Trotz Dunkelheit gibt es Licht - Jonathan Fietz - E-Book

Trotz Dunkelheit gibt es Licht E-Book

Jonathan Fietz

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Beschreibung

Auf dem Fußballplatz verlor Jonathan das Bewusstsein. Er erhielt die Diagnose einer schweren Herzerkrankung: Das waren sicher nicht Jonathans Pläne, als er 2008 mit gerade einmal 14 Jahren auf sein Leben blickte. Unzählige Krankenhausaufenthalte, Operationen und Rückschläge musste er verkraften und hat trotzdem nie den Mut verloren. Auch nicht, als sein Herz eines Tages aufhörte zu schlagen. Nur eine Herztransplantation konnte sein Leben retten! In seinem Buch berichtet Jonathan, wie er die letzten 15 Jahre mit seiner Herzerkrankung überlebte und welchen Herausforderungen er sich stellen musste. Wir alle haben nur ein Leben und dafür lohnt es sich zu kämpfen - Jonathan nahm diesen Kampf an!

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Seitenzahl: 254

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Jonathan Fietz wurde 1993 in Ostercappeln geboren und lebt seither in dem Ort im Osnabrücker Land. Als humorvoller, empathischer und besonders optimistischer Mensch hat er bereits viele Rückschläge erlitten, doch egal wie ausweglos die Situation erschien, für ihn war und ist immer klar: Aufgeben ist nie eine Option!

Nach einer Herzmuskelentzündung 2008 und vielen lebensbedrohlichen Schicksalsschlägen in den Folgejahren entwickelte er seinen Kampfgeist und den unermüdlichen Willen, trotzdem positiv zu bleiben. Mit diesem Buch möchte er erkrankten, aber auch gesunden Menschen zeigen, wie sich ein Leben mit einer schweren Herzerkrankung mit all den verschiedenen Facetten anfühlt. Ihm war besonders wichtig, immer an seine Ziele zu glauben, die er auch erreichen konnte: 2019 schloss er sein Studium im Studiengang Öffentliche Verwaltung ab und schaffte den Einstieg ins Berufsleben. Gemeinsam mit seiner Frau genießt er sein neues Leben, bestückt mit viel Freude, Humor und neuem Lebenswillen.

Jonathan Fietz

Autobiografie

Februar 2024

© 2024 Jonathan Fietz

Website: Instagram: joni93_

Lektorat: Marion Y. Engmann, Kiel – NetLektorin.de

Coverdesign: Andreas Richter

Covergrafik: Casther, 295291997, Adobe Stock

Umschlag & Satz: Erik Kinting – www.buchlektorat.net

Softcover

978-3-384-12993-2

E-Book

978-3-384-12994-9

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Vorwort

Der Tag, der alles veränderte

Neues Krankenhaus, neues Glück

Mit 200 über die Autobahn

Keine Zeit zum Durchatmen

Eine Hürde von vielen

Wut, Enttäuschung und doch Lebensfreude

Sackgasse im Kopf – aufgeben oder kämpfen?

Meine Angst wird auf die Probe gestellt

Schule, Liebe und das bescheuerte Herz

Berg-und-Tal-Fahrt

Der Kampf um Leben und Tod

Die Hoffnung beginnt in den Niederlanden

Marathon-Eingriff

Rückkehr nach Leiden

Spuren am Herzen

Bereit für das, was da noch kommt

Wettlauf gegen die Zeit

Glaube an Wunder

Das neue Leben hat begonnen

Ich liebe das Leben

Geprägt durch die Krankheit, aber doch gewachsen

Abkürzungen

Trotz Dunkelheit gibt es Licht

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Vorwort

Abkürzungen

Trotz Dunkelheit gibt es Licht

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Vorwort

Jeder Mensch könnte ein Buch über sein Leben schreiben. Über die traurigsten, lehrreichsten oder auch schönsten Erfahrungen, die er im Laufe der Zeit gemacht hat. Täglich lernen wir in unserem Leben dazu und können anderen davon erzählen. Wir erzählen uns immer wieder Dinge, die wir oder auch andere erlebt haben. Dinge, die uns geprägt haben. Dinge, die uns zu den Menschen machen, die wir sind. Manche Geschichten erzählen wir ein Mal, andere immer und immer wieder.

Ich möchte meine Geschichte erzählen. Was ich erlebt habe, sind meine Erfahrungen mit der Herzerkrankung. Sie sind ganz individuell. Das heißt also, dass es nicht allen herzkranken Menschen so geht wie mir.

Ich möchte mit meiner Geschichte Menschen Mut machen. Nicht nur denen, die auch krank sind. Ich glaube, jeder von uns kann ein wenig Mut vertragen. Denn es gibt immer wieder Situationen im Leben, die uns im Dunkeln lassen. Wo wir manchmal nicht mehr weiterwissen. Doch trotz Dunkelheit gibt es Licht.

