Maddrax 425 - Sascha Vennemann - E-Book

Maddrax 425 E-Book

Sascha Vennemann

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Beschreibung

Die beiden Menschen Maddrax und Aruula haben schon früh nach ihrer Ankunft die Aufmerksamkeit des Initiators Starnpazz erregt. Im Geheimen hat er ihnen sogar geholfen, da er mit den Plänen seines Volkes nicht konform geht. Nun bietet sich die Möglichkeit, mehr über die beiden und ihre Spezies zu erfahren. Ein Scout soll durch das Wurmloch auf deren Heimatplaneten entsandt werden, um weitere Informationen über eine Eignung zu sammeln. Starnpazz meldet sich für den Job - nicht ahnend, dass ihn eine sterbende Welt erwartet ...

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Seitenzahl: 150

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Inhalt

Cover

Impressum

Hilfreiche Links

Was bisher geschah …

Zielpunkt: Erde

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Koveck und Néstor Taylor, Agentur Ortega

Autor: Sascha Vennemann

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2877-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

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Serie

Covermaler/in

Autor/in

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ihre Achse verschiebt sich und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Staffel durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 versetzt wird. Nach dem Absturz retten ihn Barbaren, die ihn „Maddrax“ nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, auf einen von zwanzig Monden um einen Ringplaneten versetzt werden.

Sie finden sich – wie Xaana und der Smythe-Roboter zuvor – auf dem Mond Terminus wieder, wo sie ein Psi-Feld ihr früheres Leben vergessen lässt! Immer wieder werden Bewohner von den „Initiatoren“ ihrer Persönlichkeit beraubt. Unterwegs zu deren Turm geraten Matt und Aruula in einem unterirdischen Kerker an das mächtige Volk der Saven, die ein Quantenbewusstsein in Aruula installieren. Im Turm öffnet der „Schläfer“ das Gefängnis und schickt die beiden zum Wassermond Aquus, wo sie auf Hydree treffen, eine Rasse, deren Nachkommen heute auf der Erde leben. Die Fischwesen geben Matt und Aruula ihre Erinnerungen zurück. Mit der Hilfe eines Hydree reisen sie zum Mond Binaar, wo der Smythe-Roboter gelandet sein dürfte. Hinter ihnen sprengt der Hydree den Transferturm.

Auf Binaar werden sie getrennt. Während Matt in eine Ersatzteil-Zucht gesperrt wird, trifft Aruula den Avatar eines Initiators, der in den Menschen Potenzial sieht und ihnen hilft, dann aber vom Smythe-Roboter übernommen wird. Der stellt ihnen eine Falle. Matt und Aruula geraten in eine düstere Version des postapokalyptischen Waashton, in dem Smythe gottgleich regiert. Von dort gelangen sie durch einen Spiegel ins Washington des Jahres 2011, das als Gegengewicht fungiert und in dem Smythe keine Macht hat. Als sie ihn dort durch einen Trick vom Secret Service festsetzen lassen, können sie die Simulation verlassen. Sie werden von Renegaten angeheuert, einen angeblichen Überläufer aus einem Kerker der Initiatoren zu befreien. Er stellt sich als Schwarmintelligenz aus Myriaden winziger Bots heraus, die für die Cyborgs ein „Projekt Exxus“ vorantreiben sollen. Weil Matt und Aruula nun von dem Projekt wissen, werden sie festgehalten. Sie fliehen in die giftige Binaar-Atmosphäre und werden von dem Cyborg Borm gerettet, der früher ein Bio war und dessen Geist in einen Robotkörper gebannt wurde. Sie helfen ihm, seine (organische) Freundin zu retten, die aber stirbt. Zum „Dank“ stiehlt Borm nun ihre Körper, die sie erst nach etlichen Verwicklungen zurückerobern können. Dabei befreien sie Mosse, den Renegaten-Chef, aus der Hand der Initiatoren, wofür er ihnen Schutz und Unterschlupf zusagt. Ein Lippenbekenntnis, denn ein Roboter-Kind soll die beiden töten – während sich der Stadtteil Exxus aus Binaar löst und ins All startet!

