Milena - Margarete Buber-Neumann - E-Book

Milena E-Book

Margarete Buber-Neumann

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Beschreibung

Im Oktober 1940 trafen sich Margarete Buber-Neumann und Milena Jesenská zum ersten Mal an der »Klagemauer«. So nannte Milena den schmalen Weg zwischen der Barackenrückseite und der hohen Mauer, die das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück umgab. Das Buch »Milena – Kafkas Freundin« ist das Vermächtnis der dabei entstandenen Freundschaft. Für Milena war die Kafkasche Prosa das Vollkommenste, das es gab. Sie übertrug »Das Urteil« und »Die Verwandlung« vom Deutschen ins Tschechische und wurde so zur ersten Übersetzerin. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit wandte sie sich in einem Brief an den Dichter, der sich gerade zu einer Kur in Meran aufhielt. Das war der Anfang der Liebe zwischen Kafka und Milena, von der die erhalten gebliebenen Briefe Kafkas zeugen. Am 17. Mai 1944 starb sie in Ravensbrück.

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Seitenzahl: 360

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Margarete Buber-Neumann

Milena

Kafkas Freundin

Distanzierungserklärung:

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© 2024 Langen Müller Verlag GmbH, München

© 1977 by Langen Müller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Wolfgang Heinzel

Umschlagfotos: (Milena Jesenská) akg-images, Berlin

(Franz Kafka) akg-images, Berlin / Kollektion K. Wagenbach

Satz: Ralf Paucke

E-Book Konvertierung: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-7844-8485-3

www.langenmueller.de

Inhalt

Vorwort

Dank

Begegnung an der Klagemauer

Stärker als alle Barbarei

Jan Jesensky

Aufbruch der »Minervistinnen«

Die Liebende

Tiefste Tiefen

Franz Kafka und Milena

Weg zur Einfachheit

Ehe und Krankheit

In der Sackgasse

Zu neuen Aufgaben

Politische Journalistin

Mater misericordiae

Lass uns nicht untergehen ...

Die vernichtende Explosion

Ein freier Mensch

»Am Horizont zieht eine traurige Zeit herauf ...«

Schützlinge

Die Eiferer

Freundschaft auf Leben und Tod

Ihr letzter Geburtstag

Milenas Ende

Anmerkungen

Vorwort

Vor kurzem erschienen in einer Neuauflage die »Briefe an Milena« von Franz Kafka. In keinem seiner Werke zeigt sich der Dichter so unverhüllt wie in diesen Liebesbriefen an Milena Jesenská, die um viele Jahre jüngere Pragerin. Aber auch sie tritt uns aus den Seiten der Sammlung entgegen als ein Wesen besonderer Art. Sie hat auf Kafka jene Faszination ausgeübt, welche die stärkere, freilich schöpferisch weit unterlegene Persönlichkeit auf die schwächere, zerrissenere, wenn auch ungleich genialere Natur auszuüben vermag.

Milena Jesenská verdient nicht nur Beachtung als Geliebte Franz Kafkas; sie selbst war eine faszinierende Persönlichkeit, ein Mensch, der sich in seiner Jugend über die bürgerliche Konvention hinwegsetzte und sich im Laufe eines schweren Lebens vom extremen Individualismus zur sozialen und politischen Verantwortung hin durchkämpfte. Sie besaß die Kraft und einen nie erlahmenden Mut, in der Zeit, nachdem ihre Heimat Böhmen unterjocht worden war, für die Sache der geistigen Freiheit einzutreten. Als Hitler die Tschechoslowakei okkupierte, begann Milena unter Einsatz ihres Lebens die am meisten Bedrohten zu retten. Sie verhalf Juden und tschechischen Landsleuten zur Flucht ins Ausland. Sie gab eine illegale Zeitschrift heraus und forderte zum Widerstand gegen die Unterdrücker auf. Nach kurzer Zeit wurde sie von der Gestapo verhaftet und starb im Jahre 1944 im Konzentrationslager Ravensbrück.

Margarete Buber-Neumann

Dank

An dieser Stelle möchte ich den vielen Freunden Milenas danken, die bei der Entstehung dieses Buches mithalfen. Vor allem Wilma Lövenbach für ihren unermüdlichen Rat und Beitrag, sodann Arthur Koestler, Paul Rütti, Willy Haas, Joachim von Zedtwitz, Jaroslav Dressler, Miloš Vaněk, Anička Kvapilová und allen jenen, die mir ihre Erinnerungen mitteilten oder geschichtliches Material zur Verfügung stellten.

Mir, als einer Deutschen, blieben viele Quellen verschlossen, die Aufschluss geben könnten über Milenas Lebensschicksal. Außerdem sind mir das Land Böhmen und die Stadt Prag nicht bekannt. Ich weiß nur aus Milenas Erzählungen von jener wunderbaren Zeit kulturellen Keimens und Blühens in ihrer tschechischen Heimat während der ersten dreißig Jahre unseres Jahrhunderts, jener Zeit, in der sich ihr Leben abspielte. Ich lernte Milena im Konzentrationslager kennen. Dort berichtete sie mir von ihrer Vergangenheit. Vielleicht unterliefen mir deshalb bei der Darstellung ihres Lebens einige Irrtümer. Deshalb bitte ich alle Kritiker im Voraus um Verzeihung. Erst nach langem Zögern ging ich das Wagnis ein, dieses Buch zu schreiben. Ich tat es, weil mich die Persönlichkeit Milena Jesenskás faszinierte und weil ich ihr in tiefer Freundschaft verbunden bin.

M. B.-N.

»... Sie ist ein lebendiges Feuer,

wie ich es noch nie gesehen habe ...

Dabei äußerst zart, mutig, klug,

und alles wirft sie in das Opfer hinein

oder hat es, wenn man will,

durch das Opfer erworben ...«

Franz Kafka über Milena1

Begegnung an der Klagemauer

Am 21. Oktober 1940 erhielt ich den ersten Brief von Milena, einen auf der Lagerstraße heimlich in die Hand gedrückten Zettel. Damals kannten wir uns erst einige Tage. Aber was können Tage bedeuten, wenn die Zeit nicht mehr in Stunden und Minuten zerfällt, sondern nach Herzschlägen zählt.

