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Johannes Schmid-Husner hat auf seinen 90. Geburtstag seine Lebensgeschichte Silvia Schneider Schiess erzählt. Diese hat sie aufgeschrieben und Maria Schmid hat diese Biografie für Familie und Freunde herausgegeben. Das Buch beschreibt 90 Jahre eines bewegten Lebens. Johannes Schmid-Husner beschreibt seine Herkunft, seine Zeit in der Schweizergarde in Rom und dann an der Grafischen Akademie im noch kriegsgezeichneten München der frühen 50er Jahre. Aus der Schweiz fuhr damals ein Zug mit Dampflokomotive nach München. Der Leser wird hineingenommen in seine Familie, seine Liebe, die er in Rom gefunden und in der Schweiz dann geheiratet hat, sein berufliches und privates Vorankommen bis zum Verlust seiner Frau Annemarie, aber auch die erfüllte Zeit danach bis in unsere Tage.
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Seitenzahl: 207
Veröffentlichungsjahr: 2017
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für
Victor, Monika, Elisabeth Varena, Fabian, Anne-Sophie
von Maria
„Ihre Zeit ist begrenzt, also verschwenden Sie sie
nicht damit, das Leben eines anderen zu leben. Lassen Sie sich nicht von Dogmen in die Falle
locken. Lassen Sie nicht zu, dass die Meinungen
anderer Ihre innere Stimme ersticken.
Am wichtigsten ist es, dass Sie den Mut haben,
Ihrem Herzen und Ihrer Intuition zu folgen.
Alles andere ist nebensächlich.“
Steve Jobs
Die Herkunft
1.1 Die Grosseltern Friedrich und Christine Bättig-Gut
1.2. Meine Mutter – Frieda Schmid-Bättig
1.3. Mein Vater – Anton Schmid
1.4. Grosseltern Schmid – die Eltern meines Vaters
1.5. Die Eltern finden zueinander
1.6. Meine ersten Lebensjahre
1.7. Meine Taufe
1.8. Meine Paten
1.9. Mein Daheim
1.10. Meine Geschwister
Erlebnisse aus meiner Kinder- und Jugendzeit
2.1. Der Schlitten und das Pferd
2.2. „Dreirad-Rennen“
2.3. Arbeiten im Kirchenturm
2.4. Als Ministranten im Stift
2.5. Zusätzliche Einnahmequellen
2.6. Missgeschicke oder wie die Kugel an den Kopf kam
2.7. Bei den Pfadfindern
2.8. In der Schule
2.9. Einfluss des Krieges auf die Schulzeit
2.10. Liebe Beschäftigungen während der Schulferien
2.11. Endspurt in der Schule
2.12. Berufslehre
2.13. Militärdienst
2.14. Vom Elternhaus geprägt
Als Schweizergardist in Rom
Rom – Stadt der Liebe
Studienzeit in München
Berufsleben
Familienleben
7.1. Verlobung
7.2. Hochzeit
7.3. Auf der Hochzeitsreise
Annemaries Familie
8.1. Annemaries Eltern August und Anna Maria Husner-Kunz
8.2. Annemaries Geschwister
Unser Familienleben
9.1. Wohnen in Adliswil
9.2. Wir sind eine richtige Familie
Unsere drei Kinder
10.1. Victor
10.2. Monika
10.3. Elisabeth
Ferien, Reisen und Feiern
11.1. Meine „Tour de Suisse“
11.2. Reisen mit der Familie
11.3. Dank der Kinder auf Reisen
Ortswechsel
12.1. Wohnen in Staufen
12.2. Bauen und wohnen in Hildisrieden
Die Pensionierung – Ein neuer Lebensabschnitt
13.1. Als Reiseführer unterwegs
13.2. Weitere Beschäftigungen
Umzug nach Liebefeld
14.1. Das neue Daheim
14.2. Pflege und Abschied von der geliebten Frau
Das Leben ohne Annemarie
Schlusswort
Danke...
Nicht allen Menschen ist es vergönnt, ein gutes und langes Leben zu leben. Mein Leben war es geprägt von viel Freude und Erfüllung – dies nicht zuletzt, weil ich mich stets an den Leitspruch aus meiner Zeit in der Schweizergarde gehalten habe:
Sein – nicht Scheinen.
