Mein Leben in Rot und Weiß - Arsène Wenger - E-Book

Mein Leben in Rot und Weiß E-Book

Arsène Wenger

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Beschreibung

Dem Gegner immer einen Schritt voraus

Arsène Wenger gehört zu den erfolgreichsten Fußballtrainern der Welt. 22 Jahre lang stand er an der Seitenlinie des FC Arsenal und gewann mehrere Meisterschaften und Pokalsiege. Erstmals gibt Wenger tiefgehende Einblicke in sein Leben – seine Kindheit in Frankreich, seine Anfänge als Fußballer bis hin zu seinem Abschied in England. Aber was heißt für ihn Erfolg? Wie führt er Teams? Oder wie geht er mit Niederlagen um? Was war früher anders, was war besser, aber vor allem: was bleibt? Arsène Wenger erzählt seine Autobiographie – und schöpft dabei aus den Erfahrungen und Erkenntnissen seiner einzigartigen Karriere: Er gibt Auskunft darüber, welche Werte und Erfolgsprinzipien ihn zu seinen Erfolgen als Trainer geführt und zu dem Menschen gemacht haben, der er heute ist. Und er zeigt, dass ein starker Wille, Leidenschaft, harte Arbeit und Spielfreude, die sich aus Selbstvertrauen und Teamerfolg speist, nach wie vor unverzichtbar sind. Im Fußball, im Sport und darüber hinaus.

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Seitenzahl: 253

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Als Arsène Wenger 1996 in London seine Karriere beginnt, ist er ein Unbekannter – »Arsène who?« titelt die britische Presse. Innerhalb kürzester Zeit gelingt es ihm, aus Arsenal eine Mannschaft mit Kampfgeist, Ambition, Disziplin und einer einzigartigen Spielweise zu machen. Zielstrebig führt er den Club an die Spitze der Premier League und verfolgt dabei seine Mission: bessere Ergebnisse erzielen, die einzelnen Spieler fördern, die Struktur des Vereins ausbauen und das Bild in der Fußballwelt verbessern. Er verändert Stil und Angriffstaktik der Mannschaft, stellt die Ernährung der Spieler um und interessiert sich für alles, was neben dem klassischen Training ihre Leistungsfähigkeit erhöht. Ebenso wichtig sind ihm Werte wie Höflichkeit, Respekt und Haltung. Denn sein Bestes geben heißt für ihn auch, sich immer von seiner besten Seite zu zeigen – ein Anspruch, dem er selbst gerecht wurde, indem er grundsätzlich Anzug trug statt Trainingskleidung.

Arsène Wenger erzählt in seiner Autobiographie, welche Werte und Prinzipien ihn zu seinen Erfolgen als Trainer geführt und zu dem Menschen gemacht haben, der er heute ist. Und er zeigt, dass ein starker Wille, Leidenschaft, harte Arbeit und Spielfreude, die sich aus Selbstvertrauen und Teamgeist speist, nach wie vor unverzichtbar sind. Im Fußball, im Sport und weit darüber hinaus.

Arsène Wenger wurde am 22. Oktober 1949 in Straßburg geboren. Er ist Fußballfunktionär, - trainer und ehemaliger Spieler. Über Stationen in Frankreich und Japan kam er 1996 zum englischen Erstligisten FC Arsenal, bei dem er bis 2018 als Trainer tätig war. Seit Herbst 2019 ist er als »Direktor für globale Fußballförderung« beim Weltverband FIFA angestellt. Wenger hat eine Tochter.

Arsène Wenger

Mein Leben inRot und Weiß

Wie du Niederlagen überstehst

und Siege erreichst

Aus dem Französischen von Lina Robertz und Marion Herbert

Die Originalausgabe erschien 2020 in Frankreich unter dem Titel Ma vie en rouge et blanc bei Editions Jean-Claude Lattès.

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten

sind im Internet unter http://dnb.de abrufbar.

Aus dem Französischen von Lina Robertz und Marion Herbert

Copyright © 2020 by Editions Jean-Claude Lattès

© der deutschsprachigen Ausgabe 2020 Ariston Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten

Redaktion: Gisela Klemt

Bildnachweis: Bildteil 1 – alle Rechte vorbehalten, bis auf siehe hier © L’Équipe, siehe hier, hier© J.League und siehe hier, hier, hier, hier, hier, hier © Stuart MacFarlane Bildteil 2 – alle Rechte vorbehalten, bis auf hier, hier, hier © L’Équipe und siehe hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier © Stuart MacFarlane.

Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

unter Verwendung eines Fotos von © Shamil Tanna/FourFourTwo/

Kontributor

Satz und E-Book Produktioon: Satzwerk Huber, Germering

ISBN: 978-3-641-26466-6V002

Inhalt

1. Das Kind, das vom Fußball träumte

2. Der junge Mann, der Fußball spielte

3. Die ersten Jahre als Trainer in Cannes und Nancy

4. Monaco

5. Japan

6. Mein Leben für Arsenal

7. Mein Leben nach Arsenal

»Alles Vortreffliche ist ebenso schwierig wie selten.«

Die Ethik

Spinoza

»Zu versuchen, den Menschen die Größe bewusst zu machen, die sie in sich selbst nicht vermuten.«

Die Zeit der Verachtung

André Malraux

Ich habe Arsenal am 13. Mai 2018 verlassen.

22 Jahre lang war dieser Verein mein Leben: meine Leidenschaft, meine ständige Sorge. Dank Arsenal übte ich meinen Trainerberuf so aus, wie ich es mir wünschte – ich konnte das Leben der Spieler beeinflussen, einen Spielstil prägen und schöne Siege feiern. Ich hatte eine Freiheit und eine Macht, wie sie Trainer heute nicht mehr haben.

Nach diesen unglaublichen, starken, unvergesslichen Jahren war es schwer, von Arsenal wegzugehen und all das zu verlieren. Arsenal ist noch immer ein Teil von mir: Ich sage »mein Verein«, wenn ich darüber spreche, und obwohl er in anderen Händen liegt, denke ich mit Liebe an den Club, an die Fans und an die Spieler, die ich ausgewählt, ausgebildet, begleitet und angespornt habe, ihr Bestes zu geben. Mich interessieren das Spiel und die Menschen, diese Momente der Seligkeit, die der Fußball jenen schenkt, die ihn lieben und für ihn alles geben. Die gewonnenen Spiele sind kostbare Erinnerungen, und die verlorenen, die ich noch immer nicht wieder anzusehen wage, lassen mir noch Jahre später keine Ruhe: Was hätte man anders machen müssen? Was ist passiert? Mein ganzes Leben ist bestimmt von der Liebe zum Sieg und der Verachtung der Niederlage.

Fußball ist meine Leidenschaft, und diese Leidenschaft erlischt nicht.

Als ich bei Arsenal anfing, wussten die Engländer nicht, wer ich war. Die Frage »Arsène Who?« war immer wieder zu hören. Das verstand ich. Ich war der dritte ausländische Trainer in der Geschichte des englischen Fußballs. Mit den ersten beiden war es nicht gut gelaufen. Die Engländer haben den Fußball erfunden wie die Franzosen den Wein. Man holt ja auch keinen Engländer nach Bordeaux, um Wein herzustellen. 22 Jahre lang habe ich versucht, die Wahrheit des Spiels, des Platzes ans Licht zu bringen. Ich hatte schon Siege, Niederlagen, Enttäuschungen, gewaltige Wut, Abschiede und großartige Spieler kennengelernt, aber keine andere Mannschaft hat mich je so sehr eingenommen.

Der Verein hat sich stark verändert und ich mich mit ihm. Und der Fußball sich mit uns. Der Fußball, den ich praktizierte, die Bedingungen, unter denen ich meine Leidenschaft ausübte, die Freiheit, die ich genoss, auch diese lange Zeit an der Spitze eines Vereins, all das gibt es kaum noch. Ich bin nicht sicher, ob heute ein Spieler, der mit 14 Jahren noch keinen Verein und mit 19 Jahren noch keinen Coach hat, von der einer unteren Amateurliga in die Ligue 1 aufsteigen und so viele Spiele spielen, so viele Abenteuer erleben kann. Ich bin auch nicht sicher, ob heute ein Trainer eine Mannschaft wie Arsenal führen und Spieler auswählen kann, wie ich es getan habe, in völliger Freiheit und mit bedingungslosem Engagement. Das war ein Glück – und zudem ein gewolltes Opfer.

In den letzten Jahren hat der Fußball große Veränderungen erfahren.

Einige erscheinen mir gravierender als andere.

Die Internationalisierung der Eigentümer, das Aufkommen der sozialen Netzwerke mit ihren Anforderungen und Exzessen, mehr Einsamkeit und Druck sowohl bei den Spielern als auch beim Trainer angesichts einer immer höheren Erwartung – der Fußball hat sich vor und nach dem Spiel stark verändert, insbesondere durch eine viel ausführlichere rationale Spielanalyse. Doch eine Sache ändert sich nicht: Die 90 Minuten gehören noch immer dem Spieler als einzigem König.

Europa wird nicht mehr wie früher von den drei Vereinen Bayern, Real und Barça dominiert. Die anderen Mannschaften haben sich ihrem Niveau angepasst.

Die Spielanalyse hat einen sehr großen Platz eingenommen, und zwar schon ab der Halbzeitpause, wodurch man das Spiel besser versteht und über objektive Kriterien zur Analyse verfügt, während zuvor alles der Subjektivität des Trainers überlassen war. Dennoch bleibt der Trainer der alleinige Entscheider.

