Preußens erste Königin - Sophie Charlotte von Hannover - E-Book

Preußens erste Königin E-Book

Sophie Charlotte von Hannover

4,7

Beschreibung

"In ihr vereinigten sich alle Reize ihres Geschlechts mit geistiger Anmut und aufgeklärtem Verstand. In Preußen führte die Fürstin den geselligen Geist ein, echte Höflichkeit und die Liebe zu Kunst und Wissenschaft." Friedrich II. über Sophie Charlotte Den Sohn des Sonnenkönigs sollte sie heiraten, die Frau des brandenburgischen Markgrafen wurde sie. Der krönte alsbald sich und seine Gattin zu "König und Königin in Preußen". Im Berliner Stadtschloss kam Sophie Charlotte ihren Pflichten nach, ihr Parkett aber wurde der Musenhof in Schloss Lietzenburg. Dass ihr einziger Sohn, ihr Sorgenkind, als "Soldatenkönig" seinen Teil zum Aufblühen Preußens beitrug, erlebte die mit 36 Jahren verstorbene Königin nicht mehr. Wenn Preußens Gloria von den Friedrichen und Wilhelmen repräsentiert wird, dann ist Preußens Glanz maßgeblich mit dem Namen Sophie Charlotte verbunden.

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ISBN eBook 978-3-359-50061-2

ISBN Print 978-3-359-01712-7

© 2016 Eulenspiegel Verlag, Berlin

Umschlaggestaltung: Verlag, unter Verwendung eines Motivs der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg / Bildarchiv, Fotograf Roland Handrick

Die Bücher des Eulenspiegel Verlags erscheinen in der Eulenspiegel Verlagsgruppe.

www.eulenspiegel.com

Inhalt

I. Kinder- und Jugendjahre

einer Fürstentochter

II. Das Kurprinzenpaar

am Berliner Hof

III. Kurfürstin von Brandenburg

und Königin in Preußen

IV. Der Musenhof

in Lietzenburg

V. Tod in Hannover

und das Ende in Berlin

Zeittafel

Literatur

Die Stuarts, die Welfen

Schlecht sei es um die deutschen Prinzessinnen bestellt. Man gebe sie oft dem Erstbesten, der um sie werbe. Das sagt Sophie von der Pfalz, Tochter des glücklosen »Winterkönigs«, der sich gegen Kaiser und Reich gestellt hatte und nach der Schlacht am Weißen Berg seiner Kurwürde und seines Landes verlustig ging. Im Exil in Den Haag war Sophie 1630 als zwölftes Kind von Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz und Elisabeth Stuart, Tochter des englischen Königs Jakob I., zur Welt gekommen.

Als sie mit achtundzwanzig Jahren Herzog Ernst August heiratet, ist das eine standesgemäße Verbindung für die ahnenstolze Fürstentochter, führt doch das Welfenhaus seine Geschichte bis in die Karolingerzeit zurück und kann auf Heinrich den Löwen verweisen. Als vierter Sohn des Herzogs Georg von Braunschweig-Lüneburg und Fürsten von Calenberg kann Ernst August aber kaum auf eine bedeutungsvolle Stellung hoffen. Unvorhersehbare Ereignisse und Verwicklungen werden zum Aufstieg führen. Die scharfsinnige Sophie ist Dirigentin aller Familienpläne. Für ihre einzige Tochter ist sie zuversichtlich: »Es wird ihr nicht an Freiern fehlen. Sie wachsen nach wie die Köpfe des Zerberus. Wenn man einen abschlägt, werden andere kommen.«

Die sitzengelassene Braut

Es ist eher peinlich: Die Ehe der Sophie von der Pfalz kam durch einen »Brauttausch« zustande. 1650 war sie an den Hof ihres Bruder Karl Ludwig gekommen, der nach dem Westfälischen Frieden die Kurpfalz zurückerhalten hatte. Als Herzog Georg Wilhelm zu Braunschweig-Lüneburg in Begleitung seines Bruders Ernst August auf einer Reise nach Italien in Heidelberg Halt macht, verlobt er sich kurzerhand mit Sophie. Vielleicht, weil seine Landstände ihn drängten, für einen Thronfolger zu sorgen. Doch zurück aus Italien, löst er die Verlobung auf und schließt einen eigenartigen Vertrag mit seinem jüngeren Bruder: Georg Wilhelm tritt ihm die Braut ab, verpflichtet sich selbst zum Eheverzicht und erklärt, dass die männlichen Nachkommen Ernst Augusts »in einem oder beiden Fürstentümern«, nämlich in Calenberg oder Celle, »zur Regierung kommen«.

