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"Steh auf, du schaffst das" erzählt die bewegende Geschichte eines tiefen Falls – und des kraftvollen Wiederaufstehens. Dieses Buch ist ein Lichtblick für alle, die sich inmitten von Verlust, Selbstzweifeln oder Lebensumbrüchen befinden. In persönlichen und authentischen Worten zeigt die Autorin, wie es möglich ist, selbst in den dunkelsten Momenten Hoffnung, Mut und innere Stärke zu finden. Im Mittelpunkt stehen Themen wie Selbstverwirklichung, Resilienz und der Glaube an einen Neuanfang. Durch eine Kombination aus autobiografischen Erlebnissen, inspirierenden Gedanken und motivierenden Impulsen wird der Leser dazu ermutigt, das eigene Leben neu zu gestalten – unabhängig davon, wie schwer der Rückschlag war. Ein Buch wie ein Coaching-Gespräch: ehrlich, aufbauend und voller praktischer Weisheit. Es richtet sich an alle, die sich selbst wiederfinden und ihr volles Potenzial entfalten wollen.
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Seitenzahl: 725
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Soleia
STEH AUF DU SCHAFFST DAS
Soleia ist Autorin, Coach, professionelles Medium, Tierheilpraktikerin
Von klein auf spürt sie
die unsichtbaren Welten, doch das Leben stellt sie immer
wieder auf die Probe. Mit außergewöhnlicher Sensitivität,
tiefen Schicksalsschlägen und einer unerschütterlichen in-
neren Kraft geht sie ihren Weg als Medium.
Dieses Buch erzählt die inspirierende Geschichte einer
Frau, die durch Licht und Schatten ging, aber nie aufgab.
Eine Reise voller spiritueller Erkenntnisse, Prüfungen und
dem unerschütterlichen Glauben daran, dass es immer wei-
tergeht.
„Mehr über ihre Arbeit findest du auf www.soleia.tel oder
https://www.tiktok.com/@soleia_medium?_
Dieses Buch ist ein offenes Fenster in mein Leben – ein
Leben, das von Höhen und Tiefen, von Schmerz und un-
endlicher Hoffnung geprägt ist. Ich lade dich ein, dich in
diesen Seiten zu verlieren, dich inspirieren zu lassen und
vielleicht auch deinen eigenen Weg neu zu entdecken.
Ich habe dieses Buch geschrieben, weil ich an die uner-
schütterliche Kraft des menschlichen Geistes glaube. In
den dunkelsten Momenten, wenn das Vertrauen in sich
selbst schwand, fand ich immer wieder den Mut, aufzu-
stehen und mein inneres Licht zu suchen. Meine eigene
Reise, die vom Verlust und von unermesslichem Schmerz
bis hin zu einem neuen Leben in Freiheit und Liebe führte,
soll dir zeigen, dass es nie zu spät ist, sich selbst neu zu
erfinden. Dieses Buch soll dir Hoffnung geben – ein Licht-
strahl in Zeiten der Dunkelheit.
Meine Geschichte begann schon in jungen Jahren, als ich
als Medium den ersten Kontakt zur jenseitigen Welt er-
lebte. Zahlreiche Schicksalsschläge rissen mich immer
wieder aus meiner eigenen Mitte, und ich stand vor Her-
ausforderungen, die mein Herz zu zerreißen schienen.
Doch jede dieser Prüfungen war zugleich ein Wendepunkt
– eine Lektion in der Kraft, immer wieder aufzustehen,
auch wenn der Weg steinig und voller Schmerz war. Dieser
unermüdliche Kampf, mein ständiger Versuch, in mir selbst
wieder Licht zu finden, hat mich dazu inspiriert, meine
Erfahrungen niederzuschreiben und anderen Menschen den
Mut zu geben, niemals aufzugeben.
Mit diesem Buch möchte ich dir als Wegweiser dienen. Du
wirst in meinen Erzählungen Antworten auf eigene, viel-
leicht quälende Fragen finden: Wie gehe ich mit Verlusten
um? Wie kann ich mein Vertrauen in mich selbst wieder-
finden, wenn alles um mich herum zerbricht? Es soll dir
helfen, deinen eigenen Weg zu erkennen und die innere
Kraft zu entdecken, die in dir schlummert – selbst wenn du
glaubst, am Boden zu liegen. Meine Erfahrungen sollen
dich ermutigen, dein Herz wieder zu öffnen und zu ver-
trauen, dass nach jeder Dunkelheit das Licht auf dich wartet
Dieses Buch ist mehr als nur eine Chronik meines Lebens.
Es ist eine Einladung, gemeinsam mit mir den Weg zu ge-
hen, den ich mühsam und schmerzhaft, aber letztlich auch
mit unendlicher Liebe und Hoffnung beschritten habe. Lass
dich von meinen Worten inspirieren und finde in den Ge-
schichten, den Lektionen und den Tränen auch einen Spie-
gel deiner eigenen Seele. Tauche ein in diese Seiten und
entdecke, dass das Leben – so wie ein Berg, dessen tiefster
Punkt den Weg nach oben ebnet – immer wieder die Mög-
lichkeit für einen Neubeginn bereithält.
Ich wünsche dir, dass du in diesen Zeilen den Mut findest,
niemals aufzugeben und stets an das Licht zu glauben, das
hinter jeder Dunkelheit wartet.
Es gibt Momente, die sich unauslöschlich in unsere Erin-
nerung brennen. Der Ausdruck im Gesicht meiner Mutter
und unserer Nachbarin war einer davon. Sie starrten mich
an, als hätte ich gerade einen Geist gesehen – und in gewis-
ser Weise hatte ich das auch. Damals war ich erst drei Jahre
alt, ein kleines Mädchen mit baumelnden Beinen, das ge-
langweilt auf einer Bank saß, während die Erwachsenen re-
deten.
Die Nachbarin war in tiefer Trauer. Ihr Mann war vor we-
nigen Wochen gestorben, und meine Mutter versuchte, sie
zu trösten. Ich hingegen verstand kaum, was um mich
herum geschah, bis ich plötzlich eine Stimme hörte. Sie
war klar und vertraut – und sie kam von einem Mann, der
eigentlich nicht mehr da sein sollte.
„Ist das so, wenn man im Himmel ist?“ fragte ich laut.
Die Unterhaltung verstummte, und meine Mutter sah mich
entsetzt an. „Was meinst du?“ fragte sie.
„Na, wenn man im Himmel ist, kann man dann trotzdem
hier sein und sprechen?“ Ich sah sie mit kindlicher Un-
schuld an. Die Nachbarin hielt den Atem an, und ich zeigte
mit meinem kleinen Finger auf den leeren Platz neben mir.
„Er sitzt hier. Er sagt, er muss dir noch etwas sagen.“
Ich erzählte ihr genau, was er mir gesagt hatte: Das Geld,
das sie suchte, sei hinten im Schopf, versteckt in einer Kiste
hinter einem losen Stein. Die Frauen schauten sich an, als
könnte es nicht wahr sein. Dann rannten sie gemeinsam los.
Wenige Minuten später kamen sie zurück – mit einer Holz-
kiste in den Händen. In diesem Moment sah mich meine
Mutter an und sagte nur: „Kind, du machst mir Angst.“
Das war der Anfang.
Seit diesem Tag begegneten mir immer wieder Dinge, die
ich nicht erklären konnte. Mit fünf oder sechs Jahren hörte
ich zum ersten Mal eine warnende Stimme. Wir waren auf
dem Weg in den Urlaub, als ich plötzlich wusste, dass das
Auto kaputtgehen würde. Es war kein Gedanke, es war eine
Gewissheit.
„Das Auto wird kaputt gehen", sagte ich beiläufig, während
ich hinten im Wagen saß und ein Buch betrachtete.
Mein Vater, von dem ich meine Gabe geerbt habe lachte,
amüsiert über meine Worte, doch meine Mutter wurde still.
Wenige Kilometer später blieb das Auto mit einem Motor-
schaden liegen.
Ab diesem Moment konnte auch meine Mutter nicht mehr
leugnen, dass bei mir etwas Besonderes war.
Mit dreizehn Jahren begegnete ich meinem ersten Seelen-
partner. Er war der Freund einer Nachbarin, die etwas älter
war als ich. Als ich ihn das erste Mal sah, hatte ich eine
überwältigende Eingebung: „Den werde ich eines Tages
heiraten.“
Natürlich schob ich den Gedanken beiseite. Wer hätte
schon ernsthaft an so etwas geglaubt?
Jahre später, als ich in meiner ersten festen Beziehung war,
wurde diese innere Stimme wieder laut – diesmal eindring-
licher. Es war Winter, und wir waren auf einem Fest, als es
zu schneien begann. Mein Freund bestand darauf, trotz der
Sommerreifen zurückzufahren.
Die Stimme in mir schrie förmlich: Fahr nicht. Ihr werdet
einen Unfall haben.
Ich flehte ihn an, im Ort zu übernachten, aber er lachte mich
nur aus. „Du machst dir zu viele Gedanken“, sagte er. Also
stieg ich ein.