Die Statistik und die Wissenschaft sollen ein Teil der Leistungsanalyse sein, aber sie dürfen nur mit umfassender Spielkenntnis eingesetzt werden. Die neusten Studien zeigen, dass die Spieler durch eine zu starke Beachtung der Zahlen entmutigt werden, was wohl daran liegt, dass sie fürchten, dadurch ihre Individualität zu verlieren.

Der Trainer ist mehr denn je für das Ergebnis verantwortlich, obwohl er nicht immer die Möglichkeit hat, alle Entscheidungen zu beeinflussen. Und die Kommentare sind noch immer übertrieben, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung: »Er ist genial …«, »Er ist absolut unfähig …«.

Oft begleiten einen diese Veränderungen, ohne dass man sich ihrer bewusst wird, und man konzentriert sich weiter auf seine Überzeugungen. Aber heute habe ich die Blase meines Berufs verlassen und erkenne alles viel deutlicher: die ungerechtfertigten Angriffe, die übertriebenen Kommentare, die Einsamkeit des Trainers … Ich lese täglich L’Équipe, ich sehe zwei, drei Spiele pro Tag, ich höre zu und frage mich, inwiefern das Gesagte richtig ist, warum es so kam, wie es kam, wo die Wahrheit des Spiels liegt. Und genau das kann ich auch mit meinem Leben, meiner Karriere, meiner Leidenschaft tun.

Ich beobachte diese Veränderungen, ich denke darüber nach, und zugleich erscheint mir der Fußball noch immer als das, was er ist und sein soll: ein Spiel, bei dem alles passieren kann, Spieler, 90 Minuten, großartige Spielzüge, etwas Glück, Talent, Mut, gemischt mit einer Prise Zauber und für den Zuschauer die Suche nach Emotionen, Erinnerungen, Lebensweisheiten.

Im Fußball regiert der Leistungsdruck. Man muss Abstand gewinnen und die Dinge aus der Ferne analysieren. Damit sich ein Verein entwickeln kann, sind drei Schritte nötig: Strategie, Planung und Umsetzung.

Ich spiele, seit ich ein Kind war. Ich habe Amateurvereine mit Spielern und Trainern kennengelernt, die einen wunderbaren Fußball spielten, allen Spielen entgegenfieberten, über nichts als Fußball sprachen. Sie fuhren im Schlafwagen zweiter Klasse durch ganz Frankreich, um zu spielen, und kehrten in den frühen Morgenstunden nach Straßburg zurück, wo sie gleich darauf in einer Fabrik arbeiten gingen, ohne sich zu beklagen und ohne etwas anderes zu hoffen, als wieder auf dem Platz zu stehen und das nächste Spiel zu gewinnen. Dabei entstehen Freundschaften fürs Leben, und die Trainer jener Mannschaften waren meine Mentoren. Sie waren voller Begeisterung, aber auch realistisch, und sie konnten ihre Liebe zum Spiel weitergeben.

Das Spielen macht mich noch heute glücklich. Dabei leben in mir meine kindlichen Gefühle wieder auf, wie in allen, die auf welchem Niveau auch immer Fußball spielen.

Ein Tag ohne ein Fußballspiel erscheint mir wie ein leerer Tag. Seit ein paar Monaten passiert es mir ab und zu, dass ich im Fernsehen ein Spiel meiner Lieblingsmannschaften oder ein anderes Spiel, das mich interessiert, verpasse. Ich sehe mir diese Spiele zwar sehr gern an, weil ich weiter lerne, nachdenke und versuche, das Spiel zu verstehen. Doch manchmal verbringe ich einen Abend statt mit einem heiligen Fußballspiel lieber mit meiner Tochter oder mit Freunden. Früher wäre das unmöglich gewesen. Nun erlebe ich ruhigere Momente, in denen mir die Schönheit um mich herum bewusst wird: die Schönheit einer Landschaft oder einer Stadt wie London oder Paris, wo ich mich immer öfter aufhalte.

35 Jahre lang lebte ich wie ein Hochleistungssportler, besessen von meiner Leidenschaft. Ich ging nicht ins Theater, nicht ins Kino, vernachlässigte die Menschen in meinem Umfeld. 35 Jahre lang verpasste ich kein Spiel, keinen Pokal, keine Meisterschaft, was eine eiserne Disziplin erforderte – und so lebe ich weiterhin: Ich stehe um 5:30 Uhr auf, mache meine Fitnessübungen, trainiere, esse und trinke wie meine ehemaligen Spieler. Ich weiß nicht mehr, ob ich das freiwillig tue oder in der Gewohnheit gefangen bin. Aber ich kann nur so leben. Ich glaube, sonst wäre ich unglücklich. Wenn Glück bedeutet, das Leben, das man führt, zu lieben, kann ich sagen, dass ich glücklich war und bin.

