Muhammad - Das Leben des Heiligen Propheten - Hadhrat Mirza Baschir ud-Din Mahmud Ahmad - E-Book

Muhammad - Das Leben des Heiligen Propheten E-Book

Hadhrat Mirza Baschir ud-Din Mahmud Ahmad

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Beschreibung

Wer war Muhammad? Für die einen war er die heiligste Person, die jemals existierte, eine Barmherzigkeit für alle Welten und moralisches wie spirituelles Vorbild schlechthin. Die Kirche hingegen bezeichnete ihn jahrhundertelang als Antichristen und in den gegenwärtigen Islamdebatten wird er wahlweise karikiert oder mit heftiger Kritik überzogen. Der Heilige Begründer des Islam gehört sicherlich zu den am meisten diskutierten Persönlichkeiten der Weltgeschichte. In zahllosen Aussprüchen des Propheten, sogenannten Ahadith, kann der ernsthaft Interessierte sich ein Bild von der Person verschaffen, die von Michael H. Hart als einflussreichste Person der Weltgeschichte bezeichnet wird. Dieses Buch hat die zahllosen Ahadith zu einer Biografie geknüpft. Es nähert sich dem Leben des Begründers des Islam detailreich und lebensnah. Die Hintergründe seiner Mission werden ebenso erläutert, wie der Charakter des Propheten nachgezeichnet wird. Anhand der Nacherzählung von zahlreichen Begebenheiten aus der Frühgeschichte des Islam lernt der Leser nicht nur den Heiligen Propheten neu kennen, sondern erhält auch einen authentischen Einblick in das wahre Wesen der am stärksten diskutierten Religion unserer Zeit dem Islam.

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Seine Heiligkeit Mirza Bashir ud-Din Mahmud Ahmadra

Muhammad

Muhammad - Das Leben des Heiligen Propheten

von Seiner Heiligkeit Mirza Bashir ud-Din Mahmud Ahmadra

 

Erste Auflage in Urdu erschien 29. September 1948

Erste deutsche Übersetzung/Auflage 1994

Zweite, überarbeitete Auflage 2012

 

Aus dem Englischen von Khadija Ahmad Koopmann

 

Verantwortlich für die Veröffentlichung dieses Buches:

© VERLAG DER ISLAM

Genfer Straße 11

D - 60437 Frankfurt am Main

Mehr Informationen unter www.verlagderislam.de

ISBN 978-3-944277-07-3

EBOOK EDITION

 

Vorwort

Gibt es eine bedeutendere Persönlichkeit der Weltgeschichte als den Propheten Muhammadsaw? Für Muslime ist es eindeutig: Der Heilige Prophet des Islamsaw ist für sie die heiligste Person, die jemals existierte, ein Vorbild für jeden Gläubigen, eine Persönlichkeit, die im Koran als „Barmherzigkeit für alle Welten“ bezeichnet wird. Sein Leben sei wie der Koran, heißt es in einem Ausspruch seiner Frau Hadhrat Aischara. Dies bedeutet, dass es keinen Widerspruch gibt zwischen der Lehre des Islam und dem Leben des Prophetensaw. Wollte man also den Islam verstehen, so müsste man das Leben des Prophetensaw studieren. Sein Leben spiegelt die wahre Essenz des Islam wider, sie gibt uns einen Zugang zum Verständnis des tatsächlichen Charakters einer Weltreligion, die weltweit kontrovers diskutiert wird und, gerade hier im Westen, zur Zielscheibe heftiger Kritik geworden ist. Eine Analyse des Lebens des Heiligen Prophetensaw würde so manchem Missverständnis vorbeugen. Ressentiments könnten abgebaut werden, denn all jene Handlungsweisen, die dem Islam zugeschrieben werden, mit dem Leben und Charakter des Heiligen ProphetenMuhammadsaw aber nicht zu vereinen sind, könnten als soziale Defizite behandelt werden, so dass die Kritik vor undifferenzierter Vereinfachung bewahrt bleibt.

Für Muslime hat der Heilige Prophetsaw das ideale Leben gelebt. Er ist in jeder Hinsicht ein Vorbild an Rechtschaffenheit, lebte ein sündenbefreites, spirituelles und gottnahes Leben.

Er ist der Begründer des Islam, der letzten von Gott dem Menschen überbrachten Religion, die alle vorherigen Religionen vervollkommnete. Der Islam anerkennt alle Religionen vor ihm als im Ursprung göttlich an. Er glaubt an alle Propheten, die vor dem Heiligen Propheten Muhammadsaw erschienen sind, behauptet aber gleichzeitig, dass mit dem Islam die letzte und vollkommene Religion für den nunmehr spirituell und geistig vollkommenen Menschen übermittelt wurde. Der Prophet Muhammadsaw ist der Überbringer dieser Religion. Er hat von Gott den Koran offenbart bekommen, in dem der vollkommene Wegweiser zu Gott enthalten ist. Der Prophetsaw selbst hat jedes i-Tüpfelchen der Lehre in die Praxis umgesetzt und so die höchsten Stufen der Gotteserkenntnis erreicht. Alle Ge- und Verbote, Rituale und Verhaltensanforderungen müssen unter diesem Lichte betrachtet werden. Wenn die Muslime sich den Prophetensaw zum Vorbild nehmen, dann gilt das ganz besonders in spiritueller Hinsicht. Er ist der vollkommene Wegweiser zu Gott, er weist den Weg zu einer erquickten, erleuchteten Existenz, befreit von der Verstrickung in materialistischen Abhängigkeiten und körperlichen Leidenschaften.

Der vollkommene Charakter, den der Prophetsaw für die Muslime besitzt, steht in völligem Widerspruch zu der Diffamierung und Dämonisierung des Prophetensaw, die in westlichen Breitengraden seit jeher Tradition hat. Er wurde im Mittelalter als Antichrist beschimpft und ist auch in den gegenwärtigen Islamdebatten immer wieder Gegenstand scharfer Kritik. Einer Kritik, die sich oftmals auf einem sehr bedenklichen Niveau bewegt, denn wenn es eine Persönlichkeit der Weltgeschichte gibt, deren Leben bis ins Detail rekonstruiert werden konnte, dann ist es das Leben des Heiligen Propheten des Islamsaw. In zahllosen Aussprüchen des Prophetensaw, sogenannten Ahadith, kann der ernsthaft Interessierte sich ein Bild von der Person verschaffen, die von Michael H. Hart als einflussreichste Person der Weltgeschichte bezeichnet wird.

Dieses Buch hat die zahllosen Ahadith zu einer Biografie geknüpft. Es nähert sich dem Leben des Begründers des Islam detailreich und lebensnah. Die Hintergründe seiner Mission werden ebenso erläutert, wie der Charakter des Prophetensaw nachgezeichnet wird. Anhand der Nacherzählung von zahlreichen Begebenheiten aus der Frühgeschichte des Islam lernt der Leser nicht nur den Heiligen Prophetensaw neu kennen, sondern erhält auch einen authentischen Einblick in das wahre Wesen der am stärksten diskutierten Religion unserer Zeit – dem Islam.

Erstmalig wurde dieses Standardwerk 1994 ins Deutsche übertragen. Nun liegt uns eine neu überarbeitete Version dieser Übersetzung vor. Das Buch ist nun aufgeteilt in zwei Teile. Im ersten handelt es sich um eine klassische Biografie: Das Leben von der Geburt, über die ersten Offenbarungen und der Begründung des Islam, bis zu den Kriegen und der Ausbreitunug des Islam über ganz Arabien wird ausgiebig berichtet. Der zweite Teil widmet sich noch einmal gesondert bestimmten Charaktermerkmalen des Prophetensaw. Eigenschaften, die jeder Muslim anzustreben verpflichtet ist.

Für die Neuauflage ist folgenden Mitarbeitern zu danken: Sharafatullah Khan, Hmayon Ahmad, Kashif Mahmood, Tariq Hübsch und Qamar Mahmood. Möge Allah sie allesamt segnen.

 

Mubarak Ahmad Tanveer

Publikationsabteilung Ahmadiyya Muslim Jamaat

Frankfurt am Main, der 21.10.2012

Vorwort der ersten Auflage

 

„Das Leben des Heiligen Propheten Muhammad“ ist das Werk von Seiner Heiligkeit Mirza Bashir ud-Din Mahmud Ahmadra, Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Bewegung des Islam von 1914 bis 1965.

Als eine von seinen zahlreichen Schriften über islamische Themen erschien „Das Leben Muhammads“ zuerst als Teil einer allgemeinen Einleitung, die er für die englische Übersetzung und den Kommentar des Heiligen Qur-âns1 schrieb. Es wird gesondert herausgegeben für diejenigen Leser, die ein besonderes Interesse am Lebensweg des Heiligen Prophetensaw haben.

