Something so unscripted - Natasha Madison - E-Book
SONDERANGEBOT

Something so unscripted E-Book

Natasha Madison

0,0
6,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

NHL-Eishockeyspieler Zack Morrow spielt schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken, sich von seiner Frau zu trennen. Die Tatsache, dass er sie im Bett mit einem Teamkameraden erwischt, bringt das Fass zum Überlaufen und er beschließt zusammen mit Jack, seinem kleinen Sohn, in einer anderen Stadt, bei einem anderen Team neu anzufangen. Vor allem für den kranken Jack ist der Neubeginn eine Chance auf Heilung. Die Kinderärztin und Onkologin Denise Horton hat ihr Leben dem Job verschrieben und versucht, so viele Kinder zu retten, wie es ihr nur möglich ist. Eine Beziehung oder eine eigene Familie stehen nicht in ihrem Lebensplan. Als Jack und Zack Marrow plötzlich in ihr Leben treten, bringt das allerdings ihren Lebensplan gründlich durcheinander und zeigt ihr, dass das Leben keinem Drehbuch folgt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 317

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Something So Unscripted

Something So 4

Natasha Madison

© 2023 Sieben Verlag, 64395 Brensbach

© Übersetzung: Martina Campbell

© Covergestaltung Andrea Gunschera

© Originalausgabe Natasha Madison 2018

ISBN-Taschenbuch: 978-3-96782-140-6

ISBN-eBook: 978-3-96782-141-3

www.sieben-verlag.de

Für Denise, die mir bei jedem Schritt die Hand gehalten hat und dieses Buch genauso liebt wie ich.

Für Yamina, Teressa, Lori, Yolanda, Natasha und Sandy, die mich gezwungen haben, die Szene zu schreiben, die dieses Buch noch besser gemacht hat. Dafür, dass ihr mir jedes Mal beigestanden habt.

Inhalt

Prolog

Kapitel 1: Denise

Kapitel 2: Zack

Kapitel 3: Denise

Kapitel 4: Zack

Kapitel 5: Denise

Kapitel 6: Zack

Kapitel 7: Denise

Kapitel 8: Zack

Kapitel 9: Denise

Kapitel 10: Zack

Kapitel 11: Denise

Kapitel 12: Zack

Kapitel 13: Denise

Kapitel 14: Zack

Kapitel 15: Denise

Kapitel 16: Zack

Kapitel 17: Denise

Kapitel 18: Zack

Kapitel 19: Denise

Kapitel 20: Zack

Kapitel 21: Denise

Kapitel 22: Zack

Kapitel 23: Denise

Kapitel 24: Zack

Kapitel 25: Denise

Kapitel 26: Zack

Kapitel 27: Denise

Kapitel 28: Zack

Kapitel 29: Denise

Kapitel 30: Denise

Epilog: Zack

Denise: Zweiundzwanzig Jahre später

Die Autorin

Prolog

„Zack.“

Ich höre ihre Stimme und sehe meine Frau an. Die Frau, die gesagt hat, sie würde mich in guten und in schlechten Zeiten lieben, hält gerade die Bettdecke in der Hand, um ihren nackten Körper zu bedecken. Der vierkarätige Verlobungsring mit dem passenden Ehering glitzert im Licht.

„Es ist nur …“, beginnt sie zu sagen, und ich sehe zu dem Mann neben ihr im Bett hinüber. In unserem Bett.

„Es ist vorbei.“ Ich sage diese Worte, von denen ich mir geschworen habe, dass ich sie nie sagen würde, egal wie schwer es wird. Egal, wie oft sie mich wegstieß, egal, dass ich immer den Verdacht hatte, sie würde mich betrügen. Dann sehe ich zu dem Mann hinüber, den ich einen Bruder nannte. Dem Mann, der mir auf und neben dem Eis zur Seite stand. „Du bist der letzte Dreck.“

„Es ist einfach passiert“, sagt Colton und steht aus dem Bett auf.

Wenigstens hat er eine Unterhose an. Sein Knie ist noch von der Operation im letzten Monat verbunden, deshalb war er nicht mit uns unterwegs, und so habe ich sie überrascht. Wir waren die ganze Woche auswärts und sollten erst morgen wieder zurückkommen, aber ich habe mich aus dem Staub gemacht, um nach Hause zu meiner Familie und meinem Sohn zu kommen.

„Du bist einfach so in mein Haus gekommen und hast mit meiner Frau gevögelt?“ Ich muss mich fragen, warum ich nicht wütender auf die beiden bin. „Mit meinem Sohn unter demselben Dach?“

„Zack“, sagt meine Frau, und ich sehe wieder zu ihr hinüber. Tränen kullern über ihre Wangen, ihr perfekt geschminktes Gesicht ist jetzt mit schwarzer Wimperntusche verschmiert. „Bitte …“

Ich schüttele den Kopf und stecke die Hände in die Taschen. „Bitte was? Willst du darüber reden?“ Ich lache bitter. „Lass uns über die Tatsache reden, dass unser Sohn in seinem Zimmer im Sterben liegt. Lass uns darüber reden, dass du, anstatt ihm zu helfen, dir selbst hilfst. Lass uns über die verdammte Tatsache reden, dass du dich, anstatt mit mir an seiner Seite zu sein, entschieden hast, vor der verdammten Realität zu fliehen. Unser Sohn wird es wahrscheinlich nicht schaffen, sechs Jahre alt zu werden.“

„Nein.“ Sie schüttelt den Kopf.

Ich habe die Schnauze voll. „Ich gebe euch eine Stunde Zeit. In einer Stunde hast du gepackt und stehst an der Tür.“

„Aber …“

„Kein Aber, Chantal. Du hast getan, was du scheinbar für dich tun musstest, und ich tue jetzt, was ich für unseren Sohn tun muss.“

Ich drehe mich um und gehe aus unserem Schlafzimmer, die Wendeltreppe hinunter, die zu der breiten Haustür führt. Draußen in der warmen Luft von Arizona nehme ich mein Telefon aus der Tasche und rufe die einzige Person an, die mir den Rücken freihält, egal was passiert. Mein Agent und bester Freund Jamie.