Es war im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück, wo wir uns trafen. Milena hatte durch eine Deutsche, mit der sie im gleichen Transport ins Lager kam, von meinem Schicksal erfahren. Die Journalistin Milena Jesenská wollte mich sprechen, wollte wissen, ob die Sowjets wirklich antifaschistische Emigranten an Hitler ausgeliefert hätten. Beim Spaziergang der »Zugänge« auf dem schmalen Weg zwischen der Barackenrückseite und der hohen Lagermauer mit dem starkstromgeladenen Stacheldraht, der Mauer, die uns von der Freiheit trennte, kam Milena auf mich zu. Sie stellte sich vor und sagte: »Milena aus Prag.« Für sie war die Heimatstadt wichtiger als der Familienname. Nie vergesse ich die Geste, mit der sie mir die Hand zum ersten Gruß gab, die Stärke und Grazie dieser Bewegung. Als ihre Hand in der meinen lag, sagte sie leicht ironisch: »Bitte nicht so drücken und schütteln, wie ihr Deutschen das zu tun pflegt. Meine Finger sind krank ...« Ich sah in ein von schweren Leiden gezeichnetes Gesicht von grauer Gefängnisblässe. Aber der Eindruck von Krankheit verschwand sofort unter der Kraft ihres Blickes und der Lebhaftigkeit der Gebärden. Milena war hochgewachsen, hatte steile, breite Schultern und einen zierlichen Kopf. Augen und Kinn verrieten starke Initiative, der Mund mit seinem schönen Schwung ein Übermaß an Gefühl. Die weiblich zarte Nase ließ das Gesicht eher zerbrechlich erscheinen, und der Ernst der etwas buckligen Stirn wurde gemildert durch kleine Locken, die sie umrahmten.

Wir standen auf dem schmalen Weg und hinderten die anderen am Weitergehen, brachten das Hin- und Hergeflute der Häftlinge zum Stocken. Die wurden wütend und versuchten, uns ärgerlich vorwärtszustoßen, so dass ich nur wünschte, der Begrüßung so schnell wie möglich ein Ende zu machen und mich wieder in den vorgeschriebenen Rhythmus des Rundganges einzuordnen. Ich hatte bereits in jahrelanger Haft gelernt, mich den äußeren Gesetzen dieser Häftlingsherde anzupassen. Aber Milena fehlten solche Fähigkeiten gänzlich. Sie benahm sich auf der Straße des Konzentrationslagers genauso, als hätte man uns auf dem Boulevard irgendeiner friedlichen Stadt einander vorgestellt. Sie dehnte die Begrüßung aus. Sie war völlig beherrscht von der Freude, einen neuen Menschen kennenzulernen, oder vielleicht auch von der Reporterleidenschaft, ein fremdes Schicksal zu ergründen. Unbeirrt durch das murrende Gewimmel um uns, kostete sie dieses Ereignis in aller Ruhe aus. In den ersten Minuten hatte mich ihre Unbekümmertheit aufgebracht, dann aber begann sie mich zu faszinieren. Hier war ein Mensch mit noch ungebrochenem Selbstbewusstsein, ein freier Mensch inmitten all der Erniedrigten! Dann gingen wir genauso wie die anderen, eingehüllt in den von den Holzpantinen aufgewirbelten Staub, an der »Klagemauer« hin und her. So hatte Milena diesen Weg benannt. Wenn man im normalen Leben einen Menschen trifft, so sagt, selbst wenn er einem völlig fremd ist, wenigstens sein Kleid etwas über ihn aus, es verrät, jedenfalls sehr oft, in welchem Lebenskreis sich der andere bewegt. »Milena aus Prag« trug das gleiche gestreifte, lange, schlotternde Häftlingskleid wie ich, die blaue Schürze und das vorgeschriebene Kopftuch. Ich wusste nichts anderes von ihr, als dass sie ein tschechischer Häftling sei und eine Journalistin. Sie sprach mit leicht tschechischem Akzent, doch nicht wie eine Ausländerin, denn sie beherrschte die deutsche Sprache vollkommen. Besonders ihr großer Wortreichtum, ihre außergewöhnliche Ausdrucksfähigkeit begeisterten mich schon in diesen kurzen zehn Minuten unseres Kennenlernens.

Nach einigen Abschiedsworten, dem üblichen »Auf Wiedersehn!«, lief ich zurück in meine Baracke und wusste nicht, wie mir geschehen war. Ich blieb den Rest des Tages blind und taub gegen alles. Der Name »Milena« erfüllte mich ganz, ich schwelgte in seinem Wohlklang.

Nur der kann meine heftigen Gefühle ermessen, der je unter Tausenden, und noch dazu in einem Konzentrationslager, einsam war. Anfang August des Jahres 1940 wurde ich in Ravensbrück eingeliefert. Hinter mir lagen die Schreckensjahre in Sowjetrussland: Verhaftung durch die NKWD in Moskau, Verurteilung zu fünf Jahren Zwangsarbeit, Aufenthalt im kasachischen Konzentrationslager Karaganda und dann die Auslieferung durch die russische Staatspolizei an die Deutschen im Jahre 1940. Dem folgten Haft und monatelange Verhöre bei der Gestapo in Berlin und schließlich die Überführung ins deutsche KZ. Schon am dritten Tag meines Aufenthaltes in Ravensbrück stellten die deutschen kommunistischen Mithäftlinge ein Verhör mit mir an, weil sie wussten, dass ich die Lebensgefährtin Heinz Neumanns war und aus unseren bitteren Erfahrungen in Sowjetrussland keinen Hehl machte. Nach dem Verhör drückten sie mir den Stempel »Verräterin« auf und behaupteten, ich verbreite Lügen über Sowjetrussland. Da die Kommunistinnen in Ravensbrück zur Prominenz unter den Häftlingen gehörten, hatte ihre Ächtung den gewünschten Erfolg: Die politischen Mitgefangenen mieden mich, als hätte ich eine ansteckende Krankheit.

Die Tschechin Milena Jesenská war die erste unter den politischen Häftlingen im deutschen KZ, die nicht nur mit mir sprach, sondern mir auch ihr Vertrauen entgegenbrachte, die an mich glaubte. Ich dankte für das Glück, nach Ravensbrück gekommen zu sein, weil ich dort Milena getroffen hatte.

Ravensbrück liegt in Mecklenburg, 80 Kilometer nördlich von Berlin. 1940 hatte die Gestapo dort ungefähr 5000 Frauen eingesperrt, politische Gefangene, jüdische Häftlinge, aus religiösen Gründen Inhaftierte, Zigeuner, Kriminelle und Asoziale. Am Schluss des Krieges waren in Ravensbrück gegen 25 000 Frauen inhaftiert. Anfangs bestand das Lager aus sechzehn ebenerdigen Baracken, im Laufe der Jahre wurden es zweiunddreißig, in die man die Frauen hineinpferchte. Bis auf die Kriminellen und Asozialen waren die ins Lager Geworfenen Hausfrauen, Mütter, junge Mädchen, – zwar in ihren Charakteren verschieden, aber sonst genauso wie die anderen Menschen in der Freiheit. Bewusste politische Gegner des Regimes gab es außer den deutschen, polnischen und tschechischen Politischen und den Bibelforschern verhältnismäßig wenige im ersten Jahr. Später vergrößerte sich deren Zahl durch die Frauen der Widerstandsbewegung aus allen von Hitler besetzten Ländern.

Den Politischen fiel die Umstellung auf das Lagerdasein leichter. Sie hatten gekämpft, das gab ihrem Opfer einen Sinn. Durch die Überführung in ein KZ wurde ihnen bestätigt, wie gefährlich sie für den Nationalsozialismus waren. Das steigerte ihre Selbstachtung. Aber das Gros der Häftlinge bestand immer aus Menschen, die unschuldig in diese entsetzliche Lage gekommen waren, denen nicht klar wurde, warum.