Keine 300 Meter später geschah es. Ein Auto verlor die
Kontrolle und krachte in uns hinein. Es war ein riesiger
Auffahrunfall, und 15 Autos verkeilten sich ineinander. Ich
stand zitternd im Schnee und dachte: Vielleicht hätte ich
lauter sein sollen.
Doch der Moment, der mein Vertrauen am tiefsten erschüt-
terte, kam später – in einer Nacht, die sich in mein Gedächt-
nis eingebrannt hat wie Feuer.
Ich hatte einen Traum. Es war kein gewöhnlicher Traum,
sondern so real, dass ich die Szene noch spürte, als ich er-
wachte. Ich sah meinen Freund – meine erste große Liebe
– in den Armen einer anderen. Sie küssten sich, und ich er-
kannte ihr Gesicht.
Als ich aufwachte, versuchte ich, den Traum zu verdrän-
gen. Ich wollte nicht glauben, was ich gesehen hatte. Doch
wenige Wochen später erlebte ich genau diese Szene.
Meine Freundin überredete mich, mit ihr auszugehen, und
dort, in einer überfüllten Halle, sah ich sie – eng umschlun-
gen mit meinem Freund.
Es war, als hätte der Traum mich vorgewarnt. Doch statt
auf mein Bauchgefühl zu hören, hatte ich es ignoriert. Die-
ser Moment zerbrach etwas in mir. Es war nicht nur der
Verlust der ersten Liebe. Es war das Gefühl, mich selbst
verloren zu haben – mein Vertrauen, meine Intuition.
Doch in der tiefsten Dunkelheit begann etwas Neues. Es
war der erste Schritt auf einem langen Weg, der mich zu
der Frau machte, die ich heute bin.
Die Zeit heilt Wunden, sagt man – und irgendwann fand ich
tatsächlich wieder Freude am Leben. Es begann ganz
schleichend: Zuerst waren es nur winzige Momente, dann
kamen größere Augenblicke, die meine Schwere allmäh-
lich in Luft auflösten. Ich lernte, wieder zu lachen, zu füh-
len, und das Herz schlug wieder in einem neuen Rhythmus.
In der kleinen Stadt, in der ich aufwuchs, gab es eine Dis-
kothek, die fast wie unser zweites Wohnzimmer war – ein
Ort, an dem sich alle trafen, wo Geborgenheit und Vertraut-
heit zu Hause waren. Wer mich suchte, wusste genau, wo
er mich finden konnte. An einem kühlen Winterabend, als
die Musik in dröhnenden Lautstärken den Raum erfüllte
und die Lichter die Tanzfläche in ein schillerndes Meer ver-
wandelten, geschah etwas, das mein Leben für immer ver-
ändern sollte.
Jahre waren vergangen, und doch erkannte ich ihn sofort,
als unsere Blicke sich trafen – mein Herz machte einen
Sprung, und für einen kostbaren Moment schien die Welt
stillzustehen. Er war nicht allein; er war mit einer Gruppe
Jungs unterwegs, doch seine Freundin war nicht bei ihm.
Seine Augen, so tief und unergründlich, trafen meine, und
in diesem Augenblick spürte ich eine Vertrautheit, die sich
nicht in Worte fassen ließ. Als er sich seinen Weg durch die
tanzende Menge zu mir bahnte, fühlte es sich an, als hätte
das Universum bereits entschieden, dass unsere Wege sich
kreuzen müssten – als wäre es längst vorgesehen.
Wir redeten stundenlang – über Gott und die Welt, über un-
sere Vorlieben und all die Dinge, die uns bewegten. Es war
nicht einfach ein erstes Kennenlernen; es war, als würden
wir ein Gespräch fortsetzen, das in einem anderen Leben
begonnen hatte.
„Was machst du an Fasnacht?“ fragte er irgendwann bei-
läufig, doch in seinen Augen blitzte ein Funken auf, den ich
nicht übersehen konnte.
„Ich weiß es noch nicht genau“, antwortete ich, „wahr-
scheinlich gehe ich zum Hemdglonkerball.“
„Dann sehen wir uns dort“, sagte er mit einem Lächeln,
dass mein Innerstes erwärmte und all meine Zweifel im Nu
fortzuwischen schien.
Der Hemdglonkerball kam schneller, als ich dachte. Nervös
und ohne zu wissen, warum, betrat ich die überfüllte Halle.
Meine Augen suchten instinktiv nach ihm – und dort war
er, allein, als hätte er sich bewusst für diesen Moment
entschieden. Er begrüßte mich mit einem Lächeln, das all
meine Unsicherheiten hinwegfegte. Ich fragte ihn nicht,
warum seine Freundin nicht bei ihm war, denn tief in mir
wollte ich gar nicht wissen, ob sie noch existierte. Für die-
sen Augenblick zählte nur, dass er hier war – bei mir.
Der Abend war wie ein magischer Traum. Wir tanzten,
lachten und redeten, als gäbe es keine Welt außerhalb die-
ser Halle. Irgendwann, als die Musik sanfter wurde und die
Nacht leiser in unsere Gespräche einzog, vertraute er mir
an, dass er sich von seiner Freundin getrennt hatte. Diese
Worte trafen mich wie ein erfrischender Sommerregen, der
meine Seele reinwusch.
Es war eine Fasnacht, die ich nie vergessen werde. Über
Tage und Nächte hinweg verbrachten wir jede freie Minute
miteinander – wir schauten uns tief in die Augen, als könn-
ten wir darin all die Antworten auf unsere unausgesproche-
nen Fragen finden.
Was ich für ihn empfand, ließ sich nicht in einfache Worte
fassen. Es war, als hätte ich endlich das fehlende Puzzleteil
entdeckt, das mich immer unvollständig machte. Es war
nicht bloß die Verliebtheit, nicht nur dieses Kribbeln im
Bauch – es war das Gefühl, dass jede Faser meines Seins
wusste: Wir gehören zusammen.
In seiner Nähe fühlte ich mich vollständig. Er brachte
das Beste in mir zum Vorschein, und ich begann, mich
selbst in einem neuen Licht zu sehen.
Doch diese Verbindung war nicht nur von hellem Licht er-
füllt – sie trug auch eine Intensität in sich, die mich manch-
mal überwältigte. In seiner Gegenwart fühlte ich tiefer,
liebte intensiver, lebte mit einer Leidenschaft, die alle
Worte sprengte. Es war, als hätten die Sterne und das Uni-
versum uns auf eine Weise verbunden, die ich weder ganz
verstand noch in Frage stellen wollte.
Wir verbrachten die Fasnacht zusammen, als wären wir in
unserer eigenen kleinen Welt gefangen, in der die Zeit still-
zustehen schien. Doch tief in mir wusste ich, dass jede Fas-
nacht irgendwann endet. Der Alltag würde uns wieder ein-
holen – mit seinen Sorgen, Entscheidungen und unver-
meidlichen Herausforderungen. Aber für diesen Moment
wollte ich einfach nur sein – mit ihm, in dieser kostbaren,
flüchtigen Zeit.
Er war mein erster Seelenpartner, und auch wenn ich da-
mals nicht wusste, wohin unsere Geschichte führen würde,
lehrte er mich, was es bedeutet, eine wahre Verbindung zu
spüren. Er zeigte mir, dass Liebe nicht immer leicht ist,
aber dass sie es wert ist, mit ganzem Herzen gelebt zu wer-
den.
Doch dann kam der Tag, an dem die Fasnacht endete und
der Alltag zurückkehrte. Ich war noch in der Lehre, musste
wieder zur Arbeit – und in meinem Herzen trug ich die
Hoffnung, dass wir uns weiterhin sehen würden, dass
dieses magische Gefühl nicht einfach verblassen würde.
Doch die Tage verstrichen, und es blieb still. Kein Anruf,
keine Nachricht, kein einziges Zeichen. Er war wie vom
Erdboden verschluckt.
Die Ungewissheit nagte an mir, bis ich es nicht mehr ertra-
gen konnte und schließlich einen Kollegen bat, mich zu sei-
nem Elternhaus zu fahren. Wir warteten, und eine Stunde
später erschien er, doch sein Blick als er mich sah –
der schmerzhafte, traurige Blick sagte mir, dass etwas
nicht stimmte. In jenem
Moment, im Hausflur, gestand er mir, dass er zu seiner Ex
zurückgekehrt sei.
Meine Welt zerbrach. Tränen strömten, und ich verlor
mich in einem Meer aus Schmerz und Verzweiflung. Er zog
mich in seine Arme und flüsterte:
„Glaube mir, wir sind zu jung, um den Rest unseres Lebens
jetzt schon gemeinsam zu verbringen. Aber ich verspreche
dir eines: Eines Tages werden sich unsere Wege wieder
kreuzen – und dann für immer.“
Seine Worte waren ein bittersüßer Trost, und obwohl sie
mich zutiefst trafen, blieb mir nichts anderes übrig, als
seine Entscheidung zu akzeptieren.
Die Wochen und Monate danach waren die Hölle. Es fühlte
sich an, als würde er überall sein – in meinen Träumen, in
den Liedern, in jedem stillen Moment, der mich an ihn er-
innerte. Diese Erfahrung führte mich dazu, mich intensiv
mit dem Thema Seelenpartner auseinanderzusetzen – zu
verstehen, warum diese Verbindung so intensiv, so unzer-
brechlich war, und warum ich ihn niemals wirklich
loslassen konnte.