Es waren diese Worte, die Hauptmann Galinger, ein aufrichtiger, gradliniger Offizier und Mensch, gesagt hatte. Irgendwann während dieser zwei Jahre im Vatikanstaat gab er uns den Rat: „Wenn ihr im Leben vorwärtskommen wollt, dann gibt es nichts Anderes als Sein – nicht Scheinen.“ Daran hielt und halte ich mich. Galingers Worte waren für mich wegweisend, egal wo ich war oder wohin ich wollte. Dankbar blicke ich auf mein Leben – im Sein – zurück. Bevor ich nun in den Erinnerungen meiner ersten Lebensjahre krame, möchte ich etwas über meine Eltern und Grosseltern mitteilen.
Meine Mutter wuchs in Kaltbach im Kanton Luzern auf. Sie war die Tochter eines Gesamtschullehrers und einer Handarbeits- und Haushaltslehrerin. Da damals der Lehrerlohn sehr gering war, betrieben meine Grosseltern neben ihrer Berufsarbeit noch einen kleinen Spezereiladen. Das hiess, meine Grossmutter führte den Laden hauptsächlich, doch half meine Mutter mit, wenn sie nicht gerade in der Schule war.
Mein Grossvater, Lehrer Friedrich Bättig, organisierte an jedem Weissen Sonntag, also am Sonntag nach Ostern, für die Erstkommunikanten eine Kutschenfahrt. So kamen die Zweitklässler an ihrer Erstkommunion zu einem einmaligen Erlebnis, denn als Bauernkinder waren sie nicht verwöhnt und gingen auch die längsten Strecken zu Fuss. Von Kaltbach, welches zur Gemeinde Mauensee gehört, bis zur Kirche in Sursee (Mauensee war in Sursee kirchgenössig) war es ein langer Fussweg. Für einmal konnten die Kinder bequem zur Kirche fahren. Was für ein Festtag!
Nach seiner Pensionierung liess mein Grossvater auf „Chotten“, dies ist eine Anhöhe westlich von Sursee, ein Chalet bauen, ganz nach dem Motto: „Klein aber fein“. Neben dem Chalet wurde zudem ein Bienenhaus errichtet, denn Grossvater Bättig war ein passionierter Imker. Oft wurde er gebeten, ausgeschwärmte Bienenvölker wieder einzufangen. Er machte dies gut und gerne. Und immer schwang er sich dabei auf sein altes Fahrrad, welches ihn zu den Bienen brachte.
Grossvater präsidierte über lange Jahre den Imkerverband des Amtes Sursee. Das Schicksal wollte es, dass seine Tochter – meine Mutter – an einer Honig-Allergie litt und nie von diesem kostbaren Brotaufstrich oder von der mit Honig angefertigten Hausmedizin probieren durfte. Auf uns Kinder übertrug sich diese Allergie gottlob nicht. Allerdings weiss ich nicht, ob der Heuschnupfen meiner Kinder und Enkel eventuell ein Überbleibsel von dieser Allergie sein könnte. Meine Schwester Marie ist auf jeden Fall überzeugt, dass sie die Honigallergie von der Mutter geerbt habe.
Die Familie Bättig von Kaltbach war eine Grossfamilie. Der „Vatersitz“ heisst „Falläsch“ und wird heute noch von Nachkommen der Familie Bättig bewirtschaftet. Der Hof war sehr weitläufig und reichte bis zum Wauwiler Moos. Die Brüder meines Grossvaters wirtschafteten gut, so dass es immer noch grosse landwirtschaftliche Anwesen auf dem Areal „Falläsch“ gibt. Dass die Landwirtschaft heute noch erfolgreich betrieben werden kann, war nicht zuletzt der gerechten Verteilung unter den Erben zu verdanken.
Meine Grossmutter Christine Bättig geb. Gut verehrte ich sehr. Sie war eine aussergewöhnliche und liebenswerte Frau, für mich beinahe heilig. Das Verhältnis zur Grossmutter war besonders schön und innig. Meine Eltern nahmen Grossmutter und Grossvater zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zu sich nach Beromünster, so dass ich einen engen Kontakt zu beiden hatte. Schön war für mich, dass beide nach mir riefen, wenn sie etwas benötigten.
