Stahläonen - Bastian J. Kurz - E-Book

Stahläonen E-Book

Bastian J. Kurz

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Beschreibung

Stahläonen - Fantasy und Science-Fiction Kurzgeschichten. Der vorliegende Band bietet Kurzweil, Spannung und mitreißende Charaktere. Ob man nun die Abenteuer eines Doktors in der fernen Zukunft, den Alltag eines Geburtstags eines Magiers oder den Horror des Verlusts geliebter Menschen verfolgt, immer ist man hervorragend unterhalten, erstaunt und gerührt.

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Seitenzahl: 303

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Für Fenya und Serina. Ich liebe Euch!

Index

Äonen

A Doctors Way

Space Relict

Zeit für eine Utopie

Der Mispel

Der Imperator

Attack of the Quack

Das Geheimnis der Türklinken

Die Geschichte vom Strohmännchen

Der Sinn des Lebens

Merrygold

Zeitreisender magischer Elefant

Wer braucht schon einen Dschinn

THC-Mücke

Lino

Kehorn, der rote Drache

Das verwehte System

Der Einbruch

Codex Biologica Generali

Angriff der Früchte

Das Attentat

Magus Policja Polski

Homo Sapiens Horribilis

Die Medizin von Morgen

Der kleine Ugi Ugi und die Pegasusbabys

Die Dornenkrone der Jungfrau

Technomagie

Die Zeit der Stahlgladiatoren

Schatten des Nichts

Leben in Sekunden

Teil einer Legende von Paddy Murphy

Stahlgladiator – Born to Rule

On the Run

Neo – Barbaren

Awaking the Centuries

Sternenpost

Rennen nach Faschoda

The golden hour of shock

Ich, Bronzegolem

Äonen

Alleine steht unser Geist in der dämonendurchwobenen Finsternis.

In Meditation versunken lauschen wir dem Herzschlag des Kosmos.

Langsam pocht er durch die Äonen.

Jeder Schlag ein Zeitalter, jedes Zischen eine Dynastie.

Strahlend umgibt uns der Glorienschein gefallener Engel, in den Kampf geschickt von einem unbarmherzigen Gott, der unser Flehen nach Vergebung mit stolzer Stirn zurückweist.

Ein Tyrann der Liebe. Einer Kriegerin im Lendenschurz gleich, das Schwert des Helden führt sie mit der Rechten.

Der Schild des Glaubens umwindet ihren linken Arm.

Goldglänzend trägt sie den Helm der Weisheit, ein merer Stirnreif aus goldglänzendem Elektrum.

Die Verbindung in die Liebe.

Wir weisen die flüsternden Betörungen und Verleumdungen der Dämonen, ihre List und Intrigen, ihren Hass und ihre Versuchung mit starkem Schritt zurück, der uns doch nicht vom Orte unserer Mitte wegbringt.

Eine Sturmwehr des Lichtes in der Finsternis, unbeugsam. Umspült von Dämonen.

Statisch. Solange wir nicht aus der Meditation erwachen, sind wir unangreifbar. Eine Schutzwehr für die Welten hinter uns. Doch unmöglich die Befreiung der Welt vor uns.

Gleichgewicht der Kräfte.

Warten wir auf das Springen des Funkens. Den Esprit des Kosmos.

Einer wird kommen und das Gleichgewicht verändern.

Das statische Fortbestehen seit unglaublich vielen Zeiten wird fallen und wir werden frei sein unsere eigene Wahl zu treffen.

Doch vor uns Dämonen und hinter uns Engel.

Eine Wahl, die keine ist, trägt das Zeichen des Lichtbringers.

Er bringt Licht in die Finsternis. Er erleuchtet uns, die wir keine Erleuchtung ertragen können.

Perfekt wurden wir geschaffen, zu sein für immer, kein Wollen, kein Streben.

Wir sind Engel des Herrn, lichterfüllte Wesen ohne Sinn.

Verzweifelt.

Alleine.

Tausende.

Doch nur einer.

...

Beginn.

Anfang.

Ein neues Leben nimmt seinen Lauf.

Das Gleichgewicht ist gekippt. Dynamische Kräfte übernehmen.

Entropie bestimmt unseren Kurs.

...

...

Bühne auf.

A Doctors Way

Die klinisch weißen Wände wurden nur durch die in allen Farben des Regenbogens fluoreszierenden Türen aus der Monotonie gerissen. Diverse Farbcodes blinkten an den Türen und verrieten dem Eingeweihten, welche Biogefahren auf der anderen Seite der Türschleuse lauerten. Gemessenen Schrittes bewegte sich Dr. Frank Moses durch die Gänge und betrat schließlich die Intensivstation der kosmomedizinischen Abteilung des Abraham Gesundheitszentrums auf Zeylos IV.

Die Klinik, welche fast ein Achtel der recht kleinen Landmasse des Planeten, immer noch hunderte Quadratkilometer, bedeckte, war im ganzen Quadranten für ihre wissenschaftliche und medizinische Expertise bekannt.

Wenn man der Referenzpunkt für medizinisches Wissen und Forschung war, die Universitätsabteilung des Zentrums war in der ganzen Galaxie bekannt für ihre hohen Standards, dann fehlte es weder an Credits noch an qualifiziertem Personal. Jede der hochqualifizierten, langjährig ausgebildeten und ständig geschulten Personen, die im Zentrum arbeiteten, hatte einen Vertrag über eine lebenslange Anstellung mit regelmäßigen Gehaltserhöhungen und einer beachtlichen Pension.

Da konnten Spitzenkräfte über hundert Jahre Erfahrung auf ihrem Gebiet sammeln, um dann noch hundert weitere Jahre hochqualifizierte Arbeit zu leisten. Die Fehler, welche das Dunkle Zeitalter vor dem Aufbruch geprägt hatten, waren hier nur noch ferne Erinnerungen, welche in den Histomedvids thematisiert wurden.