Ich erzähle meine Erlebnisse, weil sie zeigen, dass es sich lohnt, zu kämpfen und niemals aufzugeben. Egal, wie ausweglos die Situation manchmal erscheint. Man wird stärker. Mit jedem Rückschlag, aber auch mit jedem Fortschritt, den man erlebt. Bei mir waren es teilweise überwiegend Rückschläge, aber das ist genau das, was mich zu dem Menschen gemacht hat, der ich heute bin.

Wenn in der Geschichte der ein oder andere Fachbegriff vorkommt, erkläre ich ihn jeweils kurz mit meinen Worten. Zu den im medizinischen Bereich verwendeten üblichen Abkürzungen gibt es im Anhang ein kleines Verzeichnis.

Für die verwendeten Personenbezeichnungen gilt, dass sie gegebenenfalls gleichermaßen für weibliche, männliche und diverse Personen gelten.

Nun erzähle ich Ihnen und euch im Folgenden gern meine ganz persönliche Lebensgeschichte.

Jonathan Fietz Ostercappeln, im Februar 2024

Der Tag, der alles veränderte

Es war das Jahr 2008, ich war vierzehn Jahre alt und lebte mit meiner Mutter und meiner Großmutter in Ostercappeln im Landkreis Osnabrück.

Es war 7:15 Uhr, als der Wecker mich aus meinen Träumen holte. Ich musste wie jeder Vierzehnjährige zur Schule. Als einer, der am liebsten von morgens bis abends Fußball gespielt hätte, war die Schule eine notwendige Pflicht. Gerne gelernt habe ich nicht. Nachdem ich mich aufgerafft hatte aufzustehen, zog ich mich an, aß eine Kleinigkeit und putzte mir die Zähne.

„Guten Morgen, Oma, ich muss gleich zur Schule. Ich habe wirklich gar keine Lust“, klagte ich und hoffte auf aufmunternde Worte.

Plötzlich merkte ich, dass heute Dienstag ist. Da hatten wir doch ein Fußballspiel! Von jetzt auf gleich änderte sich meine Stimmung ins Positive und ich startete Richtung Schule. An der Straßenecke wartete schon ein Freund auf mich, mit dem ich zusammen in einer Mannschaft spielte. Wir gingen den Schulweg jeden Tag zusammen.

„Moin, heute ist ja das Spiel. Ich kann es kaum erwarten!“, sagte ich zur Begrüßung.

„Ja, zum Glück. Aber wir müssen jetzt los, sonst kommen wir zu spät!“, sagte er und beschleunigte seinen Gang.

Der Schultag ging heute recht schnell vorbei. Vielleicht lag es daran, dass ich mich so sehr auf das Spiel am Nachmittag freute. In der großen Pause verabredete ich mich mit einem anderen Teamkollegen für den frühen Nachmittag. Wir hatten uns vorgenommen, noch etwas bei ihm auf dem Trampolin zu springen, bevor wir gemeinsam zum Spiel fahren wollten. Als der Schulgong ertönte und der Unterricht für heute zu Ende war, ging es nach Hause, um etwas zu essen. Schließlich wollte ich möglichst schnell wieder aufbrechen.

„Gibt’s irgendetwas Neues?“, fragte mich meine Mutter beim Essen.

„Eigentlich nicht, nur den üblichen Schulkram. Aber irgendwie bin ich heute ziemlich müde“, antwortete ich und musste gähnen.

Als wir mit dem Essen fertig waren und ich die Hausaufgaben im Eiltempo hingekritzelt hatte, nahm ich meine Sporttasche und fuhr mit meinem Fahrrad zu meinem Teamkollegen. Ein weiterer Mitspieler aus unserer Mannschaft war auch schon da. Wir sprangen etwas Trampolin und quatschten dabei über den heutigen Schultag.

Als wir nach dem Trampolinspringen noch auf dem Trampolin saßen, sprach ich meine extreme Müdigkeit an. Einer der beiden schlug vor, einen Energy-Drink zu kaufen, damit ich wieder wach werden würde. Ich war der Torwart unserer Mannschaft, und natürlich wollte ich hellwach sein, um keinen Ball reinzulassen.

Ein Energy-Drink? So was hatte ich noch nie getrunken, aber wenn damit die Müdigkeit verschwindet, kann ich das ja mal probieren, dachte ich mir.

Wir hielten am Getränkemarkt auf dem Weg zum Sportplatz an, und ich trank den Energy-Drink direkt vor Ort. Am Sportplatz angekommen begrüßten wir uns alle standesgemäß untereinander, zogen uns um und machten uns warm fürs Spiel.