Obwohl meine Grossmutter vermutlich seit ihrem 40. Lebensjahr an Rheuma litt, war sie bis ins hohe Alter aktiv. Sie hatte ein gutes Gedächtnis und wusste noch im hohen Alter alle Geburtsdaten ihrer Schülerinnen. Sie war geistig bis zu ihrem Tod sehr lebendig.
Mein Grossvater Bättig war ein äusserst rüstiger Mann. Mit 78 Jahren fuhr er noch Fahrrad. Er meinte, dass sein „Göppel“ wohl alt, aber unverwüstlich sei. Einmal nur passierte ihm ein Missgeschick, als er über den Tannenberg nach Sursee fuhr und die grosse Kurve nicht erwischte. Wie durch ein Wunder kam er heil und ohne Schramme davon.
Meine Grossmutter stammte von der Familie Gut ab. In der Umgebung nannte man die Familie nur „Hauptmes“, weil ein Spross dieser Familie während der Sonderbundswirren in den 1840er Jahren unter General Dufour als Hauptmann gedient hatte.
Ursprünglich hatte die Familie ihren Wohnsitz in Kaltbach, übersiedelte dann aber nach Seewagen, einem Weiler, welcher zur Gemeinde Kottwil gehört. Schon bald einmal übernahmen Mitglieder der Familie Gut einflussreiche Ämter in der Gemeinde. Eine grosse Rolle spielte dabei die politische Gesinnung. Guts waren überzeugte Liberale. In der Gemeinde Mauensee, zu welcher der Weiler Kaltbach gehörte, war man mehrheitlich konservativ eingestellt. Das machte ein aktives politisches Leben für meine Vorfahren weitgehend unmöglich. So kleinkariert waren damals die politischen Zustände und Abhängigkeiten.
Für uns Kinder war die Mutter die wichtigste Ansprechperson. Sie war immer für uns da, wenn wir sie brauchten, mischte sich sonst aber nicht zu sehr in unser Leben ein und liess uns unsere Freiheit. Sie starb am 20. Januar 1983 nach einem Sturz, bei welchem sie sich eine Rippe gebrochen hatte, an einer Lungenentzündung.
Bei der Auferstehungsfeier in der Stiftskirche am 22. Januar 1983 beschrieb mein Bruder Fritz unsere Mutter mit folgenden Worten:
"Lieber Vater, liebe Geschwister,
Es ist mir ein Bedürfnis, Euch ein paar Worte zu schreiben. Die Ereignisse der letzten Tage sollten wir etwas festhalten, denn ich meine, dass der Weggang unserer lieben Mutter uns viel gegeben hat. Ich versuche, einiges dieser lichtvollen Augenblicke festzu-halten.
Das Sterben der Mutter
Ihr Lebenslicht wird schwächer. Wir schenken ihr unseren Beistand. Der Tod zeichnet unserer Mutter eine liebliche und gelassene Kontur ins Gesicht. Wir durften die Mutter unter uns haben. Ihr Schweigen war ihr letztes Wort an uns!
In der Totenkammer
Drunten zu St. Stephan nehmen Menschen Abschied von unserer Mutter. Eine Blume / ein Brief / eine Träne reden mit der Mutter...
Im Sterbe-Rosenkranz
Die Gemeinde betet für ihre lieben Toten. Bitte für uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. – Die Wachsfolie wird zur Kerze für die Mutter. Freud und Leid / Dunkel und Licht kämpfen in der Flamme. Der Lebkuchen und der Wermutstropfen begleiten Frieda zurück ins Heim: ein stummer Dank für schwere Stunden.
Die Todesanzeige
Eine Hand von unten öffnet sich der Hand von oben. Im Tod erst weiss ich, dass ich bin. In Gott hineinsterben heisst auferstehen!
Auf dem Friedhof
Kehr nun heim zur Stätte des Friedens. Herr, lass sie ruhen im Frieden. Mensch, denk daran: Du bist Staub und wirst wieder zu Staub.
Eucharistie-Feier im alten Stift
Das Gotteshaus jubelt und strahlt. Die Schola singt den alten Erbarmensruf: Kyrie eleison…
Fritz versucht, ein Leben einzufangen. Es bleibt ein hilfloses Stammeln und Würgen: Abschiede sind es, die verbinden…
Kornelia und Susanne setzen den Abschied musikalisch um.