Zielpunkt: Erde

von Sascha Vennemann

PROLOG

Hykton, Hauptstadt der Hydriten, Erde

Quart’ol hielt die Daumen seiner Flossenhände in den Fäusten verborgen – eine unbewusste, menschliche Geste. Ein Relikt aus der Zeit, als sein Geist mit dem des Menschen Matthew Drax verbunden gewesen war; er drückte sich selbst die Daumen. Jetzt gilt es … Sein unruhiger Blick glitt über die Mitglieder des HydRats, die sich nach einer erstaunlich kurzen Beratungszeit wieder in der Sitzungskammer eingefunden hatten. In ihren starren Gesichtern konnte er nichts erkennen, was einen Rückschluss auf ihre Entscheidung zuließ, aber ihre Anspannung war unübersehbar.

„Es tut uns leid, Quart’ol“, sagte die Sprecherin des Rats, „aber wir müssen dein Gesuch ablehnen. Wir werden der Menschheit keine Zuflucht in unseren Städten gewähren!“

Augenblicklich wich die Anspannung aus Quart’ols Körper. Fast übergangslos erfasste ihn die Resignation. Es war ja nicht so, dass er mit dem Ergebnis nicht gerechnet hätte. Aber es ausgesprochen zu hören, schmerzte ihn mehr, als er es für möglich gehalten hätte.

Obwohl er wusste, dass es sinnlos war, wollte er seinen Antrag noch einmal verteidigen. „Verehrte Mitglieder des Rates, euch scheint die Tragweite der Katastrophen auf der Erdoberfläche nicht in vollem Maße bewusst zu sein, sonst könntet ihr nicht guten Gewissens so entscheiden! Täglich sterben Menschen, ihre Heimat wird unbewohnbar durch Sturmfluten und Orkane, Unwetter und andere Katastrophen! Wir können doch nicht einfach dabei zusehen, wie …“

„Wir wissen sehr wohl, was oberhalb der Meere vor sich geht“, unterbrach ihn die Vorsitzende. „Denkst du, wir haben die stärkeren Gezeitenströme nicht registriert? Die Wasserbewegungen in der Nähe des Kontinentalschelfs sind enorm geworden, und wir mussten auch schon die Befestigungen unserer Gebäude verstärken.“

Quart’ol klackte bestätigend. „Trotzdem ist es unter Wasser sehr viel sicherer, auch in den nächsten Jahren“, erwiderte er. „Die Situation an Land wird sich kontinuierlich verschlechtern. Noch gibt es Rückzugsgebiete für die Menschen, aber wenn wir ihnen helfen wollen, müssen wir jetzt handeln und alles vorbereiten. Eines nicht mehr allzu fernen Tages wird es zu spät sein.“

Ein älterer Hydrit räusperte sich und beugte sich vor. „Spätestens, wenn der Mond auf die Erde stürzt, sind wir alle des Todes“, murmelte er mit einem Fatalismus, der Quart’ol vor Fassungslosigkeit das Wasser aus den Kiemen pressen ließ. „Warum sollten wir uns bis dahin mit den Menschen belasten, wenn wir doch selbst genug mit dem Überleben zu tun haben? Es geht ja nicht nur darum, sie bei uns aufzunehmen. Sie müssen versorgt werden, sind nicht an das Leben unter Wasser angepasst. Sie benötigen Kleidung, Essen, und nicht wenige von ihnen neigen zu Verbrechen und Gewalt …“

Zustimmendes Schnalzen erklang von den restlichen Mitgliedern des HydRats.

