Sternkreuzer Proxima - In der Falle - Dirk van den Boom - E-Book

Sternkreuzer Proxima - In der Falle E-Book

Dirk van den Boom

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Beschreibung

Nur noch ein Hypersprung trennt die Proxima von ihrem Ziel - da fällt erneut der Antrieb aus. Weit und breit existiert nicht mehr als eine seit Jahrzehnten verlassene Minenstation. Major Vara und sein Team suchen dort nach einer Möglichkeit, an die benötigten Ersatzteile zu gelangen. Plötzlich erscheinen koloniale Verfolgerschiffe! Die Flucht ist unmöglich, der Kampf aussichtslos - nur ein Wunder kann die Proxima jetzt noch retten!

ÜBER DIE SERIE

Odyssee durch ein Imperium am Abgrund!

Die Terranische Republik zerbricht. Ehemalige Kolonien erklären ihre Unabhängigkeit und stürzen die Galaxis ins Chaos. In einer katastrophalen Schlacht kann sich der terranische Sternkreuzer Proxima gerade noch aus der Kampfzone retten. Auf dem Rückzug kämpft die Proxima ums bloße Überleben und wird zum Spielball in einem unübersichtlichen Krieg. Doch Captain Zadiya Ark und ihre Crew ahnen nicht, dass das Schicksal noch weitaus härtere Schläge für sie bereithält ...

Sternkreuzer Proxima: die neue Military-SF-Serie von Dirk van den Boom - als eBook und digitales Hörbuch.

eBooks von beBEYOND - fremde Welten und fantastische Reisen.

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Inhalt

CoverSternkreuzer Proxima – Die SerieÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressum123456789101112131415

Sternkreuzer Proxima – Die Serie

Die Terranische Republik zerbricht. Ehemalige Kolonien erklären ihre Unabhängigkeit und stürzen die Galaxis ins Chaos. In einer katastrophalen Schlacht kann sich der terranische Sternkreuzer Proxima gerade noch aus der Kampfzone retten. Auf dem Rückzug kämpft die Proxima ums bloße Überleben und wird zum Spielball in einem unübersichtlichen Krieg. Doch Captain Zadiya Ark und ihre Crew ahnen nicht, dass das Schicksal noch weitaus härtere Schläge für sie bereithält …

Über diese Folge

Nur noch ein Hypersprung trennt die Proxima von ihrem Ziel – da fällt erneut der Antrieb aus. Weit und breit existiert nicht mehr als eine seit Jahrzehnten verlassene Minenstation. Major Vara und sein Team suchen dort nach einer Möglichkeit, an die benötigten Ersatzteile zu gelangen. Plötzlich erscheinen koloniale Verfolgerschiffe! Die Flucht ist unmöglich, der Kampf aussichtslos – nur ein Wunder kann die Proxima jetzt noch retten!

Über den Autor

Dirk van den Boom (geboren 1966) hat bereits über 100 Romane im Bereich der Science-Fiction und Fantasy veröffentlicht. 2017 erhielt er den Deutschen Science Fiction Preis für seinen Roman »Prinzipat«. Zu seinen wichtigen Werken gehören der »Kaiserkrieger-Zyklus« (Alternative History) und die Reihe »Tentakelkrieg« (Military SF). Dirk van den Boom ist darüber hinaus Berater für Entwicklungszusammenarbeit, Migrationspolitik und Sozialpolitik sowie Professor für Politikwissenschaft. Er lebt mit seiner Familie in Saarbrücken.

DIRK VAN DEN BOOM

IN DER FALLE

Folge 5

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Anika Klüver

Lektorat/Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: Massimo Peter-Bille

unter Verwendung von Motiven von © Arndt Drechsler

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-8102-3

be-ebooks.de

lesejury.de

1

»Dafür haben wir kein Ersatzteil.«

Diesen Satz hörte niemand gerne und Zadiya Ark schon gar nicht. Sie versuchte, streng dreinzublicken, wusste aber im Ansatz bereits, dass sie damit bei Chefingenieur Thomson keinen großen Erfolg haben würde. Egal welche Miene sie aufsetzte, es änderte doch nichts an den Tatsachen.