Bei der Wandlung meldet sich die grosse Glocke zu St. Michael: Fritz, es lüütet!
Im Friedensgruss finden sich die Hand des Bruders und der Schwester…
Im Brot Christi gibt uns Gott seine Wegzehrung.
Lobe den Herren, der sichtbar Dein Leben gesegnet. Mit dem Segen Gottes brechen wir auf, während Monika auf der Orgel einen letzten Dank spielt.
Das Liebesmahl im Gasthof Ochsen
Der Tod vereint. Unsere Mutter bringt unzählige Menschen an den gemeinsamen Tisch.
Wir trinken einen Tropfen Wein aufs Wohl unserer lieben Mutter.
Die Mutter hätte wohl gelächelt, wie der „dumme“ Bueb von ihren eigenen Wegen zu erzählen beginnt…
Im Elternhaus
Wir nippen verlegen an einem Becher.
Wir spüren eine Wehmut im Herzen.
Und jetzt will der Vater beten. Im Flackern der Kerzen betet der Vater, wie er jeden Abend mit unserer Mutter gebetet hat…
Es gibt Augenblicke, die Ewigkeiten dauern…
Mein Dank
Ich danke dem Vater, der in diesen schweren Stunden tapfer und voll Vertrauen durchgehalten hat.
Ich danke Frieda, die Tag und Nacht den Dienst des Möglichen leistete und in extremen Situationen immer wieder die hohe Mitte fand.
Ich denke hier auch dankbar an die stillen Helfer, etwa an Schwester Heidi bis zu Doktor Vogel / an Marie Strebel bis zu Familie Tanner. An Pfarrer von Büren bis zu Stiftspfarrer Knüsel.
Ich danke Maria, die die Wäsche pflegt und fast ein kleines Sekretariat eröffnete…
Ich danke Marie-Pia für die stille Präsenz und Begleitung gegenüber Vater und Mutter. Toni gebührt mein Dank für die einzigartig gestaltete Todesanzeige. Dass Herr und Frau Brunner Dir den ganzen Druckauftrag gratis machten, verdient einen ganz aufrichtigen Dank.
Hans danke ich für seine immense Arbeit im Hintergrund. Ich denke da ganz besonders an Deine Riesenarbeit bei der Sanierung des Finanzhaushaltes wie an die organisatorische Feinarbeit beim Hinschied unserer Mutter.
Ich danke Monika und Kornelia und Susanne. Ihr habt dem Gottesdienst das gewisse 'Etwas' geschenkt, das die Grossmutter ganz sicher mit einer Schokolade honoriert hätte!
Wenn Ihr mich jetzt fragt: Und dir, wie ist es eigentlich dir zu Mute? So will ich es Euch sagen: Mir brennt das geweihte Wasser auf der Stirn, mit dem unsere Mutter jeden Morgen das Kreuz auf unsere Stirnen zeichnete… Über dieses Kreuz durfte ich im Gottesdienst nicht sprechen, weil es meine Kräfte überstiegen hätte. Ich glaube persönlich, dass dieses Kreuzzeichen das tiefste Geheimnis unserer Mutter war… In lieber Verbundenheit, Euer Bruder Fritz."
Und hier noch der offizielle Nachruf für meine Mutter:
"Ein reicherfülltes Leben endete für Frau Frieda Schmid-Bättig am 20. Januar 1983. Seit einiger Zeit ist es um sie ruhig geworden, denn die Altersbeschwerden machten ihr zu schaffen. Durch die liebevolle Pflege ihrer jüngsten Tochter, Sr. Frieda, ward ihre Leidenszeit erträglicher.
Frieda Bättig mit ihrem Bruder Fritz
Als zweites Kind des Lehrers Friedrich Bättig und der Christine geb. Gut in Kaltbach erblickte sie das Licht der Welt am 30. Mai 1893. Mit ihren zwei Brüdern verlebte sie eine frohe Jugendzeit im heimeligen Dorf Kaltbach. Das Schulhaus war ihr Elternhaus. Dort führte ihr Vater die Gesamtschule, und die Mutter war als tüchtige Arbeitslehrerin tätig. Die engagierten Eltern führten zudem in ihrem Haus den Dorfladen.