Quart’ol schwoll die Kammflosse vor Wut. „Wir reden hier über intelligente Wesen, und das wisst ihr auch! Wie könnt ihr nur so etwas sagen? Ihr wisst selbst, was Menschen wie Matthew Drax schon für diesen Planeten, der auch der unsere ist, geleistet haben. Ohne ihn wäre die Erde schon längst das Opfer hausgemachter oder kosmischer Katastrophen geworden. Warum nehmt ihr nicht ihn als Beispiel, wenn ihr die Menschen schon alle über einen Kamm scheren wollt?“

Die Vorsitzende erhob sich und mit ihr alle anderen Ratsmitglieder. „Es bleibt dabei, Quart’ol: Es geht nicht. Das kann die Union der Hydriten einfach nicht leisten. Nicht für eine ganze Spezies, und auch nicht für ein paar wenige Exemplare“, sagte sie mit Nachdruck. „Die Menschen müssen sich selbst helfen.“

Quart’ol schwieg, als der Rat sich zurückzog und ihn allein in der Kammer zurückließ. Grimmig mahlte er mit den spitzen Zähnen und entließ seine malträtierten Daumen aus der Umklammerung. „Toll“, zischte er. „Ganz toll!“

Er war enttäuscht. Natürlich konnte er auch die Motive des Rats verstehen, aber nicht gutheißen. Angesichts der globalen Katastrophen, die die Erde seit gut zwei Jahren immer stärker heimsuchten, wäre die Hilfe nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Der alte Hydrit hatte schon recht: Wenn der Mond schlussendlich auf sie herabstürzte, war alles Leben auf dem Planeten dem Untergang geweiht. Trotzdem hatte er gehofft, die intelligenten Spezies könnten angesichts der Bedrohung näher zusammenrücken und vielleicht sogar gemeinsam Strategien entwickeln, wie es weitergehen konnte. Nun, anscheinend war es genau anders herum: Jetzt wurde zuerst an sich selbst gedacht.

Aber ich gebe nicht auf!, dachte Quart’ol, während er die Kammer des Rats verließ und durch die Stadt zurück zu seiner Transportqualle schwamm. Den HydRat um Hilfe zu bitten, war nur eine der Möglichkeiten, an die er zusammen mit seinen Freunden vom Hort des Wissens gedacht hatte. Es gab noch andere Ideen.

Der Hydrit sah nicht zurück, als er Hykton verließ. Während die Dunkelheit in der Tiefe des Atlantiks ihn verschluckte, dachte er an seinen Freund Maddrax. Seit seinem Aufbruch zum CERN vor etwa einem Jahr hatte man nichts mehr von ihm und Aruula gehört, sie galten als verschollen.

„Wo bist du, alter Freund?“, klackte Quart’ol abwesend. „Ich könnte deine Hilfe gerade gut gebrauchen …“

Und nicht nur ich, setzte er in Gedanken hinzu. Die ganze Welt …

An einem unbekannten Ort

Starnpazz setzte ganz vorsichtig einen Fuß vor den anderen und wartete darauf, dass das leichte Gefühl des Schwindels sich legte, während sich die Verbindung zwischen dem Avatar und seinem eigentlichen Körper synchronisierte. Es fühlte sich nicht viel anders an, als einen der Robotkörper auf Binaar zu benutzen und dennoch waren da kleine Unterschiede, an die er sich erst gewöhnen musste: die nicht ganz so kräftigen Arme mit weniger Reichweite, die geringe Körperhöhe und die langsamere Geschwindigkeit bei der Fortbewegung aufgrund kürzerer Beine. Ein bisschen ungewohnt, aber keinesfalls unangenehm. Es mochte ein neuer Avatarkörper sein, aber Starnpazz fühlte sich wohl in ihm. Damit würde er auch über den erwarteten längeren Zeitraum, den er in ihm verbringen musste, zurechtkommen.

„Synchronisierung abgeschlossen“, meldete sein Kollege in der Startkammer. „Motorische Selbstanalyse?“

Starnpazz aktivierte per Gedanken das interne Diagnosesystem des Robotkörpers. Alle Systeme meldeten sich einsatzbereit. „Erfolgt. Keine Beanstandungen“, antwortete er mit der Stimme des Avatars.

