Neuglobsow am Stechlin - Klaus-Dieter Behnke - E-Book

Neuglobsow am Stechlin E-Book

Klaus-Dieter Behnke

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Beschreibung

,,Wir lassen nunmehr unseren dritten Zeitzeugen zu Wort kommen: Klaus-Dieter Behnke, Arzt und bis vor wenigen Jahren Chefchirurg an der Klinik des Kreisverbandes des Roten Kreuzes in Gransee. Er lebt in Neuglobsow am Stechlin-See – seine Heimat und seine ,,biographischen Wurzeln" von Kindheit an.,,Biologisch, kalendarisch und professionell den Zenit übreschritten, ist es - (meint er) - Zeit, persönlich partiell ein wenig Zwischenbilanz zu ziehen", und das hat er mit seinem Heimatbuch ,,Neuglobsow am Stechlin. Geschichte und Geschichten", Selbstverlag 2006 getan. Ein im Genre dieser Literaturgattung besonderes Werk, das auf den großen Perioden preußisch-deutscher Geschichte seit dem Herrschaftsbeginn ,,Friedrich des Großen" beruht, aber kaum die maßgebenden Persönlichkeiten der jeweiligen Periode, sondern Bauern, Gesinde, Tagelöhner, Arbeiter, Lehrer, Pastoren u. a. zu Wort kommen läßt. Somit hat K.-D. Behnke den Weg einer relativ neuen Art heimatbezogener Geschichtswissenschaft beschritten, der auf einer interdisziplinären Sicht des historischen Geschehens basiert, d. h. konkreter, er vertritt einen historisch-soziopsychologisch-ethnologischen Standpunkt hinsichtlich aller Perioden..." Wolfgang Stegemann/Wolfgang Jacobeit (Hrsg.), Fürstenberg/Havel Ravensbrück. Auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. Hentrich &Hentrich Verlag Berlin, 2011

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Seitenzahl: 340

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Für meine Enkel Paul und Magdalena

Inhaltsverzeichnis

Wegzehrung

Erster Teil: Von 1754 bis 1900 – Aus grauer Vorzeit

Aller Anfang ist schwer!

Da kamen Wanderer des Wegs!

Zweiter Teil: Von 1900 bis 1933 - The Golden Twenties

Von Krieg, Arbeitslosigkeit, Inflation

. . .

Die großen und kleinen Sorgen und Freuden

Dritter Teil: Von 1933 bis 1945 - Statt 1000 gerade 12

Touristen entdecken Neuglobsow

Ich führe Euch herrlichen Zeiten entgegen!

Dunkle Kapitel! - Der Anfang vom bitteren Ende

Für's Vaterland! - Bis auf die Knochen

Von Bomben, Heimatfront, Flüchtlingen, Zusammenbruch

Jenseits des Schweigens

Von Dagow bis Breslau - 1945 hin und 1946 zurück

Vierter Teil: Von 1945 bis 1989 – Neuanfang

Bau auf, bau auf!

Die Partei hat immer Recht!

. . .

versteckt in den Wäldern

Geburtstagsgeflüster

Anekdoten

Small Talk am Stechlin

Die Revoluzzer vom Stechlinsee

Fünfter Teil: Von 1989 bis . . . – Prinzip Hoffnung!

Und wieder beginnt ein deutsch-deutsches Kapitel von vorn

Lingua Quintii Imperii

Sechster Teil: My home is my castle

Auch Häuser haben ihre Biografie!

Siebter Teil: Fontane – Dichtung und Wirklichkeit

Fontane – Dichtung und Wirklichkeit

„Metas Ruh“

Die Sage „Der Rote Hahn im Großen Stechlin“

Halali

Zeittafel

Literatur

Andere Veröffentlichungen

Quellen

Das Beste aber, dem Du begegnen wirst, werden die Menschen sein, vorausgesetzt, daß du dich darauf verstehst, das rechte Wort für den ´gemeinen Mann´ zu finden. Verschmähe nicht den Strohsack neben dem Kutscher, laß dir erzählen von ihm, von seinem Haus und Hof, von seiner Stadt oder seinem Dorf, von seiner Soldaten- oder seiner Wanderzeit, und sein Geplauder wird dich mit dem Zauber des Natürlichen und Lebendigen umspinnen. Du wirst, wenn du heimkehrst, nichts Auswendiggelerntes gehört haben wie auf den großen Touren, wo alles seine Taxe hat; der Mensch selber aber wird sich vor dir erschlossen haben. Und das bleibt doch immer das Beste.

Theodor Fontane (1817 - 1898)

Wegzehrung

„Das Beste aber, dem du begegnen wirst“, so also Fontane in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ 1864, „das werden die Menschen sein!“ - Womit wir beim Thema wären. Die Mark, die „Menzer Forst“, Neuglobsow ist meine Heimat. Hier sind meine biographischen Wurzeln, hier habe ich meine Kind-, Schul- und Jugendzeit verbracht. Und hier kam ich auch später beruflich nicht von los. Biologisch, kalendarisch und professionell den Zenit überschritten, ist es also Zeit, persönlich ein wenig Zwischenbilanz zu ziehen.

„Die“ Menzer Forst, 80 Kilometer nördlich Berlins gelegen, erstreckt sich westlichöstlich zwischen Rheinsberg/Mark und Fürstenberg/Havel; im Norden von der Grenze nach Mecklenburg-Vorpommern bis zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen um Zernikow und Großwoltersdorf im Süden. Eingebettet sind der sagenumwobene Große Stechlinsee, die Dörfer Neu- und Altglobsow, Burow und Menz als historisches Zentrum und Namensgeber.

Jüngst, erst seit dem 27. September 1998, haben sich die vormals selbständigen Dörfer Menz, Dollgow und Neuglobsow, nebst Ortsteilen, empfohlenermaßen zur „Gemeinde Stechlin“ vermählt. Ob letztendlich daraus eine Liebesheirat wird, hängt zukünftig ganz allein von den Partnern ab. Mit ihrer ortsgeschichtlichen Morgengabe können sich Menz und Dollgow untereinander messen. Neuglobsow ist dagegen als friederizianische Neugründung des 18. Jahrhunderts historisch nur ein Jüngling von fast 250 Jahren. Davon etwa 100 als Ort karger Glasproduktion und je 50 als beliebtes Erholungsdomizil des gehobenen Berliner Bürgertums und eines staatlich gelenkten Tourismus.

Unser von Menschen dünn besiedeltes wald- und seenreiche Grund- und Endmoränengebiet ist geologisch alt; jung als Kulturlandschaft, nimmt man andere zum Maßstab. Nach Völkerwanderung, Wendenkolonisation, fünfhundert Jahren Hohenzollernherrschaft und sechs „Reichen“ des letzten Jahrhunderts. Wie vieles in des „Heiligen Römischen Reiches Streusandbüchse“, die als „Land Brandenburg“ gerade erst wieder pubertiert mit einem bisher von Ornithologen noch unentdecktem „roten“ Adler im Wappen und einer genetisch fragwürdigen, „büchsenschützschen“ Hymne.

Aber!: Unser Mikrokosmos hat eine „Individualgeschichte“- die jedoch stets in das gesellschaftliche Gesamtgeschehen einbezogen war. Ihn daher auch von politischen „Umsturz“-Blessuren und Radierwut nicht ausgespart. Das hat „Land und Leute“ geprägt!