Das Werk beruht ausschließlich auf arabischen Quellen, es ist authentisch und wissenschaftlich fundiert in seinem Material. Geschrieben in der besten Tradition der Ahmadiyya-Literatur, ist es klar und einfach in seiner Darstellung und dennoch fesselnd in seinem Stil. Es wendet sich an einen weiten Kreis; es ist für jung und alt, für den Gelehrten, wie für den einfachen Mann. Es informiert den Leser nicht nur, sondern es verwandelt ihn auch.

Mirza Mubarak Ahmad

Sekretär Ahmadiyya Muslim Auslands-Mission

Rabwah /Pakistan

 

1 „The Holy Qur-ân with English Translation and Commentary“, veröf­fentlicht von Sadr Anjuman Ahmadiyya, Rabwah, Pakistan, Bd. I 1947 (Qadian) S. CCLXXVI 968 ff.; Bd. II Teil 1, 1949 (Rabwah) 969-1545.

Erster Teil: Die Lebensgeschichte des Heiligen Propheten Muhammadsaw

1

Arabien zur Zeit der Geburt des Prophetensaw

 

Der Prophetsaw wurde im August 570 in Mekka geboren. Ihm wurde der Name Muhammad gegeben, was „der Gepriesene“ bedeutet. Um sein Leben und seinen Charakter verstehen zu können, müssen wir eine Vorstellung davon haben, welche Verhältnisse in Arabien zur Zeit seiner Geburt vorherrschten.

Zur Zeit seiner Geburt herrschte so gut wie über ganz Arabien eine polytheistische Form von Religion. Die Araber führen ihre Abstammung auf den Propheten Hadhrat2Abrahamas zurück. Sie wussten, dass Hadhrat Abrahamas ein Lehrer des Monotheismus war. Trotzdem war ihre Religion polytheistisch und sie praktizierten polytheistische Riten. Zu ihrer Verteidigung sagten sie, dass einige Menschen zu einem außergewöhnlichen Kontakt mit Gott bestimmt seien. Ihre Vermittlerrolle ist von Gott anerkannt. Ihn Selbst zu erreichen, sei für gewöhnliche Menschen zu schwer. Sie benötigten andere, die für sie Fürsprache einlegen, um Gottes Wohlgefallen und Seine Hilfe zu erlangen. Dadurch waren sie in der Lage, ihre Verehrung für Hadhrat Abrahamas mit ihren eigenen polytheistischen Bräuchen zu vereinbaren.

Hadhrat Abrahamas, sagten sie, war ein Heiliger. Er war in der Lage, Gott ohne Vermittler zu erreichen, wozu der einfache Mekkaner nicht in der Lage war. Die Mekkaner hatten daher Idole von heiligen und rechtschaffenen Personen fabriziert, beteten diese an und brachten ihnen Opfergaben dar, um durch sie Gottes Wohlgefallen zu erreichen. Dieses Verhalten war primitiv, unlogisch und voll von Widersprüchen. Doch die Mekkaner waren unberührt davon. Sie waren jahrhundertelang keinem monotheistischen Lehrer mehr begegnet und der Polytheismus, wenn er einmal Fuß gefasst hat, kennt keine Grenzen; die Zahl der Götzenbilder nimmt immer mehr zu.

Zur Zeit der Geburt des Heiligen Prophetensaw, so wird berichtet, umfasste die Kaaba, die Heilige Moschee des Islam, das Gotteshaus, das von Hadhrat Abrahamas und seinem Sohn Ismailas errichtet worden war, 360 Idole. Es sieht so aus, als hätten die Mekkaner für jeden Tag des Lunarjahres ein Idol.

In anderen bedeutenden Stätten gab es andere Idole, so dass man sagen kann, dass ganz Arabien polytheistischen Bräuchen erlegen war. Die Araber waren eifrige Verfechter der Pflege ihrer Sprache. Sie waren interessiert an der Weiterentwicklung der gesprochenen Worte. Ihr intellektueller Ehrgeiz darüber hinaus war jedoch begrenzt. Über Geschichte, Geographie, Mathematik u. s. w. wussten sie nichts. Da sie jedoch ein Wüstenvolk waren und ihre Wege durch die Wüste ohne Landmarken finden mussten, hatten sie starkes Interesse an der Astronomie entwickelt. Es gab in ganz Arabien keine einzige Schule. Es wird berichtet, dass es in Mekka nur ganz wenige Leute gab, die lesen und schreiben konnten.

Vom moralischen Standpunkt aus gesehen, waren die Araber ein widersprüchliches Volk. Sie waren außergewöhnlichen moralischen Mängeln erlegen, doch zur gleichen Zeit besaßen sie einige bewundernswerte Eigenschaften.

 

Alkoholsucht und Glücksspiel

 

Die Araber neigten zu übermäßigem Trinken. Trunken zu werden und außer sich zu geraten unter dem Einfluß von Trinken, war für sie eine Tugend, keine Sünde. Ihre Vorstellung von einem Ehrenmann war die von einem Mann, der seine Freunde und Nachbarn zu Trinkgelagen einlädt. Jeder reiche Mann versammelte eine trinkende Gesellschaft mindestens fünf Mal am Tag um sich. Glücksspiel war Nationalsport. Aber sie hatten ihn kultiviert. Sie spielten nicht des Geldes wegen. Von den Gewinnern wurde erwartet, dass sie ihre Freunde einluden. Zu Kriegszeiten wurde Geld durch Glücksspiel aufgebracht. Selbst heute noch haben wir das System von Lotterielosen, um Geld für den Krieg aufzubringen. Die Einrichtung ist von den Völkern in Europa und Amerika wiederbelebt worden. Sie sollten daran denken, dass sie damit nur die Araber imitieren. Wenn Krieg ausgebrochen war, hielten die arabischen Stämme eine Glücksspielfeier. Wer gewann, hatte den größten Teil der Kriegskosten zu tragen.

Von den Annehmlichkeiten des zivilisierten Lebens wussten die Araber nur wenig.

 

Handel

 

Ihre Hauptbeschäftigung war der Handel und zu diesem Zweck sandten sie ihre Karawanen zu entlegenen Ländern wie Abessinien, Syrien, Palästina und selbst nach Indien. Die Reichen unter ihnen waren große Verehrer indischer Schwerter. Ihre Versorgung mit Kleidungsstoffen wurde im Großen und Ganzen von Yemen und Syrien übernommen. Die Städte waren Handelszentren. Der verbleibende Teil Arabiens, ausgenommen Yemen und einige nördliche Teile, gehörte den Beduinen. Es gab keine dauerhaften Niederlassungen oder feste Wohnplätze. Die Stämme hatten das Land unter sich aufgeteilt, so dass jeder Stamm sich in seinem Teil ungehindert bewegen konnte. Wenn die Wasserversorgung in einem Teil erschöpft war, machten sie sich zu einem anderen Teil auf und ließen sich dort nieder. Ihr Besitz bestand aus Schafen, Ziegen und Kamelen. Aus der Wolle machten sie Stoffe und aus den Fellen Zelte. Überflüssiges verkauften sie auf den Märkten.

 

Zustand, Gewohnheiten und Eigenschaften der Araber

 

Gold und Silber war nicht unbekannt, jedoch ein sehr seltener Besitz. Die Armen und durchschnittlichen Leute machten ihren Schmuck aus Kauriemuscheln und aus süßduftenden Substanzen. Die Samen von Melonen wurden gewaschen, getrocknet und aufgzogen, um daraus Halsketten herzustellen.

Verbrechen sowie verschiedenste Arten von Ausschweifungen waren weit verbreitet. Zwar war Diebstahl selten, Raubüberfälle hingegen ein Bestandteil der Tagesordnung. Jemanden überfallen und sich seines Besitzes zu ermächtigen, war gang und gäbe. Doch zur gleichen Zeit galt ihr Ehrenwort bei ihnen mehr als bei irgendeinem anderen Volk. Sollte jemand zu einem mächtigen Führer oder Stamm gehen und um seinen Schutz ersuchen, so war dieser Führer oder Stamm bei seiner Ehre verpflichtet, diesem Individuum Schutz zu gewähren. Wenn das nicht geschah, sank dieser Stamm in seinem Ansehen in ganz Arabien.

Dichter standen in hohem Ansehen; Sie wurden als Nationalhelden verehrt. Von führenden Persönlichkeiten wurde erwartet, dass sie Meister der Rhetorik waren und selbst Verse schmieden konnten.

Gastfreundschaft war zu einer nationalen Tugend entwickelt worden. Ein einsamer Wanderer wurde bei seiner Annäherung an das Hauptquartier eines Stammes wie ein Ehrengast behandelt. Die besten Tiere wurden für ihn geschlachtet und äußerste Rücksichtnahme angewendet, ganz gleich, wer der Fremde war. Es genügte, dass ein Gast angekommen war. Ein Besuch bedeutete eine Zunahme an Ansehen und Bedeutung für den Stamm. Es wurde somit zur Pflicht des Stammes, den Besucher zu ehren. Indem sie ihn ehrten, ehrten sie zugleich sich selbst.

