Pyramiden - Terry Pratchett - E-Book
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Pyramiden E-Book

Terry Pratchett

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Beschreibung

Der junge Teppic wird neuer Pharao eines kleinen, armen Königreichs. Zu Ehren seines Vaters will er die größte Pyramide errichten, die die Welt je gesehen hat. Doch Teppic hat nicht damit gerechnet, dass er dadurch seine sämtlichen Vorfahren wiedererweckt und die Götter der Scheibenwelt auf den Plan ruft. Nun kann ihm nur noch ein Kamel helfen – und zwar eines, das mathematisch begabt ist und auf den Namen »Du Mistvieh« hört …

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Übersetzung aus dem Englischen von Andreas Brandhorst

© 1989 Terry und Lyn Pratchett

Titel der englischen Originalausgabe:

»Pyramids«, Victor Gollancz Limited, London 1989

Deutschsprachige Ausgabe:

© Piper Verlag GmbH, München 2004

Covergestaltung: Guter Punkt, München

Covermotiv: Anke Koopmann, Guter Punkt unter der Verwendung eines Motivs von Katarzyna Oleska

Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

ERSTES BUCH

Das Buch vom diesseitigen Jenseits

Nur Sterne, in der Schwärze verstreut, als sei die Windschutzscheibe des göttlichen Wagens zerbrochen, ohne dass sich der Schöpfer die Mühe machte, alle Splitter einzusammeln.

Dies ist die Schlucht zwischen den Universen, das tiefe Nichts, das nur einige einsame Atome enthält, ein paar verirrte Kometen und …

Halt. Moment mal. Eine dunkle Scheibe gleitet ein wenig zur Seite, und dadurch verschiebt sich der Blickwinkel. Was eben noch Teil des interstellaren Irgendetwas zu sein schien, entpuppt sich jetzt als eine von Finsternis umhüllte Welt. Und tief unten – ja, genau dort – zeigen sich Dutzende, Hunderte von hellen Flecken. Nennen wir sie großzügig Lichter der Zivilisation.

Es ist wirklich erstaunlich, nicht wahr? Während sich die Welt langsam dreht, offenbart sie ihre wahre Natur. Ganz deutlich sieht man eine Scheibe, rund und flach, und sie wird von vier Elefanten auf dem Rücken getragen, die wiederum auf Groß-A’Tuin stehen, der einzigen Schildkröte, die einen Platz im Hertzsprung-Russel-Diagramm gefunden hat. Sie ist zehntausend Meilen lang, und Meteoriten haben pockennarbige Krater in ihrem Panzer hinterlassen. An einigen Stellen schimmert das Eis von Kometen, die sich in den Ruhestand zurückgezogen haben. Jeder Astronom, der Albedo-Messungen vornimmt, hätte seine Freude an Groß-A’Tuins Augen. Niemand weiß, warum die Himmelsschildkröte existiert und was sie (oder ihn; diese Frage ist noch nicht geklärt) dazu bewegt, vier Elefanten zu tragen, auf deren breiten Rücken die Scheibenwelt ruht. Wahrscheinlich hat es etwas mit Quanten oder hyperphysikalischen Gesetzen zu tun, die das Gewicht von Wahrscheinlichkeit und Kausalität ausgleichen.

Auf einer derartigen Welt können natürlich die seltsamsten Dinge geschehen.

Sie geschehen bereits.

Die Sterne tief unten sind Lagerfeuer und die Lichter ferner Ortschaften in Wäldern und Bergen. Dörfer wie verschwommen wirkende Nebel, Städte gewaltigen Milchstraßen gleich. Nur ein Beispiel: Die riesige Metropole Ankh-Morpork sieht aus, als stießen zwei Galaxien zusammen und verkeilten sich ineinander.

Doch dieser spezielle Ort ist weit von den Ballungszentren entfernt. Hier, wo das Runde Meer an der Wüste endet, erstreckt sich eine lange Reihe aus blauem Feuer. Flammen, so kalt wie die Gletscher in der Hölle, lodern gen Himmel. Gespenstisches Licht flackert über die Wüste.

Die Pyramiden im uralten Tal des Djel geben ihre gespeicherte Kraft frei, überantworten sie der Nacht.

Die von den parakosmischen Spitzen strömende Energie könnte in den folgenden Kapiteln viele Rätsel lösen. Vielleicht gibt sie Antwort auf Fragen wie: Weshalb verabscheuen Schildkröten alles Philosophische? Warum ist zu viel Religion schlecht für Ziegen? Und natürlich: Welche Aufgabe nehmen Dienstmädchen wahr? Was tun sie eigentlich?

Zweifellos wird sich herausstellen, was unsere Vorfahren zu sagen hätten, wenn sie heute am Leben wären. Viele Leute haben darüber nachgedacht. Was hielten unsere Ahnen von der modernen Gesellschaft?, überlegen sie. Und: Würden sie unsere Errungenschaften bewundern? Dabei wird häufig ein wichtiger Punkt übersehen. Wenn unsere Vorfahren tatsächlich Gelegenheit bekämen, noch einmal zum Leben zu erwachen, so würden ihre ersten Worte bestimmt lauten: »Warum ist es so zappenduster hier drin?«

Die kühle Morgendämmerung im Flusstal begann, und der Hohepriester Dios schlug die Augen auf. Schon seit einer ganzen Weile fand er keine Ruhe. Er konnte sich überhaupt nicht daran erinnern, wann er zum letzten Mal geschlafen hatte. Der Schlaf ähnelte viel zu sehr jener anderen Sache, und außerdem schien er darauf verzichten zu können. Es genügte ihm, einfach nur still zu liegen, hier, an diesem Ort. Ein paar Stunden reichten aus, um sich von dem Gift der Müdigkeit zu befreien. Um neue Kraft zu schöpfen.

Zumindest für eine Weile.

Dios schwang die Beine über den Rand der steinernen Platte. Die rechte Hand wartete gar keine Anweisung des Gehirns ab, reagierte aus reiner Angewohnheit und schloss sich um den mit Schlangenzeichen geschmückten Amtsstab. Der Hohepriester blieb kurz stehen, um der Wand eine weitere Markierung hinzuzufügen, und dann verließ er den kleinen Raum. Er raffte den Umhang zusammen, als er durch den schmalen, schrägen Flur wanderte, in helles Licht trat und die Beschwörung der Neuen Sonne murmelte. Die Nacht war vergessen. Ein neuer Tag erwartete ihn. Es ging darum, sorgfältig abgewogenen Rat zu geben und bei wichtigen Entscheidungen zu helfen – Dios sah seine oberste Pflicht darin, zu Diensten zu sein.

Der Hohepriester hatte nicht das seltsamste Schlafzimmer in der Welt. Es war nur das seltsamste Schlafzimmer, das man morgens wieder verließ.

Die Sonne schleppte sich über den Himmel.

Viele neugierige Gemüter haben sich nach dem Grund dafür gefragt. Einige Leute glauben, sie werde von einem ebenso riesigen wie unsichtbaren Mistkäfer gezogen. Derartigen Erklärungen mangelt es an technischen Feinheiten, und hinzu kommt der Nachteil, dass sie vermutlich der Wahrheit entsprechen.

Wie dem auch sei: Die Sonne brachte ihre Schicht hinter sich und erreichte ohne jeden Zwischenfall1 den Horizont. Wie es der Zufall wollte, fiel ihr verblassender Schein durch ein Fenster in Ankh-Morpork und glänzte in einem Spiegel.

Der Spiegel reichte vom Boden bis zur Decke, und dafür gab es einen guten Grund: Jeder Assassine, der etwas auf sich hielt, prüfte sein Erscheinungsbild, bevor er mit der Arbeit begann. Es galt als unschicklich, jemanden zu töten, wenn man schlecht gekleidet war.

Teppic musterte sich kritisch. Die Kleidung hatte ihn seine ganzen Ersparnisse gekostet und bestand zum größten Teil aus schwarzer Seide. Sie knisterte und schien zu flüstern, wenn er sich bewegte. Alles bestens.

Wenigstens ließen endlich die Kopfschmerzen nach. Teppic hatte den ganzen Tag über daran gelitten und schon befürchtet, mit violetten Flecken vor den Augen aufbrechen zu müssen.

Er seufzte, öffnete einen schwarzen Kasten, holte seine Ringe hervor und schob sie sich auf die Finger. Ein anderer Behälter enthielt mehrere Messer aus klatschianischem Stahl, die Klingen mit Lampenruß geschwärzt. Teppic zog mehrere kleine und sehr komplizierte Apparaturen aus Samtbeuteln und verstaute sie in seinen Taschen. Zwei lange Wurf-Tlingas verschwanden in den Stiefelscheiden, und ein langes, aus Seide bestehendes Seil – es endete an einem zusammenklappbaren Ankereisen – wurde um die Taille gebunden. Anschließend griff der junge Assassine nach einem Blasrohr, rückte es unter dem Mantel auf den Rücken und nahm einen dünnen Metallköcher mit mehreren Pfeilen: Ihre Spitzen steckten in winzigen Korken, und der Schnitzcode in den Schäften erlaubte es auch in stockfinsterer Nacht, die richtige Auswahl zu treffen.