In all diesen Jahren zählte für mich nichts als das nächste Spiel und sein Ergebnis. In all diesen Jahren wollte ich nichts als gewinnen. Meine Zeit und meine Gedanken waren ganz auf dieses eine Ziel ausgerichtet. Nur auf dem Platz war ich wirklich da. Wenn ich mit anderen zusammen war, auch mit den Menschen, die ich liebe, war ich oft abwesend. Ich sah nichts, oder ich sah alles in Rot-Weiß, den Farben aller Mannschaften, die ich trainierte: Nancy, Monaco, Nagoya, Arsenal. Für mich gab es weder Schönheit noch Vergnügen oder Entspannung. Urlaub zu nehmen, es mir gut gehen zu lassen, kam mir nicht in den Sinn, oder nur sehr selten. Sogar nachts träumte ich von Fußball. Ich träumte von zukünftigen Spielen, von Ratschlägen, die ich erteilen konnte, von den zwei, drei Spielern, bei denen ich mir nie sicher war: Sollte ich sie von Anfang an spielen lassen, sie nicht zurückhalten, den Frust besänftigen, sie weiter motivieren? Sie waren meine Gespenster.

Mit meinen Freunden scherze ich, dass Gras – jenes Gras eines Stadionrasens, über das so viele Füße laufen, das den Ausgang eines Spiels beeinflussen kann, dessen Pflege ich bei Arsenal peinlich genau überwachte und über das ich jeden Morgen mit dem Vereinsgärtner diskutierte – meine einzige Droge ist. Sie lachen darüber, aber es ist wahr. Es ist meine Droge. Seit meinem Abschied von Arsenal habe ich Vereinen abgesagt, bei denen ich glaubte, nicht die gleiche Freiheit, die gleiche Macht zu haben. Das Angebot der FIFA nahm ich an, weil es eine neue Herausforderung und eine vielversprechende Möglichkeit ist, über meinen Sport nachzudenken und im Team zu arbeiten. Möglicherweise bis ich wieder in das Paradies und die Hölle des Trainerberufs zurückkehre.

Ich will das, was ich weiß, was ich über das Spiel und den Sport gelernt habe, mit anderen teilen und an jene weitergeben, die ihn lieben und kennen. Aber auch an jene, die mit der Kraft und der Schönheit des Fußballs weniger vertraut sind und sich fragen, wie man Menschen zum Sieg führt und was man aus Niederlagen über sich selbst und andere lernt. Ich möchte dazu beitragen, unser Spiel auf der ganzen Welt zu strukturieren. Damit das Talent eines jeden, ganz egal, wo er geboren ist, entdeckt und gefördert werden kann.

Heute verfolgen mich andere Gespenster als meine ehemaligen Spieler, und ich habe andere Träume als die von zukünftigen Spielen.

Nach meiner Schwester ist vor einigen Monaten auch mein Bruder Guy gestorben. Er war fünf Jahre älter als ich. Er spielte schon vor mir Fußball, und zuerst spielte ich mit ihm: in unserem Zimmer über dem Bistro meiner Eltern, auf den Straßen unseres Dorfs und im Fußballverein von Duttlenheim in der Nähe von Straßburg.

Es sind die Träume von unserer Anfangszeit, den Momenten, in denen sich alles entschied, als ich der Kleinste war, aber schon einen eisernen Willen hatte. Ich gab alles, um mit meinem Bruder und seinen Freunden spielen zu können.

Es sind die Träume von der Kindheit in jenem Elsass, wo ich noch immer zu Hause bin und das meine Persönlichkeit geprägt hat.

Träume, in denen ich nur Elsässisch höre.

Träume, die mich dorthin zurückbringen, wo alles begann.

1. Das Kind, das vom Fußball träumte

Meine Wünsche waren schon immer außergewöhnlich intensiv, aber ich kannte ihren Ursprung nicht. Er liegt ganz sicher dort, in dem elsässischen Dorf, in dem ich aufgewachsen bin: Duttlenheim, ein paar Kilometer von Straßburg entfernt. Das Dorf gibt es heute nicht mehr – im Laufe der Jahre hat sich alles verändert. Ich bin ein Kind eines anderen Jahrhunderts und einer anderen Zeit. Die Straßen, die ich kannte und auf denen ich zum ersten Mal Fußball spielte, die Menschen, die mich erzogen und in deren Mitte ich groß wurde, der Fußballplatz, auf dem die Spiele unseres Vereins stattfanden, der Geist, der an jenen Orten herrschte, die Art, wie die Kinder aufwuchsen – all das hat sich sehr verändert. Es war ein Bauerndorf, in dem sich alles um das Pferd drehte. Es gab auch drei Schmiede. Heute existiert keiner mehr.

