Pakt der Dunkelheit - Lara Adrian - E-Book

Pakt der Dunkelheit E-Book

Lara Adrian

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Beschreibung

Dieser Leidenschaft hält nichts stand ...

Der Vampir Jehan hat einst seine Heimat verlassen, um einem Käfig aus Pflicht und Tradition zu entkommen. Aber dann zwingt ein alter Pakt den Wüstenprinzen zurückzukehren, um die schöne Seraphina zur Frau zu nehmen. Diese ist ebenso entschlossen wie Jehan, nicht zur Spielfigur ihrer beider Familien zu werden. Doch die Leidenschaft, die zwischen ihnen aufflammt, können sie schon bald nicht mehr verleugnen.

"Pakt der Dunkelheit", die neue Romantic Fantasy-Novelle aus der "Midnight Breed"-Reihe von Bestseller-Autorin Lara Adrian, nimmt den Leser mit auf eine sinnliche Reise in den Orient.

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Seitenzahl: 172

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Inhalt

TitelZu diesem Buch1234567891011121314151617Die AutorinDie Romane von Lara Adrian bei LYXLeseprobeImpressum

LARA ADRIAN

Pakt der Dunkelheit

Ins Deutsche übertragen von Firouzeh Akhavan-Zandjani

Zu diesem Buch

Der Vampir Jehan hat einst seine Heimat verlassen, um einem Gefängnis aus Pflicht und Tradition zu entkommen. Aber dann zwingt ein alter Pakt den Wüstenprinzen zurückzukehren, um die schöne Seraphina zur Frau zu nehmen. Diese ist ebenso entschlossen wie Jehan, nicht zur Spielfigur ihrer beider Familien zu werden. Doch die Leidenschaft, die zwischen ihnen aufflammt, können sie schon bald nicht mehr verleugnen.

1

Schreie hallten durch eine der vielen schmalen, mit Kopfstein gepflasterten Gassen im Herzen von Roms altem pittoresken Stadtteil Trastevere. Das schrille Kreischen eines Menschen in Todesangst schnitt mit der Schärfe einer Klinge durch die Nacht.

Oder eher mit der Schärfe wilder, spitzer Fänge.

Fänge, wie sie die Banden gefährlicher Jäger besaßen, die die Kehle eines menschlichen Mitbürgers vor einer Minute in einem Tanzklub auf der anderen Seite der Stadt zerrissen hatten.

Shit. Jehan warf den anderen beiden Stammesvampiren, die ihm folgten, einen besorgten Blick über die Schulter zu. »Sie kommen davon, wenn wir uns nicht beeilen.«

Er und seine Teamkollegen – Ordensmitglieder der Kommandozentrale in Rom – waren schon hinter den vier blutrünstigen Rogues her, seit man ihre Patrouille über den Mord im Klub informiert hatte. Sie hatten die Situation unter Kontrolle gebracht, ehe irgendein Mensch überhaupt gewahr geworden war, was da ablief. Doch ihr Einsatz würde erst vorbei sein, wenn sie die Abkömmlinge ihrer eigenen Rasse, die dem Blutdurst verfallen waren, eingeäschert hatten.

»Schwärmt aus«, befahl er seinen Männern. »Verdammt noch mal! Wir dürfen sie nicht verlieren! Kreist sie ein.«

Sein Kamerad und guter Freund, Savage, grinste und nickte mit seinem blonden Schopf, ehe er auf Jehans Befehl hin scharf nach rechts in eine der gewundenen Gassen abbog. Der andere Krieger – ein bedrohlich wirkender Hüne mit glatt rasiertem Schädel namens Trygg – gab durch nichts zu verstehen, dass er den Befehl seines Anführers gehört hatte, sondern verschwand einfach wortlos wie ein Geist, um ihn auszuführen.

Jehan raste pfeilschnell durch die enge, alte Gasse, die vor ihm lag, und wich dabei den langsam fahrenden Autos und Taxis aus, die zu dieser späten Stunde kurz vor Mitternacht in diesem Bezirk, der voller Touristen und Partygänger war, kaum vorankamen.

