Notärztin Andrea Bergen 1483 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1483 E-Book

Marina Anders

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Beschreibung

Als Marcels Frau stirbt, scheint das Leben für den jungen Witwer keinen Sinn mehr zu haben. Sicher, er weiß, dass der Tod für Nina, die an ALS litt, eine Erlösung war. Dennoch will ihm die Arbeit auf seinem Biohof nicht mehr so recht von der Hand gehen. Das ändert sich langsam, als er ausgerechnet auf dem Friedhof der hübschen Witwe Laura begegnet. Ihr Mann war Diplomat und ist bei einem Terroranschlag ums Leben gekommen. Nun steht sie mit ihren zwei Kindern alleine da.
Ganz vorsichtig nähern sich Marcel und Laura einander an. Obwohl beide das schlechte Gewissen plagt, werden sie schließlich doch ein Paar. Aber ihr Glück scheint nicht von langer Dauer zu sein. Nachdem Laura auf dem Hof von mehreren Bienen gestochen wurde, bricht sie zusammen. Die Notärztin diagnostiziert einen anaphylaktischen Schock. Verliert Marcel nun ein zweites Mal die Frau, die er liebt?


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Inhalt

Cover

Mit dir an meiner Seite

Vorschau

Impressum

Mit dir an meiner Seite

Der arme Marcel! Mit dem Tod seiner Frau hat das Leben für ihn jeden Sinn verloren. Dabei weiß er, dass der Tod für Nina, die an ALS litt, am Ende eine Erlösung war. Dennoch will ihm die Arbeit auf seinem Biohof nicht mehr so recht von der Hand gehen. Das ändert sich langsam, als er ausgerechnet auf dem Friedhof der hübschen Witwe Laura begegnet. Ihr Mann war Diplomat und ist bei einem Terroranschlag ums Leben gekommen. Nun steht sie mit ihren zwei Kindern alleine da.

Ganz vorsichtig nähern sich Marcel und Laura einander an. Obwohl beide das schlechte Gewissen plagt, werden sie schließlich doch ein Paar. Aber ihr Glück scheint nicht von langer Dauer zu sein. Laura ist zusammengebrochen und dem Tod näher als dem Leben ...

»Was hältst du von einem schönen Abendspaziergang, Liebes?«, fragte Dr. Werner Bergen seine Frau.

Sie waren gerade mit dem Essen fertig geworden, und der laue Abend lockte ins Freie.

»Wuff, wuff!«, antwortete Dolly an Frauchens Stelle.

Das Wort »Spaziergang« kannte sie ganz genau, und selbstverständlich war sie immer dafür zu haben.

»Du bist nicht gefragt, meine Süße.«

Andrea Bergen, Notärztin am Elisabeth-Krankenhauses, gab der naseweisen Mischlingshündin einen liebevollen Klaps auf die Nase.

»Ist doch klar, dass Dolly sofort Ja sagt, auch wenn sie nicht gefragt ist«, nahm Franzi, die zwölfjährige Tochter des Hauses, den heißgeliebten Familienhund in Schutz.

»Freu dich lieber, dass wir einen so klugen Hund haben«, warf Hilde Bergen, Andreas Schwiegermutter, ein. Sie war gerade dabei, den Esstisch abzuräumen. »Dolly versteht jedes Wort.«

Dolly gab einen zustimmenden Laut von sich, legte ihre Pfote auf Andreas Schenkel und schaute ihr Frauchen mit triumphierendem Blick an. Es war beinahe, als wollte sie sagen: »Siehst du, der Rest der Familie nimmt mich ernst!«

»Ach, ist das süß!«

Schon hatte Franzi ihre Kamera in der Hand und machte ein Foto von ihrer Mutter und Dolly.

»Bekomme ich heute noch eine Antwort auf meine Frage?«, wandte Werner Bergen sich schmunzelnd an seine Frau.

»Antwort?« Andrea runzelte leicht die Stirn. Sie hatte einen langen, anstrengenden Dienst mit vielen Noteinsätzen hinter sich. »Was hast du denn gefragt?«

»Mama, du hast ein Gedächtnis wie ein Sieb«, kicherte Franzi.

»Ich habe nur nicht richtig zugehört«, stellte Andrea richtig und lächelte ihrer besseren Hälfte entschuldigend zu.

»Ich habe gefragt, was du von einem schönen Abendspaziergang hältst«, wiederholte Werner seine Frage, und auch diesmal kam Dolly ihrem Frauchen zuvor.

