Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Der skrupellose Geschäftsmann Nigel Rivers verkauft günstiges Land an entschlossene Siedler. Die Siedler wissen jedoch nicht, dass die Landurkunden gar nichts wert sind – denn das Gebiet um die Nogal-Berge gehört den Comanchen. Und die haben etwas dagegen, dass ein Fremder deren Land verkauft. Der erste Siedlertreck gerät in einen Hinterhalt der Comanchen. Es gibt viele Tote und nur wenige Überlebende. Als Texas-Ranger Tom Carrington und Old Loony auf die Leichen stoßen, ist bereits ein zweiter Siedlertreck auf dem Weg in die Nogal-Berge...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Treck in den Tod: Western
Copyright
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
von Horst Weymar Hübner
Der skrupellose Geschäftsmann Nigel Rivers verkauft günstiges Land an entschlossene Siedler. Die Siedler wissen jedoch nicht, dass die Landurkunden gar nichts wert sind – denn das Gebiet um die Nogal-Berge gehört den Comanchen. Und die haben etwas dagegen, dass ein Fremder deren Land verkauft.
Der erste Siedlertreck gerät in einen Hinterhalt der Comanchen. Es gibt viele Tote und nur wenige Überlebende. Als Texas-Ranger Tom Carrington und Old Loony auf die Leichen stoßen, ist bereits ein zweiter Siedlertreck auf dem Weg in die Nogal-Berge...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Folge auf Facebook:
https://www.facebook.com/alfred.bekker.758/
Folge auf Twitter:
https://twitter.com/BekkerAlfred
Zum Blog des Verlags!
Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!
https://cassiopeia.press
Alles rund um Belletristik!
Sie zogen in ihr neues Land - Indianerland...
Zuerst entdeckten sie die Wagenspuren.
Old Loony spuckte in die ausgeleierten Radfurchen und brummte: „Ich kann bei Gott nicht behaupten, dass mir das gefällt! Hast du etwas von den Wagen gewusst?“
Sein misstrauischer Blick galt Tom Carrington, der neben ihm sein Pferd angehalten hatte. Tom war bei der Truppe der Texas-Ranger. Zur Aufgabe der Texas-Ranger gehörte, ein Auge darauf zu haben, dass es friedlich im Lande herging. Dass die Indianer in den ihnen zugeteilten Winkeln blieben. Dass die weißen Siedler nicht überall ihre Hütten errichteten und ihre Felder anlegten.
Und dass es zwischen Indianern und Weißen nicht ständig Krach gab.
Dies hier war Comanchenland, wo es am wildesten war. Planwagen hatten hier verdammt nichts verloren.
Tom verstand schon, in welche Richtung die Frage von Old Loony zielte. Er schüttelte den Kopf und sagte: „Ich weiß nichts von Wagen, und ich will tot vom Pferd fallen, wenn ich lüge!“
„ Es könnte schneller geschehen, als dir lieb ist - nämlich, dass du tot vom Pferd fällst“, meinte der Alte düster. „Und ich mit.“ Er zeigte mit dem Daumen über seine Achsel nach Osten, von wo die mächtige Wagenspur heranführte. „Dort irgendwo haben die Comanchen in diesem Jahr ihr Jagdlager. Bestimmt sind sie schon auf dem Weg nach hier.“
Tom teilte seine Besorgnis.
Ein Wagenzug von Weißen, der mitten ins Comanchenland hineinrollte, war eine Unverfrorenheit. Und für die Comanchen eine Herausforderung, die sie bis aufs Blut reizte.
Wer immer ihnen begegnete und eine weiße Haut hatte, er musste es ausbaden.
Tom verspürte keine Neigung, den Kopf für hirnverbrannte Siedler hinzuhalten. Und Old Loony auch nicht, wie es aussah.
Aber sie konnten den Wagenzug auch nicht in sein Unglück rollen lassen. Sie mussten hinterher und ihn umdrehen.
Old Loony kletterte steifbeinig von seinem Maultier und drehte mit der Stiefelspitze einen Dunghaufen um.
„ Sind gestern hier durchgekommen“, meinte der Alte absolut sicher und besah sich die breite Fährte genauer. „Kaum Pferde, aber jede Menge Zugochsen.“
Tom machte eine überschlägige Rechnung. So ein Wagenzug machte kaum seine zehn Meilen am Tag. Und weniger, wenn das Gelände schwierig war.
Im Westen, wohin die Wagen verschwunden waren, erhoben sich die Hügel der Nogal-Kette. Da war ein Vorankommen mit Wagen mächtig schwierig.