Frieda, die einzige Tochter, besuchte bei ihrem Vater die Primarschule und in Sursee die Töchter-Sekundarschule. Der tägliche Kirch- und Schulweg, der sie nach St. Erhard durch den Surseewald in das Amtsstädtchen führte, war lang. Im zweiten Jahr wurde sie glückliche Besitzerin des ersten Velos im Dorf, um etwas rascher am Ort zu sein.
Nach dem Schulaustritt liess sie sich in Sursee als Damenschneiderin ausbilden, und damit gut vorbereitet, trat sie ins Arbeitslehrerinnenseminar in Baldegg ein. Ausgerüstet mit dem Arbeitslehrerinnenpatent kehrte sie heim. Als ihre Mutter Inspektorin der Kreise Sempach und Triengen wurde, übernahm sie deren Stelle als Arbeitslehrerin. Während der Kriegsjahre 1914/18 wurde sie des Öfteren um Nähkurse angefragt.
Inzwischen lernte sie ihren zukünftigen Gatten kennen, der in Menznau als erster Sekundarlehrer wirkte. Am 23. Oktober 1923 vermählte sie sich mit Anton Schmid von Beromünster in der Klosterkirche Wesemlin in Luzern. Drei Kinder zählte die Familie, als sie von Menznau nach Beromünster zog, wo sie ihre zweite Heimat fand. Mit der Geburt von Zwillingen wartete viel Arbeit auf sie.
Die Familie zügelte von einer Wohnung im Flecken in den St. Andreashof in die Nähe der Stiftskirche. Ihr Heim wurde bald zu einem Treffpunkt für liebe Verwandte, Bekannte und Freunde. Ihre betagten Eltern nahm sie bei sich auf, und sie sorgte und pflegte sie bis zu deren Lebensende.
Ihre Kinder wuchsen heran, ausgerüstet mit guten Berufsausbildungen. Ganz besondere Freudentage bedeuteten ihr die Hl. Primiz und die Hl. Profess ihrer Zwillinge am 8. Juli und 15. August 1956. Ein tiefes Gottvertrauen und das tägliche Gebet gaben ihr Kraft, Abschied zu nehmen. Söhne und Tochter gründeten eigene Familien, Sr. Frieda wirkte viele Jahre in Missionsgebieten ihres Ordens und Fritz als Seelsorger in unserem Bistum.
Im Frühjahr 1957 übernahmen sie das Vaterhaus im Flecken, wo sie noch einen geruhsamen Lebensabend verbringen durfte. Gesund und recht rüstig konnte sie 1973 das goldene Hochzeitsfest mit Kindern und Enkelkindern feiern.
Durch ihre Güte und ihren Frohsinn war sie beliebt und geachtet. Möge Gott ihr die Fülle seiner Freuden schenken. In Dankbarkeit und Liebe werden wir ihr ein ehrendes Andenken bewahren."
Mein Vater wuchs wie meine Mutter in einem Lehrerhaushalt auf. Grossvater Schmid war der erste Lehrer in der Familie. Damals waren die Schulklassen noch ziemlich gross. Als mein Vater die Stelle des Grossvaters übernahm, waren 80 Schüler in der Schulstube. Das können wir uns heute kaum mehr vorstellen.
Mein Vater hatte zunächst Natur-wissenschaften an der Universität Freiburg studiert. Doch meinte mein Grossvater, dass sein Sohn ein guter Lehrer sein würde. So musste mein Vater das Studium abbrechen und die Sekundarlehrerausbildung absolvieren. Ich glaube, dass es dem Grossvater vor allem um die finanzielle Belastung ging. Der zweitälteste Sohn Hans wollte nämlich Medizin studieren, was schon damals viel Geld kostete. Darum sollte der Erstgeborene so schnell wie möglich seinen Unterhalt selbst verdienen. Vielleicht spielte auch der Einfluss der Stiefmutter eine Rolle? Sie liess meinen Vater nämlich oft spüren, dass er nicht ihr leiblicher Sohn war. Sie bevorzugte ihren Sohn Hans, wo immer sie konnte, auch in finanziellen Dingen.