Dann ertönte der Anpfiff. Wir machten einen guten Eindruck. Meine Vordermänner ließen kaum Chancen für den Gegner zu. Ich war hellwach und von meiner Müdigkeit war nichts mehr zu spüren. Ich hatte ein gutes Gefühl bei diesem Spiel und war mir sicher, dass wir heute siegreich vom Feld gehen würden.

Doch plötzlich fühlte ich mich ganz komisch, und ich rief unserem Abwehrchef zu: „Ey, mir geht’s nicht gut!“

Ich setzte mich an den Pfosten. Dann blickte ich noch einmal aufs Spielfeld und plötzlich wurde mir schwarz vor Augen.

Ich sah ein helles Licht und dann zog mein Leben mit all meinen Erinnerungen wie in einem schnellen Kurzfilm an mir vorbei. Bilder als Kind, Geburtstage, meine Kindergartenzeit, die Einschulung … ich sah auch Dinge vor mir, an die ich mich zuvor nie hatte erinnern können.

Dann kam das helle Licht wieder und ich hörte eine Stimme meinen Namen sagen: „Jonathan, Jonathan, Jonathan!“

Ich hatte keine Angst und wusste auch nicht, was gerade passiert war. Es fühlte sich nicht fremd oder aufregend an, denn die Stimme klang beruhigend und im Film meiner Erinnerungen waren nur positive Erinnerungen gewesen. Ich kam dem hellen Licht näher, hörte aber weiter die warme Stimme, die meinen Namen rief. Doch dann verschwand das Licht wieder, als hätte jemand den Schalter ausgemacht.

Ich öffnete die Augen und sah meine Mitspieler, meinen Trainer und ein paar Eltern, die sich alle über mich beugten. Ich verstand nicht, was los war. Ich hatte doch eben noch am Pfosten gesessen und mich ausgeruht, weil ich mich unwohl fühlte. Wo war jetzt das Licht? Wieso stehen alle um mich herum? Wie konnte ich ein Licht gesehen haben, das hell wie die Sonne war, obwohl dunkle Wolken am Himmel sind? Das waren die Fragen, die mir durch den Kopf flogen.

Gestützt vom Trainer und dem Vater eines Mitspielers wurde ich auf die Auswechselbank begleitet. Als ich dort saß und einen Schluck Wasser trank, schaute ich in Richtung Spielfeld und sagte zu meinem Coach: „Ich kann gleich wieder spielen. Ich brauche nur einen Moment …“

Aber noch bevor ich meinen Satz beenden konnte, sagte er energisch: „Nein! Du ruhst dich aus und lässt dich im Krankenhaus durchchecken.“

Ich akzeptierte schweren Herzens seine Entscheidung. Dann sah ich auf dem Parkplatz schon den Krankenwagen, der in der Zwischenzeit alarmiert worden war. Ein Vater begleitete mich und wir gingen langsam auf den Krankenwagen zu. Die Sanitäter nahmen mich in Empfang und ich legte mich auf die Trage. Dann nahmen sie mir noch Blut ab und wir fuhren zum Krankenhaus nach Ostercappeln. Ich verspürte keinerlei Schmerzen. Wie ich später erfuhr, war das ein Zeichen dafür, dass ich unter Schock stand.

Im Krankenhaus brachten sie mich in der Notaufnahme sofort zu einer Kabine, damit ich mich hinlegen konnte. Ich bedankte mich bei den Sanitätern und realisierte langsam, wo ich jetzt war und was wohl passiert sein musste.

Meine Hände lagen auf dem Bauch und ich merkte, dass der untere Teil meines Trikots und die Hose nass waren. Verdammter Mist, hatte ich etwa in die Hose gemacht? Eine andere Erklärung hatte ich dafür nicht. Ich war vierzehn, und es war mir sehr unangenehm und peinlich, dass ich mich offenbar eingenässt hatte. Als eine Schwester in die Kabine kam, nahm ich meinen Mut zusammen und teilte ihr das Missgeschick mit. Sie merkte vermutlich, dass es mir nicht leichtfiel, darüber zu sprechen, und erklärte mir, dass so etwas normal sei, wenn man das Bewusstsein verliert. Ich war nach der Aussage erleichtert, dass es scheinbar normal sei. Was dann folgte, waren Untersuchungen wie beispielsweise ein Elektrokardiogramm (EKG) schreiben und Blutdruck messen.

Nach einer Weile kam der Vater meines Teamkollegen vorbei und erzählte mir, dass unser Spiel 2:2 unentschieden ausgegangen war und meine Mitspieler mir gute Besserung wünschten. Ich hatte mich über das Ergebnis sogar etwas gefreut, fand die Genesungswünsche allerdings etwas übertrieben, weil ich doch nur kurz umgekippt war. Ich war ja nicht wirklich krank wie bei einer Grippe. Er beschrieb mir dann aber, dass ich blau angelaufen war, als ich zu Boden ging. Meine Lippen und mein ganzes Gesicht wären blau gewesen und er hätte mich geschüttelt, damit ich wieder zu Bewusstsein kam.