Er geht sofort ran, und es überrascht mich nicht, dass er scheinbar mit seinem Telefon in der Hand schläft.

„Was ist los?“, fragt er mit verschlafener Stimme, denn es ist vier Uhr morgens in New York.

„Ich will raus aus Arizona, mach den Deal. Ruf die zuständigen Stellen an. Ich muss hier weg“, sage ich und steige in meinen Range Rover.

„Das kannst du nicht einfach so verlangen“, sagt er.

„Ich habe Colton gerade dabei erwischt, wie er meine Frau fickt, also kannst du deinen Arsch darauf verwetten, dass ich das kann. Mach es möglich. Ruf in New York das einzige Team an, zu dem ich will. Und wenn ich dafür eine Gehaltskürzung in Kauf nehmen muss.“

„Dieser verdammte Drecksack“, sagt er. „Okay, ich werde anrufen.“

„Jamie, es gibt eine erstklassige Ärztin in New York, die sich auf Krebs spezialisiert hat. Die Schwester von Max Horton“, sage ich und fahre langsam aus meinem Tor.

„Ich werde alles arrangieren und lasse dich wissen, was sie sagen.“

„Ich werde in einer Woche abreisen, egal was sie sagen.“ Ich beende den Anruf.

Eine Woche. Noch eine verdammte Woche.

Kapitel 1

Denise

„Ich hasse diesen Kaffee“, sage ich zu mir selbst in dem kleinen Raum im Krankenhaus, in dem ich darauf warte, dass die Maschine den schlechtesten Kaffee der Welt ausspuckt.

„Bist du noch da?“ Die Tür geht auf, Steve kommt herein und legt seinen weißen Laborkittel ab. Steve und ich arbeiten beide für die Hudson Kinderklinik.

Ich nicke. „Ich muss nur noch die Krankenblätter fertig machen, dann kann ich gehen“, sage ich und schaue auf die fünfzehn Krankenblätter, die auf meine Einträge warten. Er geht zu den kleinen Schränken und öffnet seinen, um seinen Laborkittel dort aufzuhängen.

„Ich weiß nicht, wie du noch stehen kannst nach den achtundvierzig Stunden.“ Er schüttelt den Kopf.

„Ich habe ein Nickerchen gemacht.“ Die Kaffeemaschine zischt und blubbert, um mir zu sagen, dass sie fertig ist.

„Dreißig Minuten auf einer Pritsche sind kein Nickerchen.“ Er schließt die Spindtür, zieht seine Jacke an und wirft sich seine Umhängetasche über die Schulter. Er öffnet die Tasche und holt seine Kopfhörer heraus. „Das letzte Mal, als ich darauf ein Nickerchen gemacht habe, habe ich mir den Hals verrenkt.“

Ich lache. „Nein, das war, weil Olivier auf dich draufgeklettert ist.“ Ich greife nach der Tasse Kaffee, auch wenn er noch bitterer wird, wenn man ihn schwarz trinkt. „Glaub nicht, dass wir nicht gesehen haben, wie er sich hier reingeschlichen hat.“

„Hast du das wirklich?“ Er lächelt.

„Das ist dasselbe Lächeln, das du hattest, als du aus dem Zimmer gegangen bist.“ Ich zeige auf ihn, während ich mich setze, und er zuckt mit den Schultern.

„Es war nur ein kleiner Spaß“, sagt er, „und damit bin ich weg.“

Er verlässt den Raum, und ich öffne meine erste Patientenakte. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Ärztin sein würde. Ich war wie jedes andere Mädchen, das auf seinen Märchenprinzen wartet. Ich fragte mich, wie meine Hochzeit sein würde und wie viele Kinder wir in unserem kleinen Haus mit dem weißen Lattenzaun haben würden.

Das Leben verläuft nie reibungslos, und ich glaube, als ich acht Jahre alt war, wurde mir klar, dass ich nie einen weißen Lattenzaun haben würde. Mein alkoholkranker Vater hatte gerade meine alkoholkranke Mutter verlassen, und dieses Mal sagte sie, es sei für immer. Die einzige Person, auf die ich mich verlassen konnte, war mein großer Bruder Max, der in unserer kleinen kanadischen Stadt ein Eishockey-Superstar war. Er war sieben Jahre älter als ich und sorgte immer dafür, dass es mir gut ging und dass ich etwas zu essen hatte.

Als unsere Mutter uns sagte, dass unser Vater endlich fort war, war es fast eine Erleichterung. Die Streitereien würden aufhören, die ständigen Beleidigungen, die man sich gegenseitig an den Kopf warf, bis einer oder beide ohnmächtig wurden. Nun, ich hatte mich geirrt, denn ein alkoholkranker Vater ist viel besser als ein drogensüchtiger Stiefvater. Eines Tages kam ich von der Schule nach Hause, und da saßen sie auf der braunen Couch und schauten Judge Judy. Meine schmutzige rosa Schultasche fiel mir von der Schulter, während meine Mutter einen weiteren Schluck aus ihrer Bierflasche nahm. Den leeren Flaschen neben ihr nach zu urteilen, war es bereits ihr siebtes.

„Du musst leise sein“, flüsterte sie lallend, „er schläft.“

Sie sah zu dem Mann neben ihr hinüber, den sie uns später als Brian vorstellte. Brian wurde von Tag zu Tag hässlicher, sein Geruch bereitete mir Bauchschmerzen, und seine Zähne waren verrottet. Aber nichts, gar nichts, konnte mich auf das vorbereiten, was mich erwartete, als ich sechzehn wurde. Zu diesem Zeitpunkt spielte Max bereits in der Oberliga und hatte einen Vertrag mit der NHL. Ich war so stolz auf meinen Bruder, als er gedraftet wurde. Ich war die Einzige, die bei ihm war. Okay, außer George, der Mann, der ihn trainierte und dafür sorgte, dass er Erfolg hatte.

