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Es ist die Geduld, die uns alt aussehen lässt, dass wir unsere Kindheit regelrecht vergessen, ich meine verloren haben. Ich sehe dem Gesicht an, dass es in den Wochen des Krieges viel älter geworden ist durch den fehlenden Schlaf und die Ängste und Träume, von einer Granate zerrissen zu werden und aus dem Fenster des achten Stockwerks zu fallen. Das Gemeine ist, dass wir den Ängsten und Träumen hilflos ausgeliefert sind und der Krieg mit uns macht, ohne auf unsere Kindheit Rücksicht zu nehmen, die wir doch den Schlaf bitter brauchen. Und das blöde Gesichtszucken mit den Zeichen der Angst und Hilflosigkeit endlich aufhört. Ich denke, dass wir uns für eine solche Besserung auf längere Zeit gedulden müssen, denn ein Ende des Krieges ist nicht abzusehen. Dann ist es die Geduld, die uns nach Wochen oder Monaten alt aussehen lässt, dass wir unsere Kindheit regelrecht vergessen, ich meine verloren haben. So wird es wohl im besten Falle sein, wenn wir in der Zeit der fürchterlichen Schrecken und Ängste das Leben noch haben, das doch für keinen garantiert werden kann, wenn wir morgens aus dem Fenster und die Trümmer vor den Häusern liegen sehen. Und das mit den Löchern in den Häusern und den Trümmern auf den Straßen und Plätzen füllt das Kindergesicht mit Verlorenheit und Schmerz. Da ist es kein Wunder, dass unsere Gesichter in so kurzer Zeit viel älter aussehen. Gegen dieses Älterwerden können wir Kinder uns nicht wehren, so wie wir uns gegen den Krieg und seine Grausamkeit nicht wehren können und der verlorenen Kindheit nachweinen. Kein Mensch kann sich jünger machen, als er unter den Wirklichkeiten seiner Umwelt schon ist. Und bei uns ist es der Krieg mit seinen Schrecken und Ängsten und dem fehlenden Schlaf, der an unserer Kindheit zehrt und sie schließlich verzehrt, dass wir nach Wochen alte Gesichter haben, die sich nicht verjüngen lassen, und uns keiner glauben wird, dass wir noch Kinder sind mit dem Verlangen, unsere Kindheit zurückzubekommen.
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Seitenzahl: 76
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Helmut Lauschke
Straßen der Tränen
Ukraine und die Ängste zum russischen Überfall vom 24. Februar 2022
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Die Geschichte der Ukraine
Krieg in Europa
Das ukrainische Territorium in Mittelalter und Neuzeit
Ukraine Teil der Sowjetunion
Die Ukraine im Zweiten Weltkrieg
Die Weltkriege und ihre Folgen
Tschernobyl
Unabhängigkeit, Orangene Revolution und innere Machtkämpfe
Der Ukraine-Konflikt
Der Ukraine-Krieg und die Kultur
Tschernobyl Februar 2022
Kinderstimmen und Kinderängste zur russischen Invasion in die Ukraine (Donnerstag, 24. Februar 2022)
Sicherheitsgarantien statt NATO-Beitritt
Putin beharrt auf seinen Forderungen
Bennett spricht erneut mit Putin
Erdogan fordert Waffenruhe
Die Kämpfe in der Ukraine gehen unvermindert weiter
Keine Einigung über Fluchtkorridore
Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj per Videotelefonat im britischen Unterhaus (Dienstag, 08.03.2022)
Dienstag, 12.03.2022
Angriffskrieg kann nicht verfolgt werden
Keine Immunität vor dem Weltstrafgerichtshof
“Positive Entwicklungen"-Selenskyj: Treffen mit Putin in Jerusalem?
Aktuelles zum Krieg in der Ukraine
Mittwoch, 16.03.2022
Kinder sprechen zum Verlauf des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine
Impressum neobooks
Ukraine und die Ängste zum russischen Überfall vom 24. Februar 2022
Kiewer Rus um 1000 n. Chr. Karte: Ras67, Wikimedia, CC-BY-SA-3.0
Seit 75 Jahren bilden unsere freiheitlich-demokratischen Werte die Basis für ein friedliches Zusammenleben in Europa. Das Jahrhundert der Katastrophen um die beiden Weltkriege liegt hinter uns. Mit der Eskalation im Ukraine-Konflikt und dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat Russlands Präsident Putin einen Krieg in Europa ausgelöst und damit die europäische Sicherheits- und Friedensordnung erschüttert. Wie konnte es soweit kommen? Wo liegen die Ursachen des Konflikts? Mit welchen Folgen ist zu rechnen?
