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LOST ist ein Reiseführer für alle, die sich auf ihrer Reise zum Sinn des Lebens verlaufen haben. Thomas Meyerhöfer hat ein Herz für Verirrte. Und einen besonderen Blick für Alltägliches. Der Paketbote, die Frau an der Supermarktkasse, eine abenteuerliche Busfahrt – verschmitzt und liebevoll beobachtet, schildert und kommentiert Thomas Meyerhöfer sein Umfeld. Und baut aus banalem Alltag heraus Brücken zu tiefen biblischen Weisheiten. Erfrischend ehrlich und unfromm, aber mit viel Tiefgang. Ein Genuss – auch für Menschen ohne Bibelwissen.
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Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Thomas Meyerhöfer
BRINGMICH HEIM
Sinnsuchergeschichten
Thomas Meyerhöfer, geboren 1962 in Stuttgart. Nach einer Beamtenlaufbahn im Polizeidienst studierte er Theologie. Danach war er als Jugendpastor und Referent unterwegs. Er gründete christliche Jugendwerke und moderierte eine wöchentliche Live-Radiosendung bei RTL-Luxemburg. Eine schwere Depression zwang ihn für sieben Jahre in die Passivität. Seit 2020 produziert er die wöchentliche Talksendung „superfromm“, schreibt Bloggeschichten, filmt, fotografiert und malt. Der vorliegende Band enthält eine Auswahl der persönlichen Geschichten, die Thomas Meyerhöfer auf seinem Blog veröffentlicht: Lifehouseworld.com.
© 2022 Brunnen Verlag GmbH, Gießen
Lektorat: Stefan Loß
Umschlagfoto: © Gorodenkoff/Adobe Stock
Umschlagporträt: © Uwe Klössing | werdewelt | visual branding berlin
Umschlaggestaltung: Jonathan Maul
Grafik/Fotos im Innenteil: S. 12: © Eugenio Marongiu/WESTEND61;
alle anderen Bilder: © Thomas Meyerhöfer
Satz: DTP Brunnen
ISBN Buch 978-3-7655-2132-4
ISBN E-Book 978-3-7655-7646-1
www.brunnen-verlag.de
Für Dich.
„Thomas Meyerhöfer braucht keine Phantasie, um seine Geschichten zu schreiben. Das Leben diktiert sie ihm, die Begegnung mit Menschen formt die Worte. In allem bewahrt er sich den Ausblick auf Hoffnung. Manchmal ist beim Lesen der Himmel greifbar nah – inmitten von Tragik ein Ort zum Verweilen.“
Martin Kreutter, Pastor
„Thommys Geschichten lassen mich nicht mehr los, ich kann einfach nicht anders, ich muss sie lesen, weil sie mich in meinem Alltag abholen und mich direkt zum Herz Gottes führen.“
Detlef Kühlein, Sprecher, Theologe und Erfinder von „bibletunes – die Bibel im Ohr“
„Voll auf die Zwölf“, denke ich immer wieder, wenn ich die Storys lese. Aus dem Leben mitten hinein in dasselbige. Nicht aufgesetzt, sondern ehrlich, manchmal schonungslos. Aber vermutlich auch deshalb so wohltuend und hilfreich.“
Stefan Bitzer, Vorsorge- und Trauerberater
„Allwöchentlich starte ich mit dem Newsletter von Thomas Meyerhöfer. Er beschreibt schlichte Begebenheiten und verbindet sie wie ein Puzzleteil mit einem biblischen Inhalt.
