Sternkreuzer Proxima - Spur der Verwüstung - Dirk van den Boom - E-Book

Sternkreuzer Proxima - Spur der Verwüstung E-Book

Dirk van den Boom

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Beschreibung

Die Republik liegt in Schutt und Asche. Auf der Suche nach Vorräten und Reparaturmöglichkeiten wird die Crew der Proxima zudem von kolonialen Kräften verfolgt. Die Stimmung auf der Proxima wird immer angespannter. Dann kommt es zu einem Zwischenfall - und an Bord bricht die Hölle los! Kann Captain Ark eine Meuterei verhindern?

ÜBER DIE SERIE

Odyssee durch ein Imperium am Abgrund!

Die Terranische Republik zerbricht. Ehemalige Kolonien erklären ihre Unabhängigkeit und stürzen die Galaxis ins Chaos. In einer katastrophalen Schlacht kann sich der terranische Sternkreuzer Proxima gerade noch aus der Kampfzone retten. Auf dem Rückzug kämpft die Proxima ums bloße Überleben und wird zum Spielball in einem unübersichtlichen Krieg. Doch Captain Zadiya Ark und ihre Crew ahnen nicht, dass das Schicksal noch weitaus härtere Schläge für sie bereithält ...

Sternkreuzer Proxima: die neue Military-SF-Serie von Dirk van den Boom - als eBook und digitales Hörbuch.

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Inhalt

CoverÜber diese SerieÜber dieses BuchÜber den AutorTitelImpressum12345678910111213

Sternkreuzer Proxima – Die Serie

Die Terranische Republik zerbricht. Ehemalige Kolonien erklären ihre Unabhängigkeit und stürzen die Galaxis ins Chaos. In einer katastrophalen Schlacht kann sich der terranische Sternkreuzer Proxima gerade noch aus der Kampfzone retten. Auf dem Rückzug kämpft die Proxima ums bloße Überleben und wird zum Spielball in einem unübersichtlichen Krieg. Doch Captain Zadiya Ark und ihre Crew ahnen nicht, dass das Schicksal noch weitaus härtere Schläge für sie bereithält …

Über diese Folge

Die Republik liegt in Schutt und Asche. Auf der Suche nach Vorräten und Reparaturmöglichkeiten wird die Crew der Proxima zudem von kolonialen Kräften verfolgt. Die Stimmung auf der Proxima wird immer angespannter. Dann kommt es zu einem Zwischenfall – und an Bord bricht die Hölle los! Kann Captain Ark eine Meuterei verhindern?

Über den Autor

Dirk van den Boom (geboren 1966) hat bereits über 100 Romane im Bereich der Science-Fiction und Fantasy veröffentlicht. 2017 erhielt er den Deutschen Science Fiction Preis für seinen Roman »Prinzipat«. Zu seinen wichtigen Werken gehören der »Kaiserkrieger-Zyklus« (Alternative History) und die Reihe »Tentakelkrieg« (Military SF). Dirk van den Boom ist darüber hinaus Berater für Entwicklungszusammenarbeit, Migrationspolitik und Sozialpolitik sowie Professor für Politikwissenschaft. Er lebt mit seiner Familie in Saarbrücken.

DIRK VAN DEN BOOM

SPUR DER VERWÜSTUNG

Folge 3

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Anika Klüver

Lektorat/Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: Massimo Peter-Bille

unter Verwendung von Motiven von © Arndt Drechsler

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-8100-9

be-ebooks.de

lesejury.de

1

Das Adelphi-System.

Kein schöner Ort.

Der Schlag kam heftig, sodass Arks Körper in den Gurten nach vorne geworfen wurde. Die festen Bänder schnitten in ihre Brust. Der scharfe Schmerz setzte sie für einen kurzen Moment außer Gefecht. Die Luft wurde aus ihrer Lunge gepresst, sie keuchte auf und hustete. Ihre Kiefer knallten aufeinander. Sie schmeckte Blut, und ihre Zunge schmerzte.