Je 50 Jahre Individual- und Massentourismus des 20.Jahrhunderts haben der Menzer Heide sichtbar weh getan! Seit 1938 unter Naturschutz gestellt, erduldete und kompensierte sie in der Vergangenheit Anfechtungen der Friedrich, Wilhelm, Adolf und Erich, und trotzt hoffentlich auch in Zukunft lüsternem Begehren jedweder Potentaten. Als eine Region, in der Preußen und das Kaiserreich, die Weimarer Republik und Hitler, DDR ex und BRD alt, und aktuell, das vereinte Deutschland Ost und West in historischen Schichten präsent sind und sich wi(e)derspiegeln!

Zweifellos hat der Dichter Theodor Fontane (1819-1898) durch seine Schilderung von Land und Leuten in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ und im „Stechlin“ - der ging sogar in die Weltliteratur ein! - die Menzer Forst bekannt gemacht, Neugier geweckt und auch seine Berufskollegen zu literarischen Exkursionen animiert: den Engländer Andrew Hamilton 1872 zum Abstecher von Rheinsberg aus. Hans Georg Meyer (1849-1913) zu Texten für seine sangesfreudigen Gymnasiasten vom „Grauen Kloster“ aus Berlin. Hans Fallada (1893-1947) zu lustigen Kindheitserinnerungen, Armin T. Wegner (1886-1978) und Lola Landau (1892-1990) zum Rückblick auf ihr Idyll im einsamen Walddorf Neuglobsow zwischen 1922-1933. In Menz ließ sich der Intendant des Berliner Metropol-Theaters, Heinz Hentschke, von Thalia küssen. Die letzte Gutsfrau von Zernikow, Clara von Arnim, erinnerte sich an ihren „Grünen Baum des Lebens“. Georg Lentz unternahm jüngst neue „Spaziergänge“. Hier lag für Hanns Krause (1916-1994) und Lori Ludwig (1924-1986) der Quell ihres Schaffens. Ebenso für Eva Strittmatter. Erwin Strittmatter (1912-1994) erlebte Reiterfreuden bei „Schweinebaldrian“ und fand hier den Handlungsort für „Ole Bienkopp“. Nicht zuletzt streifte Ralph Giordano 1998 auf seiner „Deutschlandreise“ die Gegend. Wir werden einigen auf unserer Spurensuche und Spurensicherung gelegentlich begegnen.

Zwanglos wurde bereits in früheren Beiträgen unsere in Eigenart und Schönheit unverwechselbare, schützens- und pflegenswerte Kultur(Natur-)landschaft vorgestellt: subjektiv, unprofessionell, unhistoriografisch, nicht als Wanderführer. Nur als Geschichte(n)-Sammlung! Nach hautnah Erlebtem, mündlich Erfahrenem und in publizierten Quellen Erlesenem. In der vagen Hoffnung, dadurch ein wenig beizutragen, erhaltenswürdiges historisches Erbe vor dem Vergessen zu bewahren und bei empfänglichen Gemütern vielleicht ein bißchen Neugier und Entdeckerfreude zu wecken, zumal in Neuglobsow keine Ortschronik vorhanden ist.

Vorsorglich, eine kleine Einstimmung auf die folgenden Beiträge. Die Geschichte in ihrer Gesamtheit und auch im Detail wird vom Einzelnen unterschiedlich, individuell, empfunden. Daher ist die „Geschichtsschreibung“, trotz aller Beteuerungen von Augenzeugen und Historikern, in ihren Betrachtungen unabhängig und objektiv zu sein, stets auch subjektiv! Auch Zeitzeugen und Historiker sind Produkte ihrer Umwelt; geistig wie emotional!

Über die großen historischen Fakten allgemein sind wir informiert. Was sich auf der „oberen“ Ebene, auf der Geschichte entschieden wird und abgespielt hat, ist ungefähr bekannt. Wie aber war es auf der „niederen“ Ebene, auf der Weltgeschichte erlitten wird? Wie sah es aus ihrer Perspektive,“unten“ , aus der Sicht des gewöhnlichen „Otto Normalverbraucher“ aus? Naturgemäß schrumpft von Jahr zu Jahr die Zahl derjenigen, die die Ereignisse der Vergangenheit noch aus eigener Anschauung, aus persönlicher Erfahrung kennen. Das Bild der alten Zeit wird zunehmend abstrakter, zuweilen idealisiert. Die Wahrheit aber ist immer konkret! Prägend für eine Region sind die Menschen, die vor Ort „Alltagsgeschichte(n)“ erlebten, erlitten, bewahrten, entwickelten und im Auftrag der Obrigkeit verwalteten . . . in der Regel „Namenlose“, die heute keiner mehr n(k)ennt! Ich hatte das Glück, viele Interessante persönlich kennenzulernen. Die meisten fanden bereits in Neuglobsow und Dagow ihre letzte Ruhe. Hier gibt es keinen „Prominenten“-Friedhof. Statt dessen aber zwei, die unabhängig von sozialer Herkunft, Konfession, Profession oder Todestag nebeneinander vereinen, den: Waldarbeiter, Förster, Fischer, Bauer, General, Flüchtling, Bürgermeister, Schriftsteller, Gastwirt, Professor . . . Und: unter jedem Grab(„denk“-)mal verbirgt sich ein Schicksal - eine menschliche Biografie!

Aufgrund gemeinsamer heimatkundlicher Interessen führten Jürgen Graetz und ich in den vergangenen vier Jahrzehnten zwanglose Gespräche mit meist schon betagten, lokalen „Zeugen des Jahrhunderts“, die, im gemeinsamen Einverständnis, auf Tonband aufgenommen wurden. Die Technik machte es bereits möglich. Gesunde Wißbegier - in menschlich anständigem Sinne! - rechtfertigt ungewöhnliche Methoden! Diese ortsgeschichtlichen Dokumente sind Gedächtnis-Protokolle, sozusagen Zeitgeschichte „mit Ton“. Unikate! Sie entbehren gelegentlich nicht einer gewissen Brisanz. Enthalten teilweise sehr Privates, was selbstverständlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist! Sie sind, oft nach Jahren erzwungenen oder selbstauferlegten Schweigens, ein Spiegel unserer ganz alltäglichen Wirklichkeit: schrecklicher und schöner Individualerlebnisse, menschlicher Profile, uns manchmal banal erscheinend, der kleinen und großen Sorgen und Freuden. Eine kleine Sozialgeschichte einer kleinen Dorfgemeinschaft! - Schmelztiegel Neuglobsow? - Oder, einfach: „Kinder von Neuglobsow“.

Der Autor ist sich seiner Verantwortung, des Persönlichkeitsschutzes der Gesprächsteilnehmer selbst und deren Nachkommen gegenüber, auch bei einer nur partiellen Veröffentlichung bewusst. Aus diesem Grund wurden zuweilen Klarnamen vermieden, Initialen gelegentlich geändert. Die Interviews sind ohne Autentitätsverlust oder Sinnentstellung erheblich gekürzt wiedergegeben. Lebensdaten wurden ergänzt. Die Autorisation und die Legitimation zur Veröffentlichung bezieht der Verfasser aus dem freiwilligen (!) Einverständnis aller Teilnehmer zur Gesprächsaufzeichnung. Er folgt damit auch, nicht zuletzt, einem Rat des Neuglobsowers Hanns Krause (1916-1994) von 1993, schon vom Tode gezeichnet: „Schreib' das alles irgendwann, irgendwo, irgendwie 'mal auf!“

Stechlin, Silvester 2000 K.-D. B.

Neuglobsow – Lied

Wir wandern manche Stunde

zum Fenchelberg hinauf.

Hell blinkt dann aus dem Grunde

der See zu uns hinauf.

Gesang und Lachen schallen

froh in den Tag hinein.