Teppic zuckte zusammen, berührte vorsichtig die Klinge seines Rapiers und schlang sich das Bandelier über die rechte Schulter, da an der linken bereits eine Tasche mit Bleikugeln hing – Munition für die Schleuder. Er zögerte kurz, öffnete eine Schublade und beschloss, seiner Ausrüstung auch noch folgende Dinge hinzuzufügen: eine kleine Armbrust, ein Fläschchen mit Öl, einen Schlüsselbund mit Dietrichen, einen Dolch, einen großen Beutel mit verschiedenen Fußangeln und Haken sowie mehrere Schlagringe. Damit glaubte er endlich, gegen alle Widrigkeiten des Schicksals gewappnet zu sein.

Er drehte den Hut hin und her, betastete den dünnen Draht in der Krempe, setzte das unförmige Gebilde auf und warf noch einen letzten zufriedenen Blick in den Spiegel. Dann drehte er sich um – und kippte langsam zur Seite.

Hochsommer in Ankh-Morpork. Gestank und Temperatur schienen miteinander zu wetteifern.

Der breite Fluss hatte sich in ein lavazähes Rinnsal verwandelt, das sich zwischen Ankh – dem besseren Teil der Stadt (soweit eine solche Bezeichnung angemessen war) – und Morpork am anderen Ufer erstreckte. Wer Morpork ›schäbig, abscheulich und einfach grässlich‹ nannte, bewies damit, dass er zu Untertreibungen neigte. Für gewöhnlich verglich man Morpork mit einer Jauchegrube. Es gab kaum eine Möglichkeit, Morpork noch schlimmer zu machen. Der Einschlag eines größeren Meteoriten hätte sicher zu einer erheblichen Verbesserung der architektonischen und sozio-kulturellen Struktur geführt.

Das Flussbett war weitgehend ausgetrocknet. Auf der Scheibenwelt wusste man noch nicht, was ›Beton‹ bedeutete, aber Architekten und Baumeister hätten sich nur den festgebackenen Schlamm ansehen müssen, um eine ungefähre Vorstellung zu gewinnen. Derzeit wirkte die Sonne wie eine große, an den Himmel genagelte Kupfermünze. Es herrschte eine enorme Hitze: Ankh-Morpork briet in der Nacht und brutzelte am Tag. Uraltes Holz ächzte und stöhnte; der traditionelle Matsch in Straßen und Gassen wich ockerfarbenem Staub, der sich in menschlichen Kehlen besonders wohl zu fühlen schien.

Es war nicht das übliche Wetter von Ankh-Morpork. Das Spektrum des üblichen Wetters reichte von Nieselregen bis zu Nebelschwaden, bescherte der Stadt kühle Tage und kalte Nächte. Jetzt hockte das normale Klima in der ausgedörrten Ebene und schwitzte wie eine Kröte auf einem Schamottestein. Selbst um Mitternacht ließ die Hitze kaum nach, umhüllte die Straßen wie mit brennendem Samt, versengte die Luft und kochte den Sauerstoff heraus.

Hoch oben an der Nordfassade im Gildenhaus der Assassinen klickte es leise, und ein Fenster schwang auf.

Teppic hatte sich höchst ungern von einigen der schwereren Waffen getrennt und atmete die heiße, tote Luft tief ein.

Es war so weit.

Die entscheidende Nacht. Vielleicht die wichtigste in seinem Leben.

Und hoffentlich nicht die letzte.

Angeblich hatte man eine recht gute Chance, wenn der Prüfer nicht ausgerechnet Mericet hieß. In dem Fall konnte man sich gleich die Kehle durchschneiden.

Jeden Donnerstag unterrichtete Mericet Strategie und Giftlehre, und Teppic kam nicht sehr gut mit ihm zurecht. In den Schlafsälen erzählte man sich die erstaunlichsten Geschichten über den alten Assassinen. Man bewunderte seine lange Liste von beruflichen Erfolgen, seine individuelle Technik … Er hatte alle Rekorde gebrochen. Manche Leute behaupteten, es sei ihm sogar gelungen, den Patrizier von Ankh-Morpork zu töten. Natürlich nicht den gegenwärtigen. Einen der verstorbenen.

Vielleicht war in dieser Nacht Nivor an der Reihe, ein dicker, fröhlicher Lehrer, der als Feinschmecker galt und seinen Schülern am Dienstag zeigte, wie man Fallen stellte und worauf es bei einem guten Hinterhalt ankam. Teppic kannte sich bereits gut mit Fallen aus, und er mochte Nivor.

Oder Kompt de Yoyo, zuständig für Neuphilologie und Musik. In diesen beiden Fächern entsprachen Teppics Leistungen kaum dem Durchschnitt, aber Kompt kletterte gern und fand Gefallen an Jungen, die seine Leidenschaft teilten. Er liebt es, sich mit nur einer Hand am Rande eines hohen Daches festzuhalten und die Schwerkraft herauszufordern.

Teppic schwang ein Bein über den Fenstersims, entrollte sein Seil und holte aus. Zwei Stockwerke weiter oben verhakte sich das Ankereisen an der Dachrinne.

Assassinen benutzen nie die Treppe.

Um eine gewisse Kontinuität zu wahren und spätere Ereignisse verständlicher zu gestalten, sollte an dieser Stelle auf Folgendes hingewiesen werden: Das größte mathematische Genie in der ganzen Scheibenweltgeschichte legte sich gerade nieder und nahm in aller Ruhe sein Abendessen ein.

In diesem Zusammenhang kann eine interessante Feststellung getroffen werden. Der Mathematiker gehörte zu einer speziellen Spezies, und aus diesem Grund bestand sein Abendessen aus der Mittagsmahlzeit.

Gongschläge hallten durch die weite Stadtlandschaft von Ankh-Morpork: Mitternacht. Vier Stockwerke über der Filigranstraße kroch Teppic an einer verzierten Brüstung entlang und lauschte dem viel zu lauten Pochen seines Herzens.

Vor dem letzten Glühen der untergegangenen Sonne zeichnete sich eine Gestalt ab. Teppic verharrte neben einer besonders abscheulichen Steinfigur und dachte über seine Möglichkeiten nach.

In der Gildenschule hielt sich hartnäckig ein ganz bestimmtes Gerücht: Wer seinen Prüfer vor dem Test inhumierte, hatte automatisch bestanden. Teppic zog ein Wurfmesser vom Typ Nummer Drei aus dem Oberschenkelfutteral und hielt es unschlüssig in der Hand. Wenn er versagte, wenn er das Ziel verfehlte, wenn er irgendeinen Fehler machte … Dann lief er Gefahr, dass seine Ausbildung vorzeitig zu Ende ging, was den Verlust aller Privilegien nach sich zog.2

Die Silhouette rührte sich nicht. Teppic ließ seinen Blick über ein Durcheinander aus Schornsteinen, monströsen Statuen, Belüftungsschächten, Brücken und Leitern schweifen.

Na schön, dachte er. Dort drüben steht eine Attrappe. Ich soll sie angreifen, und das bedeutet, der Prüfer beobachtet mich von einem anderen Ort aus.

Bin ich imstande, ihn zu entdecken? Nein.

Andererseits: Vielleicht sollte Teppic glauben, dass es sich nur um eine Attrappe handelte. Aber wenn der Prüfer auch an diese Möglichkeit gedacht hatte …

Der junge Assassine merkte, dass er mit den Fingern auf die Steinfigur trommelte. Er riss sich zusammen und versuchte, eine Entscheidung zu treffen.

Unten taumelten einige späte Kneipengäste durch den Lichtschein einer Laterne.

Teppic schob sein Messer in die Scheide zurück und richtete sich auf.

»Herr«, sagte er. »Ich bin hier.«

»Nun gut«, erwiderte eine trockene und recht undeutliche Stimme. Sie ertönte direkt neben dem linken Ohr des Schülers.

Teppic blickte starr geradeaus. Bewegung kam in die Steinfigur, und Mericet wischte sich grauen Staub aus seinem knochigen Gesicht. Er nahm ein dünnes Rohr aus dem Mund, warf es beiseite, griff unter seinen Mantel und holte ein Klemmbrett hervor. Trotz der Hitze trug er dicke Kleidung; vermutlich hätte Mericet selbst in einem Vulkan gefroren.

»Hmm«, brummte er und wählte einen deutlich missbilligenden Tonfall. »Teppic. Tja.«

»Eine angenehme Nacht, Herr«, erwiderte der Schüler. Der Prüfer musterte ihn eisig und gab zu erkennen, dass Bemerkungen übers Wetter sofort zu Minuspunkten führten. Er hob einen Stift und notierte etwas.

»Du wirst zuerst einige Fragen beantworten«, sagte Mericet.

»Wie du wünschst, Herr.«

»Was ist die maximale zulässige Länge eines Wurfmessers?«, zischte der Prüfer.

Teppic schloss die Augen. Während der vergangenen Woche hatte er sich eingehend mit dem Handbuch für ehrenhafte Mörder beschäftigt. Im Gedächtnis öffnete sich eine Schublade, und darin knisterte die Seite mit den benötigten Angaben. Man wird nie nach Längen und Gewichten gefragt, verkündeten einige Schüler, die glaubten, alle Weisheit für sich gepachtet zu haben. Oh, sicher, die Lehrer gehen natürlich davon aus, dass man Gewichte, Längen und Wurfdistanzen paukt, aber sie fragen nie danach. Nie.

Panik drehte den Zündschlüssel in Teppics Gehirn und gab Gas. Das Blatt erschrak, sprang aus der geöffneten Gedächtnisschublade und bot sich dem inneren Blick des jungen Assassinen dar.