Dadurch entstehen alltagstaugliche Hilfestellungen, die mich ohne erhobenen Zeigefinger in die Woche entlassen.“
Marion Koch, Mutter von Samuel Koch
„Inspirierende Alltagsgeschichten, die zum Nach-denken und Danachweiter-Denken anregen. Humorvoll tiefgründig, ermutigend herausfordernd, überraschend normal. Danke Thomas Meyerhöfer für diese modernen Gleichnisse.“
Siegfried Winkler, Pastor & zweiter Vorsitzender „Evangelische Allianz in Deutschland“
„Thomas’ Geschichten sind bunt und vielschichtig. Immer mitten aus dem Leben, mitten ins Herz, ein Stück Himmel zum Anfassen: ungeschminkt, ehrlich und mit einer klaren Botschaft.“
Dorothee Büdenbender, Patchwork-Mama
„Wenn ich beginne einen Text von Thommy zu lesen, dann direkt bis zum Schluss. Ohne Unterbrechung. Er hat eine tolle Art zu schreiben! Und so oft finde ich mich im Geschriebenen wieder … Fesselnd und ermutigend zugleich!“
Ines Viebahn, Mama von vier Kindern
„Inspirierende und ermutigende Geschichten mitten aus dem Leben, die zeigen, dass Gott auch heute noch spricht, handelt und wirkt.“
Mareike Lüling, Mutter von zwei Kindern und Fachkrankenschwester für Notfallpflege
Anstelle eines Vorworts
Ich traf eine kleine Frau
Träumer
Der Geisterfahrer
Es ist noch da
Lost
Auf der Flucht
Nicht witzig!
An der Kette
Das neue Land
Die Regenbogenpistole
Unfähig!
„Arrrbaitt ist schaiße!“
Bockig
Stell dich nicht so an
Mach keinen Scheiß!
Ich will deine Hände sehen
Dübüdü
ZU LAUT
Darf ich aufs Klo?
Saojao
Unter Wölfen
Da ist mein Freund
Erste Liebe
Wenn du deine Tage hast
Der Löwenbändiger
Haben wir’s nicht schön?
Nachts auf Streife
Alles so super!
Es war einmal
Coming soon
Der Gottesbeißer
Engel unter uns
Die Nutte, das Mädchen und die Blumen
Earth Wind & Fire auf dem Friedhof
Hundert Küsse
Ratten im Haus
Der Engel, der seinen Namen nicht verraten wollte
Das Bett unter dem Fenster
FOUND
Quellenangaben
Ich schätze sie auf Ende 30, Anfang 40. Die blonden Strähnen ihrer David-Bowie-Frisur hängen ins Gesicht. Über dem grauen Shirt wabert eine viel zu große Bomberjacke im Camouflage-Look. Die nassen Sohlen ihrer Springerstiefel quietschen auf dem dunkelgrauen Linoleum.
Die Lady tappt in die Mitte des Cafés, bleibt dort stehen, dreht sich im Kreis, scannt die Umgebung und schiebt ihre Hände in die ausgebeulten Hosentaschen der zerrissenen Jeans. Ihre Gesichtszüge pfeifen auf die Anstandsregeln: „Wo bin ich denn hier gelandet?“, brüllt es lautlos in den Saal. Keiner nimmt Notiz von ihr. Schließlich dreht sie sich ein letztes Mal im Kreis und verschwindet wieder ins Freie.
Im Café versammeln sich um diese Zeit ausschließlich alte Menschen. Die Umgebung hilft ihnen, in der Vergangenheit zu schwelgen: rosafarbene Tapeten mit aufgedrucktem Goldglanzblümchenmuster; dazu Schwarz-Weiß-Fotografien aus dem vorigen Jahrhundert plus dunkeldunkelgrüne Samtpolster, die sich an dem bisschen Tageslicht verschlucken, das durch die gelbbeglasten Fenster wabert. An der Garderobe parken vier oder fünf Rollatoren.
Unter den Alten bin ich der Jüngste. Mit Abstand. Das interessiert mich nicht, denn ich stehe unter Zeitdruck: Mir bleiben genau neunzig Minuten, um dem nervigen Redakteur seinen versprochenen Artikel zu schicken. Außerdem lässt’s sich hier bequemer schreiben als im engen Automobil und … der Brühkaffee ist wirklich nicht zu verachten.