»Aber es war doch alles in Ordnung. Und wir haben auf Epikur unsere Lager gefüllt.« Ja, das klang trotzig, aber auf irgendeine Weise musste sie schließlich zum Ausdruck bringen, wie wenig ihr diese Neuigkeit passte.

Thomson nickte eifrig. »Mit vielen hilfreichen und guten Dingen. Aber die beiden Werften waren beschädigt, und von der Planetenoberfläche bekamen wir nur eine Auswahl an Material, die nicht jede Eventualität abdeckt. Und nun fehlen uns eben gewisse Ersatzteile, weshalb ich den Schaden nicht reparieren kann.«

Ark legte eine Hand auf den Rand der Konsole mit den Kontrollen, hinter denen Thomson meist im Maschinenraum saß, wenn er nicht in irgendwelchen Anlagen herumkroch oder andere dabei beaufsichtigte. Die Konsole sah abgenutzt aus, obwohl hier alles tadellos sauber war. Thomson achtete darauf, dass man sich in allem spiegeln konnte, was es vom Material hergab.

»Und das Modul ist einfach so ausgefallen?«

»Captain«, begann der Ingenieur in einem Tonfall, der Ark nur zu bekannt war. Er benutzte ihn immer dann, wenn sein Gegenüber einen Umstand offenbar nicht begreifen konnte, obwohl er ihn schon mehrere Male erklärt hatte. Oder ihn, wie im Fall der Kommandantin, nicht begreifen wollte. Dabei wussten sie beide, dass dies nur ein Eiertanz war. »Es gibt Bauteile, die ihr Versagen ankündigen. Die zittern, wie wir es nennen. Da gibt es messbare Schwankungen, manchmal sogar eine Vorwarnung. Dann gibt es Bauteile, die absolut perfekt funktionieren und dann plötzlich nicht mehr. Die halten sozusagen tapfer bis zum bitteren Ende durch. Da müsste ich prophetische Fähigkeiten haben, um das vorherzusehen.«

»Haben Sie die etwa nicht? Das verblüfft mich jetzt aber.«

Thomson verzog das Gesicht. »Ja, ja. Sehr witzig, Captain. Das Steuerungsmodul der Spule ist jedenfalls hinüber. Ich habe kein Ersatzteil, denn das eine, das ich hatte, habe ich schon während der Schlacht verbaut, als die Spule selbst beschädigt wurde. Ein Ersatzmodul stand übrigens auf jeder meiner Anforderungslisten. Auch auf Epikur. Ganz oben an erster Stelle und fett unterstrichen.«

Das klang überzeugend. Ark streckte die Waffen.

»Kann die Achat helfen?«

»Captain Yin fliegt eine Korvette. Andere Baureihe, anderes Modul. Wenn ich eine Werkstatt mit den dafür notwendigen Geräten hätte, könnte ich das Ding umbauen. Die habe ich aber nicht. Wir lassen dem guten Yin besser sein Ersatzteil. Was ist, wenn sein Modul ausfällt? Das hilft uns dann auch nicht weiter.«

»Also?«

Thomson zuckte mit den Achseln. »Finden Sie ein gut gefülltes Vorratslager.«

»Wir sind im System XA-344. Was sagt Ihnen das, Thomson?«

»Es hat keinen Namen.«

»Und?«

»Dass hier niemand wohnt.«

»Exakt. Zwischen uns und der Wega-Station liegt noch ein Sprung, Thomson, und wir sind in einem toten Loch gestrandet. Hier gibt es keine bewohnbare Welt, keinen militärischen Außenposten und kein Depot. Hier war schon sehr lange niemand mehr, weil es hier wenig zu holen gibt.«

Der Ingenieur runzelte die Stirn. Er kannte sich mit Maschinen aus, stellare Kartografie hingegen war nicht seine Stärke.

»Es ist ein Einfallstor zur Wega-Station«, begehrte er auf.