»Ein Wurfmesser darf maximal zehn Fingerbreiten lang sein, oder zwölf bei feuchtem Wetter«, zitierte Teppic. »Die Wurfdistanz …«

»Nenn mir drei Gifte, die durch das Ohr zum Einsatz gelangen.«

Wind flüsterte, doch er brachte keine Abkühlung, beschränkte sich nur darauf, die Hitze gleichmäßiger zu verteilen.

»Herr, Wespenmilch, achorionisches Purpur und Teufelssaft, Herr«, antwortete Teppic bereitwillig.

»Und Schpeim?«, fragte Mericet blitzschnell und mit der Freundlichkeit einer kariösen Kobra.

»H-herr, Schpeim ist kein Gift, Herr«, brachte Teppic hervor. »M-man verwendet es als Gegenmittel, um bestimmte Schlangengifte zu neutralisieren, und man gewinnt es …« Der junge Assassine beruhigte sich allmählich und kam zu dem Schluss, dass es sich manchmal auszahlte, stundenlang in alten Büchern zu lesen. »… man gewinnt es aus der Leber des aufblasbaren Mungo, der …«

»Was bedeutet dieses Zeichen?«, fauchte Mericet.

»… der sehr selten ist und nur…« Teppic brach ab. Verwirrt betrachtete er die komplexe Rune auf der Karte, die ihm der Prüfer zeigte, hob dann wieder den Kopf und starrte an Mericets rechtem Ohr vorbei.

»Ich habe nicht die geringste Ahnung, Herr«, sagte er. Aus dem Ohrwinkel hörte er, wie der Lehrer leise durchatmete und noch leiser brummte. Es klang irgendwie zufrieden.

»Aber wenn man es umdreht«, fügte Teppic hinzu, »ergibt sich das von Dieben verwendete Symbol für ›Bellende und bissige Hunde in diesem Haus‹.«

Einige Sekunden lang herrschte völlige Stille, und schließlich räusperte sich Mericet. »Ist der Strangulationsstrick allen Kategorien erlaubt?«

»Herr, die Vorschriften lassen nur drei Fragen zu, Herr«, wandte Teppic ein.

»Ah, das ist also deine Antwort, wie?«

»Herr, nein, Herr. Eine harmlose Feststellung, Herr, weiter nichts. Herr, die Antwort auf deine Frage lautet: Der Strangulationsstrick kann von allen Kategorien getragen werden, aber nur Assassinen der dritten Stufe dürfen ihn als eine der drei Optionen verwenden, Herr.«

»Bist du ganz sicher?«

»Ich glaube schon, Herr.«

»Du willst nicht noch einmal darüber nachdenken?«

Mit der Stimme des Prüfers hätte man die Achse eines Lastkarrens schmieren können.

»Herr, nein, Herr.«

»Wie du meinst.«

Teppic entspannte sich. Der Umhang klebte ihm am schweißnassen Rücken fest.

»Ich möchte, dass du dich jetzt zur Buchhalterstraße begibst«, sagte Mericet wie beiläufig. »Beachte unterwegs alle Zeichen und so weiter. Ich warte im Raum unter dem Gongturm an der Ecke Revisionsgasse. Ah, und noch etwas: Bitte nimm das hier mit!«

Er reichte Teppic einen kleinen Umschlag.

Der Schüler bestätigte den Empfang mit einer Quittung. Mericet trat in den Schatten eines Schornsteins – und verschwand.

So viel zur Zeremonie.

Teppic holte mehrmals tief Luft, öffnete den Umschlag und sah sich den Inhalt an: eine Gildenobligation über zehntausend Ankh-Morpork-Dollar, ausgestellt auf den ›Inhaber‹. Ein eindrucksvolles Dokument, gekrönt vom Gildenwappen: doppeltes Kreuz und verhüllter Dolch.

Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er hatte das Geld genommen. Entweder überlebte er – in dem Fall war es seine Pflicht, die Summe dem Witwen-und-Waisen-Fonds der Gilde zu spenden –, oder man nahm das Wertpapier seiner Leiche ab. Teppic entdeckte einige Eselsohren, aber keine Blutflecken.

Er überprüfte seine Messer, rückte den Schwertgürtel zurecht, sah sich noch einmal wachsam um und lief los.

Wenigstens hatte ihn das Glück nicht ganz im Stich gelassen. Die älteren Schüler sprachen davon, dass es nur ein halbes Dutzend Routen gab, die man bei der Prüfung benutzte. In Sommernächten ging es in den entsprechenden Bereichen recht lebhaft zu: Die Schüler der verschiedenen Klassen hangelten sich an Dachrinnen entlang, krochen über Turmzinnen und eilten über hohe Brücken und Stege, die einzelne Gebäude der Stadt miteinander verbanden. Das Klettern erfreute sich bei den einzelnen Abteilungen der Gilde großer Beliebtheit, und Teppic wusste, dass sein Geschick in dieser Hinsicht nichts zu wünschen übrig ließ: Er hatte die Assassinengruppe geleitet, die beim Ausscheidungswettkampf Im Ersteigen Senkrechter Wände Ohne Jeden Halt den Sieg über das favorisierte Skorpion-Team errang. Er rechnete nicht mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten: Die Route zur Buchhalterstraße gehörte zu den einfachsten.

Teppic sprang, duckte sich auf einem Mauervorsprung und überquerte ein großes Haus, dessen Bewohner friedlich schliefen. Kurze Zeit später setzte er über einen anderthalb Meter breiten Spalt hinweg und erreichte das Dach der Sporthalle, die dem Reformierten Kult Junger Männer In Diensten Des Ichor-Gottes Bel Shamharoth zur Verfügung stand. Er setzte den Weg über grauen Schiefer fort, erklomm eine vier Meter hohe Wand, ohne merklich langsamer zu werden, und schwang sich dann auf die Schindeln des Tempels, in dem man den Blinden Io verehrte.

Ein voller, orangefarbener Mond hing über dem Horizont, und Teppic spürte eine leichte Brise, die nach der schweißtreibenden Hitze in den Straßen so erfrischend wirkte wie eine kalte Dusche. Der junge Assassine lief noch etwas schneller, genoss den kühlen Wind, sprang vom Flachdach des Tempels herunter und rechnete damit, auf der kleinen, schmalen Holzbrücke zu landen, die über den Blechdosenweg hinwegführte.

Entgegen aller Wahrscheinlichkeit berührten seine Füße nur leere Luft. Jemand hatte den Steg entfernt.

Bei solchen Gelegenheiten erinnert man sich; das ganze Leben läuft wie ein Film vor dem inneren Auge ab.

Teppics Tante weinte und stellte damit bemerkenswert gute schauspielerische Fähigkeiten unter Beweis: Die alte Dame war so unerschütterlich wie ein stures Nilpferd; ein harter Granitblock hätte mehr Gefühle haben können. Vater versuchte zur Abwechslung einmal, ernst und würdevoll auszusehen, während er betörende Vorstellungen von hohen Klippen und leckeren Fischen aus sich zu verbannen trachtete. Das Personal hatte an der einen Saalwand Aufstellung bezogen, und die lange Reihe reichte bis zur Haupttreppe: die Mägde rechts, Eunuchen und Diener links. Die Frauen machten einen Knicks, als Teppic an ihnen vorbeischritt, und dadurch verursachten sie einen hübschen Sinuswellen-Effekt, den der größte Mathematiker auf der Scheibenwelt sicher sehr interessant gefunden hätte. Aber das mathematische Genie konnte ihn nicht zur Kenntnis nehmen, denn ein Stock lenkte es ab. Ein Stock, der von einer gestrengen Hand geschwungen wurde. Und die Hand gehörte zu einem kleinen, verärgerten Mann, der ein Nachthemd zu tragen schien.

»Aber es ist ein Gewerbe«, klagte Teppics Tante und putzte sich die Nase.

Der Vater klopfte ihr auf die Hand. »Unsinn, Blume der Wüste«, sagte er. »Mein Sohn ergreift einen Beruf. Da bin ich ganz sicher.«

»Wo liegt der Unterschied?«, schluchzte Tante.

Vater seufzte. »Beim Geld, nehme ich an. Es tut ihm bestimmt gut, in die Welt hinauszuziehen, Freunde zu gewinnen und Erfahrungen zu sammeln. Das hält ihn beschäftigt, und dadurch kommt er nicht auf dumme Gedanken.«

»Aber warum soll er ausgerechnet Assassine werden? Er ist noch so jung und hat nie die geringsten Neigungen gezeigt …« Tante betupfte ihre Augen. »Von meiner Familie hat er das nicht«, fügte sie vorwurfsvoll hinzu. »Dein Schwager …«

»Onkel Vyrt«, sagte Vater.