Die Lady steht draußen auf der Straße. Sie weiß nicht wohin mit sich und der Welt. Aus ihrer Jackentasche zieht sie eine Schachtel Zigaretten ins Freie. Sie senkt den Kopf, schreit auf und schmeißt die leere Schachtel auf den Teer. Für sie ist’s ein Tag zum Vergessen.
Und ich … ich sollte meinen Artikel zu Ende schreiben, doch meine Gedanken rasen in die falsche Richtung.
Da gab es eine Zeit, in der ich fürs Leben nicht mehr geeignet war. So wie die Lady drehte ich mich im Kreis. Sinn des Lebens? Was soll das alles? Wofür, wozu, warum?
Solche Fragen nervten.
Mein bisschen Kraft brauchte ich, um den Alltag zu überstehen.
Und jetzt schreibe ich ein Buch, bei dem dieses „Sinn-Wort“ schon auf dem Titelbild steht?!?
Ehrlich gesagt bin ich überzeugt davon, dass für die meisten von uns dieses „nach dem Sinn suchen“ ein mühsamer Prozess ist. Begleitet wird diese Entwicklung immer wieder von Abstürzen; wir fallen und stehen wieder auf.
Spezialisten kommen und beraten und raten und wissen und sagen.
Wir lassen uns darauf ein, nur um irgendwann unsere Hoffnungen schon wieder begraben zu müssen.
Solche Prozesse kosten Kraft und die ist bekanntlich nicht unendlich.
Und am Ende bist du sowasvon LOST.
Soll ich behaupten, dass sich mir der Lebenssinn offenbarte, als ich Gott zum Mittelpunkt meines Universums machte?
Das wäre gelogen.
An Jesus glaube ich schon ziemlich lange. Ans Ende meiner Sinn-Suche hat mich das nicht gebracht. Dabei habe ich den Verdacht, dass diese Irrfahrt weniger mit ihm als viel mehr mit mir zu tun hat.
Bis es endlich so weit war, vegetierte ich jahrelang wie ein Astronaut im Vereinsheim der Gartenfreunde „Zur braunen Scholle“.
Am Anfang sorgte das für große Verwirrung. Ein Astronaut? Im beschaulichen Vereinsheim? Spricht der überhaupt unsere Sprache?
Dumm nur, dass der Gewöhnungseffekt viel zu schnell greift: Du gewöhnst dich an dieses Leben und die anderen gewöhnen sich an dich.
Nur nachts, wenn die Hobbygärtner in ihren Hütten schnarchen und von fett blühenden Geranien träumen, kannst du nicht schlafen. Du gehst ins Freie, stehst auf dem frisch gemähten Rasen und starrst nach oben in den Himmel.
Fetzen von Früher tauchen auf. In letzter Zeit hörst du das Lied der Sterne wieder – und die Melodie berührt dein Innerstes.
Es hat gedauert, bis ich mein bisschen Mut zusammenkratzte und die „Gartenfreunde“ zurückließ. Ich wollte zurück zu mir. Zurück zu Gott. Zurück nach Hause.
Die Geschichten in diesem Buch erzählen von meiner Reise. Ich spreche über Extrarunden, Irrtümer, über Liebe und Verlust. Ich habe mich im Kreis gedreht wie die Lady aus dem Rentnercafé. Dass ich es nach all den Wirrungen doch noch über die Ziellinie schaffte, hätte ich fast nicht mehr für möglich gehalten.
Wenn du also beim Lesen das leise Lied der Sterne hörst, dann dreh den Regler nach rechts. Und verabschiede dich von den Gartenfreunden.
Herzlichst, wo immer du gerade bist,
Thomas Meyerhöfer
Ich traf eine kleine Frau, an einem Dienstagnachmittag.
Sie schwebte durch die langen Flure und ihr Blick hing an der Decke. Sie interessierte sich für nichts. Scheinbar. Plötzlich zuckte sie wie nach einem Stromschlag, verfing sich mit ihren Augen in meinem T-Shirt und schrie: „Echt? Du? Sag mir bitte: Wie ist das auf einer Harley?“
Ich trug mein graues Harley-Davidson-T-Shirt. Ich habe keine Maschine und ich bin auch nicht tätowiert. Dafür träume ich davon, eines Tages die Garage zu öffnen und mit einem leichten Druck auf den Starterknopf das Brummen einer Softail Slim zu hören.
