Nicole, der brutale Strafvollzugsgänger & die Polen - Katherina Jakobs - E-Book

Nicole, der brutale Strafvollzugsgänger & die Polen E-Book

Katherina Jakobs

4,8

Beschreibung

Nicole ist eine junge Frau, die von ihrer eigenen Familie verflucht, belogen und betrogen wird. Das hässliche Entlein, das schwarze Schaf, die Zielscheibe Nummer eins auf der Feindesliste nicht nur der Familie, sondern auch der Behörden und der Justiz, lernt einen Mann aus der Strafvollzugsanstalt kennen und rast mit voller Geschwindigkeit in ihr weiteres Unglück. Rudi ist ein brutaler, ein verlogener Mann - ein Heiratsschwindler. Der Strafgefangene hat alle seine bisherigen Frauen geschlagen und gedemütigt. Und ausgerechnet in dessen Fänge der Macht gerät Nicole. Wird sich die junge Frau aus seiner Gewalt befreien können? Schafft sie den Absprung oder wird sie all die Verletzungen, die ihr Lebensgefährte ihr zufügt, womöglich nicht überleben?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2017

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (16 Bewertungen)
12
4
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Albtraum Date

Prügel zum Geburtstag

Sommer Weihnachtsgans

Doppelte Abrechnung!

Fahrzeuge verticken

Einmal Dealer, immer Dealer!

Durchsuchungsbeschluss

Knastromanze

Neuer Mann, neues Glück?

Wieder Fuß fassen

Eine brutale polnische Affäre

Verdammter Alkohol!

Der Versuch eines Absprungs

Zum Schluss

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

ich bin die Autorin Katherina Jakobs und freue mich, zwei weitere wahre Geschichten von Nicole veröffentlichen zu dürfen!

Nicole, eine Frau, die am 5. Juli 1982 geboren wurde und eine Familie hat, die jede Möglichkeit nutzt, sie, die eigene Tochter und Schwester, hinter Gitter zu bringen. Diese Frau, die immer als das schwarze Schaf, das hässliche Entlein, die Zielscheibe Nummer eins auf der Feindesliste von Familie, Behörden und Justiz steht, schrieb ihre Lebensgeschichte auf, traute sich aber nicht, diese zu veröffentlichen. Zumal ihr unter anderem auch die Mittel dafür fehlten.

Ich lernte diese Frau kennen, hörte ihr zu, las alles, was sie geschrieben hatte, und schaute mir die dazugehörigen Papiere, Akten etc. an und kam zu dem Entschluss, dass ich ihr unter die Arme greifen und ihre Geschichte publik machen muss.

Im bereits erschienenen ersten Teil, dem Buch „Nicole, wir hassen Dich!“, erfahren Sie Episoden aus Nicoles wahrem Leben, die man nicht mal seinem ärgsten Feind wünschen würde. Doch es gibt noch viel mehr zu berichten, weshalb Nicole und ich Ihnen mit dem hier vorliegenden Buch zwei weitere entscheidende Teile ihres Lebens präsentieren möchten: die des brutalen Strafvollzugsgängers Rudi und die der Polen Krzysztof und Adrian. Beide Geschichten machen mich fassungslos. So viel Grausamkeit und Gewalt ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht begegnet.

Nicole ist nach allem, was sie erlebt hat, eine solche Frohnatur und Kämpferin, dass sie mir imponiert und mir in jedem Gespräch, das wir führen, die eindeutige Botschaft vermittelt: „Du musst um dein Recht kämpfen!“

Ob Nicole den Absprung von ihrer Familie schaffte, ob sie wirklich den Kontakt abbrach und wen sie im weiteren Verlauf ihres Lebens alles kennenlernte, das erfahren Sie, liebe Leserinnen und Leser, wenn Sie dranblieben und die Buchserie „Nicole …“ auch weiterhin lesen.