Jede Verhaftete hing mit allen ihren Gedanken am Leben, aus dem man sie herausgerissen hatte, an den Kindern, an dem Mann, an der Familie. In diesem Zustand tiefster Verzweiflung wurden nun solche Menschen für unbestimmte Dauer in ein Konzentrationslager geschleppt. Man zwang sie unter militärischen Drill, sie hatten keine Minute des Tages und der Nacht für sich allein, alle Verrichtungen geschahen in Gesellschaft von Hunderten von anderen, bei jedem Schritt, mit jedem Wort stießen sie gegen ein anderes unbekanntes, ebenso leidendes Geschöpf. Unter der Masse gab es vielleicht in jeder Baracke ein paar Wesen, zu denen man sich hingezogen fühlte; aber die große Mehrzahl war einem unerträglich in all ihren Lebensäußerungen. Die SS ließ die Frauen frieren, hungern, hart arbeiten, man brüllte sie, erwachsene Menschen, an, putzte sie herunter, ja schlug sie sogar.

Bereits mit dem Verlust der Freiheit verändert sich jedes Geschöpf bis in die Wurzeln seines Wesens. Wenn aber die täglichen Qualen der Gefangenschaft auch noch die ständige Angst vor dem Tode einschließen, erleidet der Häftling einen so tiefgehenden Schock, dass seine Reaktionen nicht mehr als normal bezeichnet werden können. Die einen werden hemmungslos aggressiv, um ihr Leben zu verteidigen, die anderen kriecherisch und zu jedem Verrat geneigt, und wieder andere resignieren in dumpfer Verzweiflung, in der sie sich weder gegen Krankheit noch Tod zur Wehr setzen.

Jeder Häftling muss im Laufe seines Gefangenendaseins verschiedene Stadien durchleben. Wenn es ihm nicht gelingt, den Schock zu überwinden, den er bei der Einlieferung ins KZ erleidet, ist er besonders gefährdet. Zum Überleben muss man sich in irgendeiner Weise dieser extremen Situation anpassen, man muss dem neuen Leben, so schrecklich es ist, einen Sinn geben. Über sich selbst hinauszuwachsen und ein neues Gleichgewicht zu finden, das gelang nur wenigen. Milena brachte es fertig, obgleich sie krank ins Lager kam. Es sprach für ihre geistige Kraft, dass sie bereits in den ersten verwirrenden Tagen ihres Aufenthaltes in Ravensbrück ihr leidenschaftliches Interesse an dem Schicksal anderer Häftlinge bekundete.

Noch gehörte Milena zu den Neuangekommenen, die in einer besonderen Baracke untergebracht waren und abgesondert von den anderen zum kurzen täglichen »Spaziergang« herausgelassen wurden. Trotz Verbot mischte ich mich jeden Tag unter die Zugänge, was nur möglich war, weil ich als Blockälteste der Bibelforscherbaracke eine grüne Armbinde trug, die eine gewisse Bewegungsfreiheit im Lager ermöglichte. So erwartete mich Milena täglich an der Klagemauer. Ich wusste sehr genau, was die Frauen während der ersten Wochen im Lager erlitten, wenn alle Schrecken noch so neu waren. Doch Milena verlor kein Wort über ihre persönlichen Qualen. Wenn wir uns trafen, war sie ganz und gar von ihrer Reporterleidenschaft erfüllt. Nie wieder begegnete mir ein Mensch, der seinen Journalistenberuf so beherrschte wie sie. Milena besaß eine suggestive Kraft des Erfragens, sie hatte die Fähigkeit, schon mit den ersten Worten, die sie an jemand richtete, eine persönliche Beziehung herzustellen. Sie spielte ihrem Gesprächspartner nie irgendeine Rolle vor oder verbarg sich hinter einer Maske. Sie erzeugte in jeder Unterhaltung eine Atmosphäre des Unmittelbaren, denn sie identifizierte sich mit dem Menschen, den sie befragte. Ihr war die Kraft des Einfühlens gegeben.

Bei den Fragen nach meinen Erlebnissen in Sowjetrussland schien auch sie nicht mehr in der Gegenwart zu leben. Ihre Phantasie versetzte sie in meine Vergangenheit, und so gelang es ihr, vieles, was ich längst vergessen hatte, wieder aufzuhellen und mit Fleisch und Blut zu erfüllen. Sie wollte nicht nur die Geschehnisse wissen, sie wollte die Menschen, denen ich auf meinem langen Weg durch die Gefangenschaft begegnet war, leibhaftig vor sich sehen, Einzelheiten wissen über ihre Eigenschaften, wie und was sie gesprochen hatten, ja sogar die Lieder hören, die die Armen im fernen Lager sangen. – Die Art ihres Fragens glich einem schöpferischen Akt, und so konnte ich zum ersten Mal meinem Erlebnisbericht erzählend eine Form geben. Es war, als ob Milena diese Fähigkeit auf mich übertrug.

Doch in ihrer Wissbegierde begnügte sie sich nicht nur mit dem chronologischen Ablauf meiner Erlebnisse in Sowjetrussland, die ich nun in Fortsetzungen Tag für Tag berichten musste, sie stellte mir auch Fragen, die mich zwangen, meiner politischen Vergangenheit auf den Grund zu kommen. »Wie lange hattest du eigentlich dein Vertrauen in die Kommunistische Partei gesetzt?«, unterbrach sie einmal meine Erzählung. »Wie lange warst du überzeugt davon, dass die Partei und die Komintern wirklich die Absicht hätten, auf Erden einen politischen und wirtschaftlichen Zustand herbeizuführen, der allen Menschen Arbeit, Brot und Freiheit garantieren würde?« Ich strengte mein Gedächtnis an und erinnerte mich sehr bald an die Zeit meiner ersten Zweifel am Kommunismus, die schon in den Zwanziger Jahren immer wieder aufgetaucht waren, doch durch den Wunsch nach politischer Gläubigkeit stets unterdrückt wurden. Beide stellten wir fest, denn auch Milena war vorübergehend der kommunistischen Heilslehre erlegen, dass ein Kommunist erstaunlich fruchtbar ist im Erfinden von Entschuldigungen für alle offensichtlichen Fehler seiner Partei, für alle Verstöße gegen ihr ursprüngliches Programm, und dass er erst durch die Partei in seinem Gefühl tief verletzt werden muss, bevor er sich die Verlogenheit des Kommunismus eingesteht und dadurch die Kraft findet, sich von der Partei abzuwenden. Und wir begannen gemeinsam, die Wurzeln des kommunistischen Übels zu erforschen.