Vier Jahre vergingen. In dieser Zeit lernte ich einen anderen
Mann kennen – einen, mit dem ich eine Tochter bekam.
Anfangs schien alles neu und voller Hoffnung, doch bald
sollte sich die Dunkelheit erneut in mein Leben schleichen.
Während meiner Schwangerschaft stellte sich heraus, dass
er mich betrog – mit seiner Ex. Es war ein Verrat, der mich
tief erschütterte, als ich hochschwanger war. Eines Tages,
nach einem heftigen Streit, in dem er mir gegenüber auch
handgreiflich wurde, als ich vor Schmerz und Verzweiflung
kaum noch klar denken konnte, kam ich ins Krankenhaus.
Dort besuchte er mich einmal, begleitet von einem Bundes-
wehrkollegen, und brachte mir als Entschuldigung eine
Topfblume mit. Doch in diesem Moment spürte ich, wie all
die Wunden in mir erneut aufgerissen wurden. Kurz nach-
dem er einen Moment alleine war, beugte sich sein Kollege
zu mir und flüsterte: „Es tut mir leid, aber ich kann das
nicht mit ansehen. Er bringt dir eine Topfblume mit – und
im Auto findest du einen riesigen Strauß, den er für seine
Ex gekauft hat.“
Der Schock war überwältigend. Als ich aus dem Kranken-
haus entlassen wurde, holte er mich ab und brachte mich zu
meinen Eltern, denn, wie er meinte, sollte ich mich erholen.
Doch in mir drängte sich erneut diese warnende Stimme:
Da stimmte etwas nicht, du musst nach Hause, denn das ist
schließlich deine Wohnung.
Also nahm ich das Auto meiner Eltern und fuhr zu mir nach
Hause. Als ich die Wohnungstür öffnete, war es unheimlich
still. Doch vor der Tür standen mein Auto und ein anderes,
fremdes Fahrzeug. Mein Herz schlug schneller, als ich ins
Wohnzimmer blickte – überall lagen Kleidungsstücke ver-
streut, nicht nur seine, sondern auch die einer fremden
Frau.
Mit bebenden Händen ging ich zur angelehnten Tür des
Schlafzimmers. Ich öffnete sie und was ich dort zu sehen
bekam, werde ich niemals vergessen – es war ein Bild des
absoluten Verrats: Mein Freund, in eindeutig intimer Um-
armung und Zweisamkeit, lag in meinem Bett – mit ihr.
In einem Moment puren Schmerzes und unendlicher Wut
warf ich beide aus meiner Wohnung hinaus.
Jeder einzelne Augenblick dieses Verrats brannte sich in
mein Herz – ein endgültiger Bruch, der all die Hoffnungen
und Versprechen zerschmetterte, die ich einst mit ihm ge-
teilt hatte. Die Schuld, der Schmerz und die bittere Er-
kenntnis, dass ich erneut alles verloren hatte, waren über-
wältigend.
Zwei Wochen später stand er vor meiner Tür. Reumütig,
mit gesenktem Blick, seine Hände tief in den Taschen ver-
graben, als wollte er sich vor der Schuld verstecken, die an
ihm haftete. Ich hatte geschworen, ihn nie wieder in mein
Leben zu lassen, doch als ich in seine Augen sah, voller
Versprechen und Bitten, ließ ich die Tür ein Stück weiter
auf.
Er flehte mich an. Sagte, es sei vorbei mit ihr, dass er er-
kannt hätte, was für ein Fehler das alles gewesen sei. Dass
er mich und unser ungeborenes Kind liebe und nichts an-
deres mehr wolle, als mit uns zusammen eine Familie zu
sein. Ich war damals gerade 19 Jahre alt, jung, verletzt und
voller Sehnsucht nach der Vorstellung einer heilen Familie.
Also tat ich das, wovor mich meine innere Stimme warnte
– ich ließ ihn wieder hinein.
Die Monate vergingen, meine Schwangerschaft schritt vo-
ran, und ich klammerte mich an die Hoffnung, dass alles
gut werden könnte. Dass er sein Versprechen halten würde.
Dass wir es schaffen würden. Doch tief in mir nagte ein
Zweifel, ein Schatten, der sich nicht vertreiben ließ.
Dann kam der Tag, an dem unsere Tochter geboren wurde.
Ich war alleine im Krankenhaus.
Und während um mich herum werdende Väter die Hände
ihrer Frauen hielten, in ihren Augen die Aufregung und
Liebe aufblitzte, war mein Platz leer.
Er hatte mir gesagt, er hätte etwas Dringendes zu erledigen.
Etwas, das nicht warten konnte. Also brachte ich unser
Kind alleine zur Welt, mit Tränen auf meinen Wangen –
Tränen, die nicht nur von den Schmerzen der Geburt ka-
men, sondern von der bitteren Erkenntnis, dass ich in die-
sem Moment auf mich allein gestellt war.
Als ich mit unserer kleinen Tochter nach Hause kam, hoffte
ich, dass sich etwas ändern würde. Dass er ab jetzt für uns
da sein würde. Doch schon bald entdeckte ich die Wahrheit:
Während ich im Kreißsaal lag und unsere Tochter das erste
Mal in den Armen hielt, lag er in den Armen einer anderen
– in den Armen der Frau, mit der er mich bereits während
der gesamten Schwangerschaft betrogen hatte. Ich hätte ge-
hen sollen. Ich hätte ihn aus meinem Leben verbannen sol-
len. Doch ich tat es nicht. Ich war jung, voller Hoffnung,
voller Wunsch nach einer Familie, die ich für mein Kind
wollte. Also blieb ich.
Drei Monate lang lebten wir unter einem Dach, aber es
fühlte sich nicht mehr wie Zuhause an. Es war ein seltsa-
mes Gefühl, eine ständige Distanz zwischen uns. Er war
körperlich anwesend, doch mit seiner Seele war er woan-
ders. Vielleicht war er nie ganz hier gewesen.
Eines Abends saß er auf der Couch, starrte ins Leere und
sagte schließlich mit monotoner Stimme: „Ich ziehe aus.“
Ich hielt für einen Moment den Atem an. Mein Blick wan-
derte zu unserer Tochter, die friedlich in ihrer Wiege
schlief, völlig ahnungslos, dass sich ihr Leben gerade
veränderte, dass der Mann, der ihr Vater sein sollte, sich
entschied, zu gehen.
„Wohin?“, fragte ich leise, als hätte ich die Antwort nicht
längst geahnt.
„Zu meinen Eltern“, sagte er, ohne mich anzusehen. Ich
nickte nur. Was hätte ich auch sagen sollen? Ich wusste,
dass es gelogen war. Ich wusste, dass er nicht zu seinen El-
tern gehen würde.
Und tatsächlich – die Wahrheit kam wenig später ans Licht:
Er hatte sich nicht nur entschieden, uns zu verlassen. Er war
nicht einfach nur zu seinen Eltern gezogen, um „klarzu-
kommen“, wie er es mir vorgegaukelt hatte. Nein. Er war
direkt zurück zu ihr gegangen, zu der Frau, mit der er mich
während der gesamten Schwangerschaft betrogen hatte.
Mein Herz zersprang in tausend kleine Stücke. Ich hätte
schreien können. Ich hätte weinen können. Doch in mir war
nur noch Leere. Ich sah auf meine kleine Tochter, spürte,
wie meine Hände sich zu Fäusten ballten – nicht aus Wut,
sondern aus dem verzweifelten Bedürfnis, irgendwie die
Kontrolle über meine Gefühle zu behalten.
Ich hatte ihn zurückgelassen, als ich ihn aus meiner Woh-
nung warf – doch er hatte etwas viel Wichtigeres zurück-
gelassen. Er hatte UNS zurückgelassen. Unsere Tochter.
Mich. Die Familie, die er angeblich mit mir aufbauen
wollte.
Und da, in diesem Moment, wurde mir eine Sache klar, die
mich für den Rest meines Lebens begleiten sollte: Manche
Menschen sagen „Ich liebe dich“, weil sie es glauben. An-
dere sagen es, weil sie nicht wissen, was Liebe wirklich be-
deutet.
Er hatte mich nie geliebt. Nicht so, wie ich ihn geliebt hatte.
So begann mein Weg als alleinerziehende Mutter – ein
Weg, den ich mir niemals ausgesucht hätte, aber den ich
dennoch voller Entschlossenheit ging. Es war nicht leicht.
Ich hatte keine Unterstützung, kein Geld, keine Sicherheit.
Nur meine kleine Tochter und mich.
Von der ersten Sekunde an liebte ich dieses kleine Mensch-
lein mit meinem ganzen Herzen. Ich hätte alles für sie ge-
tan, und so tat ich, was nötig war, um uns über Wasser zu
halten. Ich begann mit Heimarbeit – einfache, schlecht be-
zahlte Tätigkeiten, die mir wenigstens ein kleines Einkom-
men sicherten. Es war ein ständiger Kampf. Rechnungen,
die sich stapelten, ein leerer Kühlschrank am Ende des Mo-
nats. Doch ich schwor mir, dass meine Tochter es niemals
spüren sollte.
