Milas Reise - Etappe 5 - Michael E. Vieten - E-Book

Milas Reise - Etappe 5 E-Book

Michael E. Vieten

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Beschreibung

Milas Reise geht weiter. Etappe 5 aus: "Handbuch zur Rettung der Welt""Gottes Faust".Ein unerwartetes Wiedersehen. Der Winter bricht herein und bringt die beiden Gefährtinnen in Schwierigkeiten. Lavi ist dankbar für ihr großes Glück.E-Book-Serie über ein großes Abenteuer, verzweifelte Hoffnung, grenzenlose Zuversicht und aufrichtige Freundschaft. (Illustrierte Ausgaben mit 37 Abbildungen)

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Milas Reise - Etappe 5

DanksagungAbb. KarteMilas Reise - Etappe 5Ein WiedersehenWinterGottes FaustDer letzte MarschAbb. JoshAnthropozän 2052Großes GlückWieder vereintDie SiedlungIrinaAbb. ForelleMilas Reise geht weiterWeitere Bücher von Michael E. VietenAbb. AutorImpressum

Danksagung

Mein besonderer Dank geht an Birgit D. für ihre wertvolle Unterstützung und ihre Zuversicht.

Abb. Karte

Milas Reise - Etappe 5

(aus der Trilogie "Handbuch zur Rettung der Welt")

Anthropozän 2051

Winter

Ein Wiedersehen

Erneuter Schneefall setzte ein. Er schien die Welt für immer bedecken zu wollen. Tagelang rieselten die Flocken vom Himmel. Bereits eineinhalb Meter Schneedecke erschwerten Mila ihren Marsch.

Sie führte nun zwei der notwendigen Zeltstangen mit sich und benutzte sie tagsüber als Stecken.

Sie dachte darüber nach, sich Schneeschuhe zu bauen. Aber deren Fertigung würde Zeit in Anspruch nehmen, die sie lieber dazu nutzen wollte, voranzukommen. Über ihr Ausbleiben musste Josh sich bereits Sorgen machen. Lange vor dem Wintereinbruch sollte sie wieder an der Hütte sein. So hatten sie sich verabredet.

Das Wetter schlug um. Eine Warmfront brachte Tauwetter. Während einer Pause genoss Mila die wärmenden Strahlen der Mittagssonne und wäre beinahe verschüttet worden.

Eine Wechte brach ab und stürzte auf sie nieder. Das überhängende Schneebrett hatte sich über ihr gelöst und sie völlig überrascht. Sie befreite sich fluchend aus der eisigen Masse und ermahnte sich selbst zu mehr Aufmerksamkeit für die Gefahren des Winters.

An diesem Tag unterbrach sie ihren Marsch am frühen Nachmittag und errichtete ihr Zelt an einem Bach. Ihr Proviant war bereits vor zwei Tagen aufgebraucht gewesen. Der Hunger nagte an ihr.

Mila legte ihre Hoffnung auf Fische in dem Gewässer. Aber bis zum Einbruch der Dunkelheit hatte sie kein Jagdglück. Erneut ertrug sie eine kalte Nacht ohne Nahrung.

Am Tag darauf setzte abermals Schneefall ein. Die Temperaturen sanken wieder.

Mila folgte dem Lauf des Baches. Er floss ungefähr in die Richtung, in die sie wanderte. Sie hoffte auf eine günstige Stelle zum Fischen und wurde belohnt. Nur wenige Grad über dem Gefrierpunkt plätscherte das Wasser an einer Kies-Bank vorbei und änderte seinen Verlauf. Durch die Strömung entstand eine tiefe Bachschleife, in der dort stehende Fische zu erwarten waren.

Mila schnitt aus einem Weidenstrauch einen sich mehrfach gabelnden dünnen Ast, schnitzte daraus eine dreizackige Speerspitze und stellte sich an das Ufer.

Tatsächlich gelang es ihr, vier mickrige Fische zu erbeuten. Sie waren kaum länger als ihre Hand, aber besser, als gar nichts.

Sie errichtete ihr Tipi und nahm die Fische aus, während ihr kleines Feuer herunter brannte. Draußen setzte die Dämmerung ein.

Die Fische grillten aufgespießt über der Glut. Mila wärmte sich die Hände. Der Bach rauschte. Ein Geräusch ließ Mila plötzlich aufschrecken.