Sophie spekuliert in ihrem Tagebuch, dass wohl italienische Kurtisanen ihren Verlobten »in einen zum Heiraten wenig geeigneten Zustand versetzt« hätten, und ist ansonsten einverstanden mit dem Arrangement.

Drei unter einem Dach

Kurfürst Karl Ludwig richtet seiner Lieblingsschwester die Hochzeit am Heidelberger Hof aus. Das Paar nimmt Quartier in der Residenz von ­Georg Wilhelm, im Leineschloss von Hannover. Obwohl der Herzog die Auflösung seiner Verlobung als Wiedergewinn seiner Freiheit bezeichnet hatte, soll es zu Eifersüchteleien zwischen den beiden Brüdern gekommen sein.

Vier welfische Brüder

Da in der Familie der Welfen nicht die Erstgeborenen-Nachfolge galt, war das Fürstentum durch zahlreiche Erbteilungen immer weiter zersplittert worden. Erst unter Georg von Calenberg begann die Arrondierung der Besitzungen.

Nach dem Tod des Herzog 1641 hatte der älteste seiner vier Söhne, Christian Ludwig, die Nachfolge im Fürstentum Calenberg angetreten, doch wählte er 1648 das reichere Fürstentum Lüneburg und residierte in Celle. Daraufhin übernahm der Zweitgeborene, Georg Wilhelm, das Fürstentum Calenberg mit der Residenz Hannover.

Als Christian Ludwig 1665 ohne Nachkommen stirbt, tritt der dritte Sohn, Johann Friedrich, die Herrschaft in Calenberg an. Georg Wilhelm wechselt nach Celle, wo er als sogenannter »Heideherzog« das Fürstentum Lüneburg regiert.

Für Ernst August ist lediglich ein geistliches Amt vorgesehen. Im Ergebnis des Westfälischen Friedensvertrages war er zum Bischof des Hochstifts Osnabrück nominiert worden.

Die Brüder gelten als »barocke Lebemänner«, führen kunstsinnige Höfe, fördern die Wissenschaften, gehen auf Reisen. Ernst August wird als »der erste Gentleman Deutschlands« gefeiert, tritt weltgewandt auf und gibt verschwenderisch Geld aus. Er liebt die Musik, die italienische besonders, führt in Venedig zur Karnevalszeit ein gastoffenes Haus und hat wechselnde Favoritinnen.

Lakonisch schätzt Sophie ein, dass »das heilige Land der Ehe den galanten Sinn des Herzogs nicht geändert hat, es langweilte ihn nun mal, immer die gleiche Sache zu besitzen.«

Recht unchristlich gedacht

Als der katholische Bischof von Osnabrück, Franz Wilhelm von Wartenberg, stirbt, ist die Zeit im Wartestand endlich vorbei für den Lutheraner Ernst August. 1662, vier Jahre nach der Eheschließung, wird er zum Bischof gewählt. Mit großem Gepränge hält er Einzug in Osnabrück, wird als Fürstbischof inthronisiert und beginnt eine aufwendige und kostspielige Hofhaltung.

»Ich war über den Tod des Bischofs recht froh«, notiert Sophie, die neue Frau Fürstbischöfin.

Eine Tochter!

Das Schloss von Iburg, zwanzig Kilometer von Osnabrück gelegen, war seit Jahrhunderten die Residenz der Bischöfe. Drei Söhne hat das Fürstbischofspaar bereits, als in diesem ehrwürdigen Gemäuer am 30. Oktober 1668 Sophie Charlotte zur Welt kommt. Liselotte von der Pfalz, die Nichte Sophies, freut sich mit der Herzogin, denn sie weiß, »dass ma tante gerne eine princessine hette«. Ihre ersten fünf Lebensjahre verbringt Sophie Charlotte auf Schloss Iburg.