»Er reist kreuz und quer durchs Land und bringt dauernd irgendwelche Leute um!«

»Ich glaube, die Angehörigen der Assassinen-Gilde verwenden andere Bezeichnungen«, erklärte Vater. »Sie sprechen von ›Vertrag erfüllen‹, ›eliminieren‹, ›inhumieren‹ und dergleichen. Soweit ich weiß.«

»Inhumieren?«

»Ich glaube, es ist wie exhumieren, o Flutwasser, das den Durst der Wüste löscht. Nur bevor man die Leiche begräbt.«

»Und ich glaube, es ist schrecklich.« Tante schniefte leise. »Aber wie ich von Lady Nooni hörte, besteht nur ein Junge von fünfzehn die Abschlussprüfung. Na ja, vielleicht braucht er eine Gelegenheit, sich abzureagieren.«

König Teppicymon XXVII. nickte betrübt und trat ebenfalls nach draußen, um dem Sohn zum Abschied zuzuwinken. Im Gegensatz zu seiner Schwester war er keineswegs davon überzeugt, dass der Beruf des Assassinen nur Nachteile brachte. Schon seit einer ganzen Weile befasste er sich (eher widerstrebend) mit Politik und vertrat folgende Ansicht: Meuchelmord mochte schlimmer sein als eine Debatte, aber er verdiente es zweifellos, dem Krieg vorgezogen zu werden, in dem manche Leute nur eine andere, etwas lautere und direktere Form der Diskussion sahen. Außerdem: Dem jungen Vyrt fehlte es nie an Geld, und er kehrte oft mit teuren Geschenken, exotischer Sonnenbräune und faszinierenden Geschichten zum Palast zurück, berichtete von fernen Ländern und Menschen, die er dort kennengelernt hatte, meist zum Kummer der betreffenden Personen.

Teppicymon XXVII. bedauerte es, dass Vyrt nicht zugegen war, um seinen Rat anzubieten. Seine Majestät hatte ebenfalls gehört, dass nur ein Schüler von fünfzehn tatsächlich zu einem Assassinen wurde. Er wusste nicht genau, was mit den anderen vierzehn Jungen geschah, aber wer in einer Schule für angehende Mörder bei der Abschlussprüfung durchfiel, durfte wohl kaum erwarten, dass man nur die Tafelkreide nach ihm warf. Vermutlich zeichnete sich selbst das Essen in der Mensa durch eine neue Dimension der Ungewissheit aus.

Dennoch galt die Schule der Assassinen als bestes Bildungsinstitut auf der Scheibenwelt. Ein qualifizierter Meuchelmörder sollte in jeder beliebigen Gesellschaft zurechtkommen und mindestens ein Musikinstrument spielen können. Wer von einem Absolventen der Gildenschule inhumiert wurde, durfte zufrieden darüber sein, dass ihn eine geschmackvolle und diskrete Person ins Jenseits geschickt hatte.

Was gibt es hier schon für meinen Jungen?, dachte Vater. Ein zwei Meilen breites und hundertfünfzig Meilen langes Königreich, das während der Überschwemmungszeit fast vollständig unter Wasser stand, auf beiden Seiten von wesentlich mächtigeren Nachbarn bedroht, die seine Existenz nur deshalb duldeten, weil sie sonst ständig Krieg gegeneinander geführt hätten.

Oh, Djelibeby3 war einst eine große Nation gewesen, damals, als in Emporkömmlingen wie Tsort und Ephebe nur Nomaden lebten, die sich Handtücher um den Kopf wickelten. Nur wenig erinnerte an jene ruhmreiche Zeit: ein viel zu teurer Palast, einige Ruinen in der Wüste und – der Pharao seufzte – die Pyramiden. Ja, an Pyramiden mangelte es nicht.

Seine Vorfahren hatten großen Wert auf derartige Bauwerke gelegt. Teppicymon XXVII. teilte ihre Vorliebe nicht. Die Pyramiden führten das Land allmählich in den Ruin und ließen keine vernünftige Finanzplanung zu. Die königlichen Schatzkammern waren erschreckend leer, und der einzige Grabesfluch, den sich die Familie des Pharaos leisten konnte, lautete schlicht und einfach: »Hau ab!«

Nur die Pyramiden am Ende des Gartens gefielen Teppicymon. Es handelte sich um recht kleine Exemplare, und man errichtete sie immer dann, wenn eine der Katzen starb.

Voller Wehmut dachte Seine Majestät an Pteppics Mutter.

Er vermisste Artela. Die Priesterschaft war sehr verärgert gewesen, als er entschieden hatte, eine Ausländerin zu heiraten, und einige ihrer Angewohnheiten hatten selbst ihn überrascht und verwirrt. Vielleicht verdankte er es ihr, dass er Pyramiden verabscheute – in Djelibeby hätte man ebenso gut das Atmen hassen können. Auf das Drängen seiner Frau hin hatte er versprochen, Pteppic in einem anderen Land zur Schule zu schicken. »Hier lernen die Leute überhaupt nicht«, hatte Artela immer wieder betont. »Sie erinnern sich nur.«

Leider hatte sie sich nicht daran erinnert, wie gefährlich es sein konnte, im Fluss zu schwimmen …

Teppicymon beobachtete, wie zwei Diener den schweren Koffer seines Sohns zur Kutsche trugen. Er gab einer seltsamen Versuchung nach, und zum ersten Mal seit vielen Jahren legte er Pteppic eine väterliche Hand auf die Schulter.

»Äh …«, begann er und stellte fest, dass er gar nicht wusste, was er seinem Sohn sagen sollte. Komisch, eigentlich haben wir uns nie richtig kennengelernt, dachte er. Ich hätte ihm sicher viel geben können. Zum Beispiel ab und zu eine Tracht Prügel. So was schadet nie.

»Äh«, wiederholte er. »Nun, mein Junge.«

»Ja, Vater?«

»Es, äh, geschieht jetzt zum ersten Mal, dass du dich ganz allein auf die Reise begibst und dein Zuhause verlässt …«

»Nein, Vater. Du weißt doch, dass ich den letzten Sommer bei Lord Fhem-pta-hem verbracht habe.«

»Ach, tatsächlich?« Der Pharao erinnerte sich, dass es zu jenem Zeitpunkt im Palast ruhiger als sonst gewesen war. Er hatte vermutet, es liege an den neuen Wandteppichen.

»Wie dem auch sei«, fuhr er fort. »Du bist nun ein junger Mann, fast dreizehn.«

»Zwölf, Vater«, erwiderte Pteppic geduldig.

»Im Ernst?«

»Ich hatte im letzten Monat Geburtstag, Vater. Du hast mir eine Wärmpfanne geschenkt.«

»Habe ich das? Originell von mir. Nannte ich dir den Grund dafür?«

»Nein, Vater.« Pteppic sah auf und musterte das etwas verwunderte Gesicht des Pharaos. »Es ist eine gute Wärmpfanne«, versicherte er. »Sie gefällt mir sehr.«

»Oh. Das freut mich. Äh.« Seine Majestät klopfte dem Jungen auf die Schulter, so geistesabwesend wie jemand, der nachdenklich mit den Fingern auf einen Schreibtisch trommelt. Nach einer Weile schien ihm etwas einzufallen.

Die Diener hatten unterdessen das Gepäck verstaut. Der Kutscher hielt die Tür auf und wartete.

»Wenn ein junger Mann in die Welt hinauszieht«, sagte der Pharao unsicher, »sollte er sich an einige, äh, wichtige Dinge erinnern … Die Welt ist ziemlich groß, und es gibt alle Arten von … Vor allen Dingen in den Städten, wo es noch zusätzliche …« Er zögerte, hob den Arm und vollführte eine vage Geste.

Pteppic griff nach der Hand seines Vaters und drückte sie wieder herab.

»Sei unbesorgt«, sagte er. »Der Hohepriester Dios hat mir alles erklärt und darauf hingewiesen, dass ich mich regelmäßig waschen muss. Er meinte auch, ich solle ständig die Augen offenhalten.«

Seine Majestät blinzelte verblüfft.

»Ständig? Selbst in der Nacht?«

»Gerade nachts, Vater.«

»Bemerkenswert. Um nicht zu sagen: eigenartig. Hat Dios dir beigebracht, wie man mit offenen Augen schläft?«

»War nicht nötig. Ich habe es von dir gelernt, Vater.«

»Von mir?« Ich habe dem Jungen etwas beigebracht, dachte Teppicymon XXVII. Ja, ich kann stolz auf mich sein. »Oh. Äh. Das freut mich. Es freut mich sogar sehr. Du bist also nicht unvorbereitet.«

»Ich glaube, ich sollte jetzt aufbrechen, Vater. Sonst verpasse ich die Flut.«

Der Pharao nickte gutmütig und suchte in den Taschen seines Umhangs.

»Äh, ich wollte dir etwas geben, äh …«, brummte er, holte einen kleinen Lederbeutel hervor und reichte ihn Pteppic. Dann massierte er wieder die Schulter des Jungen.

»Eine Kleinigkeit für dich«, sagte Seine Majestät. »Sag deiner Tante nichts davon. Oh, das dürfte ohnehin kaum möglich sein. Wahrscheinlich hat sie sich in ihrem Zimmer hingelegt. Weißt du, es war einfach zu viel für sie.«

Daraufhin erledigte Pteppic – beziehungsweise Teppic – die letzte Förmlichkeit. Er ging zu der Statue, die Khuft darstellte, Djelibebys Gründer, und dort opferte er ein Huhn – damit ihn die sanfte Hand des Ahnen durch die Fremde geleitete. Er wählte ein recht kleines Huhn, und als Khuft damit fertig war, servierte man es dem Pharao zum Abendessen.

Djelibeby stand zu Recht in dem Ruf, ein eher unwichtiges und provinzielles Königreich zu sein. In allen Fluss-Reichen, die etwas auf sich hielten, kam es dann und wann zu übernatürlichen Plagen. Was Djelibeby betraf, lag die schlimmste Heimsuchung bereits hundert Jahre zurück, und man nannte sie die ›Plage des Frosches‹4.