Ark blinzelte. Ihr Blick hatte sich kurz getrübt. Dann fokussierte sie ihre Umgebung neu und konzentrierte sich auf die Instrumente. Überall leuchteten rote Warnsymbole auf.

Sie hatte nicht aufgepasst.

Erneut schüttelte sie ein Hustenanfall.

Rauch entwickelte sich, und als die Umwälzer ausfielen, wurde er nicht mehr abgepumpt. Espinoza stand breitbeinig vor der Konsole, aus der es unheilvoll glühte. In den Händen hielt sie eine Feuerlöschpistole, aus der nun zischend eine weißliche schaumige Substanz entwich, die das schwelende Energiefeuer löschen sollte. Als die Chemikalien auf die Flammen trafen, entstand der charakteristische, Übelkeit erregende Geruch, der sogar durch die dünnen Sauerstoffmasken drang, die sie eigentlich alle …

Eigentlich. »Simeon!«

Was tut dieser Mann da?

Simeon hustete ebenfalls. Sein Gesicht war ganz grün. Er blinzelte und versuchte, den Blick zu fokussieren. Ark stand auf und war mit wenigen Schritten bei ihm. Seine Atemmaske saß nicht richtig, und er hatte es nicht gemerkt. Ark löste die Gurte, ein gefährliches Unterfangen, machte einen Schritt in seine Richtung und griff nach vorn. Sie schob ihm die Maske korrekt über Mund und Nase und versetzte ihm einen halb aufmunternden und halb strafenden Klaps auf die Schulter. Die Helme der Anzüge blieben offen. Es gab genug Sauerstoff, man musste ihn nur vom ätzenden Rauch der schwelenden Plastikteile trennen.

Sie fiel zurück auf ihren Sessel, und die Gurte legten sich um ihren Oberkörper. Es tat weh, als sie sich automatisch strafften.

Simeon sah sie dankbar an. Sein Blick war noch etwas verschleiert. Er brauchte einen Moment.

»Espinoza!«

Die Spezialistin warf die entleerte Feuerlöschpistole zur Seite, wandte sich von dem erstickten Feuer ab und setzte sich auf ihren Platz. Das Glühen in der Konsole war erloschen. Bei ihr saß jeder Handgriff, sie war im besten und im schlechtesten Sinne eine Veteranin. Ark wollte sie an ihrer Seite nicht missen. Sie mochte oft übellaunig sein, aber sie war ein wichtiger Teil der Brückencrew.

»Sie haben uns kalt erwischt, Captain.«

Sie. Ein neues System. Der alte Feind. Hinter ihnen war Captain Kraus mit seinen Schiffen. Sein Eintreffen konnte nicht mehr lange auf sich warten lassen. Vor ihnen befanden sich die Reste dessen, was die Republik hier hinterlassen hatte, gezeichnet vom Krieg, aber vielleicht …

Ark fluchte. Es war ein kurzer, heftiger Ausbruch, den sie sich gönnte. Der Zerstörer ächzte und stöhnte. Kinetische Energie fuhr durch die Schiffshülle. An manchen Stellen war die Konstruktion darauf angelegt, diese Energie durch sorgsam konstruierte Abstände zwischen den Komponenten und Modulen abzufedern und zu verteilen. Dadurch verlor der Zerstörer seine innere Stabilität nicht so leicht. Aber jedes Mal, wenn das passierte, klagte und jammerte das Schiff zum Herzerweichen.

Ark tätschelte ihre Armlehne.

»Ist ja schon gut.«

Natürlich war es nicht gut. Zwei in den Trümmern einer Raumstation, deren Wert für sie nur noch gering sein dürfte, verborgene automatische Werfer hatten auf den vorwitzigen und unvorsichtigen Besuch von Dummköpfen ihres Kalibers gewartet. Hinterhalt und Tücke, wie man sie von den Kolonialen eigentlich erwarten konnte. Unaufmerksamkeit und ein Mangel an Misstrauen, den sie ihrer eigenen Erschöpfung zuschrieb, waren der Grund für ihre jetzige Lage. Sie hatten so schnell wie möglich so viel wie möglich aus den Resten dieses Systems plündern oder Überlebende finden wollen. Oder Hilfe. Bevor sie der unermüdliche Captain Kraus einholte. Da war Schnelligkeit gefragt. Trotzdem war das keine Entschuldigung für ihr unüberlegtes Handeln.

