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Morgen stirbst du, Old Loony: Western von Horst Weymar Hübner Es beginnt mit einem feigen Hinterhalt, in den die Postkutsche nach Great Falls gerät. Die Kutsche mitsamt den Passagieren stürzt eine Schlucht hinunter, und es gibt keine Überlebenden.Texas Ranger Tom Carrington und sein Partner Old Loony suchen die Schuldigen.
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Seitenzahl: 128
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Morgen stirbst du, Old Loony: Western
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von Horst Weymar Hübner
Es beginnt mit einem feigen Hinterhalt, in den die Postkutsche nach Great Falls gerät. Die Kutsche mitsamt den Passagieren stürzt eine Schlucht hinunter, und es gibt keine Überlebenden.Texas Ranger Tom Carrington und sein Partner Old Loony suchen die Schuldigen.
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Alfred Bekker
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Die Kutsche nach Great Falls war gleich hinter dem Pass in die Schlucht gestürzt.
Die Trümmer lagen unten weit verstreut. Geier kreisten über der Stätte. An einem Felsvorsprung flatterte ein Tuch im Morgenwind. ,
„ Zum Teufel, wie konnte das passieren?“, sagte Old Loony, nachdem er lange genug hinabgestarrt hatte. „Die erste scharfe Wegbiegung kommt doch erst da hinten!“
Auch Old Loony betrachtete die Spuren im Wegstaub. Männer waren hier gegangen. Mindestens drei.
Eine Weile hatten sie am Schluchtrand gestanden und hinab geblickt.
„ Wenn da noch jemand mit ’nem Gewehr in den Felsen lauert, machst du mit den Geiern Bekanntschaft!“, warnte er eindringlich.
„ Vielleicht hat es jemand überlebt. Gib mir Deckung!“
„ Die sind längst tot. Es war die Abendkutsche, Tom.“
„ Ich steige trotzdem runter.“ Tom ließ den Blauschimmelhengst in den Zügel treten und suchte eine geeignete Stelle für den Abstieg.
Sam, der Schwarztimber, äugte hinter ihm her und lief dann aufgeregt am Schluchtrand auf und ab.
„ Zweihundert Yard!“, knurrte Old Loony. „Als ob da einer davongekommen wäre!“
Er führte sein Maultier Clara und den Blauschimmel an die rückwärtige Felswand. Hier hatten die Tiere halbwegs Deckung.
Mit der Hawken-Büchse in der Hand beobachtete er die nackte, eintönige Bergwelt ringsum.
Schon möglich, dass jemand noch in einem guten Versteck ausharrte und beobachtete, was sich tat. Der Weg über den Pass nach Great Falls wurde rege benutzt. Jeden Tag kamen ein paar Reiter vorbei. Manchmal auch Frachtwagen.
Ein Überfall im landläufigen Sinn hatte nicht stattgefunden. Dafür gab es keine Spuren.
Nein, man hatte die Abendkutsche in die Schlucht linker Hand sausen lassen. Mit voller Absicht. Und mit allen Passagieren drin.
Ohne die Kutsche zuvor anzuhalten und auszurauben.
Sie mussten in das Vierergespann hineingeschossen und die Tiere völlig verrückt gemacht haben, so dass diese durchgingen, in den Abgrund sprangen und die Kutsche hinter sich herrissen.
Wer immer dafür in Frage kam, er wollte wissen, was weiter geschah. Auf dem Pulga, einem Bergrücken gegenüber dem Pass, war der geeignete Ort für einen heimlichen Beobachter. Mehr als zwei Meilen entfernt und mit der Schlucht dazwischen.
Wildpfade führten auf den Pulga hinauf.
Old Loony suchte die Ränder des Bergrückens ab. Er entdeckte nichts. Das bewies aber nicht, dass dort oben niemand steckte.
Oder drüben im anderen Hang. Der war weniger steil. Dort setzten sich nämlich die Wildpfade fort und führten zur Schlucht herunter, weil es da irgendwo Wasser gab.
Von einer der Felsleisten aus konnte ein geschickter Schütze einen zur Kutsche hinabsteigenden Mann bequem aus den Felsen putzen.
Voll nervöser Unrast richtete Old Loony sein Hauptaugenmerk auf die jenseitige Schluchtwand und ihre Felsleisten.
