Maddrax 492 - Sascha Vennemann - E-Book

Maddrax 492 E-Book

Sascha Vennemann

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Beschreibung

Während der Arbeiten im Very Large Array in New Mexico wird Matt unvermittelt nach Cancriss gerufen; es gäbe "Probleme mit seiner Gefährtin". Voller Sorge macht er sich auf die Reise, nicht ahnend, dass Aruula aus der Forschungsstation geflohen ist - und dies aus gutem Grund.

Auf Novis müssen derweil die einstmals verfeindeten Gruppen des Widerstands und der Sicherheit zusammenarbeiten, um den Bau der hydritischen Klon-Fabrik vorzubereiten. Doch nicht jeder ist mit den Plänen, eines der Binnenmeere weiter aufzufüllen, einverstanden...

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Seitenzahl: 154

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Wilde Gestade

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Néstor Taylor/Bassols

Autor: Ben Calvin Hary & Sascha Vennemann

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7341-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, die verschiedene Spezies durch das Wurmloch entführen, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. So geraten auch Matthew, Aruula und Matts Tochter Xaana in das fremde Sonnensystem, stoßen jedoch durch die Einmischung der Kontras auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Man will einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umsiedeln, um deren Gehirne für eine Art Superrechner zu nutzen! Doch die Gefährten werden ihrer Erinnerungen beraubt; so helfen sie in gutem Glauben den Initiatoren. Matt und der Initiator Hordelab reisen zur Erde, um hochstehende Zivilisationen zur Evakuierung zu finden, begleitet von Xij, der Mutter Xaanas, und deren Mann Tom Ericson.

In Agartha wurde nach den Plänen der Initiatoren eine Transportplattform gebaut, mit der Hordelab das Wurmloch an jeden Ort der Erde versetzen kann. Die Evakuierung beginnt. Dann jedoch zerstören fanatische Rev’rends die Plattform. Dabei gerät das Wurmloch außer Kontrolle; Hordelab wird ohne Erinnerung von den anderen getrennt. Die durchqueren das Wurmloch mit einem Gleiter und erfahren auf Novis, dass die Offerte der Initiatoren eine Falle ist. Sie suchen Hilfe bei den Kontras und bauen gleichzeitig den Widerstand gegen Aran Kormak auf, einem machtgierigen Colonel von der Erde.

Matts erfährt die Geschichte der Initiatoren: Einst kristallisierte ihr Planet Kasyn und zwang sie, auf einen der Monde umzuziehen. Um sich vor der Kristallstrahlung zu schützen, entwarfen sie einen mit Gehirnen betriebenen Mentalschild. Und es gibt eine Möglichkeit, die Erde zu retten! Dazu muss Matt Kontakt mit den Pancinowa aufnehmen. Zusammen mit der Kontra Scyprana wagen er und Aruula die Reise nach Cancriss. Matt trägt seine Bitte vor – der unter einer Bedingung entsprochen wird: Die Pancinowa wollen Aruulas Lauschsinn erforschen. Sie willigt ein, dort zu bleiben.

Zusammen mit Scyprana und drei Pancs kehrt Matt auf die Erde zurück … wo Xij eine geniale Idee hatte: Mit der Klontechnik der Erd-Hydriten könnten genügend Gehirne gezüchtet werden! Doch bevor man die Initiatoren kontaktieren kann, greift Colonel Kormak die Siedler und Rebellen an, scheitert aber dank dem organisierten Widerstand und Ones Hilfe. Dann geht alles Schlag auf Schlag: Die Initiatoren nehmen die Idee dankbar an und eine Expedition zur Erde startet, um die Rettung der Erde vorzubereiten. Dazu müssen sie ein Radioteleskop finden, dessen Schüssel ein Wurmloch von ausreichender Größe erzeugen kann. Sie finden es im VLA, dem Very Large Array in New Mexico.

Wilde Gestade

von Ben Calvin Hary & Sascha Vennemann

In einem Loch im Boden, da lebte es.