Ich komme aus dieser Welt, diesem Dorf, das wie eine Insel war, und der Mensch, zu dem ich wurde, der Spieler, der Trainer, dieser Mann, der an nichts als an Fußball denkt, wurde vom Geist jener Orte und von den Menschen dort geformt und geprägt. In dieser Welt zählte vor allem, dass man stark war und mit anpacken konnte.

Damals war das Dorf in sich geschlossen, wie alle elsässischen Dörfer, und die Religion spielte eine große Rolle. Die Leute kannten sich und bezeichneten einander mit dem Namen ihrer Familien. Wir waren die »Metz«. Das Leben spielte sich zwischen dem Bistro, der Schule, der Kirche, dem Rathaus, den Geschäften und dem Stadion ab. Es lag zwei Kilometer vom Bahnhof entfernt, zu dem kaum jemand ging: Warum diese Insel verlassen, diese Welt, in der sich alle gegenseitig halfen? Auf den Feldern um das Dorf herum verbrachte ich am Wochenende und in den Schulferien viel Zeit. Dort lernte ich pflügen und Kühe melken wie meine Großeltern und die Freunde meiner Eltern. In dieser bäuerlichen Welt wurde körperliche Kraft erwartet und bewundert. Die Menschen, die ich kannte und verehrte, lebten vom Ackerbau. Und natürlich lebten sie bescheiden. Es war eine Subsistenzwirtschaft, die hauptsächlich aus Tabak-, Weizen-, Roggen-, Rüben- und Kartoffelanbau bestand. Eine Landwirtschaft ohne Traktor – er kam erst 1963 ins Dorf, als ich 14 war –, die allein durch die Kraft der Menschen und der Pferde betrieben wurde. Meine Großeltern väterlicherseits besaßen ein Pferd. Zwei waren schon ein Zeichen von Wohlstand.

Es waren zähe, schweigsame Menschen, die am Sonntagmorgen in die Kirche und so oft wie möglich ins Bistro meiner Eltern gingen. Wenn ein Junge – ihrer Ansicht nach – mit 14 Jahren ein Mann wurde, wenn er die Schule beenden und in der Fabrik anfangen oder täglich auf dem Feld arbeiten konnte, schenkten sie ihm eine Zigarette und eine Uhr. Das Dorf war ihr ganzer Horizont. Dort knüpften sie ihre Freundschaften, ihre Liebesbeziehungen, dort arbeiteten sie, dort wurden ihre Kinder groß.

In dieser abgeschlossenen Welt waren wir Kinder frei, wir hatten niemals Angst, wir vertrauten einander. Allerdings bekamen es auch alle mit, wenn wir etwas anstellten, und die Strafe folgte unter Umständen auf dem Fuße. Die Religion gab uns eine klare Vorstellung von Recht, Moral und Wahrheit. Wir Dorfkinder waren immer zusammen, wir wuchsen auf der Straße und den Feldern auf, aber wir hatten unterschiedliche Träume.

Mein Vater war einer der Männer aus diesem Dorf: ein rationaler, verwurzelter, fleißiger und religiöser Mann. Zutiefst gutherzig und verständnisvoll. Er gab mir Werte mit auf den Weg, die mir eine unglaubliche Kraft verliehen, um Herausforderungen und selbst schlimmstem Verrat standzuhalten. Er hatte zu den vielen Malgré-nous gehört, die während des Zweiten Weltkriegs von den Deutschen zwangsrekrutiert wurden, um an deren Seite gegen ihr eigenes Land zu kämpfen. Vom Krieg hat er uns nichts erzählt, aber ich habe seinen Mut und sein Feingefühl immer bewundert und gewusst, welche schrecklichen Dinge er durchgemacht haben musste. Ich wurde nach dem Krieg geboren, am 22. Oktober 1949, und meine Kindheit war wie die aller Kinder aus der Gegend vom Nachkriegsklima beeinflusst, von der Tragödie, die alle Familien erlebt hatten.

Mein Vater hatte im Alter zwischen 14 und 17 Jahren bei Bugatti und dann mit meiner Mutter zusammen im Bistro gearbeitet, bevor er seinen Autoersatzteilhandel gründete. Er nahm sich nie einen Tag frei, nie eine Woche Urlaub. Sein Tag begann mit dem Kaffee um 7 Uhr, dann arbeitete er in seinem Geschäft, und wenn er um 20 Uhr nach Hause kam, arbeitete er im Bistro weiter. Dort traf sich auch der Fußballverein, dort waren die Ergebnisse und die nächsten Spiele angeschlagen. Jeden Mittwochabend stellte der Vorstand des 1923 gegründeten Vereins im Bistro die Mannschaft für das sonntägliche Spiel zusammen. Da mein Vater uns ständig spielen sah und spürte, dass wir begeistert und nicht schlecht waren, gründete er die Jugendmannschaft, in der mein Bruder und ich dann anfingen.