Die Frauen in dieser arabischen Gesellschaft hatten weder Rang noch Recht. Es galt in ihr nicht als unehrenhaft, neugeborene Mädchen zu töten. Man soll jedoch nicht annehmen, dass dieses Töten von Kindern im ganzen Land praktiziert wurde. Das wäre gefährlich gewesen, da es das Auslöschen des Volkes bedeutet hätte. In der Tat war es in Arabien - oder Indien oder jedem anderen Land, indem Kindesmord ausgeübt wurde - nur auf bestimmte Familien beschränkt.

Die arabischen Familien, die diesem Brauch anhingen, hatten entweder eine übertriebene Vorstellung von ihrer sozialen Stellung oder waren anderweitig dazu getrieben. Möglicherweise empfanden sie es als hoffnungslos, passende Ehepartner für ihre Töchter zu finden. So töteten sie ihre neugeborenen Töchter. Das Übel dieser Praxis liegt in der Barbarei und Grausamkeit an sich, nicht in den Auswirkungen, die es für die Bevölkerung der Nation hatte. Verschiedene Methoden wurden angewendet, die Mädchen zu töten, u. a. lebendig begraben und erdrosseln.

Nur leibliche Mütter wurden in der arabischen Gesellschaft als Mütter angesehen. Stiefmütter wurden nicht als Mütter anerkannt und ein Sohn konnte seine Stiefmutter nach dem Tode seines Vaters heiraten. Polygamie war weit verbreitet und es gab keine Begrenzung für die Anzahl der Frauen, die ein Mann heiraten konnte. Mehr als eine Schwester konnte von dem gleichen Mann zur gleichen Zeit geheiratet werden.

Die schlimmste Behandlung wurde jedoch den kämpfenden Parteien während des Krieges zuteil. Wo der Hass groß war, zögerten sie nicht, den Körper der Verwundeten aufzuschlitzen, Organe herauszuschneiden und sie auf kannibalische Weise zu verzehren. Sie zögerten auch nicht, die Gefallenen ihrer Feinde zu schänden. Die Nase oder die Ohren abzuschneiden oder ein Auge auszustechen, war keine ungewöhnliche Grausamkeit für sie. Sklaverei war weit verbreitet. Schwache Stämme wurden sogar in ihrer Gesamtheit in Sklaverei überführt.

Der Sklave hatte keine Stellung. Jeder Besitzer machte mit seinen Sklaven, was er wollte. Es konnte nichts gegen einen Meister, der seinen Sklaven misshandelte, unternommen werden. Ein Mann konnte seinen Sklaven ermorden, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Wenn ein Mann den Sklaven eines anderen tötete, wurde dafür keine Todesstrafe verhängt. Alles, was von ihm erwartet wurde, war, den betroffenen Meister entsprechend zu entschädigen. Weibliche Sklaven wurden als sexuelle Objekte ausgenutzt. Kinder aus solchen Vereinigungen waren wiederum Sklaven. Weibliche Sklaven, die Mütter wurden, blieben weiterhin Sklaven.

In Beziehung zur Zivilisation und zum gesellschaftlichen Fortschritt waren die Araber ein ausgesprochen rückständiges Volk. Freundlichkeit und Rücksichtnahme waren unbekannt. Frauen hatten die denkbar niedrigste Stellung.

Und doch besaßen die Araber einige Tugenden; Persönliche Tapferkeit erreichte beispielsweise manchmal auch eine sehr hohe Stufe.

 

Die Geburt des Heiligen Prophetensaw

 

In solch einem Volk wurde der Heilige Prophet des Islam geboren. Sein Vater Abdullah war schon vor seiner Geburt verstorben. So mussten er und seine Mutter Amina von seinem Großvater Abdul-Muttalib versorgt werden. Das Kind Muhammadwurde von einer Amme, die in der Nähe von Ta‘if auf dem Lande lebte, genährt. Es war allgemeiner Brauch in Arabien jener Tage, Kinder Landfrauen zu übergeben, die dann verpflichtet waren, die Kinder aufzuziehen, ihre Sprache auszubilden und von Beginn an ihre Gesundheit zu fördern. Als der Prophet sechs Jahre alt war, verstarb seine Mutter auf dem Wege von Medina nach Mekka und musste unterwegs begraben werden. Das Kind wurde von einer Dienerin nach Mekka begleitet und dem Großvater übergeben. Als Muhammad ungefähr acht Jahre alt war, starb auch sein Großvater, wonach, dem Testament des Großvaters zufolge, sein Onkel, Abu Talib, sein Vormund wurde.

Der Prophet hatte zwei oder drei Mal die Gelegenheit, über Arabien hinaus zu reisen. Eine dieser Gelegenheiten war, als er zwölfjährig in der Begleitung von Abu Talib nach Syrien reiste. Es sieht jedoch so aus, dass die Reise ihn nur bis zu den süd-östlichen Städten Syriens brachte, denn in den historischen Dokumenten über diese Reise finden wir keinen Hinweis auf Städte wie z. B. Jerusalem. Danach blieb er in Mekka, bis er zum jungen Mann herangewachsen war.

 

Die Mitgliedschaft des Heiligen Prophetensaw in der Vereinigung zur Unterstützung Hilfsbedürftiger Personen

 

Von Kindheit an neigte er zum Nachdenken und Meditieren. An den Streitereien und Eifersüchteleien seiner Landsleute hatte er keinen Anteil, es sei denn, dass er versuchte, sie zu beenden.

Es wird berichtet, dass einige aus den Stämmen in und um Mekka, alle ihrer endlosen Blutrachen müde geworden, entschieden, eine Vereinigung zu bilden mit dem Zweck, Opfern ungerechter und aggressiver Behandlung beizustehen. Als der Heilige Prophetsaw davon hörte, trat er begeistert bei. Die Mitglieder dieser Vereinigung verpflichteten sich zu folgenden Bedingungen:

 

„Sie werden diejenigen, die unterdrückt werden, helfen und ihre Rechte wiederherzustellen versuchen, solange als noch ein Tropfen Wasser im Meer ist. Wenn ihnen das nicht gelingen sollte, so werden sie die Opfer aus ihrem eigenen Besitz entschädigen. (Sirat Ibn Hisham)

 

Es scheint, dass von keinem anderen Mitglied dieser Vereinigung berichtet wurde, aufgefordert worden zu sein, dieser Verpflichtung Folge zu leisten.

Jedoch kam die Gelegenheit für den Heiligen Prophetensaw, nachdem dieser seinen Auftrag verkündet hatte. Sein ärgster Feind war Abu Jahl, eines der Oberhäupter Mekkas. Er hatte den gesellschaftlichen Boykott und die öffentliche Verschmähung des Prophetensaw angeordnet. Um diese Zeit kam ein Fremder nach Mekka. Abu Jahl schuldete ihm Geld, jedoch weigerte er sich zu zahlen. Der Fremde erwähnte dies anderen Mekkanern gegenüber. Einige junge Leute schlugen aus einer boshaften Laune heraus vor, den Prophetensaw hinzuzuziehen, denn sie nahmen an, dass der Prophetsaw wegen der allgemeinen Opposition gegen seine Person und besonders aus Furcht vor Abu Jahl zögern würde, irgendetwas zu unternehmen. Wenn er sich aber weigerte, diesem Mann zu helfen, so könnte man von ihm sagen, er habe seinen Eid der Vereinigung gegenüber gebrochen. Wenn er sich andererseits nicht weigerte und Abu Jahl auffordern würde, dem Mann sein Darlehen zurückzugeben, wäre er dem Schmach ausgesetzt, von diesem voller Verachtung wegschicken zu werden.

So ging also dieser Mann zum Prophetensaw und beklagte sich über Abu Jahl. Der Prophetsaw, ohne zu zögern, machte sich mit ihm zu Abu Jahls Haus auf. Abu Jahl kam an die Tür und sah dort seinen Gläubiger mit dem Prophetensaw zusammen stehen. Der Prophetsaw erwähnte das Darlehen und schlug dessen Rückzahlung vor. Abu Jahl war so perplex, dass er, ohne weitere Worte zu machen, das Geld sofort herausrückte.

Als die anderen führenden Persönlichkeiten Mekkas davon erfuhren, rügten sie Abu Jahl und hielten ihm vor, wie schwach und widersprüchlich er gehandelt habe. Er ordnete den weiteren sozialen Boykott des Prophetensaw an, doch er selbst folgte den Anordnungen des Prophetensaw und zahlte ein Darlehen auf dessen Vorschlag hin zurück. Er rechtfertigte dies damit, dass jeder andere an seiner Stelle genau so gehandelt hätte. Er sagte, als er den Prophetensaw an seiner Tür stehen sah, er zur gleichen Zeit zwei wilde Kamele an der Seite des Prophetensaw bemerkte, die bereit waren, ihn anzugreifen.

Wir können nicht sagen, welcher Natur diese Erscheinung war. War es eine wunderbare Erscheinung, die bestimmt war, Abu Jaul einzuschüchtern, oder war es die furchterregende Erscheinung des Prophetensaw, die jene Halluzination hervorrief?