Sophie beschreibt die Situation so: »Wir leben in einem sehr hübschen Hause. Wir spielen Kegel, ziehen Enten, halten Ringelrennen, spielen Trictrac, wollen jedes Jahr nach Italien, und doch ­gehen die Dinge ganz gut für einen kleinen ­Bischof, der in Frieden leben kann.«

zwischen sieben und acht

Als man 1684 die Prinzessin verheiraten und daher die Sterne befragen will, notiert Sophie: »Da wir der Astrologie nicht viel Glauben schenken, so weiß man nur Geburtstag und -jahr meiner Tochter, welches ist der 13. Oktober 1668.« Die Mutter sollte es doch wissen?! In den Lobschriften, die in Brandenburg anlässlich der Vermählung gedruckt werden, wird der 20. Oktober genannt. Ab 1701 einigen sich die protestantischen Länder auf den gregorianischen Kalender, der zehn Tage Unterschied zum julianischen Kalender aufweist. Das »Umrechnen« von Geburtsdaten war aber eher unüblich. Insgesamt sieben Daten kursieren über den Tag der Geburt von Sophie Charlotte. Als der hannoversche Hofhistoriograf Gottfried Wilhelm Leibniz 1698 für die Trauerschrift zum Tode von Ernst August die Lebensdaten seiner Nachkommen zusammenstellt, findet er kein schriftlich fixiertes Geburtsdatum der Tochter, nur die Stunde: morgens zwischen sieben und acht Uhr.

Die Patentante

Als »Scheidungskind«, das sich nicht mit der Stiefmutter und neuen Frau des Kurfürsten Karl Ludwig verstand, war Liselotte von der Pfalz als Siebenjährige an den Hof von Hannover gegeben worden. Sophie und Ernst August nahmen sie für vier Jahre in ihre Obhut. »Ich habe nie keine beßre Zeit gehabt alß zu Hannover«, erinnert sich ­Liselotte später.

Jetzt, zur Geburt von Sophie Charlotte, werden die innigen Bande zwischen Sophie und ihrem inzwischen sechzehnjährigen Pflegekind noch enger geknüpft. Liselotte schreibt aus Mannheim: »Ich bin von Herzen erfreut gewesen, wie ich vernommen hab, dass Tante und Onkel mir die Ehr getan und mich zur Gevatterin erwählt haben.« Sie möchte ihr »Patchen sehen und mit ihr spielen«.

Als Liselotte drei Jahre später Philippe von ­Orléans, den missratenen Bruder des Sonnen­königs heiratet, ist es vom Rang her keinesfalls der »Erstbeste«, dem die pfälzische Prinzessin zur Gemahlin gegeben wird, aber weder kommt eine glückliche Ehe zustande noch verbirgt sich etwas anderes dahinter als Kalkül von Ludwig XIV. für seine Pläne im Pfälzischen Erbfolgekrieg.

Umzug nach Osnabrück

Der »kleine Bischof« mag sich keineswegs mit der ländlichen Idylle in Iburg begnügen. Ist er doch überzeugt, aus der »vornehmsten Familie« der Welt zu stammen und mit der »zweitvornehmsten« verheiratet zu sein. Sophie sieht es umgekehrt. In seinen ehrgeizigen Plänen aber ist sich das Paar einig.

Im Geburtsjahr der Tochter beginnt Ernst August mit dem Bau eines Schlosses in Osnabrück. 1673 ist es bezugsfertig – eine Barockanlage mit viergeschossigem Hauptgebäude und ausgedehnten Gärten, wie es sie größer in Norddeutschland nicht gibt.

Die fünfjährige Sophie Charlotte

»Sie will nichts lernen; sie kann noch nicht lesen; dagegen liebt sie es, eine gravitätische Haltung anzunehmen und die große Dame zu spielen, aber wie die Katze, sobald sie die Maus erblickt; denn sobald sie ihre Brüder sieht, will sie alles so machen wie diese«, berichtet die Mutter.