Des Waldes grüne Hallen,

sie laden jeden ein.

Am Ufer herrscht ein Treiben

voll Spiel und Fröhlichkeit.

Wer möchte da nicht bleiben

in seiner Urlaubszeit?

Stechlinsee, deine Weiten

umgibt ein Wälderkranz.

Wie herrlich ist's zu gleiten

durch Flut und Sonnenglanz.

Dann in dem Abendschweigen

sitzt träumend manches Paar.

Der Wind raunt in den Zweigen,

der See ruht spiegelklar.

Die Lagerfeuer glühen

vor manchem weißen Zelt.

Vergessen sind die Mühen

O Heimat, schöne Welt!

Refrain:

Neuglobsow, versteckt in den Wäldern,

am sagenumwobenen See,

ich rühme die Höhen und Wiesen,

den Strand und die Wolken wie Schnee.

Die Halbinsel sei auch gepriesen,

viel Buchten, vom Schilfe umnickt.

Neuglobsow, versteckt in den Wäldern,

dich liebt, wer dich einmal erblickt.

Text: Lori Ludwig (1954)/ Musik: Kurt Wolf

Erster Teil:

Von 1754 – 1900 – Aus grauer Vorzeit

Aller Anfang ist schwer!

Von mittelalterlicher Besiedlung zeugen Funde eines Hausgrundstücks südlich des Dagowsees und nördlich der Ortslage. Wiederholt wurden auf einem Ackerstück Fundamente, verkohlte Balkenreste und verrostete Eisenbeschläge gefunden. Das ursprüngliche Dorf erstreckte sich vom Kienberg, der Kownohöhe, ostwärts bis zum heutigen Friedhof.

* *

So begann's 'mal! - Ein Viehhändler, Johann Nicolaus Dahler, der bereits zuvor die verstreuten Wiesen und Äcker des Teerschwelers am Tradenluch gepachtet hatte, erhielt am

21.06.1754 durch König Friedrich II. einen Erbzinskontrakt über die Feldmark Dagow - er unterschrieb angeblich noch mit drei Kreuzen - mit 139 Morgen Land, Wiese und Wald. Dafür mußte er dem König in den ersten drei Jahren 4 Thaler, 16 Groschen, 6 Pfennige, später 28 Thaler, 2 Groschen jährlich an Erbzins zahlen. Die vertragsgemäß anzusiedelnden drei Kolonisten waren lebenslänglich frei vom Militärdienst und bekamen aus der Menzer Forst kostenlos Bauholz und Feuerung, „Bau-, Lese- und Raffholz“. Bereits 1754, im Jahr des Gutshausbaus, verkaufte Dahler sein Objekt für 1000 Reichsthaler. Der neue Besitzer überließ es nach Ablauf der 3 Freijahre 1757 seinem Schäfer Johann Fahrenholz. Der starb , 89-jährig, am 27.10.1775 in Luhme, wohnhaft „auf dem Enterprise Dagow unter dem Ruppinischen Kreise“.

Alle nutzten das Gut nur als Geschäftsobjekt und Zwischenstation für Viehhandel von Mecklenburg nach Brandenburg und ließen die Bestimmung zur Ansetzung von Kolonisten außer acht. Die Kammer hatte Mühe, für die beiden aus Mecklenburg und aus Schwedisch-Vorpommern stammenden Tagelöhner ihre vertraglich zugesicherten Büdnerstellen mit 2 Morgen Ackerland und einer Kuh nach Kolonistenrecht durchzusetzen.

1770 ging Dagow für 1500 Taler an den Besitzer des Rittergutes Zernikow über.

1816 erwarb es der Glashüttenbesitzer von Neuglobsow. Seitdem ist Dagow mit Neuglobsow verbunden. Mit der Ablösung des Erbzinses wurde es 1833 zu einem kleinen Rittergut, das später in den Zusammenbruch der Glashütte verwickelt wurde.

Verschiedene Grabdenkmäler für Mitglieder früherer Hüttenherrenfamilien finden wir auf dem kleinen Dagower Friedhof, eben dort auch das von Fontane beschriebene Grabgewölbe Meta's Ruh für Anna Meta Katharina Noack (gest. 1832).

Dahler errichtete das „Gutshaus“ auf dem Dagower Grundstück, jetzt Dorfstr. 8. Die 3 Büdner siedelten auf Dorfstellen im Umkreis (Dorfstr. 25, 22, 18).

Als einer der ersten Kolonisten erhielt Christian Saling (gest. 1802) durch die Verleihungsurkunde des Amtes Zechlin die Büdnerstelle Dagow Nr. 2 über 2 Morgen Land in Erbpacht, unter der Verpflichtung, an den jeweiligen Besitzer des Dominiums des Dorfes alljährlich zu Michaelis (29.09.) einen Erbpachtkanon von 4 Reichsthalern zu zahlen. Er baute seine Kate an der Dorfstraße, gegenüber dem vom vormaligen Besitzer Richard Fischer bewohnten „Haus am Traden“. Dessen Vater Wilhelm Friedrich August Fick hatte seinen Namen in Fischer geändert. Das Büdnerhaus wurde 1950 verkauft und später wegen Baufälligkeit abgerissen.

Familienakten, u.a. Erbrezesse, Kauf- und Überlassungskontrakte, Belege des gerichtlichen Grund- und Hypothekenbuches und Couratel-Sachen, oft mit 3 Kreuzen unterzeichnet, enthalten interessante Details. So die Namen der jeweiligen Herrschaft über Dagow: die Freiherrlich Labesschen Gerichte zu Zernikow (1809), die Gräflich Schlitzschen Patrimonialgerichte zu Zernikow, Burow, Kelkendorf, Schulzenhof (1814), die Litzmannschen Patrimonialgerichte über Dagow (1840) und die Königliche Kreisgerichts- und Commission Rheinsberg (1856).

Die erbärmliche ökonomische und persönliche Abhängigkeit der Büdner dokumentiert ein Kauf- und Übergabevertrag vom 20.02.1840: „Dem Annehmer Fick junior ist bekannt gemacht, daß er alljährlich zu Michaelis 4 Thaler Courant erbzinslicher Canon an die Gutsherrschaft von Dagow, jetzt Herr Glashüttenbesitzer Litzmann zu Neuglobsow, zu erlegen. Dies hatte er als ihm wohlbekannt anerkannt, und hierdurch zugleich mittels Handschlages an Eidesstatt angelobt: Seiner Königlichen Majestät von Preußen, unserem allergnädigsten Herrn unterthänig treu und gehorsam zu sein, seinen Vorgesetzten willige Folge zu leisten und seine Pflichten als Unterthan gewissenhaft zu erfüllen und zum Wohl des Staates und der Gemeinde zu Dagow nach allen Kräften mitzuwirken“.

Die Büdner besaßen die Berechtigung zum kostenlosen oder verbilligten Bezug von „Lese-, Raff- und Bauholz“. Ähnliche Gerechtsame gab es auch für die Hutung im Walde oder auf verpachteten Hutungsrevieren. Noch 1846 wurden etwa 150 Pferde, 1000 Rinder, 60 Schweine und 3800 Schafe zur Weide in die Menzer Heide getrieben.