Ein Mann, von einer ganzen Stadt verhasst und unterdrückt, hatte den Mut aufgebracht, allein zum Oberhaupt der Stadt zu gehen, um von ihm die Rückzahlung eines Darlehens einzufordern. Wahrscheinlich hatte diese völlig undenkbare Situation Abu Jahl vergessen lassen, was er gegen den Prophetensaw geschworen hatte und ihn gezwungen, zu tun, was der Prophetsaw von ihm verlangte. (Sirat Ibn Hisham)

 

Die Heirat des Heiligen Prophetensaw mit Hadhrat Khadijara

 

Als der Prophetsaw ungefähr 25 Jahre alt war, hatte sein guter Ruf in Bezug auf Redlichkeit und Mitgefühl in der ganzen Stadt Mekka Verbreitung gefunden. Die Leute verwiesen auf ihn als auf einen Menschen, dem man vertrauen konnte. Dieser gute Ruf erreichte auch eine reiche Witwe, die den Onkel des Prophetensaw, Abu Talib, aufsuchte und vorschlug, dass sein Neffe ihre Handelskarawane nach Syrien leitete. Abu Talib erwähnte dies seinem Neffen gegenüber, und dieser gab seine Einwilligung. Die Expedition war ausgesprochen erfolgreich und kam mit unerwartetem Gewinn heim. Die reiche Witwe Khadijara war überzeugt davon, dass der Erfolg der Karawane nicht nur auf die günstigen Verkaufsverhältnisse auf dem Markt in Syrien, sondern auch auf die Redlichkeit und Leistungsfähigkeit ihres Führers zurückzuführen sei. Sie befragte ihre Sklavin Maisara darüber und diese teilte ihre Meinung und berichtete ihr, dass die Ehrlichkeit und Sympathie, mit der dieser junge Führer der Karawane ihre Angelegenheiten gehandhabt hatte, nur bei wenigen Personen zu finden sei.

Khadijara war vierzig und schon zweimal verwitwet. Sie schickte eine ihrer Freundinnen zu dem Prophetensaw, um herauszufinden, ob er geneigt sei, sie zu heiraten. Diese Freundin ging zum Prophetensaw und fragte ihn, warum er nicht verheiratet sei. Der Prophetsaw antwortete, dass er nicht genügend Geld habe, um zu heiraten. Die Besucherin fragte, ob er zustimmen würde, wenn man für ihn eine reiche angesehene Frau zum Heiraten finden würde. Der Prophetsaw fragte, wer diese Frau sei, und die Besucherin antwortete „Khadija“. Der Prophetsaw bat um Verzeihung, aber Khadijara sei für ihn unerreichbar. Die Besucherin redete ihm alle Bedenken aus und so sagte der Prophetsaw schließlich, dass er zustimme.

Khadijara sandte daraufhin eine Botschaft zum Onkel des Prophetensaw. Die Heirat zwischen dem Prophetensaw und ihr wurde beschlossen und feierlich begangen. Ein armer Mann, schon in der Kindheit zur Waise geworden, tat seinen ersten Schritt zum Wohlstand; Er war reich geworden. Doch die Art und Weise, in der er mit seinem Vermögen verfuhr, sollte alle Menschen zu Denken geben.

 

Befreiung der Sklaven

 

Nach der Eheschließung bedachte Hadhrat Khadijara, dass sie reich sei und er arm und dass diese Ungleichheit ihrem Glück im Wege stünde. So schlug sie vor, dass der Prophetsaw ihren Besitz und ihre Sklaven übernehmen solle. Der Prophetsaw, nachdem er sich versichert hatte, dass sie es ernst meinte, erklärte, dass er, sobald er die Sklaven übernommen hätte, sie freisetzen würde, was er dann in die Tat umsetzte. Zudem verteilte er den größten Teil des Vermögens, das er von Hadhrat Khadijara erhalten hatte, unter die Armen.

Unter den Sklaven, die er freigesetzt hatte, war Zaid. Er erschien intelligenter und wachsamer als die anderen. Er gehörte einer respektablen Familie an, war als Kind entführt und dann von Ort zu Ort verkauft worden, bis er Mekka erreicht hatte. Zaid sah sofort, dass es besser sei, seine Freiheit für den Prophetensaw zu opfern. Als der Prophet seine Sklaven frei setzte, weigerte Zaid sich, freigesetzt zu werden und bat um Erlaubnis, beim Prophetensaw bleiben zu dürfen. So geschah es und im Laufe der Zeit vertiefte sich die Beziehung zwischen ihm und dem Prophetensaw immer mehr.

In der Zwischenzeit hatten Zaids Vater und Onkel ihn zu finden versucht und schließlich von seinem Verbleib in Mekka erfahren. Sie fanden ihn im Hause des Prophetensaw. Sie baten den Prophetensaw um Zaids Freiheit und versprachen, so viel an Lösegeld zu zahlen, wie der Prophetsaw verlangte. Der Prophetsaw sagte, dass Zaid frei sei und mit ihnen gehen könne. Er ließ Zaid kommen und zeigte ihm seinen Vater und seinen Onkel. Nachdem sie sich umarmt und begrüßt hatten, sagte sein Vater, dass sein guter Meister ihn freigesetzt habe und da seine Mutter sehr unter ihrer Trennung gelitten hatte, sie sich jetzt auf den Heimweg machen könnten. Zaid sagte: „Vater, wer liebt seine Eltern nicht? Ich liebe Euch und Mutter von Herzen. Doch ich liebe diesen Menschen Muhammadsaw so sehr, dass ich nicht daran denken mag, woanders als bei ihm zu leben. Ich habe Euch wiedergesehen und ich bin glücklich darüber. Die Trennung von Muhammad jedoch könnte ich nicht ertragen.“

Zaids Vater und Onkel versuchten ihr Äußerstes, ihn zu überreden, mit ihnen heimzukehren, doch Zaid wollte nicht zustimmen. Daraufhin sagte der Prophetsaw: „Zaid war schon vorher ein freier Mann, doch von heute an soll er mein Sohn sein.“

Als Zaids Vater und Onkel diese starke Bindung zwischen Zaid und dem Prophetensaw sahen, kehrten sie wieder heim und Zaid blieb bei dem Prophetensaw. (Sirat Ibn Hisham)

 

Die Anbetung Gottes in der Höhle Hira

 

Als der Prophetsaw über 30 Jahre alt war, hatte die Liebe zu Gott und seine Verehrung immer mehr von ihm Besitz ergriffen. Abgestoßen von den Untaten, Possen und vielen Übeln, denen die Mekkaner erlegen waren, zog er sich an einen Ort zwei, drei Meilen von Mekka entfernt zu Meditationen zurück. Dies war auf dem Gipfel eines Hügels in einer Art Steinhöhle. Hadhrat Khadijara versorgte ihn mit Essen für mehrere Tage, mit welchem er sich in die Höhle Hira zurückzog. In der Höhle gab er sich der Anbetung Gottes bei Tag und Nacht hin.

 

Der Prophetsaw erhält seine erste Offenbarung

 

Als er 40 Jahre alt war, hatte er in derselben Höhle eine Vision; Er sah eine Erscheinung, die ihn aufforderte, zu rezitieren. Der Prophetsaw antwortete, dass er nicht wüsste, was oder wie er rezitieren solle. Die Erscheinung bestand darauf und schließlich rezitierte der Prophetsaw die folgenden Verse:

 

 

 

„Sprich, im Namen Deines Herrn, Der erschuf, erschuf den

Menschen aus einem Klumpen Blut. Sprich, denn Dein Herr ist der Allgütige. Der den Menschen durch die Feder lehrte, dem Menschen lehrte, was er nicht wusste.“ (96: 2-6)

 

Diese Verse, die ersten Offenbarungen, als auch die in den folgenden Jahren empfangenen Verse, wurden Teile des Heiligen Qur-ân. Sie haben kolossale Bedeutung: Sie befahlen dem Prophetensaw, sich zu erheben und den Namen des Einen Gottes, des Einen Schöpfers - der Propheten und aller Menschen -, der sie erschaffen hat und ihnen Liebe zu Ihm und den Mitmenschen eingepflanzt hatte, zu verkünden. Dem Prophetensaw war befohlen, die Botschaft dieses Gottes zu verkünden und ihm war Hilfe und Schutz durch Ihn für diese Verkündigung der Botschaft versprochen worden.

Diese Verse künden von einer Zeit, in der dem Menschen umfassendes Wissen durch die Verbreitung des geschriebenen Wortes zukommen würde. Diese Verse stellen einen Abriss des Qur-ân dar. Was immer den Prophetensaw in späteren Offenbarungen gelehrt wurde, ist schon in diesen Versen embryonal vorhanden. Es wurde mit ihnen ein Grundstein für einen großen und bisher unbekannten Fortschritt in der spirituellen Entwicklung des Menschen gelegt. Bedeutung und Erklärung dieser Verse kann an entsprechender Stelle des Kommentars zum Qur-ân nachgelesen werden. Wir weisen hier nur deswegen ausführlich darauf hin, weil diese erste Offenbarung ein großes Ereignis im Leben des Prophetensaw darstellt. Als der Prophetsaw diese Offenbarung erhielt, war er von Furcht und Erschütterung über die Verantwortung, die Gott auf seine Schultern zu legen beschlossen hatte, erfasst. Manch eine andere Person an seiner Stelle wäre mit Stolz erfüllt gewesen und hätte vielleicht gedacht, „jetzt bin ich eine große Persönlichkeit geworden“.