An jenem Abend, als der Zweimaster das Djel-Delta verlassen hatte und übers Runde Meer in Richtung Ankh-Morpork segelte, erinnerte sich Teppic an den Lederbeutel und nahm ihn zur Hand. Das Geschenk zeigte nicht nur, wie sehr Pharao Teppicymon XXVII. seinen Sohn liebte, sondern bewies auch chronische Verwirrung. Der Beutel enthielt: einen Korken, eine halb gefüllte Dose mit Sattelseife, eine kleine Bronzemünze mit ungewissem Wert sowie eine alte und daher recht geruchsintensive Sardine.

Es ist allgemein bekannt, dass die Sinne plötzlich sehr viel schärfer werden, wenn man sich vom Tod bedroht sieht. Angeblich handelt es sich um eine instinktive Reaktion, die es dem Betreffenden ermöglichen soll, einen Ausweg aus seiner praktisch ausweglosen Lage zu finden.

Solchen Annahmen muss hier widersprochen werden. Die Sinnesschärfung bietet ein gutes Beispiel für ein Phänomen, das in psychologischen Fachkreisen als ›Verdrängung‹ bekannt ist. Augen, Ohren und der ganze Rest versuchen verzweifelt, ihre Aufmerksamkeit nicht auf das unmittelbare Problem richten zu müssen – bei Teppic bestand es aus einem ziemlich harten Kopfsteinpflaster, das sich etwa fünfundzwanzig Meter unter ihm erstreckte und schnell näher kam –, in der vagen Hoffnung, dass es von ganz allein verschwindet.

Womit in diesem besonderen Fall durchaus gerechnet werden darf.

Was auch immer der Grund sein mag: Teppic wurde sich plötzlich auf seltsam intensive Art der Umgebung bewusst. Blasser Mondschein strich über die Dächer; der Duft von frischem Brot wehte aus einer nahen Bäckerei; irgendwo in der Ferne weinte ein kleines Kind; ein Hund bellte. Und hinzu kam ein dumpfes Rauschen. Viel zu deutlich spürte Teppic, dass die Luft sehr dünn war und nicht den geringsten Halt bot …

In jenem Jahr kamen mehr als siebzig neue Schüler zum Gildenhaus. Die Assassinen stellten keine Aufnahmebedingungen: Ihre Schule stand allen offen, und man konnte sie leicht wieder verlassen – die Schwierigkeit bestand nur darin, nicht hinausgetragen zu werden. Auf dem Hof vor dem Zugang herrschte ein dichtes Gedränge an Jungen, die zwei Dinge gemeinsam hatten – viel zu große Koffer, auf denen sie saßen, und Kleidung, in die sie erst noch hineinwachsen mussten. Sie sahen darin aus wie in Kokons gehüllte Raupen, die auf eine rätselhafte Metamorphose warteten. Einige Optimisten brachten Waffen mit, die sofort beschlagnahmt und im Verlauf der nächsten Wochen nach Hause geschickt wurden.

Teppic sah sich aufmerksam um. Es hatte gewisse Vorteile, das einzige Kind von Eltern zu sein, die so sehr mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt waren, dass sie die Existenz des Sohnes häufig vergaßen.

Teppics Gedächtnis zeigte ihm eine freundliche, immerzu lächelnde und gleichzeitig extrem egozentrische Mutter, die sich für den Mittelpunkt der Welt zu halten schien. Sie hatte Katzen gemocht. Artela verehrte sie nicht nur, wie alle djelibebischen Bürger, sondern entwickelte eine echte, aufrichtige Sympathie. Teppic wusste, dass Katzen in Fluss-Reichen aus naheliegenden Gründen sehr geschätzt wurden, aber wenn er an solche Geschöpfe dachte, stellte er sich anmutige, würdevolle Tiere vor. Die Katzen seiner verstorbenen Mutter hingegen waren klein, fauchten ständig, legten die Ohren an, sträubten das Fell und machten sich einen Spaß daraus, zu kratzen und zu beißen.

Der Pharao verbrachte den größten Teil seiner Zeit damit, sich Sorgen um das Königreich zu machen. Ab und zu behauptete er, eine Möwe zu sein – wahrscheinlich lag es an seiner Vergesslichkeit. Manchmal fragte sich Teppic, welches Wunder seine Empfängnis ermöglicht hatte: Teppicymon XXVII. und seine Gemahlin schienen in zwei verschiedenen Welten zu leben und sich für völlig unterschiedliche Dinge zu interessieren. Vielleicht hatten sie sich irgendwann durch Zufall im Schlafzimmer getroffen, und dann …

Dann war ihr Sohn zur Welt gekommen. Natürlich nicht sofort, sondern neun Monate später. Seine Erziehung fand auf einer Mal-sehen-wie’s-klappt-Basis statt. Mit anderen Worten: Man überließ ihn sich selbst und einigen Lehrern, die nur wenig zu seiner Entwicklung beitrugen und viel größeres Interesse an den Dienerinnen und Mägden zeigten. Die von Teppics Vater beauftragten Unterweiser boten die angenehmste Gesellschaft, erst recht dann, wenn sich der Pharao bei der Auswahl von seinen … animalischen Instinkten leiten ließ. Einen herrlichen Winter lang kümmerte sich ein älterer Ibis-Wilderer um Teppic. Einer seiner Pfeile hatte das Ziel verfehlt; als er im königlichen Garten danach suchte, vernahm er ein sonderbares, möwenartiges Krächzen und begegnete dem Pharao, der gerade versuchte, sich Flügel wachsen zu lassen. Als Vogelliebhaber verstanden sich die beiden Männer prächtig.

Teppic erinnerte sich an wilde Verfolgungsjagden, hörte noch einmal die zornigen Stimmen der Soldaten, die ihm und seinem unkonventionellen Lehrer dicht auf den Fersen waren. In Gedanken durchstreifte er die Nekropole, nahm an herrlichen Raufereien teil. Und er lernte den Quetscher kennen, eine höchst interessante Erfindung. Wer den Apparat bediente, begab sich in nicht unerhebliche Gefahr, aber Mühe und Risiko lohnten: Der Quetscher verwandelte ganze Schwärme nichtsahnender Wasservögel in sofort verwertbare Pastete.

Darüber hinaus bekam Teppic Zugang zur Bibliothek und konnte sogar in den Büchern blättern, die in normalerweise abgesperrten Regalen standen – einige spezielle Fähigkeiten ermöglichten es dem Wilderer, auch bei schlechtem Wetter sein Einkommen zu sichern. Der Sohn des Pharaos nutzte die gute Gelegenheit, um seine literarischen Kenntnisse zu erweitern. Als besonders informativ erwies sich In den Schlafzimmern des Palastes, von Einem Ehrenmann Aus Dem Khalianischen Übersetzt. Der Band gehörte zu einer Begrenzten Auflage Mit Anschaulichen Illustrationen Für Den Anspruchsvollen. Zunächst empfand Teppic die detaillierten Beschreibungen als sehr verwirrend, doch im Lauf der Zeit gelang es ihm, sie immer besser zu verstehen. Als ein junger, weltfremder und von Priestern beauftragter Lehrer begann, ihn mit bestimmten athletischen Techniken vertraut zu machen – angeblich von den klassischen Pseudopolitanern überliefert –, dachte Teppic kurz nach, griff dann nach einem Hutständer und schickte seinen Unterweiser mit einem wohlgezielten Hieb zu Boden.

Eigentlich brauchte Teppic gar keine Hilfe. Er eignete sich das Wissen selbst an. Die Bildung rieselte auf ihn herab, wie Schuppen aus einer oft benutzten Perücke.

In der Welt außerhalb seines Kopfes begann es zu regnen. Eine weitere neue Erfahrung. Er hatte natürlich schon gehört, dass Wasser in Form kleiner Tropfen vom Himmel fallen konnte, aber nun erlebte er so etwas zum ersten Mal. In Djelibeby regnete es nie.

Wie heruntergekommene Amseln wirkende Meister schritten zwischen den wartenden Jungen umher, aber Teppic schenkte ihnen kaum Beachtung. Seine Aufmerksamkeit galt einigen älteren Schülern, die an den Torsäulen standen. Sie trugen ebenfalls dunkle Umhänge, aber die Tönungen unterschieden sich vom Schwarz voll ausgebildeter Assassinen.

So lernte Teppic die tertiären Farben kennen. Sie gehören zu dem Spektrum, das sich auf der anderen Seite des Schwarzen erstreckt. Derartige Farben bekommt man nur, wenn man reines Schwarz in einem achtseitigen Prisma aufspaltet. Mit nichtmagischen Worten lassen sie sich kaum beschreiben, aber um zumindest eine ungefähre Vorstellung davon zu vermitteln: Solche Farben sieht man, wenn man etwas Verbotenes raucht und dann die Unterseite eines Starenflügels betrachtet.

Die größeren Jungen maßen ihre neuen Schulkameraden mit kritischen Blicken.

Teppic beobachtete sie. Abgesehen von den Farben entsprach ihre Aufmachung der neuesten Mode, die derzeit zu weiten Hüten, gepolsterten Schultern, schmalen Taillen und spitzen Schuhen neigte. Wer diese Garderobe bevorzugte, musste damit rechnen, wie ein schlecht gekleideter Nagel auszusehen.

Ich werde so sein wie sie, dachte der Sohn des Pharao.

Nur besser angezogen, fügte er in Gedanken hinzu.