Diese Vergünstigungen wurden in der 2.Hälfte des 19.Jhdts. schrittweise wegen Rückgangs der Laubholzbestände eingestellt, „abgelöst“. Ersichtlich aus einer Mitteilung an den Kgl. Oberförster Herrn Schoenian, Wohlgeboren, zu Menz, III J Nr. 1613/5: „In der beendigten Bauholz-Ablösungssache von Dagow erhalten Sie anliegend die Manual-Acten des fiscalischen Mandatars zur Aufbewahrung in der dortigen Registratur. Potsdam, den 21.-ten Mai 1867. Königliche Regierung, Abtheilung für direkte Steuern, Domainen und Forsten, gez. Unterschriften“

Dazu aus den Familienakten Fischer: „. . . das im Dorfe Dagow Nr. 2 belege Erbpachtbüdnergut und Zubehör . . .“ erhält „für die aufgegebene Hütungsgerechtigkeit das Entschädigungsstück Nr. 2 von 1 Morgen 76 Quadratruthen. . . . Die Hütungsentschädigung am Dagow-See ist für die aufgegebene Hütungsgerechtigkeit für 1 Kuh und 1 Schwein auf der sogenannten in der Königlichen Menzer Forst belegten Priesterwiese von den Litzmannschen Erben zu Neuglobsow als Erwerbern dieser Priesterwiese, von dem Gute Dagow zu dieser Colonistenstelle laut Recesses vom 16. Dezember 1845 eigentümlich abgetreten . . .“

Weiter liegt ein vollständiges Einwohner-Register Dagows vor, dessen Richtigkeit in Zernikow am 23.08.1812 vom Stellvertreter der Herrschaft, dem Prediger Müller zu Großwoltersdorf und dem Prediger Karsten zu Mentz, bescheinigt wurde: die Tagelöhner Christian Schenk, Joachim Siebert, Gottfried Günther, Abraham Lade, Joachim Fick, die Arme und Gebrechliche Sophie Schmidt, der Dienstjunge Christian Hamel, die Dienstmagd Friederike Otto, der Pächter Andreas Radlow.

* *

Am 01.09.1779 schloß Friedrich II. mit der verwitweten Johanna Luise Pirl, geb. Heinssen, einen Vertrag, wonach „Madame Pirle“ am Dagowsee 24 Morgen Land in Zeitpacht erhielt, die später in Erbpacht umgewandelt wurde, um hier, tiefer innerhalb der Menzer Forst, eine „grüne“ Glashütte zu errichten. Johanna Pirl nannte den Ort Neuglobsow, weil sie aus (Alt-) Globsow kam. Dort hatte sie bereits eine Glashütte betrieben.

Die „friederizianische“ Kolonie Neuglobsow bestand zunächst aus einem Unternehmerhaus, einer Glasremise, einem Stall für das Unternehmervieh und aus 24 Arbeiterwohnungen. Man produzierte grünes und weißes Glas, auch Glasballons für Schwefelsäure, u.a. für die Waisenhausapotheke der Frankeschen Stiftungen in Halle. 1810 starb „Madame Pirlle“ in Friedrichsthal bei Oranienburg. Ihre Grabstelle ist unbekannt.

Um 1790 bereits übertrug sie die Hüttenleitung ihrem Schwiegersohn Johann Michael Greiner (1751-1823), der ihre Tochter Johanna Friederike (1754-1830) geheiratet hatte. Der Fortbestand der Hütte basierte auf der Übertragung der Konzession von Grimnitz (Schorfheide) nach Neuglobsow (1792).

In weiblicher Erbfolge nun, nach Heirat von Tochter Wilhelmine Greiner, ging der Besitz auf den aus Ruppin stammenden Joachim Carl Theodosius Litzmann (1791-1843) über. Dessen Sohn Hermann (1817-1902) - der Vater des Generals Karl - führte ihn dann 1884 in den Konkurs.

* *

Johann Michael Greiner erwarb 1812 weitere 79,3 Morgen Land, die sich südlich an die ursprünglich 24 Morgen anschlossen, und 1816 vom Freiherrn von Labes, dem Besitzer des Rittergutes Zernikow, das Erbzinsgut Dagow. Auch die folgenden Glashüttenherren erweiterten den Besitz. Joachim Carl Litzmann erwarb 1829 von der Menzer Pfarre die sog. „Priesterwiesen“, dessen Sohn Hermann (1817-1902) vom Forstfiskus den großen Dagowsee. Die von der Menzer Forst eingeschlossenen Grundstücke, einschließlich das Vorwerk Neuroofen, die jetzige Oberförsterei (seit 1898), bildeten 1833 die „Gutsgemeinde Neuglobsow“.

* *

Karl Litzmann erinnert sich 1923: „Auch von den alten Zeiten, den Anfängen unseres Dorfes erzählte uns der Vater. Dabei spielte die Begründerin Neuglobsows, unsere Urahne, eine Hauptrolle. Sie war eine sehr resolute Frau und wußte sich in allen Lebenslagen zu helfen. Einst hatte der Abdecker von Rheinsberg, um sie zu ärgern, seinen 'Schinderkarren' ihr vor das Haus gefahren und war auf seinem Gaul davongeritten. Der schmutzige alte Karren blieb vor dem Haupteingang zurück: sein Besitzer wußte genau, daß sich im Dorfe kein Mensch finden würde, der sein als 'unehrlich' angesehenes Gerät zu berühren wagte. Es würde zum Verdruß der Gutsherrin vor ihrem Hause stehenbleiben, bis sie ihn anflehte, es abzuholen. Sie aber ließ trockenes Brennholz unter den Karren legen und warf selber den lodernden Kienspan hinzu. Der Schinderkarren verbrannte, ohne das jemand die Hand an ihn legte. Als der Abdecker wiederkam, fand er nur wenige übriggebliebene Eisenteile vor. Er klagte auf Schadensersatz. Aber das Gericht wies ihn ab, weil unsere Ahnfrau bei Beseitigung des Schandmals nach damaliger Auffassung in der Notwehr gehandelt hatte. . . . Und so kam schließlich das Jahr 1779 heran, das Geburtsjahr von Neuglobsow. Wir wollen versuchen uns auszumalen, wie es damals hier aussah. Wenn jemand von Fürstenberg in Mecklenburg auf der alten Landstraße - jetzt laufen die Telefondrähte an ihr entlang - über die preußische Grenze gekommen war, wo er seinen Paß vorzeigen und sich auf zollpflichtige Sachen untersuchen lassen mußte, dann erreichte er in einstündiger Wanderung die zur Menzer Pfarre gehörende 'Priesterwiese' und gleich dahinter das 'Erbzinsgut Dagow'. Nun hatte er zum Rechten Acker bis an die Meyersche Seeterrasse, eben das Erbzinsgut Dagow. Zur Linken aber stieß die königliche Menzer Forst überall bis an die Straße, über der Seeterrasse begann auch zur Rechten wieder Hochwald. Also wo diese Haltepost und unsere Kolonialwaren- und Drogenhandlung sich befinden, wo das Erdmannsche Haus, Haus Brandenburg, die Schule, Haus Tanger, das alte, jetzt Meyersche Haus 'Unter den Linden', der Dittmannsche Gasthof, die Post u.s.w. stehen, da erhoben sich damals mächtige Kiefern und Eichen und breitästige Buchen spendeten ihren Schatten.

Da schloß König Friedrich der Grosse - aus dem Sieger von Roßbach und Leuthen war längst 'der alte Fritz' geworden - am 01. September 1779 mit der verwitweten Frau Johanna Luise Pirl; geborenen Heinssen einen Vertrag, wonach 'Madame Pirrl' am großen Dagowsee 24 Morgen Land in Erbpacht nahm, um hier eine Glashütte anzulegen, wie sie eine solche schon früher in Altglobsow und danach in Oranienburg errichtet hatte. Die 24 Morgen wurden also von der Menzer Forst entnommen, abgeholzt und die Stubben gerodet. Sie umfaßten den Hirschberg und die jetzige Vorfläche, aber noch nicht Haus Stechlin, die 'Haubenlärche', das Truxasche oder das Reglingsche Haus. Die südliche Grenze lief vielmehr auf dem alten Kern mit Buchengebüsch hinter den Gärten von Lippert und Dittmann und dann gerade durch zur Tangerstraße. Haus Tanger, die Schule, Haus Brandenburg und das Erdmannsche Grundstück bis an den Weg, der vom Tanger zur Landstraße führt, gehörten zu diesen ersten 24 Morgen.