Als ich von der Schule nach Hause kam, öffnete ich die Tür und fand Brian auf der Couch liegend. Ich zog den Kopf ein und versuchte, an ihm vorbeizugehen, aber seine Augen öffneten sich, und er sah mich an, während seine Zunge ein saugendes Geräusch machte.

„Du hast ganz schöne Rundungen bekommen“, sagte er.

Ich verzichtete auf eine Antwort. Er war mir unheimlich und ich bekam eine Gänsehaut, also ging ich in mein Zimmer und schloss ab. Ich ging nicht einmal zum Abendessen hinaus. Als das Geschrei losging, setzte ich meine Kopfhörer auf, um meinen Englischaufsatz zu beenden. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, aber ich stand ganz oben auf der Bestenliste und konnte es kaum erwarten, fertig zu werden und dieses Höllenloch hinter mir zu lassen. Max meldete sich täglich, aber er hatte schon so viel durchgemacht, dass ich ihn nicht stören wollte. Außerdem hatte er gerade eine harte Saison hinter sich, also behielt ich es für mich. Bis Brian versuchte, mich zu vergewaltigen, und Max verhaftet wurde, weil er ihn zusammengeschlagen hatte.

Er nahm mich auf und wurde mit Hilfe von Doug Cooney, dem Besitzer des Teams, zu meinem Beschützer. Von diesem Moment an schwor ich mir, dass ich etwas aus mir machen würde, und das tat ich auch. Nachdem ich die Highschool ein Jahr früher abgeschlossen hatte, stellte ich fest, dass die Medizin mein Interesse geweckt hatte. Menschen zu heilen und ihnen zu helfen – das wollte ich tun. Ich wollte der Grund dafür sein, dass es jemandem besser geht.

Das Klingeln meines Handys reißt mich aus meinen Erinnerungen, und ich sehe, dass es meine Schwägerin Allison ist.

„Hallo, meine Lieblings-Ärzteschwägerin.“ Ich höre im Hintergrund ein Weinen.

„Ich bin deine einzige Ärzteschwägerin.“ Sie lacht.

„Ist das meine Nichte, die da weint?“, frage ich und denke daran, wie anders Max ist, seit sie sich kennengelernt haben. Bei den beiden war es Liebe auf den ersten Blick. Irgendwie haben sie sich durch ihre lange Geschichte durchgekämpft, und ich muss sagen, dass ich meinen Bruder noch nie so glücklich oder so verliebt gesehen habe.

„Sie bekommt Zähne und dein Bruder ist gerade weg, also ist sie sauer, dass sie sich mit mir abfinden muss.“

Ich lache. „Sie ist so ein Papakind.“

„Sie weiß, wie man ihn um den Finger wickelt. Sie ist zwar erst ein Jahr alt, aber sobald ihre Unterlippe zu zittern beginnt, ist das Spiel für deinen Bruder vorbei.“

„Das letzte Mal, als ich sie ihm weggenommen habe, bekam sie Tränen in die Augen. Also hat er sie mir abgenommen und gesagt, ich soll sie in Ruhe lassen.“

„Das klingt ganz nach ihm. Ich rufe an, um dich für heute Abend zum Essen einzuladen, falls du noch nichts vorhast.“

„Ich hatte vor, mich genüsslich meinem Bett hinzugeben“, sage ich ihr und denke an das Kingsize-Bett, das zu Hause auf mich wartet.

„Wie lange dauert deine Schicht schon?“

Die gefürchtete Frage. „Lange genug“, antworte ich, und sie brummt. „Ich glaube, wenn ich bei euch ein Nickerchen machen kann, könnte ich durchhalten.“

„Kein Problem. Wenn ich gerade nicht zu Hause bin, komm einfach rein und mach es dir gemütlich“, sagt sie, und wir beenden das Gespräch.

Ich bin endlich mit den Akten fertig und gehe kurz nach Mittag raus. Mein Handy klingelt und ich sehe, dass es Max ist.

„Sieh an, sieh an“, sage ich und lächele. „Wenn das nicht der große und böse Mad Max ist“, necke ich ihn, weil ich weiß, dass er diesen Spitznamen hasst.

„Ich schwöre, dass ich diesen verdammten Namen nie vergessen werde.“ Allison gab ihm den, als sie für die Öffentlichkeitsarbeit des Teams zuständig war.

„Ich habe gehört, du kommst zum Abendessen. Soll ich dich mitnehmen?“, fragt er, während ich die Straße in Richtung U-Bahn-Eingang entlanggehe. „Ich kann dich in fünf Minuten abholen. Das Training wurde früher beendet.“

„Das wäre schön. Ich habe gerade die Klinik verlassen. Wo soll ich dich treffen?“

Als ich ein Hupen höre, sehe ich, dass er direkt hinter mir ist. Ich stecke das Handy weg, öffne die Tür zu seinem Wagen und steige ein. „Das ist ja mal eine coole Überraschung.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange.

„Du siehst müde aus“, sagt er, während er vom Bordstein wegfährt.

„Das liegt daran, dass ich auch müde bin. Aber ich habe die nächsten drei Tage frei. Himmlisch!“

Lächelnd fährt er aus der Stadt zu seinem Haus in Long Island. Er hatte ein Loft in SoHo, das er mir überließ, als er und Allison beschlossen, dass mein Neffe Michael einen Garten zum Herumtollen braucht.

Ich schließe die Augen und lehne meinen Kopf zurück, und im nächsten Moment fährt er auf sein Haus zu.

„Du kannst dich nach oben schleichen und ein Nickerchen machen und dann wieder nach unten kommen“, sagt er.

Als wir das Haus betreten, laufe ich die Wendeltreppe hinauf zum Gästezimmer. Ich ziehe mich bis auf die Unterwäsche aus und krieche unter die Bettdecke. Ich mache mir nicht einmal die Mühe, die Jalousien zu schließen, denn als mein Kopf das Kissen berührt, bin ich schon eingeschlafen.