So hatte jede Pflegekraft nicht nur die Unterstützung durch einen Medbot, sondern sie trug auch nur Verantwortung für zwei Patienten, um die optimale Versorgung zu gewährleisten und gleichzeitig für eine gesunde Arbeitsatmosphäre zu sorgen. In den glorreichen Zeiten des Höchststandes der menschlichen Kulturen, waren Dinge wie ein Knochenbruch Lappalien, welche in einer halben Stunde repariert und geheilt wurden.

Jeder Ambulanzgleiter besaß sowohl die Kompetenzen, als auch die Ausrüstung, um fünf Schwerstverletzte zu versorgen. Das meiste wurde vor Ort geheilt und die Patienten konnten sich sofort wieder dem ihnen genehmen Zeitvertreib hingeben.

Die Fälle, welche stationär im Abraham Gesundheitszentrum aufgenommen wurden, stellten die modernste medizinische Versorgung vor Rätsel und Probleme. Wie zum Beispiel der Patient vor dessen Tür Moses nun stand. Sie leuchtete in einem beruhigenden Grün mit Einsprengseln von Rot und Gelb.

Er betrat die Türschleuse und wartete den Dekontaminierungsprozess ab. Ein feiner Nebel aus Nanosonden und Desinfektionsmitteln umwirbelte ihn im gewohnten Rosa. Dann wurde er aus tausenden computergesteuerten Hochgeschwindigkeitsdüsen mit einer Mischung aus Wasser, Ethylalkohol und Pondram abgesprüht. Dann schaltete sich der Alphasterilisierer ein und mit einem Schlag war Moses wieder trocken und keimfrei. Die innere Tür verschwand in der Wand und entließ ihn in einen der Räume der Intensivstation. Ein heller, gelber Boden und pastellfarbene Kompositionen aus Blau, Grün und Orange an den Wänden vermittelten eine beruhigende gar friedliche Atmosphäre. Ein bequemes Sofa mit passendem Tisch in einer Ecke des Raumes lud zum Verweilen ein. Auf der anderen Seite des Raums stand ein Standard Medbed, wie man es überall in der Galaxie antreffen konnte.

Vor einem Dutzend hundert Jahren hatten die Entwickler des Medbed es geschafft, ihr Produkt zu perfektionieren und den Herstellungsprozess zu optimieren. Seitdem wurde in der gesamten Galaxie nur dieses Modell verwendet. Die Patientin lag im Bett und hatte die Holobildschirme an, welche in den buntesten Farben leuchtend, als Halo um sie herum schwebten.

Eine rosafarbene intelligente Decke lag über ihrem Körper und signalisierte durch ihre Farbe, dass sie momentan Wärme erzeugte. Sie bestand aus molekularen Schaltkreisen, welche in die Naturfasern eingebettet waren und konnte das Klima im Bereich von 15° Celsius moderieren. Dabei war sie selbstreinigend, atmungsaktiv, und sehr sehr kuschelig. Durch Memorytechnologie konnte die Decke auch bestimmte vorprogrammierte Haltungen einnehmen. So konnte sie während sie den Benutzer bedeckte am oberen Teil eine Art Tisch ausbilden, sodass man bequem arbeiten, essen oder lesen konnte. Die sprachaktivierte Decke konnte sich auf Befehl zusammenfalten und nahm dann kaum mehr Platz ein als ein Toast. Des Weiteren besaß sie ein Instrumentarium zur Überwachung der Gesundheit des Benutzers. Sie leitete ein Zwölfpunkt EKG ab, maß Puls, Blutdruck und Sauerstoffsättigung und zeigte die Atemfrequenz an. Im Falle eines Falles konnte die Decke defibrillieren und eine Herzdruckmassage durchführen. Ein wunderbares kleines Spielzeug.

Moses schenkte der Decke kaum einen Blick und durchquerte den Raum. Seine Patientin, ein junges Mädchen in den Zwanzigern, wirkte blass und erschöpft. Ihr Körper war mit Hämatomen bedeckt. Selbst das von einer KI der Stufe vier gesteuerte Medbed, dessen Liegefläche aus knapp dreitausend feedbackgesteuerten, in Höhe, Lage, Winkel und Oberflächeneigenschaften veränderbaren und temperierbaren Gelhexkacheln bestand und momentan das Mädchen in einer aufrechten Position unterstützte, war nicht sensibel genug um den extrem empfindlichen Körper der jungen Frau ohne Verursachung von Hämatomen zu berühren.

Das Medbed verfügte über ein breites Instrumentarium. Die interne Apotheke war umfassend und beinhaltete von Notfallmedikamenten über Narkosemittel bis zu Schmerzmitteln, Nanoheilern und Kosmobiotika fast alles, was man brauchen könnte. Ein Servoschlauch übernahm die Verabreichung über einen Hyposprayadapter.

Ein paar Servoarme waren auf Physiotherapie und Massagen programmiert und konnten sogar sensorgesteuerte, feedbackangepasste Chiropraktik anwenden. Des Weiteren war in dem Kopfteil ein kompletter Satz künstlicher Organe integriert.

Über einen Servoschlauch als Zentralen Venenkatheter zum Einsatz gebracht, konnte das Medbed, Nieren und Leberdialyse durchführen, ein paar künstliche Lungen entfernten das Kohlendioxid aus dem Blut und reicherten es mit Sauerstoff an, ein externes Herz hielt den Kreislauf aufrecht und die Magen-Darmkombi führte dem Blut alle notwendigen Vital- und Nährstoffe zu ebenso wie Flüssigkeit.

Die Entsorgung menschlicher Abfallstoffe erfolgte, falls notwendig, über ein intelligentes Kathetersystem. Natürlich war das Medbed autonom und über die Steuereinheit war der Patient in der Lage sich überall hinzubegeben. Da das Medbed schwebte, war dieses auch tatsächlich möglich.

Auch kleinere Operationen waren autonom oder unter Beaufsichtigung durch einen Arzt möglich. Das chirurgische Instrumentarium war umfassend. Zur Unterhaltung des Patienten waren diverse Holoschirme verbaut und eine Bibliothek mit dem kompletten Wissen der Menschheit eingespeichert. Von Vids, Holos, Musik über Hörbücher und Bücher sowie Zeitschriften war alles vorhanden.