Wie Russland und Weißrussland (Belarus) versteht sich die Ukraine als Nachfolgestaat des historischen Reiches der Kiewer „Rus“. Dieses Reich vereinigte die Ostslawen von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und zerfiel nach der Invasion der Mongolen im 13. Jahrhundert in mehrere Teilfürstentümer. Im 14. Jahrhundert kam der Großteil des ukrainischen Territoriums unter die litauisch-polnische Oberherrschaft. Im 16. Jahrhundert wurde das Gebiet Teil des Königreichs Polen.
Im Widerstand gegen die polnische Herrschaft haben sich die Kosaken besonders hervorgetan. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gelang es einem ihrer Anführer ein autonomes ukrainisches Staatswesen gegen die polnischen Herrschaftsansprüche zu etablieren, das einige Jahrzehnte existierte. Noch im selben Jahrhundert unterstellte sich jedoch die Osthälfte der Ukraine der russischen Zarenherrschaft. Die vom Zaren gewährte weitgehende Autonomie wurde schrittweise aufgehoben.
Im Verlauf der drei Teilungen Polens (1772, 1793, 1795) wurde auch das restliche Territorium zwischen Russland und Österreich aufgeteilt. War der Begriff „Ukraine“ jahrhundertelang meist nur als Bezeichnung für „Grenzland“ gebräuchlich, entwickelte sich nun der Begriff zu einer eigenen Staatsbezeichnung weiter. Spätestens zu dieser Zeit entbrannte auch der Streit über weitere Begrifflichkeiten: Sowohl Ukrainer als auch Russen beanspruchten die „Kiewer Rus“ als Wiege ihres Staates. Gleichzeitig hatte sich – zunächst vor allem auf ukrainischer Seite – die Idee einer „Dreieinigkeit“ des russischen Volkes aus Russen, Belarussen und Ukrainern herausgebildet.
Nach dem politischen Umbruch in Russland (1917) und der Gründung der Sowjetunion (1922) wurde die Ukraine als Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik Teil der UdSSR.
Die Sowjetunion wurde nach sprachlich-ethnischen Kriterien gegliedert. Die Ukrainische Sowjetrepublik umfasste demzufolge die Territorien mit einer ukrainischen Bevölkerungsmehrheit. Ihre Kompetenzen blieben zwar beschränkt und sie musste sich der Parteiherrschaft der KPdSU unterordnen, doch war sie der Kern des heutigen Nationalstaates. Die Ukrainer wurden, im Gegensatz zum Zarenreich, in der Sowjetunion als eigene Nation anerkannt.
Holodomor
Zum Thema „Holodomor 1932–33. Politik der Vernichtung“ hat die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg am 24. November 2007 eine Tagung in Mannheim veranstaltet. Professor Dr. Gerhard Simon: Der Holodomor als Völkermord. Tatsachen und Kontroversen (Textmanuskript)Dr. Ernst Lüdemann: Stalins Feldzug gegen die Bauern in deutschen Schulbüchern (Textmanuskript)
Neben Polen, Weißrussland und dem Baltikum war die Ukraine einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkrieges. Das Land litt enorm mit über acht Millionen Toten, darunter geschätzte fünf Millionen Zivilisten, die im deutschen Vernichtungskrieg ihr Leben lassen mussten. Darunter waren auch rund 1,6 Millionen ukrainische Juden, die im Holocaust ermordet wurden. Mehr als 2,4 Millionen Männer und Frauen wurden aus der Ukraine als sogenannte „Ostarbeiter“ in das Deutsche Reich verschleppt, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten und oftmals daran starben. In der deutschen Erinnerungskultur an die NS-Barbarei stehen diese Tatsachen oftmals im Schatten der Erinnerung an die Opfer Russlands und anderer ehemaliger Länder der Sowjetunion.
Im August und September 1941 fand mit der Schlacht um Kiew eine der großen Kesselschlachten des Zweiten Weltkriegs statt. Am 19. September 1941 wurde Kiew von der deutschen Wehrmacht eingenommen und zwei Jahre lang besetzt, bis es im Dezember 1943 von der Roten Armee befreit werden konnte.
Die Nachkriegszeit war in der Ukraine vom Wiederaufbau und starker Industrialisierung gekennzeichnet. In der Folge des Zweiten Weltkriegs kam es auf dem Gebiet der Ukraine zu großen Bevölkerungsumsiedlungen: Die gesamte polnische Bevölkerung in der Westukraine wurde ausgesiedelt oder vertrieben, die ukrainische Minderheit Polens in die Ukraine zwangsumgesiedelt. Die Ukraine blieb Teil der Sowjetunion.
Chruschtschow machte der Ukrainischen Sowjetrepublik 1954 anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Russisch-Ukrainischen Einheit die Halbinsel Krim zum Geschenk.