Die Leute, die heute Abend unterwegs waren, bestanden aus Menschen und Stammesvampiren, was vor zwanzig Jahren, ehe die Menschheit von der Existenz der Vampire erfahren hatte, noch ganz und gar unmöglich gewesen wäre.

Jetzt lebten überall auf der ganzen Welt beide Rassen offen nebeneinander. Sie arbeiteten zusammen. Sie regierten zusammen. Aber der hart erkämpfte Frieden war nicht stabil. Es brauchte nur einen einzigen schrecklichen Mord wie den von heute Abend, um eine weltweite Panik auszulösen.

Während sich alle Stammeskrieger des Ordens dieser Sache bis zum letzten Atemzug verschrieben und geschworen hatten, dies zu verhindern, gab es unter den Menschen und den Stammesvampiren welche, die mehr oder weniger heimlich dazu anstifteten.

Dass der Angriff der Rogues am heutigen Abend Teil einer Verschwörung war, konnte man deutlich erkennen. Und es war nicht der erste derartige Vorfall. Im Verlauf der letzten Nächte hatte es mehrere solcher Übergriffe in Rom und anderen europäischen Städten gegeben. Zwar war es nicht ungewöhnlich, dass Abkömmlinge von Jehans Art unwiderruflich dem Blutdurst verfielen, doch die Flut jüngster Morde in aller Öffentlichkeit durch Rogues, deren Blutdurst durch irgendein Rauschmittel noch verstärkt wurde, ließ eine Verbindung zu einer Terrorgruppe namens Opus Nostrum vermuten.

Erst vor ein paar Tagen war dem Orden ein vernichtender Schlag gegen Opus gelungen, bei dem dem jüngsten Anführer, der sein Hauptquartier in Irland hatte, das Handwerk gelegt worden war. Somit waren die Intrigen fürs Erste gestoppt, aber es gab viele im Verborgenen agierende Mitglieder, und ihre Machenschaften schienen keine Grenzen zu kennen. Diesen Umtrieben und jenen, die daran beteiligt waren, musste Einhalt geboten werden, denn ansonsten würden die Konsequenzen katastrophal sein.

Jehan bewegte sich so schnell, dass seine Gestalt vor menschlichen Augen verschwamm, als er über die Motorhaube eines stehenden Taxis sprang, um sich auf ein Ziegeldach zu katapultieren und so nicht mehr von den verstopften Straßen aufgehalten zu werden.

Seine schweren schwarzen Einsatzstiefel machten kein Geräusch, als er mit übernatürlicher Geschwindigkeit ungesehen über die unwegsamen Dächer setzte. Er sprang von einem Dach zum nächsten und ließ sich dabei von seinem Instinkt leiten – und dem schwachen, metallischen Geruch frischen Blutes, der in der Luft hing, während der Rogue versuchte, seinen Verfolgern zu entkommen.

Er lebte für diese atemberaubenden Momente. Den Adrenalinschub. Die Erregung, die mit der Jagd einherging. Für die Überzeugung, dass er etwas wirklich Sinnvolles tat, etwas, mit dem er etwas bewirkte.

Dieses Leben war weit entfernt von der noblen Welt mit ihrer nutzlosen Dekadenz, in die er von seiner Familie in Marokko hineingeboren worden war.

Das alte Leben versuchte ihn nach wie vor zurückzuholen, obwohl er seit mehr als einem Jahrzehnt keinen Fuß mehr auf heimischen Boden gesetzt hatte.

Es waren zwölf Monate und ein Tag vergangen, seitdem er die Nachricht von seinem Vater erhalten hatte. Jehan wusste, was das bedeutete, und er konnte nicht vorgeben, seitdem nicht jedes einzelne Ticken der Uhr zu hören, die verkündete, dass seine Zeit ablief.

