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Undercover-Mission ins Herz des Feindes!
Die brisante Lage im Onyx-System spitzt sich zu, als Sergeant Vickers bei einer Routinekontrolle an Bord der Proxima einen Schmugglerring aufdeckt und dabei eine mysteriöse Kiste von Admiral Bonet findet. Die Situation eskaliert weiter, als eine Flotte der Neuen Republik das Onyx-System angreift. Sabotageakte und heftige Kämpfe drohen die Verteidigung zu überrennen - und die Proxima gleich mit.
Währenddessen erreicht Zadiya Ark die Erde und trifft ihre Halbschwester Laya, die vom Widerstand gefangen gehalten wird. Erst als Ark Bonet begegnet, bemerkt sie, dass Laya ihr nicht alles über ihre Beziehung zum Admiral erzählt hat ...
Spannende Military-SF-Action: "Sternkreuzer Proxima" von Dirk van den Boom!
Dieser Sammelband enthält die Folgen:
Die Geheimnisse des Admirals (16)
Schlacht um Onyx (17)
Entscheidung auf Terra (18)
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
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Seitenzahl: 375
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Titel
Inhalt
Sternkreuzer Proxima – Die Geheimnisse des Admirals
Cover
Grußwort des Verlags
Titel
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Sternkreuzer Proxima – Schlacht um Onyx
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Grußwort des Verlags
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Sternkreuzer Proxima – Entscheidung auf Terra
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Grußwort des Verlags
Titel
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Contents
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DIRK VAN DEN BOOM
DIE GEHEIMNISSE DES ADMIRALS
Folge 16
Es war eine schlechte Idee. Sie wollte es auch gar nicht, und dennoch war sie hier. Sie selbst hatte darauf bestanden. Aus einer Regung heraus, die sie nicht ganz verstand. Aus Mitleid? Weil sie Hoffnung hatte? Sich mit der nötigen Sorgfalt auf ihre Mission vorbereiten wollte? Oder einfach nur der unstillbaren Neugierde wegen, um zu sehen, ob tatsächlich alles verloren war oder doch noch Aussicht auf Hoffnung bestand?
Wahrscheinlich von allem ein wenig.
Zadiya Ark betrat den Raum. Jemand drehte das abgedimmte Licht hoch, und da saß sie. Laya starrte ihre Halbschwester an, die für sie wie eine Vision aus einem Spiegel aussehen musste, denn Zadiya hatte sich verändert. Zwillingsschwestern, aber als Ergebnis chirurgischen Designs. Die Wirkung war in Layas Haltung und Gesicht ablesbar: Ihre Fassungslosigkeit verwechselte Ark erst mit dem Schock, die Verwandtschaft begrüßen zu dürfen, bis ihr klar wurde, dass Laya gar nicht wissen konnte, wer gerade den Raum betreten hatte.
»Was zum Teufel …?«
»Laya«, sagte Ark mit dem Timbre ihrer Schwester, »ich bin es. Zadiya.«
»Nein!«, entfuhr es der Gefangenen. »Das könnt ihr doch nicht im Ernst … nein.« Sie kam auf die Beine, kletterte aus einem tiefen Sessel. Ihr Gefängnis hatte jeglichen Komfort, hier fehlte es an nichts. Zumindest da hatte Howitz nicht gelogen. Laya war kein Opfer, sie war eine Aktive im Regime der Neuen Republik, aber sie war hier nur Mittel zum Zweck. Kein Grund, sie zu quälen.
Laya stand, starrte immer noch auf das Gesicht ihrer Besucherin, das ihr eigenes war. Wenn es einer Bestätigung bedurft hätte, dass Zadiyas Verwandlung erfolgreich war, hier wurde sie geliefert. Laya wirkte entgeistert und schockiert, sie rang sichtlich um Selbstbeherrschung.
Ark kam näher, hielt aber sorgfältig Abstand, da sie nicht ahnen konnte, wie ihre Halbschwester letztendlich reagieren würde. Diese zeigte aber keinerlei Aggression, nur eine tiefe Erschütterung. Die zeichnete sich so deutlich auf ihrem Gesicht ab, dass sich Ark fragte, ob sie in der Lage wäre, exakt diesen Ausdruck auf ihrer Variante dieses Antlitzes zu duplizieren. Sie wollte es lieber nicht ausprobieren.
»Laya«, sagte sie sanft und setzte sich auf einen Stuhl. »Bitte beruhige dich.«
»Echt? Beruhigen? Verdammt. Verdammt! Du … das … ist leicht gesagt«, erwiderte diese. Ihre Stimme zitterte. Sie machte keine Anstalten, in den Sessel zurückzukehren, sondern schaute auf Ark hinab, jedes Details ihres – des eigenen – Gesichts in sich aufnehmend. »Du siehst verdammt noch mal genauso aus wie ich. Woher soll ich wissen, ob du nicht irgendwer anders bist? Zadiya? Du kannst überhaupt … jede sein. Keine Ahnung. Verdammt!«
Ein berechtigter Einwand, mit dem Ark im Stillen gerechnet hatte. In solchen Situationen halfen üblicherweise am besten peinliche Erinnerungen aus der gemeinsamen Kindheit, die alle Beteiligten bitter bereuten und niemals irgendwo zur Sprache gebracht hatten. Layas Misstrauen saß tief, und wer wollte ihr das verdenken. Es bedurfte dreier solcher Erlebnisse, bis sie anfing, Ark zu glauben. Die letzte Geschichte – bei der die Schwestern ihre Eltern beim Sex erwischt hatten, was bleibende Traumatisierungen ausgelöst hatte – gab den Ausschlag. Laya ließ sich in ihren Sessel fallen, als würde jemand die Luft aus ihrem Leib lassen. Ihr Gesicht war aschfahl. Die Erkenntnis, die sich aus dieser Begegnung ergab, musste für eine intelligente Frau wie sie niederschmetternd sein.
»Du bist nicht hier, um mich zu befreien«, stellte sie fest, nachdem sie sich ein wenig gesammelt hatte, die Stimme flach, der Tonfall hoffnungslos. »Du bist hier, weil du mich spielen sollst.«
Niemand konnte ihrer Halbschwester vorwerfen, schwer von Begriff zu sein.
»Du hast es gleich richtig erkannt.«
»Du machst bei so was mit?«
»Sonst wäre ich nicht hier. Wie geht es dir? Wirst du gut behandelt?«
Laya spitzte die Lippen, eine typische Mimik, die sich Ark selbst angewöhnt hatte, weil sie zu den Markenzeichen ihrer Schwester gehörte. »Lass mich nachdenken. Ich wurde am ersten Tag meines Urlaubs entführt. Hierhergebracht. Eingeschlossen. Von der Außenwelt abgekapselt. Ich darf nicht mal Nachrichten hören. Muss meinen Urlaub einmal verlängern, obgleich das meiner Karriere nicht sehr förderlich sein dürfte. Und jetzt, in diesem Moment, muss ich feststellen, dass meine eigene Schwester das Ihre tun wird, um diese Karriere ein für alle Mal zu beerdigen. Meine eigene Schwester zerstört mein Leben. Werde ich gut behandelt, Zadiya? Was meinst du? Werde ich gut behandelt?« Da, am Ende, verlieh der aufwallende Zorn ihrer Stimme neue Energie.