Mein Vater muss Fußball gemocht haben, auch wenn er es nie sagte. Für ihn war es ein Hobby, das Leben ins Dorf brachte, ein schöner Wettkampf, ein Zeitvertreib, aber kein ständiger Traum, keine alles beherrschende Leidenschaft wie für die anderen Männer. Darum haben er und meine Mutter auch nie davon geträumt, dass ich Fußballer werde: Das war unvorstellbar. Auch für meinen Bruder. Er war ein begabter Mittelfeldspieler und Innenverteidiger. Eigentlich war alles da, und doch fehlte so etwas wie der letzte Schritt, die entscheidende Motivation, die Überzeugung. Für sie alle war Fußball ein Hobby. Punkt. Kein Beruf. Ein Beruf war etwas Ernsteres, womit man seinen Lebensunterhalt verdiente, und das traf auf Fußball schließlich nicht zu.

Ich erinnere mich, dass in jenen Jahren sowohl hart gearbeitet als auch viel gefeiert wurde – und bei beidem war man mit vollem Herzen dabei.

Als Kind war ich ungewöhnlich frei und oft allein. Meine Mutter erzählte immer: »Wir konnten dich in deinem Zimmer lassen und mussten uns nicht um dich kümmern.« Vielleicht kommt meine Unabhängigkeit daher? Ich wuchs zwischen der Schule, den Feldern und der Kirche auf und spielte, sooft ich konnte, Straßenfußball in den Höfen und Gärten, wobei ich sehr viel lernte. Ich spielte wie die anderen Kinder, wie mein älterer Bruder, wie die Männer aus meinem Dorf es wohl auch getan hatten, so erzählten meine Onkel mütterlicherseits. Doch anders als bei ihnen beherrschte der Fußball bereits all meine Gedanken und verwandelte sich nach und nach in eine Obsession.

In einer meiner ersten Erinnerungen bin ich fünf oder sechs Jahre alt. Bei einem Spiel unserer Mannschaft halte ich mich abseits, verfolge es aber mit Inbrunst und Leidenschaft, ich habe ein Messbuch dabei und bete für den Sieg. Vielleicht wusste ich trotz meines jungen Alters, dass wir nicht gut waren und nur durch ein Wunder, durch Gottes Hilfe, die Unterstützung meines Glaubens gewinnen konnten? Vielleicht wusste ich trotz meines jungen Alters und der unerreichbaren Träume, dass der Fußball meine einzige Religion, meine einzige Hoffnung werden sollte: ein gewonnenes Spiel, ein Sieg, eine schöne, respektvolle Partie? Vielleicht hatte ich schon damals den brennenden Wunsch zu gewinnen? Jahre später ersetzte ich das Messbuch durch gute Spieler und eine gute Vorbereitung, um auf den Sieg hoffen zu können – Verstand statt Glauben.

Ich habe noch eine andere Erinnerung, die meine Hoffnung auf den Sieg veranschaulicht. Oft verbrachte ich Stunden auf den Feldern bei einem Bauern, der mich helfen ließ oder sich ausruhte, während ich arbeitete. Er hieß Adolphe Kocher. Wir sprachen über Fußball, kommentierten die enttäuschenden Ergebnisse der Mannschaft, gingen das Spiel noch einmal durch. Eines Tages behauptete er, er wäre ein großartiger Spieler, mit ihm würde die Mannschaft glänzen und wir würden endlich gewinnen. »Du wirst schon sehen, Kleiner, beim nächsten Spiel bin ich dabei.« Ich wartete sehnsüchtig auf das nächste Spiel, stellte mir vor, wie er spielen würde, träumte von seinen Torschüssen. Aber er hatte gelogen: Er spielte nicht mit. Für mich brach eine Welt zusammen. Ich war doch ein Junge, der um jeden Preis gewinnen wollte, der nur an den ersten Platz dachte, an den Sieg.

Das Bistro meiner Eltern war sozusagen das Herz des Dorfes. Es war ein typisches elsässisches Bistro – jeden Tag geöffnet, von einem Ofen in der Mitte beheizt, etwa 20 Tische, voll besetzt mit Männern, die ein Bier nach dem anderen tranken, filterlose Gauloises rauchten und ununterbrochen über Fußball redeten. Über ihre Mannschaft, die Nachbarmannschaft, die nächste gegnerische Mannschaft und die tief verehrte Mannschaft von Racing Straßburg, die sie begeisterte und wegen der sie noch mehr rauchten und noch mehr tranken und so oft schrien, sich schlugen, zusammenbrachen.