Es lebte gerne dort, denn es liebte die Dunkelheit. In ihr fühlte es sich sicher. Licht, wie das der Sonne, tat ihm weh, wenn es auf seinen Körper traf. Das war schon oft geschehen, und Schmerzen waren ihm wohl unbekannt. Genauso wie Hunger oder Angst. Doch im Moment fühlte es nichts davon.

Es hatte gefressen, neulich erst. Große Nahrung war das gewesen. Viel Nahrung. Wesen mit acht Beinen – fast so viele, wie es Tentakel besaß.

Satt und sicher fühlte es sich. Jetzt wollte es schlafen.

Doch dann hörte es, wie jemand nach ihm rief …

Das Wesen erinnerte sich. Es kannte diesen Ruf, hatte ihn bereits einmal vernommen! Kurz nachdem es die Schmerzen verspürt hatte, dort, wo es den Hunger und die Angst immer am deutlichsten spürte: tief in sich drin.

Langsam begann sich das Wesen in seinem Loch zu bewegen. Die Muskeln und Fasern in den Tentakeln spannten sich an und erschlafften. Es hatte sie eng um den Körper geschlungen und sich so klein wie möglich gemacht.

Da war er wieder – der Ruf! Früher, vor dem Schmerz in seiner Mitte, hatte es den Ruf nie gehört. Aber danach war es, als sei er schon immer da gewesen. Der Ruf war gut – er führte zu neuer Nahrung.

Er hatte das Wesen gelenkt, durch weiche und harte Böden, über Gesteinsschichten hinweg und unter ihnen durch, bis hin zum Ziel. Dort war die Beute: Achtbeiner, hart und schwer zu knacken, aber nahrhaft.

Sie zu fangen, war einfach. Sie ließen sich in den Boden ziehen; das Wesen musste nicht einmal hinaufsteigen zum schmerzvollen Licht.

Noch einmal der Ruf. Er kam von oben, von der Oberfläche. Wie beim letzten Mal.

Endlich erwachte es ganz aus seiner Starre. Es musste gehorchen, der Ruf war stark. Seine Tentakel begannen sich durch das Erdreich zu wühlen. Lockere Erde rutschte nach und füllte das Loch, in dem es geruht hatte, schuf einen Gang, der schräg nach oben führte.

Das Wesen verstand nicht, was der Rufer ihm mitteilen wollte. Es bewegte sich wie von selbst, wusste, hörte und sah Dinge, die nicht aus ihm selbst zu kommen schienen. Das hatte ihm zuerst Angst gemacht, aber danach war alles gut gewesen. Es hatte gejagt, gefressen und geschlafen. Was wollte es mehr?

Ganz nah an der Oberfläche war es jetzt. Es spürte schon das Licht, das auf den Boden schien und die obersten Schichten erwärmte. Bevor es die schützende Krume durchbrach, hielt es inne und schob einen einzelnen Tentakel nach oben.

Das Wesen wartete auf den Schmerz der Lichtberührung, aber der blieb aus. Wer immer es gerufen hatte, wusste, dass die Helligkeit ihm schadete, und hatte vermutlich einen schattigen Platz ausgesucht.

Tastend reckte es den Fangarm empor. Da war ein anderes Wesen, so wie beim letzten Mal. Sie berührten sich sanft. Und wieder sah es Dinge, die es selbst nicht sehen konnte, witterte Beute an Orten, an denen es noch nie gewesen war. Spürte den Drang, sich dorthin zu graben.

Und da waren noch andere: Artgenossen, Jagdgefährten. Sie hatten gemeinsam Achtbeiner gefressen. Was würde diesmal ihre Beute sein?

Der Ruf wies ihnen die Richtung. Also gruben sie weiter.

Stadt Thalhain – Planet Cancriss

Inbrünstig schließen die Liebenden sich in die Arme. Der Sand unter ihren Füßen ist feucht von der Brandung des Ozeans. Vor dem Hintergrund der untergehenden Sonne treffen sie einander zum ersten Mal seit Jahren.

Endlich konnten sie die Schranken überwinden, die ihre tyrannischen Eltern ihnen setzten. Ihre Lippen finden sich. Eine Ewigkeit des Verlangens löst sich auf in einem einzigen knisternden Moment.