Wie seltsam sie klang … viel tiefer und dröhnender als seine eigene. Starnpazz hatte zwar die Möglichkeit, sie nachträglich noch zu modulieren, aber diese Frequenz war nicht ohne Grund ausgewählt worden. Sie entsprach der eines erwachsenen männlichen Menschen und war aus allen möglichen Sprachmustern entwickelt worden, die sie in Jacob Smythes Erinnerungsdaten gefunden hatten. Nur ein Teil der Tarnung, die seinen neuen Körper ausmachte – seine zweite Haut auf Zeit.

Der Kollege musterte ihn mit abschätzendem Blick. „Du siehst wirklich aus wie einer von ihnen, Starnpazz. Da haben unsere Designer wirklich gute Arbeit geleistet.“

Angesichts der Wichtigkeit seines Auftrags war das ja wohl auch das Mindeste, fand Starnpazz. Er wandte sich mit einem Nicken von seinem Gegenüber ab und betrachtete sich in der spiegelnden Oberfläche eines metallenen Panels.

Er hatte keine Ahnung, ob man ihn nach menschlichen Maßstäben als schön bezeichnet hätte. Er wusste, dass Attraktivität unter Menschen oft und instinktiv mit Vertrauen gleichgesetzt wurde, und soweit er das beurteilen konnte, hatten die Ingenieure gute Arbeit geleistet. Und dennoch …

Er trat näher an sein Spiegelbild heran. „Ist die Gesichtshaut nicht normalerweise etwas glatter?“, fragte er. „Mir kommt es so vor, als werfe sie Falten, wo keine sein sollten.“

„Besser bekommen wir es nicht hin“, meinte sein Kollege. „Normalerweise überziehen wir Avatare nicht mit künstlichen Hautschichten. Das ist auf Binaar und den anderen Monden nie nötig gewesen.“ Er winkte ab. „Es ist nah genug dran. Es gibt Krankheiten und Mutationen auf der Erde …“ Er lachte. „So lange du nicht viel zu viele Extremitäten und Facettenaugen hast, wird man dich sicher als Mensch erkennen.“

Was ich erst herausfinden werde, wenn ich dort bin, dachte Starnpazz mit einem Anflug von Nervosität. Aber nun gab es kein Zurück mehr. Er würde den Auftrag ausführen müssen, und so wenig ihm das möglicherweise auch gefiel – er war der Beste für den Job.

Vorsichtig zupfte er an der Kleidung herum, in die man den Avatar gehüllt hatte. Es gab einige Referenzdaten in den Speichern, auf die Starnpazz während seiner Mission zurückgreifen konnte, und auch in den Erinnerungsprofilen von Matthew Drax, Aruula und Xaana waren Eindrücke und Bilder vorhanden gewesen, anhand derer man etwas zusammengestellt hatte.

Es ging vor allen Dingen darum, möglichst wenig aufzufallen. Die Hose und das längere Übergewand aus hellem Leinen schienen das Neutralste zu sein, was man tragen konnte. Der orangene Gürtel, der das Gewand etwa auf Hüfthöhe umrahmte, ließ eine hagere, aber muskulöse Statur erkennen. Auch wenn dem Roboter Kälte nichts anhaben konnte, hatten die Designer darauf bestanden, dass Starnpazz einen Kapuzenumhang mitführte. Es gab Temperaturparameter auf der Erde, bei denen es angebracht sein würde, sich entweder des Umhangs zu entledigen oder ihn anzulegen.

So viele Variablen … so viele verschiedene Dinge, auf die ich achten muss. Er fasste die Aufschläge der Kapuze und zog sie sich auf den von schütterem gräulichen Haar bedeckten Schädel. Würde man ihn wirklich als Menschen anerkennen?