Persönlich hatte Milena Sowjetrussland nicht kennengelernt. Doch bei den Nachrichten über die Ereignisse des Jahres 1936, über den ersten Schauprozess in Moskau, verließ sie die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei. Von da ab verfolgte sie als Journalistin aufmerksam das grausige Geschehen der Großen Säuberung hinter dem Eisernen Vorhang und stellte in einem Artikel, der sich mit den Lügensendungen des Moskauer Rundfunk befasste, folgende Fragen an die russischen Kommunisten: »... Es würde uns interessieren, was aus den vielen tschechischen Kommunisten und einfachen Arbeitern wurde, die vor Jahren nach Sowjetrussland gingen? ... Würden wir da am Ende erfahren, dass der größte Teil von ihnen in den Gefängnissen sitzt? – So und nicht anders«, schreibt sie weiter, »behandeln die Sowjets jene Menschen, die töricht genug waren zu glauben, dass Kommunist zu sein dasselbe bedeutet, wie unter sowjetischem Schutz zu stehen ...« Auf das traurige Los der deutschen kommunistischen Emigranten in der Tschechoslowakei eingehend, schließt sie ihren Artikel mit dem Satz: »Unter ihnen (den kommunistischen Emigranten) sind Menschen, die ich hochschätze, und andere, die ich zutiefst verachte. Aber wer es auch immer sei, meine persönliche Abneigung wird nie so weit gehen, dass ich einem von ihnen wünschte, er solle heute aufgenommen werden im ‚Vaterland des Weltproletariats’.«1

Ihre Kenntnis von den menschenunwürdigen Zuständen im »Vaterland des Weltproletariats« war aber rein theoretisch und deshalb begriff ich die Spannung, mit der sie meinen Bericht entgegennahm. Was wusste man schon 1940 im Westen über Massenverhaftungen und Sklavenlager in Russland?! Milena erfasste sofort die Bedeutung dieses dokumentarischen Zeugnisses und – ich glaube, wir kannten uns gerade eine Woche – dann unterbreitete sie mir ihren Plan: »Wenn wir wieder in Freiheit sind, werden wir gemeinsam ein Buch schreiben.« In ihrer Phantasie entstand ein Werk über die KZs beider Diktaturen, mit Zählappellen, marschierenden uniformierten Kolonnen und der Entwürdigung von Millionen von Menschen zu Sklaven: in der einen Diktatur im Namen des Sozialismus, in der anderen zum Wohl und Gedeihen der Herrenmenschen.

Das Buch sollte den Titel tragen: »Das Zeitalter der Konzentrationslager«. Bei diesem Vorschlag verstummte ich vor Schreck. Ein Buch schreiben! Was für eine Vorstellung hatte Milena von mir?! Ich war nicht fähig, eine einzige Zeile aufs Papier zu bringen! Doch Milena, ganz hingerissen von unserer künftigen Aufgabe, bemerkte nichts von meinem Schrecken. Sie malte mir schon aus, wie sich unsere Zusammenarbeit vollziehen würde: »Du verfasst den ersten Teil, alles, was du mir erzählt hast; den zweiten Teil, den wir jetzt erleben, den schreiben wir gemeinsam ...« Als ich wieder zu Wort kam und schüchtern einwandte, ich könne überhaupt nicht schreiben, blieb sie vor mir stehen, packte mich mit einem zärtlichen Griff bei der Nase, so wie man das bei jungen Hunden tut, und sagte: »Aber Gretuschka, ein Mensch, der so erzählen kann wie du, der kann auch schreiben. Viel schlimmer geht es mir. Ich kann nicht einmal schildern, wie ein Mensch zu einer Tür hereinkommt. – Außerdem musst du wissen, dass jeder Mensch schreiben kann, wenn er nicht gerade ein Analphabet ist. Dich haben sie nur in der preußischen Schule verdorben. Du hast noch heute Angst vorm Schulaufsatz!«

Wenn man, so wie ich, in Potsdam zur Welt kam und dort erzogen wurde, fällt es einem nicht leicht, von Gefühlen zu sprechen, von Liebe, von tiefem Leid und großem Glück. Solche Hemmungen waren Milena fremd. Sie lachte über mich »kleinen preußischen Menschen«. Übrigens nannte sie sich selbst immer wieder »kleiner tschechischer Mensch« und in diesem Zusammenhang sparte sie nicht mit Kritik an den Charaktereigenschaften ihres Volkes, das sie schmerzlich-zärtlich liebte. Doch nie entdeckte ich auch nur Spuren von nationaler Borniertheit an ihr, eine Eigenschaft, die leider in Ravensbrück unter den Häftlingen der verschiedenen Nationen nur so wucherte.

Milena, die nichts ungefragt ließ, wusste sehr bald von meinem großen Schmerz. Einmal begann sie über Heinz Neumann zu sprechen. Sie wollte wissen, was für ein Mensch er war. Auf ihre Frage: »Hast du ihn sehr geliebt?« konnte ich vor unterdrückten Tränen keine Antwort geben. Seit Heinz in Moskau verschwand, von der NKWD abgeführt wurde, waren erst drei Jahre vergangen, Jahre, in denen die qualvollsten Vorstellungen über sein Ende mich ständig verfolgten und ich alle Hoffnung verlor, ihn je wiederzusehen. Nun rührte Milena an diese Wunde. Die so mühsam unterdrückte Verzweiflung überwältigte mich. Wenige Menschen haben die Gabe, trösten zu können. Dazu muss man wohl den Schmerz des anderen nacherleben, miterleiden. Milena verhalf mir zur Genesung und fand den Weg zu meinem Herzen.

Jedes Mal, wenn wir uns trafen, erschreckten mich von neuem Milenas Blässe und ihre geschwollenen Hände. Ich wusste, dass sie Schmerzen hatte, dass sie beim stundenlangen Zählappell auf der Lagerstraße fror und sich auch nachts unter den dünnen Decken nicht erwärmen konnte. Aber sobald ich das Gespräch auf ihre Leiden brachte, ging sie mit einem Lachen auf ein anderes Thema über; und immer gelang es ihr, meine Sorgen und Befürchtungen zu zerstreuen. 1940 wirkte sie noch völlig ungebrochen, mutig und voller Initiative. Noch triumphierte ihr starker Geist über den geschwächten Körper.

Außerdem war mir klar, dass sie unter Hunger litt, aber sie verlor niemals ein Wort darüber. Einmal hielt ich es nicht mehr aus, weil ich diese Qualen nur allzu gut kannte, und brachte ihr meine Brotration. Gereizt wies sie das Brot zurück. Ihre Reaktion blieb mir völlig unverständlich. Sehr viel später erklärte sie mir, weshalb sie das getan habe. Allein der Gedanke, von mir mit Brot beschenkt zu werden, sei ihr furchtbar gewesen, denn in unserer Freundschaft wollte sie die Gebende sein. Sie wollte schenken und für mich sorgen. Als ich ihr erzählte, dass ich Verwandte hätte, Mutter und Geschwister, schien sie enttäuscht, ja unglücklich zu sein. Sie wünschte, ich wäre ganz allein auf der Welt und nur auf ihre Sorge, auf ihre Hilfe angewiesen. Für sie war Freundschaft gleichbedeutend mit Alles-für-den-anderen-tun, sich für ihn aufopfern.