Sie schob den Gedanken beiseite. Selbstkritik war angebracht, aber dafür war später noch Zeit. Erst einmal mussten sie weg von hier.

»Schirme?«

»Mal mehr, mal weniger.«

»Espinoza!«

Ark merkte, dass die ältere Frau um ihre Selbstbeherrschung rang.

»Die verdammten Kontrollen funktionieren nicht richtig. Ich erhalte nur widersprüchliche Werte oder eben gar keine. Wir leben noch, das dürfte fürs Erste reichen.«

Es gab Gründe dafür, warum die ältere Frau bereits zweimal degradiert worden war. Es gab auch welche dafür, warum man sie mehr als zweimal befördert hatte. Sie war ein Fels in der Brandung und nicht so leicht zu erschüttern. Aber sie drückte sich gerne unflätig aus, und ihr mangelnder Respekt vor Offizieren hatte sie ständig in Schwierigkeiten gebracht.

»Ich brauche Ort…«

Ein weiterer Schlag ließ sie mitten im Wort verstummen. Erneut ging ein schwerer Ruck durch das Schiff. Die Wucht presste Ark in den Sitz, fuhr ihr durch Mark und Bein und ließ die Proxima jammern. Etwas knallte, ein heller Blitz zuckte aus einem Panel, es roch nach Ozon. Das war nicht gut. Ark sah sich um. Espinoza griff bereits nach einer zweiten gefüllten Löschpistole, doch die Flammen blieben aus.

Simeon starrte auf seine rechte Hand. Neben dieser klaffte auf dem Steuerpult ein faustgroßes, dampfendes und heißes Loch. Er war sichtlich erschüttert.

»Wir müssen hier weg«, murmelte Ark vor sich hin. Ihre Steuerelemente reagierten noch auf ihre Berührungen, soweit sie das beurteilen konnte. Die Triebwerke und die Navigation funktionierten noch. Grobsteuerung. Laterale Fluglage. Und da kam noch einmal ein Schwung Raketen. Es waren nur kleine, nicht die großen Brummer. Die Werfer eines solchen Kalibers hätten sie beim Hochfahren bemerkt. Das war der Preis des Hinterhalts, der Kompromiss, den ihre Feinde hatten eingehen müssen. Aber auch kleine Raketen konnten Schaden anrichten, wenn sie das richtige Ziel trafen.

Arks Finger tanzten. Sie kannte jeden Schritt, jede Schaltung, mit der sie schadhafte Leitungen umging. Es war ihr Schiff. Es musste ihr gehorchen, denn sie war hier die verdammte Chefin.

Sie zwang die Proxima auf einen neuen Kurs. Der Zerstörer gehorchte. Wie es seine Pflicht war. Er weinte und jammerte dabei, aber so war es eben.

»Sara, ich brauche einen Schadensbericht.«

Sara schwieg.

Ark legte den Kopf in den Nacken, was eine sinnlose Geste war. Irgendwo über der Brücke in einem gepanzerten Nest saß das, was Sara ausmachte, der Turing-Kern, Herz, Gehirn und Nervensystem der KI. Er würde auch schwerste Schäden überstehen. Ark ging davon aus, dass die Schiffsintelligenz funktionierte, aber irgendwie nicht zur Kommunikation in der Lage war. Momentan ging einiges drunter und drüber.

»Hier funktioniert auch gar nichts mehr. Simeon!«

Der Mann zuckte kurz, riss sich dann zusammen, drückte sich die Atemmaske gegen das Gesicht und starrte sie aus rot geränderten Augen an. Sie hatte keine Zeit für Mitleid. Sie hatte nicht einmal Zeit, um dem jungen Mann auch nur das geringste Verständnis entgegenzubringen.