Starnpazz wandte sich wieder an den Techniker, der ihn interessiert beobachtet hatte. „Ich aktiviere jetzt das Bio-Tarnfeld“, sagte er. Äußerlich änderte sich nichts, aber das war auch nicht der Hintergrund dieser Funktion. Seine Hülle musste der optischen Tarnung genügen, aber er wusste, dass die Menschen – zumindest jene technisch Versierten, für die er sich zu interessieren hatte – andere Möglichkeiten besaßen, um zu überprüfen, ob ihr Gegenüber wirklich organisch beschaffen war.

Der Techniker murmelte etwas und blickte auf die Anzeigen einer Konsole, die in der Nähe stand. Starnpazz erkannte sein eigenes Konterfei, das dort schematisch abgebildet war. „Die emittierten Werte sind täuschend echt“, sagte er tonlos. „Herzschlag, Atmungsfrequenz, gekoppelt an den Zwerchfellblasebalg, CO²-Ausstoß der internen Gasfilter … Herzlichen Glückwunsch, du bist jetzt auch auf den Erfassungsgeräten ein Mensch, Starnpazz!“

Was für eine Freude!, dachte Starnpazz sarkastisch. Das wollte ich schon immer sein …

Wäre ihm nicht die Panne unterlaufen, Matthew Drax und Aruula während ihres Aufenthalts in Toxx zu verlieren, wäre er nie an diesen Punkt gelangt. Er hatte alles versucht, die beiden wieder aufzuspüren, hatte ihnen Verfolger hinterhergeschickt und hätte sie auf Binaar beinahe geschnappt, wenn nicht irgendjemand sein Signal blockiert und ihn aus seinem dortigen Avatar geworfen hätte.1)

Welche eine Schmach war es gewesen, dies den anderen zu berichten. Dass man ihn überhaupt mit der wichtigen Mission betraute, lag nicht allein daran, dass er am meisten über die Menschen wusste. Jeder andere Initiator hätte sich die Daten auch aneignen können.

Nein, er wusste, dass er es ganz bestimmten Freunden zu verdanken hatte, dass man ihn schickte. Und damit verbunden waren ganz bestimmte Hoffnungen abseits des Auftrags, den er ausführen sollte.

Gedankenversunken griff er in die Taschen seiner Hose, durch die hindurch er in Aussparungen an seinen Oberschenkeln gelangen konnte. Nach und nach zog er die Dinge hervor, die er mitnehmen würde. Eine kleine Box mit einem dunklen Granulat darin, einen Brocken Mintan, den er sowohl für die Versorgung des Robotkörpers als auch anderweitig benutzen konnte, und noch einige andere Dinge.

Interessiert drehte er den etwa handtellergroßen Gegenstand in den Händen, über den man ihn erst kürzlich gebrieft hatte. Die mobile Mental-Scaneinheit klammerte sich mit kleinen Krällchen in der Haut fest und verrichtete ihre Arbeit in einer Zeitspanne von etwa acht bis zehn Zentos. Informationsbeschaffung war ein weiterer wesentlicher Teil seines Auftrags.

Seine Auftraggeber und er wollten auf möglichst viele Eventualitäten vorbereitet sein. Einzig auf Waffen jedweder Art hatten sie verzichtet. Seine Mission war eine friedliche, und er nahm den Beinamen „Friedenswahrer“, den ihnen die ersten Einwohner von Toxx einst verliehen hatten, immer noch sehr ernst.

Während Starnpazz den Rest seiner Ausrüstung überprüfte, hatte sich der Techniker bereits ans Kopfende des schmalen Raumes begeben, um die Wurmloch-Transportkapsel startklar zu machen. Es war ein Einsitzer, in dem sein Körper bequem Platz finden würde, zumal der Transfer selbst nur wenige Augenblicke dauerte. Zudem brauchte der Robotkörper keine auf ihn geeichte Lebenserhaltung, was die Sache noch einfacher machte.

Den frei gewordenen Platz nahm eine Signalverstärker-Barke ein, die dafür sorgen sollte, dass das Signal zum Ringplaneten jederzeit bestehen blieb. War ein Ausfall der Verbindung zum Mond Binaar schon in manchen Situationen kritisch, so konnte er während dieser Mission zu einer Katastrophe führen.