Albtraum Date

An einem sonnigen Nachmittag fuhr ich ganz gespannt die Strecke von guten siebzig Kilometern zu Anke und Jo, mit denen ich zum Kaffee verabredet war. Die beiden waren ein Pärchen, welches ich vor vielen Jahren zusammen mit Herrn Börgens im Swingerclub kennengelernt und nach einigen Jahren wiedergesehen hatte.

Als ich bei ihnen ankam, begrüßten sie mich herzlich.

Wir tranken Kaffee und unterhielten uns eine Weile, als es auf einmal an der Haustüre klingelte. Ich weiß nicht mehr, wer von den beiden öffnete, erinnere mich aber noch ganz genau, dass dann dieser Mann da war. Sie hatten ihm erzählt, dass sie Besuch bekommen würden, und er meinte mal schnell reinschauen zu müssen, um mich, den Besuch, zu begutachten. Er stellte sich mit dem Namen Rudi vor. Ruppig und uncharmant, das kann ich nicht anders sagen. Dieser Rudi musterte mich von oben bis unten – immer wieder! Ich kam mir vor wie auf einem Hurenbasar, nur dass er der einzige Kunde war. Echt wahr! Da kommt man sich als Frau richtig schäbig vor.

Dieser Mann saß nur kurz mit Anke, Jo und mir zusammen. Er berichtete von seinem Unfall, den er erst vor Kurzem gehabt habe, davon, dass er wieder in die Reha müsse, und von dem Theater, das sein Unfallgegner ihm bereite. Nebenbei trank er seinen Kaffee. Schon bald ging er wieder. Völlig merkwürdig. Später stellte sich heraus, dass nicht einmal Anke und Jo von seinem wahren Leben wussten. Für sie war er nichts weiter als ein Nachbar aus ihrem kleinen Dorf.

Rudi sagte mir nicht wirklich zu. Er war ein pummeliger Mann mit dunkelbraunen Haaren. Sein Wesen ließ darauf schließen, dass man jemanden wie ihn in seinem Leben nicht brauchte. Er strahlte die Botschaft „Vorsicht vor diesem Mann!“ regelrecht aus und kam wie ein Macho rüber, mit dummen, flockigen Sprüchen und total arrogant. Umso erleichterter war ich, als er wie von einer Wespe gestochen hin und her wackelte und endlich ging.

Als Rudi weg war, widmeten Anke, Jo und ich uns wieder unserem Treffen, tranken Kaffee und gingen später zum angenehmen Teil über. Während wir miteinander beschäftigt waren – schließlich waren wir zu einem erotischen Treffen verabredet –, klingelte es erneut an der Türe. Wieder war es Rudi. Na super, der hatte gerade noch gefehlt.

Kurz darauf saßen wir zu viert auf der Couch, redeten und spielten weiter. Da Jo es mochte, mich ausgiebig zu dehnen, und nie wirklich hart erregt war, wenn man ihn oral verwöhnte – was schon komisch war –, fingerte er mich und drang Stück für Stück in meine Lusthöhle vor. Rudi meinte, dass er es gerne mal mit eigenen Augen sehen würde, wie dehnbar eine Frau sei. Deshalb setzte er sich neben mich und bat mich, meinen Kopf auf seinen Schoß zu legen, was ich in dem Moment des Lustrausches auch tat. Doch schon bald merkte ich, dass es gar nicht so einfach war, in Stimmung zu bleiben, wenn ein Mann dabei war, auf den man keine Lust hatte. Rudi störte mich regelrecht und ließ in mir Hemmungen aufkommen, ebenso wie er meine Lust ausbremste. Er hielt und streichelte mich, während Jo mit seiner Hand zwischen meine Schenkel glitt, in mich eindrang und mich voll und ganz ausfüllte. Nachdem ich trotz Rudis Anwesenheit einige Male zum Höhepunkt gekommen war, bat ich um eine kleine Verschnaufpause. Kurz blickte ich zu ihm auf und bemerkte sein zufriedenes Lustgrinsen. Doch ich sah auch – wie aus dem Nichts – seine dunkelbraunen Rehaugen, und genau die zogen mich in ihren Bann. Rudis Blick war auf einmal so anders als noch kurz zuvor. Unbeschreiblich! Ich kam mir vor wie verzaubert. Warum auch immer hielt er meinen Kopf, und seine Lippen näherten sich meinen. Er presste sie auf meinen Mund und küsste mich. Ich wollte fliehen, dem Ganzen ausweichen, aber ich konnte nicht! Alles war von jetzt auf gleich so vertraut, so anders. Das sollte absolut nicht sein und hätte auch nicht passieren dürfen, aber in diesem Moment war es geschehen.