»Captain.«

»Kommunikation. Ich brauche eine Verbindung zu Thomson.«

»Das Interkom ist ausgefallen.«

»Dann sorgen Sie für eine Reparatur, Lieutenant! Gehen Sie runter. Ich will zusätzliche Energie für die Triebwerke, und zwar schnell. Und er soll auf die Schirmsteuerung achten. Los, auf die Beine!«

Ihre Worte waren scharf, doch ihre Wirkung ging in einem heftigen Rucken unter, das sie erneut durchschüttelte. Simeon raffte sich trotzdem auf, torkelte aus der Zentrale und war vielleicht sogar ein wenig erleichtert, sich beweisen zu können.

Die Proxima zwang sich viel zu langsam aus der alten Flugbahn. Ark hasste die Massenträgheit. Sie war eines der lästigsten aller Naturgesetze.

Etwas krachte, und wieder schwankte das Schiff. Jedoch nicht so stark wie vorher. Ark rieb sich mit einer Hand eine Brust. Blaue Flecken waren das kleinste ihrer Probleme.

»Treffer!«, rief Espinoza. »Hülle, Sektor drei, Druckabfall. Die Hüllenintegrität ist nicht beeinträchtigt. Ich benachrichtige das Reparaturteam, weiß aber nicht …«

Sie ließ den Satz unvollendet. Ark verstand auch so, was sie meinte.

Ein paar der Sensoren meldeten noch, immerhin. Die Proxima wurde jetzt durch die feuernden Triebwerke immer schneller in einen Fluchtkurs gezwungen. Dann knisterte und knackte es, als die Lasercluster Raketen abfingen. Ohne die automatische Abwehr …

»Ziel!«, stieß Espinoza aus. Ihre Stimme zitterte vor Zorn. »Da ist das Schwein. Captain, ich …«

»Tun Sie’s!«

Espinoza handelte. Sie hieb auf die Waffensteuerung ein und legte dabei eine befriedigende Hingabe an den Tag. Signaltöne erklangen. Dann hörte man nur noch das Knirschen des Schiffes, das versuchte, widerstreitende Energien auszugleichen. Ein Glockenton hallte über die Brücke.

»Abgefeuert, Captain. Drei SRM, genau ins Ziel.«

»Lauf?«

»Sieben.«

»Melden.«

Espinoza meldete. Monoton zählte sie herunter. Dann verkündete sie triumphierend und mit fast grausamer Freude: »Treffer, versenkt, Captain.«

»Wo ist der andere Werfer?«

»Er versteckt sich im Trümmerfeld. Meine Schätzung ist …«

Die Frau brach ab. Die Lasercluster machten Lärm, als würden sie direkt neben ihnen losgehen.

»Wir haben ein Isolierungsproblem!«, rief Espinoza. »Ich empfehle …«

»Helme! Alle! Sofort!«

Ark schloss den ihren, genoss für einen Moment die gute Luft und die relative Stille und drehte dann das Außenmikro auf. Sie musste wissen, was sich dort abspielte.

Die Proxima beschleunigte vom Ort des Geschehens weg. Der Kartentank flackerte. Die Achat machte die Bewegung mit. Yin war auf Zack, vielleicht manchmal mehr als sie. Die Ortung funktionierte noch einwandfrei und zeigte eine Spur aus heißen Abgasen, die die Korvette verließ, und zwar an der falschen Stelle.

»Yin, Status!«

Es knackte und knirschte im Funk. Nach einer Weile erklang ein Keuchen. Der Captain der Korvette hatte offenbar alle Hände voll zu tun.

»Mein Schiff wackelt und hinkt etwas, ist aber einsatzbereit«, kam die beruhigende Antwort.

»Bestätige und danke.«

Ark trennte die Verbindung. Es hatte keinen Sinn, den Mann von seiner Arbeit abzuhalten.

Schneller als erwartet, aber so schnell wie erhofft kehrte Ruhe ein. Ark gestattete sich, entspannter zu atmen. Die Alarmmeldungen verebbten. Rot wechselte zu grün, jedoch nur zögerlich, so als wollte das Schiff selbst nicht glauben, dass es davongekommen war. Sara meldete sich. Mündlich überbrachte Schadensberichte kamen herein. Das Interkom funktionierte zwar nicht mehr, aber erschöpfte Besatzungsmitglieder rannten die Gänge auf und ab, um Meldung zu erstatten.