Der Kollege warf ihm einen auffordernden Blick zu. „Bereit?“, fragte er.

Starnpazz wurde mulmig. Es kam äußerst selten vor, dass sich einer der Ihren durch das konstante Wurmloch über der Rotationsachse der Sonne auf den Weg in eine der Herkunftswelten machte. Soweit Starnpazz bekannt war, war das noch nicht einmal eine Handvoll Male geschehen, und die letzte derartige Mission lag schon einige Umläufe zurück.

Wie war sie eigentlich ausgegangen? Starnpazz’ Zweifel verstärkte sich. Wenn man nichts davon gehört hatte, bedeutete dies nichts Gutes.

Trotzdem kletterte Starnpazz in die aufrecht dastehende Transferkapsel und verankerte sich in der Halteschale. „Bringen wir es hinter uns“, meinte er mit seiner Menschenstimme, in einer Sprache, die die Menschen „Englisch“ nannten und die laut Smythes Erinnerung einst die am meisten verbreitete Sprache auf der Erde gewesen war.

Sein Artgenosse legte den Kopf schief. „Was?“

Starnpazz aktivierte die integrierte Translatorfolie in seinen Spracherzeugern und wiederholte, was er gesagt hatte. Diesmal verstand ihn der Kollege.

„Der Zentralturm ist auf das Wurmloch ausgerichtet“, berichtete dieser. „Der Transfer zur Erde kann jederzeit beginnen. Denk immer daran, dass du während der Mission auf dich alleine gestellt bist – niemand kann sich von hier aus in deine Verbindung einklinken. Und eine Rückkehr ist nur in unmittelbarer Nähe zum Wurmloch möglich.“

„Das ist mir bekannt“, sagte Starnpazz leicht unwirsch; eine Folge seiner Nervosität.

Der Techniker sah es ihm nach. „Es wird schon gutgehen. Viel Erfolg!“ Auf einen Knopfdruck hin schloss sich die Kapsel und es wurde dunkel um Starnpazz.

Die Situation erinnerte ihn daran, wie er sich vor wenigen Zentos nicht weit von hier entfernt in den Alkoven begeben hatte, in dem sein wahrer Körper ruhte, während sein Geist in dieser Maschine steckte.

Den Transfer würde er nur an den Erschütterungen beim Durchgang erkennen. Der Zentralturm auf dem Ringplaneten war dreimal so groß wie seine Pendants auf den Monden und entsprechend leistungsfähiger. Er allein konnte die Strecke zum Wurmloch überbrücken. Die Umlaufbahn des Ringplaneten um seine Sonne war leicht elliptisch, aber dadurch, dass das Wurmloch fix über der Rotationsachse der Sonne stand, war es immer erreichbar.

Auch auf der Erde gab es ein stabiles Wurmloch. Starnpazz kannte sich nicht in Astrophysik aus, aber er wusste, dass Wurmlöcher überall im Universum dort entstanden, wo das Raum-Zeit-Gefüge instabil wurde. Sie mussten dann nur noch mit dem hiesigen Wurmloch verknüpft werden. Den Grundstein hatte vor Jahrhunderten die Forschungsstation für temporale Experimente auf Terminus gelegt. Die ersten Fremden, die zufällig hindurch kamen, waren die Pancinowa gewesen; jene Spezies, der sie auch die Translatorfolien verdankten.2) Bei seinem Exemplar handelte es sich um eine Weiterentwicklung, die in der Lage war, aufgrund der phonetischen Analyse fremde Sprachen selbstständig zu entschlüsseln.

Auch auf der Erde gab es ein fixes Wurmloch. Starnpazz wusste nicht, welches Ereignis zu seiner Entstehung beigetragen hatte. Er wusste nur, dass es bisher vier Individuen hindurch geschafft hatten. Zurück war noch keiner gegangen. Er würde der Erste sein.