Leider hatte ich damals oft das Problem, dass ich nach gewissen Lustspielen wahnsinnige Schmerzen hatte, was mich oft darüber nachdenken ließ, sie bleiben zu lassen. Jedoch machten sie Spaß! So saß ich an dem Abend – und die Zeit verging wie im Fluge – mit fürchterlichen Unterleibsschmerzen neben Rudi. Ich konnte kaum noch laufen und wollte nur noch nach Hause.

Als wir uns alle voneinander verabschiedeten, ging auch Rudi mit hinaus, um sich auf den Heimweg zu machen. Auf dem Weg zum Auto brach ich aber vor Schmerzen fast zusammen, was Rudi gar nicht gefiel. Er stützte mich, nahm mir den Autoschlüssel ab und meinte: „Du fährst nicht mehr! Ich wohne da vorne, ich nehme dich jetzt mit und du bleibst bei mir!“ Da ich mich wirklich schlecht fühlte, ging ich halt mit zu ihm. Was war schon dabei? Was sollte passieren? Notfalls geh ich einfach wieder, dachte ich mir.

In dieser Nacht unterhielten wir uns, lagen uns in den Armen und hatten drei Stunden, nachdem ich eine Schmerztablette eingenommen hatte, sogar noch ein klein wenig Spaß, den wir uns besser verkniffen hätten, denn die Schmerzen begannen wieder von vorn, ehe wir eng umschlungen einschliefen.

Rudi hatte eine sehr bescheiden eingerichtete Wohnung. Zwei Zimmer, ein Bad ohne Fenster, ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer, wenn man das so nennen wollte. Eine Küche sah ich dort nie.

Da er so karg eingerichtet war, sah er mir das Fragezeichen wohl an und berichtete mir, dass seine Frau ihn verlassen und bis zum Letzten auf Unterhalt verklagt habe. Ihm sei alles genommen worden, was ihm heilig sei, nicht mal seine Tochter dürfe er sehen. Die „Alte“, wie er sie bezeichnete, wohnte ein paar Haustüren weiter. Er sei nur hierhergezogen, weil sie Alkoholikerin und drogenabhängig sei, und da galt es, seine Tochter im Auge zu behalten, da sie ein wenig behindert und zurückgeblieben sei.

Warum hätte ich an dieser Aussage zweifeln sollen? Ich kannte ihn ja nicht. Außerdem schien er sich Sorgen um die Kleine zu machen, was ich sehr gut nachvollziehen konnte. Nichts geht eben über die eigenen Kinder.

Wir lernten uns erst nach und nach kennen und sprachen auch viel über unser bisheriges Leben. So erfuhr Rudi von der Sache mit dem mir zur Last gelegten Fall der angeblichen Inszenierung im Vorjahr. Da wurde bei mir im Büro eingebrochen, mein Fahrzeug wurde beschädigt, ich wurde brutal überfallen und zuletzt von den Behörden als Täterin und nicht als Opfer hingestellt. Dabei hätte ich ihm nie davon erzählen dürfen! Warum? Konnte ich denn ahnen, dass er es jemals gegen mich verwenden würde? Vertraue niemals einem Menschen, denn sein wahres Gesicht siehst du erst, wenn er nicht mehr das bekommt, was er will, oder aber wenn die Zuneigung erloschen ist – falls es sie jemals gegeben hat.