Es fand kein Beschuss mehr statt. Die beiden Schiffe schufen Distanz, der verbliebene Werfer sah seine Ziele davonfliegen, die Elektronik berechnete die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Abwehr und gab auf.

»Captain, wir haben keine Feindkontakte mehr«, meldete Simeon. »Vorerst ist die Luft rein.«

»Heben Sie den Alarm auf.«

Sie schaute auf ihre Instrumente. Die Druckverhältnisse waren normal, die Luftqualität annehmbar. Ark lehnte sich auf ihrem Sessel zurück und öffnete ihren Helm. Es stank, doch die Reparaturteams waren bereits in Aktion getreten, und die Umwälzer hatten begonnen, die Luft zu reinigen. Ihre Augen brannten. Wenn sie jetzt mit den Händen über sie rieb, würde es nur noch schlimmer werden, also zwang sie sich, nur zu blinzeln.

Simeon kam mit einem Techniker im Schlepptau zurück. »Hamilton« stand auf dem Namensschild.

»Thomson weiß Bescheid. Er meldet, dass es ihm lieber wäre, wenn wir einfach abhauen.«

»Thomson hat recht, und wir hauen ab.«

»Ich habe den Techniker mitgebracht.«

Dieser nickte der Kommandantin nur kurz zu und machte sich an die Arbeit.

»Ich brauche eine Verbindung zum Turing-Kern und zum Maschinenraum!«, sagte sie. »Und ich will alle Sensoren zurückhaben.«

»Ich bin dran, Captain!« Die Erwiderung klang so, als wollte er eigentlich sagen: »Lass mich in Ruhe meine Arbeit machen!«

Ark holte tief Luft. Der Mann hatte ja recht.

Dieses System wurde zu einer Katastrophe. Die Prophezeiung von Captain Kraus, der den ganzen Vorfall gewiss mit großer Zufriedenheit beobachtet hatte, schien sich zu bewahrheiten. Er hatte ihr angekündigt, dass ihre Flucht ein Spießrutenlauf werden würde – und dass sie nur zu Gesicht bekommen würde, wie sich der Niedergang der Republik in jedem System abzeichnete, das sie durchflogen.

Die Kolonialen waren schon hier gewesen.

Und sie hatten keinen Stein auf dem anderen gelassen.

Welch bittere Erkenntnis.

Hamilton arbeitete, Meldungen kamen herein, das Schiff hörte auf zu jammern. Die Luft klärte sich und mit ihr die Gedanken. Der Herzschlag wurde ruhiger. Espinoza aß einen Konzentratriegel. Diese Frau war einfach immer pragmatisch.

Zeit verging. Die beiden Flüchtlingsschiffe behielten die Verfolger auf den Schirmen und rasten weiter. Hamilton verschwand wieder, Ark nahm es gar nicht richtig wahr. Diese stille Effizienz gefiel ihr. Das Interkom funktionierte wieder, und sofort kam eine ganze Flut an Schadensmeldungen herein. Ark lauschte, nahm alles zur Kenntnis, und merkte schnell, dass sie wieder einmal mehr Glück als Verstand gehabt hatten. Die Lage beruhigte sich nun im ganzen Schiff. Alle öffneten die Helme, aßen Konzentratriegel und tankten neue Energie. Die innere Anspannung ließ langsam nach. Und sie sahen sich weiter um.

Es musste doch noch etwas geben. Jemanden. Es konnte doch nicht alles …

Mit dem Gegner im Nacken blieb ihnen keine Ruhe, solange sie in diesem System waren.

Ark zeigte auf eine Stelle auf dem Kartentank.

»Dorthin«, sagte sie. »Wir geben noch nicht auf.«

Niemand widersprach ihr, außer vielleicht in Gedanken, und sie meinte diese Worte ernst. Die beiden Schiffe feuerten ihre Triebwerke hoch.