Es gab Tage, an denen es für mich nur eine kleine Schüssel
Nudeln mit Soße gab – oder gar nichts. Aber das war egal.
Hauptsache, meine Tochter hatte alles, was sie brauchte.
Ich liebte sie mehr als mein eigenes Leben, und jeder Ver-
zicht, jede schlaflose Nacht, jedes Aufbäumen gegen die
Hoffnungslosigkeit war es wert.
Ich war müde, erschöpft, aber ich kämpfte weiter. Ich
wusste nicht, wie lange ich das noch durchhalten würde,
wusste nicht, ob es irgendwann besser werden würde. Und
meine Eltern um Unterstützung beten wollte ich auch nicht.
Doch dann geschah etwas, das ich niemals für möglich ge-
halten hätte.
Eines Abends, als meine Tochter, die inzwischen knapp 2
Jahre alt war, selig schlief, klingelte es an meiner Tür. Ich
wunderte mich, wer so spät noch kam – und als ich die
Sprechanlage betätigte, stand dort die vertraute Stimme,
die mein Herz einst zum Singen brachte. Meine Seele
schrie vor Glück: Es war niemand anderes als der Mann,
von dem ich als Teenager gesagt hatte: „Den werde ich ein-
mal heiraten.“
Ich öffnete die Tür, und da stand er – mit diesen strahlen-
den, grünen Augen, die mich seit jeher in ihren Bann gezo-
gen hatten. Ich fragte ihn, was er hier wolle, und sein ein-
ziges, doch so bedeutsames Wort war: „Einen Kaffee.“
Ein Kichern, ein Lächeln, und plötzlich schien die
Vergangenheit in einem neuen Licht zu erstrahlen.
Ich musste lachen. Diese einfache, charmante Antwort
brach das Eis, und ich ließ ihn endlich in mein Zuhause.
Während ich ihm in der Küche einen Kaffee machte, fühlte
sich alles so vertraut an, als wären nicht Jahre, sondern nur
Stunden vergangen. Der Duft des frisch gebrühten Kaffees
vermischte sich mit den Erinnerungen an längst vergangene
Tage, und für einen Moment schien die Zeit stillzustehen.
Im Wohnzimmer, wo das gedämpfte Licht sanft die Wände
umspielte, setzte ich mich ihm gegenüber und fragte zöger-
lich:
„Woher wusstest du überhaupt, wo ich wohne?“
Er lächelte geheimnisvoll, sein Blick schien in eine ferne
Welt zu blicken, und er antwortete leise:
„Ich weiß alles über dich. Ich weiß, was in den letzten Jah-
ren passiert ist, wie deine Tochter heißt, an welchem Tag
sie geboren wurde – und noch so viel mehr.“
Ich starrte ihn an, ungläubig und zugleich verwirrt. Wie
konnte er all diese Details kennen? Als meine Stimme wie-
der in mir erwachte, drängte mich der Drang, es zu erfah-
ren:
„Wie… wie weißt du all das?“
Er schmunzelte und lehnte sich zurück, als ob er ein gut
gehütetes Geheimnis teilen wollte:
„Ich hatte genug Spione“, erklärte er mit einem augen-
zwinkernden Lächeln. „Aber vor allem – auch wenn ich
dich aus den Augen verloren hatte – warst du niemals aus
meinem Sinn. Es verging kein einziger Tag, an dem ich
nicht an dich dachte. Oft hatte ich das Gefühl, du wärst bei
mir, als könnte ich den Duft deines Parfüms riechen. In den
Nächten, wenn der Schlaf nicht kommen wollte, lag ich
wach und sehnte mich nach dir. Aber irgendetwas hat mich
immer zurückgehalten, zu dir zu kommen.“
Seine Worte sanken tief in meine Seele. In diesem Augen-
blick schien es, als ob alle Jahre des Schweigens, des War-
tens und der vergeblichen Sehnsucht sich in diesen weni-
gen Sätzen entluden – als ob er mir endlich die Wahrheit
über all die Momente offenbarte, in denen unsere Wege
sich immer wieder kreuzten, auch wenn wir uns nicht sa-
hen.
Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug, und meine Au-
gen füllten sich erneut mit Tränen – nicht nur des Schmer-
zes, sondern auch der Erleichterung und der Hoffnung.
Vielleicht war dies der Moment, in dem wir endlich den
Mut fanden, unsere Vergangenheit hinter uns zu lassen und
in eine Zukunft zu blicken, in der alles möglich schien.
„Und was hat dich damals so zurückgehalten?“ flüsterte
ich, als ich seinen Blick suchte, der mir nun so viel zu sagen
schien – von verlorener Zeit, von Ängsten, von unendli-
chen Zweifeln.
Er seufzte tief, und für einen Moment schien die Schwere
der Jahre auf seinen Schultern zu lasten.
„Es war, als hätte ich immer etwas in mir, das mich daran
hinderte, den ersten Schritt zu tun – eine Mischung aus
Furcht vor Veränderung und der Angst, erneut zu verlieren.
Aber jetzt, wo wir hier sind, weiß ich, dass wir uns diesen
Dämonen stellen müssen. Ich will nicht länger zögern.“
Seine Worte klangen wie ein Versprechen, ein leiser
Schwur, der mir zeigte, dass auch in all der Dunkelheit ein
Funken Licht existiert. Ich nahm einen Schluck von mei-
nem Kaffee, spürte die Wärme in mir aufsteigen, und in
diesem Moment wusste ich, dass ich bereit war, ihm zu ver-
zeihen – bereit, unseren gemeinsamen Weg fortzusetzen,
trotz all der Hindernisse, die uns bisher getrennt hatten.
Während er sprach, breitete sich eine Wärme in mir aus, die
ich längst verloren geglaubt hatte. Es war, als ob die Liebe,
die ich einst für ihn empfunden hatte, wieder in mir auf-
blühte – sanft und kraftvoll zugleich. Jede Silbe, die er von
sich gab, schien einen verborgenen Funken in meinem Her-
zen zu entzünden. Doch gleichzeitig kroch eine alte, tiefe
Angst in mir hervor – die Angst, erneut verletzt zu werden,
die Angst, dass all das Glück nur eine Illusion sein könnte.
Ich saß ihm gegenüber, mein Herz schwer von diesen wi-
dersprüchlichen Gefühlen. Es war, als ob mein Innerstes in
einem ständigen Zwiespalt stand zwischen der Sehnsucht,
ihn wieder in meinen Armen zu halten, und der Furcht, all
das jemals wieder zu verlieren. Doch tief in mir wusste ich,
dass unser Wiedersehen kein Zufall gewesen war. Es war,
als hätte das Universum selbst uns eine zweite Chance ge-
schenkt – eine Chance, die zu kostbar war, um sie unge-
nutzt verstreichen zu lassen.
Die Frage, die in mir brannte, war: War ich bereit, diese
Chance zu ergreifen? War ich stark genug, um gemeinsam
mit ihm die Herausforderungen zu bewältigen, die vor uns
lagen? Die Angst, ihn wieder zu verlieren, schlich sich in
mein Herz wie eine unsichtbare Mauer, die mich zurück-
hielt. Instinktiv zog ich mich ein wenig zurück, obwohl
mein Herz ihn mehr als alles andere wollte – so sehr, dass
es schier danach schrie, ihm all meine Liebe zu schenken.
Doch gleichzeitig nagten in mir Fragen, die ich kaum in
Worte fassen konnte. Ich wusste so wenig über ihn – ich
wusste nicht einmal, ob er noch mit seiner Ex-Freundin zu-
sammen war. Diese brennenden Fragen durchzogen mein
Inneres, doch jedes Mal, wenn ich den Drang verspürte, sie
auszusprechen, hielt mich etwas zurück. Heute weiß ich,
dass es eine höhere Führung war, die mich lenkte, die mir
sagte, dass manche Dinge erst zur rechten Zeit ausgespro-
chen werden müssen.
Und so begann eine neue Phase: Von diesem Tag an kam er
jeden Abend nach der Arbeit zu mir. Zwei Wochen lang sa-
ßen wir zusammen in meinem Wohnzimmer – und obwohl
ich immer noch vieles nicht über ihn wusste, füllte uns die
gemeinsame Zeit mit einem Gefühl der Vertrautheit, das
alle Zweifel überstrahlte. Wir redeten, lachten und genos-
sen jede Sekunde der Nähe, als ob wir auf einem unsicht-
baren Faden der Vertrautheit balancierten,
der uns untrenn-
bar miteinander verband.
In diesen kostbaren Momenten schien es, als ob die Welt
um uns herum stillstand. Ich spürte, wie all die Schwere der
Vergangenheit langsam von mir abfiel, während wir uns ein
Stück näherkamen – ohne, dass ich all meine Fragen stellen
musste, ohne dass ich die Angst, ihn zu verlieren, an die
Oberfläche dringen ließ. Es war ein zarter Tanz zwischen
Nähe und Distanz, zwischen Offenheit und Zurückhaltung,
und in dieser Balance fand ich einen kleinen Funken Hoff-
nung, der mir zeigte, dass vielleicht, nur vielleicht, unsere
Seelen wieder zueinander finden könnten.