„Tante Dede“, höre ich jemanden flüstern. „Tante Dede.“

Ich öffne ein Auge und sehe meinen blauäugigen Neffen, der mich anlächelt. „Überraschung“, flüstert er. „Ich habe dir ein Bild gemalt.“ Er hält das Blatt hoch, auf dem er gerade gemalt hat.

„Komm, kuschele mit mir“, sage ich. Er krabbelt auf das Bett, setzt sich neben meinen Bauch und legt sich dann hin. Ich küsse seinen Kopf und ziehe ihn dicht an mich heran. „Ich habe dich vermisst.“

„Ich weiß“, sagt er.

Ich muss lachen. „Hat dir schon jemand gesagt, dass du wunderbar bist?“, frage ich und küsse ihn auf die Wange, woraufhin er nickt.

„Das sagst du mir immer.“ Er kichert, als ich ihn hinter dem Ohr küsse. „Papa hat gesagt, dass es fast Zeit zum Essen ist.“

„Okay.“ Ich strecke mich und stöhne. „Sag ihm, dass ich komme.“

Er rennt aus dem Zimmer. „Daddy, sie hat gesagt, sie kommt gleich!“ Dann knallt die Tür zu.

Ich ziehe meine Jeans wieder an, schlüpfe in meine hellblaue Bluse und stecke sie in den Bund. Dann stecke ich mein braunes Haar hoch. Als ich die Treppe hinuntergehe, werde ich vom Klang einer fremden Stimme überrascht. Ich gehe in die Küche und höre:

„Vielen Dank für die Einladung.“

Der Mann steht mit dem Rücken zu mir, und ich weiß nicht, wer er ist.

„Es ist uns ein Vergnügen“, sagt Allison, als sie zu mir herüberschaut und mich sieht. „Und hier ist sie, die Frau der Stunde.“

Der Mann dreht sich um und ich bleibe wie erstarrt stehen. Kristallblaue Augen durchdringen mich. Sein hellbraunes Haar ist fast kurz geschnitten. Seine tagealten Stoppeln passen zu seinem gebräunten Gesicht, aber ich schaue ihn nicht lange an. Stattdessen schaue ich auf den kleinen Jungen, der vor ihm steht. Er hat die gleichen blauen Augen wie der Mann, nur dass sie nicht so strahlen.

„Denise, ich möchte dir Zack und Jack Morrow vorstellen“, höre ich Allison sagen, aber ich wende mich nicht von Jacks Augen ab und von dem Sog, den ich zu ihm verspüre, dem Bedürfnis, zu ihm zu gehen. Schließlich sehe ich zu meinem Bruder auf, der mit seiner Tochter auf der Hüfte dasteht.

„Dr. Horton“, sagt Zack, und mein Inneres kribbelt ein wenig, als ich den Mann ansehe. „Es ist schön, Sie endlich kennenzulernen.“

Dann spricht Jack. „Papa hat gesagt, dass du mich wieder gesund machen kannst.“

Seine Stimme klingt wie ein Flüstern, und ich sehe, was ich schon vermutet habe. Er ist krank. Die Mütze auf seinem Kopf verdeckt, dass er keine Haare hat, und die tief gezogene Krempe zeigt, dass auch seine Augenbrauen nicht da sind.

Ich setze das Lächeln auf, das ich für alle meine Patienten bereithalte. „Mal sehen, was ich tun kann.“

Zweites Kapitel

Zack

„Wir müssen dich jetzt anschnallen. Wir landen.“ Ich beuge mich vor und schnalle Jacks Gurt an. Ich lächele zu meinem Sohn hinab, der sich langsam umsieht, wobei seine Augen immer schwerer werden.

Es ist eine Woche her, dass ich meine Frau an jenem schicksalhaften Tag mit einem anderen Mann im Bett ertappt habe. Ich schaue aus dem Fenster, während meine Gedanken zurückschweifen. Ich bin eine Stunde lang herumgefahren. In dieser Zeit rief ich meinen Trainer an, der, gelinde gesagt, schockiert war. Er bat mich, keine voreiligen Entscheidungen zu treffen, und ich musste sagen, dass ich mich schon lange nicht mehr so gut gefühlt hatte.

Als ich vor meinem Haus anhielt, parkte ich mein Auto und ging hinein. Ihre Tasche wartete neben der Tür, während sie die Treppe herunterkam. Diesmal trug sie Jeans und ein T-Shirt. Ich betrachtete sie und sah, wie anders sie war, als wir uns in der Highschool kennengelernt hatten. Das schüchterne Mädchen, das immer rot wurde, wenn ich sie ansprach, das heimlich meine Hand hielt und dann langsam anfing, zu meinen Spielen zu kommen.

Wir haben uns in der Highschool ineinander verliebt, aber sie war damals so anders. Simpel, so verdammt einfach. Sie liebte es, freitagabends Bowling zu spielen oder Bier unter den Sternen zu trinken. Aber nun ist sie, als hätte ein Alien ihren Körper übernommen, und ich erkenne die Person, zu der sie geworden ist, nicht mehr wieder.

Ihr Haar ist jetzt so gebleicht, dass man nicht einmal mehr das Braun sehen kann, mit dem sie angefangen hat. Das Mädchen, das mit einer Pizza zufrieden war, ist verschwunden, und stattdessen braucht sie ständig etwas Größeres und noch Besseres. Was andere haben, will sie auch. Sie hat ihren Körper umgestaltet und sieht jetzt fast wie eine Barbiepuppe aus. Ich glaube, das einzig Echte an ihr sind nur noch die Augen.

„Ich habe ihn nur zum Abschied geküsst“, sagt sie leise, als sie vor mir stehen bleibt. „Ich wollte nicht, dass du es auf diese Weise erfährst.“

Ich sehe sie an, während ich meine Jacke ausziehe. „Wie sollte ich es denn herausfinden?“

„Mach es nicht schwerer, als es sein muss“, sagt sie.