Seine erste Stelle als Lehrer führte meinen Vater nach Marbach ins hinterste Entlebuch. Das Schicksal wollte es dann, dass er seine zweite Stelle in Menznau fand. Dort lernte er meine Mutter kennen und lieben. Doch davon später. Im Jahr 1930 legte mein Grossvater den Lehrerberuf in die Hände seines Sohnes, und so übernahm Anton Schmid die Klassen seines Vaters.
Damals war die Knabensekundarschule noch in die Lateinschule des Chorherrenstifts Beromünster eingegliedert. Diese Lateinschule bestand aus einem Progymnasium mit vier Klassen und aus eben der Knabensekundarschule mit zwei Klassen. In die beiden Sekundarklassen gingen Schüler aus den Gemeinden Beromünster, Gunzwil, Rickenbach, Neudorf und Pfäffikon. Das Progymnasium war eine Art Privatschule und offen für Schüler aus der ganzen Schweiz. Die Auswärtigen wohnten in den Haushalten der Chorherren, welche mit den Geldern für Kost und Logis ihre bescheidene Altersrente etwas aufbessern konnten. Für die meisten Schüler war diese Möglichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, immer noch billiger, als wenn sie in Einsiedeln, Engelberg oder Disentis eine der Klosterschulen besucht hätten.
Was mein Vater damals unter schwierigen Bedingungen leistete, würde heute wohl kein Lehrer mehr auf sich nehmen. Schule geben war eine richtige Herkulesarbeit. Deshalb war für ihn Disziplin wichtig. Mein Vater war streng aber gerecht. So schickte er auch arme Schüler ans Lehrerseminar, wenn er diese für geeignet hielt. Es kamen immer alle durch die Prüfungen und wurden gute Lehrpersonen.
Mein Vater musste zwei Schulklassen im selben Schulzimmer gleichzeitig unterrichten. Er fand, dass so grosse Klassen dem einzelnen Schüler nie und nimmer gerecht werden könnten, denn der Einzelne wurde kaum wahrgenommen. Merkte mein Vater, dass ein Schüler dem regulären Unterricht nicht mehr folgen konnte, so nahm er ihn kurzerhand mit nach Hause und gab ihm dort Nachhilfestunden. Nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, Geld für diese Dienstleistung zu verlangen. Oft stellte er auch uns Kinder an, mit den Schülern zu büffeln, was uns allerdings nicht immer gefiel. Wir hatten keine grosse Lust, unsere Freizeit auf diese Weise zu vergeuden. Aber letztendlich profitierten auch wir davon.
Hochzeitsfoto von Frieda und Anton Schmid-Bättig
Im Trauergottesdienst für meinen Vater würdigte mein Bruder, der Theologe geworden ist, dessen Leben und Wirken:
„Vor einem Jahr haben wir unsere Mutter zu Grabe getragen. Fast auf den Tag genau nehmen wir heute Abschied von unserem Vater, vom Lehrer Schmid. Als Christen dürfen wir glauben, dass es nicht einfach der Tod ist, der uns holt, sondern der liebe Gott.
Unser Vater durfte hineinsterben in das Geheimnis des ewigen Lebens. Das sind die Span-nung und der Ernst dieser Stunde!
Ein Erstes:
Als Du am 6. Dezember 1894 in Beromünster Deinen Aufbruch mit Deinen Eltern ge-macht hast, konntest Du nicht wissen, dass Du mit 6 Jahren Deine Mutter verlieren musstest. Du hast davon nicht so viel mitbekommen. Aber ein Mensch in Beromünster muss Deine Not gespürt haben, als Du die Treppe der Stephans-kirche hinunterstiegest. Eine Frau war es, die dem kleinen verlorenen Buben einen Mohrenkopf schenkte…. Von diesem Mohrenkopf hast Du immer wieder erzählt.
Ein Zweites:
Deine Jugend muss hart verlaufen sein. Du hast darü-ber kein Wort verloren. Lag vielleicht hier Dein Geheim-nis, dass Du für harte Kerne ein weiches Herz bekundest? Josef Vital Kopp würde jetzt sagen:
„Oft sind die Schatten das Meisterhafteste an einem Bilde“.