Mit einem leisen Knurren verdrängte er die Erinnerung an die Verpflichtung, die er absichtlich ignorierte. Zum jetzigen Zeitpunkt sollte er sich lieber auf den vor ihm liegenden Einsatz konzentrieren.

Unter sich erspähte Jehan einen fliehenden Rogue in der sich windenden Gasse. Seine Finger schlossen sich um das Heft seines Titaniumdolches, ehe er ihn zog und schleuderte. Ein direkter Treffer. Der Dolch erwischte den Rogue mitten im Rücken und ließ ihn auf der Stelle tot umfallen.

Normalerweise brauchte es schon mehr, um einen Stammesvampir zur Strecke zu bringen, doch Titanium war Gift für Vampire, die sich in Rogues verwandelt hatten, und löste ihre verseuchten Körper wie Säure auf. Innerhalb von Minuten oder gar schneller würde von der Leiche nur noch ein Häufchen Asche übrig sein.

Jehan hielt sich nicht damit auf, diesen Prozess zu beobachten. Während er seinen Lauf über die Dächer fortsetzte, beobachtete er, wie Trygg einem der verbleibenden Rogues immer näher kam. Blitzschnell warf der große Krieger den fliehenden Vampir zu Boden. Der Rogue heulte auf, verstummte aber abrupt, als Trygg ihm den Kopf mit seiner Klinge vom Leib abtrennte.

Zwei erledigt. Noch zwei übrig.

Noch einer übrig. Jehans scharfes Gehör hatte die Geräusche eines kurzen Kampfes wahrgenommen, als Savage seine Beute in einer anderen Gasse mit einem tödlichen Stich seines Titaniumdolches zur Strecke brachte.

Jehan sprang aufs nächste Dach und bewegte sich tiefer in den uralten Teil der Stadt hinein. Sein Jagdtrieb verstärkte sich, als er sich dem letzten fliehenden Rogue zuwandte. Der Vampir beging einen entscheidenden Fehler, als er in eine Sackgasse einbog … eine Straße ohne Wiederkehr.

Mit einer fließenden Bewegung sprang Jehan vom Dach und ließ sich hinter dem Rogue auf das Kopfsteinpflaster fallen, womit er ihm jede Möglichkeit zur Flucht nahm. Einen Augenblick später – gerade als der gefährliche Vampir herumwirbelte – trat auch Savage aus dem Dunkel hervor, und der Rogue erkannte, dass er keine Möglichkeit zur Flucht mehr hatte.

Der mächtige Hüne fixierte die beiden Ordenskrieger. Von seinen Fängen tropften Blut und Speichel. Die zu schmalen, vertikalen Schlitzen verengten Pupillen waren vom feurigen bernsteinfarbenen Feuer der transformierten Augen umgeben. Wie von Sinnen in seinem Blutrausch stieß er ein lautes Brüllen aus und setzte zum Sprung an.

Doch Jehan gab ihm keine Gelegenheit zum Angriff.

Ohne Vorwarnung und ohne Erbarmen zog er seinen Dolch. Die Titaniumklinge glitzerte im Mondlicht, als die Waffe durch die Luft flog und sein Ziel traf, wobei die Schneide tief bis zum Heft in die Brust des Rogues eindrang.

Der Vampir kreischte vor Schmerz und Qual und brach dann auf den Pflastersteinen zusammen, während das giftige Metall sein tödliches Werk vollendete.

Als alles vorbei war, trat Jehan zu dem Haufen aus Asche und zog seine Klinge daraus hervor.