»Und ab welcher Phase dieses Krieges haben wir ernsthaft daran geglaubt, dass dies jemals ein Problem darstellen würde? Niemand hätte je damit gerechnet, dass diese kleinen aufmüpfigen Rebellen so weit kommen würden!«

Thomson murmelte etwas. Ark bedauerte den Sarkasmus in ihrer Stimme nicht. Der Mann war, im Guten wie im Schlechten, ein Fachidiot und musste trotz all seiner unbestreitbaren Vorzüge hin und wieder daran erinnert werden, dass es auf ihrer Reise auch um andere Dinge ging als um Triebwerksleistung und Beschleunigungswerte. Bedauerlicherweise war dies aber jetzt wieder ein Thema. Der Sprung fort von Epikur war geglückt. Doch jetzt, so nah am Ziel, schien ihre Reise an ihrem Ende angekommen zu sein.

»Was ist mit den Kolonialen? Immerhin verfolgen die uns nicht mehr.«

Ark hasste es, dem Mann die Hoffnung nehmen zu müssen, aber ihr blieb leider nichts anderes übrig.

»Thomson, Sykow hat sich abgesetzt. Epikur ist kaum verteidigt. Die werden da ungestört durchfliegen. Wir haben unseren Vorsprung ausgebaut, das ist alles. Ich halte Kraus für einen sehr hartnäckigen Mann. Er wird kommen. Ich hoffe auf das Gegenteil, aber mein Instinkt sagt mir etwas anderes. Und jetzt schmilzt dieser Vorsprung mit jeder Stunde dahin, die wir in diesem toten System verplempern. Geben Sie mir bitte etwas Hoffnung.«

Der Chefingenieur zuckte mit den Schultern.

»Ich kann nichts tun.«

»Das ist nicht die Antwort, die ich von Ihnen erwarte.«

Thomson nickte und wirkte jetzt ein wenig genervt, auch wenn er sich gut im Griff hatte.

»Ein so komplexes Gerät wie eine Hyperspule kann man nicht manuell steuern. Wir reden von einer Einheit, die unser Schiff in ein übergeordnetes Kontinuum drückt und es dort stabil und auf Kurs hält. Das kann nicht mal eine KI einfach so nebenbei erledigen, Captain. Ich benötige ein funktionsfähiges Steuermodul, oder unsere Reise endet hier. Schicken Sie einen Notruf an das Hauptquartier. Wir haben doch wieder Zugang zum Satellitennetzwerk, oder?«

Ark holte tief Luft. Thomson war ein guter Mann, und er war vertrauenswürdig, aber dennoch hatte sie die schlechten Nachrichten weitgehend für sich behalten. Das ging jetzt nicht mehr. Beinahe verstohlen sah sie sich um. Der Maschinenraum war mit zwei weiteren Crewmitgliedern besetzt, die sich aber weit genug entfernt befanden, um nichts hören zu können, wenn sie ihre Stimme ausreichend senkte.

Was sie jetzt tat.

Es war nur noch ein Wispern. Thomson neigte den Kopf, als könnte er sie so besser hören.

»Wir haben bereits im Epikur-System mehrmals versucht, wieder Kontakt mit dem Flottenhauptquartier aufzunehmen, allein schon, um sie vor der Hadrian zu warnen, falls diese den gleichen Trick noch einmal woanders versuchen sollte«, sagte sie. »Es ist uns nicht gelungen.«

»Wir wurden ausgesperrt?«

»Absolut nicht. Wir haben ein Trägersignal, und die Satelliten akzeptieren unsere Anfrage. Aber wir erhalten keine Antwort. Irgendwas ist absolut nicht in Ordnung. Ich möchte keinen Anlass für Spekulationen bieten, daher …«

Thomson grinste schief.

»Ich hätte eine: Die Republik ist endgültig zusammengebrochen, und wir sind alle erledigt. Wie gefällt Ihnen diese Spekulation, Captain?«

Der Mann stellte die Frage ohne Leidenschaft und bemühte sich nicht einmal mehr um Sarkasmus.