Eines Abends, als die Musik gerade verklungen war und
ich dabei war, eine neue CD einzulegen, beugte ich mich
nach vorne – und verlor plötzlich das Gleichgewicht. Mein
Hocker kippte um, und ich landete, wie eine zerstreute
Schildkröte, auf dem Rücken. Vor lauter Erleichterung und
Unbeherrschtheit musste ich lachen, und das Lachen ließ
mich fast den Atem verlieren.
In diesem Moment sprang er auf, um mir zu helfen. Er ging
in die Hocke, doch dann passierte das Unerwartete: Auch
er verlor das Gleichgewicht und landete direkt auf mir.
Plötzlich, in diesem unerwarteten Durcheinander, war er
mir so nah wie lange nicht mehr. Unsere Blicke trafen sich,
und mein Herz schien für einen Augenblick stillzustehen.
Diese Nähe, diese schier unwirkliche Intimität, umhüllte
uns – als ob alle Jahre der Einsamkeit und der Sehnsucht in
diesem einen Augenblick ihren Höhepunkt fanden.
Langsam beugte er sich vor, um mich zu küssen, und für
einen Moment schien alles möglich – als ob die Welt um
uns herum verschwunden wäre. Doch in mir regte sich
plötzlich jene altbekannte Angst, die mich immer wieder
zurückhielt: die Angst, ihn zu verlieren, wenn ich mich
ganz auf ihn einließ. Instinktiv schob ich ihn ein Stück zur
Seite, setzte mich auf und sah ihn an. Sein Gesichtsaus-
druck war von Verwunderung geprägt, vielleicht auch von
einem kleinen Stich des Schmerzes.
Ich wusste, dass ich diese Angst überwinden musste. Mit
all meinem Mut und all der Kraft, die in mir schlummerte,
verdrängte ich die aufsteigende Panik und stellte endlich
die Frage, die mich so lange quälte:
„Ist sie noch in deinem Leben?“
Sein Blick entspannte sich sichtlich, und ein sanftes Lä-
cheln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Dann zog er
mich wieder in seine Arme und sagte, mit einer Stimme,
die mir zugleich Sicherheit und Wärme schenkte:
„Glaubst du wirklich, ich würde jeden Abend bei dir sitzen,
wenn ich noch mit ihr zusammen wäre?“
Diese Worte – so einfach, so klar – sollten mich beruhigen,
doch mein Kopf war noch voller Zweifel. Immer wieder
drang in den letzten Tagen eine leise Stimme in mir, die mir
zuflüsterte: „Vertraue ihm. Er ist ehrlich.“ Doch ich hatte
diese innere Stimme so oft ignoriert, hatte mich stattdessen
von Schmerz und Misstrauen leiten lassen.
Jetzt, da er es so offen aussprach, fühlte ich, wie eine
schwere Last von mir abfiel. Er zog mich erneut zu sich,
blickte mir tief in die Augen, und dann küsste er mich – ein
Kuss, der alle Ängste und Zweifel zu vertreiben schien.
Nach diesem Kuss beugte er sich vor und flüsterte mir ins
Ohr:
„Weißt du noch, was ich dir damals gesagt habe, an dem
Abend, als du bei mir zuhause warst und wir im Hausflur
standen?“
Ich sah ihn fragend an, als ob ich jede Silbe in seinen Wor-
ten aufsaugen wollte. Noch ehe ich antworten konnte,
sprach er weiter, seine Stimme leise, aber bestimmt:
„Ich sagte, eines Tages kreuzen sich unsere Wege wieder –
und dann für immer.“
Diese Worte hallten in mir wider, als würden sie jede Faser
meines Seins durchdringen. Ich spürte die Wahrheit darin,
die Unausweichlichkeit unseres Schicksals.
„Und jetzt“, sagte er mit fester Entschlossenheit, „hier bin
ich. Und ich bleibe – ob du willst oder nicht.“
In diesem Moment konnte ich nicht anders, als ihn in meine
Arme zu schließen. Mit all der Sehnsucht, all der Liebe und
all dem Schmerz, den wir beide in uns trugen, schien dieser
Augenblick alles zu verändern. Von diesem Moment an wa-
ren wir ein Paar – und auch wenn die Vergangenheit ihre
Narben hinterlassen hatte, war es unsere gemeinsame Zu-
kunft, die uns nun rief.
Er war nicht nur für mich da, sondern auch für meine Toch-
ter – als wäre sie sein eigenes Kind. Und sie liebte ihn
ebenso, mit einer Wärme und Unbeschwertheit, die alle
Zweifel verschwinden ließ. Unsere kleine Familie begann
sich langsam zu formen, Stück für Stück, wie ein zartes
Mosaik, das
sich zu einem großen, bunten Bild zusammenfügte. Wir
teilten Lachen, Gespräche, gemeinsame Träume und Mo-
mente, in denen die Welt um uns herum einfach nur stillzu-
stehen schien.
Doch wie in jeder großen Liebesgeschichte, gab es auch bei
uns einen Schatten – einen dunklen, allgegenwärtigen
Schatten, der sich unaufhaltsam in unser Glück schlich:
seine Mutter.
Von Anfang an machte sie mir das Leben schwer. Ihre
Worte trafen mich wie scharfe Messer. „Früher schlief er
immer zuhause“, warf sie mir vor, ihre Stimme voll Vor-
würfe und Missbilligung. „Seit er mit dir zusammen ist, ist
er kaum mehr da.“ Diese Worte schnitten tief in mein Herz,
ließen alte Wunden wieder aufreißen und zogen mir den
Atem. Doch ich versuchte, sie zu ignorieren – ich ver-
suchte, den Schmerz beiseite zu schieben, weil ich ihn so
sehr liebte und weil ich mein Leben mit ihm verbringen
wollte.
Immer wieder suchte ich nach Wegen, den Konflikt zu ent-
schärfen, versuchte, ihre Abneigung in etwas Verständnis
oder zumindest in Neutralität umzuwandeln. Ich wollte
Frieden bewahren – für ihn, für uns, für unsere gemeinsame
Zukunft. Doch tief in mir regte sich eine warnende Stimme,
leise und doch so eindringlich, dass sie mir in den stillsten
Momenten ins Ohr flüsterte: „Hüte dich vor dieser Frau.
Sie wird dir noch Schlimmes antun.“
Ich ignorierte diese Stimme – wieder einmal, in der Hoff-
nung, dass es sich um eine unbedeutende Sorge handelte.
Ich wollte glauben, dass alles gut werden würde, dass wir
diese schwierigen Momente überwinden könnten. Doch je
mehr ich versuchte, es ihr recht zu machen, desto mehr
spürte ich, wie sie jede Gelegenheit nutzte, um mir klarzu-
machen, dass sie mich hasste – mit kalten Blicken, spitzen
Bemerkungen und unausgesprochenen Vorwürfen, die in
mir widerhallten.
Trotz all der Ablehnung und des Schmerzes war ich bereit,
alles zu ertragen – für ihn, für uns, für unsere Zukunft. Ich
wollte nicht, dass der Schatten ihrer Worte unsere Liebe
zerstörte. Ich wollte, dass wir zusammenstehen, auch wenn
die Welt um uns herum uns versuchte, auseinanderzureißen.
Doch die warnende Stimme in mir sollte sich eines Tages
als unheilvoll bestätigen. Ich wusste damals nicht, welche
Auswirkungen ihre ständige, kalte Präsenz auf unsere Be-
ziehung haben würde, aber tief in meinem Inneren regte
sich die Ahnung, dass sie uns eines Tages auf eine harte
Probe stellen würde – eine Prüfung, die all unsere Stärke
fordern und uns vor eine Wahl stellen würde, die ich mir
niemals hätte vorstellen können.
So stand ich da – gefangen zwischen der Liebe, die mein
Herz wieder aufblühen ließ, und der Angst, erneut verletzt
zu werden – und fragte mich, ob ich jemals wirklich frei
von den Schatten der Vergangenheit sein könnte. Und ob-
wohl ich mir insgeheim wünschte, dass diese Angst nur
eine Illusion sei, blieb sie als ständiger Begleiter, ein Mahn-
mal dafür, dass nicht alle Narben verheilen, und dass man-
che Wunden sich in die Seele eingraben und niemals ganz
verschwinden.
Diese duale Erfahrung – die Zärtlichkeit und das Verlan-
gen, die ich mit ihm teilte, und der Schmerz und die Ableh-
nung, die seine Mutter mir entgegenbrachte – sollte unser
gemeinsamer Weg sein, der uns immer wieder vor neue
Herausforderungen stellte. Es war ein ständiger Kampf, der
mir zeigte, wie stark ich sein musste, um zu lieben, ohne
dabei ganz zu zerbrechen.
So begann unsere Geschichte – mit einer Liebe, die alles
überdauerte, und mit einem Schatten, der uns daran erin-
nerte, dass selbst das schönste Glück immer auch seine
dunklen Seiten hat. Und während ich heute zurückblicke,
weiß ich, dass genau diese Dualität uns geformt und uns
letztlich stärker gemacht hat.