Hinter ihm stieß Savage einen leisen Fluch aus. »Vier Stammesvampire verwandeln sich in derselben Nacht in derselben Stadt in Rogues? Das hat es in den vergangenen zwanzig Jahren nicht ein einziges Mal in dieser Häufung gegeben.«

Jehan nickte. Er war damals zwar noch sehr jung gewesen, aber doch schon alt genug, um sich noch an alles zu erinnern. »Lass uns hoffen, dass wir nie wieder ein solches Blutvergießen wie damals erleben, Sav.«

Noch ein Grund mehr, Opus Nostrum mit Stumpf und Stiel auszurotten. Jehan, ein Stammesvampir, der einen großen Teil seines privilegierten Lebens damit verbracht hatte, einem Vergnügen nach dem anderen hinterherzujagen, konnte sich keine höhere Berufung vorstellen als die Position, die er innerhalb des Ordens einnahm.

Er wischte seinen Dolch ab und schob ihn in die Scheide am Gürtel seiner schwarzen Kampfhose zurück. »Los, komm«, sagte er zu Savage. »Ich hab Trygg einen von den vieren ein paar Straßen weiter einäschern sehen. Lass uns nach ihm schauen und sicherstellen, dass es keine Zeugen gibt, bei denen wir die Erinnerung löschen müssen, ehe wir Archer im Hauptquartier Bericht erstatten.«

Sie machten auf dem Absatz kehrt, um die Gasse zu verlassen … und stellten fest, dass sie nicht mehr allein waren.

Ein weiterer Stammesvampir stand in der Einmündung zu der schmalen Gasse. Der dunkeläugige Vampir mit dem sauber gestutzten Bart um den ernsten, schmalen Mund trug eine schwarze, seidene Tunika über einer locker sitzenden schwarzen Hose, die in glänzend polierten schwarzen Lederstiefeln steckte, welche fast bis zu den Knien reichten.

Das einzige farbige Stück Stoff war eine gelb-blau gestreifte Schärpe aus Seide, die er sich locker um die Taille geschlungen hatte. Die Familienfarben … nur den förmlichsten Anlässen vorbehalten.

Jehan konnte den leisen Fluch nicht zurückhalten, der ihm bei dem Anblick unwillkürlich über die Lippen kam.

Neben ihm bewegten sich Savages Finger auf seine Waffen zu, die in seinem Gürtel steckten.

»Alles in Ordnung«, beruhigte Jehan seinen Kameraden und nickte ihm kurz zu. »Naveen ist ein Abgesandter meines Vaters.«

Der dunkelhaarige Mann neigte bestätigend den Kopf. »Seid gegrüßt, Prinz Jehan, edler ältester Sohn von Rahim, dem gerechten und erlauchten König des Stammes Mafakhir.«

Die höfische Verbeugung, die dann folgte, hätte genau wie die förmliche Anrede bei Jehan fast die Reißzähne hervortreten lassen. Aus den Falten seiner Tunika holte Naveen ein mit einem Siegel versehenes Pergament hervor. Schweigend reichte der königliche Bote Jehan es mit ernster, erwartungsvoller Miene.

Auf der Rückseite des offiziellen Sendschreibens befand sich das rote Wachssiegel … genau wie bei der Botschaft, die Jehan in gleicher Weise vor einem Jahr erhalten hatte.

Vor einem Jahr und einem Tag, korrigierte er sich im Stillen.

Einen Moment lang stand Jehan nur regungslos da.

Doch er wusste, dass Naveen mit dem ausdrücklichen Befehl geschickt worden war, die versiegelte Nachricht zu überreichen, und dass es einer Entehrung des Mannes gleichkommen würde, wenn er bei diesem Auftrag versagte.

Jehan trat vor und nahm das steife, gefaltete Pergament aus Naveens ausgestreckter Hand entgegen. Kaum war das Dokument in Jehans Besitz, machte der königliche Abgesandte auf dem Absatz kehrt und verschwand wortlos im Dunkel der Straße.

»Was zum Teufel war das denn?«, brach der verdutzte Savage das Schweigen.

»Familienangelegenheiten. Nichts Wichtiges.« Jehan schob das Pergament in seinen Hosenbund, ohne es zu öffnen und zu lesen.