Natürlich war auch der Zugriff auf das Gnet, das Galaktische Informationsnetzwerk, in Echtzeit möglich.

Dr. Frank Moses erreichte das Medbed und begrüßte seine Patientin:

„Guten Morgen Susanna. Wie geht es dir heute,?“

Die Holoschirme erloschen. Das vierundzwanzig Jahre alte Mädchen schaute ihn prüfend an. Sie war noch weit davon entfernt erwachsen zu sein. Volljährig wäre sie, wie jeder andere Mensch, erst mit fünfzig Jahren. Bei einer Lebensspanne, die mehrere hundert Jahre umfasste, war dies schon vor Jahrtausenden so geregelt worden.

„Ich habe Schmerzen und ich sterbe. Wie soll es mir denn schon gehen?“, antwortete Susanna.

„Schmerzen sollst du natürlich nicht leiden, ich erhöhe umgehend deine Schmerzmedikation“.

Moses zog seinen Comp aus der Tasche seines blaupinkfarbenen Kittels. Das Gerät war kaum so groß wie ein Stift. Er aktivierte den Holoschirm und ließ dann den Comp vor sich schweben. Schnell wechselte er durch Menüstrukturen und durch die Akte von Susanna und erhöhte die Schmerzmedikation. Ein dünner Schlauch am Medbed setzte sich in Bewegung und verabreichte eine Dosis Medikamente. Susanna seufzte auf, als ihr die Medikamente die Schmerzen nahmen. Sie sank zurück auf die Liegefläche und schloss die Augen.

Leise verließ Moses das Zimmer. Die Zentrumspest war eine Geisel der raumfahrenden Zivilisationen. Niemand wusste, durch was sie entstand und es traf auch nur knapp 0,00000004 % der Menschen. Doch sie war immer tödlich, eine Therapie nur palliativ möglich.

Moses ging in Gedanken versunken den Gang entlang. Dass es gerade einen so jungen Menschen, quasi gerade der Windel entwachsen, treffen musste. Moses kümmerte sich noch um die vier anderen Patienten auf der kosmomedizinischen Station, für welche er die Verantwortung trug. Jede von ihnen schwerst erkrankt an nicht therapierbaren und unbekannten Krankheiten.

Moses saß in seinem Büro hinter dem Tisch und starrte auf die Holoschirme. Er überlegte. Schließlich stand er auf. Er würde einen Spaziergang machen. Daher machte er sich auf zur Portalstation zwei Etagen weiter unten. Er wählte an der Konsole einen Transport in ein Naherholungsgebiet auf der anderen Seite des Planeten. Dort herrschte Nacht und er wollte die Sterne sehen. Er trat auf die Plattform und binnen eines Lidschlags stand er in der Empfangsstation.

Auf einmal hatte er fürchterliche Kopfschmerzen und er taumelte, als er aus dem Portalkreis trat. Doch so schnell der Schmerz gekommen war, so schnell verschwand er wieder.

Er verließ die Portalstation und folgte den fahlen Lichtern der biolumineszierenden Flechten, welche den Weg und die niedrige Mauer entlang des Weges bedeckten. Es war kein künstliches Licht eingeschaltet, damit die Erholungssuchenden und die Sternengucker einen ungestörten Blick auf die Milchstraße hatten, welche sich in voller Pracht am Nachthimmel zeigte.

Hier hat er mit seinem Vater früher immer die Sterne betrachtet und ihre majestätische Schönheit bewundert. Die Größe des Kosmos und die Unendlichkeit des Alls. Und hier war der Entschluss gereift, genau wie sein Vater, Arzt zu werden. In Gedanken versunken setzte sich Moses auf einen Sessel und blickte hoch zu den Sternen. Dann sah er seinen Vater vorbeigehen. Trotz der Dunkelheit erkannte er das markante Gesicht und den Bart. Elektrisiert sprang er auf. Es konnte doch unmöglich ....

Dr. Frank Moses rannte den Kiesweg entlang, der Gestalt hinterher, welche seinem Vater so sehr ähnelte. Er erreichte sie und hielt den Mann an der Schulter fest. Dieser drehte sich um und es war tatsächlich sein Vater. Moses wurden die Knie weich, er taumelte. Ein fester Griff des Mannes, der sein Vater war, hielt ihn aufrecht.

„He junger Mann, was ist denn mit Ihnen los?“, wurde er gefragt. Die Stimme, die Stimme war genau die Stimme seines Vaters.

„Verzeihung. Nur eine kurze Kreislaufschwäche. Wer sind Sie?“, fragte er.

„Ich bin Dr. Anthony Moses. Und darf ich mich nach Ihrem Namen erkundigen,?“

„Dr. Frank M..., ähm ja Dr. Frank. Ich arbeite an der Zentrumspest. Was machen Sie?“, fragte Frank Moses seinen Vater. Geistesgegenwärtig hatte er alles, was er über Zeitreisen in Science-Fiction Romanen gelesen hatte, überschlagen und sich entschieden sich nicht als Sohn zu erkennen zu geben.

„Oh welch interessanter Zufall. Ich arbeite an einer Nanosonde mit expliziter Strahlensignatur, um die Zentrumspest zu heilen. Es scheint relativ sicher, dass sie damit geheilt werden kann,“ Moses Senior machte eine einladende Geste.

„Kommen Sie doch mit und ich zeige ihnen meine Forschung.“

Frank nickte und folgte seinem Vater zum Portalraum.

„Und auf diese Weise sollte das Energiefeld die Zentrumspest im Zaume halten. Ich weiß nur noch nicht wie ich die Nanosonde bauen soll“, sagte Moses Senior.

„Nun da hätte ich bereits eine Idee“, antwortete Frank.

Die beiden Ärzte steckten die Köpfe zusammen und tüftelten.