»Ich möchte, dass Sie solche Überlegungen für sich behalten«, gab Ark zurück und legte ausreichend Schärfe in ihren Tonfall, um dem Mann zu signalisieren, dass das keine freundliche Empfehlung war. Thomson versteifte sich unwillkürlich, nickte sofort und presste die Lippen aufeinander, als würde er seine Äußerung bereuen.

»Das ändert nichts an unserer Situation«, sagte er dann beinahe trotzig. »Ohne Modul endet unsere Reise hier.«

Ark verkniff sich jedes weitere Wort. Er konnte ihr nicht helfen, also musste sie sich etwas einfallen lassen, denn sie war die Kommandantin. Sie war nicht böse auf ihn. Er war der Überbringer der schlechten Nachricht, das war immer eine unangenehme Position.

Sie wandte sich ab und verließ den Maschinenraum, in dem alles sauber war und funktionierte und eine fähige Mannschaft arbeitete. Hier gab es nur einen einzigen winzigen Makel: Ihr Überlichtantrieb hatte den Geist aufgegeben, und sie wusste nicht, was sie tun konnte, um das Problem zu beheben.

Und dagegen musste sie jetzt so schnell wie möglich etwas unternehmen.

2

»Und aus diesem Grund schauen wir uns das genau an«, erklärte Lieutenant Espinoza, die ihre Schultern so bewegte, als wollte sie die Last der Dienstgradabzeichen abstreifen, die an ihrer Uniform angebracht waren. Marcus Hamilton beobachtete diese eher unbewussten Bewegungen mit Interesse, denn er ahnte, wie sich die Frau fühlte. Ihre ganze Karriere hatte sie damit verbracht, Vorgesetzten so sehr auf die Nerven zu gehen, dass diese nur ganze selten erkannten, was für eine hoch qualifizierte und intelligente Person sie war. Jetzt, da sie diese herausragenden Fähigkeiten endgültig eingeholt hatten, kam sie damit nur langsam zurecht, und ihr Unwille war förmlich greifbar. Warum wollte sie die Verantwortung nicht tragen? Das war eine wichtige Frage, denn sie fiel auf ihn zurück. Die ganzen dummen Witze über die Akademie, die Margie zu jeder unpassenden Gelegenheit machte, gingen über das neckische Ärgern eines guten Freundes hinaus. Dahinter standen in ihrem Fall ein stummer Anspruch und stilles Lob, bei anderen eher widerwilliger oder neidischer Respekt. Und seine eigene Reaktion darauf entsprach in so vielen Punkten Espinozas Abneigung, die ihr am Ende doch nicht geholfen hatte. Sie war also eine Seelenverwandte. Woran lag das? War es Bequemlichkeit? War es die Furcht vor einem großen Schritt? War es Fatalismus angesichts ihrer schlechten Situation? Wozu sollte man nach Höherem streben, wenn doch alles sinnlos war?

Marcus wusste, dass er sich diesen Fragen eines Tages stellen musste, schon um seiner selbst willen. Aber sie waren mit einem so unangenehmen Gefühl der Selbsterkenntnis verbunden, dass er ihnen lieber auswich. Espinoza aber erinnerte ihn an diesen Akt der Verdrängung, und das machte es besonders schwierig, ihr zuhören zu müssen. Auch wenn sie so gar nichts für seine Befangenheit konnte und er ihr eigentlich ganz gerne zuhörte. Sie konnte recht witzig sein.

Er verscheuchte den Gedanken. Er hatte gerade einen Befehl erhalten, er, Margie, zwei weitere Techniker und Sergeant Vickers von der Marineinfanterie, die er jetzt etwas besser kannte. Jedenfalls gut genug, um nicht die ganze Zeit Angst vor ihr zu haben, was bisher seine instinktive Reaktion auf ihre Gegenwart gewesen war. Vickers wirkte immer noch einschüchternd. Sie hatte viel zu viele Muskeln, um nicht diesen Eindruck zu erwecken. Aber sie war auf seiner Seite.