Die warnende Stimme in mir flüsterte erneut, leiser dieses
Mal, aber eindringlicher als je zuvor:
„Hüte dich vor dieser Frau, sie wird dir noch Schlimmes
antun.“
Doch ich tat es wieder einmal ab. Ich versuchte, mit ihr
klarzukommen, so gut es ging – schließlich war sie die
Mutter des Mannes, den ich über alles liebte, den ich ir-
gendwann heiraten wollte, der ein fester Bestandteil meines
Lebens geworden war. Trotz all der Kälte, die sie mir ent-
gegenbrachte, war mein Herz unerschütterlich. Ich hatte
gelernt, dass die Liebe manchmal mehr fordert, als man ge-
ben kann – und dass der Schmerz oft ein Teil des Weges ist,
der uns letztlich zu uns selbst führt.
Wir waren über zweieinhalb Jahre zusammen, in denen wir
Höhen und Tiefen durchlebt hatten, als er eines Abends mit
einem Wunsch zu mir kam, der alles verändern sollte. Ich
saß ihm gegenüber, als der Abend sich in sanfte Dunkelheit
hüllte, und er sah mich mit seinen strahlend grünen Augen
an – Augen, in denen Hoffnung und Sehnsucht zugleich la-
gen. Mit einer Stimme, die gleichzeitig sanft und fest klang,
sagte er:
„Ich möchte ein gemeinsames Kind mit dir.“
In diesem Moment schien sich mein gesamtes Wesen zu-
sammenzuziehen. Es war, als ob ein unsichtbares Gewicht
auf meiner Brust lastete und mir jede Luft zum Atmen ent-
zog. Eine unbeschreibliche Panik kroch in mir hoch – un-
erklärlich und unaufhaltsam. Ich konnte mich selbst nicht
verstehen: Warum löste dieser Gedanke in mir solch eine
lähmende Angst aus? War es die Erinnerung an vergangene
Verluste, der Schmerz all der Jahre, in denen ich schon
dachte, mein Herz würde zerbrechen? Oder war es die
Furcht davor, erneut verletzt zu werden, diesmal vielleicht
noch viel tiefer als zuvor?
Er stand vor mir, liebevoll, fast zärtlich, und gleichzeitig
schimmerte in seinem Blick auch ein Hauch von Verletz-
lichkeit, der mich an alte, schmerzliche Zeiten erinnerte.
Mit sanfter Stimme fuhr er fort:
„Eigentlich dachte ich, du würdest vor Freude in die Luft
springen.“
Diese Worte – so leicht und zugleich so tief – trafen mich
unvorbereitet. Ich wollte ihm antworten, ihm sagen, dass
mein Herz in diesem Moment sowohl vor Liebe als auch
vor Angst zitterte, dass ich zwischen den Extremen hin-
und hergerissen war. Doch die Worte versagten mir. Meine
Gedanken kreisten in einem wirren Chaos aus Emotionen,
und jede Antwort schien unzureichend, zu klein, um all das
auszudrücken, was in mir vorging.
In diesem Augenblick spürte ich, wie sich all die wider-
sprüchlichen Gefühle in mir zu einem einzigen, überwälti-
genden Strom vereinten – Liebe, Hoffnung, Furcht und
Schmerz, die sich gegenseitig bekämpften und zugleich zu
einem untrennbaren Ganzen wurden. Ich wusste, dass die-
ser Moment, so zart und doch so entscheidend, uns beide
für immer verändern würde.
Es war, als ob wir an einem Scheideweg standen – ein Mo-
ment, in dem die Vergangenheit all ihre Schatten abwarf
und die Zukunft uns, unverhohlen und ungewiss, entgegen-
blickte. Diese Liebe, so tief und allumfassend, forderte
mich heraus, sie anzunehmen, auch wenn sie von der Angst
begleitet war, dass sie mich eines Tages erneut brechen
könnte.
In diesem stillen, intensiven Augenblick, in dem die Welt
um uns herum verstummte und nur noch unsere Herzen
sprachen, wusste ich, dass wir beide die Chance hatten, uns
neu zu erfinden. Ich konnte es in seinen Augen lesen – den
unerschütterlichen Willen, trotz allem weiterzumachen.
Und ich wusste tief in mir, dass ich bereit war, diesen Weg
mit ihm zu gehen, auch wenn jeder Schritt von Unsicher-
heit und Angst begleitet war.
So stand ich da, mein Herz offen und verletzlich, und ließ
ihn wissen, dass ich bereit war, diesen Neuanfang zu wagen
– einen Neuanfang, der vielleicht nicht alle Wunden heilen,
aber uns die Kraft geben würde, weiterzumachen.
In diesem Moment, als er mich sanft küsste und unsere Bli-
cke sich trafen, schien die Welt für einen Augenblick in ei-
nem strahlenden Licht zu versinken – ein Versprechen,
dass, egal wie sehr wir auch leiden würden, wir niemals
aufhören würden zu kämpfen, um unsere Liebe zu bewah-
ren.
Und so begann unsere Geschichte neu – ein zärtlicher,
schmerzlicher, aber zugleich hoffnungsvoller Neuanfang,
der uns beide lehrte, dass die tiefsten Wunden oft den Weg
für das größte Glück ebnen können.
Wochen vergingen, doch dieses Thema ließ uns beide nicht
los – wie ein ständiger, leiser Schatten, der über allem lag.
Ich beobachtete jeden Moment, wie er mit meiner Tochter
umging, wie er sie ansah, als wäre sie sein eigenes Kind.
Sein Blick war so voller Liebe und Wärme, dass es mir das
Herz zersprengte. Er liebte sie bedingungslos, als ob sie ein
Teil von ihm wäre, und er sprach davon, sie sogar zu adop-
tieren – als würde er ihr seine ganze Liebe schenken. In
diesen Augenblicken wurde mir klar: Er verdiente es, ein
eigenes Kind zu haben, und tief in mir wusste ich, dass ich
ihm diesen Wunsch erfüllen wollte. Doch jedes Mal, wenn
ich daran dachte, gemeinsam ein Kind zu bekommen,
schlich sich eine lähmende Angst in mein Herz – die Angst,
wieder allein zu sein, verlassen, zurückgelassen mit der
Last des Schmerzes.
Eines Abends, als die Dunkelheit sanft über uns herein-
brach und wir allein in unserem kleinen Wohnzimmer sa-
ßen, sprach er das Thema erneut an. Seine Augen waren
schwer, als trüge er all die Sorgen in sich, und ich sah, wie
sehr es ihn belastete. Die Worte lagen ihm auf der Zunge,
und ich wusste, dass es nun an der Zeit war, meiner eigenen
Panik ins Auge zu sehen. Ich zwang mich, die aufsteigende
Angst zu verdrängen, und mit zitternder Stimme sagte ich:
„Ja, du hast Recht. Ich würde mich auch freuen, wenn wir
ein gemeinsames Kind hätten.“
Für einen kostbaren Moment huschte ein Lächeln über sein
Gesicht – ein Lächeln, das von unendlicher Hoffnung und
gleichzeitig von Schmerz zeugte. Doch dieses Lächeln er-
starb genauso schnell wieder, als ob die Last der Vergan-
genheit sich erneut auf seine Schultern senkte. Er sah mich
tief an, seine Augen fragten:
„Schatz, das war ein Aber-Satz. Was ist los? Warum sperrst
du dich so sehr?“
In diesem Augenblick wusste ich, dass ich ihm endlich die
Wahrheit sagen musste – all die Ängste, die mich quälten,
all den Schmerz, der in mir wohnt. Ich atmete tief durch,
ließ all die lähmende Furcht los und erzählte ihm alles. Ich
gestand, dass ich Angst hatte, wieder allein zu sein, dass ich
mich davor fürchtete, mit einem Kind allein zurückgelas-
sen zu werden – der Schmerz des Verlassenwerdens war
mir so vertraut.
Er nahm mich in seine Arme, und ich spürte, wie sich un-
sere Herzen in diesem Moment untrennbar miteinander
verbanden. Leise, fast als wolle er die Schwere meiner
Worte in einen Hauch von Trost verwandeln, lachte er, doch
sein Lachen war bittersüß. Dann, mit einer Stimme, die mir
den Atem raubte, sagte er:
„Du wirst nie allein sein. Du bist die Frau, die ich über
alles liebe – die Frau, mit der ich alt werden möchte.“
Und dann, als wäre es der letzte Akt eines unvergesslichen
Dramas, ließ er sich vor mir auf die Knie sinken, nahm
meine zitternden Hände in seine und fragte mich, mit einer
Intensität, die jeden Zweifel zum Schweigen brachte:
„Willst du meine Frau werden?“
In diesem Augenblick liefen mir Tränen über das Gesicht.
Alle Worte, all die Emotionen, die ich so lange in mir ge-
tragen hatte, fanden ihre Antwort in diesem einen Moment
– in diesem einen Kuss, in diesem einen Augenblick, in
dem sich unsere Seelen berührten. Natürlich sagte ich ja,
ohne einen einzigen weiteren Gedanken, denn mein Herz
hatte schon längst beschlossen, dass es für immer nur ihm
gehören würde.