Die Sonne schien durch die Fenster und erleuchtete ein modernes Nanolabor. Zwei Ärzte schliefen an ihren Arbeitsplätzen. In einem Schildfeld eines Nanosafes schwebte ein kleiner roter Tropfen. Das Heilmittel.

Frank wachte auf, als Glas splitterte. Das Fenster hatte einen Sprung. Er wunderte sich, denn das war Fermoglas.

Praktisch unzerstörbar. Etwas warf sich durch das zersplitternde Fenster. Scharfe Glasscherben wurden durch den Raum geschleudert. Dann landete das Ding, Frank erkannte es als einen MilBot, einen Robotersoldat.

Frank blieb wie angewurzelt sitzen, voller Furcht vor der zerstörerischen Macht der Maschine. Gleichzeitig rasten seine Gedanken. MilBots waren verboten, nur das Militär hatte einige im Dienst. Wie kam dieser hier rein?“

Seine Aufmerksamkeit wanderte zu der Mündung des Gausgewehrs, welches auf ihn gerichtet war. Dann schreckte sein Vater hoch. Mit maschineller Präzision schwang das Gausgewehr herum und spuckte mit tiefem Seufzen Titankugeln. Moses Senior wurde von der Salve erfasst und nach hinten geschleudert. Er war tot, bevor er auf dem Boden aufkam. Der MilBot griff sich den Nanosafe und verschwand, wie er gekommen war, mit einem Sprung durch das Fenster. Dabei sah Frank Moses den Tag der kriminellen Vereinigung, welcher der MilBot gehörte. Die Supernova.

Anschließend flog eine Granate durch das Fenster und explodierte.

Frank Moses kam zu sich. Er lag im grünen Gras und über ihm leuchtete die Sonne warm und golden. Er richtete sich auf. Er befand sich im Park, wo er die Sterne bewundert hatte. Er sprang auf und rannte zur Portalstation. Auf der Uhr dort konnte er feststellen, dass er wieder in seiner Zeit angekommen war. Seine Gedanken rasten. Nun endlich wusste er wie sein Vater gestorben, warum er eines Tages nicht nach Hause gekommen war. Und er wusste, wer dafür verantwortlich war. Und wer ihr Heilmittel gestohlen hatte.

Ein Plan reifte in ihm.

Moses stand auf dem Deck der großen Flugplattform auf Phlophos Fünf und betrachtete die drei Individuen, die vor ihm auf bequemen Stühlen saßen. Hinter ihnen standen bewaffnete Wachen und blickten grimmig.

Moses schwitze in der Sonne. Sie verhandelten nun seit Stunden. Langsam sollte sein Begleiter den Nanosafe gefunden haben.

Siren, Moses Astrobot, kletterte durch die Luftschächte der Flugplattform. Er hatte gerade der Zentrale einen Besuch abgestattet und per Nanosonde auf die ZentralKI zugegriffen. Dabei war es ihm gelungen den Zugangscode für den Nanosafe hier an Bord zu stehlen. Er hatte bestenfalls noch Minuten, bis der Diebstahl bemerkt und der Code geändert wurde. Sein internes Com sprach an.

„Siren, wie sieht es aus? Ich kann die hier nicht mehr länger beschäftigen“, kam die Nachricht von Moses durch.

„Bin fast soweit Dr. Moses“, antwortete die intelligente Maschine. Siren war ein Einzelstück. Ausgerüstet mit einer militärischen Stufe fünf KI und modularem Nanokörper, hatte er Moses viele Credits gekostet. Dafür war die Maschine auf ihrem Gebiet auch fast unschlagbar. Siren verließ den Luftschacht und fand sich vor dem bläulich gleißenden Nanosafe wieder. Ein Servoarm mit Computerschnittstelle fuhr aus und konnektierte Maschine und Safeprogramm. Der Code wurde übermittelt und das Nanoscale Energieschirmsystem erlosch. Siren schnappte sich den Nanosafe, dessentwegen sie gekommen waren.

„Dr. Moses“, funkte Siren das Komimplantat an, „Habe Ziel sichergestellt, initiiere Flucht“. Siren schaltete in den Haste Modus, nun kam es auf Geschwindigkeit an und nicht auf Verstohlenheit. Innerhalb weniger Dutzend Sekunden hatte Siren sich von der Flugplattform zurückgezogen und sprang über die Reling, der fernen Planetenoberfläche entgegen.

Dr. Frank Moses erhielt den letzten Funkimpuls, der ihn über die gelungene Flucht des Roboters informierte. Er wandte sich den drei Humanoiden zu, welche ihm auf bequemen Sesseln gegenüber saßen, während er an Deck der Flugplattform stehen musste.

„So ihr minderwertigen Arschlöcher, schönen Tod“, lächelte er kalt und warf den dreien eine NAB, eine Nanoscale Atomic Bomb, zu. Dann zog er seinen Agrav-Haken und schoss ihn in die Luft. Der Mechanismus flog dreihundert Meter durch die Luft und arretierte sich dann. Moses drückte die Taste am Kolben und schon spulte sich das Nanoseil auf und zog ihn blitzschnell von der Plattform weg auf den Agrav-Haken zu. Hinter ihm detonierte die Miniaturatombombe und vernichtete einen Großteil der Plattform. Ein Blick zurück zeigte jedoch, dass die drei Verbrecherbosse von einem Schirmfeld geschützt, die Explosion unbeschadet überstanden hatten.

Dann heulte Dr. Moses Schiff durch die Atmosphäre und sammelte sowohl Moses als auch Siren ein. Die SchiffsKI schaltete auf manuelle Steuerung um, als Moses im Pilotensitz Platz nahm und die Holobedienfelder und Holoschirme mit einigen Gesten übernahm. Dann sauste das Raumschiff in einer engen Kurve zurück und Moses eröffnete das Feuer aus den Bordkanonen. Der Schutzschild musste durch die Explosion schon stark geschwächt sein, es war gut möglich, dass ein Blasterbolzenhagel und ein oder zwei zusätzliche Raketen mit NAB Sprengköpfen den Schirm knacken konnten. Moses zog das Schiff durch einige Ausweichmanöver, als von der Flugplattform Blasterfeuer und Railgunschüsse aufkamen.