Heute bin ich schlauer! Doch habe ich nie wirklich viel über Rudi erfahren. Und die wenigen knappen Erzählungen seinerseits klangen fadenscheinig.

Dennoch beschlossen wir, dass wir es als Paar versuchen wollten. Schon bald kam der Traumtänzer Rudi auf ganz viele und vorschnelle Ideen. Er wollte zum Beispiel in eine andere Wohnung ziehen, wobei es „Wohnung“ nicht trifft, denn er wollte unbedingt ein Haus haben! Wollte einen Neuanfang wagen, weit weg von seiner Tochter und der Exfrau. Stattdessen wollte er mit mir zusammen sein. Was schmierte er mir Honig ums Maul! Und naiv, wie ich war, glaubte ich ihm all seine Lügen.

So sahen wir uns im Laufe der Zeit und im Schnelldurchlauf einige Objekte an.

„Ich brauche Platz. Ich muss den Firmensitz zu mir nehmen. Ich will nicht wie eine Ölsardine in der Dose leben!“, waren seine Worte. Wenn ich da schon geahnt hätte, was wirklich hinter der letzten Aussage steckte, dann wäre genau an dem Punkt Schluss gewesen. Aber nein, ich konnte es nicht erkennen und tappte in die Falle. Um genau zu sein: Ich ging einem schizophrenen Betrüger auf den Leim!

Immer wieder war Rudi nur von morgens bis abends da, über Nacht jedoch war er weg – angeblich hatte er in dem Rehazentrum, in dem er zur Behandlung war, tagsüber Ausgang, musste aber dort übernachten. Für mich war das ungewohnt, aber als ich Rudi mit einem Mann verglich, der Nachtschichten arbeitete, gewöhnte ich mich doch daran. Bald war alles schön und vertraut und ich hatte den Halt, den ich brauchte. Nachdem ich beschlossen hatte, meine Familie, vor allem aber meinen Ehemann, zu verlassen – das war in den Jahren 2009/2010 –, musste ich meinen neuen Lebensabschnitt nicht allein starten, sondern hatte jemanden an meiner Seite, der es, so schien es, zumindest ehrlich mit mir meinte.

Doch sehr schnell ließ Rudi seinen Frust, den er zudem recht oft an den Tag legte, an mir aus. Er lieh sich von mir Geld unter falschem Vorwand und gab es mir nie zurück. Aus allem, was er machte – vor allem was er falsch machte –, drehte er mir einen Strick und ließ mich die Konsequenzen spüren, ehe er sie umsetzte. Warum ich da nicht sofort den Rückzug antrat, kann ich heute nicht sagen. Die einzige plausible Erklärung dafür muss die rosarote Brille sein, die ich wohl aufhatte, weil ich nicht allein dastehen wollte. Ich hoffte jedoch, dass Rudis Ausfallerscheinungen nicht zum Dauerzustand werden würden.

Irgendwann kam der Tag, an dem wir uns ein Haus ansahen, welches eindeutig zu teuer war! Für mich war klar, dass ich da nicht mitmachen würde. Und was tat Rudi? Genau, statt mit mir zu reden, mietete er ein anderes Haus an, das ich nie zuvor gesehen hatte. Ich dachte, dass er es auf seinen Namen mieten würde, doch schließlich lief der Mietvertrag über Mike, seinen Chef, mit dem er gut befreundet war, damit der die Kosten absetzen konnte.

Im Erdgeschoss befanden sich unsere beiden Büros, die Küche, das Wohnzimmer und ein Badezimmer, und im oberen, eher verkommenen Teil des Hauses waren ein Schlafzimmer, ein Kinderzimmer und der Dachboden. In einem Zimmer, welches später zum Kinderzimmer wurde, befand sich eine Türe, die hinauf unters Dach führte und die Rudi absichtlich irgendwann mit einem Kleiderschrank zustellte. Wozu das gut sein sollte? Ich hatte keine Ahnung und erfuhr es auch erst viel später.