Mitten in den Hochzeitsvorbereitungen, als sich die Welt
um uns herum in einem ständigen Tanz aus Freude und
Aufregung bewegte, spürte ich plötzlich, wie sich etwas in
mir veränderte. Ich wusste es schon an dem Tag, an dem es
geschah – ein leises, aber unübersehbares Gefühl, als ob
mein Innerstes einen neuen Takt fand. Doch ich behielt die-
ses Geheimnis für mich, bis der Test schließlich eindeutig
positiv war. Ich war schwanger.
Mein Verlobter war überglücklich, sein Lachen und seine
strahlende Freude steckten alle um uns herum an. Dennoch
konnte ich mich nicht ganz darauf einlassen. In mir
schwelte eine undefinierbare Unruhe, ein Schatten, der
über dieser Schwangerschaft lag – ein Gefühl des Verlusts,
so schwer und ungreifbar, dass ich es nicht in Worte fassen
konnte.
In der 14. Woche jedoch wurde diese innere Dunkelheit von
einem Albtraum noch verstärkt. Ich sah mich selbst im
Krankenhaus, als wäre ich in einem anderen Leben gefan-
gen. Unser Sohn war gerade geboren, und während ich ihn
zärtlich in meinen Armen hielt, suchte ich verzweifelt nach
meinem Mann. Doch der Platz an meiner Seite blieb leer,
als ob ein Teil von mir fehlte. Die Tür zum Kreißsaal öff-
nete sich, und eine Krankenschwester trat ein – sie trug 19
weiße Rosen in den Händen, die sie mir überreichte. Doch
meinen Mann, den Teil meines Lebens, den ich so sehr
liebte, sah ich in diesem Traum nicht mehr.
Ich wachte auf, schweißgebadet, mit einem Kloß in der
Kehle, und all die unbeschreibliche Angst und Verzweif-
lung ließen mich innerlich erzittern. Dieses Gefühl, so in-
tensiv wie nie zuvor, war ein Vorbote – ein stiller Schrei in
der Dunkelheit, der mir sagte: Etwas wird geschehen. Et-
was, dass unser Leben für immer verändern wird. Doch in
diesem Moment konnte ich nicht begreifen, was es bedeu-
ten sollte.
In diesen schmerzlichen Stunden, in denen die Realität und
der Albtraum miteinander verschwamm, wusste ich nur
eines: Die Welt, wie ich sie kannte, stand kurz davor, sich
auf unerwartete Weise zu wandeln. Und obwohl die Ant-
wort auf die brennende Frage in meinem Herzen verborgen
blieb, war eines klar – der Schatten, der sich über diese
Schwangerschaft gelegt hatte, würde uns auf eine Weise
prägen, die wir uns niemals hätten vorstellen können.
Die Tage vergingen, und die unheilvolle Vorahnung ließ
mich niemals los. Jeden Morgen wachte ich mit einem
flüchtigen Gefühl auf, als ob ein unsichtbarer Schatten über
meinem Herzen lag – ein Schatten, der mir insgeheim zu-
flüsterte, dass etwas Großes, etwas Unaufhaltsames auf uns
zukam. Mein Verlobter bemerkte allmählich, dass ich un-
ruhiger wurde, dass sich mein Blick in stillen Momenten in
Sorge verlor. Er versuchte, es den natürlichen Veränderun-
gen die Schwangerschaft zuzuschreiben, den hormonellen
Schwankungen, die so oft all unsere Emotionen in den
Bann ziehen. Doch tief in mir wusste ich, dass es mehr war
– dass etwas in unserem Leben eine radikale Wendung neh-
men würde.
Die Liebe zu ihm war stets mein sicherer Hafen, mein Fels
in der Brandung, doch in mir wuchs dieser düstere Schat-
ten, der mir das Gefühl gab, als würde er allmählich unsere
gemeinsame Zukunft verdunkeln. Es war ein leises, nagen-
das Gefühl, das mir in den stillen Momenten, wenn ich al-
leine war, besonders intensiv erschien – als ob eine Stimme
in mir flüsterte, dass wir vor einer Prüfung standen, die wir
nur gemeinsam bestehen konnten.
In diesen schmerzlichen Stunden hielt ich mich an unserer
Liebe fest, an den Erinnerungen an all die glücklichen Mo-
mente, in denen wir uns so nah und unbesiegbar gefühlt
hatten. Aber zugleich spürte ich, wie mein Herz schwerer
wurde, wie der Schatten in mir wuchs – eine ständige Mah-
nung, dass das Leben unvorhersehbar ist und dass manch-
mal selbst die tiefste Liebe an ihre Grenzen stößt.
Ich konnte nur hoffen und beten, dass unsere Verbindung
stark genug war, um uns durch das, was kommen würde, zu
tragen. Dass wir, gemeinsam und unerschütterlich, den
Sturm überstehen würden, der sich am Horizont zusam-
menbraute. In diesen Momenten, zwischen zitternden
Atemzügen und dem leisen Rauschen meiner eigenen Ge-
danken, wusste ich: Nur wenn wir uns fest aneinander
klammerten, wenn wir unsere Herzen öffnen und uns ge-
genseitig Halt gaben, könnten wir vielleicht den Schatten
vertreiben und den Weg ins Licht finden.
So lebte ich jeden Tag in der Hoffnung, dass unsere Liebe
– so zart und doch so unendlich – uns schützen und leiten
würde, auch wenn die Dunkelheit näher rückte. Und in die-
ser stillen, zermürbenden Zeit blieb mir nur eines zu sagen:
Möge unsere Verbindung uns stark genug machen, um ge-
meinsam weiterzugehen, egal, was das Schicksal für uns
bereithält.
Die Hochzeit – jener Tag, der als der schönste meines Le-
bens in Erinnerung bleiben sollte – lag nun hinter uns. Ich
war jetzt die Frau an seiner Seite, die Mutter seines gelieb-
ten Kindes – und bald auch die Mutter unseres zweiten ge-
meinsamen Wunders. Unsere Liebe schien tief wie der
Ozean, und unser Leben wirkte perfekt, als hätten alle
Schmerzen und alle Verluste endlich Platz für neues Glück
gemacht.
Die Zeit verging wie im Flug, und in der
fünfundzwanzigsten Woche meiner Schwangerschaft
fühlte ich mich endlich angekommen, als hätte sich das
lang ersehnte Glück in mir verankert. Doch an jenem Sonn-
tagmorgen, der zunächst so wie jeder andere beginnen
sollte, änderte sich alles schlagartig.
Mein Mann hatte geplant, wie gewohnt noch eine Runde
mit dem Motorrad zu drehen, bevor wir uns mit meiner
Mutter und der Familie zum Mittagessen treffen wollten.
Unsere kleine Tochter und ich sollten im Auto abgeholt
werden, während er uns nachfuhr. Doch dieser Morgen war
anders. Statt wie üblich seine Motorradkleidung anzuzie-
hen und sich mit einem lockeren „Bis später!“ zu verab-
schieden, trat er in unser Schlafzimmer, setzte sich auf die
Bettkante und sah mich mit einem nachdenklichen, fast ab-
schließenden Blick an.
„Weißt du, Schatz,“ begann er leise, „ich muss heute noch-
mals fahren. Ich denke, das ist das letzte Mal.“
Seine Worte trafen mich wie ein Schlag – ein Satz, schwer
wie Blei, der mir die Luft abschnitt und mir das Herz zer-
sprengen ließ. Was sollte das bedeuten? In mir regte sich
eine unheilvolle Vorahnung, die all meine Hoffnungen in
Frage stellte. Ich versuchte verzweifelt, ihn zu überreden,
doch er blieb bei seiner Entscheidung. Ich flehte ihn an, mit
uns gemeinsam zu fahren – ich wollte nicht, dass er heute
allein auf sein Motorrad stieg, nicht, während tief in mei-
nem Bauch ein Gefühl von Unbehagen und Angst brodelte.
Aber er war entschlossen. Er musste fahren.
Bevor er ging, beugte er sich über meinen gewölbten
Bauch, streichelte ihn sanft und flüsterte:
„Bald werden wir uns sehen, mein Sohn.“
Diese Worte ließen mein Herz schneller schlagen – wie
konnte er von einem Sohn sprechen, wo wir nicht einmal
wussten, ob es ein Junge werden würde? Es war, als ob er
schon die Zukunft in seinen Blicken trug, während sich
gleichzeitig der Schatten der Ungewissheit über diesen
Moment legte.
Er verabschiedete sich dann von unserer Tochter, drückte
sie innig an sich, küsste ihre Stirn und sagte:
„Bis nachher, meine Prinzessin.“
Und so war er fort – und der Raum, den er hinterließ, füllte
sich augenblicklich mit einer drückenden Unruhe. Kaum
war er außer Sichtweite, überkam mich ein Gefühl, das ich
nicht abschütteln konnte. Mein Herz raste, als ob es vor
Angst und Schmerz zu zerbrechen drohte. Das Kind in mei-
nem Bauch trat heftig, als ob es in Panik geriet, und die
gewohnte Ruhe, die ich einst in mir gespürt hatte, war wie
dahin geschmolzen.