Dieses Bistro, La Croix d’Or, war meine Schule: Ich lauschte den Gesprächen, ich merkte mir, wer am lautesten sprach und wer log, erkannte den Eingebildeten und den Zurückhaltenden, hörte ihre Voraussagen und ihre Wutausbrüche, ihre Analysen. Was zählte, waren die Taten, nicht die Worte. War das schon eine erste Übung zur Beobachtung des Einzelnen und der Gruppendynamik? Bestimmt. Ich erinnere mich, dass diese Männer furchtbar viel redeten, während mein Vater so schweigsam war. Als Kind lief ich durch den Gastraum, später, mit zehn, zwölf Jahren, bediente ich manchmal auch. Und immer hörte ich zu, beobachtete, versuchte zu verstehen. Dass ich später die Spieler, die Trainer, alle leidenschaftlichen Fans mochte, dass ich ihnen gern zuhörte und erriet, was für Menschen sie waren, verdanke ich den Gästen dieses Bistros, den Männern aus meinem Dorf. Ich habe ihre Begeisterung bewahrt, ihre Exzesse jedoch abgelehnt: Alkohol, Schlägereien, Gewalt, alles, was mich als Kind erschreckt und angewidert hat. Es war schlimm, die Gäste meines Vaters, Menschen, die ich bewunderte, so viel trinken und manchmal gewalttätig werden zu sehen. Man musste sie in Schach halten. Es war beängstigend. Aber es gab mir auch Kraft und einen untrüglichen Instinkt.

Im ersten Stock über dem verrauchten Gastraum befand sich unsere Wohnung. Wir waren eine Familie, ohne dass ich verstand, was das Wort bedeutete: Meine Eltern arbeiteten von morgens bis abends, entweder beide im Bistro oder meine Mutter im Bistro und mein Vater in seinem Ersatzteilhandel in Straßburg. Sie hatten mit 14 Jahren angefangen zu arbeiten. Meine Mutter war früh verwaist. Beide waren Vorbilder in Bezug auf Mut und Zähigkeit, sie hielten durch, ohne sich zu beschweren. Wir aßen nie zusammen und sprachen sehr wenig miteinander. Meine Schwester war zehn Jahre älter als ich und mein Bruder fünf: Ich war der Kleine, den man beschützen will, den man aber auch allein zurechtkommen lässt, der beobachtet und imitiert und versucht, schneller groß zu werden.

Auf allen Ebenen unseres Hauses hatte ich einen idealen Beobachtungsposten: Unsichtbar, versteckt, sah ich die Fehler und Exzesse der Älteren und übernahm das Beste von ihnen, ihre Erfahrungen, ihre Leidenschaften, ihre Bereitschaft zu unermüdlicher Anstrengung. Ich verstand, mit welchem Mut sie ihr Leben meisterten, ein einfaches, bescheidenes Leben von Menschen, deren Träume sich auf ihre Heimat beschränkten und die nicht fortgehen konnten. Ich hingegen war neugierig und ganz sicher am ungeduldigsten, andere Städte und Regionen kennenzulernen. Ich lebte unter Leuten, die ihre Lebensweise, ihre Gewohnheiten, ihren Glauben der 1960er-Jahre bald verlieren würden. Und ich spürte, dass ich entkommen wollte, auch wenn ich dafür die schweren Schuldgefühle des Abschieds tragen musste. Ich habe all das nicht aufgegeben, es ist meine Welt geblieben, aber meine Eltern, mein Bruder und meine Schwester litten sicher unter meiner Abwesenheit, unter dieser alles verzehrenden Leidenschaft. Sie haben es mir nie gesagt. Sie geizten mit Komplimenten, sprachen jedoch genauso wenig ihren Kummer oder ihre Vorwürfe aus. Für meinen Bruder muss es am schwersten gewesen sein. Aber wir blieben in engem Kontakt, und als ich dann bei Arsenal war, sah er alle Spiele und schimpfte mit mir wie ein großer Bruder, wenn er fand, dass ich einen Fehler gemacht hatte.

Im Dorf gab es nicht viel. Manchmal frage ich mich, ob meine Leidenschaft nicht aus dieser Frustration entstanden ist: aus dieser kleinen Welt, den spärlichen Wortwechseln, den verlorenen Spielen unserer Mannschaft, diesem Platz, der so wenig mit einem richtigen Fußballplatz wie in Straßburg gemeinsam hatte – wohin einer meiner Onkel mich zweimal im Jahr mitnahm –, und den Tränen, die ich bei jeder Niederlage vergoss. Im Laufe meiner Karriere traf ich noch viele andere Spieler, die aus ihrer Welt gefallen waren, für die der Fußball zunächst ein unerreichbarer Traum gewesen war und die dann zu großen Stars wurden: Giroud, Koscielny, Kanté, Ribéry und so weiter.