In den 1980er Jahren ereignete sich eine folgenschwere Katastrophe. Am 26. April 1986 explodierte im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl ein Kernreaktor, wodurch eine Fläche von fast 150.000 km² radioaktiv verseucht wurde und enorme Schäden für Menschen und Umwelt entstanden. Tschernobyl steht bis heute für den weltweit größten Unfall in der Geschichte der zivilen Nutzung der Atomenergie.
Nach der Auflösung der Sowjetunion erhielt die Ukraine 1991 ihre staatliche Unabhängigkeit. Ihre nationale Identität und internationale Rolle zwischen westlicher Orienterung, bspw. Integration in die Europäische Union und einer politischen Orientierung zu Russland hin, hat die Ukraine seither nicht dauerhaft gefunden. Unter Leonid Kravtschuk und Leonid Kutschma, den ersten zwei Präsidenten des Landes, hatte sich ein System etabliert, zu dessen Merkmalen Machtmissbrauch, Korruption, Clanwirtschaft und organisierte Kriminalität gehörten.
Nach dem Zerfall der UdSSR 1991 erbte das osteuropäische Land 176 strategische und mehr als 2.500 taktische Atomraketen, allerdings waren alle Kontrollsysteme in Russland. Die ukrainischen Raketen wurden bis 1996 nach Russland abtransportiert oder zerstört. Als Kompensation erhielt die Regierung in Kiew finanzielle Hilfe aus den USA, günstige Energielieferungen aus Russland und Sicherheitsgarantien, die im Budapester Memorandum vom 5. Dezember 1994 festgehalten wurden. Darin verpflichteten sich die USA, Russland und Großbritannien, die territoriale Unversehrtheit und politische Unabhängigkeit der Ukraine weder durch Gewalt noch durch deren Androhung zu verletzen, keinen wirtschaftlichen Zwang auszuüben, auf jegliche militärische Besetzung zu verzichten und solche keinesfalls anzuerkennen.
Als Vorläufer der Proteste auf dem Maidanplatz 2013 gilt die „Orangene Revolution" von 2004. Sie war eine Serie von Protesten, Demonstrationen und einem geplanten Generalstreik in der Ukraine. Auslöser waren die ukrainischen Präsidentschaftswahlen 2004, bei denen Wahlfälschungen der jeweiligen Gegenseite gemeldet wurden. Die Proteste gingen von den Anhängern des während des Wahlkampfs durch eine Vergiftung angeschlagenen Präsidentenanwärters Wiktor Juschtschenko (dessen Wahlfarbe Orange war) aus. Als Kandidat des Oppositionsblocks „Unsere Ukraine" war er laut erstem offiziellen Ergebnis der Zentralen Wahlkommission dem offen von Russland unterstützten Wiktor Janukowytsch unterlegen. Aufgrund der wochenlangen Protesten erreichte die Bewegung der „Orangen Revolution“ und die Opposition, dass die erste Stichwahl für ungültig befunden wurde. Juschtschenko erhielt bei der Wiederholung der Stichwahl für das Präsidentenamt am 26. Dezember 2004 die meisten Stimmen.
Seither ist das politische Geschehen in der Ukraine von inneren Machtkämpfen geprägt. Bereits 2005 entließ Viktor Juschtschenko die Regierung unter Julia Tymoschenko. Nach den Parlamentswahlen 2006 führten erneute Streitigkeiten dazu, dass der Präsident das Parlament auflöste. 2007 einigte man sich auf eine Koalition der Parteien von Juschtschenko und Tymoschenko; die Machtkämpfe hielten allerdings an. In den Präsidentschaftswahlen 2010 erfolgte daraufhin ein Führungswechsel: Wiktor Janukowitsch wurde zum Präsidenten gewählt und Mykola Asarow übernahm das Amt des Ministerpräsidenten.
Ende 2013 kam es zu Unruhen auf dem Maidan-Platz in Kiew, die sich gegen die Regierung richteten. Auslöser war die überraschende Erklärung der ukrainischen Regierung, das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union vorerst nicht unterzeichnen zu wollen. Präsident Janukowitsch wurde im Februar 2014 per Beschluss abgesetzt.
Nach Unruhen auf der Krim und einem anschließenden Referendum kam es im Frühjahr 2014 zur Abspaltung der Krim. Die Halbinsel wurde von Russland völkerrechtswidrig annektiert. Auch in der Ostukraine kam es zu Unruhen , die bis heute andauern.Die Separatisten im Donbass fordern mehr Eigenständigkeit bis hin zu einem Anschluss an Russland und haben diverse Orte gewaltsam unter ihre Kontrolle gebracht. In Donezk und Lugansk haben die Menschen bei einem umstrittenen Referendum für die Abspaltung von der Ukraine abgestimmt.