Mit einiger Berechtigung konnte er annehmen, dass die Wagen noch in den Hügeln steckten.
Jetzt war es Mittag. Bis zum Abend konnten Old Loony und er den Wagenzug eingeholt haben, falls es zu keinen ernsten Zwischenfällen kam.
„ Bleibt uns gar nichts anderes übrig, als die Leute herauszuholen“, sagte Tom. „Schwing dich in den Sattel!“
Während er sprach, blickte er nach Osten. Er suchte nach einer fernen Staubwolke, die von einer Indianerhorde aufgewirbelt wurde.
Die Comanchen würden hinter den Wagen herjagen, das war überhaupt keine Frage. Wenn sie sie nicht schon erwischt hatten!
Der Gedanke versetzte Tom in größte Unruhe.
Immerhin waren die Wagen schon gestern hier vorbeigekommen. Nach den tiefen Radfurchen zu urteilen, waren es mindestens dreißig gewesen. Und ein so mächtiger Wagenzug konnte sich niemals unbemerkt durchs Comanchenland bewegen, wo es doch hieß, dass die Comanchen nicht einmal eine Springmaus übersahen.
Old Loony hinkte zu seinem Maultier, das ihn mit erkennbarer Bosheit betrachtete und erkennen ließ, dass es viel lieber eine Rast machen wollte, statt seinen Reiter noch eine Weile durchs Land zu tragen.
„ Sind da noch andere Fährten?“, fragte Tom knapp.
Old Loony schwang sein steifes Bein über den Sattel und nahm die Zügel auf. „Ah, du denkst, dass die Comanchen schon hinterher sind?“, sagte er vorsichtig und schüttelte den Kopf. „Hier herum sind keine diesbezüglichen Fährten. Aber das will überhaupt nichts bedeuten.“
Er wusste, wovon er redete.
Gerade wenn man von den Comanchen überhaupt nichts sah, musste man jeden Moment mit ihnen rechnen. Und dann waren sie im allgemeinen auch viel näher, als man in den schlimmsten Befürchtungen annahm.
In solchen Situationen saßen jedem Weißen die Haare mächtig locker.
Old Loony war aber nicht deshalb so alt geworden, weil er sich immer auf sein Glück verlassen und gehofft hatte, es werde schon nichts passieren.
Er setzte sein widerborstiges Maultier in Bewegung und zog seine mächtige Hawkenbüchse aus der Schlaufe am Sattel. Mit diesem Gewehr schoss er gezielt glatt über eine Meile weit, und er behauptete sogar, er hätte damit schon einer vorwitzigen Fliege die Warze von der Nase geschossen.
Griffbereit hielt er die Büchse quer auf den Oberschenkeln.
Tom Carrington ritt zwischen den Radfurchen auf die Nogal-Kette zu. Ein paar Pferdelängen voraus schnupperte Sam, der Schwarztimber und treue Freund des Rangers, den zahlreichen Fährten nach, die der Wagenzug hinterlassen hatte.
Besonders aufregend roch das alles nicht, und die breiten Dunghaufen, die in der Sonne bereits angetrocknet waren, dufteten auch nicht besser als die Fladen, die von den immer seltener werdenden Büffeln stammten.
Abseits des neu entstandenen Weges ging es viel lustiger zu. Dort erspähte Sam einen Präriehund, der auf dem Erdring über seinem Bau Männchen machte. Der kleine braune Kerl sah ziemlich abgemagert aus, was den Schwarztimber hoffen ließ, die Beute zu erwischen.
Aber natürlich war der Präriehund flinker. Er ließ sich einfach rücklings in seinen Bau hineinfallen. Sam hatte das Nachsehen.
Zwar knurrte er noch aufgebracht in die Erdröhre, aber der Prärierhund tat ihm nicht den Gefallen, herauszukommen und sich totbeißen zu lassen.
Die beiden Reiter näherten sich der Nogal-Kette. Immer häufiger blickte Tom Carrington in die Runde. Dies war ein ganz und gar gottverlassener Landstrich, das wusste er. Wenn schon keine Menschen, dann hätten wenigstens ein paar Tiere da sein müssen.
Es waren aber keine zu sehen. Das letzte Lebewesen war der dürre Präriehund gewesen, den Sam nicht erwischt hatte. Und das war jetzt schon zwei Stunden her.