Warum ich mich von Rudi wie eine Marionette behandeln ließ, weiß ich nicht, aber ich denke, dass ein Grund dafür war, dass ich ja in diesem Sinne allein war. Ich hatte nicht mehr wirklich etwas – keine Familie, keine eigene Familie. Meine Kinder durfte ich nur dann und wann mal sehen und nichts lief mehr wie geplant.

Obwohl Rudi alles über mich wusste, wusste ich verdammt wenig über ihn. Nur dass er Schlosser oder Maschinenschlosser war, auf dem Weg zur Arbeit einen Autounfall gehabt hatte, folglich Probleme mit dem Knie und Verdienstausfall zu beklagen hatte und den Unfallgegner bis aufs Letzte verklagen wollte. Ich wusste auch, dass der Unfallgegner abstritt, den Unfall verursacht zu haben. Aber das ist ja bei der Abwicklung von Unfällen nichts Ungewöhnliches.

Nun denn, Rudis Frustschübe ereilten mich immer häufiger und sein Zorn wurde heftiger. Ebenso seine Forderungen. Eines Tages wollte ich einen Cut machen, also sagte ich ihm ganz klar, dass es so zwischen uns keinen Sinn hätte und es besser sei, wenn sich unsere Wege trennen würden. Ja, wenn eine Beziehung nicht klappt, sollten sich die Wege freundlich und ehrlich trennen! Dieser Meinung war ich, aber auch nur ich! Rudi wurde sofort laut und drohte mit niemals da gewesenen Dingen, ehe er abends wie immer wegfuhr und erst am nächsten Tag zurückkam, um sich für sein unangebrachtes Verhalten zu entschuldigen. Dummerweise nahm ich seine nicht ehrlich gemeinte Entschuldigung an.

Doch noch während der Renovierungsarbeiten im Haus ging Rudi erneut an die Decke. Wenn er einmal nichts zustande gebracht hatte oder etwas nicht so klappte, wie er es wollte, wurde er laut, kam zu mir – das eine Mal völlig unerwartet –, packte mich und schlug mich, während er mich anschrie. Was war das denn? Ich wusste nicht, wie mir geschah, und wollte nur noch weg, als Rudi mich erneut packte. Dann schlug er mich wieder und immer wieder. Eine flache Hand nach der anderen bekam ich ins Gesicht geschlagen. Ich schrie, was das Zeug hielt, verspürte Angst und Panik: „Das lasse ich mir nicht gefallen! Du spinnst ja! Ich lasse mich doch von dir nicht schlagen! Ich wünsche dir noch ein schönes Leben, aber ohne mich!“ So hatte eine gemeinsame Zukunft keinen Sinn, denn wer einmal schlägt, der tut das immer wieder!

Kaum hatte ich meine Wut rausgeschrien, sah Rudi mich starr an und ließ irgendwann los. Mit einem unergründlichen Blick verkündete er: „Du hast genau zwei Tage Zeit, das alles tipptopp fertig zu machen, sonst droht dir ein blaues Wunder!“ Dann verschwand er. Als die Haustüre ins Schloss knallte, sank ich heulend zu Boden und verstand die Welt nicht mehr.

Die beiden nächsten Tage wurden zu einem Albtraum an Ignoranz. Es ist so verletzend, wenn Menschen einen wie Luft behandeln. Doch dann kam die Antwort seiner Macht geballter, als je angenommen.

Ich weiß, was Sie jetzt denken, liebe Leserinnen und Leser: „Mein lieber Mann, Nicole, was ist das denn wieder für ein Albtraum? Warum bist du nicht einfach gegangen? Ein Mann hat eine Frau nicht zu schlagen!“

Aber es ist immer alles leichter gesagt, als es in der Praxis umzusetzen ist.

Angst! Reine Angst war der Grund!