Es sieht fast so aus, als würde sie gleich weinen, aber ich vermute, sie hat sich gerade wieder Botox spritzen lassen. „Schwerer als was? Dass ich reinkomme und dich im Bett mit einem meiner besten Freunde vorfinde?“

„Wir wollten dir nicht wehtun.“

Ich schüttele den Kopf. „Wie lange geht das schon? Du schuldest mir wenigstens die verdammte Wahrheit, nach allem, was wir durchgemacht haben.“

„Ein Jahr“, flüstert sie, „mehr oder weniger.“

„Also kurz nachdem die Ärzte bei unserem Sohn Krebs diagnostiziert hatten, bist zu ihm gerannt.“ Ich lache über die Ironie. Mein Leben blieb an diesem Tag stehen, während ihres gerade neu begann.

„So war es nicht.“

Sie versucht, noch etwas zu sagen, aber ich schüttele den Kopf. „Ich gehe jetzt und werde eine Woche weg sein. Du kannst das Haus haben, aber ich will Jack.“ Ich weiß nicht, warum ich dachte, sie würde versuchen, mit mir um Jack zu streiten. Ich weiß nicht, warum ich gehofft hatte, dass die alte Chantal hervorkommen würde.

„Wir sollten das Haus verkaufen“, sagt sie, und ich gehe einfach weg.

Ich steige die Treppe hinauf und drehe mich um, um in das Zimmer meines Sohnes zu gehen.

„Sir“, sagt die Flugbegleiterin, „wir werden in fünf Minuten landen.“

Ich nicke und schaue mich in dem Privatjet um, den die Stingers für mich geschickt haben. Doug, der Besitzer der Stingers, brauchte nur fünf Minuten, um mein Angebot anzunehmen. Er beinhaltete einen großen Gehaltsverzicht, aber sie stufen mich nächstes Jahr wieder höher. Das ist mir scheißegal, denn ich will unbedingt nach New York. Ich hatte auch Glück, als Doug mir ein Stadthaus anbot, das offenbar seiner Tochter gehörte, für den Zeitraum, in dem ich es brauche. Sie ist mit dem Captain des Teams, Matthew Grant, verheiratet.

Als die Räder aufsetzen, wackelt das Flugzeug ein wenig und weckt Jack auf.

„Sind wir da?“, fragt er und versucht, sich den Schlaf aus den Augen zu blinzeln.

„Ja, Kumpel.“ Ich lächele ihn an, als das Flugzeug zum Stillstand kommt. Ich stehe auf, nehme Jack auf den Arm und bücke mich dann, um seine Taschen mit den Medikamenten zu holen. Wir verlassen das Flugzeug, steigen in das wartende Auto und ich schnalle Jack an. „Bist du bereit für unser großes Abenteuer?“, frage ich ihn und küsse ihn auf die Wange. Er nickt.

Schließlich erreichen wir die Vorderseite des braunen Reihenhauses. Alle in der Straße gleichen sich und haben Fenster neben der Haustür. Das Einzige, was sie voneinander unterscheidet, sind die verschiedenen gusseisernen Geländer an den kurzen Treppen zu den Haustüren. Und keine Haustür gleicht der anderen.

Ich schnalle Jack ab und gehe die Treppe hinauf, während der Fahrer mit unseren Taschen folgt. Ich nehme den Schlüssel aus meiner Tasche und schließe die Tür auf. „Wir sind zu Hause“, sage ich, und er lächelt zu mir hoch. Die Haustür hat einen Glaseinsatz, sodass man ins Innere sehen kann, aber man sieht nicht viel, weil sich nur ein kleiner Flur dahinter befindet.

Wir gehen gemeinsam hinein. Ich lege meine Schlüssel auf einen Spiegeltisch mit frischen weißen Rosen in der Mitte. Wir gehen weiter und stehen vor einer weißen Treppe. Das Geländer ist kastanienbraun. Der Fußboden ist ein dunkelgrüner, glänzender, fast schwarzer Marmorboden.

„Was sagst du dazu, Jack? Willst du herumlaufen und dir alles ansehen?“ Ich wende mich nach links und betrete das Wohnzimmer.

Mein neues Trikot hängt an der Wand im Wohnzimmer, und dort steht ein Korb mit T-Shirts und Minischlägern. Ein großes, ausgestopftes Stingers-Maskottchen hält den Korb unter dem Arm, in der anderen Hand eine Nummer 1 aus Schaumstoff. Im Korb liegen noch Stingers-Decken, Pullover, Kapuzenpullis, Mützen und Kappen, Schlüsselanhänger, Becher und ein Plastik-Torwarthelm. Es sieht aus, als hätte sich der Laden im Wohnzimmer erbrochen. „Ich glaube, sie haben dir Geschenke hinterlassen“, sage ich zu Jack, der zum Korb rennt und die Schläger herausnimmt, während ich die Karte lese. „Willkommen bei den Stingers!“

„Darf ich mit den Minischlägern spielen?“, fragt er.

Ich sehe mich im Wohnzimmer um und nehme alle Wertsachen in Augenschein. „Vielleicht, wenn wir etwas umräumen. Wir müssen wohl jede Menge umräumen“, sage ich leise.

Hier sieht es aus wie in einem Wohnmagazin. Ich betrachte die Erkerfenster und die weißen Wände. Einer der wenigen Farbtupfer im Raum ist die riesige dunkelbraune U-förmige Couch. Es gibt zig Kissen, die überall verteilt sind, aber was mich anspricht, ist der Kamin direkt vor der Couch. Er ist altmodisch aus weißem Marmor, die alten Details aus der Vergangenheit sind eingraviert. Über dem Kamin hängt ein riesiger Flachbildfernseher. Der Tisch in der Mitte ist schwarz und hat außer den verschiedenen Fernbedienungen nichts zu bieten.

„Wir können hier auf jeden Fall einen Filmabend veranstalten“, sagt Jack grinsend.

Er geht zur Couch und hüpft darauf herum. Er beugt sich vor und greift nach einer der fünf Fernbedienungen auf dem Tisch, drückt auf einen Knopf, und die Jalousie des einen Erkerfensters fährt herunter. Er kichert, drückt den Knopf auf und ab, und dann knurrt sein Magen.