Die kleine Frau trug eine Jeansjacke, hatte lange blonde Dreadlocks und blaue Augen, aus denen die Sehnsucht nach Freiheit tropfte.
„Ich habe keine Harley“, sagte ich. Ein paar Meter weiter glotzten vier oder fünf Klinikbesucher in unsere Richtung.
„Du hast keine Harley? Bist du deswegen traurig?“
Ich schwieg. Die anderen im Raum warteten alle auf meine Antwort.
„Du trägst doch so ein T-Shirt“. Die kleine Frau lachte. „Pass auf, ich kann nicht fahren, weil ich zu klein dafür bin!“ Sie ging in die Hocke, streckte ihre Arme wie ein Orang-Utan in die Luft, um sich an einem unsichtbaren Lenker festzuhalten. Mit ihrer rechten Faust schien sie zu beschleunigen. Ihre Faust drehte sich von oben nach unten. Immer wieder.
„Verstehst du, ich bin zu klein dafür. Viel zu klein. Eins sechzig. Kann nie Harley fahren.“
Ich hockte in einem Ledersessel, vielleicht war das der Grund dafür, dass ich mir über die Größe der kleinen Frau keine Gedanken machte. „Es gibt auch kleinere Maschinen“, antwortete ich halbherzig. Sie starrte mich an. „Du meinst, es gibt so kleine Harleys, auf denen ich bequem sitzen kann? Und was ist, wenn ich an eine Ampel komme und anhalten muss? Dann kippe ich um und das Motorrad begräbt mich unter sich. Das ist nicht witzig, glaub mir.“
Ich nickte. Warum, weiß ich auch nicht. Sie wischte sich einen Dreadlockhaarstrang aus ihrem Gesicht. „Warum holst du dir keine? Du bist nicht zu klein dafür!“
Sie lehnte sich gegen den schwarzen Sessel und durchbohrte mich mit ihren blauen Sehnsuchtsaugen. „Kein Geld, muss darauf sparen“, stotterte ich.
Das war definitiv keine gute Antwort. Doch mich verwirrten die anderen, die ihre Gespräche zwischenzeitlich komplett eingestellt hatten und sich unverhohlen neugierig an unseren Wünschen und Grenzen labten.
„Ich schon“, unterbrach sie meine Gedanken und zupfte an ihren Dreadlocks. „Und selbst wenn ich keine Kohle dafür hätte, würde ich mir überlegen, wie ich das hinkriege. Das Leben ist doch sonst bedeutungslos.“
Der Kommentar klang eigenartig, aber irgendwie hatte sie recht. „Du meinst“, hörte ich mich sagen und streckte meine Beine aus. Jetzt war ich es, der auf einer unsichtbaren Harley Platz genommen hatte. „Du meinst, das Leben gewinnt an Bedeutung, wenn unsereiner weniger träumt und dafür anfängt, konkret für die Umsetzung zu sorgen?“ Sie schwieg.
„Im Prinzip betrifft das alle Träume, nicht nur die vom Motorradfahren“, sagte ich in Richtung der Gaffer.
„Junge, du begreifst schnell“, flüsterte die kleine Frau, erhob sich und begab sich erneut in die Orang-Utan-Position. Sie fuhr über eine kurvige Landstraße.
„Bedeutungslos, wie ich schon sagte. Manchmal ist viel zu wenig Bedeutung in den Dingen, die wir tun und es wäre besser, das zu tun, von dem wir träumen.“
Das klang mir zu sehr nach „Lebe deinen Traum“ und diesem Scheiß. Immerhin hockten wir in einer Klinik und warteten auf unsere Sprechstunde. Dementsprechend ruppig klang meine „das ist doch viel zu banal es gibt zu viele Hindernisse und wir müssen mit den Gegebenheiten leben lernen verstehst du was ich meine?“-Antwort.