Ich versuchte, mich zu beruhigen, mir einzureden, dass es
nichts weiter bedeute als einen weiteren Tag – dass es nur
meine Einbildung sei. Doch tief in mir wusste ich, dass et-
was nicht stimmte. Eine leise, eindringliche Stimme in mir
flüsterte:
„Etwas wird heute geschehen.“
Diese Worte schienen mir ein Vorbote zu sein, ein unheil-
volles Omen, das mich nicht losließ. Ich hoffte insgeheim,
es sei etwas Gutes, doch die Angst umklammerte mich wie
kalter Nebel.
Bald darauf holte mich mein Schwager ab – er fuhr unsere
Tochter und mich zum Restaurant, wo meine Mutter, meine
Schwester und meine Nichte bereits auf uns warteten. Wäh-
rend wir am Tisch saßen und uns unser Essen schmeckte,
glitt mein Blick immer wieder zur Tür. Mein Mann war
noch immer nicht erschienen – er war sonst immer pünkt-
lich. Zehn Minuten vergingen, dann vernahm ich endlich
das vertraute Brummen seines Motorrads, das sich in der
Ferne näherte.
Er kam zu uns, setzte sich an den Tisch und entschuldigte
sich mit einem Tonfall, der nicht die gewohnte Wärme,
sondern eher eine beiläufige Distanz trug:
„Sorry, Schatz, ich wurde aufgehalten.“
Seine Worte, so einfach und doch so belastet, ließen das
ungute Gefühl in mir wieder aufflammen. Ich fragte ihn zö-
gerlich, wo er gewesen sei, und seine Antwort ließ meine
Angst wieder auflodern:
„Ich war bei meinen Eltern. Ich habe mit meinem Vater ge-
sprochen, was am Anhänger noch gemacht werden muss.
Dann bin ich zu einem meiner Kollegen, habe mit ihm ge-
redet, und danach noch zum nächsten. Der dritte war leider
nicht zuhause, und das hat mich sehr traurig gemacht.“
Was bedeuteten all diese Besuche? Warum klang seine Er-
klärung wie ein Abschied, als ob er jeden Moment ver-
schwinden könnte? Und warum hatte er an diesem Morgen
gesagt: „Ich denke, das ist das letzte Mal.“?
Ich saß da, das Essen vor mir, doch mein Appetit war ver-
flogen. Meine Gedanken kreisten unaufhörlich – jeder
Satz, jede Bewegung von ihm schien ein Zeichen zu sein,
ein Hinweis auf das Unvermeidliche. Die leise Stimme in
meinem Inneren, die mich immer wieder warnte, wurde
lauter:
„Bereite dich vor.“
In diesem Moment wollte ich nicht wissen, was kommen
würde, doch die Angst, die in mir wuchs, war überwälti-
gend.
Wir gingen gemeinsam zum Parkplatz, und in diesem Au-
genblick schien die Welt stillzustehen. Er zog seine Motor-
radkleidung an, während ich mit unserer Tochter ins Auto
meiner Eltern stieg mit dem ich zurückfahren sollte, denn
mein Schwager und meine Schwester halfen in dem Res-
taurant aus. Bevor er losfuhr, hielt er inne, kam noch einmal
zu mir, nahm mich in seine Arme, küsste mich lange und
zärtlich. Seine Hände ruhten sanft auf meinem gewölbten
Bauch, und mit einem Blick, der voll Liebe und zugleich
ein wenig Wehmut war, flüsterte er:
„Wie sehr ich euch liebe.“
Diese Worte hatte ich schon oft gehört, doch diesmal
schienen sie etwas Endgültiges, etwas Abschließendes zu
tragen. Mein Herz zog sich zusammen, und obwohl der
Schmerz in mir pulsierte, zwang ich mich zu lächeln – ein
zögerliches Lächeln, das all die widersprüchlichen Gefühle
in mir spiegelte.
Wir fuhren los – er auf seinem Motorrad vor uns, wir im
Auto dahinter. Die Fahrt begann ruhig. Er hielt sich stets in
Sichtweite, als wollte er sicherstellen, dass wir gut voran-
kamen und kein Moment verloren ging. Dann gab er plötz-
lich etwas Gas, denn es war eine kurvige Strecke, die er als
leidenschaftlicher Motorradfahrer auszunutzen wusste – je-
der, der einmal die Freiheit auf zwei Rädern gespürt hat,
weiß, dass gerade solche Kurven das Herz höherschlagen
lassen. Für einen kurzen Augenblick verlor ich ihn aus den
Blicken, doch als wir kurz vor der Ortschaft vorbeifuhren,
sah ich ihn an der Seite stehen. Er winkte uns zu, und als
wir weiterfuhren, reihte er sich hinter dem Auto ein, das
hinter uns fuhr.
Als ich aus der Ortschaft hinausfuhr, wusste ich, dass er uns
auf dem nächsten Abschnitt der Straße überholen würde –
diese Strecke war übersichtlich und gerade, perfekt für ei-
nen Motorradfahrer, der dies als Einladung zur Frei-
heit sah. Dann kam die gerade Strecke. Ich beobachtete ihn
im Rückspiegel, wie er zum Überholen ansetzte, doch
plötzlich zog er wieder zurück, weil eine kleine Kuppe die
Sicht versperrte. Vorsicht war immer seine Stärke gewesen,
und in diesem Moment fühlte ich mich ein wenig beruhigt.
Und dann passierte es
Doch dann, als die Straße endlich frei war, setzte er erneut
zum Überholen an. Ich blickte in den Spiegel und sah wie
er wieder zum Überholen ansetzte – und dann geschah es.
Plötzlich tauchte ein Auto auf unserer Spur auf. Nicht vor
uns, sondern direkt auf uns zu – ein Geisterfahrer.
Mein Herz setzte aus. Alles schien sich in Sekundenbruch-
teilen abzuspielen und doch wie in Zeitlupe. Mein Mann,
der gerade mitten im Überholvorgang war, konnte das ent-
gegenkommende Auto nicht sehen. In mir regte sich pani-
sche Entschlossenheit – ich wusste, dass ich handeln
musste.
Ohne zu zögern lenkte ich das Auto auf den Randstreifen,
weg von der Straße, weg von der drohenden Gefahr. Der
Geisterfahrer bemerkte sein Fehlverhalten und zog sein
Fahrzeug zurück auf die richtige Fahrbahn. Meinem Mann
gelang es, sicher an mir vorbeizuziehen, ohne dass es zu
einer Kollision kam.
Für einen kurzen Moment dachte ich, dass alles gutgehen
würde. Ich atmete erleichtert auf, spürte, wie meine Hände
noch immer zitterten, und wollte mich gerade wieder beru-
higen – doch dann geschah es.
Der Geisterfahrer verlor die Kontrolle. Sein Auto schleu-
derte wild, kam unaufhaltsam wieder auf unsere Fahrbahn
– genau in dem Moment, als mein Mann einige Meter vor
uns fuhr. Ich sah, wie sein Motorrad von der Front des Au-
tos erfasst wurde.
Die Wucht des Aufpralls war so heftig, dass mein Mann
und sein Motorrad wie von unsichtbaren Händen durch die
Luft geschleudert wurden. Er flog in einem unnatürlichen
Winkel, direkt in meine Windschutzscheibe und dann 140
Meter weiter, als ob die Schwerkraft für einen Augenblick
aufgehoben wäre – eine Szene, die sich für immer in mein
Gedächtnis brennen sollte.
Das ohrenbetäubende Geräusch, das aus dem Zusammen-
prall hervorging, erfüllte die ganze Straße. Alles um mich
herum schrie auf – die Welt schien zu explodieren in einem
Chaos aus Metall, Schreien und zerschmettertem Glas. Ich
weiß bis heute nicht, wie ich das Auto zum Stehen gebracht
habe. Vielleicht war es pure Verzweiflung oder ein instink-
tiver Reflex, aber ich schaltete den Motor aus und stand re-
gungslos da.
Mein Blick irrte umher, suchte verzweifelt nach einem
Halt, nach einer Erklärung, dass das, was gerade geschehen
war, nicht real sein konnte. Zumindest im Auto schien nie-
mand verletzt zu sein – diese erste kleine Erleichterung ließ
mich kurz aufatmen. Mit bebender Stimme wandte ich
mich an meine Mutter: „Bleib bei den Kindern.“
Dann stieg ich aus. Ich rannte – rannte, als würde mein Le-
ben von jedem Schritt abhängen. Die Welt um mich herum
schien zu verschwimmen; die Farben, die Geräusche, selbst
die Luft wurde dumpf und unwirklich. Überall lagen ver-
streute Motorradteile, wie Mahnmale eines Schicksals, das
sich unaufhaltsam entfaltete.
Der stechende Geruch von Benzin lag in der Luft, scharf
und beißend, als ob er meine Sinne betäuben wollte. Doch
trotz der intensiven Verwirrung und Panik sah ich ihn nicht
– nicht meinen Mann, nicht das Motorrad. Nur Chaos, wir-
res Durcheinander auf der Straße, das mich in seinen Bann
zog.
Dann bemerkte ich das Auto, das hinter uns gefahren war.
Es stand am Rande eines Feldweges, und die beiden Insas-
sen stiegen aus. Ihre Gesichter waren bleich, ihre Blicke