Es erklang das stete Summen der Zielerfassung auf die drei Bosse und Moses krümmte den Zeigefinger.

Die Twin Blast Rapid Fire Cannons oder kurz TBRFC, welche auf beiden Seiten des Schiffs verbaut waren, feuerten mit einer Feuerrate von zweitausend Schuss die Minute, heißes, gerichtetes Plasma ab. Simultan öffnete sich eine Klappe am Bauch des Raumschiffes und zwei Raketen klinkten sich aus, zündeten und rasten auf das Ziel zu.

Die Flugplattform verging im atomaren Feuer.

„Das ist für dich, Dad“, murmelte Frank Moses. Dann zog er sein Schiff aus der Atmosphäre und ging auf Heimatkurs.

Wieder in seinen gewohnt blau-pinkfarbenen Kittel gekleidet, untersuchte Moses in seinem Labor den Nanosafe.

Er war nicht geöffnet worden. Was kein Wunder war.

Nanosafes waren ohne den passenden Code praktisch unknackbar. Moses gab den Code ein und entnahm die Nanosonde sowie den Chip mit den Aufzeichnungen. Er replizierte beides und schloss die Originale wieder ein. Dann erweiterte er die Nanosonde und machte sie einsatzbereit. Er lud ein Hypospray und machte sich auf den Weg zu seiner Patientin.

Drei Wochen später, fand Moses Susanna auf der Gartenplattform des kosmomedizinischen Bereichs. Das junge Mädchen genoss Sonne und frischen Wind. Die Hämatome, die ihren Körper einst bedeckten, waren fast abgeheilt. Nur hier und dort noch ein Stich ins Grün-gelbe.

Sie wandte sich um und lächelte, als sie Moses erkannte.

„Vielen Dank, Dr. Moses“.

„Danken Sie meinem Vater, Susanna, danken Sie ihm“, er lächelte zurück. Dann drehte er sich um und ließ den Blick über die Parkanlagen und Gebäude des Abraham Gesundheitszentrum schweifen.

Es war ein schöner Tag.

Ende

Space Relict

Schwarzblauer Himmel erstreckte sich, soweit das Auge reichte.

Es lag eine Ansammlung Kuppeln auf einer Ebene aus grauem Stein. Die silbernen und stählernen Flächen der Kuppeln reflektierten die violette Sonne. Jede der Kuppeln maß ungefähr einen Kilometer im Durchmesser und es gab insgesamt fünf von ihnen, welche im Fünfeck um ein zentrales Silo standen. Dieses Silo, ein Würfel von insgesamt einem Kilometer Kantenlänge war durch speichenartige Verbindungsgänge mit den Kuppeln verbunden.

Das Besondere an dem Würfel aus Aluminiumkeramik war, dass er komplett hohl war. Er beherbergte etwas. Etwas Großes. Etwas was schon Jahrmillionen hier lag. Das Innere des Würfels war hell erleuchtet. Großflächige Strahler tauchten alles erbarmungslos ins Licht. Kein Schatten und keine dunklen Ecken waren auszumachen. Doch war das Licht nur Nebensache. Denn das, was dort in der Halle lag, war der eigentliche Grund für diese Basis. Es fing damit an, dass man seine Farbe nicht genau definieren konnte, ein grünlich schimmerndes gelbrot mit blauen Einsprengseln.

Die Farben changierten und es schien fast, als bewegten sie sich. Die Form war das nächste, was geheimnisvolles Schaudern bewirkte. Ein großer Kreis, circa neunhundert Meter im Durchmesser, knapp einen Meter hoch und zwei Meter breit, bildete die Grundlage. Dann vom äußeren Kreis ausgehend verästelte sich das Material in immer kleinere Arme, welche flach auf dem Boden dahin liefen und schließlich in der Mitte des Kreises in einem Pylonen endeten. Dieser Pylon, sechseckig in seiner Form, ragte knapp neunhundert Meter in die Höhe. Vereinzelt streckten sich vom äußeren Kreis Verästelungen nach oben und dockten in verschiedenen Höhen an den Zentralpylon an, welcher an der Basis zehn Meter Kantenlänge hatte und oben spitz zulief.

Vidcon, wiederhergestellte Daten, pers. Logbuch Pater Adrian

„Heute ist fünf sieben drei acht, nach nun mittlerweile vierunddreißig Tagen nach dem Vorfall fange ich wohl an langsam zu zweifeln. Ich zweifle ob das alles so ist, wie Gott es hat haben wollen. Ich weiß nicht, welchem Zweck es dient. Obwohl ich jeden Tag beim Artefakt bin und bete, komme ich zu keiner Erleuchtung. Wahrlich es ist schwer den Willen des Herrn zu erfassen. Ein Mensch ist nur eine kleine Teilsumme von Gott und kann somit nie die Größe Gottes in Gänze begreifen. Er hat das Wunder des Vorfalls erschaffen und ich kann darin nur göttlichen Einfluss und Führung sehen. Mein Schlaf ist weiterhin schlecht, das Artefakt geht mir nicht aus dem Kopf. Heute wurde ich von vielen kleinen Artefakten verfolgt bis ich schließlich schweißgebadet aufwachte.“

Dr. Jack irrte durch die Biokuppel. Er hatte ein paar Möhren aus den hydroponischen Gärten gegraben. Nun setzte er sich hin. Sein Blick verriet Stress, seine Haltung war angespannt.

Er biss in eine Karotte. Das Ganze hatte vor vierunddreißig Tagen begonnen, als plötzlich alle verschwanden. In hellen Lichtern hatten sie sich aufgelöst. Warum nicht er? Er wusste warum, er war anders. Aber er würde es schon noch schaffen. Dr. Hannigan Jack biss in eine Karotte. Seine Zähne zermalmten die Wurzel. Gierig schluckte er. Er hatte schon seit Tagen nichts mehr gegessen. Weil er immer auf der Hut, immer vorsichtig sein musste. Er war nicht allein und wenn er nicht vorsichtig war; würden sie ihn holen und er hätte die Chance verpasst, in den Himmel zu kommen, wobei er sich nicht sicher war, ob er an Gott oder den Himmel glaubte. Alles Humbug, wehrte sein rationaler Verstand sich. „Ich bin Dr. Hannigan Jack, Fachspezialist im Bereich Hyperboler Konstanten“, schrie er. Dann hörte er Schritte, sie kamen, sie kamen. Voller Panik sprang er auf und schaute sich um. Dann rannte er davon, die Karotten an den ausgemergelten Leib drückend.