»Wuff, wuff!«

Franzi lachte lauthals, und auch ihre Omi schmunzelte.

»Ruhe!«, rief Andrea und hob leicht entnervt die Hand, was zur Folge hatte, dass Dolly mit einem um Verzeihung heischenden Fiepen den Kopf auf Frauchens Schuh legte.

»Jetzt darfst du was sagen«, meinte Werner amüsiert.

»Ach ja ...« Andrea lehnte sich zurück und faltete die Hände über ihrem Bauch. Sie hatte eindeutig wieder zu viel gegessen. Doch Hildes Champignonschnitzel waren einfach zu lecker gewesen. Natürlich wäre ein Verdauungsspaziergang jetzt die beste Idee gewesen, aber sie hatte bereits andere Pläne. »Sei mir bitte nicht böse, aber ich habe heute Abend eigentlich etwas anderes vor.«

Dolly schnaufte enttäuscht.

»Willst du noch wegfahren?«, erkundigte Hilde Bergen sich.

Sie hätte es lieber gesehen, wenn ihre Schwiegertochter – die ihrer Meinung nach viel zu viel arbeitete – sich ausgeruht oder einen Abendspaziergang unternommen hätte.

Andrea nickte. »Ich mache mir Sorgen um Nina Beringer und dachte mir, ich schaue mal kurz auf dem Hof vorbei.«

»Auf dem Biohof?«, horchte Hilde auf.

»Ja«, bestätigte Andrea. »Brauchst du etwas?«

Die Bergens bezogen ihr Fleisch, das Gemüse, die Eier und den Honig vom Biohof Beringer. Vor allem Andrea fuhr öfter dorthin, nicht nur als Kundin, sondern auch als Ärztin und gute Freundin.

»Wir könnten wieder frische Eier gebrauchen«, erwiderte Hilde.

»Und Honig!«, fügte Franzi hinzu. »Das Glas ist schon wieder fast leer.«

»In Ordnung.« Andrea hoffte, dass sie sich das alles merken konnte.

»Wie geht es denn Frau Beringer?«, wollte Hilde wissen.

»Nicht gut, das ist es ja.«

»Frau Beringer tut mir leid«, seufzte Franzi und sah dabei aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.

Nina Beringer litt an ALS, Amyotropher Lateralsklerose, einer degenerativen Krankheit des motorischen Nervensystems. Seit Langem schon kämpfte sie tapfer gegen diese Krankheit an. Obwohl ihr Körper immer mehr verfiel, arbeitete sie noch auf dem Hof mit, so weit es ihr möglich war. Doch lange würde das nicht mehr gehen.

»Mir auch«, erwiderte Andrea leise und drückte Franzis Hand.

»Dann willst du also lieber zum Biohof fahren?«, fragte Werner.

»Ja, wenn du nichts dagegen hast. Wie sieht es aus – kommst du mit?«

Während er noch überlegte, kam seine Mutter ihm mit der Antwort zuvor: »Werner, warum unternimmst du nicht mit Franzi und Dolly diesen Abendspaziergang und lässt deine Frau allein fahren?«

»Au ja!«, rief Franzi begeistert, und Dolly schoss so heftig in die Höhe, dass sie beinahe die Tischdecke heruntergerissen hätte.

»Alter Schussel!«, schimpfte Andrea.

»Gute Idee«, stimmte Werner dem Vorschlag seiner Mutter zu. »Natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht, Schatz.«

Andrea schenkte ihm ein Lächeln. »Nein, natürlich nicht«, versicherte sie. »Viel Spaß.«

»Danke.« Werner stand auf. »Dann wollen wir mal los, Mädels.«

»Super!«, rief Franzi und eilte zur Tür, Dolly folgte ihr mit aufgeregtem Schwanzwedeln.

Andrea erhob sich ebenfalls.

»Und ich werde auch gleich losfahren. Danke für das leckere Abendessen.« Sie drückte der besten aller Schwiegermütter ein Küsschen auf die Wange. »Dürfen wir dich mit dem Abwasch auch allein lassen?«

Normalerweise half zumindest Franzi in der Küche.