»Laya, es geht hier nicht um deine Karriere, es geht um Politik und Macht und die Frage, wohin sich die Menschheit entwickelt. Ich weiß, dass das …«
Laya unterbrach sie mit einer Vehemenz, die Ark ihr im Moment gar nicht zugetraut hätte. »Es geht um meine Karriere, wenn es um Politik und Macht geht«, erwiderte sie giftig. »Sonst würdest du ja hier nicht als meine perfekte Kopie sitzen. Hätte ich nicht erreicht, was ich erreicht habe, wäre diese Mühe ja wohl sinnlos gewesen. Also, was hast du vor? Nein, lass mich raten, denn du darfst es mir wahrscheinlich sowieso nicht verraten: Du willst sie alle töten, denn das ist ja deine Art. Töten, töten, töten, die ideale Lösung für alle Probleme. So war es doch schon immer. Du bist die tapfere Soldatin, die hochdekorierte Offizierin, die ein ganzes verdammtes Raumschiff kommandiert. Ein Raumschiff, das eine einzige fliegende Mordmaschine ist. Du bist untadelig im Dienst, stets treu der Sache ergeben. Aber welche Sache ist das jetzt? Darf ich dich daran erinnern, dass Khalid sich dazu entschieden hat, wieder in den Schoß der Republik zurückzukehren? Wem gilt denn nun deine Loyalität, liebe Schwester, wenn selbst Khalid …«
Jetzt war es an Ark, ihre Schwester zu unterbrechen. »Nicht ganz freiwillig, wie man hört. Du siehst nur den Teil der Wahrheit, der gut in dein Geschäft passt.«
Laya lachte freudlos auf. Ihre Haut hatte an Farbe gewonnen. Ihre Energie, gespeist von Verachtung und Wut, war zurückgekehrt. Es war beinahe Angst einflößend, wie schnell sich diese Wandlung vollzogen hatte.
»Propaganda, der du nur allzu gerne aufgesessen bist. Du hast dir die Realität schon immer so zurechtgemogelt, wie sie dir passte. Hauptsache, dein Weltbild kam nicht ins Schwanken.«
»Immerhin habe ich ein Weltbild, das über meine Person hinausgeht.«
»Du verwechselst dein sogenanntes Pflichtgefühl mit deiner Eitelkeit! Dein Egoismus konzentriert sich ganz auf diese alberne Uniform, die du immer spazieren geführt hast. Selbst unsere Eltern hast du damit beeindruckt. Sie hätten es besser wissen sollen.«
Ark schwieg. Sie war nicht beleidigt. Man konnte sie grundsätzlich nur schwer beleidigen, eben weil ihre Eitelkeit, ganz im Gegensatz zu Layas Einschätzung, kaum ausgeprägt war. Sie schwieg, weil diese Art von Diskussion nicht neu war. Sie hatten sie schon mehrmals geführt, unter sich oder vor ihren Eltern. Es hatte jedes Mal andere Nuancen gegeben, aber letztlich hatte es immer damit geendet, dass sie vor unverrückbaren Positionen gestanden hatten. Beide waren sehr von sich überzeugt, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen. Sie beide hatten so gut wie nie einen gemeinsamen Boden gehabt. Bestenfalls die Eltern als verbindendes Glied. Und irgendwann selbst das nicht mehr.
»Laya, ich will dich nicht davon überzeugen, dass ich das Richtige mache.«
»Willst du mich nicht wenigstens davon überzeugen, dass es richtig ist, mich zu kidnappen?«
»Nein. Ich will dir lediglich versichern, dass ich alles tun werde, damit du unverletzt bleibst.«
Laya lachte wieder, und es war erneut keine Spur Freude oder Amüsement darin, es war ein Laut des Hasses und der Verachtung. Zadiya Ark spürte den Stich, der ihr nur allzu vertraut war, dieses Gefühl, wenn jemand einen verletzte, der eigentlich zu einem halten sollte. Wenn man sich nicht auf die Familie verlassen konnte, auf wen dann?
Da aber entsann sie sich der Tatsache, dass sie hier ihrer Halbschwester gegenübersaß, kosmetisch Layas Aussehen angepasst und drauf und dran, ihr Leben, ihre sorgfältig aufgebaute Karriere, ja ihr Lebenswerk zu zerstören – und das auch noch als bloßer Kollateralschaden. So gesehen sollte sie sich nicht beschweren, während Laya allen Grund für Hass und Verachtung hatte. Denn Zadiya Ark zeigte ihr gegenüber keinerlei Solidarität. Sie war kein bisschen besser.
Diese Einsicht machte es Ark leichter, mit dem beleidigenden Verhalten Layas umzugehen. Der Stich blieb trotzdem. Der ging aber nie richtig weg, egal, wie lange die letzte Verletzung schon her war.
»Unverletzt«, sagte Laya. »Fein. Mir geht es gut, danke. Ich vermute mal, dass du mit dem menschlichen Abschaum, der für das alles verantwortlich ist, gut befreundet bist? Du scheinst bei der Auswahl deiner Gesellschaft keine allzu hohen Ansprüche mehr zu haben.«
Einer der Verschwörer war mit Ark im Raum. Er trug eine Gesichtsmaske, die seinen ganzen Schädel umschloss, und schwieg eisern. Ark zollte ihrer Schwester Respekt. Sie versuchte, durch gezielte Provokation eine Reaktion bei Ark auszulösen, die ihr Hinweise darauf gab, wer für ihre Entführung verantwortlich war. Selbst in dieser Situation war Laya noch auf ihren Vorteil bedacht. Sie würde sich niemals ändern.
Für Ark keine neue Erkenntnis. Sie hatte es schon vor langer Zeit aufgegeben, darauf auch nur die leiseste Hoffnung zu verschwenden.
»Ich habe ein paar Fragen an dich, Laya.«
»Du glaubst im Ernst, ich werde sie beantworten? Du bist ja noch naiver, als ich dachte.«
Ark blieb unbewegt. »Wie ist dein Verhältnis zu Admiral Bonet, Laya?«
Ihre Halbschwester lächelte. »Verstehe. Ihr wollt Bonet. Worum geht es? Ihn entführen? Oder gleich umbringen? Lediglich ausspionieren? Ich wusste ja, dass du ihn nicht sonderlich magst, vor allem, nachdem du ihm so prächtig auf den Leim gegangen bist. Aber jetzt treibst du es doch etwas zu weit, Schwesterchen.«
»Wie ist dein Verhältnis zu ihm?«
»Wer sagt, dass ich überhaupt eines habe? Er ist einer der wichtigsten Männer der Republik. Ich bin nur mittleres Management. Du überschätzt mich.«
»Unsere Informationen sagen etwas anderes.«
Layas Gesichtsausdruck bekam etwas Lauerndes. »Sagen sie das, ja? Was sagen sie denn sonst noch?«
Bis zu einem gewissen Grad war Ark bereit, sich auf dieses Spiel einzulassen. »Jedenfalls scheint Bonet große Stücke auf dich zu halten. Er nimmt dich gerne zu wichtigen Sitzungen mit, du berichtest ihm direkt – mittleres Management hin oder her.«
»Und das, obwohl er weiß, dass du meine Schwester bist«, gab Laya zurück. »Ja, das habe ich ihm gleich gesteckt. Es wäre früher oder später ohnehin herausgekommen. Er hat es mit Humor genommen. Ich glaube, der Gedanke gefiel ihm sogar. Ironie des Schicksals, könnte man sagen.«
»Du bist also ziemlich eng mit ihm.«
Laya blinzelte. Da hatte sie sich eine kleine Blöße gegeben, das merkte sie nun selbst. Aber sie fing sich sofort. »Eng genug, um zu wissen, dass er dich richtig zum Kotzen findet, Schwesterchen. Und weißt du was? Ich kann es ihm nicht verdenken.« Sie lachte wieder, diesmal nicht aus Verachtung, sondern weil sie sich darüber freute, Zadiya beleidigt zu haben.