Er erinnerte sich an einen der kurzen, geheimnisvollen Besuche Vyrts. Sein Onkel hatte damals auf einer Stufe der Palasttreppe Platz genommen und folgende Worte gesprochen, während er über den breiten Djel blickte: »Satin und Leder taugen nichts. Und das gilt auch für Schmuck jeder Art. Man muss sich von allen Dingen trennen, die knirschen oder klimpern. Ich empfehle raue Seide oder Samt. Weißt du, es kommt nicht darauf an, wie viele Leute man inhumiert. Weitaus wichtiger ist, dass man nicht selbst inhumiert wird.«

Wenn sich Hast mit Unvorsichtigkeit paarte, präsentierte ein spöttisch lächelndes Schicksal irgendwann die Rechnung. Teppic fiel einem bestimmt sehr harten Kopfsteinpflaster entgegen, drehte sich in leerer Luft, streckte verzweifelt die Arme aus, berührte einen kleinen Mauervorsprung und bekam dadurch ein neues Bewegungsmoment. Er stieß an verwittertes Gestein, und der Aufprall war heftig genug, um ihm den restlichen Atem aus den Lungen zu pressen. Er rutschte an der Mauer herab …

»Junge!«

Teppic sah auf. Neben ihm stand eine Gestalt, die eine violette Schärpe über ihrem schwarzen Umhang trug – der erste echte, authentische Assassine, dem er begegnete. Abgesehen von Vyrt. Der Mann wirkte recht freundlich und gutmütig. Man konnte sich vorstellen, wie er in einem Metzgerladen Würstchen füllte. »Meinst du mich?«, fragte Teppic.

»Du wirst aufstehen, wenn du mit einem Meister sprichst«, sagte das rosafarbene Gesicht.

»Werde ich das?« Teppic überlegte fasziniert, wie sich so etwas bewerkstelligen ließ. Bisher hatte Disziplin nur eine untergeordnete Rolle in seinem Leben gespielt. Die meisten Lehrer reagierten so bestürzt auf den Anblick eines Königs, der auf irgendwelchen Schränken hockte und leise krächzte, dass sie den Unterricht möglichst rasch beendeten und sich dann in ihrem Zimmer einschlossen.

»Werde ich das, Herr«, sagte der Assassine und sah auf eine Liste herab.

»Wie heißt du, Junge?«, fügte er hinzu.

»Ich bin Prinz Pteppic aus dem Alten Königreich, dem Königreich der Sonne«, erwiderte Teppic. »Vermutlich ist dir die Etikette unbekannt, und daher möchte ich dich auf Folgendes hinweisen. Es ist nicht nötig, dass du mich Herr nennst. Es ist nötig, dass du dich verbeugst und die Stirn an den Boden drückst, wenn du das Wort an mich richten möchtest.«

»Pateppic, wie?«, fragte der Meister.

»Nein, Pteppic.«

»Ah, Teppic«, sagte der Assassine, hakte einen Namen ab und bedachte den Jungen mit einem großzügigen Lächeln.

»Euer Majestät«, fuhr er fort. »Ich bin Leckerschmeck Nivor, dein Hausmeister. Du gehörst jetzt zum Viper-Haus. Meines Wissens gibt es auf der Scheibenwelt mindestens elf Königreiche der Sonne. Bis zum Ende der Woche wirst du einen kurzen Aufsatz schreiben, der genaue Informationen über die betreffenden Reiche enthält: geographische Besonderheiten, politische Struktur, Hauptstadt beziehungsweise wichtigster Regierungssitz. Darüber hinaus wirst du eine Route nennen, die ins Schlafzimmer eines Staatsoberhauptes deiner Wahl führt. In einem Punkt kannst du ganz sicher sein: Es gibt nur ein Viper-Haus. Guten Morgen, Junge.«

Der Meister ging fort und wandte sich an einen anderen Schüler.

»Eigentlich ist er kein übler Kerl«, erklang eine Stimme hinter Teppic. »Die benötigten Angaben findest du in der Bibliothek. Ich zeige sie dir, wenn du möchtest. Übrigens: Ich heiße Schelter.«

Teppic drehte sich um. Die Stimme gehörte einem Jungen in seinem Alter. Schelter trug ebenfalls einen schwarzen Umhang – Einfaches Schwarz für die Erste Studienphase –, und das Ding erweckte den Eindruck, hier und dort am Körper festgenagelt zu sein. Der junge Bursche streckte die Hand aus, und Teppic blickte höflich darauf herab.

»Ja?«, fragte er.

»Wie heißt du, Kumpel?«

Teppic straffte die Schultern. Er hatte die Respektlosigkeit allmählich satt. »Kumpel? Wisse hiermit, dass Pharaonenblut in meinen Adern fließt!«

Schelter neigte unbeeindruckt den Kopf zur Seite, und ein dünnes Lächeln erschien auf seinen Lippen.

»Möchtest du, dass es dort bleibt?«, erwiderte er.

Einige in weiße Kittel gekleidete junge Männer traten aus der nahen Bäckerei, um der Ofenhitze zu entkommen und die vergleichsweise kühle Nachtluft zu genießen. Ein Zigarettenstummel wurde von Hand zu Hand gereicht, und leise Stimmen wehten durch die schmale Gasse. Teppic hing weit oben in der Dunkelheit. Seine Hände hatten überraschenden Halt an einem Fensterbrett gefunden, und die Füße tasteten nach irgendeinem Riss im Mauerwerk.

Immer mit der Ruhe, dachte er. Deine Lage ist bestimmt nicht so ernst, wie es zunächst den Anschein haben mag. Es fiel ihm schwer, daran zu glauben. Du bist schon mit ganz anderen Dingen fertig geworden. Denk nur an den Palast des Patriziers im letzten Winter. Die Dachrinnen liefen über, und eine dicke Eisschicht bedeckte die Wände. Hier beträgt der Schwierigkeitsgrad 3 oder höchstens 3,2. Zusammen mit Schelter hast du solche Mauern erklettert, anstatt durch die Straßen zu schlendern. Es ist nur eine Frage der Perspektive.

Perspektive. Teppic blickte in die Tiefe. Zwanzig Meter unter ihm flirrte Hitze übers Kopfsteinpflaster. Verdammt und zugenäht! Reiß dich endlich zusammen. Halt dich fest. Und lass dir was einfallen. Der rechte Fuß fand brüchigen Mörtel, und die Zehen bohrten sich sofort hinein. Glücklicherweise warteten sie nicht auf eine Anweisung des Gehirns, das die Augen zukniff und versuchte, sich irgendwo zu verkriechen.

Teppic holte tief Luft, spannte die Muskeln und griff mit einer Hand nach dem Gürtel. Er riss einen Dolch hervor und rammte ihn zwischen zwei Ziegelsteine, bevor die Gravitation Verdacht schöpfte. Der Junge zögerte kurz und schnaufte, hoffte inständig, dass die Schwerkraft erneut das Interesse an ihm verlor. Dann schwang er seinen Leib zur Seite und wiederholte den Vorgang.

Ein Bäcker in der Gasse erzählte einen anzüglichen Witz und strich sich geistesabwesend Mörtelstaub vom linken Ohr. Als seine Kollegen lachten, richtete sich Teppic im Mondschein auf. Er balancierte auf zwei Messern aus klatschianischem Stahl, und seine Hände tasteten langsam über die Mauer, glitten zu dem Fenster, dessen Sims dem Schicksal eine Stundung der Rechnungssumme abgerungen hatte.

Das Fenster war geschlossen. Bestimmt öffnete es sich, wenn Teppic ihm einen ordentlichen Stoß versetzte – aber dadurch lief er Gefahr, erneut den Halt zu verlieren und in die Leere zu stürzen. Er seufzte, holte mit der Behutsamkeit eines Uhrmachers den Diamantschneider hervor und ritzte einen Kreis ins Glas …

»Die Vorschriften verlangen, dass du ihn selbst trägst«, sagte Schelter.

Eine derartige Vorstellung erschien Teppic absurd. Skeptisch betrachtete er den Koffer.

»Bei mir zu Hause gibt es Leute, die sich um solche Sachen kümmern«, sagte er. »Eunuchen und so.«

»Du hättest einen von ihnen mitbringen sollen.«

»Oh, sie reisen nicht gern.« Das stimmte nicht ganz: Teppic hatte es strikt abgelehnt, sich von einem kleinen Gefolge begleiten zu lassen, woraufhin Dios tagelang schmollte. Der Hohepriester hatte immer wieder betont, es gehöre sich nicht für ein Mitglied der königlichen Familie, ganz allein in die Welt hinauszuziehen, doch Teppic hatte auf seinem Standpunkt beharrt. Er war ziemlich sicher, dass es kaum einen Assassinen gab, der seinem Beruf in der Gesellschaft von Dienerinnen und Hornisten nachging.

Jetzt bedauerte er, so hartnäckig gewesen zu sein. Er zog versuchsweise an dem Koffer und schaffte es, ihn auf die Schulter zu heben.

»Deine Alten sind sicher sehr reich, stimmt’s?«, fragte Schelter, als sie sich dem Hauptgebäude näherten.

Teppic dachte kurz nach. »Wie man’s nimmt«, antwortete er. »Die Alten vererben ihr Vermögen meistens, wenn sie überhaupt eins haben. Oder sie nehmen es in die Pyramiden mit.« Er schürzte die Lippen. »Eine interessante Frage: Können einbalsamierte Tote reich sein?«

»Du bist also Waise?«, fragte Schelter voller Mitgefühl.