Rudi kam wie immer morgens nach „Hause“, da er ja dann von seiner „Reha“ wegkonnte. Um halb sieben stürmte er ins Wohnzimmer, in dem ich auf der Schlafcouch lag und noch in den tiefsten Träumen war, und zerrte mich am Arm vom Sofa in den Flur, die beiden Stufen hinunter in die Küche. Es tat höllisch weh und ich dachte, er würde mir den Arm brechen. In der Küche angekommen, befahl er mir aufzustehen und sagte: „Du Schlampe, warum ist das alles noch nicht so eingeräumt, wie ich es dir gesagt habe?“ Schließlich schlug er mir mitten ins Gesicht. Ich war so geschockt, dass ich nicht auf seine Frage reagieren konnte. Ich war nämlich genauso kaputt vom Umzug und den damit verbundenen Arbeiten wie er, nur mit dem Unterschied, dass er keinen Finger gekrümmt hatte. Er war derjenige, der immer nur die Kommandos gab, sonst kam nichts von ihm. Und wenn überhaupt, war er unterwegs! Wo auch immer!

Schockiert über die heftige Ohrfeige, heulte ich los und machte ihm klar, dass ich auf so was keine Lust habe. Ich hatte die Schnauze gestrichen voll. Das hätten Sie doch auch so gemacht, oder?

Und ich dachte, ich könnte nun ganz einfach gehen, aber nein! Zack, hatte ich wieder eine hängen. Und glauben Sie mir, dieser Schlag tat richtig weh! Ich sah Sterne, die mich noch einige Stunden lang begleiteten. An die Wand gelehnt sank ich in die Knie und schaffte es nur mit Mühe, mich kurz darauf wieder aufzuraffen. Während ich mich an der Wand entlangtastete, packte mich Rudi von hinten, zog an meinem rechten Arm und zerrte mich hinter sich her die beiden Stufen rauf. Dabei schrie er: „Du Schlampe, dir werde ich Manieren beibringen! Du machst, was ich dir sage, sonst erlebst du dein blaues Wunder! Bisher habe ich jede Frau nach meinem Geschmack erzogen!“ Ich dachte, dass ich nicht richtig höre, aber er meinte das gewiss ernst. So schrie ich zurück: „Mach doch, ich geh zur Polizei und zeige dich an!“ Doch in dem Moment kam auch schon die Antwort seinerseits: Vier oder fünf Mal holte Rudi aus, schlug mich und schrie dabei: „Dir Flittchen wird niemand glauben, dafür werde ich sorgen! Dir mache ich das Leben zur Hölle! Eine Frau verlässt mich niemals und wird mich ganz sicher auch nicht anzeigen! Ehe so etwas passiert, wirst du dich mehrmals im Grabe umdrehen!“

Ich lag da im Flur auf dem Fliesenfußboden, weinte und fror, weil es kühl war und ich kaum etwas anhatte. Zudem hatte ich panische Angst. „Wenn ich um zwei Uhr wiederkomme, ist das alles so, wie ich es dir gesagt habe. Wenn nicht, dann wirst du richtig was erleben! Und wage es ja nicht, zur Polizei zu gehen! Ich bringe dich sonst um! Ich sehe alles!“ All das schrie Rudi vor seiner Bürotür stehend den Flur entlang, ehe er die Haustüre mit einem lauten Knall hinter sich ins Schloss fallen ließ und sich vom Acker machte.

Ach du Schande!, dachte ich nur. Den muss ich anzeigen. Aber um ehrlich zu sein, wusste ich nicht, wie mir geschah. Ich hoffte, dass es nur ein Albtraum gewesen war, doch spätestens als ich mich ins Bad geschleppt hatte und in den Spiegel schaute, wusste ich: All dies war grausame Realität!

Während ich versuchte, das Nasenbluten zu stoppen, überlegte ich: Was soll das alles? Warum rastet er nur dauernd so aus? Doch ich wusste es nicht. Aber so konnte es nicht weitergehen. Also raffte ich mich auf, ging duschen, zog mich an und wollte gerade meine Sachen packen, als Rudi mich anrief, um mit mir zu reden. Er bedauerte, was geschehen war. Angeblich hätte er es nicht so nicht gemeint, schließlich wolle er keinen Streit mit mir haben.