»Der Typ machte aber den Eindruck, als ob es etwas sehr Wichtiges wäre.« Als Jehan sich in Bewegung setzte und dem Ausgang der Gasse zustrebte, passte Sav sich seinem schnellen Schritt an. »Worum handelt es sich? Etwa um so eine Art königliche Zwangsvorladung?«

»Um so etwas in der Art«, brummte Jehan.

»Willst du es denn nicht lesen?«

»Das ist nicht nötig«, erwiderte Jehan mit einem Achselzucken. »Ich weiß, was drinsteht.«

Sav zog eine blonde Augenbraue hoch. »Du schon, aber ich nicht.«

Um die Neugier seines Freundes zu befriedigen, zog Jehan das versiegelte Pergament wieder aus dem Hosenbund und reichte es ihm. »Nur zu. Lies selbst.«

Sav brach das Siegel, entfaltete das Pergament und las, während Jehan in eine weitere schmale Gasse einbog. »Hier steht, dass jemand gestorben wäre. Ein Ehepaar, das vor einem Jahr bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist.«

Jehan nickte grimmig, denn er wusste bereits vom tragischen Tod des Paares. Die Nachricht von dem Unglück, das sie ereilt hatte, war der Grund für das erste offizielle Sendschreiben gewesen, das er von seinem Vater erhalten hatte.

Savage las weiter. »Hier steht, dass das Paar – ein Stammesvampir vom Stamm der Mafakhir und eine Stammesgefährtin der Sanhaja – die Blutsverbindung im Rahmen eines Friedensvertrages zwischen den beiden Familien eingegangen war.«

Jehan bestätigte dies mit einem Brummen. Der Friedensvertrag hatte schon seit Jahrhunderten Bestand und war die Folge einer unglückseligen Verkettung von Ereignissen gewesen, durch die es zu einer blutigen Fehde zwischen seiner Familie und ihren Nachbarn, den Sanhajas, gekommen war. Nachdem auf beiden Seiten genug Blut geflossen war, hatte man sich schließlich auf einen Waffenstillstand geeinigt. Ein Waffenstillstand, bei dem eine andere Art von Blut floss, um die Beziehung zu festigen.

Es wurde ein Bund für die Ewigkeit geschlossen, indem ein männlicher Abkömmling aus Jehans Familie eine Blutsverbindung mit einer Stammesgefährtin des gegnerischen Stammes einging. Solange die beiden Familien durch dieses Paar verbunden waren, hatte Frieden geherrscht. Der Vertrag war nie gebrochen worden. Das Paar, welches bei dem Flugzeugabsturz das Leben verloren hatte, war die einzige verbliebene Verbindung der Familien in der heutigen Zeit gewesen. Durch ihren Tod befand sich der Friedensvertrag in der Schwebe, bis ein neues Paar gefunden war, um das Bündnis zu erneuern.

Savage war nun zu dem Teil der Nachricht gelangt, vor dem Jehan sich die letzten zwölf Monate gefürchtet hatte. »Hier steht, dass der Vertrag besagt, sollte die Blutsverbindung unterbrochen werden und sich nach Ablauf von einem Jahr und einem Tag kein anderes Paar entscheiden, sie fortzusetzen, müssen der ungebundene Sohn des ältesten Stammesvampirs des Stammes Mafakhir und die ungebundene Stammesgefährtin der Sanhaja, die dem dreißigsten Lebensjahr am nächsten ist …«

Sav wurde immer langsamer und blieb schließlich ganz stehen. Er drehte den Kopf in Jehans Richtung. »Da laust mich doch der Affe! Das kann doch wohl nicht wahr sein, oder? Du wirst nach Hause nach Marokko beordert, um eine Paarbindung einzugehen?«

Allein bei dem Gedanken bildeten sich schon finstere Falten auf Jehans Stirn. »Ja, der Tradition entsprechend wird das von mir verlangt.«

Sein Freund brach in schnaubendes Gelächter aus. »Ey, Mann. Herzlichen Glückwünsch, Euer Durchlaucht. Bin ich froh, dass ich den Hauptgewinn nie ziehen werde.«

Jehan reagierte darauf mit einem unwirschen Fluch. Er konnte nichts Witziges an der ganzen Situation finden, aber sein Freund schien sich auf geradezu unangenehme Weise köstlich zu amüsieren.