»Wie? Nein, wenigstens nicht ganz. Nur zur Hälfte.«

Schelters Verwirrung nahm zu. »In deiner Heimat scheint es recht seltsam zuzugehen. Bist du wirklich sicher, dass wir von deinen Eltern sprechen?«

»Ach, das meinst du«, entgegnete Teppic und seufzte. »Mein Vater ist Pharao. Und meine Mutter war eine Konkubine. Glaube ich.«

»Konkubine? Das habe ich bisher für eine Gemüsesorte gehalten.«

»Ich glaube kaum, dass du recht hast – obgleich ich eingestehen muss, dass dieses Thema bei uns im Palast nie zur Sprache kam. Wenigstens nicht auf diese Art und Weise. Weißt du, wir halten nichts von Kannibalismus. Wir sind zivilisiert. Außerdem: Meine Mutter starb, als ich noch klein war.«

»Wie schrecklich«, sagte Schelter fröhlich.

»Sie nahm ein nächtliches Bad im Fluss«, fügte Teppic hinzu. »Sehr zur Freude der Krokodile.«

»Grauenhaft«, verkündete Schelter und lächelte. »Mein Vater ist Geschäftsmann«, erklärte er, als sie das Tor durchschritten.

»Faszinierend«, erwiderte Teppic pflichtbewusst. Die neuen Erfahrungen folgten viel zu schnell aufeinander. »Ich bin nie Geschäftsmann gewesen, habe jedoch gehört, dass solche Leute Respekt verdienen.«

Während der nächsten beiden Stunden gab sich Schelter weltmännisch und weihte Teppic in die Geheimnisse der Schlafsäle und Klassenzimmer ein. Mit den sanitären Anlagen wartete er bis zum Schluss aus gutem Grund.

»Überhaupt keine?«, fragte er.

»Na ja, wir benutzen Eimer und so«, antwortete Teppic vage. »Und dann sind da noch die Diener.«

»Dein Königreich ist nicht zufällig ein bisschen altmodisch?«

Teppic nickte betrübt. »Es liegt an den Pyramiden«, sagte er. »Das ganze Geld geht für Pyramiden drauf.«

»Bestimmt sind sie wertvoll«, vermutete Schelter.

»Eigentlich nicht. Sie bestehen nur aus Stein.« Teppic seufzte. »An Steinen herrscht bei uns kein Mangel. Ebenso wenig an Sand. Wir sind im wahrsten Sinne des Wortes steinreich. Wenn du jemals Steine und Sand brauchst, so wende dich getrost an uns. Teuer wird’s erst, wenn es um das Innere der Pyramiden geht. Wir vermeiden es noch immer, Großvaters Grabstätte zu bezahlen, und sie ist gar nicht besonders groß, besteht nur aus drei Kammern.« Teppic zuckte mit den Schultern und sah aus dem Fenster. Inzwischen befanden sie sich wieder in einem der Schlafsäle.

»Das ganze Königreich ist verschuldet«, sagte er leise. »Selbst unsere Schulden haben Schulden. Um ganz ehrlich zu sein: Aus diesem Grund bin ich hier. Jemand aus meiner Familie muss endlich damit beginnen, Geld zu verdienen. Ein königlicher Prinz kann sich nicht mehr darauf beschränken, repräsentative Aufgaben wahrzunehmen. Er muss die Ärmel hochkrempeln und sich nützlich machen.«

Schelter lehnte sich ans Fensterbrett.

»Wie wär’s, wenn ihr einige der Grabbeigaben aus den Pyramiden holt?«, schlug er vor.

»Soll das ein Witz sein?«

»Nein. Entschuldige bitte.«

Teppic starrte kummervoll nach draußen und beobachtete die Gestalten auf dem Hof.

»Hier herrscht ein erstaunlich reger Betrieb«, sagte er, um das Thema zu wechseln. »Ich habe mir die Schule nicht so groß vorgestellt.« Er schauderte. »Und auch nicht annähernd so kalt.«

»Es kommt immer wieder vor, dass Schüler beschließen, ihre Sachen zu packen und zu gehen«, brummte Schelter. »Weil sie glauben, die Kurse seien zu schwer. Man muss einfach wissen, was was und wer wer ist. Siehst du den Burschen dort drüben?« Er streckte die Hand aus.

Teppic blickte in die entsprechende Richtung. Schelters Zeigefinger deutete auf einige ältere Schüler, die an den Torsäulen standen.

»Meinst du den großen Burschen? Mit dem Gesicht, das aussieht wie ein Stiefelabsatz?«

»Er heißt Fliemoe. Wir nennen ihn Achduschreck. Halte dich von ihm fern. Erst recht dann, wenn er dich in sein Zimmer einlädt.«

»Und der mit den Locken?«, fragte Teppic. Er zeigte auf einen kleinen Jungen, der vor einer mitgenommen wirkenden Frau stand. Sie befeuchtete ihr Taschentuch und rieb dem Knaben Schmutzflecken von Stirn und Wangen. Anschließend rückte sie sein Halstuch zurecht.

Schelter beugte sich vor. »Oh, einer von den neuen Schülern«, sagte er. »Arthur Soundso. Offenbar ein Muttersöhnchen. Meine Güte, sieh dir bloß mal seine Mami an. Man könnte sie mit einer Mumie verwechseln.«

»Das bezweifle ich«, erwiderte Teppic düster. »Das bezweifle ich sogar sehr. Mit Mumien kenne ich mich aus.«

Ein rundes Glasstück fiel nach innen und zersplitterte auf dem Boden des Zimmers. Eine Zeit lang blieb alles still, und dann bewegte sich der Pumphebel einer kleinen Ölkanne. Die ganze Zeit über hatte ein Schatten auf der Fensterbank gelegen, wie eine Erweiterung der Nacht – einige Schmeißfliegen darunter machten die unliebsame Erfahrung, dass die Dunkelheit der Nacht bemerkenswert massiv und schwer sein konnte. Jetzt erwies er sich als Arm, der in einer Hand endete. Selbst eine langsame Schnecke wäre schneller gewesen als die Fingerkuppen, die über Staub und Glas tasteten, sich dem Riegel näherten.

Ein kaum hörbares Schaben, und das Fenster schwang mit gut geschmierter Lautlosigkeit auf.

Teppic huschte über den Sims und verschwand in der Finsternis des Zimmers.

Eine Weile herrschte jene Stille, die von jemandem hervorgerufen wird, der sich mit größter Vorsicht bewegt. Erneut das Pumpen der Ölkanne, gefolgt von einem metallenen Flüstern. Teppic schob den Bolzen der Falltür zur Seite, die Zugang zum Dach gewährte.

Er wartete, bis sich seine Lunge wieder mit Luft füllte, und genau in diesem Augenblick hörte er das Geräusch. Auf der Dezibel-Skala musste es irgendwo unter der Marke Null angesiedelt werden, und Teppic schaltete einen inneren Verstärker hinzu. Kein Zweifel: Jemand hockte auf dem Dach und hatte gerade die Hand auf ein Blatt Papier gelegt, damit es nicht raschelte.

Teppic ließ den Bolzen los, durchquerte das dunkle Zimmer, glitt an einer Holzwand entlang und erreichte eine Tür. Diesmal ging er nicht das geringste Risiko ein, öffnete die Ölkanne und ließ einen stillen Tropfen auf die Angeln fallen.

Einige Sekunden später verließ er den Raum. Eine Ratte patrouillierte gelangweilt im zugigen Flur und hätte fast ihre eigene Zunge verschluckt, als Teppic vorbeischwebte.

Er passierte eine weitere Tür, schlich durch mehrere muffig riechende Räume und gelangte schließlich an eine Treppe. Die Entfernung zur Falltür betrug jetzt etwa dreißig Meter, und unterwegs hatte Teppic nirgends einen Kamin gesehen. Mit anderen Worten: In diesem Bereich gab es keine Schornsteine auf dem Dach, die ihn daran hinderten, den Unbekannten anzuvisieren.

Er ging in die Hocke und holte seine Messerrolle hervor, die einen rechteckigen Schatten in der Finsternis bildete. Nach kurzem Nachdenken wählte er einen Wurfdolch vom Typ Nummer Fünf. Nur wenige Assassinen verstanden es, richtig damit umzugehen, und Teppic gehörte zu ihnen.

Kurz darauf hob er vorsichtig den Kopf und spähte übers Dach. Der rechte Arm neigte sich nach hinten, bereit dazu, in einem ebenso komplexen wie schnellen Bewegungsablauf jene Kraft zu entfalten, die notwendig war, um mehrere Unzen Stahl durch die Nacht zu schleudern.

Mericet saß an der Falltür und blickte auf sein Klemmbrett. Teppic bemerkte einen kleinen, hölzernen Steg, der einige Meter entfernt an der Brüstung lehnte – der Grund für seinen Sturz in die Tiefe.

Er zweifelte nicht daran, völlig lautlos gewesen zu sein. Wahrscheinlich hörte der Prüfer das Geräusch seines verblüfften Blickes.

Mericet hob den kahlen Kopf.

»In Ordnung«, sagte er, »du kannst deinen Weg jetzt fortsetzen.«

Teppic spürte, wie ihm kalter Schweiß ausbrach. Er betrachtete den Steg, starrte den Prüfer an und stellte plötzlich fest, dass er noch immer ein Messer in der Hand hielt.