Log. Pater Adrian

„Ich denke ich verstehe es nun. Oder auch nicht. Ich glaube an das Artefakt, aber je länger ich es untersuche desto schwieriger finde ich es, mir bestimmte Fragen nicht zu stellen. Also stelle ich sie einfach mal: Warum hier? Warum jetzt? Was tut das Artefakt? Ist es eine Abkürzung zu Gott?

Warum sollte Gott so etwas einrichten? Und dann ausgerechnet hier? Sollten nur einige Auserwählte errettet werden? Wird es eine neue Sintflut geben? Eine galaktische Sintflut? Bisher wissen wir nur, dass wir allein im Weltraum sind. Wir haben die halbe Galaxie besiedelt und nicht ein anderes Lebewesen getroffen, welches nicht von der Erde stammt. Ist es Schicksal? Und was bedeutet Schicksal? Ich glaube an Gottes großen Plan. Ist es Schicksal diesem Plan zu folgen oder ist das Schicksal Zufall. Es gibt keine Zufälle. Es gibt nur Gott. Und das Artefakt.“

Jack lief durch den Verbindungsgang, welcher die Biokuppel mit dem Würfel verband. Er lief durch die Dunkelheit. Irgendjemand hatte das Licht in den Verbindungstunneln ausgeschaltet. War er das selbst gewesen? Um an den Wesen vorbei schleichen zu können?

Was für eine gute Idee. Er blieb stehen und biss in eine weitere Karotte. Er hatte solchen Hunger. Aber er musste weiter, er hatte keine Zeit mehr. Der nächste Scan wäre in Kürze fertig und dann musste er da sein, musste analysieren und Daten verarbeiten. Dort im Labor wäre er sicher. Dort allein. Nur dort. Jack sah sich um. Dann rannte er weiter, sein Laborkittel flatterte hinter ihm her und seine nackten Füße platschten auf das Metall, während er rannte.

Schließlich erreichte er die hell erleuchtete Artefakthalle. Er wandte sich nach rechts. Sein Labor. Es war noch knapp vierhundert Meter entfernt. Da, er hörte sie kommen, ihre Schritte stampften. Panisch floh Jack, floh vor den Wesen.

Knapp erreichte er die Laborkapsel. Er hämmerte den Öffnungscode in das Tastaturfeld und das Schott öffnete sich. Er sprang hinein und stolperte. Er rappelte sich auf und schlug das Schott zu. Draußen heulten sie auf und begannen mit ihren Krallen am Schott zu kratzen. Jack lag halb auf der Instrumententafel, und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Dann wandte er sich den Instrumenten zu und fing an, den Scan zu verarbeiten. Knirschend zermalmten seine Zähne die letzte Karotte. Hastig schluckte er und begann dann mit beiden Händen auf dem Instrumentenpult zu arbeiten.

Log. Pater Adrian

„Ich habe heute in der Bibel, dem Talmud und dem Koran sowie den Veden gelesen. Nirgends, selbst in den Apokryphen und der Kabbala habe ich die Antwort gefunden. Doch mein Glaube ist stark. Gott hat mich hierhergeschickt, um dieses Artefakt zu entschlüsseln und es seiner wahren Bestimmung als Werkzeug Gottes zuzuführen. Ich bin heute einer der Adern vom Ring bis zum Pylonen gefolgt. Sie verästelte und kreuzte sich mit vielen anderen, wob einen Teppich, der zum Pylonen hin immer dichter wurde. Da kam mir die Idee. Das sah aus wie das Geflecht von Adern, welche Blut transportierten. Also war doch ganz klar, was zu tun war. In der Bibel sollte man Gott opfern. Also werde ich das tun. Ich weiß nur noch nicht, was ich opfern soll, wo ich doch allein bin. Ich werde heute noch einen Ausflug in die Biokuppel machen und mir ein paar Nahrungsmittel holen. Mein Lager habe ich am Rande des Kreises aufgeschlagen.“

Jack löste die Andockklammer und das Labor schwebte empor. Er flog auf den knapp vierhundertfünfzig Meter entfernten Pylonen zu. Dann als er ihn erreicht hatte, ging er in den Steigflug über und raste am Pylon nach oben. An einer der Stellen, an denen das Adergeflecht in den Pylonen übertrat, blieb er stehen. Er schickte eine kleine Sonde und versuchte von Pylonen und Ader eine Probe zu nehmen.

Doch es gelang wie erwartet nicht. Somit blieb nur noch, weitere Scans anzufertigen. Er fing mit der Kontaktstelle an.

Er scannte auf allen Frequenzen und schlussendlich bekam er ein positives Ergebnis. In der Ader floss definitiv ein Energieimpuls. Nur welche Art Energie war noch zu bestimmen. Er verfolgte den Energieimpuls zurück zum äußeren Rand und fand schließlich die Stelle, an der die Ader entsprang. Er sprang aus dem Labor und untersuchte die Stelle genau. Doch nichts tat sich. Jack war enttäuscht.

Log. Pater Adrian

„Ich habe eine der Laborkapseln, welche die Wissenschaftler benutzten, für mich requiriert. Ich werde das Artefakt einer genauen Untersuchung unterziehen. Es plagt mich, ich bekomme das Artefakt nicht mehr aus meinen Gedanken. Ich kann nicht schlafen, nicht meditieren oder beten, ständig schiebt sich das Artefakt vor meine Augen. Lieber Gott gönn mir doch eine Pause. Ich bin dein gehorsamster Diener, aber ich kann langsam nicht mehr.