„Warum zeigt ihr mir diesen Quatsch?“ Verschämt wischte sich Aruula eine Träne aus dem Augenwinkel. Kabel, die am Ärmel ihres silbrigen Overalls steckten, blieben an ihrem Kinn hängen und erinnerten sie daran, wo sie sich aufhielt.

Der Strand und das Paar waren ein Trugbild. Es spielte sich auf den Innenseiten eines würfelförmigen „Hutes“ ab, den ihre Gastgeber ihr aufgesetzt hatten und der ihren Kopf etwa zur Hälfte bedeckte. Elastische Bänder fesselten ihre Arme und Beine an ein Haltegestell. Aruula konnte sich bewegen, blieb aber an Ort und Stelle fixiert.

„Wir präsentieren dir diesen Quatsch, um die Auswirkungen emotionaler Beeinflussung auf deine Gehirnwellen und damit als Stimulus für deinen Lauschsinn zu analysieren“, gab die Pancinowa Lashor kryptisch zurück.

Verständnislos blickte Aruula in die Richtung, aus der Lashors Stimme kam. Das Bild der Liebenden hing ihr starr vor Augen und versperrte die Sicht.

Die Heilerin – oder Regeneratorin, wie man sie hier nannte – weilte erst seit kurzem wieder auf Cancriss. Vorher hatte sie sich auf der Erde aufgehalten und Maddrax unterstützt, der den Planeten zu retten versuchte.

Zuhause, dachte Aruula wehmütig. Wie lange hatte sie die Erde nun nicht mehr gesehen?

Sie verdrängte den Gedanken. Das Heimweh half ihr nicht. Durchhalten!, ermahnte sie sich.

„Ich denke, wir haben genug Daten. Machen wir weiter“, sagte Lashor.

Das Abbild der Küste und der Liebenden im Meer verblasste. Der Würfelhut hob sich unter leisem Surren von Aruulas Stirn.

Angesichts des langgestreckten Raums, in dessen Mitte das Gestell stand, wünschte sich Aruula an den Strand zurück.

Die Drähte und Kabel, die mit ihrem Anzug verbunden waren, verschwanden in blinkenden Apparaturen zu beiden Seiten ihres Sichtfeldes. Das Labor bestand aus hellen Wänden, denen eine Bemalung oder aufgehängte Blumenkränze gutgetan hätten. Die Räumlichkeiten wirkten künstlich und leblos.

Pancinowa wuselten im Hintergrund umher, ohne Blickkontakt mit Aruula aufzunehmen. Die „Fremdweltlerin“ – sie wusste durch ihren Lauschsinn, dass man sie hinter vorgehaltener Hand so nannte – war ihnen unheimlich.

Auf einer mattgläsernen Fläche, die einen Großteil der Stirnwand einnahm, stellten wellenförmige Zeichnungen Aruulas Gedanken und ihren Lauschsinn dar, die, wenn sie Lashors Erklärung glaubte, die Saugnäpfe an ihrer Stirn aufgenommen hatten.

Die Forschungsleiterin stand gedankenverloren an einem Pult und starrte ins Leere. Offenbar studierte sie Unterlagen, die das Gestade-Imprint direkt in ihren Geist einspiegelte.

„Rolttar. Du kannst“, sagte sie, ohne aufzusehen.

Der Angesprochene – Lashors Assistent – kam aus einem Nebenzimmer und stellte sich neben Aruula. In der Hand hielt er eine riesige Spritze. „Das wird etwas wehtun“, verkündete er. „Ich entnehme dir Blut und genetisches Material.“

Unsanft drückte Rolttar die Nadel gegen Aruulas Armbeuge und stach zu. Die Nadel durchdrang Aruulas Haut.

„Au!“, rief sie und zuckte zusammen. Die Rührung, die sie eben noch angesichts des Liebespaares empfunden hatte, verflog. Wut trat an ihre Stelle.