***

Milenas bloße Erscheinung war ein ständiger Protest gegen das Lagerregime. Sie marschierte nie richtig in Fünferreihen, sie stand nicht vorschriftsmäßig beim Zählappell, sie eilte nicht, wenn man befahl, sie hofierte nicht die Vorgesetzten. Jedes Wort, das aus Milenas Mund kam, war nicht »lagergemäß«. Während die SS erstaunlicherweise vor Milenas Überlegenheit zurückwich, wurden die politischen Mithäftlinge, und an deren Spitze die auf Disziplin versessenen Kommunistinnen, durch ihre Haltung immer wieder gereizt. Ich erinnere mich an einen Abendzählappell im Frühling. Die Bäume hinter der Lagermauer begannen eben grün zu werden. Die Luft kam weich und duftend zu uns herüber. Kein Laut war zu hören. Da hatte wohl Milena Zählappell und Konzentrationslager völlig vergessen, sich vielleicht weggeträumt in irgendeinen Prager Vorstadtpark, wo auf den Rasen die Krokusse blühten. Plötzlich pfiff sie ein Liedchen vor sich hin ... Das gab einen empörten Ausbruch der umstehenden Kommunistinnen! Und Milenas bittere Feststellung: »Die haben’s leicht, die sind zu Häftlingen geboren, denen sitzt die Disziplin tief in den Knochen!«

Ein anderes Mal marschierte sie beim Arbeitsappell über die Lagerstraße. Ich stand am Rande, um ihr zuzunicken. Sie erblickte mich, riss das vorschriftsmäßige Kopftuch herunter und winkte über die Köpfe der erstarrten Häftlinge und der verblüfften SS lachend mit dem weißen Tuch.

Der Hass der Kommunistinnen auf Milena hatte aber noch andere Wurzeln. Ganz im Anfang, als wir begannen, uns regelmäßig beim Spaziergang für eine spärliche halbe Stunde zu treffen, fingen die Kommunistinnen unter den tschechischen Häftlingen bereits an, unsere Freundschaft voller Missbilligung zu beobachten. Ich hatte Milena selbstverständlich von meinem Verhör durch die deutschen Kommunistinnen erzählt, und fürchtete nun Ähnliches für sie. Deshalb erfüllte es mich mit großer Verwunderung, als mir Milena mitteilte, sie werde von den tschechischen Kommunistinnen, trotz ihres Bruches mit der KP, nicht als Verräterin behandelt, sondern eifrig umworben, ja man verschaffte ihr sogar eine vorteilhafte Arbeit im Krankenrevier des Lagers. Das konnten Häftlinge durchaus bewerkstelligen, weil in Ravensbrück, im Gegensatz zu anderen Konzentrationslagern, wo die Kriminellen die Oberhand hatten, sich die SS-Leitung die Arbeit erleichterte, indem sie vor allem Politische zu einer Art Häftlingsselbstverwaltung heranzog. Man gab den Gefangenen sogenannte »Posten« und schuf dadurch eine bessergestellte Schicht, eine Art Prominenz. Die SS ernannte Lagerläuferinnen, Blockälteste, Anweisungshäftlinge, solche, die die Arbeit zuwiesen, ferner Büroangestellte in den Schreibstuben, sowie Krankenpflegerinnen, später sogar Ärztinnen und natürlich auch eine Lagerpolizei. Die Häftlinge in solchen Ämtern waren gewissermaßen eingeschaltet zwischen die SS-Obrigkeit und die Menge der Arbeitssklaven. Sie konnten in solchen Funktionen ganz entscheidend für ihre Mithäftlinge wirken – und viele taten ihr Bestes , um die Qualen des Lagerlebens zu mildern, aber sie konnten sich auch, was leider nicht selten geschah, mit der SS, mit den Unterdrückern, identifizieren. Da die Zahl der Häftlinge ständig zunahm, brauchte die SS immer neue Gefangene für die Lagerfunktionen und war durchaus bereit, vonseiten der Häftlinge entsprechende Vorschläge zu berücksichtigen, weil diese über die berufliche Qualifikation ihrer Kameradinnen wesentlich besser Bescheid wussten. Die Kommunistinnen in Ravensbrück versorgten selbstverständlich und fast ausschließlich ihre Genossinnen mit guten Arbeitsplätzen. Umso erstaunlicher war es, dass sie einer politischen Feindin halfen, ein Beweis für die Macht der Persönlichkeit, die Milena ausstrahlte.

Aber Milenas Freundschaft zu mir ging den Kommunistinnen zu weit. Ihre Wortführerinnen Palečková und Ilse Machová traten an sie heran und stellten ihr die Frage, ob sie eigentlich wisse, dass ich eine Trotzkistin sei, die infame Lügen über Sowjetrussland verbreite. Milena hörte sich den Hassausbruch an und erwiderte, sie habe schon Gelegenheit gehabt, sich über meine Berichte aus Sowjetrussland selbst ein Urteil zu bilden, und sie zweifle nicht an meiner Glaubwürdigkeit. Kurz nach dieser ersten Warnung stellten die Kommunistinnen Milena eine Art Ultimatum: sie habe sich zu entscheiden zwischen der Zugehörigkeit zur tschechischen Gemeinschaft in Ravensbrück und der Freundschaft mit der Deutschen Buber-Neumann. Milena traf ihre Wahl, über deren Konsequenzen sie sich von Anfang an im Klaren war. Daraufhin wurde sie von den Kommunistinnen mit dem gleichen fanatischen Hass verfolgt wie auch ich.

Stärker als alle Barberei

»... und das gehört wieder zu Deiner leben-gebenden Kraft, Mutter Milena ...«2

Innige Freundschaft ist immer ein großes Geschenk. Erlebt man dieses Glück jedoch in der trostlosen Umgebung des Konzentrationslagers, kann sie zum Inhalt des Lebens werden. Milena und mir gelang es in der Zeit des Beisammenseins, die unerträgliche Gegenwart zu überwinden. In ihrer Kraft und Ausschließlichkeit wurde diese Freundschaft aber noch mehr, sie wurde zu einem offenen Protest gegen die Entwürdigung. Alles konnte die SS verbieten, uns zu Nummern degradieren, uns mit dem Tode bedrohen, uns versklaven, in den Gefühlen zueinander blieben wir frei und unantastbar. Es war Ende November geworden, als wir bei einem Abendspaziergang das erste Mal wagten, einander unterzufassen, denn das war in Ravensbrück streng verboten. Wir gingen im Dunkeln auf der Lagerstraße Hand in Hand, schweigend, mit seltsam großen Schritten wie bei einem Tanz und blickten in das milchige Licht des Mondes. Es war völlig windstill. Irgendwo abseits, ganz außerhalb unseres Bereiches, schlurften und knirschten die Holzpantinen der anderen. Für mich gab es nur Milenas Hand in der meinen und den Wunsch, es möge nie enden. Da heulte die Lagersirene zur Nachtruhe.