Der Prophetsaw reagierte anders. Er konnte große Dinge erreichen, doch niemals erfasste ihn Stolz über seine Errungenschaften. Nach diesem Ereignis erreichte er sein Haus in großer Erschütterung, sein Gesicht verstört. Auf Hadhrat Khadijasra Befragen hin berichtete er ihr die ganze Begebenheit und fasste seine Furcht in den Worten zusammen: „Ich bin so eine schwache Person, wie kann ich die Verantwortung tragen, die Gott auf meine Schultern legen will.“ Hadhrat Khadijara antwortete sofort:

 

 

 

„Gott ist mein Zeuge, Er hat dieses Wort nicht auf Euch herabgesandt, damit Ihr versagt und Euch unwürdig erweist und Er Euch fallen lassen muss. Wie könnte Gott so etwas tun, wo Ihr freundlich und verständnisvoll Euren Verwandten gegenüber seid, den Armen und Verlassenen helft und ihre Last tragt? Ihr stellt die Tugenden wieder her, die in unserem Land verloren gegangen sind. Ihr ehrt die Gäste und helft den Verzweifelnden. Wie könnte Gott Euch in Versuchung führen?“ (Bukhari, Kitab Badul Wahi)

 

Nachdem sie sich so geäußert hatte, ging sie mit dem Propheten zu ihrem Vetter Waraqa Bin Naufal, einem Christen. Nachdem er den Bericht gehört hatte, sagte Waraqa:

 

„Der Engel, der Mosesas erschienen war, dessen bin ich sicher, ist jetzt Dir erschienen.“ (Bukhari)

 

Die ersten Bekehrten

 

Waraqa hatte dabei sicherlich an die Prophezeiung in Deuteronomium 18:18 gedacht. Als die Neuigkeit Zaidra, den befreiten Sklaven des Prophetensaw, mittlerweise 30, und dessen Vetter Alira, ungefähr 11, erreichte, erklärten beide sofort ihren Glauben an Muhammadsaw.

Hadhrat Abu Bakrra, ein Freund aus seiner Kindheit, war nicht in der Stadt. Als er heimkehrte, hörte er von diesem neuen Erlebnis des Prophetensaw. Man erzählte ihm, dass sein Freund verrückt geworden sei und dass er erzählte, Engel brächten ihm Botschaften von Gott. Abu Bakrra jedoch vertraute dem Prophetensaw vollkommen. Er zweifelte keinen Augenblick, dass der Prophetsaw die Wahrheit sprach, außerdem kannte er ihn als geistig gesund und aufrichtig.

Er begab sich zum Prophetensaw und fragte ihn um nach den besagten Ereignissen. Der Prophet, der nicht wollte, dass Abu Bakrra ihn missverstünde, begann mit umständlichen Erklärungen. Abu Bakrra jedoch unterbrach seine Rede und erklärte, alles was er wissen wolle, sei, ob ihm wirklich ein Engel erschienen und ihm eine Botschaft von Gott übergeben worden sei.

Der Prophetsaw begann wieder mit einer Erklärung, doch Abu Bakrra wollte auch diese nicht hören. Er wollte eine klare Antwort auf die Frage, ob er eine Botschaft von Gott erhalten habe. Der Prophetsaw bejahte dies und Abu Bakrra erklärte daraufhin sofort seinen Glauben in ihm. Nachdem er seinen Glauben bekannt hatte, sagte er, dass eine lange Erörterung sein Bekenntnis zu ihm entwertet hätte. Der Prophetsaw war ihm über lange Jahre vertraut. Er konnte nicht an ihm zweifeln und er wollte keine Erläuterungen, um von seiner Wahrhaftigkeit überzeugt zu werden.

 

Eine kleine Gruppe von Gläubigen

 

Diese kleine Gruppe von Gläubigen waren die ersten Bekenner des Islam: eine reife Frau, ein 11-jähriger Junge, ein befreiter Sklave unter Fremden, ein junger Freund und der Prophetsaw selbst. Dies war die Gruppe von Menschen, die den stillen Entschluss fasste, Gottes Licht über die ganze Welt zu verbreiten. Als die Bewohner Mekkas und ihre Anführer davon hörten, lachten sie und erklärten die Gruppe als verrückt. So war im Moment nichts zu befürchten und nichts besorgniserregend. Doch im Laufe der Jahre kam die Wahrheit zu Tage, die der Prophet Jesaiaas (in 28:13) lange vorrausgesagt hatte:

 

„Verordnung über Verordnung, Regel über Regel; Zeile über Zeile, Wort über Wort; hier ein wenig, dort ein wenig; fiel hernieder auf unseren Propheten.“

Gott begann zu Muhammadsaw mit einer „anderen Zunge“ zu reden. Die Jugend des Landes fing an, sich zu wundern. Die Wahrheitssuchenden begeisterten sich. Aus Verachtung und Verspottung entwickelte sich Billigung und Bewunderung. Sklaven, junge Männer und unglückliche Frauen begannen, sich um den Prophetensaw zu scharen. In seiner Botschaft und seinen Lehren war Hoffnung für die Entwürdigten, die Entmutigten und die Jungen.

Frauen erwarteten, dass die Zeit der Wiederherstellung ihrer Rechte gekommen sei. Sklaven dachten, dass der Tag ihrer Freiheit gekommen sei und junge Männer glaubten, die Wege zum Aufstieg seien jetzt weit offen für sie.

 

Die Gläubigen werden verfolgt

 

Als Spott sich in Billigung verwandelte und Gleichgültigkeit in Neigung, horchten die Führer von Mekka und ihre Beamten auf. Sie versammelten sich und berieten. Sie entschieden, dass Verspottung nicht die richtige Methode war, um mit dieser Bedrohung fertig zu werden. Ein wirkungsvolleres Gegenmittel musste angewandt werden. Diese neue Bewegung musste mit Gewalt unterdrückt werden. Es wurde beschlossen, Verfolgung und sozialen Boykott zu verordnen. Die Verordnung wurde schnell in die Praxis umgesetzt, und der Islam sah sich alsbald in einem schwerwiegenden Konflikt mit Mekka verwickelt.

Der Prophetsaw und seine kleine Schar wurden nicht länger als Verrückte angesehen, sondern als wachsende Macht, die, falls man ihrer Ausbreitung weiter tatenlos zusähe, bald eine Gefahr für Glauben, Ansehen, Gebräuche und Tradition in Mekka darstellen würde. Der Islam drohte, das alte Gefüge der mekkanischen Gesellschaft zu zerstören und an ihre Stelle eine neue Gesellschaftsform zu setzen, einen neuen Himmel und eine neue Erde zu schaffen, deren Erscheinen das Verschwinden des alten Himmels - Herz und Seele Arabiens - bedeuten würde.

Die Mekkaner konnten nicht länger über den Islam lachen, er war mittlerweile zu einer Frage von Leben und Tod geworden. Der Islam war eine Herausforderung und Mekka nahm die Herausforderung an, wie die Feinde der Propheten immer die Herausforderung ihrer Propheten angenommen hatten. Sie entschlossen sich, Beweisführung nicht mit Beweisführung zu begegnen, sondern das Schwert zu ziehen und der für sie gefährlichen Lehre mit Gewalt zu begegnen; weder dem guten Beispiel des Prophetensaw und seiner Gefolgsleute auf gleiche Art zu begegnen noch auf deren freundlichen Worte zu antworten, sondern die Unschuldigen zu misshandeln und diejenigen, die freundlich redeten, zu beschimpfen.

Wieder einmal begann in der Welt ein Kampf zwischen Glauben und Unglauben; die Mächte Satans erklärten den Engeln den Krieg. Die Gläubigen, nur eine handvoll, hatten keine Macht, die sie den Angriffen und der Gewalttätigkeit der Ungläubigen entgegenstellen konnten. Ein unendlich grausamer Feldzug begann. Frauen wurden schamlos abgeschlachtet. Männer wurden niedergemetzelt. Die Sklaven, die Ihren Glauben an den Prophetensaw erklärt hatten, wurden über heißen Sand und Steine geschleift. Ihre Haut wurde hart wie die der Tiere.