Auf ihnen wurde von meiner Ururgroßmutter - denn das war Madame Pirrl - Neuglobsow angelegt. Sie nannte es so, weil sie von Globsow am Globsow-See kam, das nun Altglobsow hieß, und der Weg, der ihre beiden Glashütten verband, erhielt den Namen 'Hüttengestell'. Die hiesige ursprüngliche Glashütte - später gab es noch eine zweite - erhob sich auf dem jetzt mit Buschwerk bestandenen Hügel neben dem 'Schloß Freiheit' genannten Gebäude - wie ein mächtiges Zelt, ganz aus Holz erbaut und schwarz geräuchert. Unter dem hohen Schindeldach lag in der Mitte der Schmelzofen aus feuerfestem Ton hergestellten 'Häfen', in denen die Glasmasse aus reinem Sand, Pottasche, Soda, Kalk, auch Braunstein und aus Glasbrocken bei ungeheurer Hitze zusammengeschmolzen wurde. Die Glasmacher entnahmen mit ihren 1 ½ m langen eisernen Röhren - 'Pfeifen' - das nötige Quantum Glas aus dem Hafen und verarbeiteten es zu Flaschen verschiedenster Art, die in seitlich gelegenen, sogen. 'Kühlöfen' allmählich erkalteten. In dem scherzweise 'Schloßfreiheit' genannten Haus wurden in späterer Zeit vom Ziegelmeister Lippert - dem Vater unseres Gemeindevorstehers - die großen Schmelzöfen gebacken. Auf dem dahinter gelegenen kreisrunden Erdhügel ging ein Pferd im Göpelwerk und setzte dadurch ein Stampfwerk in Betrieb, das sich in dem teilweise noch vorhandenen scheunenartigen Bauwerk befand. Hier wurden die Scherben über Tonsägen zu feinem Mehl zerstampft, um zur Herstellung neuer Häfen wiederverwendet zu werden. Von sonstigen zur ehemaligen Glashütte gehörenden Gebäuden bestehen heute noch das Glasmagazin, ursprünglich nur zur Aufstapelung von Flaschen bestimmt, jetzt - u.a. von den Familien Scherbarth und Woge - bewohnt, ferner das Kontorgebäude, dem Wohnhaus 'Unter den Linden' gegenüber, sowie eine Anzahl von Glasmacher-Wohnungen im Dorf, wenn diese Häuser auch ihr Aussehen sehr geändert haben.

Das von Madame Pirrl für den eigenen Bedarf erbaute Haus 'Unter den Linden' ist von fünf Generationen meiner Familie bewohnt gewesen, bis es in den achtziger Jahren in den Besitz des längst verstorbenen Herrn Meyer (Vater) überging. . . . ''

* *

Franzosen in „Globsow“! - Nach der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt

am 14.10.1806 kam es auch in unserer Region zu wiederholten Truppendurchzügen von Preußen, Schweden und Franzosen. Blücher hatte, verfolgt vom Corps des französischen Marschalls Bernadotte, am 28.10.1806 in Menz sein Hauptquartier aufgeschlagen. Während der französischen Besetzung waren Plünderung, Eintreibung von Kontribution und Fourage an der Tagesordnung.

Die Dagower flüchteten vor den anrückenden napoleonischen Truppen in die sog. „Franzosenschlucht“, südlich des Petschsees. Hier sollen sie von einem Franzosen, der auf einem Schimmel ritt, entdeckt worden sein. Der Weg, der in die Senke führt, heißt seitdem „Schimmelsteig“. Neuglobsow hatte französische Einquartierungen, u.a. Louis Floutrov, Sapeur, und Martin Martins, Offiziersbursche. Zwei uneheliche Kindsgeburten in den Glasmacherfamilien Vieweg und Rachow waren die Folge. Durch die Kriegsereignisse war die Produktion in der Glashütte eingeschränkt. Arbeiter dienten in Landwehr-Bataillonen.

* *

Ein „Schmugglernest“! - 1834 waren die meisten deutschen Staaten dem „Deutschen Zollverein“ beigetreten. Mecklenburg zögerte und schloß sich erst 1867 dem „Norddeutschen Bund“ an. Innerhalb der Länder, die dem Zollverein angehörten, wurde 1834 der Eingangs-, Durchgangs- und Ausgangszoll aufgehoben. Das brachte erhebliche Erleichterungen in Handel und Verkehr. Aus Mecklenburg nach Preußen eingeführte Waren, oft billiger, mußten bis 1867 an vorgeschriebenen Zollstationen verzollt werden. Wen wundert es, daß der Schmuggel im Grenzgebiet zwischen Mecklenburg und Preußen blühte. Die Neuglobsower und Dagower hatten ihre Schleichwege. Durch den dichten Traden, auf denen ihnen kein Grenzoffiziant folgte. Der Lebensgefahr wegen!

* *

„A B C“ - Die alte Grundschule befand sich in dem Doppelstubenhaus Stechlinseestr. 3. Solange die Glashütte bestand, besaß Neuglobsow kein eigenes Schulgebäude! Schulunterricht wurde bis in die 1850er Jahre in der Wohnung des Schneiders abgehalten, der nur im Nebenberuf „Lehrer“ war. Erst als 1856 der erste ausgebildete Lehrer eingestellt wurde, ließ der Hüttenherr Hermann Litzmann die Schulstube und die Lehrerwohnung etwas erweitern. Alte Ansichtskarten zeigen noch neben dem Gebäude die Schulglocke!

Nach dem Schulneubau (1904) kaufte das (Schul)Haus Emil Lippert (1850-1931) von der Familie Litzmann. Emil Lippert war in Neuglobsow geboren. Sein Vater Wilhelm Ferdinand (1816-1890) war 1843 aus Friedrichsthal bei Oranienburg, nachdem dort die Glashütte einging, hierher als Betriebsleiter der hiesigen Hütte gezogen. Emil Lippert erlernte das Glasmacherhandwerk, wurde später Buchhalter und Reisevertreter der Glashütte. 1881 führten ihn Geschäftsreisen bis nach Rußland. Nach dem Konkurs der Glashütte übernahm er vorübergehend den Gasthof, den sein Vater bereits 1883 von Hermann Litzmann erworben hatte, und wurde Gemeindevorsteher. In seinem Haus, dem alten Schulhaus, hat er dann 20 Jahre die Postagentur von Neuglobsow geleitet.