Aruula hielt sich für leidensfähig, aber was diese Molchwesen seit zwei Tagen mit ihr anstellten, war eine Zumutung. Ohne Unterbrechung hatten sie sie gestochen, mit Gurten festgeschnallt, ihr Blut abgenommen, Drogen verabreicht oder sie auf andere Weise gepiesackt. Kleinigkeiten, aber in ihrer Gesamtheit machten sie ihr den Aufenthalt unerträglich.

Ächzend wünschte sie sich den „Freukrampf“ zurück. Der hätte wenigstens ihre Sinne benebelt und alles erträglicher gemacht. Doch zu Aruulas Schutz hatten die Pancinowa sämtliche Wurmlöcher des Stadtviertels abgeschaltet. Ihr euphorisierender Effekt konnte nicht auf Aruulas Verstand einwirken.

„Wann lasst ihr mich endlich hier raus?“, knurrte sie.

Rolttar zog die Nadel aus ihrer Armbeuge und betrachtete prüfend den blutgefüllten Glaskolben. Seine Sprechlamellen zitterten, als würde er daran schnuppern.

„Wir arbeiten an einer Lösung“, gab er beschwichtigend zurück, ohne sie dabei anzusehen. Mit der freien Hand deutete er auf eine etwa kopfgroße Metallklammer, die über einem niedrigen Ständer auf einem Schreibtisch im hinteren Bereich des Raumes hing. Drei Techniker machten sich mit blitzenden, spitz zulaufenden Werkzeugen daran zu schaffen.

„Was ist das für ein Ding?“, fragte Aruula.

Rolttar löste die Gurte, mit denen ihre Arme gefesselt waren. „Dieser Neutralisator wird, wenn er einmal funktioniert, Ihr Gehirn vor der Wirkung der Dämmfelder abschirmen.“ Nacheinander löste er die Kabel von Aruulas Anzug, bis sie sich wieder frei bewegen konnte.

„Toll“, knurrte sie, stieg aus dem Haltegestell und rieb sich die Armbeuge. Wo die Nadel sie gestochen hatte, rötete sich die Haut.

Sie trat auf die Techniker zu und betrachtete deren Werk misstrauisch. Das Gerät sah unbequem aus. Die Vorstellung, tagein, tagaus mit diesem Metallreif herumlaufen zu müssen, löste nicht gerade Begeisterung aus.

Du tust es für die Rettung der Menschheit, sagte sie sich. Und für die „Unverträglichen“, die ohne deine Hilfe weiterhin von ihren Artgenossen ausgegrenzt würden.1) Tapfer biss sie die Zähne zusammen.

Allmählich gewann sie die Fassung zurück. Mutig blickte sie Lashor an, die noch immer mit dem Pult beschäftigt war.

„Machen wir weiter“, verlangte sie.

Zwei Tage später gingen die Tests in „Phase zwei“, wie Lashor großspurig ankündigte. Für Aruula bedeutete es, dass ihre Laune weiter sank.

Wieder steckte sie in derselben Apparatur. Diesmal verzichteten die Pancinowa darauf, ihr den Würfelhelm aufzusetzen. Stattdessen klebte Rolttar ihr mit feuchten Saugnäpfen dicke Kabel an Stirn und Hals.

Erschöpft lehnte Aruula in dem Gestänge. Das Experiment dauerte schon einige Stunden. Dies war der zwölfte Versuch. Sie versuchte vergeblich, es sich bequem zu machen. Ihr Rücken presste sich unangenehm gegen kantiges Metall.

„Lesen Sie meine Gedanken!“, forderte Lashor.

Aruula versuchte, ihren Lauschsinn zu benutzen. Das war nicht einfach, denn wie immer war das Labor voller Pancinowa, deren Gespräche als Hintergrundgemurmel durch den Raum klangen, während Glaskolben klirrten, Rechenmaschinen piepsten und die Lüftung brummte.

Ein unangenehmes Ziehen breitete sich in Aruulas Schläfengegend aus, als sie den Lauschsinn auf Lashors Gedanken richtete. Der silberne Anzug klebte ihr schweißfeucht am Körper.