Das Land stieg allmählich an, das braunverdorrte Gras wurde noch spärlicher. Wo Toms Hengst und Old Loonys Maultierlady auch die Hufe aufsetzten, jedesmal puffte eine Staubwolke hoch, dass ein Hund drin ersticken konnte.
Die Wagenfährte teilte sich plötzlich. Offensichtlich hatten einige Fahrer versucht, einen besseren Übergang über die Nogal-Kette zu finden.
Tom folgte diesen Radfurchen.
Sehr weit waren die Fahrer mit den Wagen nicht gekommen. Ein Geröllfeld hatte sie gezwungen, durch eine Hangmulde zum Hauptteil des Wagenzuges zurückzukehren.
Schräg unter sich sah der Texas-Ranger Old Loony zwischen den Radfurchen heraufkommen. Der Alte hatte keine Eile, gerade, als könnte er riechen, dass sich die Wagen wieder zusammengefunden hatten.
Jetzt hielt er auch noch an und schaute hinter sich.
Tom spähte ebenfalls ins Land hinaus.
Es war leer bis zum Horizont.
Weit draußen tanzte ein Staubteufel in der hitzeflimmernden Luft.
Tom ritt weiter hangaufwärts. Nach zweihundert Längen traf er mit dem Alten zusammen, der noch missmutiger blickte als sein Maultier.
„ Sie haben die steilste Passage genommen, die ich im Umkreis von fünf Meilen sehe“, sagte Old Loony unzufrieden. „Was haben die Leute vor? Dort im Westen gibt es nichts - nicht einmal eine Quelle.“
Das gab auch Tom sehr zu denken. Es kam ihm gerade so vor, als seien die Fahrer einfach der Nase nachgegangen. Immer geradeaus. Ohne Sinn und Verstand, mit anderen Worten. Als seien sie ohne Scout auf den Trail gegangen. Und ohne den Schimmer einer blassen Ahnung zu haben, in welche Gegend sie inzwischen geraten waren.
Ein tiefer Einschnitt unterbrach den kahlen scharfen Kamm des ersten Hügels. Die Radfurchen führten dort hinauf.
Tom und Old Loony waren noch ein gutes Stück von diesem Einschnitt entfernt, als Sam plötzlich die Ohren steil aufrichtete. Sein Fell sträubte sich, aus seiner Kehle kam ein scharfes, warnendes Knurren.
Sofort stellte auch Clara die Ohren. Old Loony kannte seine Maultierdame. Sie war nicht zimperlich, und sie machte längst nicht alles nach, was der Schwarztimber ihr vorführte.
Für gewöhnlich ließ sie dann aber gleich wieder ein Ohr hängen. Jetzt allerdings nicht.
Auch der Hengst zeigte ein anderes Verhalten als sonst.
Und dann merkten die beiden Männer, was die Tiere so in Aufregung versetzte. Hier oben wehte ein schwacher heißer Wind durch den Einschnitt. Und der war es.
Tom hielt sofort den Hengst an.
Old Loony packte einen Sekundenbruchteil später seine Büchse und guckte streitlustig wie ein gereizter Grizzlybär.
„ Was ist?“, fragte er raunend.
„ Rauch.“ Toms Stimme war ganz flach. „Ich rieche Rauch.“
Der heiße Wind brachte den Rauch mit. Aber es war nicht der Rauch von Kochfeuern. Es war alter Brandgeruch.
Und irgendwie war noch etwas dabei, das Tom an Tod und Verderben denken ließ.
Er gab dem Hengst die Zügel frei und trieb ihn zu dem Einschnitt hinauf.
Old Loony folgte mit seiner Maultierlady so dicht auf, dass kein Hut dazwischen passte.
Im Galopp ließen die Männer ihre Reittiere durch den steinigen Einschnitt laufen. Eine furchtbare, eine entsetzliche Ahnung ergriff Besitz von ihnen.
Nach kaum mehr als dreihundert Sprüngen waren sie hindurch.
Tom riss hart an den Zügeln und verharrte in einem Moment furchtbarer Erstarrung.
Old Loony nahm ganz sacht den Hut vom Kopf und sagte krächzend: „Allmächtiger!“
Hinter dem Einschnitt tat sich eine weite Senke auf.
Die Reste des Wagenzuges waren bis hinüber zum nächsten Hügel verstreut und rauchten noch.
Die Comanchen waren schneller gewesen.
Ein Ruck ging durch Tom, die Erschütterung fiel von ihm ab. Er ritt langsam hinunter, gefolgt von dem Alten.