Viele Jahre später, nachdem der Islam nah und fern sicher fundiert war, entblößte einer dieser frühen Anhänger, Hadhrat Khabbab Bin Al-Aratra, seinen Körper. Seine Freunde, die sahen, dass seine Haut hart wie eine Tierhaut war, fragten, woher das komme. Hadhrat Khabbabra lachte und sagte: „Das bedeutet weiter nichts, nur eine kleine Erinnerung an die frühen Tage des Islam, als die Sklaven, die zu ihm bekannt hatten, über heißen Sand und Steine durch die Straßen Mekkas geschleift worden waren.“(Musnad, Vol.5, p.110)

 

Verfolgung der gläubigen Sklaven durch die Mekkaner

 

Die gläubigen Sklaven stammten von den verschiedensten Völkern. Bilalra war ein Afrikaner, Suhaibra ein Grieche. Sie hatten verschiedenen anderen Religionen angehört. Jabrra und Suhaibra waren Christen gewesen, Bilalra und Ammarra Götzenanbeter. Bilalra musste auf heißem Sand liegen und wurde mit Steinen beschwert und Jungen mussten auf seinem Brustkasten tanzen und sein Herr Umayya Bin Khalf, der ihn folterte, forderte ihn auf, Allah und dem Prophetensaw abzuschwören und stattdessen Loblieder auf Lat und Uzza, Götter der Mekkaner, zu singen. Bilalra sagte nur, - - „Ahad, Ahad“ („Gott ist Einer“).

Gereizt, übergab Umayya Bilalra an die Gassenjungen und fordete sie auf, einen Strick um seinen Hals zu legen und ihn über scharfe Steine durch die Straßen Mekkas zu ziehen. Bilalsra Körper begann zu bluten, doch er fuhr fort, zu verkünden: -

- „Ahad, Ahad“. Später, als Muslime sich in Medina niedergelassen hatten und in der Lage waren, relativ friedlich zu leben und ihrem Gottesdienst nachzugehen, erklärte der Heilige ProphetsawBilalra zum Muezzin (das ist derjenige, der die Gläubigen zum Gebet ruft). Da er Afrikaner war, sprach er - -

statt -

-, das heißt, er konnte das „sch“ in „Aschado“(„ich bezeuge“) nicht aussprechen, sondern sprach es „ashado“ aus. Die Medinenser lachten über seine fehlerhafte Aussprache, doch der Prophetsaw tadelte sie dafür und machte ihnen klar, wie nahe Bilalra durch seinen unerschütterlichen Glauben während der Folterung in Mekka zu Gott gekommen war.

Hadhrat Abu Bakrra hatte Lösegeld für Hadhrat Bilalra und viele andere Sklaven bezahlt und dadurch ihre Freilassung bewirkt. Unter ihnen war auch Suhaibra, ein wohlhabender Kaufmann, den die Quraish selbst nach seiner Freilassung noch durchprügelten. Als der ProphetsawMekka verließ, um sich in Medina niederzulassen, wollte Suhaibra mit ihm gehen. Doch die Mekkaner hielten ihn davon ab. Er könne sein Vermögen, das er in Mekka erworben hatte, nicht mitnehmen. Suhaibra bot ihnen an, all seinen Besitz und Verdienst an sie auszuhändigen und fragte, ob sie ihn dann ziehen lassen würden. Die Mekkaner stimmten diesem Vorschlag zu. Suhaibra kam also in Medina mit leeren Händen an und ging zum Prophetensaw; der hörte ihm zu und gratulierte ihm mit den Worten: „Dies war das beste Geschäft, das Du in Deinem Leben gemacht hast.“

Die meisten der übergetretenen Sklaven blieben standhaft im inneren wie auch im äußeren Bekenntnis. Doch einige zeigten Schwäche.

Einmal fand der Heilige Prophetsaw Ammarra vor Schmerzen stöhnend seine Tränen trocknend. Vom Prophetensaw angesprochen, bekannte Ammarra, dass er geschlagen und gezwungen worden war, zu widerrufen. Der Prophetsaw fragte ihn „doch im Herzen warst Du gläubig?“ Ammar bejahte das und der Prophet sagte, dass Gott ihm seine Schwäche verzeihen würde.

Ammarsra Vater, Yasirra, und seine Mutter, Samiyyara, wurden auch von den Ungläubigen gefoltert. Bei einer solchen Gelegenheit kam der Prophetsaw zufällig vorbei. Voll Mitgefühl sagte er:

 

 

 

„Oh Familie des Yasir, ertrage es in Geduld, denn Gott hat für Euch ein Paradies bereitet.“

 

Diese prophetischen Worte waren bald erfüllt. Yasirra erlag den Folterungen und kurz danach wurde seine betagte Frau, Samiyyara, von Abu Jahl mit einem Speer ermordet.

Zimbirara, eine Sklavin, verlor ihr Augenlicht unter der grausamen Behandlung durch die Ungläubigen. Abu Fukaihra, Safwan Bin Umayyas Sklave, wurde auf heißen Sand gelegt und seine Brust mit heißen Steinen beschwert; durch die verursachten Schmerzen hing seine Zunge heraus.

Andere Sklaven wurden auf ähnliche Weise misshandelt. Diese Grausamkeiten waren mehr als Menschen ertragen können. Doch die frühen Gläubigen ertrugen sie, weil ihre Herzen durch die täglichen Versicherungen von Gott stark gemacht worden waren.

Zwar wurde der Qur-ân dem Prophetensaw persönlich offenbart, doch die versichernde Stimme Gottes wurde von allen vernommen. Wäre das nicht so gewesen, die Gläubigen hätten die Grausamkeiten, denen sie ausgesetzt waren, nicht ertragen können. Von allen Freunden und Verwandten verlassen, hatten sie oft nur Gott mit sich und es war ihnen egal, wer sonst noch zu ihnen stand. Um Seinetwegen erschienen die Grausamkeiten gering, die Beschimpfungen wurden geheiligt und Steine wurden zu Samt.

 

Die Verfolgung der freien Gläubigen

 

Die freien Bürger, die sich zum Islam bekannten, wurden nicht weniger grausam behandelt. Ihre Ältesten und Oberhäupter quälten sie auf alle mögliche Art und Weise.

Hadhrat Usmanra z. B. war ein Mann von vierzig Jahren und wohlhabend. Doch als die Quraish sich zu allgemeiner Verfolgung der Muslime entschlossen, fesselte ihn sein Onkel Hakam und schlug auf ihn ein. Hadhrat Zubair Bin Al-Awwamra, ein tapferer junger Mann, der später ein großer muslimischer General wurde, wurde von seinem Onkel in eine Matte eingewickelt und von unterwärts angeheizt und mit Ersticken bedroht. Doch er war nicht zum Widerrufen bereit. Er hatte die Wahrheit gefunden und ließ nicht wieder von ihr ab.

Hadhrat Abu Dharrra, vom Stamme der Ghaffar, hatte von dem Prophetensaw gehört und begab sich nach Mekka, um Näheres zu erfahren. Die Mekkaner rieten ihm ab, und bemerkten, dass sie Muhammadsaw gut kannten und dass seine Bewegung nur eine eigennützige Einrichtung sei.

Hadhrat Abu Dharrra war unbeeindruckt; so machte er sich zum Prophetensaw auf und hörte die Botschaft des Islam aus seinem Munde und wurde überzeugt. Hadhrat Abu Dharrra fragte, ob er seinen neuen Glauben vor seinem Stamm verheimlichen könne. Der Prophetsaw sagte, für ein paar Tage könnte er das tun. Doch als er durch die Straßen Mekkas ging, hörte er eine Gruppe von mekkanischen Führern den Heiligen Prophetensaw beschimpfen und in gemeiner Weise angreifen. Er konnte nicht länger seinen neuen Glauben verheimlichen und erklärte sofort:

 

 

 

„Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt, und dass Muhammad sein Diener und Prophet ist.“

 

Dieser Ausruf, in der Versammlung von Ungläubigen geäußert, erschien ihnen eine Unverschämtheit. Sie erhoben sich wütend und schlugen auf ihn ein, bis er bewußtlos liegen blieb.

Des Prophetensaw Onkel, Abbasra, noch nicht zum neuen Glauben übergetreten, kam gerade vorbei und begann, Einspruch für das Opfer zu erheben: „Eure Verpflegungskarawanen kommen durch das Gebiet von Abu Dharrs Stamm“, sagte er, „und verärgert über diese Behandlung können seine Leute Euch zum Aushungern bringen“. Am nächsten Tag ging Abu Dharrra nicht auf die Straße. Doch am Tag darauf traf er wieder auf die gleiche Gesellschaft und fand sie wieder den Heiligen Prophetensaw verunglimpfend. Er ging zur Kaaba, doch die Menschen dort machten es nicht anders. Er konnte sich nicht zurückhalten, erhob sich und gab ein lautes Bekenntnis seines Glaubens ab. Und wieder wurde er übel zugerichtet. Das gleiche geschah noch ein drittes Mal, bevor er zu seinem Stamm zurückkehrte.