Sie nahmen Kurs auf Adelphi-Beta, die zweitgrößte Raumstation des Systems – zumindest war sie das früher mal gewesen –, und ließen das trügerische Trümmerfeld hinter sich. Die Hoffnung, die sie in diesen neuen Versuch setzten, war nicht sehr realistisch. Aber was hätten sie denn sonst tun sollen? Während einmal mehr überall hektisch die Reparaturarbeiten aufgenommen wurden, näherten sich die beiden Schiffe dem auserkorenen Ziel.

Ark widerstand dem Drang, sich hinzulegen oder einfach nur auf dem Sessel einzunicken. Das Adrenalin war noch da, es hielt sie mit brennender Intensität aufrecht.

»Espinoza, was haben wir? Wie sieht es aus?«

Die Spezialistin war in ihrem Urteil deutlich.

»Sie sind alle tot.«

»Das wissen wir noch nicht genau.«

»Doch, tun wir.«

Spezialistin Espinoza flüsterte den letzten Satz nur, doch Ark hatte ihn gehört. Sie wusste, dass die Frau recht hatte, aber dies war nicht der Zeitpunkt, um schlechte Nachrichten zu verbreiten. Espinozas verkniffener Mund sagte mehr als jedes weitere Wort. Ark konnte sie zurechtweisen, ihr gebieten zu schweigen. Doch was sie auf den Schirmen sahen, sprach für sich.

Natürlich wussten sie es.

Die Raumstation war ein Wrack. Trümmerteile schwebten durch das All und wurden von den unablässig kreisenden Scannern markiert, wann immer sie eine Gefahr für die heranschwebende Proxima darstellten. Restwärme wurde aufgefangen, was darauf hindeutete, dass der Versorgungs- und Umschlagplatz erst vor relativ kurzer Zeit angegriffen und mit brutaler Effizienz zerstört worden war. Die Station war nicht groß gewesen, eine der für die Republik üblichen Hybridinstallationen, die sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke genutzt wurden. Früher hatten sich hier Firmen unter dem Schutz der Flotte angesiedelt, weil das als sicher gegolten hatte. Doch seit dem Ausbruch des Krieges waren die alten Gewissheiten nichts mehr wert. Sofern die Zivilisten nicht rechtzeitig das Weite gesucht hatten, mussten sie das Schicksal der Soldaten geteilt haben.

Sie sind alle tot. Espinozas Worte hallten in Arks Kopf wider. Es gab keinen Zweifel.

»Transponder?«

»Ich habe drei Druckanzüge. Alle melden tote Fracht.«

Tote Fracht. Das bedeutete, dass die Automatik der Rettungsanzüge der Ansicht war, dass ihre Passagiere bereits verstorben waren und sie nur noch Leichen vor dem Weltall beschützten. Es gab seltene Fälle, in denen die Selbstanalyse dieser Elektronik nicht richtig funktionierte und der Gerettete noch atmete. Sie würden die drei einsammeln, um ganz sicherzugehen.

Es gab diese Fälle. Aber sie waren sehr, sehr selten.

»Sonst irgendwelche Emissionen?«

»Nichts«, sagte Simeon mit belegter Stimme. »Die Trümmer sind alle inaktiv und driften auseinander. Nichts erzeugt Energie. Die Simulation vermutet einen Wirkungstreffer am Hauptgenerator. Sie hatten keine Chance.«

»Haben wir Wrackteile der Kolonialen?«

»Negativ. Es hat keinen von ihnen erwischt, jedenfalls nicht stark genug, dass sie sich nicht wieder hätten verkrümeln können.«

»Verdammt!«

Espinoza lachte.

Ark bedauerte sofort, geflucht zu haben. Es machte keinen guten Eindruck, stets die Kontrolle über sich selbst zu verlieren. Dies war keine Extremsituation, in der das akzeptabel gewesen wäre. Es war schlicht der Ausdruck von Verzweiflung ob einer generell unvorteilhaften Lage. Da hatte sie etwas mehr Würde zu bewahren.

Verdammt!