Große Brandflecken, geschwärzte Radreifen und andere ausgeglühte Eisenteile markierten die Stellen, wo das Verderben den Treck ereilt hatte. Dazwischen lagen aufgedunsene Pferdekadaver und krepierte Zugochsen.
Und überall lagen Leichen.
Nur die wenigsten waren skalpiert.
Tom ritt mitten über die Stätte des Todes, um sich einen Überblick zu verschaffen. Old Loony schlug einen großen Bogen um die Senke und besah sich die Spuren.
Dort, wo sich die meisten Wagen zusammengedrängt hatten, bedeckte weiße Flugasche wie Schnee den Boden. Aus den Aschenhügeln züngelten da und dort noch Flammen, und sie verströmten eine solche Hitze, dass Tom nicht näher als zwanzig Schritte heran kam.
Hier war niemand mit dem Leben davongekommen. Dieser Wagenzug hatte seinen letzten Trail gemacht.
Am Rand des Todesortes hatten sich Bussarde eingefunden. Das waren die ersten fremden Lebewesen seit Stunden. Argwöhnisch beäugten sie den streunenden Schwarztimber, der den Glutnestern fernblieb und mehr Ausschau nach Tom und dem Alten hielt als nach ihnen.
Es grenzte an ein Wunder, dass noch keine Geier hergefunden hatten. Dafür gab es eigentlich nur eine Erklärung sie mussten einen anderen Ort des Todes gefunden haben und waren zu satt.
Tom spürte, wie es ihm ein ums andere Mal die Haut zwischen den Schulterblättern zusammenzog. Gerade, als gäbe es auf den Hügelkämmen heimliche Beobachter.
Old Loony musste ganz ähnlich empfinden. Er legte die Büchse nicht aus der Hand, und immer häufiger schaute er über die Achsel hinter sich.
Aber auf den Kämmen ringsum rührte sich nichts.
Die Stille des Todes war fürchterlich.
Die ersten Bussarde strichen ab, als Tom ihnen zu nahe kam. Einige schraubten sich in den Spätnachmittagshimmel hinauf, die anderen suchten sich Plätze am Hang der Hügelkette im Westen.
Old Loony kehrte von seiner Erkundung zurück.
Er schaute Tom nicht an, als er zu sprechen begann, er behielt das Land im Auge: „Die Comanchen haben den Wagenzug nicht verfolgt, sie waren schon hier. Der Treck ist in eine Falle gefahren.“
Wenn der Alte eine solche Feststellung traf, war an der Richtigkeit nicht zu zweifeln.
„ Von wo?“, fragte Tom knapp; er meinte die Comanchen.
„ Ein Trupp kam von Süden herauf, scheint’s, und der größere aus Norden. Die Kerle wussten genau, wo sie sich treffen mussten.“
„ Jagdtrupps?“
Old Loony nahm bedächtig den Hut ab und wischte mit der Hand das Schweißband ab. „Eben nicht, und deshalb bin ich unruhig. Es waren Kriegstrupps.“ Er zeigte mit dem Daumen in die Gegend, in der er gesucht hatte. „Ich habe zerbrochene Waffen gefunden. Wenn Comanchen auf Jagd gehen, sind sie nicht so gut bewaffnet.“
Das ließ nur den Schluss zu, dass die Comanchen sich auf den Wagenzug eingerichtet hatten. Dass sie schon geraume Zeit von ihm Kenntnis hatten. Denn ein Kriegszug wurde nicht einfach über Nacht beschlossen. Das hatte es noch nie gegeben.
Außerdem war jetzt Jagdzeit. Tom hatte die unheilvolle Ahnung, dass eine schlimme Sache vorangegangen war und dass deswegen erst die Comanchen ihre Kriegsponies gesattelt hatten.
Von dieser Erkenntnis wurden aber die weißen Siedler nicht wieder lebendig. Wenn der Wagenzug auch widerrechtlich ins Comanchenland hineingefahren war, gab das den Roten nicht das Recht, ein Blutbad anzurichten.
Jetzt mischte sich die Armee ein, das war kaum noch zu vermeiden. Es würden noch mehr Leute sterben, Menschen mit weißer und roter Haut.
„ Wir fangen hier an“, sagte Tom heiser. „Wir gehen schrittweise vor.“
Old Loony verstand nicht. „Was ist hier noch zu tun? Sie sind alle tot. Es ist nicht einer fortgekommen, die Fährte hätte ich gefunden.“
„ Wir begraben sie“, bestimmte Tom. „Dort drüben ist ein Trockenbach. Wir schaffen sie hinein und schaufeln die Ränder zu.“
Mehr konnten sie für die Toten nicht mehr tun. Einzelgräber auszuheben hätte vielleicht eine Woche Arbeit bedeutet. Bei der Hitze war das unmöglich. Die Leiber wären teilweise schon aufgetrieben.