Alle stürzten den Baracken zu. Wir aber zögerten, hielten uns fester, wollten uns nicht trennen. Die brüllende Stimme einer Aufseherin kam immer näher. Da flüsterte mir Milena zu: »Komm nachher hinter meine Baracke an die ‚Klagemauer‘. Nur für ein paar Minuten wollen wir allein sein!« Dann liefen wir auseinander. Ein »Verdammte Weiber!« hatte uns gegolten.

Zur verabredeten Zeit schlüpfte ich aus der von Menschen wimmelnden Baracke. Es fiel mir gar nicht ein, dass diese Begegnung mit Prügelstrafe, Lagergefängnis, ja vielleicht sogar mit dem Tod enden konnte. Ich achtete nicht darauf, ob mich jemand beobachtete, rannte an den beleuchteten Fenstern vorbei, kam bis zum Weg an der Klagemauer und konnte nichts mehr unterscheiden. Es war stockfinster. Um das Geräusch der Holzpantinen zu dämpfen, ertastete ich den Rand des Weges und lief auf dem Rasen weiter. An der übernächsten fensterlosen Barackenrückwand bemerkte ich hinter den entblätterten Sträuchern etwas Helles. In Eile, Erregung und Dunkelheit stolperte ich über einen niedrigen Busch und fiel Milena in die Arme.

Am nächsten Morgen war der übliche stundenlange Zählappell. Als Revierarbeiterin brauchte Milena manchmal nicht mit anzutreten. Die dreihundert Häftlinge meiner Baracke standen auf der Lagerstraße dem Krankenrevier gegenüber, unbeweglich und schweigend. Man erwartete die Kontrolle der SS-Rapportführerin. Da sah ich Milena im Revierkorridor an ein geschlossenes Fenster treten. Sie blickte auf mich und legte ihre Hand an die Scheibe und bewegte sie langsam hin und her, ein stummes zärtliches Grüßen. Ich war entzückt und nickte ihr zu. Doch plötzlich ergriff mich furchtbare Angst um sie. Hunderte von Augen mussten doch das Gleiche sehen wie ich! Jede Minute konnte die SS-Aufseherin kommen! Sechs oder sieben Fenster hatte der lange Korridor, und an jedem wiederholte Milena gelassen das liebevolle Spiel.

Mit der Arbeit im Krankenrevier wurde Milena automatisch in den besten Block des Lagers verlegt, in die Baracke Nummer 1, zu den »alten« Politischen, den anerkannten »Gesinnungstätern«. Das bedeutete eine zusätzliche Vergünstigung, denn diese Baracke war weniger überfüllt als die anderen. – Ich war damals, wie schon erwähnt, Blockälteste bei den Bibelforschern in der Baracke Nr.3. Jede Baracke besaß ein Dienstzimmer für die SS-Aufseherin, das auch die Blockälteste betreten durfte. Dieses Zimmer war der einzige Raum mit einer Art privater Atmosphäre. Einige Stunden am Tage residierte dort die SS-Blockführerin, aber nachts stand der Raum leer.

Manchmal wagte Milena mich zu besuchen, wenn sie wusste, dass die SS-Aufseherin abwesend war. Als Revierarbeiterin hatte sie die Möglichkeit, während der Arbeitszeit in die Baracken zu gehen, um irgendwelche Bestellungen auszurichten. Dann führte ich sie regelmäßig in das Dienstzimmer, und wir fanden ein paar Minuten Zeit zu ungestörter Unterhaltung. Aber auch das war ein gefährliches Unterfangen, denn ständig drohte die SS.

So wurde unser Wunsch, nur einmal für längere Zeit ungestört beieinander zu sein, immer heftiger. Es war schon stürmischer Herbst, mit dunklen, mondlosen Nächten, als mir Milena eines Abends beim Spaziergang ihren Plan mitteilte, und zwar so kategorisch, dass jedes warnende Wort sie tief verletzt hätte. Sie hatte beschlossen, mich nachts im Dienstzimmer zu besuchen. Eine halbe Stunde, nachdem die Nachtwache kontrolliert hatte, wollte sie aus dem Fenster ihrer Baracke steigen und über die Lagerstraße, auf der während der Nacht auf Menschen dressierte Wolfshunde frei herumliefen, zu mir gelangen. Ich sollte ihr dann die Tür der Baracke öffnen. Beim Gedanken an die schreckliche Gefahr, die Milena drohte, stockte mir das Herz. Aber ihre wilde Entschlossenheit beschämte mich, und ich stimmte zu. Eine halbe Stunde nach der abendlichen Kontrolle der SS öffnete ich leise die Barackentür und horchte in die Dunkelheit hinaus. Man konnte nicht die Hand vor Augen sehen, und es goss in Strömen. Beim Lauschen auf die herannahenden Schritte hörte ich von allen Seiten bedrohliche Geräusche. Die Nacht schien erfüllt von Knirschen, es klang wie Stiefeltritte der SS, ja, meine angespannten Nerven ließen mich sogar Schüsse auf der Lagerstraße vernehmen. Aber auch die Baracke war voller Leben, und ich durfte von niemand gesehen werden. Alle paar Minuten strebte eine ihrer dreihundert Bewohnerinnen zur Toilette, und jedes Mal verließ ich eilig meinen Horchposten.

Da wurde von außen die Blocktür geöffnet, und herein trat Milena, leise vor sich hin pfeifend: »It’s a long way to Tipperary, it’s a long way to go ...« Ich packte ihren Arm und zerrte sie in das Dienstzimmer.

Ihre Haare trieften, die Hausschuhe, die sie angezogen hatte, um kein Geräusch zu machen, waren völlig durchweicht. Aber was bedeutete das schon! Es war ihr geglückt. Wir hockten vor dem warmen Öfchen, das ich vorsorglich geheizt hatte, und fühlten uns wie nach einer gelungenen Flucht aus dem Kerker. Jetzt gehörte uns die Freiheit einer ganzen Nacht!

Der dunkle, warme Raum gab ein Gefühl von Geborgenheit. Milena kroch dicht an den Ofen, um sich zu trocknen. »Deine Haare riechen ja nach Baby!« flüsterte ich lachend. – »Bitte, erzähle mir doch mal von deinem Zuhause, von Prag, als du noch klein warst! Ich wüsste so gern, wie du damals ausgesehen hast ...« Bis dahin hatte Milena nur wenig über ihr Leben gesprochen. Wenn sie es tat, dann nur in Bruchstücken. Doch in dieser Novembernacht, losgelöst von allem, wie auf eine sichere Insel versetzt, brachte ich sie zum Sprechen.