Vielleicht wollte man nicht, dass jemand in den Trümmern herumstöberte.
Der Schwarztimber lief immer noch aufgeregt auf und ab und äugte in die Schlucht. Kühler Wind strich über die Kante herauf und zauste sein Fell.
Von unten erklang das Poltern eines losgetretenen Steines und weckte ein hohles Echo.
Tom Carrington geriet ins Blickfeld des Alten. Er war schon an der Zacke mit dem wehenden Tuch vorbei.
Die kreisenden Geier gaben durch misstönendes Geschrei ihren Unmut über die Störung kund.
Oberhalb einer Felsmulde fand Tom eine leblose Gestalt. Er rollte sie auf den Rücken und zerrte sie zu einer Spalte, in die er sie hineinrutschen ließ.
Ein Stück tiefer musste er über eines der Gespannpferde wegklettern.
Sorgenvoll beobachtete Old Loony sein Treiben.
Tom kroch um einen tafelartigen Block herum; kam aus dem Blickfeld und tauchte ein Stück tiefer wieder auf. Dort untersuchte er etwas und stieg vollends zu den Resten der Kutsche hinab.
Eine winzige Bewegung auf einer gelben Felsleiste gegenüber veranlasste Old Loony, die Hawken-Büchse hochzunehmen und den Zeigefinger an den Drücker zu legen.
Seine Blicke suchten die Leiste ab.
Die Bewegung wiederholte sich nicht.
Entweder ein Wildschaf, das zur Tränke gehen wollte und wegen der Veränderung in der Schlucht nicht kam. Oder eine unruhige Seele, die es nicht länger an ihrem Platz hielt! Old Loony hielt das für wahrscheinlicher.
„ Halte dir den Rücken frei!“, rief er warnend hinunter.
Seine Stimme entlockte der Schlucht ein tosendes Echo.
Tom wandte den Kopf nach oben und machte ein Handzeichen, das ausdrückte, wie er es wohl anstellen sollte, sich in diesem Loch den Rücken frei zu halten.
Damit wusste Old Loony, dass die ganze Verantwortung nun auf ihm lag. Tom konnte gar nichts tun.
Und eines stand nun auch fest: auf der Felsleiste befand sich bestimmt kein Wildschaf Das wäre nach dem tosenden Echo in langen Fluchten zum Pulga hinaufgehetzt.
„ Beweg doch noch mal die Nasenspitze, und ich schieße sie dir herunter!“, knurrte er gereizt und wartete darauf, dass ihm dieser Wunsch erfüllt wurde.
Dann hob er lauschend den Kopf.
In das misstönende Krächzen der Geier mischte sich ein anderes Geräusch. Hufschlag klang durch die Bergwelt.
Jenseits des Passes ritt jemand die letzte Steigung herauf.
„ Beeil dich da unten!“, rief Old Loony und blieb in ständiger Bewegung. Ein bewegtes Ziel war nun eben mal schwieriger zu treffen als ein stehendes.
Tom zerrte drunten eine bräunliche Tasche unter dem Wagenschlag hervor und klappte sie sich über die Schulter. Danach trug er verschiedene größere Kutschentrümmer zusammen und bedeckte die Toten, damit die Geier nicht an sie heran kamen.
Der Hufschlag drang jetzt schon vom Pass her.
Tom blickte herauf und signalisierte, dass er die Annäherung eines Reiters gehört hatte.
Beschwörend zeigte Old Loony zur gegenüberliegenden Schluchtwand und machte mit der Hawken-Büchse eine kreisende Bewegung.
Augenblicklich tauchte Tom hinter einen Felsen und spähte in die angegebene Richtung.
Der Alte oben auf dem Weg schwitzte Blut und Wasser.
Dem herankommenden Reiter musste er sorgfältig unter den Hutrand blicken. Das gebot die Vorsicht. Den Pass benützten nicht bloß rechtschaffene Leute, sondern auch gefährliche Hombres, denen man niemals den Rücken zukehren durfte.
Zugleich musste er die Felsleiste bewachen, damit Tom nicht unversehens eine Kugel spendiert bekam, wenn er hilflos die zerklüftete Wand hochkletterte.