Woher diese abgrundtiefe Gehässigkeit kam, war ihrer Halbschwester ein Rätsel. Irgendwas war damals gründlich falsch gelaufen, aber sie hatte nie gewusst, was es gewesen war. Laya und Zadiya waren absolut gleichberechtigt behandelt worden, trotz unterschiedlicher Mütter, vielleicht sogar gerade deswegen. Es war und blieb Ark ein Rätsel, und sie hatten es nie offen thematisiert. Jetzt war es wohl endgültig zu spät dafür.
»Bonet redet über mich?«, hakte sie nach.
»Bonet redet sogar sehr gerne über dich. Er ist ein Quell übler Schimpfwörter, wenn die Sprache auf dich kommt. Ich erweitere meinen Wortschatz laufend.«
»Er vertraut sich dir also an?«
Wieder ein Auflachen. »Schwesterchen, er zieht vor jedem über dich her! Du bist seine Herzensfeindin, seine Hassliebe, würde ich sagen. Sobald sich eine Gelegenheit ergibt, kommt er auf dich zu sprechen, egal wem gegenüber. Alle wissen, dass er dich ganz besonders im Visier hat, und alle haben die ganzen Details schon mindestens einmal gehört. Viele lachen mit ihm zusammen über deine Dummheit. Wie leicht du zu beeindrucken warst, wie naiv du doch bist. Um daran teilhaben zu dürfen, bedarf es keiner besonderen Beziehung zum Admiral.«
Die ganzen Details von seiner Warte aus gesehen, ergänzte Ark in Gedanken. Sie fragte sich, wie viel Laya tatsächlich über Bonet wusste und was er geschickt für sich behalten hatte. Möglicherweise würde sie das bald schneller herausfinden, als ihr lieb war. Wie sollte sie eigentlich reagieren, wenn Bonet mit ihr über … sie selbst sprach? Das war ein seltsamer Gedanke.
»Wie sieht es mit Männern aus?«, fragte sie dann unvermittelt. »Hast du aktuell jemanden am Start?«
Das war einer der Schwachpunkte ihrer Vorbereitung. Layas Privatleben war weitgehend in Dunkelheit gehüllt. Ein großer Risikofaktor, wenngleich Howitz gemeint hatte, sie sei eben nur mit ihrer Arbeit verheiratet.
Laya lächelte, fast schon versonnen. »Das ist eine wichtige Frage, nicht wahr? Was passiert, wenn mein aktueller Partner auf dich zugelaufen kommt – und was, oh mein Gott, wenn wir beide auf Leder und Peitsche stehen und mein Liebster nach meinem erweiterten Urlaub endlich mal wieder so richtig loslegen möchte? Wie wirst du dann reagieren? Kopfschmerzen vortäuschen? Müdigkeit simulieren? Dich in deine Tage retten?«
Laya amüsierte sich jetzt anscheinend prächtig. Sie hatte nicht die geringste Absicht, ihrer Halbschwester wirklich etwas zu sagen, wollte sie nur aus dem Gleichgewicht bringen. In diesem Falle war es ihr durchaus gelungen, denn der Kern der Frage war tatsächlich: Was würde sie tun, wenn ein Beziehungspartner sie in den Arm nahm und ihr allerlei heiße Versprechungen ins Ohr flüsterte?
Zadiya Ark war von dieser Aussicht alles andere als begeistert. Sie war bereit, einiges für die Mission zu opfern. Aber es gab Grenzen.
»Laya … ich bin nicht deine Feindin«, sagte sie, und selbst für Ark klang es hohl und leer. Genauso kam es auch bei ihrer Schwester an. Diese schüttelte nur den Kopf, wirkte mit einem Male fast traurig.
»Doch, Zadiya, exakt das bist du. Du warst es im Grunde schon immer. Und das dürfte dann auch unser Problem sein, nicht wahr?« Sie stand wieder auf, schaute auf ihre Halbschwester herab. »Du kannst jetzt gehen. Ich werde dich nur noch vorwurfsvoll anstarren. Wir wissen beide, dass du das nicht allzu lange aushältst, wie so vieles.«
Laya verschränkte die Arme vor der Brust. Sie starrte Ark schweigend an, wie angekündigt. Von ihrer Schwester würde sie nichts mehr erfahren, was ihrer Mission dienlich sein könnte.
Es war alles in allem ein ganz beschissenes Wiedersehen geworden.
Dr. Saskia Laaten war Biochemikerin und Pharmazeutin, und sie war nur deswegen mit der Scientia in das Onyx-System gekommen, weil ihre eigene Tochter hier lebte und sich für den Kampf gegen die Neue Republik entschieden hatte. Laaten hatte dies Vara in knappen, fast emotionslos formulierten Sätzen geschildert. Es klang aber gar nicht wie eine Entschuldigung, sondern eher so, als wollte sie damit eine Grenze ziehen. Da es ihr offenbar am Herzen lag, denn sie musste es unbedingt loswerden, entschied Vara, dass dies ein Moment war, an dem er einfach in Ruhe zuhören sollte, anstatt zu drängeln.
»Ich bin keine politische Person«, sagte sie. »Ich denke nicht in politischen Kategorien. Ich habe den letzten Krieg vollständig verdrängt und werde den nächsten ebenfalls verdrängen. Ich habe meine Arbeit und meine Tochter, beides bestimmt, wohin mein Leben geht. Darauf basieren all meine Entscheidungen. Daher bin ich hier. Ich bin weder eine Patriotin noch eine Rebellin. Ihr Krieg interessiert mich nicht. Verurteilen Sie das gerne, Colonel, es ist mir egal.«
Vara schaute die Frau lange an. Wenn jemand so einen Satz sagte, lag seiner Erfahrung nach entweder echter Trotz dahinter oder das Bedürfnis, eines Besseren belehrt zu werden. Vara aber hatte für so etwas keine Zeit. Die Motivationen der Wissenschaftlerin waren ihm völlig gleichgültig. Sie hatte sich bereit erklärt, die Proben des mysteriösen Medikaments zu untersuchen, und das war alles, was zählte. Sie mochte es tun, um ihrer Tochter zu gefallen, aus professionellem Ehrgeiz oder aus purer Langeweile. Hauptsache, sie tat es.
Tatsächlich hatte sie damit bereits begonnen. Über die Administration des Systems hatte Vara erneut Kontakt mit der Scientia aufnehmen können. Mit seinem Ansinnen war er dort schnell auf offene Ohren gestoßen.