Ein Ast war gebrochen. Das laute Knacken deutete auf ein größeres Tier hin. Die Last eines schweren Körpers hatte das trockene Holz geteilt.

Mila griff nach ihren Pfeilen und dem Bogen und verließ sofort das Zelt.

Der Schnee warf das schwache Licht des Abends zurück und wies Mila den Weg in ein Dickicht.

Waren die Wölfe wieder da?

Sie lauschte.

Erneut hörte sie ein Knacken. Leise. Dann noch einmal. Schritte!

Da schlich sich kein Rudel Wölfe an ihr Lager heran, sondern ein Mensch arbeitete sich durch das Unterholz.

Mila wartete.

Mit angestrengten Blicken versuchte sie zu erkennen, wer sich aus der Richtung, aus der die Geräusche kamen, auf sie zu bewegte.

Dann schälte sich eine Gestalt aus der Dunkelheit heraus und überquerte eine Schneefläche. Zwischen ihr und dem Zelt lag der Bach. Vielleicht lief der Besucher einfach in ihrem Lager vorbei?

Mila schaute nach dem Rauch, der aus ihrem Zelt emporstieg. Derjenige müsste blind sein, wenn er die graue Rauchsäule übersah, die in den Himmel stieg. Der Rauch war es wohl auch, der den ungebetenen Besuch herangeführt hatte. Er war einfach dem Geruch gefolgt.

Mila beschloss, kein Risiko einzugehen. Ihr war es einerlei, weshalb ihr jemand folgte. Sie würde auf eine günstige Gelegenheit warten und ihn erschießen. Leise legte sie einen Pfeil an die Sehne und beobachtete, wie die Gestalt den Bach überquerte. Gegen den Schnee war die Silhouette deutlich zu erkennen. Sie trug einen Rucksack und schleppte sich gestützt auf einen Stecken auf das Zelt zu. Am Ende des Tages schien sie nicht weniger erschöpft zu sein, wie sie selbst es war, bevor sie ihr Nachtlager aufschlug.

Mila spannte den Bogen leicht und legte auf den Menschen an. Der Pfeil sollte den Hals treffen. Um sicher zu stellen, dass sie ihr Ziel nicht verfehlte, ließ sie den ungebetenen Besuch noch ein Stück näher herankommen.

Unerwartet stoppte die Gestalt und ließ den schweren Rucksack vom Rücken gleiten. Nun war sie nur noch einige Schritte von Milas Zelt entfernt und bereitete sich auf einen Überfall vor, davon war Mila überzeugt.

Deutlich hoben sich die dunklen Umrisse vom Schnee ab. Mila schätzte die Entfernung auf weniger als zehn Meter. Sie rechnete mit einem unausweichlichen Treffer.

Sie spannte die Sehne nach und vernahm das feine Sirren, ehe der Pfeil nach vorne katapultiert wird. Während sie zur Hälfte ausatmete, lockerte sie ihre Fingerspitzen. Ihr Schuss stand unmittelbar bevor. In einer Sekunde würde es vorbei sein. Sie dachte an ihre gegrillten Fische.

„Mila?“

Sie erschrak!

Diese Stimme!

„Mila. Ich bin es. Lavinia. Bist du da drin?“

Sie hatte Mühe, ihre Spannung aus dem Körper zu nehmen und richtete den Pfeil auf den Boden, bevor sie den Bogen entspannte.

„Lavi?“

Die Gestalt fuhr herum.

„Oh, Mann, Scheiße. Hast du mich erschreckt.“

„Was schleichst du auch hier umher? Ich dachte, ich werde überfallen.“

Mila trat hervor.

Lavinia stürmte ihr entgegen und fiel ihr in die Arme. Der Stecken fiel zu Boden. Es war ihr Speer.

„Ich bin so froh, dass ich dich eingeholt habe.“

Sie lösten sich voneinander. Lavi ging zu ihrem Rucksack und schleppte ihn heran. Dankbar kroch sie zu Mila in das Zelt.

Anerkennend besah sie sich die Konstruktion.

„Respekt. Viel besser als mein Zelt. Ich habe mir jeden Abend den Arsch abgefroren.“

„Wie hast du mich gefunden?“

„Du ziehst eine Spur so breit wie eine Autobahn hinter dir her.“

Lavinia grinste frech.