Milena wurde 1896 in Prag geboren und ihre frühesten Erinnerungen lagen noch – vor der Zeit der Jahrhundertwende, Erinnerungen an die Mutter, eine sehr schöne Frau mit gewelltem, kastanienbraunem Haar. Vormittags saß sie oft im langen, weichen Morgenkleid vorm Spiegel und kämmte sich. »Die Stelle, auf die sie mich immer küsste, war hier«, – Milena nahm meine Hand und legte sie auf ihre Locken, »hier, auf diesen widerspenstigen Haarwirbel über der Stirn.– Das kann ich nie vergessen ...« – Bis zum dritten Lebensjahr war Milena das einzige Kind in der Familie. Sie verbrachte ihre Tage in der großen Wohnung mit den dunklen Möbeln. Viel Spazierengehen gab es nicht. Sie saß vormittags im Esszimmer und nachmittags in der Wohnstube, thronte auf hohen Stühlen am hohen Tisch, ihre liebsten Spielsachen vor sich ausgebreitet. »Haben dich als Kind Glasmurmeln mit farbigen Adern auch so restlos bezaubert? Schienen sie dir nicht auch etwas ganz Übernatürliches zu sein?« will Milena wissen.

Wir sprechen über bunte böhmische Glasperlen, über das Wunder schnellfließender Gebirgswässer, und ich habe Mühe, sie in ihre Kindheit zurückzubringen. »Wie hast du denn ausgesehen mit drei Jahren? Gibt es Fotos von dir aus dieser Zeit?« – »Sehr blass und zart, mit altklugen, trotzigen Augen im kleinen runden Gesicht und einer wuscheligen Mähne auf dem Kopf. Ich war weder ein schönes noch ein gutes Kind, sondern ein ungezogenes. Nur meine Mutter verstand mich ganz ...« Milenas Mutter, die früh starb, entstammte einer wohlhabenden tschechischen Familie, in deren Besitz sich das Badehaus im ehemaligen Kurort Beloves” bei Nachod befand. Als kleines Mädchen fuhr Milena dorthin oft zu Besuch. Die Vorfahren mütterlicherseits gehörten nicht, wie die des Vaters, zum alteingesessenen Bürgertum, sondern hatten sich allmählich hochgearbeitet. Tschechische Familien wie diese zeichneten sich durch besondere Hochachtung vor allem Geistigen aus, vor Wissenschaft und Kunst, vor Theater und Musik, und besonders sie wurden zu Trägern des damals erst vor kurzem erwachten tschechischen Nationalbewusstseins.

Milenas Mutter galt als künstlerisch begabt. Sie verfertigte, dem Geschmack der damaligen Zeit entsprechend, Holzschnitzereien in volkstümlichem Stil, sowie Brandmalereien auf Holz und auch Möbel mit Ornamenten aus der Bauernkunst. Milena erinnerte sich, dass es in der Wohnung ihrer Eltern, die, wie die meisten Häuser der reichen Prager Bürger, mit nachgemachten Renaissance-Möbeln ausgestattet war, einen von der Mutter selbst gedrechselten und geschnitzten Stuhl gab, ein merkwürdiges Gebilde mit dreieckigem, lederbespannten Sitz, der vorn einen Knopf hatte, an dem sie sich beim Sitzen festhalten konnte. Auch für farbige Bauerntücher hatte die Mutter eine Vorliebe, und später, als Milena anfing selbstständig zu werden, gehörten diese Tücher zu ihren Requisiten, die sie im Koffer bei sich trug, um sie in irgendeinem Hotelzimmer auszubreiten und damit eine persönliche Atmosphäre zu schaffen.

Als kleines Mädchen hatte Milena aber einen entschieden anderen Geschmack als ihre Mutter. Sie erinnerte sich an ein Erlebnis, bei dem sie Ströme von Tränen vergossen hatte. »Das war, als mir die Mutter das rosa- und hellblaufarbene Kämmchen von der Kirchweih wegnahm und mir dafür ein echtes aus Schildpatt gab, das mir gar nicht gefiel. Dann weiß ich noch, wie mich die Matrosenbluse ärgerte und kränkte und ich mich nach einer mit Bändchen und Spitzen sehnte, nach einer, wie sie die Panda aus dem Nachbarhaus trug ...«3

»Aber eines musst du wissen«, sagt Milena mit wehmütiger Stimme, »meine Mutter hat mich nie geschlagen als ich klein war, nicht einmal ausgeschimpft. Das tat nur der Vater ...« – Sie erschauert vor Müdigkeit und Kälte. Nun ist der Ofen erloschen und von draußen dringen schon die Geräusche des anbrechenden Lagertages herein. Unsere Nacht geht ihrem Ende zu.

Jan Jesensky

Die Jesenskys wohnten im Zentrum Prags, in der 5. Etage eines Hauses an der Ecke der Obstgasse. »Direkt unter unseren Fenstern lagen der Graben und der Wenzelsplatz«, beginnt Milena den Bericht über ein frühes Erlebnis mit ihrem Vater. »Damals standen dort noch niedrige, wunderschöne Häuser aus dem Spätbarock. Eigentlich wirkte das Ganze wie eine kleine Provinzstadt mit ihrem sauberen Zentrum.

Die Spannungen zwischen den Tschechen und den österreichischen Deutschen äußerte sich in jener Zeit auf verschiedene Weise, doch für jeden Sonntagvormittag hatte sich folgende Art von Demonstration eingebürgert: Auf der rechten Seite des Grabens flanierten die deutschen Studenten mit ihren bunten Mützen und auf der linken gingen die Tschechen in Sonntagskleidern hin und her. Manchmal gipfelte diese Demonstration in irgendeiner Ansammlung, einem Menschenknäuel, man hörte irgendetwas singen und spürte eine gereizte Unzufriedenheit. Ich sah das vom Fenster aus, verstand es aber im Großen und Ganzen nicht.

Bis dann ein Sonntag kam, den ich nie vergessen werde. Er prägte sich meinem Gedächtnis ein, ohne dass ich gewusst hätte, um was es damals eigentlich ging. Vom Pulverturm her sah ich die bunten Mützen der österreichischen Studenten heranmarschieren, aber nicht, wie sonst auf dem Trottoir, sondern mitten auf dem Fahrdamm. Sie sangen und gingen in geordneten Reihen mit dumpfem, diszipliniertem Schritt. Auf einmal erschien vom Wenzelsplatz her eine Menge Tschechen, – auch sie marschierten mitten auf der Straße, schritten stumm vor sich hin. Meine Mutter, die mit mir am Fenster stand, hielt mich fest bei der Hand, etwas fester als nötig gewesen wäre. Und in den ersten Reihen der herankommenden Tschechen ging mein Vater. Ich erkannte ihn vom Fenster aus und hatte große Freude, ihn da unten zu sehen, aber Mütterchen war weiß wie die Wand und hatte sichtlich keine Freude. Dann ging es Schlag auf Schlag. Plötzlich stürzte von der Haviřská (Bergmannsgasse) her eine Abteilung Polizisten auf die Hauptstraße und stellte sich zwischen die beiden feindlichen Lager. Der Graben war nämlich für diese und für jene gesperrt. Aber sowohl diese wie jene schritten weiter, immer weiter. Dann hatten die Tschechen den Polizeikordon erreicht und wurden aufgefordert stehenzubleiben; ein zweites Mal gebot man ihnen Halt, ein drittes Mal ... Was dann geschah, weiß ich in den Einzelheiten nicht mehr, hörte nur das Krachen irgendwelcher Schüsse, sah, wie sich die vorher ruhige Menge tschechischer Menschen in einen kreischenden Haufen verwandelte, sah, wie der Graben auf einmal leer war, und unten nur ein einziger Mensch vor den Gewehren der Polizisten stand – mein Vater. Ich erinnere mich ganz klar, ganz deutlich, wie er da stand, ruhig und hatte die Hände an die Seiten des Körpers gedrückt. Aber neben ihm auf dem Pflaster lag etwas schrecklich Merkwürdiges. – Ich weiß nicht, ob Sie je gesehen haben, wie ein angeschossener Mensch aussieht, wenn er zusammengebrochen ist. Das hat nichts Menschliches mehr an sich, sieht aus wie ein weggeworfener Fetzen. – Vielleicht dauerte es nicht länger als eine Minute, in der mein Vater da so stand – mir und der Mutter erschien es wie Jahre. Dann bückte er sich und begann das Häuflein Mensch zu verbinden. Meine Mutter hatte die Augen geschlossen und über ihr Gesicht liefen zwei große Tränen. Ich weiß noch, wie sie mich dann in die Arme nahm und presste, als ob sie mich erdrücken wolle ...«4