Dr. Laaten war als Fachfrau benannt und mit der Aufgabe betraut worden. Er traf sie jetzt bereits das zweite Mal, und erneut rechtfertigte sie sich ihm gegenüber. Das war nicht nur Trotz. Es lag an der eigenen Unsicherheit bezüglich der Rechtschaffenheit ihrer Motive. Aber warum sollte sie sich ausgerechnet von einem Mann wie Vara Absolution erhoffen? Er würde diese Rolle nicht annehmen. Für niemanden. Dennoch musste er ihr etwas antworten, Worte, die sie arbeitsbereit bleiben ließen, ob nun ehrlich gemeint oder nicht.
»Ich verurteile Sie nicht«, erwiderte er, vielleicht etwas eindeutiger als beim ersten Mal, damit sie das Thema nie wieder aufbrachte. Laaten hatte große, etwas wässrige Augen, mit denen sie ganz hervorragend starren konnte. Sie dominierten ihr schmales Gesicht auf eine Weise, dass alle anderen Merkmale in den Hintergrund gedrängt wurden. Sie mochte ungefähr in Varas Alter sein, eine Expertin mit langjähriger Berufserfahrung, die dem Vernehmen nach gleichermaßen für staatliche Forschungsinstitute wie für Pharmakonzerne gearbeitet hatte. Eine, die sich auskannte, und nur darum ging es.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen glauben kann.«
»Sie werden es an der Art merken, wie ich mit Ihnen umgehe. Beobachten Sie mich genau, ich habe nichts dagegen.« Vara lächelte sie an. »Was können Sie mir über die Substanz sagen, die ich Ihnen zur Analyse übergeben habe? Krieg oder nicht, das sah doch wie ein interessantes Problem aus.«
Laaten nickte, eifriger und weniger distanziert als eben noch. An ihrer Ehre als Wissenschaftlerin konnte man sie packen.
»Ich habe mir die Proben genau angesehen. Ein interessantes Problem, wie Sie sagen. Darf ich fragen, woher Sie die haben?«
Vara lächelte immer noch, vielleicht etwas nachsichtig.
»Fragen dürfen Sie, aber die Antwort könnte Sie verunsichern, die behalte ich lieber für mich.«
Laaten riss ihre ohnehin großen Augen noch ein Stück weiter auf.
»Ich bin im Exil, geflohen vor einem immer weiter eskalierenden Konflikt, in dem meine Tochter gerne eine aktive Rolle spielen würde. Ich habe dafür eine sichere und gut bezahlte Stelle aufgegeben. Ich versichere Ihnen, meine Verunsicherung hat bereits maximale Höhen angenommen. Gerne können Sie mir sagen, dass Sie es aus Gründen der Sicherheit für sich behalten wollen. Aber lassen Sie bitte meine Befindlichkeit aus dem Spiel, die ist allein mein Problem.«
Vara bemühte sich nun um Ernsthaftigkeit, das hatte sie wohl verdient. Ihre Einstellung fand er sympathisch. Er hielt trotzdem den Mund. Sicherheit war in der Tat das Wort der Stunde.
»Belassen wir es dabei, dass dies eine aktive Untersuchung ist, zu der ich generell noch nichts sagen möchte. Sie werden – wie wahrscheinlich alle – zu gegebener Zeit informiert. Ich muss erst einmal wissen, worum es sich überhaupt handelt. Sie haben also bereits etwas herausgefunden?«
Laaten gab sich geschlagen. Sie hob ein Datenpad hoch, auf dem sie offensichtlich ihre Überlegungen niedergelegt hatte.
»Nun, Colonel, auch wenn Sie den Mysteriösen geben, die Natur des Stoffes weist auf einige höchst verunsichernde Fähigkeiten hin. Ich kann allein schon daraus extrapolieren, worum es hier geht. Ich behalte meine politische Bewertung mal für mich – wie gesagt, das ist mir völlig egal. Ich muss Sie darauf hinweisen, dass ich an Bord der Scientia bin und wir uns auf der langen Reise gegenseitig bereits alle Geschichten erzählt haben, die wir parat haben – auch, was den guten Freund unseres verehrten Forschungsleiters und sein seltsames Benehmen anbetrifft. Ich bin zwar desinteressiert, aber nicht verblödet.«
Vara schalt sich einen Narren. Er hatte es hier mit einer hochintelligenten Frau zu tun, die sich möglicherweise nicht für alles interessierte, aber durchaus alles registrierte. Er sollte mit Menschen wie ihr keine Spielchen versuchen, das ging schnell nach hinten los.
»Ich würde Sie niemals so einschätzen. Bitte, fahren Sie fort.«
Laaten konsultierte ihre Aufzeichnungen. »Viele Details fehlen mir noch. Meine technische Ausstattung lässt auch zu wünschen übrig, und die Proben, die Sie mir überlassen haben, sind wirklich sehr klein. Jedenfalls haben wir es hier mit einem Medikament zu tun, das dazu geeignet ist, das Verhalten eines Menschen zu ändern. Darauf würde ich mich schon jetzt festlegen.«
»Eine Psychodroge? Unsere Bordärztin hat etwas in der Richtung vermutet.«
Laaten verzog das Gesicht, nickte aber. »Der Begriff ist sehr verkürzend. Aber es ist nicht völlig falsch, das Mittel so zu bezeichnen. Erst einmal ist wichtig, festzuhalten, dass es abhängig macht. Nicht körperlich, aber psychisch. Ich kann zu den Entzugserscheinungen allerdings keine Aussage machen, da dieses Produkt in vielerlei Hinsicht einzigartig ist, aber es gibt gewiss welche.«
»Welches Verhalten wird befördert?«, hakte Vara nach.
»Da kommen wir zum interessanten Teil der Analyse.« Laaten wirkte nun belebt, voller Energie. Das war ihr Fach, hier lag ihre Leidenschaft. »Es mag absurd klingen, aber die Antwort ist: jedes.«
»Wie bitte? Die Droge macht willenlos? Das schafft jede bessere Wahrheitsdroge im bekannten Repertoire.« Vara bemühte sich, die Enttäuschung in seiner Stimme zu verbergen. Er hatte, so seltsam es auch klang, etwas mehr erwartet.
»Nein, das wäre zu einfach und auch eher kontraproduktiv. Dann würde man ja machen, was jeder einem erzählt. Es ist viel geschickter, Colonel: Man macht nur, was bestimmte Leute zu bestimmten Gelegenheiten sagen. Die Beeinflussung verläuft zyklisch und ist anreizorientiert. Sie bedarf eines konkreten Triggers. Ich bin noch auf der Suche, tippe aber auch da auf Chemie. Es kann ein bestimmter Duft sein, die Übertragung von Botenstoffen durch einen Händedruck, eine freundliche Umarmung – oder eine Abfolge von optischen Reizen, die etwas im Gehirn auslösen. Ich bin noch mitten in meiner Untersuchung, aber eines kann ich schon sagen: Das Zeug ist das Werk eines Genies. Ich würde diese Person gerne mal kennenlernen. In Handschellen, wohlgemerkt.«
Der letzte Zusatz kam ohne Zögern, nicht nur als Nachsatz zur Ehrenrettung, was Vara sehr beruhigte. Dr. Laatens moralischer Kompass war noch da, wo er hingehörte.