„Und du? Wieso hast du mich kommen hören?“

„Du trampelst durch den Wald wie eine Herde Büffel.“

Sie lachten laut.

„Verdammt, tut das gut, wieder bei dir zu sein.“

Mila nickte und spürte ein warmes Gefühl in der Brust. Eine Träne löste sich. Sie wedelte mit der Hand vor dem Gesicht.

„Der Rauch“, log sie.

Lavi nickte ebenfalls und wischte sich den Blick frei.

„Der Fisch sieht gut aus“, rief sie plötzlich. „Ich habe auch etwas mitgebracht.“

Sie kramte in ihrem Rucksack und brachte ein halb gefrorenes Stück Fleisch zum Vorschein.

„Hirsch“, erklärte sie. „Der Rest von einem Wolfsriss. Zwei Tage lang haben mich diese Viecher daraufhin verfolgt, trauten sich aber nicht heran. Die wollten sich ihren Braten zurückholen. Ich habe die Nächte auf Bäumen verbracht. Aber der Hirschbulle hatte drei von ihnen verletzt. Schließlich gaben sie auf.“

Lavinia griff sich zwei Äste aus dem Brennholz und schnitzte daraus Spieße. Dann schnitt sie kleine Stücke von dem Fleisch ab. Sie grillten es, während sie den Fisch verspeisten.

„Was ist passiert?“, fragte Mila und wendete die Fleischstücke über dem Feuer. „Wo ist Ruud?“

„Tot“, antwortete Lavi, ohne erkennbare Regung.

„Seinen Schwanz habe ich als Köder beim Angeln benutzt“, erzählte sie weiter. „Er wollte mich vergewaltigen. Hat sich in der Nacht einfach auf mich drauf gelegt, das besoffene Schwein. Ich habe ihm mein Messer in den Wanst gerammt. Hat gebrüllt, wie am Spieß. Da habe ich es gleich noch mal gemacht, damit er die Schnauze hält. Ich war nicht scharf darauf, dass er mit seinem Geschrei womöglich noch Gesindel anlockt. Wer weiß schon, wer sich alles in der Nähe herumtreibt.“

Mila grinste.

Lavinia auch.

„Wir waren noch nicht weit gekommen. Wahrscheinlich haben ihn inzwischen die Wölfe gefressen. Ich habe ihn liegen gelassen, mir genommen, was ich gebrauchen konnte, und bin hinter dir her. Zweimal hätte ich beinahe die Spur verloren. Aber dann begann es zu schneien und es war leicht, deinen Fußstapfen im Schnee zu folgen.“

Sie aßen von dem Hirschfleisch. Lavinia wischte sich mit dem Ärmel ihres Pullovers den Mund ab.

„Ich habe noch etwas mitgebracht“, verkündete sie und kramte in ihrem Rucksack.

Dann brachte sie eine Flasche hervor.

„Wodka! Schon mal getrunken?“

Mila schüttelte den Kopf und dachte an die schlechte Erfahrung mit dem Whisky.

„Ich vertrage das Zeug nicht.“

„Das hier schon. Gibt keinen Brummschädel, macht aber schöne Träume.“

Lavi drehte den Verschluss auf, trank einen ordentlichen Schluck und reichte die Flasche weiter.

Vorsichtig probierte Mila das hochprozentige Zeug. Es war eiskalt und schmeckte milder als der Whisky. Sie nahm einen weiteren Schluck.

„Na?“, erkundigte Lavi sich nach ihrem Befinden.

Mila nickte zuversichtlich und gab den Wodka zurück.

„Wo hatte Ruud das ganze Zeug her?“

„Aus Berlin. War mal die Hauptstadt von irgendwas. Da blieb die Versorgung am längsten erhalten. Aber mittlerweile soll es dort schlimmer aussehen als überall sonst.“

Lavi nahm einen großen Schluck und die Flasche machte ihre Runde. Der Alkohol wirkte. Mila und Lavi begannen zu kichern und alberten herum.

„Stell dir vor“, lallte Lavi. „Sein Ding war so klein.“

Sie hielt Mila ihren Daumen und den Zeigefinger ein wenig gespreizt entgegen.

„Und du hast ihn wirklich abgeschnitten?“

„Klar! Schnipp, schnapp. Ab!“, grölte Lavi.