»Natürlich, ich stecke das Geschirr ja sowieso nur in die Spülmaschine«, winkte Hilde ab. »Anschließend werde ich es mir vor dem Fernseher gemütlich machen.«

»Ah, Krimiabend«, meinte Andrea mit einem Zwinkern. Ihre Schwiegermutter war ein ausgesprochener Krimi-Fan und sah sich die meisten Serien an. »Dann wünsche ich dir viel Spaß.«

»Danke, den werde ich haben. Grüße die Beringers von mir. Ich werde mich demnächst auch selbst mal wieder auf dem Hof blicken lassen.«

***

Der Biohof der Beringers war ein stattliches Anwesen. Das Hauptgebäude war ein großes Fachwerk-Bauernhaus, das in den letzten Jahrzehnten mehrfach modernisiert worden war. Vor den Fenstern standen Kästen mit üppig blühenden Blumen.

An das Wohnhaus schlossen die Stallungen an. Außerdem gab es noch mehrere kleinere Nebengebäude. In einem davon war die Imkerei untergebracht, in einem anderen befanden sich der Hofladen und das Büro.

Andrea Bergen lenkte ihren Wagen in den Hof und parkte auf dem dafür vorgesehenen Platz. Dort standen bereits mehrere andere Autos. Auf dem Biohof herrschte immer ein reges Kommen und Gehen.

Andrea gönnte den Beringers den Erfolg von ganzem Herzen. Marcel und Nina Beringer waren beide Diplomlandwirte und Imker. Sie führten den Betrieb mit viel Fleiß und Liebe. Die Kunden kamen in Heerscharen zu ihnen, und auch ihr Stand auf dem Wochenmarkt war immer gut besucht.

Nur Kinder, die den Hof einmal übernehmen würden, gab es nicht. Die Ehe war kinderlos geblieben, und nun war Nina Beringer unheilbar krank.

Der Wagen, neben dem Andrea parkte, kam ihr bekannt vor. Ach ja, er gehörte Dr. Robert Biehler, einem der Röntgenologen im Elisabeth-Krankenhaus.

Dr. Biehler war mit der Anästhesistin Jenny Krottenbaum liiert und ein wahrer Gesundheitsfanatiker. Klar, dass er nur in Bioläden einkaufte.

Andrea stieg aus und begrüßte den Kollegen. Der junge Mediziner hatte zwei große Taschen bei sich, die er jetzt im Kofferraum verstaute.

»Hallo, Frau Bergen«, gab er mit einem jungenhaften Lächeln zurück. »Auch hier, um die Biovorräte in der Speisekammer aufzufüllen?«

»Unter anderem. Aber ich wollte auch nach Frau Beringer sehen. Ich habe gehört, dass es ihr gar nicht gut geht.«

Robert Biehlers Lächeln erlosch schlagartig. Andrea wusste, was das zu bedeuten hatte. Ihr wurde das Herz schwer.

»Es geht ihr miserabel«, erwiderte der Kollege ernst. »Aber das habe ich auch nicht anders erwartet, nachdem sie letzte Woche bei uns war, um ihre Lunge röntgen zu lassen. Die Ergebnisse waren erschreckend.«

»Wie furchtbar.« Andrea bedrückten die schlechten Nachrichten sehr. »Ich wollte, ich hätte längst mal wieder nach ihr gesehen. Aber in letzter Zeit habe ich so oft Doppelschichten übernommen, und das bisschen Freizeit, das mir dabei geblieben ist, habe ich hauptsächlich damit verbracht, mich auszuruhen.«

»Dafür hat doch jeder Verständnis, Frau Bergen. Auch Frau Beringer, da bin ich mir ganz sicher. Gerade eben erst hat sie wieder nach Ihnen gefragt. Sie wird sich über Ihren Besuch sehr freuen. Aber erschrecken Sie nicht über ihr Aussehen«, warnte er die Notärztin.

Andrea nickte, dann wechselte sie noch ein paar Worte mit dem Kollegen.

Als Dr. Biehler in seinen Wagen stieg, ging Andrea auf das Wohnhaus zu. Einkaufen würde sie später. Erst wollte sie nach Nina sehen.

Die Haustür stand offen. Andrea betrat den Flur und klopfte an die Tür zum Besucherzimmer, einem gemütlichen Raum mit großem Kachelofen, in dem die Beringers gern mit ihren Stammkunden bei einem kleinen Imbiss oder einem Glas Met zusammensaßen.

»Herein«, rief eine schwache, kaum verständliche Stimme.

Andrea drückte die Klinke nach unten und trat ein. Sie hatte erwartet, Nina in einem der bequemen Sessel sitzen zu sehen, vielleicht im Gespräch mit Kunden oder ihrem Mann. Stattdessen saß sie im Rollstuhl am Fenster, eine Wolldecke über ihre Beine gebreitet. In ihrem Schoß lag das Gästebuch, in dem sie gerade geblättert hatte. Mit einem wehmütigen Ausdruck legte sie es auf das kleine runde Tischchen zurück.