„Hast du Hunger?“, frage ich, gehe wieder hinaus, wende mich nach links und gehe einen schmalen Gang entlang. Verschiedene Bilderrahmen säumen die Wand von oben bis unten. Nichts Persönliches, sondern Sehenswürdigkeiten der Welt. Vom Eiffelturm über Venedig bis hin zur Freiheitsstatue. Ich will stehen bleiben, aber Jack ist schon am Ende des Flurs in der großen Küche.

Die Kücheninsel ist aus weißem und grauem Marmor. Oberlichter lassen mehr natürliches Licht herein. Der Herd ist schwarz. Weiße Schränke säumen zwei Wände, während auf der anderen Seite ein riesiger Kühlschrank steht. Eine Tür ist durchsichtig, und man kann sehen, dass er vollgepackt ist.

„Was willst du essen?“, frage ich ihn, während ich den Kühlschrank öffne und die vorbereiteten Mahlzeiten in Augenschein nehme. „Oh, sieht nach Spaghetti aus.“

Es klingelt an der Tür, und ich schaue zu Jack hinüber. „Das muss dein neuer Babysitter sein.“ Ich lächele ihn an. Das medizinische Team in Arizona hat ein paar Anrufe getätigt und mir die beste Krankenschwester der Stadt besorgt. Wir haben ein paar Mal geskyped und Jack schien sie zu mögen.

Ich gehe zur Tür. „Hallo.“ Ich lächele und trete ein Stück zurück, damit sie hereinkommen kann.

„Tut mir leid, ich bin etwas zu früh. Ich konnte es nicht erwarten, ihn kennenzulernen.“

Sie lächelt mich an. Sie ist Ende zwanzig, wurde mir wärmstens empfohlen, und ihre Referenzen waren hervorragend. Ich brauche jemanden hier, wenn ich unterwegs oder auf dem Eis bin.

„Der frühe Vogel fängt den Wurm.“ Ich versuche, mit ihr zu scherzen, als Jack hereinkommt.

„Hallo“, sagt Sarah und geht vor ihm in die Hocke. „Ich war so aufgeregt, dich zu treffen. Ich konnte es nicht erwarten.“ Sie lächelt mich an, während Jack sein Gesicht halb hinter meinem Bein versteckt.

Wir setzen uns ins Wohnzimmer, um die Dinge zu besprechen. Sie bezieht Jack in das Gespräch ein, was ihn aus seinem Schneckenhaus holt, und als ich aufbreche, plaudert er bereits mit ihr, wie er mit seinen Legos einen Turm bauen kann.

Ich nehme einen Uber zur Eishalle und denke darüber nach, dass ich mir bald ein Auto besorgen muss.

Wie in der E-Mail angekündigt, gehe ich durch den Seiteneingang und scanne den mir zugewiesenen Schlüssel. Die Tür klickt, als ich eintrete. Ein paar Leute nicken mir zu, als ich zum Ende der Halle und in die Umkleidekabine gehe.

„Heilige Scheiße“, sagt Luka, der Torwart. „Ich kann es einfach nicht glauben.“ Er steht von seinem Platz auf, kommt zu mir herüber und schüttelt mir die Hand. „Schön, dich im Team zu haben.“

Ich nicke. Auch wenn wir noch nie miteinander gespielt haben, kennt in der NHL so ziemlich jeder jeden.

„Sieh einer an.“

Ich drehe den Kopf und sehe Matthew Grant hereinkommen. Der Captain des Teams wurde mit siebzehn als erster Spieler ausgewählt und ist dann auf die Nase gefallen, nur um zwei Jahre später besser und stärker zurückzukommen. Es hilft, dass sein Stiefvater Cooper Stone ist, der Mann, der jeder Eishockeyspieler sein möchte. Er klopft mir mit einer Hand auf die Schulter und lächelt.

„Bist du gerade erst gekommen?“, fragt er, und ich nicke.

„Ja, gerade eben. Bin vor etwa zwei Stunden gelandet. Ich musste erst Jack unterbringen.“

Er nickt und ich folge ihm nach draußen. Er geht in einen kleinen Raum mit einem Schreibtisch und zwei Stühlen. Er setzt sich auf den einen, ich auf den anderen.

„Kommt jetzt die Willkommensrede oder die Drohung, rauszufliegen, wenn ich Mist baue?“

Er lacht. „Nein. Das ist ein Gespräch von Mann zu Mann darüber, wie du dich so fühlst“, sagt er und verschränkt die Arme vor der Brust. „Wir haben Gerüchte gehört, aber niemand wird dich direkt danach fragen. Ich wollte dich nur vorwarnen.“

Nervös klopfe ich mit dem Daumen auf mein Bein und ich will ihm gerade antworten, als ich sehe, wie Max Horton den Korridor entlanggeht und einen Blick hereinwirft. Er geht an der Tür vorbei und kommt dann zurück.

„Na, wenn das nicht der beste Verteidiger der NHL ist“, sagt er lachend, kommt auf mich zu und schüttelt mir die Hand. „Schön, dich zu sehen.“

Max Horton bringt Verteidiger wie mich zum Stöhnen. Er ist einfach so gut, geht uns unter die Haut, macht uns fertig und lässt uns schlecht aussehen.

„Entschuldigung, habe ich euch unterbrochen?“, fragt er und sieht Matthew an.

Ich denke darüber nach, wie weit sie es gebracht haben. Max nahm es nicht auf die leichte Schulter, dass Matthew in sein Team kam, und es war in der Liga bekannt, dass sie sich hassten. Es war auch ein Schock, dass Max seine Schwester heiratete. Es wird gemunkelt, dass sie das Kriegsbeil begraben haben, was ihr Eishockeyspiel noch tödlicher macht.

Matthew schüttelt den Kopf. „Ich wollte ihn nur begrüßen.“

Max nickt. „Ist es wahr?“, fragt er mich, ohne um den heißen Brei herumzureden.