„ Begraben?“, brummte Old Loony. „Wir sollten zusehen, dass wir hier verschwinden. Denn uns begräbt keiner.“
„ Einfach herumliegen lassen können wir sie nicht. Also fangen wir an.“ Damit war es entschieden.
Der Trockenbach war für die traurige Arbeit halbwegs günstig. Es bestand sogar einige Aussicht, dass der nächste Regen über das große Gemeinschaftsgrab hinwegfloss und die Toten nicht herausspülte.
Tom und der Alte arbeiteten bis in die Nacht hinein.
Als sie abseits der Stätte des Todes ihr Nachtlager machten, hatten sie erst die Hälfte der Toten in dem Bach.
Tom hatte sie gezählt. Morgen musste er weiterzählen.
Old Loony kauerte an ihrem kleinen Feuer. Er hatte ein bescheidenes Abendessen hergerichtet. Der Hunger war ihnen vergangen, aber sie aßen dennoch. Sie mussten bei Kräften bleiben.
„ Es sind keine Kinder darunter“, sagte Old Loony mit schwerer Stimme. „Aber es sind Siedler.“
„ Die Comanchen haben sie mitgenommen. Wie immer.“ Tom stocherte lustlos auf seinem Blechteller herum. „Vielleicht rechnen sie mit einem Lösegeld. Manche Häuptlinge sind damit reich geworden. Oder sie tauschen sie mit anderen Stämmen.“
Das ging Old Loony noch mehr ans Gemüt.
„ Wir sollten versuchen, das zu verhindern. Der Vorsprung ist nicht sehr groß. Die Kriegshorde ist nach Norden davon.“
Tom nickte. „Ich habe die Fährte ihrer Ponies gesehen. Hast du die Pferde und Zugochsen gezählt?“
„ Kommen mir mächtig wenig vor für einen so großen Wagenzug.“
„ Yeah, das ist es. Mit den Tieren wäre der Wagenzug gar nicht von der Stelle gekommen. Wir kümmern uns auch darum, wenn wir hier fertig sind.“
Dann herrschte wieder Schweigen zwischen ihnen. Das Holz im Feuer knackte ein paarmal. Funken stiegen steil in den Nachthimmel hinauf und erloschen.
Aus den Hügeln drang das jaulende Heulen eines Coyoten heran. Aus dem Süden antwortete ihm ein Artgenosse.
Das Nachtgetier war unterwegs. Anders als am Tag, wo sich außer den Bussarden nichts gezeigt hatte.
Die Coyoten waren unterwegs nach hier. Andere Tiere würden sich auch bald einfinden.
Sie rochen den Hauch des Todes und wollten ihren Nutzen daraus ziehen. Das Feuer störte sie noch. Und auch der heiße Brandgeruch, der über der Senke lag.
Tom rollte sich mit steifen Fingern eine Zigarette. Er hatte Blasen und Schwielen an den Händen. Mit Sicherheit platzten sie morgen auf, wenn sie den Rest ihrer traurigen Arbeit verrichteten.
„ Nachher zünde ich drüben am Bach ein Feuer an“, sagte Tom und lauschte auf die vielfältigen Stimmen der Nacht. „Sie sollen sie nicht haben.“
Der Alte machte eine Handbewegung. „Meine alten Knochen zwacken mich ohnehin, und ich brauche auch wenig Schlaf. Du legst dich hin, die härteste Arbeit bleibt sowieso für dich übrig, ich übernehme die Wache.“
Tom war damit einverstanden. Zuschaufeln musste er morgen. Old Loony war zwar zäh, aber für derart schwere Arbeit nicht mehr geeignet.
Nach einer Weile fragte der Alte brummend: „Wo ist eigentlich der Schwarztimber?“
Tom war auch schon aufgefallen, dass Sam die Coyotenrufe nicht mit seinem unbändig wilden Jagdschrei beantwortet hatte. Sonst war er im Handumdrehen bereit, Streit mit Coyoten anzufangen.
Aber er hatte sich überhaupt nicht bemerkbar gemacht.
Tom pfiff leise nach ihm.
Das einzige Resultat war, dass die Tierstimmen in der weiteren Umgebung für eine Weile verstummten. Der Schwarztimber meldete sich nicht.