»Schön, dass Sie wieder mal vorbeischauen, Andrea«, begrüßte Nina Beringer die Notärztin.

Ihre Worte waren kaum verständlich und klangen eher wie ein Lallen, was an ihrer Atemnot und der stark beeinträchtigten Zungenmuskulatur lag.

Andrea schluckte. Sie hatte alle Mühe, ihr Entsetzen zu verbergen. Wie konnte ein Mensch innerhalb so kurzer Zeit nur derart verfallen? Ninas Gesicht wirkte eingefallen und gleichzeitig merkwürdig aufgedunsen. Andrea wusste, dass das zum einen von den Medikamenten kam, die ihre Bekannte einnehmen musste, zum anderen aber auch an den schwindenden Muskeln lag.

Es war das erste Mal, dass die Notärztin Nina im Rollstuhl sah. Die Krücken, die sie bisher benutzt hatte, lehnten griffbereit daneben.

»Hallo, Nina«, sagte Andrea so heiter wie möglich. »Wie geht es Ihnen?«

Nina verzog bitter die Lippen, um die es unkontrolliert zuckte.

»Sie sehen ja, was aus mir geworden ist«, murmelte sie undeutlich, wobei Andrea große Mühe hatte, ihre Worte zu verstehen. »Ohne Rollstuhl läuft gar nichts mehr. Es geht abwärts, immer weiter abwärts. Setzen Sie sich doch.«

Andrea zog sich einen Stuhl heran.

»Es wird wieder werden«, versuchte sie, ihr Mut zu machen, und kam sich gleichzeitig unaufrichtig vor.

Es sah nicht so aus, als würde sich Nina Beringers Gesundheitszustand noch einmal verbessern, auch wenn es immer wieder neue therapeutische Maßnahmen gab, die das Fortschreiten der Krankheit aufhalten sollten.

»Nein, es wird nicht mehr werden«, gab Nina dann auch zurück. Diesmal klangen ihre Worte verständlicher. »Aber reden wir nicht von meiner Krankheit. Was darf ich Ihnen anbieten?«

»Danke, nichts. Ich komme gerade vom Abendessen. Mein Magen braucht dringend eine Ruhepause.«

Nina lächelte, doch es sah eher aus, als würde sie eine Grimasse schneiden. Sie begann zu plaudern, wobei sie sich sichtlich Mühe gab, die Worte deutlich auszusprechen.

Andrea erfuhr, dass die Beringers in der Imkerei einen neuen Angestellten hatten, der sehr tüchtig war und viel von Bienen verstand, und dass der neue Akazienhonig besonders lecker war. Ninas Bericht war ein verzweifelter Versuch, so etwas wie Normalität herzustellen.

***

Nach einer Weile kam Ninas Mann herein. Marcel Beringer war ein stattlicher Mittdreißiger mit braunen Haaren und einem sympathischen Gesicht. Er begrüßte die Notärztin mit einem herzlichen Händedruck. Offensichtlich freute auch er sich, Dr. Bergen wieder einmal zu sehen.

Andrea sah die neuen Falten, die sich um seinen Mund eingegraben hatten, und wusste, wie sehr er darunter litt, seiner Frau beim Sterben zuzusehen. Was hätte sie nicht alles dafür gegeben, Nina helfen zu können. Leider gab es nicht mehr viele Möglichkeiten, wenn überhaupt.

Marcel nahm die Flasche mit dem Honigwein aus dem antiken Bauernschrank.

»Ein Gläschen, Andrea?«, wandte er sich an den Gast.

Die Notärztin seufzte. »Nina wollte mir schon etwas anbieten, aber, wie gesagt, ich komme gerade vom Abendessen ...«

»Dann ist ein Gläschen Honigwein jetzt genau das Richtige«, entschied Marcel Beringer, stellte zwei Gläser auf den Tisch und füllte sie mit Met.

Dann nahm er die Medikamente seiner Frau aus der Schublade, schenkte ihr ein Glas Wasser ein und stellte alles griffbereit auf den kleinen runden Tisch neben ihrem Rollstuhl.

»Na gut, überredet.« Andrea nahm ihr Glas und trank Marcel und Nina zu. »Auf die Gesundheit und weiterhin viel Erfolg für Ihren wunderschönen Biohof.«