Wie er diese beiden grundverschiedenen Dinge unter einen Hut bringen konnte, das bereitete ihm Kopfschmerzen.
Er riskierte es, den Kopf in Richtung Pass zu wenden.
Der eine Blick genügte ihm.
Der Mann trug städtische Kleidung, ritt einen miserablen Falben und hatte dem Tier unvernünftig viel Gepäck für die Gebirgsstrecke aufgebürdet.
Solche Leute kamen immer wieder ins Land, um hier jenes Glück zu machen, das ihnen anderswo versagt war. Blutige Greenhorns, die meist ganz sonderbare Vorstellungen vom Westen hatten und von einer Schwierigkeit in die andere tappten.
Dem Mann dort hatte man für die klapprige Mähre wahrscheinlich ein Sündengeld abgefordert und ihn nicht darüber aufgeklärt, dass er dem Tier besser einen sehr viel kleineren Packen aufbürdete, wenn er den Gaul lebend auf die andere Seite der Berge bringen wollte.
„ Steigen Sie ab und treten Sie hinter das Pferd, Mister!“, warnte Old Loony, dabei wieder auf die gelbe Felsleiste blickend.
Der Fremde in der städtischen Kleidung war unschlüssig. „Hören Sie, das ist ein Weg, den jeder benutzen kann. Ich ...“
Ein tosender Schuss ließ ihn erschrocken verstummen.
Old Loony hatte genau den Punkt des Aufblitzens drüben gesehen.'
Die Hawken stieß mörderisch, das ohrenbetäubende Brüllen des Schusses mischte sich mit dem grollenden Echo in der Schlucht.
Ein zorniger, verblüffter Schrei antwortete von drüben. Eine Gestalt schnellte auf der gelben Felsleiste hoch und lief hinkend aufwärts in eine bessere Deckung.
„ Hi, hi, meine Hawken ist eine feine Büchse für neugierige Hundesöhne mit unruhigem Zeigefinger!“, kicherte der Alte und hinkte zu seinem Maultier, um die Winchester zu holen. Die genügte für die Distanz nach drüben.
Gerade als er das Gewehr aus dem Packen zog, hörte er ein verstörtes Keuchen. Es kam von dem Fremden her.
Für den Mann hatte Old Loony jetzt keine Zeit, der musste warten.
Die rennende, humpelnde Gestalt drüben versank in einer Geröllrinne.
Der Alte grinste. Einen schlechteren Platz hatte sich der Kerl gar nicht aussuchen können!
„ Hast du was eingefangen?“, rief er vorsorglich hinunter.
Tom antwortete, dass er in Ordnung sei.
Old Loony trat an den Schluchtrand zurück und schob den heiser knurrenden Timber vorsichtig mit dem Fuß beiseite. „Verschwinde hier, Freund, sonst beißt dich am Ende ein bleierner Floh! Der Dreckskerl dort meint es ernst. Marsch, zu den Tieren!“
Sam war anderer Ansicht und immer dann, wenn ihm andere einen Befehl gaben, mindestens ebenso schwerhörig wie Old Loonys Maultier.
Statt sich an die rückwärtige Felswand zu begeben, schnappte er warnend nach Old Loonys Kavalleriestiefeln und äugte dann wieder in die Schlucht auf Tom, der sich an den Aufstieg machte.
„ Dann eben nicht“, brabbelte der Alte und suchte sich drüben die beste Stelle aus.
Ein Geröllturm in der Rinne fünfzig Yards oberhalb des Platzes, wo der Schütze steckte, erschien ihm günstig.
Seine erste Kugel lag zu hoch.
Die nächste irritierte einen kreisenden Geier und bewog ihn zur Flucht. Ins Ziel kam sie ebenfalls nicht.
Old Loony hatte schon den Verdacht, dass der Kerl drüben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatte und Kugeln nichts gegen ihn ausrichten konnten.
Zumindest wusste der Bursche aber ganz genau, was die Schüsse bedeuten sollten und was ihm blühte.
Er krabbelte in der Rinne aufwärts. Sein Ziel war ein überhängender Block.
„ Tom, beweg die Knochen, solange ich den Stinker in Schwung halte!“, rief der Alte hinab.
Tom war schon am Zacken mit dem Tuch vorbei. Wegen der Kletterei hatte er das Gewehr nicht mit, und mit dem Revoler konnte er da unten gar nichts ausrichten. Bis zur Rinne dort drüben war es einfach zu weit.