Ich habe sehr klare Erinnerungen an meine Kindheit.

Wir spielten auf der Straße.

Wir spielten ohne Trikots, ohne Trainer und ohne Schiedsrichter. Dass wir keine Trikots hatten, war ein Vorteil, weil wir dadurch gezwungen waren, den Kopf zu heben, eine Rundumsicht zu gewinnen und genau hinzuschauen. Auch dass wir in jungen Jahren keinen Trainer hatten, war ein Vorteil, denn so konnten wir ein einfallsreiches Spiel entwickeln. Vielleicht haben wir heute zu viel vom Gegenteil?

Eine Mannschaft bildeten wir nach dem Zufallsprinzip oder dem Willen von zwei spontan gewählten Kapitänen, die oft die beiden besten Spieler waren.

Ich spielte mit den Kindern in meinem Alter, mit denen ich heute noch gut befreundet bin, wie Joseph Metz, den Burels, den Geistels und Hugues Chales. Wir waren einander ähnlich, wir genossen die gleiche Erziehung, folgten den gleichen Regeln. Aber ich spielte auch mit anderen, die so alt waren wie mein großer Bruder oder noch älter. Und wenn man mit älteren Kindern spielt, muss man mutig und schlau sein und darf keine Angst haben. Ich merkte sehr schnell, dass ich mit den Kindern in meinem Alter, aber auch den älteren mithalten konnte und akzeptiert wurde.

Wir wussten instinktiv, wer gut war, wer gut gespielt hatte, auf wen wir zählen konnten. Wir spielten zum Spaß, und das war ebenso wichtig wie der Sieg.

Die Spiele endeten oft mit Beschimpfungen oder Schlägereien. Wenn wir uns verletzten, wurden wir nicht etwa ausgewechselt, sondern spielten weiter als Linksaußen. Man musste durchhalten, die Zähne zusammenbeißen.

Mein Bruder und ich trainierten in unserem Zimmer, auf der Straße vor dem Haus und im Garten hinter dem Bistro, die ganze Zeit. Trotzdem sprachen wir nicht miteinander. Für ihn war ich der Kleine. Meine Chance, mit ihm zusammen zu sein, war zu spielen, und zwar gut zu spielen.

Wir gingen zu Fuß zu dem Platz, der uns als Stadion diente, und wenn wir in einem anderen Dorf gegen eine Mannschaft spielten, begaben wir uns auch dorthin zu Fuß, traten aus einer Welt in eine andere ein.

Es war der Fußball kleiner Amateure, großartig, frei, voller Freude und Leidenschaft. Manchmal wurden die Spiele davon unterbrochen, dass einer von uns den Platz verlassen musste, um seine Hausaufgaben zu machen, mit der Familie zu essen oder am Kommunionunterricht teilzunehmen. Das machte mich jedes Mal rasend. Dennoch war unser Spiel eine Schule des Sich-Durchschlagens, der Hartnäckigkeit, der Leidenschaft, der körperlichen Anstrengung. Ich verdanke ihr viel.

Wenn wir im Dorf zum Saisonabschluss ein Turnier mit vier Mannschaften organisierten, segnete der Priester die Teams, die Spieler zogen sich im Bistro meiner Eltern um und marschierten danach durch die Straßen. Das war unsere Weltmeisterschaft. Später erlebte ich andere große Freuden, aber diese hat sich mir für immer eingeprägt.

Ich erinnere mich an die Geschichte eines serbischen Spielers, den ich sehr bewunderte. Er muss in einem Dorf ähnlich meinem aufgewachsen sein, nur noch ärmer, fern von allem, irgendwo auf dem Land. Als er klein war, schenkte ihm sein Onkel einen neuen, weißen, wunderschönen Ball. Aus Angst, ihn zu beschädigen, beschlossen sein Bruder und er, ihn niemals auf dem Boden aufkommen zu lassen und nur mit dem Kopf zu spielen. Es gab nur diesen einen Ball, er musste bewahrt werden und lange halten. Später wurde dieser Spieler von einem Trainer von Roter Stern Belgrad entdeckt. Aufgrund der Fähigkeiten, die er durch das Kopfballspiel erlangt und weiterentwickelt hatte, wurde er in die Mannschaft aufgenommen. Was für ein Spieler wäre er geworden, wenn ihm 20 Bälle zur Verfügung gestanden hätten?

Den geschenkten Ball nicht beschädigen, die ganze Zeit spielen, durch Hartnäckigkeit und Training persönliche Fähigkeiten entwickeln: Alles an dieser Geschichte gefiel mir. Auch mir war der weiße Ball heilig und ist es bis heute.