Mein liebes Kind - Edeltraut Giese - E-Book

Mein liebes Kind E-Book

Edeltraut Giese

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Beschreibung

"Mein liebes Kind" , Tagebuch an mein uneheliches Kind, sind Briefe einer alleinerziehenden Mutter an ihre gerade geborene, uneheliche Tochter. Sie hat die Briefe in Sütterlin - Schrift verfasst, die die Tochter Cornelia erst 66 Jahre später gefunden hat, übersetzen ließ und lesen konnte. Die Gefühle ergreifen und gehen ans Herz, weil die Mutter und Unternehmerin immer wieder gezwungen war, sich von ihrem Kind zu trennen, auch schon in frühen Jahren, um auf Messen zu fahren und dort ihre selbst entworfenen Modelle zu verkaufen.

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Seitenzahl: 104

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Für alle alleinerziehende Mütter und Unternehmerinnen mit Kind, für Frauen, die die Freiheit und Selbstbestimmung der patriarchalen Ehe der der Hausfrau und Mutter vorziehen, und/oder die auch nicht die Wahl hatten. Besonders für die betrogenen Frauen, die zwei Weltkriege miterlebt haben.

Vita der Autorin

Edeltraut Giese (1918 – 1989) war nach ihrem Abitur eine Künstlerin, Modedesignerin, Handgewerblerin, Weberin und Unternehmerin, die 10 Jahre eine Boutique und 35 Jahre einen Handwerksbetrieb (eine Produktion von handgewebten Stoffen und Modellen, Hagener Jahrbuch von 2024, Impulse zur Stadt, Heimat- und Kunstgeschichte, Edelmodelle Giese, handgewebte Eleganz, - weltweit gefragt, von Petra Holtmann) mit 40 Angestellten führte. Aus selbst gewebten Stoffen auf riesigen Webstühlen fertigte sie Kleider, Kostüme und Sakkos. Sie hat auf der Weltausstellung in New York 1964 Aufträge für die Kaiserkrönung des Schahs von Persien erhalten und jährlich bis zu ihrer Betriebsauflösung 1987 auf ca. 20 Messen ausgestellt. U.a. in Berlin auf der „Grünen Woche“, in Hamburg auf „Du und Deine Welt“, auf der IGEDO in Düsseldorf, auf der Internationalen Frankfurter Messe, doch auch in Stuttgart, München, Goslar, Hannover, Dortmund, Wiesbaden, Frankfurt usw.

Aufgrund der Kriegswirren hat meine Mutter nie geheiratet. Sie war vier Mal verlobt, doch alle Männer sind leider im Krieg gefallen.

1959 gebar sie mich dann glücklicher Weise, ihre uneheliche Tochter, die ihr gesamter Lebensinhalt wurde, und ihr einen neuen Lebenssinn gab.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Meine liebe Cornelia!

Mein liebes Kind, mein liebes Töchterchen Cornelia!

Erholung und Gewissheit auf Sylt

Deine Großmutter auf dem Sterbebett

Mein Bekenntnis: „Ich kriege ein Kind ohne Mann

Der neunte Monat, kurz vor deiner Geburt

Die Niederkunft

Mein liebes Kind!

Liebe Cornelia

Messe-Schluss!

Hagen, den 26.5. –Himmelfahrt!

Mein erster Urlaub mit Dir

Deine schwere Mittelohrentzündung

Mein liebes Kind!

Mein lieber Schatz

Liebe Cornelia!

Holger Bonsels

Mein liebes Kind

Mein liebe Cornelia!

Meine liebe, kleine Tochter!

Mein liebes Kind

Dein Vater

Liebes Kind!

Bad Wissee, d. 24.4.62 Hotel Lederer

Mein Liebling!

Mein Herz

Danksagung an meine Mutter

Liebes Mütterlein

Vorwort

Aus Dankbarkeit und Verehrung für meine Mutter habe ich 66 Jahre nach der Abfassung ihres Tagebuchs an mich als Baby, erst jetzt ihr Tagebuch gefunden und lesen können, weil es in Sütterlin abgefasst war. Nochmals herzlichen Dank an die Sütterlin-Stuben in Hamburg, die dieses Vorhaben ermöglicht haben.

Ein Zeitdokument, Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre, dem Wirtschaftswunder in Deutschland.-

Ich denke, dieses Büchlein stellt deshalb ein extraordinäres Zeitdokument dar, weil es veranschaulicht, wie schwer es besonders allein erziehende Frauen hatten und noch haben, die gezwungen sind, selbst zu arbeiten, oder sogar neben ihrem Beruf als Mutter auch noch ein Geschäft zu führen, ohne Partner. Der ständige Zeitdruck, der Stress und die unvorhergesehenen Ereignisse, die meine Mutter ständig heimsuchten, die keine Schulter hatte, an die sie sich anlehnen konnte, sondern allein, emanzipiert und stark die Herausforderungen des Lebens meisterte, blieben mir als Kind in lebhafter Erinnerung. Meine Mutter war mir in allem ein Vorbild, und ich wäre nicht das, was ich heute bin, ohne sie. Auch ich habe nie geheiratet, jedoch aus freien Entschlüssen. Ich habe meine Freiheit und das Leben an der Seite einer patriarchatskritischen Frau gelebt und geliebt.