„Was? Dass mein Captain und bester Freund meine Frau fickt?“ Ich lache über die Ironie des Ganzen. „Ja, so viel ist wahr.“

„Es tut mir leid, Mann“, sagt Max. „Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“

„Das ist ekelhaft“, sagt Matthew. „Sie ist meine Schwester.“

Max rollt mit den Augen. „Ich meine, Allison mit jemand anderem zu erwischen.“ Er schüttelt den Kopf. „Ich glaube, ich würde ihn umbringen.“

„Ja“, stimmt Matthew zu. „Man kann mit Sicherheit sagen, dass ich hinter Gittern landen würde.“

„Das Einzige, was mich interessiert, ist mein Kind“, sage ich. „Letztendlich ist er meine oberste Priorität.“ Matthew und Max sehen mich erstaunt an. „Wir haben es geheim gehalten, aber ihr solltet es wissen. Bei meinem Sohn wurde Leukämie diagnostiziert. Wir haben gerade die dritte Runde der Chemo hinter uns, und nichts funktioniert. Deshalb habe ich New York gewählt.“

Ich brauche es nicht zu sagen, denn Max versteht sofort. „Denise.“

Ich nicke. „Sogar das Ärzteteam in Arizona hat gesagt, dass sie die Richtige für diesen Job ist. Ihr Krankenhaus ist für die Teilnahme an einigen neuen Behandlungen zugelassen, und ich muss zu ihr gehen.“ Das klingt eher wie eine Bitte.

„Ich rufe sie an“, sagt Max, ohne Fragen zu stellen. „Ich kann dir zwar nichts garantieren, da es letztendlich von ihr abhängt, aber …“ Er will gerade fortfahren, als sein Telefon klingelt und er abnimmt. „Engel, kann ich dich zurückrufen?“, fragt er, und ich höre Matthew stöhnen und dann leise sprechen.

„Engel, von wegen.“ Er sieht mich an, während Max spricht. „Sie hat mir erst letzte Woche in die Eier getreten.“

Ich versuche, ein Lächeln zu verbergen, als ich Max ansehe, als er auflegt. „Sie hat dir letzte Woche in die Eier getreten, weil du versucht hast, sie über deine Schulter zu werfen, um sie in den Pool zu schmeißen.“ Er sieht wieder zu mir. „Hast du Pläne fürs Abendessen?“

„Noch nicht“, antworte ich ehrlich.

„Dann hast du jetzt was vor, denn Denise kommt zum Abendessen. Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“, sagt er.

Ich nicke. Zum ersten Mal, seit mein Leben vor einem Jahr anfing, den Bach hinunterzugehen, habe ich wieder Hoffnung.

Kapitel 3

Denise

„Wie wäre es, wenn wir mit den Autos im Spielzimmer spielen?“, fragt Allison, während sie versucht, Alex aus Max’ Arm zu befreien.

Aber sie lehnt sich von ihrer Mutter weg und schreit „Dada!“

„Ich komme mit“, sagt Max und sieht mich kurz entschuldigend an. „Jack, möchtest du mitkommen und dir Michaels Autosammlung ansehen?“

„Ich habe Hot Wheels“, sagt Michael. „Mit Fernbedienung.“ Er dreht sich um, läuft in sein Spielzimmer, und Jack folgt ihm.

„Es tut mir leid, dass ich euch so überfalle“, sagt Zack.

Er hat den Blick, den alle Eltern haben, wenn sie mit der grausamen Tatsache konfrontiert werden, dass sie bald ihr Kind beerdigen müssen.

„Ich hatte keine andere Wahl“, fügt er hinzu.

Ich schüttele den Kopf. „Hast du versucht, mich zu kontaktieren, und ich habe mich nicht gemeldet?“, frage ich ihn.

Er nickt. „Ich rufe dich seit einem Monat ununterbrochen an. Deine Voicemail scheint voll zu sein.“

„Scheiße“, sage ich laut. „Lass uns nach nebenan gehen und reden.“

Er folgt mir ins Wohnzimmer und setzt sich neben mich auf die Couch. Ich drehe mich ihm zu und ziehe ein Bein unter mich. „Erzähl mir alles.“

Er schaut auf seine großen Hände hinunter. Tränen sammeln sich in seinen blauen Augen. Ich strecke meine Hand aus, lege sie auf seine Hände und drücke zu. Ich lehne mich zurück und warte, bis er spricht.

„Vor etwa einem Jahr haben wir festgestellt, dass er sich leicht blaue Flecken holt. Er stieß gegen alles Mögliche, und das ist normal, er ist ein Kind, aber die blauen Flecken waren zu oft, also zwang ich meine Frau, mit ihm zum Arzt zu gehen.“

Ich will Fragen stellen, aber ich warte, bis er fertig ist.

„Es hat einen Monat gedauert, bis sie ihn diagnostiziert haben. Er hat akute lymphatische Leukämie.“ Seine Stimme bricht.

Das ist schlimmer, als ich gedacht habe. Ich schließe kurz die Augen, um Tränen zu unterdrücken. „Was hat man dir gesagt?“

„Zuerst hieß es, er gehöre zum Standardrisiko.“ Das sagen sie normalerweise immer. „Aber dann begann die Chemotherapie, und die Zahl seiner weißen Blutkörperchen stieg über 50.000. Was bedeutet hat, dass es hartnäckig war, also versuchten sie es mit einer stärkeren Dosis, und es schien zu wirken, aber dann hörte es einfach auf.“

„Sie haben nur zwei Runden versucht?“

„Es hat nicht funktioniert, also haben sie einfach aufgegeben. Aber dann hat eine der Krankenschwestern dich erwähnt“, sagt er und sieht mir direkt in die Augen. „Sie sagte, wenn jemand ihm eine Chance geben kann, dann du.“

„Wo ist seine Mutter?“ Es ist besser, wenn beide Elternteile an einem Strang ziehen.