Old Loonys nächste Kugel riss den Geröllturm auseinander.
Er hatte sich die Wirkung genau ausgerechnet. Und es funktionierte, das sah er.
Die Steine waren in Bewegung und rissen auf dem Weg abwärts immer mehr Geröll mit sich.
Nach zwanzig Yards füllte die Lawine schon die Rinne in ihrer vollen Breite.
Der Kerl im Hang kletterte um sein Leben. Er verlor das Gewehr, krabbelte auf Händen und Füßen über ein ungedecktes Stück und flog buchstäblich mit Old Loonys nächstem Schuss in eine Vertiefung unter dem Überhang.
Jedenfalls befand er sich mit dem Oberkörper drin. Im letzten Moment riss ihm das herabspringende Geröll die Füße weg.
Old Loony feuerte auf die Stiefel.
Ob er getroffen hatte, ließ sich nicht sagen.
Jedenfalls waren die Stiefel danach verschwunden.
Das Gewehr wurde in der Rinne vom abgehenden Geröll verschüttet.
Wenn es tatsächlich noch auszugraben war, dann taugte es höchstens noch als Keule, aber nicht mehr als Schießinstrument.
Die letzten Geier verschwanden um eine Biegung der Schlucht. Der Platz war ihnen zu unruhig. Sie warteten weniger bewegte Zeiten ab, um an die erspähte Beute heranzukommen.
„ Fürs erste ist der bedient!“, rief Old Loony in die Tiefe. „Du hast den Rücken frei - wenn da nicht noch einer herumhängt!“
Misstrauisch spähte er hinüber. Auf den verdammten Felsleisten konnte sich sogar ein größerer Trupp unbemerkt aufhalten. Vorausgesetzt, niemand machte eine Bewegung.
Der Hang drüben lag im Schatten. Es war nicht zu erkennen, ob jemand die neugierige Nase zu weit vorn hatte.
Voller Unruhe bewegten sich seine Augen. Er starrte auf die Schluchtbiegung, hinter der die mächtigen schwarzen Aasvögel verschwunden waren.
Irgend etwas Wichtiges hatte er übersehen, er war sich ganz sicher.
Das letzte Stück von Toms Aufstieg ging an die Nerven.
Im Hang gab es keinerlei Deckung, falls von drüben wieder heißes Blei abgeschickt wurde.
Sam jaulte und schniefte und duckte sich, als wollte er springen. Ein Satz entlang des Randes brachte ihn an eine andere Stelle, wo sich das Spiel wiederholte.
Er wollte da hinunter und Tom abholen. Sein Instinkt sagte ihm jedoch, dass er sich auf dem steilen Fels nicht halten konnte und abstürzen musste.
„ Mach nicht noch ’nen Purzelbaum vor Freude, er ist ja gleich oben“, brabbelte Old Loony und suchte immer noch die Felswand drüben ab.
Auf Toms Hutrand waren daumennagelgroße Steine liegengeblieben, die irgendwo losgebrochen waren und ihn da unten überschüttet hatten.
Ruckartig bewegte sich der Hut herauf. Ganz so, wie Tom einen griffigen Steinzacken für die Hände und ausreichenden Halt für die Füße fand.
In den Stiefeln war die Steigerei mühsam.
„ Du musst dir selber helfen!“, sagte Old Loony, als Tom genau unter ihm war.
Er meinte, dass Tom allein über die Kante kommen musste, weil das der letzte kritische Moment war und einen Mann im Hinterhalt geradezu zu einem Schuss verlockte.
Er packte die Winchester noch fester und visierte die Felsleisten über den Schluchtengrund an.
Mit einem keuchenden Atemzug zog sich Tom herauf und schob den vor Freude wie toll hüpfenden Schwarztimber beiseite.
Statt zu verschnaufen, humpelte er vom Rand weg. Dann blieb er wie erstarrt stehen. „Wer ist das?“ Er hatte den klapprigen Falben entdeckt.