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Feurio! - Aus dem Vernehmungsprotokoll, verhandelt durch Hermann Litzmann zu Neuglobsow, den 30.05.1857: „Gestern a dto. 29 May, Nachmittags 3 Uhr war auf der Südwestseite der hiesigen Glashütte Feuer ausgebrochen, welches wahrscheinlich in Folge der seit mehreren Wochen anhaltenden außergewöhnlichen Dürre und Hitze schnell um sich griff, so daß bald der ganze westliche Giebel, insbesondere die drei ersten Sparrengebinde und der mit dem vierten Sparren beginnende Rauchfang in Feuer stand. Obschon nun die ganze Hütte nur von Holz gebaut und mit Holzschindeln gedeckt, so gelang es jedoch der schnellen energischen Hülfe, das Feuer auf den Raum, welchen es zunächst erfaßt hatte, zu beschränken, und mag, insoweit es sich heute übersehen, ein Schade von circa 150 Rthl. entstanden sein. Zur Zeit der Entstehung des Feuers waren in der Glashütte anwesend und können über die Entstehung desselben möglicherweise Auskunft geben: die Glasmacher Friedrich Zeitz, Heinrich Ebert, August Rachow, Ferd. Beyer, Fr. Matz und der Schürer C. Blume. Dieselben vorgeladen erklärten auf Befragen . . .“

Die Neuglobsower befanden sich nicht nur juristisch, auch ökonomisch, in Abhängigkeit des Hüttenherrns („Patrimonialgerichtsbarkeit“), oder umgekehrt (?), wie aus einem Schreiben des Kgl. Amtsgerichts Rheinsberg vom 31.10.1883 an den Gastwirt Wilhelm Ferdinand Lippert zum Grundbuch-Eintrag des von Hermann Litzmann erworbenen „Kruggrundstücks“ hervorgeht: „Der Besitzer des Gutes Carl Joachim Theodosius Litzmann hat durch den mit der Königlichen Regierung zu Potsdam abgeschlossenen Rezeß vom 18. Aug. 1839 sich verpflichtet, für das Glashütten-Etablissement Neuglobsow jährlich 72 Thl. an Domainenzins und an Zins für die Civile Gerichtsbarkeit über die Glashüttenarbeiter, in vierteljährlichen Raten . . . an die Casse des Amtes Zechlin zu zahlen und für die gedachte Abgabe außer dem Glashütten-Etablissement Neuglobsow auch das Gut Dagow verpfändet.“

Die höhere Gerichtsbarkeit übten aus: „bis 1849 das Justizamt Zechlin in Wittstock, 1849-1878 die Gerichts-Kommission Rheinsberg, 1879-1952 das Amts-Gericht Rheinsberg“. Ihr waren bis 1890 die Familien aus der Stammbelegschaft der Glashütte unterstellt: Lippert, Braun, Brocks, Blume, Ebert, Gundlach, Lange, Matz, Pohl, Vieweg, Witte, Zeitz, Ziegler.

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Pleite! - Holzverknappung infolge Raubbaus und ungenügende Aufforstung - nach dem allgemeinen Holzfeuerungsverbot von 1787 erfolgte ab 1791/92 die Feuerung mit aus den umliegenden Wiesen gewonnenem Torf - lange Transportwege sowie Konkurrenzdruck durch Betriebe, z.B. aus Berlin-Stralau, die durch die Umstellung auf Steinkohle effektiver produzierten, führten das Unternehmen in zunehmend finanzielle Schwierigkeiten. So rentierte sich der Betrieb bald nicht mehr. Der Pächter, die Firma „Selbach und Röhring“, ging in Konkurs. 1884 kam es zur Zwangsversteigerung der Glashütte, samt des Litzmannschen Grundbesitzes. Unter dem letzten Besitzer, Wilhelm Meyer, wurde die Hütte um 1890 stillgelegt. Fachkräfte verließen den Ort, die Produktionsgebäude verfielen oder wurden abgerissen. Aus der Aufteilung des Gutslandes entstanden 7 kleine Büdnerstellen von 1,2 bis 1,75 Hektar. Deren Erwerber - zu den Alteingesessenen gehören die Familien Klein und Ahlrep - waren jedoch auf Nebenverdienst als Waldarbeiter in den Revierförstereien (1833 Neuglobsow, 1877 Dagow) oder auswärts angewiesen. General Karl Litzmann blieben an Grundbesitz etwa 164 Morgen - als „Restgut Neuglobsow“.

Nach dem Konkurs der Glashütte und des Gutsbezirkes Neuglobsow - Dagow 1884 stellte sich die Frage nach dem weiteren Schicksal des Ortes: „Die zum Gutsbezirk Neuglobsow gehörenden Ländereien, welche 79 ha, 95 ar, 83 qm umfassen, sind in Parzellen zerstückelt und gehören 21 Besitzern, welche mit Gebäuden angesessen sind. Die Restgrundbesitzer, Geschwister Schall, besitzen nur noch 28 ha, 57 ar, 94 qm und sind nicht imstande, die einem selbstständigen Gutsbezirk obliegenden öffentlich rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Neuglobsow kann daher als selbstständiger Gutsbezirk ferner nicht bestehen bleiben. Bei Prüfung der gesamten Leistungsfähigkeit der einzelnen Parzellenbesitzer hat sich ergeben, daß die Umwandlung in eine Landgemeinde zweckmäßig ist. Neuglobsow hat eine Einwohnerzahl von 195 Seelen. Die Gemeindelasten würden sich wie folgt zusammensetzen: 1. Renumeration des Gemeindevorstehers . . . 95,00 M; 2. Kosten für Amtsblatt u. Gesetzessammlung 6,30 M; 3. Kosten für Wegeunterhaltung, abzüglich des Ertrages der Bäume 25,00 M; 4. Standesamtskosten 9,00 M; 5. Armenpflegekosten 100,00 M; 6. Portokosten 4,70 M; Summe 240,00 M.

Die Summe der veranlagten Staatssteuern (Einkommens-, Grund-, Gebäude-, Gewerbe- und Betriebssteuer) beträgt 248 M 0,7 Pfg.“ (Beschluß J. Nr. 3019 KA des Kreisausschusses Neuruppin vom 8.7.1896).

Mit diesem Haushalt war die Landgemeinde nicht lebensfähig. Anträge auf Vereinigung des Restgutsbezirks Neuglobsow-Dagow mit dem Gutsbezirk Zernikow, dem forstfiskalischen Gutsbezirk Menz oder der Gemeinde Menz wurden infolge unterschiedlicher Eigentumsformen, Zersplitterung sowie Leistungsunfähigkeit trotz Widerspruchs ebenfalls abgelehnt (Beschluß des Kreisausschusses Neuruppin vom 10.10.1898; Beschluß vom 5.7.1899 des Bezirksausschusses Potsdam auf die Beschwerde der Kgl. Regierung vom 21.11.1898). Erst nach Zuzug „leistungsfähiger Besitzer“ durch die entstehende Villenkolonie erfolgte 1911 die Umwandlung in den Gemeindebezirk Neuglobsow.

Als „Bürgermeister“ amtierten (bis 1933 „Gemeindevorsteher“, danach „Bürgermeister“ genannt): E. Lippert, F. Rohrbeck, O. Leitmann, P. Schmidt, W. Krüger, E. Thiele, W. Ahlrep, K. Pfitzner, R. Döpke-Ahlheit, M. Deuss, B. Jörchel, P. Nagel, M. Curio, M. Nitschke, Dr. W. Henkel (seit 1998 Gemeinde „Stechlin“), nun wieder „Vorsteher“: K. Künnemann, R. Böttcher., W. Scheffler, K. Borrett

Glashütte

Guter Rat

An einem Sommermorgen da nimm den Wanderstab, es fallen Deine Sorgen wie Nebel von Dir ab.

Theodor Fontane (1819-1898)

Da kamen Wanderer des Wegs!

Glück im Unglück - Nach der Zwangsversteigerung der Glashütte Neuglobsow und des Gutes Dagow 1884 verließen die Fachkräfte den Ort. Da entdeckten um 1900 wanderfreudige und von Natur und urwüchsigem Freiluftleben Begeisterte Neuglobsow als Erholungsort. Kaufleute, Maler, Ärzte, höhere Beamte - betuchte Berliner zumeist - erwarben Land und bauten sich Sommervillen. Zum Glück.