Er hatte diese Diskussion schon einmal geführt, in einem anderen Kontext, als deutlich wurde, dass Bonet und die Seinen großes Interesse an einer Methode zeigten, weite Teile der Bevölkerung unter mentale Kontrolle zu bekommen. Vara war über die internen Prozesse des Regimes nicht gut genug informiert, um bewerten zu können, ob diese Pläne weiterverfolgt worden waren – und wenn ja, wie intensiv.
Aber das, was die Expertin ihm hier enthüllte, wies darauf hin, dass die Neue Republik bereit war, Loyalität chemisch zu induzieren und Wohlverhalten zu erzwingen. Die perfekte Diktatur. Die absolute Kontrolle über jeden. Zumindest im Versuchsstadium, wie die Anekdote des Chefs der Scientia bewies. Bonet nahm diese Droge auch, so schien es.
»Jemand, der diese Droge nimmt, ist demnach ein Opfer und kein Täter«, mutmaßte Vara. Der Gedanke, dass Bonet an seiner eigenen Natur unschuldig sein könnte, war unangenehm, aber die logische Konsequenz dessen, was die Wissenschaftlerin vorgetragen hatte.
»Das würde ich so nicht sagen. Sie kann auch dazu dienen, bereits vorhandene Anlagen im Sinne jener zu verstärken, die sie einsetzen. Ein Multiplikatoreffekt, ein Motivationsschub, eine Fokussierung. Dann wirkt sie wahrscheinlich doppelt so effektiv. Glauben Sie nicht, dass jeder, der sie nimmt, automatisch ein Opfer ist. Wer sagt denn, dass manche sie nicht freiwillig nutzen, etwa, um mit größerer Energie die Sachen zu machen, zu denen sie ohnehin bereit waren? Vor allem dann, wenn sie selbst gar nicht ahnen, dass sie damit manipuliert werden, sondern nur eine Art hochkomplexen Energydrink darin sehen.«
Eine interessante Perspektive, die Vara besser in den Kram passte. Wenn Bonet ein Arschloch blieb, war die Welt – auf eine perverse Weise – noch in Ordnung.
»Eine Produktion außerhalb der Republik, an einem verborgenen, weit abgelegenen Ort, würde Sinn ergeben«, sinnierte die Wissenschaftlerin weiter und zeigte, dass sie sich Gedanken gemacht hatte. »Zum einen ist es eine sichere Methode, weitgehend unerkannt zu agieren. Zudem kann man Ressourcen zusammenziehen, ohne dass diese aktenkundig werden. Wenn etwas schiefläuft, wäscht man seine Hände in Unschuld und macht irgendwen dafür verantwortlich, der gerade zur Hand ist. Der Transport war die größte Schwachstelle, und die wurde offenkundig, als Sie die Piraten unter Kontrolle gebracht haben. Aber um dieses Zeug herzustellen, werden Fachkenntnisse und Infrastruktur benötigt.«
Vara nickte. Die Frau konnte seine Gedanken lesen. Er fand sie sehr sympathisch. Es kam selten vor, dass er so synchron mit einem anderen Menschen dachte, es war eine angenehme Erfahrung. Er lächelte sie an, ehrlich gemeint, und das Lächeln wurde erwidert.
»Sie wissen aber schon, was das bedeutet, oder?«, fragte Laaten jetzt. Dafür, dass ihr vieles egal war, machte sie sich bemerkenswert viele Gedanken.
»Was meinen Sie?«
»Dass die Piraten hopsgenommen wurden, dürfte sich nun schnell herumsprechen. Wer auch immer für Produktion und Vertrieb dieses Medikaments verantwortlich zeichnet, wird daraufhin die logischen Schlussfolgerungen ziehen und den Plan, den er verfolgt, entsprechend anpassen. Beschleunigen. Oder zu Ersatzhandlungen greifen, um die potenziell negativen Folgen abzumildern. Das könnte sich auf die ganze Situation negativ auswirken, würde ich vermuten.«
Vara fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. War es seine chronische Müdigkeit, die drückende Bürde der Verantwortung und die vielen Aufgaben, deren Bewältigung ihm zunehmend schwerfiel? Eine andere Erklärung für seine Unfähigkeit, die Gedankenkette so weiterzuführen, wie Dr. Laaten es eben demonstriert hatte, konnte es nicht geben. Er schämte sich dafür, zeigte es aber natürlich nicht. Doch die Reue, der er ob seiner Nachlässigkeit empfand, war sehr real.
»Ich danke Ihnen für Ihre Bewertung der Lage«, sagte er, viel zu förmlich vielleicht, aber er konnte einfach nicht aus seiner Haut. »Mich interessieren Ihre weiteren Ergebnisse wirklich sehr, Dr. Laaten. Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren, wenn Sie etwas Neues wissen oder … anderweitig Hilfe benötigen.«
»Oh, ich habe was bei Ihnen gut, Captain. Das weiß ich ganz genau.«
Vara machte diese Aussage etwas unsicher. Mit persönlichen Gefälligkeiten war das so eine Sache: sie konnten sich gleichermaßen als harmlos wie als gefährlich erweisen. Er erhob sich, verabschiedete sich artig, nahm die besten Wünsche der Wissenschaftlerin mit auf den Weg und verließ den Raum in der Gewissheit, dass einmal mehr eine neue Erkenntnis nur zu weiteren Fragen geführt hatte.
Das war auf Dauer sehr anstrengend.
»Oh, Sergeant, was … wie schön, Sie zu sehen!«
Das hörte sie selten. Es sorgte für sofortiges Misstrauen bei ihr.
Der Mann in der Uniform der Proxima war hochgezuckt, als sie die Schleusenkammer betreten hatte. Er ließ seine rechte Hand sinken, die gerade über der Kontrolltaste für das Öffnen des äußeren Tores geschwebt hatte. Er war offenbar gerade im Begriff gewesen, die Proxima zu verlassen. Das war an sich nicht ungewöhnlich. Der Kreuzer war aktuell wieder am Habitat angedockt, ein Teil der Crew war damit beschäftigt, den Leuten zu helfen, die Nachwirkungen der Explosion aufzuräumen oder notwendige Reparaturen durchzuführen.
Auch Vickers wollte den Kreuzer gerade verlassen, und das aus gutem Grund. Irgendwo da draußen war jemand, der deutliche Hinweise bezüglich seines weiteren Verhaltens missachtete. Vickers war »gebeten« worden, nach dem Rechten zu sehen. Der »Jemand« war Marcus Hamilton, der sich mehr oder weniger weigerte, zur Proxima zurückzukehren, weil er weiterhin helfen wollte, sich auch voll reinhängte, wie man hörte. Das war nicht gesund für ihn. Sagte Margie. Sagte Simmons. Also wurde Vickers gebeten, sich auf rücksichtsvolle Weise um die Angelegenheit zu kümmern, bis irgendwann jemand die Boxhandschuhe anzog und anfing, richtig ungemütlich zu werden. So weit wollte auch sie es nicht kommen lassen, obwohl sie wirklich gut darin war. Außerdem mochte sie Hamilton. Er war manchmal ein Idiot, aber von der netten Sorte, und sie wollte wirklich nicht, dass er in Schwierigkeiten geriet.
