin sicher, dass ich dabei nie einen Orgasmus bekam. Das habe ich irgendwie auch gar nicht erwartet. Ich wünschte mir Körperkontakt und Sex. Vielleicht hat er sich gedacht, dass ich eine geile Ziege bin, doch er hat mir den Wunsch erfüllt.
Ich wollte gern wissen, ob der Verkehr nicht noch größeres Vergnügen machen könnte – und es wurde im Laufe der Zeit genussvoller für mich, zwar hatte ich keinen Orgasmus, aber es war zumindest sehr wohltuend. Wolfgang schien allerdings nicht gelöster zu werden. Vermutlich hat ihn das Kondom gestört. Aber ich erinnere mich nicht einmal genau, ob er es regelmäßig benutzt hat.
Nach dem Studium besuchte er mich, wenn die Armee auf ihn verzichten konnte, in der Kleinstadt, in der ich als Lehrerin zu arbeiten angefangen und ein möbliertes Zimmer bekommen hatte. Wir versuchten bei diesen seltenen Gelegenheiten, mit der Verhütung nach Gnaus-Ogino über die Runden zu kommen, wobei die Frau morgens beim Aufstehen ihre Temperatur misst, um die fruchtbaren Tage herauszufinden. Ich musste jedoch feststellen, dass bei mir sowohl die Periode unregelmäßig kam, als auch die Körpertemperatur machte, was sie wollte. Und die Pille gab es noch nicht!
Über Verhütung hatten wir die ganze Zeit sehr wenig gesprochen. Das war sowieso die Krux unserer Beziehung, dass wir mit langen Briefen und wunderbaren Liebeserklärungen kommunizierten und auch lange Gespräche führten, die sich jedoch selten um uns selbst drehten.
Als ich schließlich, nachdem ich ein halbes Jahr gearbeitet hatte, meiner Mutter in den Westen schrieb, ich sei schwanger, antwortete sie, bei einer so großen Liebe sei das kein Wunder. Das war eine tolle Antwort, der allerdings ein Familiendrama vorausgegangen war, denn meine Mutter wollte mit Torsten die DDR verlassen. Die Mauer war noch nicht gebaut, und die Flucht zwar ein organisatorischen, aber kein lebensgefährliches Problem. Das Problem war jedoch, dass ich mich weigerte mitzukommen, und als knapp 18-jährige bei Wolfgang in der DDR bleiben wollte. Was ich auch tat!