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Zwei Frauen. Ein Portal. Ihre Liebe zueinander. Alissa liest die Stellenanzeige nochmals. »Portal in das Land der Liebe. Versuchspersonen gesucht.« Dann folgt eine Telefonnummer. Mit der örtlichen Vorwahl. Entgegen alle Vernunft antwortet Alissa auf die Zeitungsanzeige. Angetrieben von ihrer grenzenlosen Fantasie und dem Glauben an das Gute. Das Portal der Verführung bietet mehr als es auf den ersten Blick scheint. Wagt Alissa sich einen Schritt nach vorne, durch das Portal in eine andere Welt zu gehen? Der Kirschbaum, mit den saftigen roten Früchten, und eine fröhlich lachende Sybille rufen lockend nach ihr. Eine romantische Geschichte zwischen zwei Frauen aus zwei Welten. Auf der Suche nach einem Weg zueinander.
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Das dünne Zeitungspapier klebte an Alissas feuchten Händen.
Feucht waren ihre Hände nicht, weil es besonders heiß gewesen wäre.
Es war ein vergleichsweise warmer Wintertag. Draußen tropfte das Wasser von den Eiszapfen, die im Sonnenlicht glitzerten. Sie saß drinnen, auf einem gepolsterten Holzstuhl an einem kleinen, rechteckigen Tisch des Cafés und hatte die heutige Ausgabe der Tageszeitung in der Hand.
Kein Grund für feuchte Hände. Die Luft hier drin war nicht tropisch feucht. Ihre Teetasse war auch nicht beschlagen, also war es angenehm warm. Leicht dampfte ihr roter Früchtetee noch vor sich hin und duftete nach Zimt und Kirschen. Die zwei Löffel Sirup, die sie hinein gerührt hatte, hatten sich bereits aufgelöst.
Alissa konnte ihre Augen nicht von den schwarzen Buchstaben weglenken, die sie gerade gelesen hatte.
Sicherlich hatte sie sich verlesen. Schließlich las sie gerne einmal etwas anderes, als da geschrieben stand. Besonders gerne machte sie aus harmlosen Worten erotische Botschaften. Sicherlich war das auch heute und hier passiert. Schließlich las sie gerade den Stellenteil der Zeitung.
Sie suchte nicht unbedingt eine neue Stelle, aber ihre Aufgaben in der Verwaltung langweilten sie. Nach Feierabend kehrte sie in ihre Wohnung zurück und las fantastische Romane. Die Helden und Heldinnen erlebten Abenteuer und entdeckten neue Welten. Sie dagegen ging ins Bett und erschien am nächsten Tag, frisch geduscht und in einer gewaschenen, gebügelten, weißen Bluse, wieder im Büro. Um die nächsten Akten zu bearbeiten.
Außer Samstags, da saß sie den Vormittag über in einem Café, trank Tee und las Zeitung. Am Jahresanfang hatte sie sich vorgenommen, jeden Samstag ein anderes Café zu besuchen. Nur war die Auswahl beschränkt. Jetzt, Anfang Februar, saß sie bereits zum zweiten Mal in diesem Café.
Immerhin hatte sie sich einen anderen Sitzplatz ausgesucht und konnte zum Fenster hinausschauen.
Wenn sie endlich die richtigen Worte in der Stellenanzeige lesen und sich dann davon losreißen würde.
Portal in das Land der Liebe. Versuchspersonen gesucht, stand in der Zeitung. Die Anzeige war mit einem schwarzen Rand versehen und im unteren Viertel war die Grafik eines Bettes mit Vorhängen und Himmel abgedruckt. Bestimmt wurden Verkäuferinnen für ein Bettengeschäft gesucht. Ganz sicher war es keine Partnervermittlung.
Alissa las die Anzeige nochmals.
Portal in das Land der Liebe. Versuchspersonen gesucht. Tätigkeit mit Übernachtung. Bevorzugt am Wochenende. Teilzeit geeignet. Drei Bewerber gesucht. Bezahlung nach Tarif. Danach folgte eine Telefonnummer. Mit der örtlichen Vorwahl.