„Ach?“, grinste die kleine Frau. „Kann ich mich um einen Zentimeter wachsen lassen? Gibt es Tabletten, die meine Größe auf die erforderliche Harleygröße pushen? Solltest du von solchen Hindernissen reden, gebe ich dir recht. Aber alles andere …“
Wir schwiegen. Die kleine Frau warf ihre Dreadlocks auf den Rücken und stellte das unsichtbare Motorrad auf den Seitenständer. „Freut mich, deine Bekanntschaft gemacht zu haben, Harley“, sagte sie, hob die Hand und ging ohne sich umzudrehen einen der langen Flure in Richtung Ausgang.
Sie hockt in der Sonne und hält eine rosa Tasse in der Hand. Ich bin auf der Suche nach ansprechenden Motiven, quatsche sie an, setze mich zu ihr und wir erzählen aus unseren Leben.
Sie spricht davon, wie sie ihren Bürojob nach zwanzig Jahren an den Nagel gehängt und etwas völlig Neues begonnen hat.
„War nicht einfach und ist es heute noch nicht“, flüstert sie fast.
„Bereust du’s?“, frage ich nach.
Sie schüttelt den Kopf und lächelt dabei.
Man muss nicht in einem Bürojob jahrelang ausgeharrt haben, um zu wissen, was da vor sich geht: Rechner hochfahren, Kaffee machen, Exceltabellen erstellen, Telefongespräche, Termine canceln, linke, rechte Maustaste, Kaffeeecke, Flurfunk checken. Nicht jedem gefällt das.
In einem solchen Klima gedeihen Wunschträume. Die an den Rechner geklebten Postkarten füttern den Traum.
Schon klar, wir werden ständig dazu aufgefordert, unseren „Traum zu leben“.
Jaja, coole Rede, Mann.
Und wer spricht über die Kosten?
Das Zurücklassen?
Den extrem hohen Aufwand?
Das Abschiednehmen?
Oder das Gefühl der Scham, weil man es nicht geschafft hat?!?
Sich den Platz auf dieser Welt zu suchen, an dem du ganz genau richtig bist … ist ein super Ziel – das es verdient, mit ganzer Kraft, Einsatz und Entschlossenheit angepackt zu werden.
Mein Künstlerneffe möchte unbedingt an seiner Traum-Uni studieren. Zwei Versuche. Zwei Absagen.
„Ich geb nicht auf!“, schrieb er mir in einer WhatsApp.
Also: auf ein Neues. Wochenlang die Nacht zum Tag machen, eine dritte Mappe voller kreativer Entwürfe erarbeiten.
Anderes Beispiel:
Für die Geschichten, die wir auf YouTube unter dem Label „ superfromm“ veröffentlichen, fahren wir mit einem eigens dafür präparierten Wohnmobil durch die Welt. Dabei kommt es zu grandiosen Begegnungen, langen Gesprächen, neuen Freundschaften.
Dass ein digitales Nomadentum auch Herausforderungen mit sich bringt, gehört mit zum Alltag: eine defekte Heizung und das mitten im Winter, geplatzte Wasserschläuche oder ungezählte Stiche auf der Haut, weil der Hochwasser führende Fluss neben Treibholz auch Millionen von Stechfliegen im Gepäck hat und jemand vergessen hat, die Tür zuzumachen.
„Lebe deinen Traum?!?“
Von mir kriegt diese Aussage einen dicken Daumen nach oben.
… Weil schon die Suche nach dem eigenen Traum enorm spannend und herausfordernd ist,
… weil es nichts Schöneres gibt, als über neue Erfahrungen und Begegnungen nachzudenken,
… weil selbst Niederlagen einen für die Zukunft fähig machen,
… weil Frust genauso wie Höhenflüge zum Leben dazugehören.