In Milenas Erinnerungen spielte der Vater eine viel größere Rolle als die Mutter. Alle tiefgehenden, unausrottbaren Schmerzen und nie vergessenen Erlebnisse hingen mit dem Vater zusammen, den Milena ebenso tief liebte wie hasste. Und das ein ganzes Leben lang.

Dr. Jan Jesensky, der als Ordentlicher Professor an der Prager Karls-Universität lehrte, hatte in der Ferdinandsgasse, einer der elegantesten Straßen Prags, eine zahnärztliche Praxis, durch die er ein reicher Mann wurde. Er entstammte einer alten, jedoch verarmten Bürgerfamilie und hatte sich mit eisernem Fleiß hochgearbeitet. Als Kieferchirurg genoss er einen großen Ruf und begründete eine wissenschaftliche Schule, die seinen Namen bis heute trägt.

Milena sah ihrem Vater sehr ähnlich, sie hatte dasselbe eingekerbte Kinn wie er, denselben entschlossenen Zug um den Mund, und auch in manchen Charakterzügen glichen sich Vater und Tochter, beide waren unbeugsam, beide aus dem gleichen harten Holz geschnitzt.

Jan Jesensky erzog sein einziges Kind in äußeren Dingen auf patriarchalische Weise. Zur Begrüßung musste ihm Milena stets die Hand küssen, und das vertrauliche »du« durfte sie dem Vater gegenüber nicht gebrauchen.

Dr. Jesensky war stolz auf seine Karriere und vom Wunsch beherrscht, in der tschechischen Gesellschaft Prags eine bedeutende Rolle zu spielen. Alles, was ihn daran hindern konnte, musste sich ihm beugen, vor allem die Familie.

Sicher liegen die Wurzeln von Milenas Hassliebe zu ihrem Vater schon in Erlebnissen der frühen Kindheit. Als sie ungefähr drei Jahre alt war, wurde den Jesenskys ein Sohn geboren. Noch unbewusst erfasste das kleine empfindsame Mädchen, was dieses neue Kind für den Vater und die Mutter bedeutete. Es war ein Junge und sie nur ein Mädchen. Ängstlich lauschte sie an der Tür, hinter der das lebensschwache Kind schrie. Sie spürte die Sorge der Eltern und begann, um das Leben des Kleinen zu zittern. Als er starb, glaubte sie, dass alle nur dieses Brüderchen liebgehabt hätten. – Wie stark das Erlebnis gewesen sein muss, kann man daran ermessen, dass in den Liebesbriefen Franz Kafkas an Milena vom Grab des Brüderchens, das er besucht hat, die Rede ist.

Kurz nach dem Tod dieses Kindes geschah Milena etwas, was sie nie vergessen konnte. Der Vater schlug sie oft, wenn sie ungezogen oder bockig war, aber einmal warf er sie in eine große Truhe voller schmutziger Wäsche und ließ den Deckel über dem schreienden Kind so lange geschlossen, bis sie glaubte zu ersticken. Von da ab erfüllte sie panische Angst vor dem Vater.

Jan Jesensky war ein Choleriker, der in seinen heftigen Wutanfällen, die ihn häufig heimsuchten, mit Drohungen und hässlichen Schimpfworten um sich warf. Er wandte jedes auch noch so tyrannische Mittel an, um Milenas Willen zu brechen und ihr seine Ansichten aufzuoktroyieren. Vor den Augen der Öffentlichkeit posierte Jesensky gern als »Original«. Er gab sich streng konservativ, ging im Stil eines Habsburger Feudalen gekleidet, trug stets einen sogenannten Kaiserrock und den dazugehörigen Halbzylinder. Morgens um 4 Uhr stand er auf, nahm ein kaltes Bad, und schon gegen ½ 6 konnte man ihm im Kinsky Garten begegnen, mit eingeklemmtem Monokel und in Begleitung von zwei großen Hunden. Seine Mittagsruhe verbrachte er nicht etwa auf einem weichen Sofa, sondern auf einem harten, altmodischen Kanapee. Doch unterließ er es nicht, diese seine spartanischen Tugenden im geeigneten Moment zu erwähnen, wenn er zum Beispiel annahm, er könne mit seiner Originalität Damen imponieren oder sie damit gar bezaubern und verführen. Jeden Nachmittag erschien er, ganz der Herr Professor, in seiner vornehm ausgestatteten Zahnarztpraxis. In Jan Jesensky verband sich der hochbefähigte Mensch mit dem unehrlichen, polternden Egoisten zu einer unglücklichen Mischung. Jeden Abend begab er sich in seinen Klub und verlor im endlosen nächtlichen Kartenspiel das Geld nicht nach Zehner-, sondern nach Hunderterscheinen.

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Wir durften in Ravensbrück Briefe schreiben. Das Briefpapier, das in der Lagerkantine gekauft werden musste, trug am Kopf den Aufdruck »Konzentrationslager Ravensbrück« sowie die Verordnungen über den Briefwechsel eines Häftlings mit der Außenwelt. Da gab es besonderes Papier in rotem Druck für »alte« Politische, die vor Ausbruch des Krieges verhaftet worden waren und Erlaubnis hatten, zweimal im Monat je 16 Zeilen zu schreiben, dann für Bibelforscher, das neben den üblichen Verordnungen in grünen Buchstaben den Aufdruck trug: »Ich bin weiterhin Zeugin Jehovas!« und nur 5 Zeilen Text enthalten durfte. Für alle während des Krieges Verhafteten war der Kopf in schwarzen Lettern gesetzt, und sie hatten die Erlaubnis, nur einmal im Monat 16 Zeilen zu schreiben, und auch der Antwortbrief der Verwandten durfte diesen Umfang nicht überschreiten.