Aber jetzt stand sie hier und war misstrauisch.
Vickers sah auf das Namensschild des Crewmitglieds. Kim. Sie hatte eine vage Erinnerung an den Spezialisten Kim. Er gehörte in ihre interne Schublade Logistik, da sie ihn dort das ein oder andere Mal getroffen hatte. Jemand, der für den Nachschub sorgte. Da Vickers gerne und viel Nahrung zu sich nahm, um die gut geölte und stets einsatzbereite Kampfmaschine in Gang zu halten, die sie ihren Körper nannte, war sie eine große Freundin der Kameraden des Nachschubs.
»Kim, Sie sind weit weg von Ihrem Posten. Wollen Sie ins Habitat übersetzen? Haben Sie dienstfrei?«
Sie konnte das schnell selbst herausfinden. Aber erst einmal sollte der Mann sich erklären. Es war vielleicht alles ganz harmlos. Warum empfand sie es aber dann anders?
»Sergeant, nein, also ja. Nur einige Besorgungen für das Schiff.«
Das war nicht ungewöhnlich. Die Proxima wurde teilweise durch Spenden der Administration versorgt, teilweise aber auch dadurch, dass sie die Barmittel einsetzte, die sie auf der Grünen Perle erbeutet hatten. Vickers, die gerne einiges davon privat »gesichert« hätte, erinnerte sich an ihr fröhlich schlagendes Herz, als sie in der Kabine von Captain Harrow über den Schatz gestolpert war. Sich von ihm zu trennen, war schmerzhaft gewesen, schmerzhafter, als angesichts der rationalen Einsicht in Varas Entscheidung zu erwarten gewesen wäre.
Dass jemand wie Kim auf Einkaufstour ging, war absolut nachvollziehbar. Gerade frische Lebensmittel oder andere Verbrauchsgüter mussten ständig nachgeordert werden – und es gab viele windige Geschäftemacher, die aus dem Krieg Kapital schlugen. Man kam nicht umhin, sich die Ware immer genau selbst anzusehen und nicht irgendwelchen Angaben zu vertrauen.
Dennoch.
Vickers zeigte auf die große Tasche, die der Mann neben sich auf dem Boden stehen hatte.
»Und was ist da drin?«
»Nur … Zeugs. Produktproben. Ich werde sie im Einzelnen prüfen, und wir schauen dann, was wir davon bestellen.«
»Verstehe. Produktproben von Händlern?«
Kim lächelte schief. »Ja, genau. Man wundert sich schon, was die einem alles andrehen wollen, wenn die sehen, dass man Geld hat. Aber ich habe natürlich genaue Regeln zu befolgen und verspreche denen gar nichts. Ich unterschreibe ja auch nichts. Wer bin ich denn!«
»Wie wahr, wie wahr …«, murmelte Vickers und machte einen schnellen Schritt auf Kim zu, beugte sich nach vorne, ergriff die Tasche und öffnete sie mit einer fließenden Bewegung. Sie warf einen Blick auf den Inhalt, dann auf den stocksteif dastehenden Kim, aus dessen Gesicht jede Farbe gewichen war, von der normalen Pigmentierung einmal abgesehen. Er wusste, dass seine Stunde geschlagen hatte. Und Vickers’ Instinkt hatte sie einmal mehr nicht im Stich gelassen. Marcus Hamilton war in diesem Moment vergessen, zumindest vorläufig. Das hier war wichtiger.
»Produktproben, hm?«, sagte Vickers leise. »Sie wollten aber das Schiff gerade verlassen. Warum tragen wir wohl Produktproben aus der Proxima in die Station?«
Kim fehlten die Worte. Er schnappte nach Luft. Obwohl er sich genötigt sah, etwas zu äußern, brachte er nicht viel hervor.
»Ich … wir …«
»Wenn wir nicht etwas verkaufen wollen, wie zum Beispiel …« Die Soldatin griff in die Tasche und holte ein in Plastik eingeschweißtes Elektronikteil hervor. »… einen Mehrphasenmodulator für Energiekonverter. Ein komplexes Stück Technik. Aktuell schwer zu beschaffen. Wie viel bekommt man dafür auf dem Schwarzmarkt, Spezialist Kim?«
Kim beantwortete die Frage, indem er sich nach vorne warf, die rechte Schulter seitlich in Stoßrichtung gedreht, und das mit der Entschlossenheit der Verzweiflung. Vickers hatte damit tatsächlich nicht gerechnet, aber sie war hart im Nehmen, ließ das Teil aus ihrer Hand gleiten, torkelte erst nach hinten, als ihr der Stoß die Luft aus den Lungen trieb, blieb aber auf den Beinen. Ihre Reaktion kam fast automatisch, dem harten Schlag gegen Kims Oberkörper folgte ein zweiter, und da sie wusste, wie und wo man treffen musste, noch das Knacken einer Rippe. Der Mann schrie auf, das Gesicht vor Schmerz verzerrt, und die plötzliche Kraft, die er in seinen Angriff gelegt hatte, floss geradezu aus ihm heraus. Er schwankte, rang um sein Gleichgewicht, hob abwehrend eine Hand in einer Geste der Kapitulation, keuchte und sagte dann mit tränenerstickter Stimme: »Nein. Schon gut. Bitte nicht!«
Verzweiflung allein genügte nicht, um gegen Vickers zu bestehen. Sie rieb sich die Stelle, an der Kim sie getroffen hatte. Sie musste wirklich besser aufpassen. Es hätte gar nicht so weit kommen dürfen.
Vickers hielt inne, schaute auf den Mann hinab, ohne jedes Mitleid in ihrem Blick. Sie griff wieder zur Tasche und hielt sie vor Kim in die Luft. »Schmuggel für den Schwarzmarkt, Spezialist. Mit Material, das für unser Schiff im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden kann. Sie kotzen mich dermaßen an, mir fehlen fast die Worte.« Aber nur fast. Einige erlesene Beleidigungen später trug Spezialist Kim Handschellen und befand sich in Begleitung herbeigerufener Wachsoldaten auf dem Weg in das Schiffsgefängnis.
Vickers musste nicht lange warten, bis sich Vara meldete, nachdem sie ein erstes Protokoll der Geschehnisse aufgezeichnet hatte. Und dass dieser sie damit beauftragte, den Sumpf sofort trockenzulegen, kam ihr gerade recht.
Sie machte sich sofort an die Arbeit. Hamilton hatte Glück gehabt. Es gab jetzt immer noch Wichtigeres zu tun.
Der erste Schritt, den sie sofort anging, war einfach umzusetzen. Sie durchsuchte den Schrank von Spezialist Kim. Das sorgte für großes Hallo und viele Entschuldigungen, die Vickers emotionslos zur Kenntnis nahm. Sein Kabinenkamerad beteuerte, nichts von alledem zu wissen, doch Vickers glaubte ihm nicht. Sie verfügte über alle Vollmachten, und Privatsphäre war an Bord eines Flottenschiffes, egal, zu welcher Flotte es gerade gehörte, für die allermeisten Besatzungsmitglieder ein Fremdwort. Sie durchsuchte auch den Schrank des Kabinengenossen. Sie fand nichts. Aber das konnte sich noch ändern, wenn sie ihre Kreise weiter zog.