„Und wie groß war der Fisch, den du damit gefangen hast?“

Lavi stieß auf und rülpste.

„Mickrig. Mit so einem kleinen Köder kannst du nichts Größeres fangen.“

Beide lachten schallend bis ihnen die Tränen über die Wangen liefen.

In dieser Nacht schneite es heftig. Die zwei Mädchen im Tipi bekamen davon nichts mit.

Erstaunt blickten sie am Morgen in die weiße Landschaft, nachdem sie die Plane am Eingang aufgezogen hatten. Schnee fiel ihnen entgegen und in das Zelt hinein.

„Scheiße“, stellte Lavinia fest. „So kommen wir nur langsam voran.“

Sie brachen das Lager ab. Vier der fünf Zeltstangen nahmen sie mit. Sie dienten auf ihrer Wanderung durch den hohen Schnee als Stecken und so brauchten sie abends nur noch eine einzelne Stange aus irgendeinem Gehölz zu schneiden.

Bald gesellte sich wieder ein bekannter Wegbegleiter hinzu. Der Mangel an Proviant. Die von Lavinia mitgeführten Vorräte waren schnell verbraucht.

Im Grunde hatten sie keine Zeit zum Jagen. Aber der Hunger zwang sie dazu.

Wenigstens wiesen Spuren von Tieren ihnen den Weg zu deren Unterschlupf. So gelang es ihnen, in den entlaubten Wäldern Eichhörnchen aufzuspüren. Auf größeres Wild anzusitzen war dort schwierig geworden. Deswegen hielten sie seit zwei Tagen auf einen Fichtenwald auf einem Hügel zu. Das Nadelgehölz bot nicht nur den Tieren Schutz, es ermöglichte Lavinia und Mila auch, ihnen aufzulauern.

Sie schlugen ihr Lager im dichten Unterholz auf und legten den Boden mit Zweigen aus. Unter den Fichten, gut zehn Meter vom Waldrand entfernt, blieb ihr Zelt gut versteckt. Der aufsteigende Rauch des Feuers wurde von den Kronen der Bäume daran gehindert, weithin sichtbar in einer Säule aufzusteigen.

Einen der höchsten Bäume nutzten sie als Ansitz. Von dort oben konnten sie weit über das Land sehen und ziehende Herden oder deren Fährten im Schnee ausmachen.

An einem wolkenfreien Morgen war Lavinia hinauf geklettert und suchte mit dem Fernglas die Umgebung ab. Der Schnee glitzerte, Eiskristalle blinkten in der Sonne. Der Duft von Baumharz stieg ihr würzig in die Nase.

Sie hatte genug von Eichhörnchenfleisch und Winterrüblingen, eine Pilzart, die Mila gesammelt hatte. Lavi wollte endlich wieder etwas Ordentliches zu essen. Ein schönes, fettes Schwein sollte es sein. Das würde ihr gefallen.

Sie entdeckte eine Fährte. Die Spur führte über freies Feld in den Wald hinein. Dem Fährtenbild nach zu urteilen, sollten sich Lavis Wünsche bald erfüllen lassen.

Sie zogen gegen den Wind los.

Das dicht gewachsene Unterholz bot nicht nur Schutz, es erschwerte auch eine geräuschlose Pirsch.

Die Rotte am Tage zu finden und zu stellen erschien ihnen bald aussichtslos. Sie kehrten zum Lager zurück und warteten auf die Dämmerung.

„Wir halten uns am Waldrand unter den Bäumen und laufen gegen den Wind“, schlug Mila vor. „Wenn die Schweine den Wald verlassen, können wir die Tiere gut gegen den weißen Schnee sehen.“

Lavi zeigte sich einverstanden.

Es wurde eine Geduldsprobe.

Die eisige Kälte der sternenklaren Nacht war ihnen längst unter die Kleidung gekrochen. Doch sie mussten sich ruhig verhalten. Zu gerne hätten sie wenigstens in ihre Hände gehaucht, um die Finger zu wärmen oder mit den Füßen aufgestampft, um den Blutkreislauf anzuregen. Aber Wildschweine verfügten über ein gutes Gehör und waren sehr scheu. Bei dem geringsten Verdacht auf Gefahr warnte die Leitsau ihre Rotte und alle stieben davon.

Sie warteten die ganze Nacht, nur wenige Meter voneinander entfernt unter tief hängenden Fichtenzweigen.