Ein Drittes:
Deine berufliche Laufbahn wurde jäh abgebrochen durch den direktiven Eingriff Deines Vaters. Nach Deiner Maturität in Luzern begannst Du an der Universität Freiburg Dein Studium der Naturwissenschaften. Obwohl Dein Vater und Du später auch jahrelang der Darlehenskasse Beromünster dientest, für ein Darlehen reichte es damals bei Deinem Vater nicht.
Du machtest einen neuen Anfang – vom Lernenden zum Lehrer: Mit dem Diplom als Sekundarlehrer beginnt die neue Spanne Deines Lebens.
Und wäre das Vierte: Du wurdest Lehrer! Und jetzt müssten eigentlich Deine Schüler mit Dir ins Gespräch einsteigen.
Ja, Du warst ein strenger Lehrer. Ich habe es nur ¾ Jahre bei Dir ausgehalten…
Du wolltest Deine Schüler fördern, darum hast Du sie gefordert.
Oder warst Du ein schlechter Lehrer? Ich glaube, dass heute einige Deiner Schüler einander Anekdoten erzählen: was sie alles geleistet und Du nicht bemerkt hast, mit 70-80 Schülern in einem Schulzimmer!
Du konntest es nicht merken, denn Du lebtest in einer zu intensiven Welt….Du liebtest Deinen Schüler!
Und wenn dieser Schüler es nicht begriff, so hast Du ihm das begreiflich gemacht. Du hast ihn einfach nach Hause geschleppt; Denn auch der Letzte sollte Erster werden!
Und die verängstigten Eltern – sie konnten nicht einmal telefonieren! Denn Lehrer Schmid hatte ja nicht einmal ein Telefon!....
Ja, und da war Deine Mutter. Nein, es war natürlich unsere Mutter. Aber über sie haben wir vor einem Jahr meditiert. Zu Deiner Zeit kannte man das Wort Partnerin noch nicht. Sie war einfach die Mutter. Sie war eben dann auch die Mutter für diesen Schüler, den Du jetzt so hart in die Zange genommen hast von vier bis sechs.
Oder warst Du vielleicht nicht auch ein gefährlicher Lehrer?
Ohne Erlaubnis des Erziehungsdirektors hast Du Deinen darstellenden Unterricht begonnen. Du hast mit Deinen Schülern als Teilfach der Geschichte die Ahnenforschung aufgebaut und ein eigenes Buch dazu geschaffen, welches an der Landesausstellung 1939 mit einem Diplom ausgezeichnet wurde!
Du hast in das Fach Zeichnen Deinen Krippenbau hineingeschmuggelt. Kreativer Unterricht sagt man dem heute mit einem gescheiten Wort.
Vielleicht hast Du sogar Deine Schüler überfordert, so dass dem Maihuser Kaschper ein Fischgrät im Hals stecken blieb, als Du ihn an einem Freitag nach Hause brachtest zum Mittagessen, weil es wieder einmal zu viel Schnee in Beromünster hatte…
Ich breche hier ab. Ich weiss, dass ich mit Dir noch über den Sängerbund und über den Orchesterverein und über Deinen Samariterverein und über Dein Lieblingskind, die Luzerner Trachten, reden müsste….
Hörst Du mir noch zu, lieber Vater?
Zu Hause liegt Dein „Gesammeltes“. Deine Andachtsbildchen, Deine Briefmarken, Deine Ansichtskarten. Ach, Du warst ein leidenschaftlicher Sammler! Und hoffentlich fällt es dem Steueramt nicht ein, bei Dir nach Unversteuertem zu suchen. Ich müsste mich wehren. Denn Du warst kein Sammler.
Du warst ein Sucher, ein kindlicher Sucher – nach Liebe!
Du, harter Vater, Du suchtest nach dem Mohrenkopf – Liebe suchtest Du!
Und wenn ich Dich jetzt aus der Erinnerung sehe, so würdest Du jetzt wohl das kleine Messerchen aus Deiner Gilettasche ziehen und hilflos wie ein schüchternes Kind zu spielen beginnen…
Liebe Trauergemeinde, aus der heiligen Schrift haben wir für die Todesanzeige den Satz gewählt:
Stirbt der Vater,
so ist es, als wäre er nicht tot;
denn er hat sein Abbild hinterlassen. (Sir 30,4)
Ich darf hier nicht für alle sprechen. Aber von mir muss ich es sagen: Ich habe einiges von meinem Vater abbekommen. „Das Grösste, was ein Vater für seine Kinder tun kann, ist, ihre Mutter zu lieben!“ (Pestalozzi)
Ich glaube, dass Du unsere Mutter tief geliebt hast, dass sie Dein Mohrenkopf wurde!