Dementsprechend befragte sie Kims engste Kameraden, und zum Schluss begann sie, mithilfe einiger Marines, die Lagerräume zu inspizieren, in denen Kim gemeinhin seinen Dienst in der Logistik geschoben hatte. Sie wurden schnell fündig. Fünf intensive Stunden nach Beginn der Untersuchung waren die Beweise vor ihr auf einem Metalltisch ausgebreitet. Sie betrachtete sie im Beisein zweier weiterer Soldaten, allein schon deswegen, um zu vermeiden, dass jemand was einsteckte.
Sie war selbst ein klein wenig versucht, das musste sie zugeben. Sie hatten es wirklich mit einer ganz auserlesenen Kollektion zu tun.
»Was haben wir denn hier?«, murmelte sie, halb zu sich selbst. »Da hat jemand ein Auge für ein gutes Geschäft. Zehn Packungen Shanti-Pralinen. Shwartz, Sie kennen sich mit so was aus, Sie waren mal auf Shanti stationiert.«
Der Angesprochene bekam einen leicht verträumten Gesichtsausdruck, es musste sich um sehr angenehme Erinnerungen handeln. Tatsächlich hatte er eine Kriminalakte, die ihn erfolgreich vor einer Beförderung bewahrte. Er war nicht im engeren Sinne geläutert, zumindest nicht nach Vickers’ Einschätzung. Er war einfach älter und ruhiger geworden. Seine Expertise konnte sich jedoch in diesem Falle als sehr wertvoll erweisen, und eines musste man ihm sowieso lassen: Er teilte seinen Erfahrungsschatz gerne mit anderen. Seine buschigen Augenbrauen, die stets so aussahen, als würden sie einen Schatten über sein ganzes Gesicht werfen, bewegten sich, während er sprach. »Diese Pralinen sind der Knaller, Sergeant, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Hochpotentes Zeugs, das einen auf Wolke sieben schießt, manchmal ohne Rückfahrkarte.«
»Also auch ein Knaller im verbotenen Sinne.«
»Ganz furchtbar verboten sogar, Sergeant, selbst auf Shanti. Und das will einiges heißen, denn die Shantiri werfen ein, was ihnen gerade in die Finger kommt. Ich könnte Ihnen da Geschichten erzählen, Sergeant …«
Das genügte als Aussage fürs Erste. Vickers zeigte auf ein zweites Bündel. »Drei Flaschen Whisky von der Wega. Nicht verboten, aber sündhaft teuer und nur für den feinsten Gaumen gedacht. Es liegt eine hohe Luxussteuer drauf, und ich vermute mal, die wurde in diesem Falle nicht entrichtet.« Da kannte sie sich wiederum persönlich etwas besser aus. Ihr Finger wanderte weiter. »Ein kleiner Karton Narkosticks zum Rauchen. Sowohl verboten als auch preiswert. Das ist aber eindeutig Dutzendware.« Dutzendware, die tatsächlich an Bord von Flottenschiffen oft geduldet wurde, um den Leuten zumindest eine Chance zu geben, etwas Dampf abzulassen. Wenn es nicht überhandnahm, schaute man bei diesem Aspekt des Schwarzhandels zur Seite. Für sich betrachtet etwas, das Vickers nicht weiterverfolgen würde. Im Kontext mit all den anderen Gütern, die sie entdeckt hatten, fiel ihr das aber jetzt sehr schwer.
Der Finger war noch nicht am Ende seiner Reise angekommen.
»Dregg-Wurzeln?«, fragte Shwartz. »Wow! Das ist erstklassige Ware und schwer zu bekommen, wenn man keine hervorragenden Verbindungen hat. Dieser Kim ist heiß!«
Vickers kannte das Gewächs. Sie war aber dennoch erstaunt. Die Wurzeln, fein gemahlen und mit etwas Wasser zu einer leicht konsumierbaren Paste gemischt, stellten ein sehr starkes Aphrodisiakum dar, das auf Männer wie Frauen gleichermaßen wirkte und wilde Partys ohne Hemmungen zur Folge hatte. Man konnte lange, man konnte dauernd, und man wollte alles. Dagegen war grundsätzlich nichts einzuwenden, nur fanden auf der Proxima solche Partys grundsätzlich nicht statt. Sexuelle Kontakte waren nicht verboten – das wäre bei langen Reisen mit wenig bis kaum Landgang auch nicht durchzuhalten gewesen, geregelt waren lediglich intime Beziehungen zwischen Crewmitgliedern unterschiedlichen Dienstgrads, um sexuelle Ausbeutung zu verhindern.
Aber ekstatische Partys mit einer Libido, die im besten Falle stundenlang auf Hochtouren lief – gefolgt von weiteren Stunden im Stadium totaler Erschöpfung … wo und wann sollte derlei an Bord dieses Schiffes stattfinden? Wer räumte nachher wieder auf, und wie ließ sich so was mit den engen Dienstplänen vereinbaren? Ein Quickie war kein Problem, aber Dregg-Wurzeln waren an Bord des Schiffes einfach nicht effizient. Vickers hätte ganz gewiss davon gehört.
Sie hätte möglicherweise sogar mitgemacht.
»Was sagen Sie, Shwartz? Das ist doch nichts für den Vertrieb auf der Proxima .«
»Nein, das ist für den Profit außerhalb des Schiffes, da ist die Proxima nur der Aufbewahrungsort, das Zwischenlager sozusagen. Sergeant, wer Dregg-Wurzeln schmuggelt, hat Zugriff auf ein ausgezeichnetes Netzwerk«, sagte Shwartz, der sich mit dem Thema jetzt wieder richtig anzuwärmen begann. Seine Augenbrauen tanzten, als er weitersprach. »Das Zeug bekommt man nicht beim windigen Gauner um die Ecke, das ist Qualitätsware und wirklich, wirklich teuer. Eine spezielle Erde, besondere klimatische Bedingungen – denn Treibhäuser funktionieren aus irgendeinem Grunde gar nicht. Das schränkt die Anbaumöglichkeiten massiv ein. Dregg erzeugt keine Abhängigkeit, weder psychisch noch körperlich.«
»Sexsucht ist eine psychische Abhängigkeit, Shwartz.«
»Da kenn ich mich nicht aus.«
Vickers nickte und tat, als würde sie ihm glauben.
Er nahm den Faden sofort wieder auf. »Dregg wirkt immer. Die maximale Nebenwirkung ist ein Herzinfarkt, weil man sich zu Tode fickt.« Wieder der verträumte Gesichtsausdruck. Vickers kommentierte das nicht.
»Es sind also keine Gelegenheitsschmuggler, mit denen wir es hier zu tun haben«, schlussfolgerte sie.