Nachdem sich am Horizont ein heller Streifen gebildet hatte, wollte Lavinia aufgeben. Sie glaubte nicht mehr daran, dass die Wildschweine den Wald an dieser Stelle noch verlassen würden. Außerdem spürte sie ihre Füße in den Stiefeln nicht mehr und ihre Finger waren so klamm, dass sie fürchtete, damit den Speer nicht mehr zielsicher werfen zu können.

„Psst.“

Mila schaute zu ihr. Lavi gab ihr mit einer Kopfbewegung zu verstehen, abzubrechen.

Mila schüttelte ihren Kopf und vollführte eine beruhigende Handbewegung. Lavi verspürte Harndrang.

Milas Geduld wurde belohnt. Die Rotte hatte den Wald in der Nacht verlassen. Unbemerkt, an einer anderen Stelle.

Die Spur, die Lavinia von ihrem Ansitz aus gesehen hatte, verriet den Rückweg.

Plötzlich bemerkte Mila einen mächtigen Schatten, der sich langsam über den Schnee schob und verharrte. Die Leitsau prüfte die Witterung.

‚Mist‘, dachte Mila.

Doch der kaum spürbare Wind an diesem Morgen war ihr Freund. Er hatte in der Nacht von Westen auf Osten gedreht.

Mila stieg der säuerliche Geruch der Rotte in die Nase und sie frohlockte.

Der Schatten der Bache schob sich wieder voran und weitere Tiere folgten ihr.

Mila bewegte sich sehr langsam, hob den Bogen und legte auf eines der kleineren Tiere an. Vielleicht gelang ihr sogar ein zweiter Schuss auf eines der anderen Schweine.

Durch die frostigen Temperaturen war es möglich, Vorräte anzulegen. Das Fleisch gefror einfach und verdarb nicht.

Lavinia hatte die Schweine ebenfalls bemerkt und sich ein größeres Tier ausgesucht.

Die Rotte trabte auf den Wald zu und würde in geringer Entfernung von den beiden Jägerinnen bald darin verschwinden.

Milas Pfeil sauste davon und traf. Quiekend rannte das Tier los und brach wenige Meter weiter zusammen.

Die Rotte stürmte vorwärts, geradewegs auf Lavinia zu. Die trat aus der Deckung und warf den Speer.

Die Leitsau hatte ihren Fehler erkannt und änderte die Richtung. Für eines der Schweine war es zu spät. Die Lanze durchbohrte dessen Flanke. Das Tier überschlug sich in vollem Galopp.

Während die Rotte abdrehte, hielt ein Keiler weiterhin auf Lavinia zu.

„Lavi!“, rief Mila, die die Gefahr sofort erkannt hatte.

Die langen Hauer der männlichen Wildschweine waren gefährliche Waffen. Messerscharf und mit größter Wucht geführt.

Lavinia rannte los. Im Laufen zog sie ihre kurzen Speere vom Rücken. Doch ihre Beine gehorchten nicht wie üblich. Die durchfrorene Nacht lähmte die Muskeln.

Der mächtige Keiler holte sie ein und rempelte sie einfach um. Lavi stürzte. Mila legte auf das Schwein an, konnte aber nicht schießen, ohne ihre Gefährtin zu gefährden. Konzentriert zielte sie auf den Keiler und verfolgte mit ihrer Pfeilspitze jede seiner Bewegungen.

Lavi stach mit einem der kurzen Speere zu. Das wilde Schwein quiekte und zuckte zurück. Nun war es verletzt und rasend vor Wut.

Lavinia sprang auf und lief davon. Der Keiler hinterher. Mila schoss auf ihn und traf. Aber seinen Lauf unterbrach das Tier nicht. Sie hatte es beinahe verfehlt und nur den Kamm getroffen. Doch im Nacken war das Wildschwein fett unter der dicken Schwarte. Der Treffer behinderte das vorwärts stürmende Tier kaum.

Fast hatte es Lavinia wieder erreicht. Nur ein halber Meter trennte die beiden voneinander.

Plötzlich sprang Lavi in die Höhe und klammerte sich an einen der tief hängenden Äste einer Fichte. Sie zog sich hinauf und schlug ihre Arme um den starken Ast. So blieb sie hängen und zog ihre Beine an.