1872 durchwanderte der Engländer Sir Andrew Hamilton die Mark Brandenburg und gelangte zu Fuß von Rheinsberg aus nach Neuglobsow. „Mein Weg führte mich durch die Glashüttenarbeitersiedlung Neuglobsow. Offenbar war es nach Schichtschluß und die Arbeiter pausierten. Nachdem ich dem See den Rücken gewendet, durchschritt ich das stille Dörfchen, das zwei- bis dreihundert Einwohner beherbergte. Bei meiner Ankunft hockte buchstäblich die gesamte Einwohnerschaft im halben Schlafe auf den Türschwellen oder auf dem Erdboden vor ihren Häusern und schaute mürrischen Blickes auf den Störenfried. Die Dorfgasse machte auf diese Weise einen sehr belebten Eindruck. Zwischen den Reihen der Dörfler hindurch passierend, fand ich bald zu meiner Rechten das Wirtshaus. Leider erwies es sich als eine elende Hütte, indessen fand ich vor der Tür eine ganz behagliche Bank. Die Wirtin und ebenso ihre hübsche Tochter waren recht höflich und freundlich. Ich saß, mich ausruhend und plaudernd, etwa ein Stündchen und ging dann den Weg zurück, den ich gekommen war.

Die Dörfler, die nach und nach von ihrer Siesta aufzuwachen begannen, schienen nicht übel Lust zu haben, mit Steinen nach mir zu werfen, während sie sich indessen die Sache überlegten, ging ich mitten zwischen ihnen hindurch und davon . . . '' (Hamilton, A.: Rheinsberg, Friedrich der Große und Prinz Heinrich von Preußen, Berlin 1882-83)

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Unser wald- und seenreiches Gebiet um den Stechlin hat der Dichter Theodor Fontane während seiner Ruppin-Reise vom 16.-29.09.1873, begleitet von Alexander Gentz, erstmals besucht. Bereits im Oktober 1873 hat er seine Eindrücke, Gefühle und Beobachtungen niedergeschrieben.

Als der Schriftsteller erstmals bei seinen Wanderungen auf Neuglobsow stieß, brodelte und waberte noch in den Schmelzöfen der Glashütte das flüssige Glas.

„Das Revier, das uns hier aufnahm, war das Revier der Glashütten, die wie Squatter-Ansiedlungen am Waldsaume lagen. Hütte neben Hütte; sonst nichts sichtbar als der Rauch, der über die Dächer zog. Nur bei der Globsower Glashütte, die (hart an einer Buchtung des Großen Stechlin gelegen) einen weitverzweigten Handel treibt mit Retorten und Glaskolben, nur hier herrschte Leben, am meisten in der schattigen Allee, die, von den Wohn- und Arbeitshütten her, zur Ladestelle hinunterführte. Hier spielten Kinder Krieg und fochten ihre Fehde mit Kastanien aus, die zahlreich in halb aufgeplatzten Schalen unter den Bäumen lagen. Die einen retirierten eben auf den See zu und suchten Deckung hinter den großen Salzsäureballons, die hier dichtgereiht am Ufer des Stechlin hin standen, aber der Feind gab seinen Angriff nicht auf, und die Kastanien fielen hageldicht auf die gläserne Mauer nieder.“ (Fontane, Th.: Wanderungen durch die Mark Brandenburg).

Bei seinem letzten Besuch, 1893, fand er ein anderes Neuglobsow vor. Keine Rauchschwaden mehr, die die Luft verpesteten - die Glashütte war inzwischen eingegangen. Im damaligen Gasthof Lippert, dem heutigen „Fontane-Haus“, nahm er Unterkunft. Daß er an Ort und Stelle an seinem Roman „Der Stechlin“ gearbeitet habe, dürfte jedoch ins Reich der Legende gehören.

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Regierungsrat Dr. Gleichen, dessen Grab auf dem Neuglobsower Friedhof eingeebnet ist, berichtete: „1880 traf ich in Berlin einen Herrn, der mich auf den Stechlinsee aufmerksam machte. ‚Unmittelbar am See’, sagte er, ‚liegt die Glashütte Neuglobsow. Es befindet sich dort ein alter Krug, der von einem Glasbläser im Nebenberuf verwaltet wird. Man bekommt dort vorzügliches Brot, Schinken, Eier. Ich mache Sie besonders auf die Bank an dem großen Ofen aufmerksam, der mit Ausnahme der ganz heißen Jahreszeit immer geheizt ist, sowie auf den dunklen Kasten, der einem Sarge nicht ganz unähnlich ist, aber etwa die doppelte Länge hat. In dem letzteren befindet sich alles, was geeignet ist, die Bedürfnisse der Fremden zu befriedigen, nämlich Ruder zum Kahn auf dem Stechlinsee, das Angelzeug, einige Flaschen Bier, eine Kiste mit Zigarren und einige Spiele Karten.’ Der letzteren entsinne ich mich deshalb, weil ich beim Heraussuchen des Angelzeugs zufällig mit ihnen in Berührung kam und entsetzt zurückfuhr, denn diese schwarzen Blätter glichen mehr Bazillenherden als Spielkarten. Der Wirt sagte trocken, daß die Glasbläser leidenschaftlich gern Karten spielen, aber nicht zu bewegen seien, Kartengeld zu zahlen. Unter diesen Umständen müßten sie jahrein jahraus mit denselben Karten spielen. Er fügte, wie zur Bekräftigung des Gesagten hinzu, daß ein nach dem Krug hinführender Pfad im Volksmunde den Namen 'Kartenspielersteig' führe.