Shwartz lachte kurz auf. »Wenn ich mir die Sammlung so ansehe, erkenne ich ein gut aufgezogenes Geschäft mit Expertise und einem Gespür fürs Tarnen und Täuschen. Wenn Sie Kim nicht über den Weg gelaufen wären, hätte das noch eine ganze Weile so weitergehen können. Und umgekehrt: Es ist wahrscheinlich schon eine ganze Weile gelaufen, und das unter unserem Radar. Wir sollten einen Blick auf die Konten dieses Mannes werfen, falls er sie nicht supergut versteckt hat – was ich fast vermuten möchte.«
»Selbst unter Ihrem Radar, Shwartz! Ich hatte gedacht, Sie hätten da noch Instinkt.«
Der Mann verdrehte die Augen. »Das war früher. Ich bin geläutert. Ein ganz anderer Mann. Immer gesetzestreu und dienstbeflissen.«
Es klang wie Ironie, aber Vickers kannte ihre Leute. Es stimmte absolut. Das war er wirklich. Es war seine Vergangenheit, die ihn zum Experten machte, nicht die Gegenwart.
»Wenn wir den Hintermann finden … oder seine Komplizen. Das Notizbuch mit den Kontakten«, hob Vickers an.
»Oder die Hinterfrau«, warf Shwartz ein. »Die perfidesten Schmuggler, die ich kenne, also, kannte, das waren meist Frauen. Ihr habt ein Händchen für so was. Hinterhältig, geschickt, ruchlos.«
»Während ich jetzt darüber nachdenke, ob das eine besondere Form von Chauvinismus war oder nicht, machen Sie sich mal an die Arbeit und hören sich um. Sie wissen, worauf Sie zu achten haben. Ob Frau oder Mann, Kim ist meiner Ansicht nach nicht der Drahtzieher. Ich will Namen. Einen oder mehrere. Können Sie mir die bald liefern?«
Der Soldat nickte eifrig. »Bekomme ich dafür frei?«
Vickers kniff die Augen misstrauisch zusammen.
»Das ist Dienst und darum keine Freizeit.«
»Es ist aber möglich, dass es zu meinen Aufgaben gehören wird, im Zuge dieser dienstlichen Tätigkeit alkoholische Getränke zu mir nehmen zu müssen«, drechselte Shwartz so verdreht, dass Vickers automatisch alles ablehnen wollte. Andererseits hatte er da wohl recht. Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps, außer eben, wenn Dienst auch Schnaps ist. Oder ist Schnaps hier Dienst? Wie auch immer, sie musste wohl nachgeben, wenn sie Ergebnisse sehen wollte.
»Tun Sie, was notwendig ist«, knurrte sie und sah, wie Shwartz mit erwartungsvollem Lächeln abzog. Dann schaute sie auf die Beute auf dem Tisch vor ihr, musterte die Dregg-Wurzeln vielleicht ein wenig länger als notwendig, um sich dann selbst zu ermahnen. Wenn sie diesem Impuls nachgab, war sie nicht besser als jene, auf deren Spur sie gerade einen trinkfreudigen Marinesoldaten gesetzt hatte. Sie würde jetzt Vara Bericht erstatten müssen.
Diese Aussicht erweckte in ihr ebenfalls den Wunsch nach einem Schluck. Er würde nicht erfreut sein, von einem weiteren Problem zu hören. Sie nahm sich vor, es ihm so schonend wie möglich beizubringen.
Layas Wohnung war schön eingerichtet. Arks erster offizieller Auftritt als ihre Schwester bestand darin, das Apartmentgebäude zu betreten, durch die automatischen Kontrollen zu laufen und die geschmackvolle Vier-Zimmer-Wohnung zu betreten, die einen gehobenen Lebensstil repräsentierte. Natürlich verfügte sie dabei über alle Originaldokumente, die die Entführer der echten Laya abgenommen hatten.
Ihre Halbschwester hatte es, zumindest materiell, zu etwas gebracht, daran bestand gar kein Zweifel. Und sie hatte schon immer deutlich mehr Geschmack bei der Auswahl von Möbeln und Kleidung bewiesen als Zadiya Ark, das musste sie neidlos anerkennen. Wer wie die Offizierin zumeist Uniform trug und bei Freizeitkleidung eher darauf achtete, ob die Jogginghose echte Hosentaschen hatte, konnte möglicherweise nicht den gleichen Sinn für Ästhetik entwickeln.
Doch, es war schön hier. Zadiya nahm sich Zeit, schaute sich um. Es war gut, wenn sie sich etwas mit diesen Räumlichkeiten auskannte. Hier wirkte nichts kalt und steril, sondern alles war mit einer persönlichen Note versehen. Ein individueller Geschmack, der sich durch bewusste Entscheidungen in Design, Farbgebung und Arrangement zeigte. Es gab gewiss Experten, die über so was Vorträge halten konnten, Ark konnte nur von ihrem persönlichen Eindruck ausgehen.
Sie wanderte durch die Räume, fand sie sauber und aufgeräumt, und jedes Zimmer schien ein eigenes »Thema« zu haben, das zugleich funktionell und emotional umgesetzt worden war. Entweder hatte Laya einen Raumdesigner engagiert, oder sie hatte ihre Talente zur Perfektion entwickelt. Fast gegen ihren Willen zeigte sich Zadiya Ark beeindruckt. Sie würde hier nicht wohnen wollen – diese Zimmer waren Ausdruck der Persönlichkeit ihrer Schwester, nicht ihrer eigenen. Aber sie verstand, warum sich Laya hier wohlfühlen konnte.
»Nicht schlecht, oder?«
Sie drehte sich um, und ihr Vermieter stand in der Tür, Adamson, derjenige, der dafür gesorgt hatte, dass auch in diesem Haus niemand dumme Fragen stellen würde. Der ältere Herr war angenehmer und schneller nach Terra gereist, wirkte aber weiterhin bekümmert. Es war, als hätte der Verlust seiner Tochter einen dauerhaften Schatten auf seine Seele gelegt. Mit Ark aber sprach er stets in einem Tonfall leiser Freundlichkeit, und er war in seinem Verhalten einer der unaufdringlichsten Menschen, die sie jemals kennengelernt hatte. An seiner Entschlossenheit, der Sache des Widerstands auf seine Weise zu helfen, konnte jedoch kein Zweifel bestehen.
»Es ist sehr angenehm«, sagte sie nickend. »Ich bin sogar überrascht. Ich habe das so nicht erwartet.«
Adamson strich mit einer Hand über die Oberfläche einer Holzkommode, deren Intarsien ein verwirrendes Muster bildeten. Ein besonderes Stück, soweit Ark das beurteilen konnte, vor allem besonders teuer.
»Ihre Schwester hat Geschmack und zeigt Stil. Und sie hat Geld. Es ist beinahe schade, dass ich mich an der Zerstörung ihrer Existenz beteilige.« Er sagte es leise, unaufdringlich – und kalt. Im Gegensatz zu Zadiya Ark hatte Adamson keinerlei Skrupel, was das anging. Er wollte, das war ganz eindeutig, Rache für den Tod seiner Tochter, und wenn dafür die ganze Stadt brennen musste, dann sollte es so sein. Stille Wasser waren nicht immer tief, in diesem Mann aber loderte ein flammender Abgrund. Dann lächelte er, und es war ein Gegensatz, der Ark einen Schauer den Rücken hinablaufen ließ.
»Hat sie hier oft Gäste empfangen? Es sieht alles sehr aufgeräumt aus.«