Die Gedanken meiner Mutter, die sie ja auch bei Simone de Beauvoir herausgelesen hat, dass eine Frau nur dann ein eigenständiges Individuum ist, was ihr Sinn verleiht, durch die Geburt eines Kind, teile ich nicht. Ich hatte nie den Wunsch, ein eigenes Kind zu bekommen, und doch fühlte ich mich dankbar, komplett und erfüllt in meinem Beruf als Lehrerin und Autorin. Meine Bestimmung war eine andere. Das konnte ich akzeptieren und begrüßen. Deine Ideologie, liebe Mutti, war eben einem anderen Zeitgeist geschuldet, so wie meine Einstellung, sowohl durch meine Kindheit als auch durch meine Gene geprägt wurden, und ebenfalls einem politischen Zeitgeist folgen, wer weiß das schon so genau? Es ist so wie es ist, und das ist gut so. Alles ist mit allem verbunden…bis zu unserer nächsten Inkarnation, hoffentlich….

Meine liebe Cornelia!

Mai 1962

Nun ist Deine Mami aber lange von Dir getrennt gewesen! Du weißt ja, ich musste in München auf der Messe Kleider verkaufen. Ich hatte schrecklich viel Arbeit. Aber, ich muss doch Geld verdienen, damit wir beide etwas zu essen haben und uns Kleider kaufen können, und alles, was wir brauchen, bezahlen können. Ob Du das schon verstehst? Mein Liebling! Bist Du noch mein liebes Schätzchen?

Ob Du mich noch wieder erkennst? Wenn[ich] zurück komme? Jetzt dauert es aber gar nicht mehr lange!

Wenn Sonntag ist, musst Du noch einmal schlafen, u. dann bin ich wieder bei Dir. Wirst Du mir auch viele Küsschen geben und mich ganz feste drücken, wenn Du mich wiedersiehst? Hoffentlich bist Du auch immer lieb zu Familie Bruch gewesen und zu all den Mädchen? (Mädchen wurden unsere Angestellten liebevoller Weise genannt) Oder warst Du ungehorsam und böse? Gehst Du gern in den Kindergarten? Bist Du lieb zu den Kindern? Oder kratzt Du sie noch? Wenn Du ganz lieb warst zu Tante Hübner (unsere Schneidermeisterin) dann bringe ich Dir auch ganz was Schönes aus München mit! Was wünschst Du Dir denn? Hast Du auch abends in Deinem Bettchen immer schön gebetet? Dass der liebe Gott Dich gesund erhält und Deine Mami gesund von München bald zu Dir zurückkehrt? Dass der Schutzengel Dich und Deine Mami behüten und beschützen soll? Oder hast Du das in Deinem Gebet vergessen? Dann musst Du aber heute Abend wenn Du ins Bett gehst, daran denken und zu dem lieben Gott beten. Willst Du es tun? Mein Herzchen, wenn ich nach Hause komme, und ich wieder bei Dir bin, dann machen wir es uns wieder ganz schön gemütlich, ja? Ich will mit Dir spielen, verstecken! und turnen, und Märchen erzählen und was noch? Du darfst Dir viel wünschen.

Also, liebe Cornelia, auf baldiges Wiedersehen, Deine Mutti.

Schreibst Du mir auch noch einen Brief?

Bad Wissee, - der 17. 5. 1960 - Hotel Seeblick

Mein liebes Kind, mein liebes Töchterchen Cornelia!

Dies ist der erste Brief, den ich an Dich schreibe. Du kannst ihn allerdings noch nicht lesen, denn Du bist erst 15 Monate alt. In Gedanken habe ich Dir schon so viele Briefe geschrieben. Schon damals, als Du noch unter meinem Herzen lagst. Nur war ich meistens zu müde – u. mein Beruf nahm mich so in Anspruch, dass ich die vielen Briefe an Dich nicht nieder geschrieben habe. Sie blieben Gedanken. –