 

Die Verfolgung des Heiligen Prophetensaw

 

Der Heilige Prophetsaw selbst war nicht von den Grausamkeiten, die den Gläubigen zugedacht waren, ausgenommen. Einmal überfielen sie ihn während er betete, eine Gruppe Ungläubiger schlang einen Mantel um seinen Hals und schleifte ihn, bis seine Augen hervortraten. Hadhrat Abu Bakrra kam zufällig vorbei; er rettete ihn und sagte: „Wollt ihr ihn töten, weil er verkündet, „Gott ist mein Meister?“

Zu anderer Gelegenheit, als er während des Gebetes niedergebeugt war, legten sie die Eingeweide eines Kamels auf seinen Rücken. Er konnte sich nicht erheben, bevor nicht dieses Gewicht von seinem Rücken entfernt worden war. Während einer anderen Gelegenheit ging er eine Straße entlang, als eine Gruppe von Gassenjungen sich ihm aufdrängte. Sie schlugen auf seinen Nacken ein und riefen den Leuten zu, dass er sich einen Prophetensaw nenne. So sah der Hass und die Feindschaft gegen ihn aus und so die Hilflosigkeit.

Des Prophetensaw Haus wurde von benachbarten Häusern aus mit Steinen beworfen. Küchenabfälle und Abfälle von geschlachteten Tieren wurden in seine Küche geworfen. Oftmals wurde er mit Staub beworfen, wenn er Gebete leitete, so dass er gezwungen war, sich an einen gesicherten Ort für die öffentlichen Gebete zurückzuziehen.

Diese Grausamkeiten gegen eine schwache und unschuldige Gruppe und ihren redlichen und wohlmeinenden doch hilflosen Führer waren jedoch nicht ohne Konsequenzen. Achtbare Bürger sahen all dies und wurden vom Islam beeindruckt. Der Prophetsaw hatte sich einmal am Safa, einem Hügel in der Nähe der Kaaba, niedergelassen. Das Oberhaupt der Mekkaner, Abu Jahl, des Prophetensaw Erzfeind, kam vorbei und überschüttete ihn mit gemeinen Beschimpfungen. Der Prophetsaw entgegnete nichts und begab sich nach Hause. Eine der Sklavinnen seiner Verwandschaft war Zeuge dieser peinlichen Szene.

Hamzara, der Onkel des Prophetensaw, ein tapferer und von allen Mitbürgern geachteter Mann, kam von einer Jagd heim und betrat sein Haus voll Stolz, seinen Bogen über seine Schulter gehängt. Die Sklavin noch in Erinnerung an die morgendliche Szene, regte sich auf, in welcher Weise er sich aufführe. Sie sprach ihn an, er bilde sich ein, tapfer zu sein und ginge bewaffnet herum, während er nicht einmal wisse, wie Abu Jahl seinem unschuldigen Neffen am Morgen zugesetzt habe. Hamza ließ sich den Vorfall berichten. Obwohl er nicht zu den Gläubigen zählte, so besaß er doch einen edlen Charakter. Er war zwar von der Botschaft des Prophetensaw beeindruckt, doch nicht in dem Maße, dass er sich ihm öffentlich anzuschließen bereit war. Als er jedoch von diesem Angriff Abu Jahls hörte, kannte er kein Zögern.

Es wurde ihm bewußt, dass er sich bisher der neuen Botschaft gegenüber zu gleichgültig verhalten hatte. Er machte sich sofort zur Kaaba auf, wo die Oberhäupter Mekkas sich gewöhnlich trafen und berieten. Er nahm seinen Bogen und schlug damit auf Abu Jahl ein: „Rechne mich von heute an zu den Anhängern Muhammads“, rief er. „Du hast ihn heute Morgen mit Schimpf überschüttet, weil Du weißt, dass er Dir nicht antworten wird. Wenn Du Dich tapfer nennst, komm her und kämpfe mit mir.“

Abu Jahl war sprachlos. Seine Freunde wollten ihm zu Hilfe kommen, doch aus Furcht vor Hamzara und seinem Stamm, hielt Abu Jahl sie zurück. Ein offener Kampf wäre ihn teuer zu stehen gekommen. Er hätte sich am Morgen wirklich schlecht benommen, sagte er. (Sirat Ibn Hisham und Tabari)

 

Die Botschaft des Islam

 

Die Opposition steigerte sich noch. Doch zur gleichen Zeit scheuten der Prophetsaw und seine Anhänger keine Mühe, den Mekkanern die Botschaft des Islam verständlich zu machen. Sie hatten eine vielseitige Botschaft, von weitreichender Bedeutung nicht nur für die Araber, sondern für die ganze Welt. Es war eine Botschaft Gottes.

Sie besagt: Der Schöpfer der Welt ist einzig. Außer Ihm ist nichts und niemand anbetungswürdig. Die Propheten haben Ihn immer als einzig angesehen und dies ihre Anhängern so gelehrt. Die Mekkaner sollten alle Götzenbilder aufgeben. Sahen sie nicht, dass diese Götzen nicht einmal in der Lage waren, die Fliegen zu vertreiben, die sich an ihren Opfergaben gütlich taten? Wenn sie angegriffen wurden, konnten sie nicht zurückschlagen. Wenn sie befragt wurden, konnten sie nicht antworten. Wenn sie um Hilfe gebeten wurden, was konnten sie tun?

Doch der alleinige Gott konnte denen helfen, die Ihn um Hilfe baten, Er antwortete denen, die Ihn im Gebet anriefen, unterwarf Seine Feinde und erhob diejenigen, die sich vor Ihm demütigten. Wenn Erleuchtung von Ihm kam, erfüllte sie Seine Ergebenen. Warum wiesen die Mekkaner Ihn zurück und wendeten sich an leblose Götzenbilder und lebten ein nutzloses Leben? Sahen sie nicht, dass ihr Mangel an Glauben in den einen wahren Gott sie abergläubisch und untauglich gemacht hatte? Sie hatten keine Ahnung, was rein und was unrein war, noch was richtig oder falsch. Sie ehrten ihre Mütter nicht. Sie behandelten ihre Schwestern und Töchter barbarisch und verweigerten ihnen, was ihnen zustand. Sie behandelten ihre Frauen schlecht. Sie quälten die Witwen, nutzten die Waisen, Armen und Schwachen aus und gedachten ihren Wohlstand auf dem Ruin anderer aufzubauen. Sie schämten sich ihrer Lügen und Betrügereien nicht, noch ihrer Einbrüche und Plündereien. Spielen und Trinken war ihr Vergnügen. Für Kultur und nationalen Fortschritt hatten sie nichts übrig. Wie lange noch wollten sie den einen wahren Gott ignorieren und darin fortfahren, Verlierer und die wirklich Leidtragenden zu sein? Wäre es nicht besser, sich zu reformieren? Wäre es nicht besser, alle Formen von gegenseitiger Ausbeutung aufzugeben, die Rechte denen zukommen zu lassen, denen sie gebühren; Reichtum an nationale Bedürfnisse zu verwenden und an Hilfe für die Armen und Schwachen; die Waisen als Verpflichtung anzusehen und ihren Schutz als Aufgabe; den Witwen beizustehen und gute Taten in der Gemeinschaft zu vollbringen und anzuregen; und nicht nur Recht und Billigkeit, sondern Mitgefühl und Verzeihung auszuüben?

„Leben in dieser Welt soll zu Gutem führen. Hinterlasse gute Werke“, sagte diese Botschaft weiterhin, „auf dass sie wachsen und Früchte tragen, wenn du nicht mehr da bist. Es ist tugendhaft, anderen zu geben, anstatt zu empfangen. Lerne, dich zu ergeben, damit du Gott näher kommst. Übe Selbstverleugnung zugunsten deiner Mitmenschen, damit dein Ansehen Gott gegenüber steigt. Es ist wahr, die Muslime sind schwach, doch nutze ihre Schwäche nicht aus, die Wahrheit wird eines Tages frohlocken. Dies ist eine Entscheidung des Himmels. Durch den Prophetensaw wird neues Maß und Prüfstein für gut und böse, für richtig und falsch in der Welt aufgestellt werden. Gerechtigkeit und Gnade werden herrschen. Kein Zwang noch Einmischung werden in Glaubenssachen geduldet werden. Die Grausamkeiten, denen Frauen und Sklaven ausgesetzt waren, werden abgeschafft werden. Das Königreich Gottes wird an die Stelle von Satans Reich treten.“

 

Die an Abu Talib gerichtete Beschwerde der ungläubigen Mekkaner und die Standhaftigkeit des Heiligen Prophetensaw

 

Als die Botschaft des Islam sich unter den Bürgern ausbreitete und die Wohlgesinnten und Nachdenklichen unter ihnen von ihr beeindruckt waren, zogen die Ältesten von Mekka Bilanz über das, was vor sich ging. Sie stellten eine Delegation zusammen, die sich zu des Prophetensaw Onkel, Abu Talib, begab. Sie sprachen zu ihm folgendermaßen:

 