„ Der Gent kam im unpassenden Moment“, knurrte Old Loony, ohne den Blick von den Felsleitern zu nehmen. Rückwärts gehend zog er sich zu den Tieren zurück. „Er beschwerte sich gerade, als die Knallerei losging. Du warst verdammt leichtsinnig da unten. Bist du angekratzt?“
Tom schüttelte den Kopf. „Nein. Was war denn überhaupt los? Von drüben kam nur ein Schuss. Die Kugel habe ich nicht gehört.“
„ Nicht?“ Old Loony bog die Hutkrempe vorne noch höher und kratzte sich am Schädel. „Mir hat das aber auch nicht gegolten. Zumindest habe ich es nicht pfeifen hören. Ziemlich eigenartig.“
„ Das kann man wohl sagen. Jemand war schon vor mir unten. Da waren Spuren.“
Ungläubig riss Old Loony die Augen auf. Wenn Tom das aber sagte, dann stimmte das auch.
Da fielen ihm auch wieder die Aasgeier ein. Ganz aufgeregt sagte er: „Tom, was machten die Geier, als wir herkamen?“
Tom langte die braune Tasche von der Schulter. „Die flogen über den Trümmern ...“ Mehr sagte er nicht. Er verstand, was der Alte sagen wollte. Geier lassen sich nämlich nur dort nieder, wo wirklich alles tot ist. Bewegt sich noch etwas, dann warten sie in endloser Geduld, bis sich rein gar nichts mehr rührt. Erst dann lassen sie sich zum Mahl nieder. Die Geier waren noch alle in der Luft gewesen!
„ Die Spuren!“ Old Loony nickte. „Jemand war unten, kurz bevor wir kamen. Hat wohl unseren Hufschlag gehört und es vorgezogen, sich zu verdrücken. Aber der Kerl auf der Felsleiste war’s nicht. Der war schon zu hoch. Hatte eine halbe Stunde oder mehr gebraucht, um von der Sohle da raufzukommen.“ Er hebelte eine Patrone ein.
Seine Worte besagten nicht mehr und nicht weniger, als dass sich da unten ein zweiter Mann versteckt hielt!
Vielleicht war Tom ganz nahe an ihm vorbeigekommen.
Tom zog es nachträglich die Haut zwischen den Schulterblättern zusammen. Gegen eine Kugel von hinten wäre er machtlos gewesen.
„ Also ist er noch da!“, stieß er aus.
„ Und er hat Nerven wie ein toter Indianer“, bestätigte der Alte. „Man müsste ihn herauslocken.“
„ Das wird eine Tagesarbeit. Mit dem Timber geht’s nicht, den bekomme ich nicht runter.“
In den Augen des Alten funkelte es wild. „Lass mich mal machen und hör diesmal auf meinen Rat. Du reitest fort, und ich warte hier. Einmal wird er ja rauskommen!“ Dabei streichelte er den Lauf der Winchester.
Tom sah es mit Unwillen. Der Alte war ein Partner, auf den er sich fest verlassen konnte. Nur neigte er dazu, Schwierigkeiten immer auf die altbewährte Art der Bergtrapper zu lösen. Nämlich so, dass es danach nie mehr Probleme gab. Jedenfalls nicht mit demjenigen, der sie zunächst verursacht hatte.
„ Das bringt uns auch nicht weiter. Und davon werden die Leute da unten auch nicht wieder lebendig. Lionel hat sie gefahren. Ich habe ihn in einer Felsspalte begraben. Fünf Passagiere, darunter eine Frau.“
Old Loony dachte an den zweiten Mann, der irgendwo da unten in seinem Versteck hockte. „Waren sie alle gleich tot?“
„ Sah so aus. Jedenfalls hat man nicht nachträglich noch auf sie geschossen. Die Trümmer waren auseinandergezerrt. Ich meine, man hat etwas gesucht.“
Old Loony zeigte auf die braune Tasche in Toms Hand. Es war die üblicherweise verwendete Posttasche.
„ Ist die Post noch drin?“
Tom zog die Lasche auf. Die Tasche enthielt zwei gebündelte Packen Briefe. Einer für Great Falls, der andere für San Andreas.
Wenn die Kutsche irgendwelche Reichtümer transportiert und deswegen in die Schlucht gejagt worden war, dann hatten sie jedenfalls nicht in dieser Tasche gesteckt.
Old Loony kämmte sich den struppigen Dachsbart, dass der Staub flog.
„