Erziehung zur Prinzessin

Die umsichtige Frau Bischöfin sorgt dafür, dass ihre einzige Tochter keine schlechtere Bildung als die Brüder erhält und nimmt Sophie Charlotte, die über ausgezeichnete Geistesgaben verfügt, unter ihre Fittiche. Das Kind erhält Unterricht in der französischen, englischen, italienischen und lateinischen Sprache. Der Erfolg stellt sich bald ein. Mit sieben Jahren spricht Sophie Charlotte perfekt Französisch. Und weil alles Französische das Maß der Dinge und die Mutter zudem überzeugt ist, dass »die Franzosen die einzigartige Gabe haben, ihre Kinder gut zu erziehen«, lässt sie »ein französisches Fräulein kommen, meine Tochter zu behüten«. Sophie Charlotte ist musisch begabt, spielt Cello und Cembalo, wird unterrichtet im Tanz und in der »Repräsentationskunst«. Contenance und Gravité sind die Schlüsselworte. Denn zur »Ausbildung einer Prinzessin« gehört vor allem, dass sie lernt, als Prinzessin aufzutreten.

Muttersprache

Die französische Sprache zieht Sophie Charlotte zeitlebens der Muttersprache vor und bedient sich ihrer fast ausschließlich. Als sie 1685 in Berlin einmal Hugenotten empfängt, fragt einer der französischen Auswanderer, ob die Kurprinzessin auch des Deutschen mächtig wäre.

Ein unkompliziertes Kind

Freundlich, aufgeschlossen und lebhaft ist Sophie Charlotte und der Liebling der Eltern. Ihr Kosename: Figuelotte. Problemlos und stets begeistert bei der Sache, wechselt sie zwischen den wilden Spielen mit den Brüdern, der Beschäftigung mit ihren Puppen, dem Unterricht und den geliebten Tanz- und Musikstunden. Und sie mag Haustiere, ganz besonders ein Meerschweinchen. Die Mutter befindet: Das ist das richtige Tier für eine Prinzessin Westfalens.

Vision

Im Osnabrücker Schloss darf sich die kleine Sophie Charlotte auch als Schauspielerin erproben. Eine Mätresse Ernst Augusts, die Gräfin von Platen, hat ein Stück verfasst, in dem die Fünfjährige als Diana auftritt und die Worte sagt: »Zur Zeit bin ich Schäferin, ich werde eines Tages Königin sein.«

Die Liebe zur Musik

Ernst August, meist auf Reisen, erfreut sich eher aus der Ferne an seiner Tochter, die Erziehung liegt in den zuverlässigen Händen der Mutter. Die Liebe zur Musik fördert aber auch er. Sophie Charlotte fängt an, kleine Stücke zu komponieren, und einmal beeindruckt sie ihren Vater, als sie ihn bei seiner Rückkehr von einer Venedigreise mit einem selbst geschriebenen Ballett begrüßt.

Zum Karneval nach Venedig übrigens reist Ernst August regelmäßig – zur Behebung seiner Melancholie.

»Nicht gar zu delicat«

Sophie Charlotte wird ab ihrem zehnten Lebensjahr durch Katharina von Harling erzogen, die einst auch die Gouvernante der Liselotte von der Pfalz war und für ihren warmherzigen wie kundigen Umgang mit den ihr Anvertrauten gerühmt wird. »Wenn ich Meisterin über meine Kinder wäre«, schreibt Liselotte, die Herzogin von ­Orléans, »so wollte ich sie nach Osnabrück zu Frau von Harling schicken; denn alsdann würde ich versichert sein, daß sie nicht gar zu delicat erzogen würden, wie man hier zu Lande thut, womit sie mich aus der Haut fahren machen.«

Papst, Luther oder Calvin?

Ziel aller »Prinzessinnen-Ausbildung« ist die Heirat, eine standesgemäße muss es sein und am besten eine, die dem dynastischen Aufstieg oder den politischen Interessen der Familie dient. Sophie macht sich frühzeitig Gedanken über ihre Tochter. Bei konfessionellen Fragen hält man sich jede Option offen: »Wir werden bei ihrer Heirat sehen, ob der Papst, Calvin oder Luther die Oberhand behält.«