»Ja, Herr«, sagte er. Was angesichts der Umstände nicht zu genügen schien. »Danke, Herr«, fügte er hinzu.

Die erste Nacht im Schlafsaal prägte sich fest in Teppics Gedächtnis ein. Das Zimmer war groß genug, alle achtzehn Jungen des Viper-Hauses zu beherbergen, und so zugig, dass man ständig den Eindruck gewann, sich im Freien zu befinden. Der Architekt schien großen Wert darauf gelegt zu haben, alles möglichst unbequem zu gestalten. Das Ergebnis bestand in einem Raum, in dem es noch kälter sein konnte als draußen.

»Ich dachte, wir bekämen Einzelzimmer«, sagte Teppic.

Schelter hatte sich den besten Platz im ganzen Kühlschrank gesichert und nickte gönnerhaft.

»Später«, erwiderte er, legte sich wieder hin und verzog das Gesicht. »Allem Anschein nach hat man bei diesen Betten spitze Federn verwendet.«

Teppic schwieg. Sein Schlafplatz bot weitaus mehr Komfort als der im Palast von Djelibeby. In dieser Hinsicht zeigte der Pharao typische adlige Großzügigkeit: Bei seinem Sohn tolerierte er Wohnbedingungen, die selbst eine mittellose Sandfliege abgelehnt hätte.

Teppic streckte sich auf der dünnen Matratze aus und begann mit einer eingehenden Analyse der jüngsten Ereignisse. Er gehörte nun zur Gilde. Schon seit sieben Stunden war er Schüler der Assassinen, aber man hatte ihm noch nicht gestattet, ein Messer zur Hand zu nehmen. Na ja, morgen begann ein neuer Tag …

Schelter drehte den Kopf.

»Wo steckt Arthur?«, fragte er.

Teppic sah zum Bett auf der anderen Seite. Ein herzergreifend kleiner Beutel mit Kleidung lag genau in der Mitte, aber von seinem Besitzer fehlte jede Spur.

»Glaubst du, er ist weggelaufen?«, fragte Teppic und ließ den Blick durch die Schatten streichen.

»Möglich wär’s«, antwortete Schelter. »So was geschieht recht häufig. Muttersöhnchen, die zum ersten Mal auf sich allein gestellt sind …«

Die Tür am Ende des Saals öffnete sich langsam, und Arthur kam rückwärts herein, zog dabei an der Leine eines großen und sehr sturen Ziegenbocks. Das Tier widersetzte sich jedem einzelnen Schritt, und dadurch kam der Junge nur langsam voran.

Die übrigen Schüler beobachteten stumm, wie Arthur den Ziegenbock an seinem Bett festband und folgende Dinge aus dem Beutel holte: mehrere große schwarze Kerzen, ein Kräuterbündel, einen Strick, an dem einige kleine Totenschädel baumelten, und ein Stück Kreide. Das glänzende, rosarote Gesicht zeigte energische Entschlossenheit, und die Botschaft der funkelnden Augen lautete: Glotzt nicht so blöd. Ich weiß genau, was ich tue. Der Knabe malte einen doppelten Kreis um sein Bett, ließ sich dann auf die Knie sinken und füllte den Platz zwischen den Kreisen mit den okkultesten Symbolen, die Teppic jemals gesehen hatte. Arthur rückte sie hin und her, nickte zufrieden, platzierte die schwarzen Kerzen an strategischen Punkten und entzündete sie. Ein leises Zischen erklang, und Teppic nahm einen seltsamen Geruch wahr, der höchst unangenehme Vorstellungen in ihm weckte.

Arthur griff nach einem kurzen Messer mit rotem Heft, stand auf, näherte sich der Ziege …

Ein Kissen traf ihn am Hinterkopf.

»Garn! Du verdammter Mistkerl!«

Der kleine Junge ließ sein Messer fallen und brach in Tränen aus. Schelter setzte sich auf.

»Du bist es gewesen, Käseweiß!«, sagte er. »Ich hab’s genau gesehen!«

Garn Käseweiß – ein hagerer Junge mit rotem Haar und einem Gesicht, das einer großen Sommersprosse gleichkam – starrte ihn finster an.

»Mir reicht’s langsam«, erwiderte er. »Mit dieser ganzen Religion kommt man überhaupt nicht mehr zur Ruhe. Ich meine, heutzutage sprechen nur noch kleine Kinder ein Gebet, bevor sie zu Bett gehen. Himmel, wir sind hier, um das Handwerk der Assassinen zu erlernen …«

»Halt dein verdammtes Schwatzmaul, Käseweiß!«, rief Schelter. »Wenn die Leute ihre Religion ernst nähmen, ginge es in der Welt weitaus besser zu. Ich weiß, dass ich nicht oft genug bete, aber …«

Ein geworfenes Kissen hinderte Schelter daran, den Satz zu beenden. Er sprang aus dem Bett, stürmte auf den rothaarigen Jungen zu und holte mit geballten Fäusten aus.

Die anderen Schüler versammelten sich vor den beiden Streithähnen. Teppic schlug die Decke zurück und schlenderte zu Arthur, der auf der Kante seines Bettes saß und leise schluchzte.

Er klopfte ihm unsicher auf die Schulter. Solche Gesten schienen eine beruhigende Wirkung zu haben.

»Mach dir nichts draus«, sagte er und fügte versuchsweise hinzu: »Kumpel.«

»Aber…«, begann Arthur. »Die Runen sind verwischt, und es ist bereits zu spät! Heute Nacht kommt der Große Orm, um meine Eingeweide an seinem Stock aufzuwickeln!«

»Im Ernst?«

»Und er saugt mir die Augen aus, hat meine Mutter gesagt!«

»Donnerwetter!«, sagte Teppic fasziniert. »Tatsächlich?« Glücklicherweise stand sein Bett direkt auf der anderen Seite; er hatte also einen Logenplatz. »Was hat es mit deiner Religion auf sich?«

»Ich gehöre zu den Unerschütterlich Strenggläubigen Ormiten«, antwortete Arthur und putzte sich die Nase. »Mir ist aufgefallen, dass du nicht betest«, fügte er hinzu. »Hast du keinen Gott?«

Teppic zögerte kurz. »Doch, ich glaube schon. Ich bin sogar ziemlich sicher.«

»Offenbar liegt dir nicht viel daran, mit ihm zu sprechen.«

Teppic schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht mit ihm sprechen«, sagte er. »Zumindest nicht hier. Er wäre kaum in der Lage, mich zu hören.«

»Mein Gott hört mich überall«, verkündete Arthur stolz.

»Meiner hat bereits Schwierigkeiten, jemanden zu verstehen, der auf der anderen Seite des Zimmers steht«, erwiderte Teppic. »Was manchmal recht peinlich ist.«

»Du bist doch kein Offlianer, oder?«, fragte Arthur. Dem Krokodilgott Offler fehlten Ohren.

»Nein.«

»Welchen Gott verehrst du denn?«

»Von verehren kann eigentlich keine Rede sein«, sagte Teppic und fühlte vages Unbehagen. »Nein, eine derartige Bezeichnung ist unangemessen. Was natürlich nicht heißen soll, dass es etwas an ihm auszusetzen gibt. Wenn du’s unbedingt wissen willst: Er ist mein Vater.«

Arthur riss die tränenfeuchten Augen auf.

»Du bist der Sohn eines Gottes?«,hauchte er.

»Bei mir zu Hause muss ein König auch göttliche Pflichten wahrnehmen«, sagte Teppic rasch. »Aber mein Vater hat nicht besonders viel zu tun. Die Priester kümmern sich um alle wichtigen Regierungsaufgaben. Mein Vater sorgt nur dafür, dass der Fluss jedes Jahr über die Ufer tritt, und außerdem dient er der Großen Kuh des Himmelsbogens. Besser gesagt: Er hat ihr gedient.«

»Die Große Kuh des …«

»Meine Mutter«, murmelte Teppic. »Weißt du, äh, ich spreche nicht gern darüber. Es bringt mich in Verlegenheit.«

»Neigt dein Vater dazu, harte Strafen zu verhängen?«

»Ich glaube nicht. Ich habe ihn nie dabei beobachtet.«

Arthur beugte sich zur Seite und streckte die Hand nach dem unteren Ende des Bettes aus. Der Ziegenbock hatte das allgemeine Durcheinander genutzt, um die Leine durchzubeißen. Er verschwand gerade durch die Tür und beschloss, alles Religiöse aufzugeben.

»Mir droht grässliches Unheil«, behauptete Arthur. »Könntest du deinen Vater darum bitten, dem Großen Orm alles zu erklären?«

»Sicher, warum nicht?«, entgegnete Teppic und verbarg seine Skepsis. Was Erklärungen betraf, hatte Teppicymon XXVII. nie großes Geschick bewiesen. »Ich schreibe ihm einen Brief. Gleich morgen.«

»Normalerweise befindet sich der Große Orm in einer der Unteren Höllen«, sagte Arthur. »Von dort aus beobachtet er uns. Beziehungsweise mich. Nur Mutter und ich sind übrig geblieben, und meine Mama ließe sich bestimmt nie etwas zuschulden kommen, das Strafe erfordert. Deshalb kann der Große Orm seine ganze Aufmerksamkeit mir widmen.«

»Ich werde dem Brief einen entsprechenden Hinweis hinzufügen«, versicherte Teppic.

»Glaubst du, der Große Orm erscheint heute Nacht?«, fragte Arthur nervös.