Sav musste immer noch lachen, als sie sich wieder in Bewegung setzten. »Wann soll das freudige Ereignis denn stattfinden?«

»Morgen«, brummte Jehan.

Es gab zwar vertragliche Vereinbarungen für die Zeit, ehe der Bund mit der fraglichen Stammesgefährtin geschlossen wurde, doch wie das Ganze ablaufen sollte, war unklar. Im Grunde genommen hatte er dem Kleingedruckten des Vertrages nie große Aufmerksamkeit geschenkt, weil er gar nicht auf die Idee gekommen war, er würde die Information irgendwann einmal brauchen.

Er ging eigentlich auch nicht davon aus, es jetzt wissen zu müssen, denn er hatte nicht die Absicht, bei diesem antiquierten Ritus mitzumachen. Aber ob es ihm nun gefiel oder nicht, so war der Respekt vor seinem Vater doch zu groß, um ihn oder seine Familie zu blamieren, indem er noch nicht einmal der Aufforderung Folge leistete, zu erscheinen.

Er schien wohl also keine andere Wahl zu haben, als zum Dunklen Hafen der Familie in Marokko zurückzukehren und sein Bedauern persönlich auszusprechen.

Er konnte nur hoffen, dass sein Vater den verlorenen ältesten Sohn genug respektierte, um ihn von der lächerlichen Verpflichtung zu befreien und ihn so vor der unerwünschten Fessel zu bewahren, die ihn ansonsten erwartete.

2

Achtzehn Stunden später und gerade in Casablanca aus dem Flugzeug gestiegen, saß Jehan jetzt auf dem Beifahrersitz des schimmernden schwarzen Lamborghinis seines jüngeren Bruders, während sie zum Dunklen Hafen der Familie Mafakhir brausten, der etwa eine Stunde Fahrzeit von der Stadt entfernt war.

»Vater hat nicht geglaubt, dass du kommen würdest.« Marcel warf Jehan einen kurzen Blick zu. Sein Arm ruhte lässig auf dem Lenkrad, während der schnittige Aventador die in Mondlicht getauchte Autobahn entlangfuhr und die anderen Wagen so mühelos überholte, als würden diese stehen. »Ich muss gestehen, dass ich mir auch nicht sicher war, ob du hier wirklich auftauchst. Nur Mutter schien fest überzeugt, dass du den Brief nicht zu Konfetti verarbeiten und Naveen damit zurückschicken würdest.«

»Mir war gar nicht klar, dass diese Möglichkeit zur Wahl stand.«

»Sehr witzig«, erwiderte Marcel und warf ihm noch einen Blick von der Seite zu.

Jehan sah aus dem Fenster und richtete den Blick auf die nächtliche Wüstenlandschaft. Weil er auf den Ruf der Familie reagierte, hatte er seinen Geisteszustand schon infrage gestellt, als er noch in Rom gewesen war.

Auch Lazaro Archer, sein Teamleiter beim Orden, war nicht sonderlich begeistert gewesen, als er von Jehans Verpflichtung hörte, wo doch gerade die Sache mit Opus Nostrum immer brenzliger wurde und es noch eine Vielzahl anderer drängender Fragen gab. Jehan hatte Lazaro versichert, dass der ungeplante Besuch nur eine Formalität und er so schnell wie möglich wieder zurück wäre – ohne die Last einer unerwünschten Stammesgefährtin im Schlepptau.

Marcel lenkte den Wagen um einen kleinen Konvoi aus Lkws herum, die humanitäre Hilfsgüter transportierten und bestimmt auf dem Weg zu einem der vielen abgelegenen Dörfer oder Flüchtlingslager unterwegs waren, die es schon seit Jahrhunderten in diesem Teil der Welt gab. Sobald die Straße frei war, drückte er das Gaspedal wieder durch.