Keinem der „Traum-Wandler“ wird das Leben auf dem Silbertablett serviert. Auch nicht von Gott, Jesus und auch nicht von den Engeln.
Es ist harte Arbeit. Immer und überall.
Stellen sich jedoch erste Erfolge ein, gelingen Vorhaben, überschreiten wir Grenzen … dann sind diese Gefühle der Burner – und durch nichts zu toppen! Auch nicht durch eine Stechfliegenarmee.
Mir kam ein Geisterfahrer entgegen. Morgens um halb fünf.
Ein fetter Nebel verschluckte das Abblendlicht. Den rechten Begrenzungsstreifen konnte ich nur erahnen – nur ein paar Meter weiße Linie zur Orientierung. Sonst nichts.
Auf diesem Streckenabschnitt gab es auch keine Gegenfahrbahn. Die wurde links um den Berg verbaut.
Ohne Vorwarnung spuckte der Nebelvorhang grelles Licht ins Fahrzeuginnere. Ein dunkler Golf heizte an mir vorbei und schon schloss sich die Nebelwand.
Das war ein Schock!
Mein erster Gedanke: Bin ICH der Geisterfahrer? Bin ICH auf den falschen Zubringer abgebogen? Bringe ICH Menschenleben in Gefahr?
Ohne Übertreibung: Dieses Wetter bringt dich dazu, deine Orientierung komplett zu hinterfragen oder noch schlimmer: zu verlieren.
Bei klarer Sicht ist alles wie immer. Du kennst jede Unebenheit, kannst die kommenden Ausfahrten auf hundert Kilometer auswendig aufsagen, weißt, wann dich der nächste Mäckes mit seinem Kaffee erwartet. Aber im Nebel?
Null und gar nichts.
Sollte ich die Polizei anrufen und einen Falschfahrer melden?
Was, wenn ich derjenige, welcher bin?!?
Mich selbst anzeigen?
Ich fuhr rechts ran und schaltete das Warnblinklicht ein. Ich musste überlegen.
Wie im Film checkte ich meine Lage und sprach laut in den Rückspiegel:
„Du bist auf der Autobahn. Da kam einer entgegen. Auf deiner Spur! War das meine Spur? Rechts fahren, du musst rechts fahren! Soll ich umdrehen? Welche Ausfahrt?“
Als ich „Ausfahrt“ sagte, dachte ich an die blauen, großen Hinweistafeln. „Wenn“, rief ich mir in Erinnerung, „wenn ich richtig fahre, MUSS das nächste Schild auf der rechten Seite stehen!“
Ich fuhr langsam weiter.
Schon nach kurzer Zeit stand’s vor mir: RECHTS! Groß und blau mit reflektierenden Buchstaben. Im gleichen Augenblick warnte der Verkehrsfunk vor einem Falschfahrer.
Der Typ! Der Golffahrer! Nicht ich!
Wahnsinn! Meine erste (und einzige) Geisterfahrerbegegnung.
Unser Leben kann safe, lichtblau durchflutet mit Regentagen im Gepäck auf dem Zeitstrahl dahinwandern.
Für Notfälle haben wir die passende Versicherungspolice im Täschchen und bei Bedarf spannen bezahlte Schutzengel ihr riesiges Fangnetz unter uns aus.
Denken wir. Hoffen wir.
Und doch sind wir nicht immer der Chef über links und rechts, oben und unten. Einsetzende Panik betoniert unseren Verstand an die (Gehirn-)Wand und wir drehen uns orientierungslos im Raum.
Keine Ahnung, welche Tipps dir der freundliche Guru, der laute Motivationstrainer oder ein wissender Preacherman gibt.
Atemtechniken helfen sicher weiter, um nicht völlig abzudriften.
Sich auf seine eigenen Fähigkeiten zu besinnen ist auch nicht das Schlechteste.
Und zu Gott schreien … das mache ich auch.
Genau genommen praktiziere ich alle drei Angebote.
Die schwierigste Herausforderung dabei?