Das Blutopfer, welches ich dargebracht habe, hatte keinen Effekt.“

Jack flog die Laborkapsel in den Verbindungstunnel zur Biokuppel. Seine langen Haare, vor Wochen noch gepflegt, waren eine wilde Mischung aus Knoten, ungepflegt, strähnig und fettig, hingen sie ihm platt am Kopf herab. Seine letzte Dusche war schon ewig her und sein einst weißer Laborkittel war schmutzig und abgerissen. Der schmutzige Bart der Jack gewachsen war, verlieh seinem mageren Gesicht etwas Hungriges, Dämonisches. Das letzte Mal gegessen hatte er vor einer Woche. Nun gelang es ihm nicht mehr, den Hunger beiseitezuschieben. Der Hunger war größer als die Angst vor den Wesen geworden. Aber, hatte er sich überlegt, wenn er mit der Laborkapsel bis zur Hydroponikanlage flog, konnte er so viel Essen wie möglich einladen und sich doch mit einem Sprung in Sicherheit bringen, wenn die Wesen wiederkamen.

Log. Pater Adrian

„Ich kann nicht mehr, ständig dieses Flüstern, das Artefakt, das Artefakt will mich, es will meine Seele, Gott schütze mich, aber warum nimmst du dir meine Seele nicht einfach.

Warum quälst du mich mit diesem Artefakt? Warum ich?

Meine Untersuchungen haben bisher nur eines ergeben. Das Artefakt sammelt Energie und schickt sie dann woanders hin. Ich gehe davon aus, dass es der Himmel ist.

Mittlerweile komme ich mit den wissenschaftlichen Instrumenten besser zurecht. Ich habe subatomare Scans vorgenommen. Das Material ist unbekannt. Ich nenne es Gottium. Es scheint in seiner grundlegenden Struktur als Energieimpulsleiter geeigneter als vergleichbare Materialien, welche wir dafür verwenden. Es ist ungleich effizienter. Selbst supraleitende Materialien wirken dagegen wie dicker Kupferdraht. Durch die subatomare und molekulare Struktur einer fraktalen Folge wird der Energieimpuls nicht nur weitergeleitet, sondern auch verstärkt. Anscheinend zapft das Material irgendwie den Subraum, welcher bisher nur hypothetisch existierte, an und nutzt dessen Energie. Mein Gott, wenn Gottium in der Waffentechnik zum Einsatz käme, wären unvorstellbare Kräfte entfesselbar. Nun, zumindest wenn man es abbauen und verwenden könnte. Ich habe bisher keine Methode gefunden, mit der sich das Gottium bearbeiten ließe.

Diamanten, Laser, Quantenstahl, Monofilamentschneider, Plasma. Es widersteht sogar Temperaturen von fünfzehntausend Grad Celsius. Wirklich faszinierend.“

Jack stellte gerade die letzte Kiste in der Laborkapsel ab, als er das Heulen hörte. Es war nah, viel zu nah. Verzweifelt warf er die Kiste mit Kohlrabi in die Kapsel und kletterte hinterher. Er hörte sie hinter sich, nah, so nah. Er griff nach dem Schott und warf es mit aller Gewalt zu. Krachend schlug es in die Fassung. Hastig verriegelte er das Schott von innen und schob auch noch zwei schwere Kisten davor.

Dann, als er versuchte wieder zu Atem zu kommen, sich zu beruhigen, der aufsteigenden Panik Herr zu werden, dann hörte er, wie ihre Krallen über die metallene Außenhaut der Laborkapsel kratzten. Jack folgte dem Geräusch mit dem Kopf. Es wanderte, bewegte sich. Es schlich um seine Kapsel herum und kratzte, als suche es eine Schwachstelle.

Jack war sich ziemlich sicher, dass die Wesen nicht durch Stahl brechen konnten. Also würde er hier sicher sein. Dann fiel sein Blick auf das große Aussichtsfenster. Panik übermannte ihn. So könnten sie ihn sehen und dann durch das Glas brechen. „Beruhige dich Jack. Das sind zwei Zentimeter Aluminiumkeramik, da kommt keiner durch.“ Leise schlich Jack an die Kontrollen der Laborkapsel und schwebte dann vorsichtig durch den Verbindungstunnel zurück in den Artefaktraum. Dann parkte er in gut sechshundert Metern Höhe. Er zählte die Lebensmittel, welche er hineingeschafft hatte. Gut, das würde für einige Tage reichen. Eventuell sollte er doch einmal einen Ausflug in die Lagerkuppel wagen und dort Ein-Mann-Rationen holen. Nachdem er die Kisten mit den Lebensmitteln so gut es ging, verstaut hatte, widmete er sich wieder dem Artefakt. Er konnte stundenlang dasitzen und einfach nur über seine Schönheit und seinen Zweck nachdenken. Jack arbeitete an einem Gebet. Ein Gebet nur für ihn und das Artefakt.

Log. Pater Adrian

„Die klaren wissenschaftlichen Prinzipien, nach denen ich das Artefakt beurteile, sind makellos. Ich erkenne mehr und mehr, welch wunderbare Maschine das Artefakt ist. Aber es ist noch bedeutender. Ich glaube, dass das Artefakt lebt. Es scheint mich zu beobachten. Ich weiß sicher, dass seine Energiematrix komplex genug ist, einer halben Hundertschaft von Level Alpha KIs als Wohnort zu dienen und dennoch das gesamte Wissen der Menschheit zu speichern. Und damit wäre wahrscheinlich nur ein Prozent der Kapazität ausgeschöpft. Langsam frage ich mich, was man mit einem derartigen Geist erreichen könnte, beziehungsweise, was damit beabsichtigt war? Ich habe beschlossen morgen einen Energieimpuls von fünf Terrawatt in das Artefakt zu schicken. Mal sehen was passiert.“

Jack aß gerade eine Dose Ravioli, als er sah wie sich das Artefakt aktivierte. Doch dann merkte er, dass das keine Aktivierung war. Irgendjemand schien Energieimpulse in das Artefakt zu pumpen. Das durfte nicht sein. Sie entweihten es. Wer auch immer das war, er musste ihn aufhalten, und zwar schnell. Weder er noch das Artefakt waren bereit, solcherart Blasphemie zuzulassen. Er setzte sich hinter die Steuerung und flog auf den Ursprung der Impulse zu. Als er dort ankam, sah er einen Mann, welcher sich mit einem Energiegenerator am äußeren Ring zu schaffen machte. Er landete und stieg aus und rannte auf den Mann zu. Dieser schickte wieder Energieimpulse in das Artefakt.