Diesen ersten Brief an Dich schreibe ich in Bad Wiessee, ein zauberhaft schöner Ort. Mein Hotelzimmer hat zwei herrliche Balkone, von denen ich auf den Tegernsee hinunterschauen kann. Meine Balkontüren sind weit geöffnet u. während ich schreibe, ich brauche nur meinen Blick heben, liegt vor mir das bezaubernde Panorama: der See, die Berge, leichte Abendstimmung u. das Schönste: ein Regenbogen spannt sich über den See, von einem Berg zum anderen hinüber. Die Vögel zwitschern, der Monat Mai hat alle Blumen u. frisches Grün hervorgebracht. Eine Ruhe herrscht –eine Stille lieg über dem See. Für mich so unendlich wohltuend nach dem Getöse u. Lärm in der Großstadt. Vor allem aber genieße ich die Luft. So rein u. leicht. Jeder Atemzug ist für mich ein Genuss, weil ich besonders unter der schweren Luft von Hagen zu leiden habe. Doch all diese Herrlichkeiten genieße ich immer nur in Gedanken an Dich: ich hoffe u. wünsche es, dass dies zu gleicher Zeit mein letzter Urlaub ohne Dich sein wird. Wohin ich schaue, wohin ich gehe – Du bist in Gedanken bei mir u. ich freue mich auf die Zeit, wo ich alle Schönheiten mit Dir gemeinsam erleben werde. Gott sei Dank weiß ich Dich in guter Privatpflege, so dass ich beruhigt von Dir Abschied nehmen konnte vor über 8 Tagen. Die Handwerksmesse in München, die ich in diesem Jahr wieder belegt habe, sie ist sehr anstrengend, wie immer alle Messen anstrengend sind. Und sehr heiß ist es in den Zelten. Ich habe mich für ein paar Tage von meiner Standhilfe vertreten lassen, es ist jetzt nicht viel los, in diesen Wochentagen – und bin hier nach Wiessee gefahren um neue Kraft für meine Aufgaben als Mutter und Geschäftsfrau zu schöpfen. Es ist gut, dass ich abschalten kann u. mich in den kurzen Ruhepausen, die ich mir bewusst nehme – voll frischer Luft - erholenden Eindrücken pumpen kann. Körper und Seele reinigen sich beim kräftigen Aus und Einatmen und so stoße ich nicht nur Schlacken aus dem Körper ab, sondern auch aus meiner Seele verbanne ich hässliche und sorgenvolle Gedanken – um mit dem frischen Sauerstoff, der reinen Berg und Seeluft – zu gleicher Zeit auch reine Gedanken einzuatmen. Natürlich komme ich, da ich allein und zu kurz hier bin, kaum mit Menschen in Berührung oder ins Gespräch. Ergibt es sich aber, dann warte ich nur die Gelegenheit ab, von Dir zu erzählen, bzw. wenigstens Dich erwähnen zu können. Z.B. wartete ich eben in der Hotelhalle einen kurzen Augenblick, da saß mir gegenüber in einem großen Sessel eine Dame und sagte zu mir: Wie machen Sie es nur, dass Sie eine so gute Figur behalten! So schön schlank sind Sie! Du kannst Dir denken, mein Liebes, wie stolz Deine Mutti über diese Worte war. – Ich erwiderte: „Ich tue nichts Besonderes dagegen. Dabei kann ich Ihnen noch verraten dass ich vor 15 Monaten ein Baby bekommen habe.“ Die Dame war sprachlos. Nun, sie selbst wog mindestens zwei Zentner und füllte den riesengroßen Sessel ganz aus. Nun, ich muss ehrlich gestehen, dass ich selbst kaum daran geglaubt habe, meine alte, gute Figur, die ich vor Deiner Geburt hatte, wiederzubekommen. Ich wog, während ich Dich trug, 30 Pfund mehr und war so dick geworden, dass es erschreckend war, und jeder an Zwillinge bei mir glaubte. Aber, so eitel eine Frau auch ist – mir hat die dicke Fülle trotzdem nichts ausgemacht. Für Dich, mein Liebling, hätte ich meine Figur und noch Vieles mehr geopfert –. München hat für uns beide, liebe Cornelia, einen besonderen Sinn: Denn genau vor 2 Jahren stellte ich in München fest, dass ich Dich erwarten würde. Du warst gerade einige Wochen – oder mehrere Tage alt – und damit kam die große Wende in mein Leben! Vor 2 Jahren in München begann ich mich mit Dir zu beschäftigen. Seitdem kreisten meine Gedanken um Dich. Ein Wesen, was ich noch nicht kannte, was aber bereits unter meinem Herzen lag u. wuchs – von Woche zu Woche größer wurde. Ich kann Dir versichern, dass mich dieser Gedanke vom ersten Augenblick an mit den schönsten Hoffnungen und mit größter Freude erfüllte. (siehe S. Beauvoir ) In München begannen dann auch schon die körperlichen Leiden und Beschwerden. Mir wurde übel – das Essen konnte ich nicht mehr vertragen.

Magenbeschwerden setzten ein – die mich in den darauffolgenden Monaten nicht mehr verließen. Von München aus fuhr ich wieder nach Hagen – von dort nach Dortmund zur nächsten Ausstellung: ich musste doch Geld verdienen und Bestellungen auf meine Kleider sammeln.

Erholung und Gewissheit auf Sylt

In Dortmund wurde mir die Messe schwer. Dann ging es weiter, zur D.O.B. 3 nach Hamburg. In Hamburg