Garantiert war das eine Stellenanzeige für ein Bettengeschäft. Von einem Tarifvertrag im Bereich der Vermittlungsagenturen für Liebe oder der Branche der käuflichen Liebe hätte sie gehört. Das wäre so interessant, dass es nicht nur in der Presse, sondern auch in der Teeküche der Verwaltung für Wochen DAS Gesprächsthema gewesen wäre.
Was wäre, wenn es doch wahr wäre, überlegte Alissa. Sie suchte schon lange eine Partnerin und fand keine. Nicht dass sie besonders intensiv gesucht hätte, aber trotzdem. Sie war allein. Sie sehnte sich nach mehr als ihrer eigenen Hand, mit der sie sich so oft gestreichelt hatte, dass jede Berührung ihren Reiz verloren hatte. Sie konnte sich selbst nicht mehr überraschen und sehnte sich nach einer Partnerin. Wann hatte sie sich zuletzt gestreichelt?
Sie wusste es nicht mehr.
Wollte sie sich deshalb gleich gegen Bezahlung an eine Unbekannte verkaufen? Hatte sie überhaupt ein Mitspracherecht bei der Wahl des Kunden? Die Anzeige klang, als würde es sich eher um das obere Ende der Preisskala handeln. Mit Übernachtung. Das klang sehr nach einer teuren Agentur.
Alissa klappte entschlossen die Zeitung zu. So dringend brauchte sie keine Frau. Schon gar keine ohne Mitspracherecht bei der Auswahl. Nebentätigkeiten müsste ihr Arbeitgeber genehmigen. Die stockkonservative, altmodische Verwaltung würde ihr eher kündigen, als ihr einen Nebenerwerb am Wochenende bei einer erotischen Agentur zu erlauben.
Ihre Wangen wurden warm und schließlich heiß. Sie würde sich nicht einmal trauen, den Namen des Unternehmens auf das Formular zu schreiben, mit dem eine Nebentätigkeit beantragt werden musste. Allein der Gedanke trieb ihr die Röte in die Wangen. Überhaupt war die Überlegung so abwegig, dass sie am besten alles dazu wieder vergaß.
Alissa schob die Zeitung ein Stück weiter von sich weg an den Rand des Tisches und griff nach ihrer Teetasse. Der Tee dampfte kaum noch. Schnell hob sie ihn an ihre Lippen, als würde sie daran schnuppern und den Duft genießen. Was wenn jemand hereinkam, der sie kannte und mit roten Wangen erwischte? Besser sie hatte eine Ausrede in Form des Tees.
Das war doch lächerlich. Sie war niemandem Rechenschaft schuldig.
Trotzdem wollte sie nicht mit sinnlichen Gedanken erwischt werden. Allein die Idee, dass eine fremde Frau, eine andere Frau, sie streicheln könnte, weckte Fantasievorstellungen in ihr, die nicht nur ihre Wangen röteten.
Alissas Bauch kribbelte und ihre Brustspitzen zogen sich zusammen. Drückten gegen den weichen Baumwollstoff ihres BH. Für so ein Wochenende wäre etwas gewagteres mit Spitze bestimmt besser geeignet.
Sie seufzte und trank einen Schluck von ihrem lauwarmen Tee. Er schmeckte kaum nach etwas. Wenn sie sich anstrengte, könnte sie sagen, daraus schmeckte ein Hauch von Zimt heraus. Aber vielleicht war das auch nur das Zimtaroma, dass sie roch und dass jede andere Geschmacksnote darin überlagerte. Oder ihre Fantasie, die eher an den salzigen Geschmack von schwitzender Haut dachte. Oder die Idee von Schlagsahne mit Kirschen und Zimtpuder auf nackter Haut, die kurz aufblitzte.
Schnell schob sie den Gedanken beiseite.
Alissa stellte ihre Tasse ab. Sie war hier, um sich zu entspannen, etwas anderes als ihre Wohnung zu sehen, und die Tageszeitung zu lesen. Genau das würde sie jetzt tun. Sie wischte ihre feuchten Hände an ihrer blauen Jeanshose ab und griff wieder nach der Zeitung. Das dünne Papier raschelte so laut, dass sich bestimmt alle nach ihr umdrehten.