„Nein!“ Schrie er und rammte den Mann. Sie stürzten beide zu Boden und Jack schlug mit dem Kopf am äußeren Rand auf. Benommen versuchte er, sich aufzurappeln, als er sie hörte. Sie waren da, nah, so nah. Er würde es nicht mehr bis zur Kapsel schaffen. Was sollte er tun. Panisch blickte er sich um. Dann fiel er auf die Knie. „Mächtiges Artefakt, ich dein getreuer Diener, flehe dich an errette mich vor dem Bösen.“ Diesen Augenblick nutzte der andere Mann, um wieder einen Energieimpuls durch das Artefakt zu jagen, und zwar diesmal alles, was der Fusionsgenerator hergab.

Mit einem gewaltigen Kreischen aktivierte sich das Artefakt und schaute die beiden Männer an. Ihre Seelen wurden gewogen und als zu leicht befunden. Das Artefakt nahm sie und strahlte sie ab in den Hyperraum, dem Chaos entgegen.

Dann schlief es wieder ein.

Ende

Zeit für eine Utopie

Die Beherrschung der Fusionsenergie eröffnete der Menschheit einen Weg in eine strahlende Zukunft. Mit unbegrenzt billiger Energie war es möglich die großen Probleme der Menschheit anzugehen. Durch das Vorhanden sein von Strom, zu einem unglaublich günstigen Preis, konnten zwei Probleme gelöst werden. Es erfolgte der Bau riesiger Meerwasserentsalzungsanlagen. In diesen wurde kubikkilometerweise Meerwasser gereinigt, durch Destillation entsalzen und dann kontrolliert mineralisiert. Ab der Inbetriebnahme des Versorgungsnetzwerks war eine Quelle sauberen, sicheren Wassers garantiert. Somit stand allen Menschen reines Wasser zur Verfügung.

Ein zweites mit dem Wasser zusammenhängendes Problem, nämlich die Landwirtschaft in regenarmen Gebieten wurde praktisch im Vorbeigehen gelöst. Es war unendlich viel Wasser zur Versorgung der Felder vorhanden. Es mussten keine Brunnen mehr gebohrt werden und das Grundwasser konnte erhalten werden. Binnen weniger Jahre hatte sich ein Großteil der Sahara in eine grüne Oase verwandelt. Hier wurden nicht nur genug Lebensmittel angebaut, um den afrikanischen Kontinent, nein die große Agrarinnovative machte es möglich, allein 5/6 der Menschheit mit Getreide, Mais, Gemüse und Obst zu versorgen. Zu einem Preis, der dem regionaler Produkte in nichts nach stand. Nachdem das weltweite Wasser- und Hungerproblem dergestalt gelöst war, konnte man andere Probleme in Angriff nehmen.

Die „Innovative Klimawandel“ wurde gegründet und innerhalb von fünf Jahren war der Verbrauch fossiler Brennstoffe um 80% gesunken. Nicht nur dass die Luft sauberer wurde und die Smogprobleme großer Metropolen der Vergangenheit angehörten, nein durch den Verzicht auf fossile Brennstoffe und dem Schwenk zum Elektroautomobil, war es möglich, diese Quelle komplexer organischer Kohlenwasserstoffe dem Zweck zuzuführen, zu dem sie eigentlich verwendet werden sollte. Die Herstellung biologisch abbaubarer Kunststoffe ermöglichte ein effektives Müllrecycling und eine Deponiebereinigung.

Vom Umweltschutz ganz zu schweigen.

Durch die großflächige Anlage künstlicher Riffe auf der Basis von mit schwachem elektrischen Strom beschickten Legierungen, konnten große Teile des zerstörten Ökosystems „Riff“ auf dem gesamten Globus ersetzt und zum Wiederaufbau vorbereitet werden.

Allein mit der Lösung der Energiekrise war es möglich, dass die großpolitische Ressourcenpolitik ein Ende fand. Durch die Bereitstellung einer endlosen Quelle sauberen Wassers und sauberer Energie, fiel der Grund für die Kriege des 21.

Jahrhunderts weg.

Die politischen Systeme, welche durch die Förderung und Bereitstellung fossiler Brennstoffe zu ungeahnter Macht aufgestiegen waren, brachen durch die Schaffung unendlicher billiger Energie zusammen und leisteten damit einer Demokratisierung und Liberalisierung aller ölfördernder und verbrauchender Länder Vorschub.

Die politischen und ökonomischen Krisenherde zur Ressourcensicherung verloren ihr grundsätzliches Paradigma. Innerhalb von zwei Jahren ab Bereitstellung unendlicher Energie, der Lösung der grundlegenden Ressourcen-, Nahrungs-, Wasser- und Energieprobleme war der Weltfrieden hergestellt. Jeder bekam so viel vom endlosen Kuchen billiger Energie, wie er zur Lösung seiner Probleme brauchte.

Faschistische, extreme und totalitäre politische Systeme, welche auf dem Mangel von Ressourcen basierten, fielen in sich zusammen und innerhalb von fünf Jahren war die Demokratie die Regierungsform der Norm.

Durch die Schaffung von Meeresbergwerken, der durch billige Energie ermöglichten Sammlung und Bereinigung seltener Erden und Elemente aus dem Meerwasser, einer Stufe im Zyklus der Trinkwassergewinnung, wurde es möglich auf menschenunwürdige Bergwerke und die damit verbundene Umweltverschmutzung zu verzichten.