Wenn sie sich doch nur mit dieser halsbrecherischen Geschwindigkeit vom Stammsitz der Familie entfernen würden, statt darauf zuzufahren.

»Mutter hält alle mit Vorbereitungen und Plänen auf Trab, seitdem du gestern Abend angerufen hast.« Marcel sprach mit lauter Stimme, um das Röhren des Motors zu übertönen. »Ich erinnere mich nicht, wann ich sie das letzte Mal so aufgeregt erlebt habe.«

»Ich bin zwar da«, stöhnte Jehan, »aber das bedeutet nicht, dass ich bei der ganzen Sache mitmache.«

»Wie bitte?«

Jehan schaute zu seinem Bruder hinüber und sah den völlig entgeisterten Ausdruck auf dessen Gesicht. Die hellblauen Augen, die so sehr denen von Jehan ähnelten – eine Farbe, die sie von ihrer schönen französischen Mutter geerbt hatten –, waren unter dem zerzausten Schopf aus braunem, welligem Haar weit aufgerissen. »Du musst das durchziehen. Es gibt keine Blutsverbindung mehr zwischen den Mafakhirs und den Sanhajas … seit unser Cousin und seine Stammesgefährtin vor einem Jahr gestorben sind.«

Als Jehan nicht sofort bestätigte, wie ernst die Lage war, runzelte sein Bruder die Stirn. »Wenn nach Jahr und Tag nicht von allein ein Bund zwischen den Familien geschlossen werden sollte, schreiben es die Bedingungen des Vertrages ausdrücklich vor, dass –«

»Ich weiß, was sie vorschreiben. Ich weiß aber auch, dass diese Bedingungen zu einer ganz anderen Zeit zu Papier gebracht worden sind. Wir leben jetzt nicht mehr im Mittelalter.« Gott sei Dank, fügte er im Stillen hinzu. »Der Pakt ist ein Relikt aus alten Zeiten, das dringend entsorgt gehört. Hoffentlich wird es nicht allzu schwierig sein, Vater davon zu überzeugen.«

Marcel schwieg, als sie von der Schnellstraße herunterfuhren und über ausgedehnte Ländereien brausten, die zum Besitz des Dunklen Hafens der Familie gehörten. Ein paar Minuten später bogen sie in eine Privatstraße ein.

Die weitläufigen, fruchtbaren Ländereien der Familien bestanden aus Palmenhainen, die sich schwarz vom nächtlichen Himmel abhoben … kleine Oasen inmitten von Ebenen aus dunklem, feinem Sand. Vor ihnen erhoben sich das schmiedeeiserne Tor und eine hohe Mauer aus Ziegelsteinen, welche die Anlage, in der Jehan aufgewachsen war, schützend umschloss.

Noch ehe sie den prunkvollen Dunklen Hafen ganz erreicht hatten, ließ der Drang, wegzulaufen seine Beine bereits zucken.

Während sie vor dem Tor standen und darauf warteten, eingelassen zu werden, drehte Marcel sich zu Jehan um. Auf seinem jungen, erst vierundzwanzig Jahre alten Gesicht lag ein ernster Ausdruck. »Der Vertrag ist noch nie gebrochen worden. Das weißt du doch, oder? Kein einziges Mal in all den sechshundertfünfzig Jahren, die er nun schon besteht. Der Pakt ist kein Relikt, sondern Tradition. Die mag dir vielleicht nicht heilig sein, aber unseren Eltern schon. Und den Sanhajas auch.«

Seinem Bruder war es so ernst, dass es vielleicht eine andere Möglichkeit gab, den Kelch an sich vorbeigehen zu lassen. »Wenn du das so verbissen siehst, warum springst du dann nicht ein? Tritt an meine Stelle, dann kann ich sofort kehrtmachen und wieder zu meiner Arbeit beim Orden zurück.«