»Was genau suchen wir, Ma’am?«, fragte Margie, die bereits dabei war, ihre persönliche Ausrüstung zu prüfen. »Und warum dort?«

Espinoza nickte und wies auf die dreidimensionale Kartenprojektion. Sie alle saßen an einem Tisch in der Messe, die sie in diesem Moment als Briefingraum benutzten. Es gab keinen Grund für große Geheimhaltung. Die Projektion zoomte an eine bestimmte Stelle des Systems heran, in dem sich die Schiffe aufhielten.

»Es ist eine verlassene Minenstation, die vor sieben Jahren als unrentabel aufgegeben wurde. Das ist die einzig nennenswerte Installation in diesem System, von ein paar Baken einmal abgesehen, die aber nicht viel hergeben. Sie liegt im Asteroidengürtel zwischen dem zweiten und dritten Planeten, wie sie hier erkennen können. Die Minenstation wurde von einer privaten Firma betrieben und gilt laut dem Katalog als ›versiegelt‹. Eine solche Eintragung zieht einige rechtliche Konsequenzen nach sich: Sie muss in Bezug auf ihre Lebenserhaltung weiterhin funktionsfähig sein, damit sie im Notfall als Rettungsstation benutzt werden kann.«

»Wir atmen noch ganz gut auf diesem Schiff«, gab Marcus zu bedenken, handelte sich damit aber nur einen strafenden Blick des Chefingenieurs ein. Thomson saß bei ihnen, denn zwei seiner Leute würden diese Reise mitmachen.

»Danke für den Hinweis. Die Erfahrung …« Thomson betonte das Wort, um keinen Zweifel daran zu lassen, um wessen langjährige und umfassende Erfahrung es hier ging. »… zeigt allerdings, dass gerade private Firmen oft Material zurücklassen, das nicht mehr dem aktuellen technischen Stand entspricht. Der Abtransport wäre zu teuer und die Vernichtung unnötig. Also wird das Zeug gleich mit eingemottet und abgeschrieben. Darauf spekulieren wir. Sie kennen unser Problem. Unsere Lösung wäre ein leistungsfähiger 3-D-Drucker, mit dem wir ein Ersatzteil herstellen können. Wenn alles klappt, muss es noch für exakt einen Sprung funktionieren, dann sind wir am Flottenhauptquartier.« Er schaute grimmig in die Runde. »Ich hoffe mal, dass die Republik noch nicht so weit heruntergekommen ist, dass sie keine Ersatzteile mehr für uns bereitstellen kann. Sollte das eintreten, ist ohnehin alles egal.«

Trotz seines festen Blicks lag Mutlosigkeit in seiner Stimme. Der Chefingenieur nahm jede Beschädigung seines Schiffes persönlich, und der Ausfall des Moduls hatte ihn tief getroffen. Er hatte so viel Arbeit in dieses Schiff gesteckt, und jetzt ließ es ihn immer wieder im Stich. Für jemanden wie Thomson war die Proxima ein Lebewesen, um das er sich kümmerte, und wie jedes Lebewesen hatte auch dieses seine Launen. Marcus kannte sogar das Fremdwort für den Umstand, der hinter dieser psychologischen Bindung steckte: Anthropomorphisierung, also Vermenschlichung. Wenn man daran dachte, wie die Schiffs-KI manchmal mit einem sprach, war das absolut nachvollziehbar. Marcus aber hatte sich mit den Mechanismen dahinter befasst, weil er exakt das vermeiden wollte. Er war bereit, sich in Freundschaft und Liebe an einen anderen Menschen zu binden. Aber gewiss nicht an einen Gegenstand. Man sah ja, wohin das führte. Im Zweifel wurde man nämlich sitzen gelassen.