„Sie ist außen vor. Sie hat sich im Grunde genommen selbst abgemeldet, als wir die Diagnose bekamen.“

„Das tut mir leid. Das kann für den Patienten härter sein, als man sich vorstellt. Also, was willst du von mir hören?“

„Ich will hören, dass du helfen kannst, meinen Sohn zu retten. Ich will hören, dass ich nicht umsonst gekommen bin. Und vor allem möchte ich hören, dass ich meinen Sohn nicht begraben muss.“

„Ich kann keine bestimmte Behandlung oder ein bestimmtes Ergebnis versprechen, bis ich seine Akte gelesen habe, aber ich werde seinen Fall übernehmen. Ich muss genau wissen, womit ich es zu tun habe.“

„Aber du hilfst ihm?“

Ich lächele, und diesmal nicht wie eine Ärztin, sondern wie eine Privatperson. „Die gute Nachricht ist, dass die Überlebensrate bei Kindern von unter zehn Prozent in den 1960er Jahren auf neunzig Prozent gestiegen ist.“

„Noch etwas“, sagt er. Der Mann sieht aus, als würde er die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern tragen. „Ich will nicht, dass du etwas beschönigst. Ich will Ehrlichkeit.“

„Okay. Nur so kann ich eine gute Ärztin sein. Es wird nicht leicht, und wir könnten ihn verlieren.“ Der Gedanke schmerzt. Das Schwerste an meinem Job ist, einen Patienten zu verlieren. „Aber das ist die harte Realität. Der Krebs ist sein eigener Herr.“

Er nickt. „Danke“, sagt er und lehnt sich ein wenig zurück. „Dafür, dass du mir zugehört und nicht gesagt hast, dass ich mich verpissen soll.“

Jetzt lachen wir beide. „Lass uns gehen und meinen neuen Patienten kennenlernen.“

Ich stehe auf und er folgt ins Spielzimmer. Jack und Michael kichern.

„Hallo, Kumpel“, sagt Zack und geht zu Jack. „Du hast ja deine Kappe abgenommen.“

„Ja“, sagt er und behält den Blick auf den Autos, die im Kreis herumfahren. „Es hat gejuckt.“

„Das ist das erste Mal, dass er die Kappe abnimmt, wenn er nicht zu Hause ist“, flüstert mir Zack zu.

Der Duft seines holzigen Rasierwassers schlägt mir entgegen. „Vielleicht fühl er sich hier ein bisschen wie zu Hause.“

Zack steckt die Hände in die Gesäßtaschen. „Das hoffe ich.“

Ich betrachte ihn, wie er seinen Sohn beobachtet. Er lächelt, als er Jack lachen sieht.

„Ich gehe Allison helfen“, sage ich und gehe in die Küche, wo meine Schwägerin ein Blech aus dem Ofen nimmt. „Hier riecht es verdammt gut.“

„Das liegt nicht an mir. Ich habe diese Lasagne bei Tony’s gekauft“, sagt sie. Das ist das italienische Restaurant, in dem wir gern essen. Sie zieht die Ofenhandschuhe aus. „Und?“

„Was, und?“ Ich setze mich auf einen der Hocker an der Kücheninsel.

„Wofür hast du dich entschieden?“

„Gab es überhaupt eine Entscheidung? Ich meine, wie könnte ich da Nein sagen?“

„Das war mir sofort klar, als Max mir die Geschichte erzählt hat. Das ist so traurig.“

„Ja. Und wie ich ihm gesagt habe, kann ich für nichts garantieren, aber ich werde tun, was ich kann.“

„Und das, meine Lieblingsschwägerin, ist der Grund, warum du die Beste bist.“

Ich verdrehe die Augen. „Ich hoffe, ich kann ihn heilen.“

„Wenn das jemand kann, dann du. Und ganz nebenbei“, sagt sie leise und schaut über meine Schulter, um zu überprüfen, dass wir allein, „seine Augen sind zum Sterben schön.“ Sie beginnt zu lachen und hält inne, als sie Max an der Küchentür sieht.

„Was ist zum Sterben schön?“, fragt er, während er meine Nichte auf dem Arm hält, die sich auf seiner Hüfte wohlfühlt.

Ich stehe auf. „Dann werde ich mal den Tisch decken gehen.“ Ich lächele ihn an und er grinst. „Übrigens, ich muss dir noch in den Hintern treten, weil du mich mit Jack überrumpelt hast.“

„Ich weiß“, sagt er und sieht Alex an, die zu ihm aufschaut und lächelt. Sabber kommt aus ihrem Mund und landet auf ihrem Ich-liebe-meinen-Dad-Lätzchen. Ich greife nach ihr und sie fängt an zu zappeln. „Sie zahnt“, sagt er.

„Sie zahnt, seit sie geboren wurde“, erwidere ich.

„Lass sie in Ruhe. Ich fahre morgen weg, also brauche ich alle Zeit zum Kuscheln, die ich kriegen kann.“ Er sieht sie an, und sie schlägt ihm mit der Faust auf die Brust.

„Stimmt’s, Prinzessin?“

„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie ihre coole Tante Denise anruft, um sich über ihren Dad zu beschweren“, sage ich über die Schulter hinweg und gehe ins Esszimmer, um den Tisch zu decken.

Zack kommt herein. „Kann ich helfen?“

Ich reiche ihm das Besteck. „Wo sind die Jungs?“

Er legt das Besteck neben die Teller. „Sie spielen mit den Hot Wheels. In Arizona hatte er nicht wirklich Freunde.“

„Warum nicht?“

„Seine Mutter ist kein einfacher Mensch.“

Ich betrachte sein Gesicht. Die Wangenknochen sind perfekt ausgeprägt, seine Nase ist ein wenig schief, zweifellos weil sie ein oder zwei Mal gebrochen war.

„Seit seiner Geburt hatte er ein Kindermädchen. Die Nanny hat versucht, ihn in den Park mitzunehmen, aber dann kam er schmutzig nach Hause und Chantal ist durchgedreht.“



Tausende von E-Books und Hörbücher

Ihre Zahl wächst ständig und Sie haben eine Fixpreisgarantie.