„Sehr gut, Aruula“, lobte Rolttar emotionslos. „Die Sensoren fangen Ihre Hirnwellen jetzt auf. Ich starte die Aufzeichnung. Lashor beobachtet die Auswertung gleichzeitig im Fokus ihres Imprints.“

Langsam entstand ein Bild in Aruulas Kopf. Sie sah sich selbst durch die Augen der Regeneratorin, wie sie schwitzend in dem silbernen Laboranzug an Rolttars Metallgestänge hing, den Kopf von Kabeln umhüllt. Sie hatte mehr Ähnlichkeit mit einem zum Trocknen aufgehängten Stockfisch als mit einer Kriegerin.

Allmählich drang Aruula tiefer in Lashors Geist, bis sie die „Daten“ erkannte – endlose Kolonnen seltsamer Zeichen, die die Wahrnehmung der Regeneratorin überlagerten. Von früheren Versuchen wusste Aruula, dass diese Zeichen vom Imprint stammten. Für Lashor war das sicher praktisch, doch das Wirrwarr machte eine mentale Verbindung nahezu unmöglich. Aruula war, als müsse sie zwei Wesen gleichzeitig belauschen. Sie wusste nicht, auf welche von beiden Ebenen sie ihre Aufmerksamkeit richten sollte.

„Was denke ich?“, drängte Lashor sanft.

Aus! Die Frage genügte, um Aruula aus der Versenkung zu reißen. Das Bild zerfaserte. Aruula stieß mit ihrem Lauschsinn nach, doch sie war am Ende ihrer Kräfte. Die schwülwarme Luft Thalhains laugte sie zusätzlich aus. Wütend riss sie die Saugnäpfe von ihrer Stirn.

Rolttar versuchte, sie daran zu hindern. Sie stieß ihn von sich.

„Was haben Sie jetzt schon wieder?“, beschwerte er sich. Andere Pancinowa, die im Labor ihren Forschungen nachgingen, warfen ihnen neugierige Blicke zu.

Aruula rang nach Worten. „Ich verstehe nicht, warum ich stundenlang ohne Pause wieder und wieder denselben Versuch machen soll“, schimpfte sie dann. „Ihre Unverträglichen hatten fünftausend Jahre lang keinen Zugriff auf die Gestade. Warum kommt es jetzt auf einen Tag an?“

Betretenes Schweigen breitete sich aus.

„Es tut mir leid, dass unser enger Zeitplan Sie überfordert“, entschuldigte sich Lashor schließlich. Der Vorwurf in ihrer Stimme war unüberhörbar. „Was können wir tun, um Ihnen diese Übung erträglicher zu gestalten?“

Frustriert ließ Aruula die Schultern hängen. „Ich weiß es nicht. Vielleicht, wenn wir den Gedankenpartner wechseln …?“ Es war ein Schuss ins Blaue. Wahllos deutete sie auf Rolttar. „Was ist mit Ihnen?“

Rolttar hob entsetzt die Hände. „Das geht nicht. Aus … religiösen Gründen. Sie würden es nicht verstehen.“ Er trippelte von einem Fuß auf den anderen. Das Thema schien ihm unangenehm zu sein.

Aruula hatte zu viel Anstand, um in ihn zu dringen, fragte sich aber, welche Gründe das sein mochten. Woran glaubten die Pancinowa überhaupt?

Lashor hatte keine Einwände gegen Rolttars Vorbehalt. Sie ging auch nicht auf Aruulas Vorschlag ein. „Machen Sie sich nach einer kurze Pause bereit für Durchgang dreizehn.“

Das war zu viel. Aruula kochte. Sie hätte sich auf einen weiteren Versuch eingelassen, aber die Überheblichkeit, mit der die Regeneratorin ihre Beschwerden einfach überging, regte sie auf. So durfte keiner mit ihr umgehen!

Ihr Kopf dröhnte, als hätte ihr jemand einen glühenden Schürhaken übergezogen. Ihr war schwindelig. Sie hatte Durst. Ihr war heiß. Die Luft war zum Ersticken. Aruula war am Ende dessen, was sie geben konnte und wollte.

Brüsk schüttelte sie den Kopf. „Nein. Die Untersuchung ist beendet!“, verkündete sie.