. . . In Fürstenberg zog ich Erkundigungen über das Ziel meiner Wünsche ein. Der Fürstenberger Durchschnittsbürger, dessen Interessen über die Landesgrenzen nicht hinausgingen, kannte nicht einmal den Namen Neuglobsow. Ich wandte mich an einen alten Bekannten, den dortigen Gerichtsschreiber Bollon. Dessen Überredungskunst wäre es beinahe gelungen, mich von meinem Plan abzubringen. 'Was wollen Sie denn in Neuglobsow und wozu wollen Sie einen so ungeheuren großen Marsch machen?', hielt er mir im reinsten Reuterdialekt entgegen. 'Gehen Sie nach Steinförde am Petschsee, da haben Sie das Schönste von ganz Mecklenburg. Außerdem sind die Verhältnisse in Neuglobsow gräßlich. Die Hütte liegt still. Alles ist verschuldet und verfallen. Der Besitzer hat bereits das Weite gesucht, nur seine Frau Clara Meyer, sitzt noch in einer der Baracken, von denen ihr jetzt kein Stein mehr gehört, und diese einfältige Person will jetzt sogar Sommergäste aufnehmen, als ob wir in Fürstenberg nicht genug Platz für die Berliner haben.' Trotz dieser wenig anregenden Schilderung beschloß ich, den lang geplanten Spaziergang auszuführen. Am Nachmittag erreichte ich Neuglobsow und trat über die Schwelle der Lippertschen Gaststube. Infolge der erfrischenden Wanderung durch den Laubwald bei wolkenlosem Himmel war ich in der glücklichsten Stimmung. Bald saß ich vor einer dampfenden Kanne Kaffee und bei der jungen Frau Lippert, der Wirtin, von der ich möglichst viel über Neuglobsow und Umgebung zu erfahren versuchte. Frau Lippert erzählte mir, daß sie ein neues Haus gebaut haben mit vier Wohnungen von je 2 - 3 Zimmer und je einer Küche. Die nach Globsow kommenden Sommergäste, meist Volksschullehrer aus Berlin, wollen sich selber beköstigen und lebten hauptsächlich von mitgebrachten Konserven und selbst geangelten Fischen. Sie, Frau Lippert, könne ein Zimmer mit voller Pension nicht unter 2,50 Mark pro Tag und Person abgeben, das sei aber den Sommergästen zu teuer. Ich lernte auch Herrn Lippert kennen, der sagte, daß es ihm leid tue, das Haus gebaut zu haben. Dasselbe könne sich kaum verzinsen und verursache nur Arbeit. Ich wurde dann durch alle Räume des Hauses geführt, die nett möbliert, aber zur Zeit nicht bewohnt waren. Nur das eine nach der Nordseite gelegene große Zimmer wurde nicht geöffnet und ich beobachtete, daß Frau Lippert jedesmal die Unterhaltung nur im Flüsterton weiterführte, sobald wir uns diesem Raum näherten. Meine Neugier wurde dadurch geweckt und auf meine dringenden Fragen gestand mir die Wirtin, daß in dem Zimmer ein Professor aus Berlin wohne, der sehr hohe Pension zahle, vermutlich 3 Mark pro Tag, aber durchaus nicht gestört werden wolle, auch mit niemand verkehre. Er habe sich das Zimmer auch die Weihnachtsferien bestellt. 'Nun, was treibt denn dieser Professor hier?', fragte ich. Diese Frage war Frau Lippert sichtlich peinlich. Schließlich antwortete sie zögernd: 'Er dichtet!', und machte aber dabei ein solches Gesicht, als ob das Dichten zu den Beschäftigungen gehört, die gegen die guten Sitten verstoßen und als wolle sie mich bitten, nichts darüber verlauten zu lassen, damit der gute Ruf ihrer Wirtschaft nicht leide. Es war Professor Hans-Georg Meyer, wie ich später erfuhr.“

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Der Professor aus Berlin. - Einer der ersten Sommergäste war ab 1890 Professor Hans Georg Meyer (11.11.1849-5.1.1913). Er war Lehrer und unterrichtete am „Grauen Kloster“ in Berlin, einem Gymnasium, dessen sangesfreudiger Schülerchor jährlich Sängerfahrten in die Mark Brandenburg unternahm. Zu vielen Liedern, die dabei erklangen, verfaßte Meyer die Texte, die sein Freund, der Direktor des Gymnasiums, Ludwig Bellermann, vertonte. Eines Tages beschloß er 12-15 Schüler auszuwählen und sie in den Ferien nach Neuglobsow mitzunehmen. 1905 zogen die Jungen, ein Lied schmetternd, in Neuglobsow ein, wo sie beim Gastwirt Spiegelberg - an ihn hatten die Lipperts inzwischen verkauft - in Kost und Logis gingen. Angeregt durch die Stechlinseesage nannten sie sich „Die Roten Hähne“. Der rote Hahn wurde auch das Wappen des kleinen Bundes. Auch ihr Kahn hieß so, und die Jungen trugen rote phrygische Mützen. Später keimte der Plan, im Walde als Domizil eine Hütte zu bauen. Es entstand eine Blockhütte auf dem Steilufer des Stechlin, hinter dem Fenchelberg.

Die „Schillerhütte“, wie sie genannt wurde, war mit dem „krähenden roten Hahn auf weißem Feld“ beflaggt. Sie wurde zum Mittelpunkt urwüchsigen Freiluftlebens, auch für Neuglobsower Freunde, Angehörige und ehemalige Klosteraner.

In das Gästebuch der „Schillerhütte“, das anläßlich eines Stiftungsfestes am 28.07.1909 angelegt wurde (letzte Eintragung 16.05.1912), haben sich eingetragen, u.a.: Hans-Georg Meyer, Alex Gleichen, Wilhelm Ziegler, Georg Ludwig Meyn, Franka-Meliora und Jutta-Sabine Meyn, Ullrich Eichholtz, Hans und Carl Grohmann, Ernst Spiegelberg, Anna Beyssell, Hans Schink, Annemarie Redlich, Ludwig Bellermann.

Willi Ahlrep (1910-1976), langjähriger Bürgermeister von Neuglobsow, erklärte mir 1954 ernsthaft, Professor Meyer habe auf der „Schillerhütte“ seinen Klosteranern den Schwur abgenommen: „Keiner erzählt in Berlin, was für ein schönes Stückchen Natur wir hier haben!“ - Da haben einige wohl doch geplaudert!

Schillerhütte

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Professor Wilhelm Ziegler, als junger Schulamtsanwärter Betreuer der „Roten Hähne“, im 2. Weltkrieg in Berlin ausgebombt und dann in Neuglobsow lebend, erzählte: „Der 'Rote Hahn' wurde das Wappen dieses kleinen Bundes. Auch unser Kahn hieß so; die Jungen trugen phrygische Mützen, die nicht vor Wetter und Wind, Regen oder Sonne schützten, nur schön und farbig sind. Es begann eine Zeit, wie sie sich Jungen nur wünschen können, frei, ungebunden, baden, rudern, spielen, Spaziergänge in den herrlichen Wäldern. Weite Wanderungen wurden nicht unternommen. Steinförde, Forsthaus Schönhorn, Forsthaus Stechlin, das waren die weitesten Ziele. Forsthaus Stechlin konnte natürlich auf dem Wasserwege nur durch den Polzowkanal bis zum Nehmitzsee erreicht werden, das ging damals noch. Allmählich stellte sich heraus, daß etwas fehlte: ein Raum, in dem wir jederzeit für uns sein konnten. So keimte der Plan, im Wald eine Hütte zu bauen. Sie entstand auf dem Steilufer des Stechlins, hinter dem Fenchelberg. Die 'Schillerhütte', wie wir sie nannten, wurde der Mittelpunkt unseres Kreises. Hier brachten wir die meiste Zeit zu, auch bei dem schlechtesten Wetter. Hier wurde eifrig gesungen und geübt, hier herrschten Spiel und Scherz. Und am Nachmittag kamen die Globsower Freunde mit ihren Kuchenpaketen. Dann wurde im Freien Kaffee gebrüht und geschmaust, und es herrschte ein reges Leben und Treiben. An Besuch fehlte es nie: Angehörige, Freunde, Mitschüler, ehemalige Klosteraner. Wir waren eine große Familie; ihr Mittelpunkt war der von allen verehrte Professor Hans Georg Meyer.“

Unerwartet starb am 5.1.1913 H.G. Meyer an Herzschlag. Wunschgemäß wurde er auf dem Neuglobsower Friedhof beerdigt. Der schlichte Grabstein trägt nur den Namen Hans-Georg Meyer, die Lebensdaten und eine Bronzeplatte, auf der eine Mutter dargestellt ist, die ihrem Sohn einen Lorbeerkranz reicht. Die lateinische Inschrift lautet: „Res severa verum gaudium“ - (Ernsthafte Sache ist wahre Freude!)

Lange Jahre noch kam der Schülerchor des Gymnasiums „Zum Grauen Kloster“ einmal im Jahr nach Neuglobsow, um das Grab des geliebten Lehrers zu besuchen und ihm einige Lieder zu singen. Die „Schillerhütte“ verwaiste und wurde später abgetragen. Von Neuglobsow, ihrem einstigen Feriendomizil, kamen einige Klosteraner nicht wieder los und siedelten sich hier an.

Hans Georg Meyer (* 11.11.1849 Berlin,