„Du bist einer unserer führenden Männer und Deinetwegen haben wir bislang Muhammad, deinen Neffen, verschont. Die Zeit ist jedoch gekommen, dass wir dieser nationalen Krise und diesem Widerstreit in unserer Mitte, Einhalt gebieten müssen. Entweder bringen Sie es ihm bei oder fragen ihn, was er von uns verlangt. Wenn er es begehrt, Ehre zu erlangen, dann sind wir bereit, ihn zu unserem Oberhaupt zu machen. Wenn er Reichtum begehrt, dann wird jeder von uns ein Teil seines Vermögens ihm überreichen. Wenn er es verlangt zu heiraten, dann soll er den Namen der ihm am liebsten erscheinenden Frau Mekkas nennen, wir werden sie ihm zur Braut geben. Im Gegenzug dazu, verlangen wir von ihm nichts und werden ihn auch vor nichts zurückhalten. Wir verlangen von ihm nur, dass er aufhört, gegen unsere Idole zu agitieren. Lass ihn sagen, ‚Gott ist Einzig‘, doch lass ihn davon absehen, etwas gegen unsere Götzen zu sagen. Wenn er zustimmt, dann ist damit unser Kampf und Widerstreit mit ihm beendet. Wir raten Dir dringend, ihn zu überreden. Doch wenn Dir das nicht gelingen sollte, dann gibt es nur zwei Auswege. Entweder Du distanzierst Dich von ihm oder wir werden zu Deinen Feinden!“ (Sirat Ibn Hisham)

 

Abu Talib stand vor einer harten Entscheidung. Es war hart, seinen Neffen fallen zu lassen. Ebenso hart war es, mit seinen eignen Leuten zu brechen. Für Araber spielte Geld keine Rolle. Ihr Ansehen lag in ihren Führungsfähigkeiten. Sie lebten für ihr Volk und ihr Volk lebte für sie. Abu Talibra war außer Fassung geraten.

Er ließ seinen Neffen zu sich kommen und erklärte ihm die Forderungen der Ältesten von Mekka.

„Wenn Du nicht zustimmst“, sagte er mit tränenerstickter Stimme, „dann muss ich entweder Dich fallen lassen oder meine Leute werden mich ausstoßen“.

Der Prophetsaw war voll Mitgefühl für seinen Onkel. Mit Tränen in den Augen erklärte er:

 

„Ich bitte Dich, nicht Deine Leute aufzugeben. Ich bitte Dich, mich allein zu lassen. Gib mich auf und bleibe bei Deinen Leuten. Doch der eine und einzige Gott ist mein Zeuge, dass ich bekenne: Selbst wenn sie mir die Sonne in die rechte und den Mond in die linke Hand legen, ich werde nicht aufhören, die Wahrheit über den Einen Gott zu verkünden. Ich werde so fortfahren, bis ich sterbe. Du kannst Deinen Weg wählen, wie es Dir gefällt.“ (Sirat Ibn Hisham und Zurqani)

 

Diese Antwort, fest, geradeheraus und aufrichtig, öffnete Abu Talib die Augen. Er fiel in tiefes Nachdenken. Obwohl er nicht den Mut aufbrachte, sich als Gläubigen zu bekennen, so schätzte er sich doch glücklich, so lange gelebt zu haben, um diese Manifestation von Glauben und Pflichtbewusstsein gesehen zu haben.

An den Prophetensaw gewendet, sagte er:

 

„Neffe, gehe Deinen Weg. Tue, was Du für Deine Pflicht hältst. Lass mein Volk mich aufgeben. Ich halte zu Dir!“ (Sirat Ibn Hisham)

 

Auswanderung nach Abessinien

 

Als die Tyrannei ihren Gipfel erreicht hatte, versammelte der Prophetsaw seine Anhänger um sich. Nach Westen zeigend, berichtete er ihnen von einem Land über dem Meer, in dem Menschen nicht ihres Glaubens wegen ermordet wurden, wo sie ungehindert ihrem Gottesdienst nachgehen konnten und wo ein gerechter König herrschte. Wenn sie dorthin gingen, so brächte ihnen das möglicherweise Erleichterung. Eine Gruppe von muslimischen Männern, Frauen und Kindern machte sich auf seinen Vorschlag hin nach Abessinien auf. Den Wenigen, die auswanderten, zerriss es das Herz. Die Araber hielten sich für die Beschützer der Kaaba und so empfanden auch sie. Mekka zu verlassen, bedeutete für sie einen sehr großen Schmerz und kein Araber würde auch nur daran denken, es sei denn, das Leben in Mekka wäre absolut unerträglich geworden.

Die Mekkaner waren natürlich nicht bereit, eine Auswanderung zu dulden. Sie würden ihre Opfer nicht entschlüpfen lassen, damit sie woanders ungehindert leben könnten.

Die Gruppe musste deshalb ihre Vorbereitungen für die Reise geheim halten und sich auf den Weg machen, ohne sich auch nur von ihren Freunden und Verwandten verabschieden zu können.

Ihr Aufbruch jedoch wurde von einigen entdeckt und verfehlte nicht seinen Eindruck.

Hadhrat Umarra, später der zweite Kalif des Islam, war noch ein Ungläubiger, ein bitterer Feind und Verfolger der Muslime. Durch Zufall traf er auf einige Mitglieder dieser Gruppe. Eines von ihnen war eine Frau, mit Namen Umm Abdullahra. Als Umarra sah, dass ihr Haushaltsgut gepackt und auf Tiere verladen wurde, war ihm sofort klar, dass hier eine Gruppe war, die Mekka verlassen wollte, um woanders Zuflucht zu suchen. „Ihr geht?“ fragte er. „Ja, Gott ist unser Zeuge“, antwortete Umm Abdullahra. „Wir gehen in ein anderes Land, denn ihr behandelt uns hier zu grausam. Wir werden nicht wiederkommen, es sei denn, Gott sollte es gefallen, es leicht für uns zu machen.“ Hadhrat Umarra war beeindruckt und sagte: „Gott sei mit euch.“ Und seine Stimme war bewegt. Diese Szene hatte ihn erschüttert. Als die Mekkaner von dem Aufbruch erfuhren, sandten sie Verfolger hinter ihnen her. Sie erreichten die See, mussten aber feststellen, dass die Flüchtlinge schon segelten. Da sie nicht in der Lage waren, sie einzuholen, entschieden sie, eine Delegation nach Abessinien zu senden, um den König gegen die Einwanderer aufzustacheln und ihn zu überreden, sie den Mekkanern auszuliefern.

Einer der Delegierten war Amr Bin Al-Asra, der später zum Islam übertrat und Ägypten eroberte. Die Delegation reiste also nach Abessinien, traf den König und intrigierte mit dessen Höflingen.

Doch der König erwies sich als unbeirrbar und Allah stärkte sein Herz, so dass trotz der Beschwörung durch die Mekkaner und seiner eigenen Hofleute, er sich weigerte, die Flüchtlinge den Ungläubigen auszuliefern.

Die Delegation kehrte enttäuscht zurück; doch wieder in Mekka hatten sie sich bald einen neuen Plan ausgedacht, um die Muslime in Abessinien zur Rückkehr zu bewegen. Unter den Karawanen, die nach Abessinien gingen, verbreiteten sie das Gerücht, dass ganz Mekka sich zum Islam bekannt hätte.

Als das Gerücht Abessinien erreichte, machten sich viele der muslimischen Flüchtlinge voller Freude auf den Heimweg, um bei ihrer Ankunft nun feststellen zu müssen, dass die Neuigkeit, die sie erreicht hatte, eine Intrige war. Einige Muslime gingen nach Abessinien zurück, doch andere entschlossen sich zu Bleiben. Unter letzteren war Usman Bin Maz’unra, der Sohn eines führenden Mannes in Mekka. Usmanra erhielt Schutz von einem Freund seines Vaters, Walid Bin Mughira, und blieb unbehelligt.

Doch er musste feststellen, dass andere Muslime unter grausamer Verfolgung weiterhin leiden mussten. Das konnte er nicht ertragen. So ging er zu Walid und entsagte seinen Schutz. Er hatte das Gefühl, dass er solchen Schutz nicht genießen solle, während andere Muslime Verfolgung leiden mussten. Walid tat dies den Mekkanern kund.

Eines Tages saß Labid, lorbeergekrönter Dichter Arabiens, unter den Ältesten von Mekka und rezitierte seine Verse. Er rezitierte eine Zeile:

 

 

 

Sie bedeutete, dass alle Gnade einmal ein Ende haben werde.

Usmanra wagte, ihm zu widersprechen und sagte:

 

„Die Gnaden des Paradieses werden ewig sein.“

 

Labid, solche Einsprüche nicht gewohnt, geriet aus der Fassung und sagte: „Quraish, Eure Gäste wurden früher nicht in dieser Weise beleidigt. Seit wann ist dies Sitte bei Euch?“ Um Labid zu beruhigen, erhob sich ein Mann aus der Versammlung und sagte: „Fahrt fort und kümmert Euch nicht um diesen Narren“. Usmanra bestand darauf, dass er nichts Närrisches gesagt hätte. Dies reizte den