Aruula ignorierte den Protest der Forscher, schnallte sich von der Apparatur los und stürmte durch die Tür auf den Korridor hinaus. Niemand hinderte sie. Wenigstens etwas!

Ihre Zimmerflucht, in der sie seit Beginn der Tests lebte, befand sich zwei Türen weiter. Drinnen zog sie sich aus und stellte sich unter die „Dusche“.

Grüner Schleim quoll aus dem Duschkopf. Aruula sperrte den Mund auf und schluckte ihn angewidert herunter. Das Zeug schmeckte wie Algenbrei, aber wenigstens stillte es ihren Hunger.

Eine andere Möglichkeit, etwas zu essen, gab es im Institut nicht. Die Pancinowa kannten zwar auch feste Nahrung, meist tranken und aßen sie aber, indem sie sich Flüssigkeiten über die grobporige Haut kippten.

Als sie einigermaßen satt war, stellte Aruula den Nahrungsstrahl ab und rieb sich den Glibber vom nackten Körper. Sie trat aus der Dusche und in den Nebenraum.

Dort betrachtete sie ernüchtert ihr „Bett“: eine ebenfalls schleimgefüllte Metallwanne, die an der Kopfseite des Raumes stand. Lashor hatte sie ihr als „Luxusmodell“ angepriesen, doch für einen Menschen war sie als Schlafstätte gänzlich ungeeignet.

In einem Satz: Diese Unterbringung war einer Kriegerin unwürdig. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie das alles noch mitmachen würde.

Seufzend legte sie sich auf das gummiähnliche Material, mit dem das Zimmer ausgekleidet war, und wälzte sich unruhig hin und her.

Maddrax!, hauchte sie in Gedanken und lauschte in die Stille hinein. Sie sehnte sich nach menschlicher Nähe und nach ihrem Gefährten.

Ringmond, Ringplaneten-System

Der Fluss der Informationen, der durch One und das Kilian-Bewusstsein im Neuronator hindurchging, riss niemals ab. Ob Rechenanfragen zu den verschiedensten Problemen, Protokollierung von Gremialssitzungen, ja, sogar persönliche Aufzeichnungen des einen oder anderen Kasynari – wenn es die Kapazität des Hirnverbunds hergab, wurden die „organischen Komponenten“ gerne bemüht.

Der Neuronator bestand aus einer Vielzahl aus vernetzten Gehirnen – seit Kurzem vornehmlich denen von Menschen. Zwar waren immer noch einige Köpfe von Messianern in ihm verbaut, aber deren Leistung neigte sich rapide dem Ende zu.

Immer wenn sein Bewusstsein eines der erlöschenden Gehirne wahrnahm, musste Kilian unweigerlich an die Glut eines einstmals lodernden Feuers denken. Dort, wo einmal Synapsen geglüht hatten, war jetzt nur noch ein lahmes Zucken. Impulse brauchten wertvolle Millisekunden zu lang, um übertragen zu werden. Die eingelullten Bewusstseine, die in einem Zustand der Glückseligkeit dahindämmerten, wurden fadenscheinig und verschwanden; wie Geister, deren ätherische Substanz der feinste Windhauch zu zerstäuben drohte.

Meist von einem Augenblick auf den anderen erloschen diese glimmenden Überreste einstmals leistungsfähiger Gehirne und wurden mit neuen biologischen Komponenten aufgefüllt.

Du weißt, woher sie kommen, ließ sich One vernehmen.

Kilians Gehirn beherbergte einen Ableger des Sammelwesens. Sie beide – der ehemalige Mensch Kilian und das Kunstwesen von Binaar – waren die beiden einzigen aktiven Bewusstseine, die symbiontisch und im Geheimen im Hirnverbund saßen. Die Initiatoren wussten nichts von ihrer Anwesenheit, was es ihnen ermöglichte, Informationen für den Widerstand der Menschen auf Novis zu sammeln und sie ihnen über die Kontras zuzuspielen.

Natürlich weiß ich, woher die Gehirne kommen!, antwortete Kilian gereizt. Wenigstens sind die Siedler so nicht völlig umsonst gestorben …