Thomson spielte ihnen den offiziell hinterlegten Bauplan der verlassenen Station auf ihre Computerpads, und noch auf dem Weg zum Hangar machte sich Marcus damit vertraut. Die Station hatte keinen Eigennamen, nur eine Kennziffer, und zu ihren besten Zeiten war dort eine aktive Besatzung von neunundzwanzig Arbeitern untergebracht gewesen. Sie befand sich auf einem größeren Asteroiden, der von vielen weiteren ähnlichen Objekten begleitet wurde, war wie eine Wabe geformt und verfügte an jeder Außenwand über Hangars, aus denen die automatischen Abbauroboter ausschwärmten, um ihre Beute einzusammeln. Die Verarbeitungsanlage mit der Abschussrampe für die ebenfalls ohne Besatzung fliegenden Frachtmodule befand sich in der Mitte. Dort lebten und arbeiteten auch diejenigen, die sich um alles kümmerten. Wozu genau eine solche Installation eine so große Besatzung benötigte, wusste Marcus nicht, aber vielleicht war das auch der Grund, warum sie irgendwann unrentabel geworden war. Das System war reich an Erzen, aber nicht an besonders seltenen. Hier hatte man auf Masse abgebaut und einen ersten Schritt in der Weiterverarbeitung gemacht.

»Warum wird so etwas geschlossen?«, fragte Vickers. Thomson beantwortete die Frage bereitwillig.

»Fortschritte in der Technologie ließen vor allem im Raumschiffbau immer mehr in Labors erzeugte Baustoffe zum Einsatz kommen, die traditionelle Materialien verdrängten. Niemand benötigt ernsthaft noch große Mengen an echten Erzen, zumal jedes System von Natur aus über ausreichende Vorräte verfügt. Ein interstellarer Abbau ist daher unnötig. Der Krieg hielt die Station möglicherweise noch etwas länger am Leben, aber die großen Werften waren weit von hier entfernt, von den Reparaturdocks am Flottenhauptquartier einmal abgesehen. Irgendwann lohnte es sich einfach nicht mehr.«

Vickers nickte. Das war nachvollziehbar.

»Ihre Mission«, sagte Espinoza, »besteht darin, zur Station zu fliegen, sie in Betrieb zu nehmen und nach einem Drucker zu suchen. Sollten Sie einen finden, stellen Sie ein Steuermodul her und treten schnellstmöglich den Rückweg an. Alles ganz einfach.«

Marcus wusste, was aus Einsätzen wurde, die Vorgesetzte als »ganz einfach« einstuften. Er verkniff sich einen Kommentar.

Zwischen dem Ende des Briefings und ihrer Abreise verging nicht viel Zeit.

Als er im Shuttle Platz genommen hatte, kannte er den Aufbau der Station und begann bereits, sich mit den Kameraden darüber zu unterhalten, wo sie aller Voraussicht nach am ehesten auf geeignete Werkstattgeräte stoßen würden. Die Station musste dergleichen eigentlich aufweisen. Minenroboter waren allerlei Belastungen und Unwägbarkeiten ausgesetzt und bedurften der ständigen Wartung. Die Station war viel zu klein, um ein großes Ersatzteillager zu beherbergen. Der Stauraum wurde für die Erze genutzt und war selbst nur ein Durchgangslager für den weiteren Abtransport. Ob sie aber finden würden, worauf Thomson hoffte, wagte Marcus nicht zu spekulieren. Er teilte die Hoffnung des Chefingenieurs, richtige Zuversicht war es aber nicht.

Das kleine Raumfahrzeug löste sich behutsam von der Proxima. Die beiden großen Schiffe würden weiter in Richtung des Sprungpunktes fliegen, der sie rein theoretisch zum Flottenhauptquartier bringen würde – zumindest die Achat konnte diese Theorie auch in die Praxis umsetzen, aber wie man hörte, würde sich Captain Yin eher von Gliedmaßen trennen, als seine Kameraden im Stich zu lassen. Es würde einen ausdrücklichen Befehl von Ark erfordern, um ihn dazu zu zwingen, und selbst dann wollte Marcus keine Wetten darauf abschließen. Das Shuttle würde einen anderen Kurs wählen, wodurch der Flug einige Stunden dauern würde. In den beengten Verhältnissen des Beibootes war das keine angenehme Aussicht.