Wenn ich jetzt wieder mit Ihnen und mit meinen Freunden im priesterlichen Dienste Eucharistie feiern darf, so wollen wir Gott danken.
Deine Grenzen, die Du als Vater und Lehrer spürtest, sie sind jetzt anders geworden für Dich. Du bist ins Grenzenlose hinein gereift! Voll Vertrauen wollen wir Gott bitten, dass Er Dein Leben ins rechte Licht rücke. Amen.".
Für meinen Vater waren Traditionen wichtig. Und wichtig war ihm auch, dass Familienerbstücke gerecht an die Nachkommen weitergegeben wurden. So war es mit seiner goldenen Taschenuhr, welche für ihn selber einen grossen ideellen Wert hatte. Diese Uhr schenkte er mir mit einer speziellen Urkunde:
Schenkungs-Urkunde
Der Unterzeichnete, Anton Schmid-Bättig, geb. 6.12.1894, von Rickenbach und Beromünster, in Beromünster, übergibt seinem Sohne Hans Schmid-Husner, geb. 8.9.1927 zu seinem Eigentum
eine Herrentaschenuhr in Gold
Die Uhr ist das Verlobungsgeschenk meiner Grossmutter Elisabeth Herzog, gest. 20.9.1865 an meinen Grossvater Wendelin Schaller, gest. 30.7.1898 im Jahre 1850. Dieses wertvolle Familienerbstück soll beim Ableben meines Sohnes Hans zu Eigentum meines Gross-Sohnes und Patenkindes Victor, geb. 22.12.1955 und von ihm wiederum an seinen direkten Nachkommen übergehen. Die Übergabe erfolgt aus freiem Entschluss, ohne jede Verpflichtung seitens des Schenkenden.
Beromünster, den 23 Februar 1983, gezeichnet Anton Schmid-Bättig"
Das Erbstück: die goldene Herrentaschenuhr (vor 1850)
Mein Vater erzählte nur selten von sich und von seiner Jugendzeit. Tat er dies doch einmal, so kamen wunderschöne Geschichten zum Vorschein. Einmal berichtete er uns von einer Reise mit einigen Mitstudenten aus dem Lehrerseminar, wohl kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Vermutlich unternahmen die jungen Burschen eine Diplomreise nach bestandenen Prüfungen. Die Inflation in Österreich und Italien bewirkte, dass der Schweizerfranken im Umtausch mit Kronen, Schilling und Lira sehr "lukrativ" war. Der Vater erzählte uns, dass die Weltenbummler recht gut mit Millionenscheinen von Kronen und Schillingen versehen waren. Die Kronen hatten allerdings kaum einen Wert.
Als die jungen Leute in Wien Station machten, leisteten sie sich eine Fahrt mit dem Fiaker zum Prater. Sie wollten dort natürlich aufs Riesenrad steigen und die Stadt von oben sehen. Aber „Ohalätz“! Das Riesenrad war schon seit vielen Jahren nicht mehr in Betrieb. Doch so schnell liessen sich die jungen Männer nicht abwimmeln. Mit dem vielen Geld im Sack war manches möglich. Die Millionenscheine brachten die Wiener rasch auf die Beine, und nachdem etwa 5 Millionen den Besitzer gewechselt hatten, drehte sich auch das Rad auf wunderbare Weise wieder. Die Sicht von oben konnte also genossen werden.
War mein Vater bei dieser Erzählung angelangt, so schwärmte er ausgiebig vom schönen Wien, von den Schlössern Schönbrunn und Belvedere, von der Staatsoper und Vielem mehr. Die Reise führte die abenteuerlustigen Schweizer weiter nach Italien. Meinem Vater gefiel besonders die Zugfahrt über den Semmering-Pass. Die schwere Dampflokomotive, welche die Zugkomposition hinaufzog, imponierte den jungen Leuten sehr, vermutlich auch deshalb, weil sie die erste Gebirgsbahn der Welt war. Sie war zwischen 1848 und 1854 gebaut worden.