Ich atmete tief durch und murmelte vor mich hin: „Was war heute bloß los? Ich bin blau angelaufen?“ Nach dieser Information sortierte ich meine Gedanken neu und verstand langsam, dass irgendwas nicht richtig sein konnte.

Wenig später traf auch meine Mutter im Krankenhaus ein und kam mit dem Arzt in die Kabine. Sie umarmte mich und ich merkte, wie erleichtert sie war, nun bei mir zu sein. Der Arzt teilte uns mit, dass derzeit alles wieder in Ordnung sei, ihn jedoch mein EKG etwas stutzig mache. Er sagte, ein so junger Mensch dürfe nicht so ein unruhiges Herz haben und ich solle mich für weitere Untersuchungen ins Marienhospital nach Osnabrück begeben, um dort die Ursache herauszufinden.

Langsam realisierte ich das Ausmaß der Situation. Ich ließ zum ersten Mal Emotionen zu und begann zu weinen. „Was wird denn dann aus meiner Chemiearbeit? Die schreibe ich doch morgen“, fragte ich unter Tränen.

Darauf antwortete der Arzt: „Das ist ärgerlich, aber erst einmal müssen wir deine Gesundheit in den Griff bekommen.“

Noch am frühen Abend durfte ich das Krankenhaus in Ostercappeln wieder verlassen und gemeinsam mit meiner Mutter fuhr ich nach Hause. Am späten Abend machten wir uns dann auf den Weg nach Osnabrück ins Marienhospital.

Dort kam ich auf der Kinderstation in ein Zimmer mit drei anderen Jugendlichen. Ich war sehr erschöpft von den heutigen Ereignissen und legte mich deshalb gleich hin und versuchte zu schlafen. Ich hoffte, dass alles nur ein böser Albtraum war.

Am nächsten Morgen hörte ich keinen Wecker, und als ich langsam die Augen aufmachte und mich im Zimmer umsah, realisierte ich von Sekunde zu Sekunde, dass es nicht mein Kinderzimmer war. Es war also doch die Realität, was gestern passiert war, und kein böser Traum.

Eine Woche verbrachte ich mit täglichen Untersuchungen im Marienhospital. Es war alles neu für mich: das Essen, die Räume, die Geräusche der Geräte, der ganze Alltag im Krankenhaus.

Es war Freitag, als eine abschließende Ultraschalluntersuchung durchgeführt wurde. Es waren viele Ärzte anwesend, ich glaube fünf oder sechs. Sie fachsimpelten über meinen Fall und untersuchten mein Herz mit dem Ultraschallgerät. Erst nach etwa einer Stunde sprachen sie dann direkt mit mir und teilten mir die Ergebnisse der gesamten Untersuchungswoche mit.

Einer der Ärzte begann mit den Worten: „Wir haben festgestellt, dass du ein Loch in der Herzwand hast.“

Erschrocken fragte ich mit zittriger Stimme: „Ein Loch in der Herzwand?“ Ich hatte nicht viel mit Medizin am Hut, aber ein Loch bedeutete meiner Ansicht nach immer etwas Negatives. Ein Loch in der Hose, ein Loch im Reifen oder ein Loch in einem Schlauchboot hatte noch nie etwas Positives bedeutet.

Die Ärzte erklärten mir, dass das Loch in einem kleinen Eingriff geschlossen werden kann. Ich war in dem Moment überhaupt nicht ängstlich wegen des Eingriffs, sondern fragte aus einem Reflex heraus, wann ich denn dann wieder Fußball spielen könnte. Sie sagten, dass der Aufenthalt in der Regel drei Tage dauert und ich bald schon wieder Fußball spielen kann. Das stimmte mich mehr als zufrieden! Der Eingriff könnte im Herzzentrum in Bad Oeynhausen durchgeführt werden und bis zu diesem Termin dürfte ich auch wieder nach Hause gehen.

Auch wenn mich der bevorstehende Eingriff leicht beunruhigte, so war doch die Nachricht, dass ich schnell wieder würde Fußball spielen können, sehr erfreulich. Ich packte also meine Tasche und freute mich, endlich wieder nach Hause zu dürfen.

Neues Krankenhaus, neues Glück

Ein komisches, aber zugleich auch tolles Gefühl, endlich wieder zu Hause zu sein. Ich war wieder in meiner gewohnten Umgebung. Dazu die riesige Vorfreude auf ein baldiges Comeback beim Fußball. Es war ein Freitag im Mai 2008. Ich rief gleich nach meiner Ankunft einen Freund an und er fragte mich, ob wir uns am Wochenende treffen wollen, sodass ich ihm alle Neuigkeiten aus dem Krankenhaus berichten könnte.

Wir vereinbarten ein Treffen und ich erzählte ihm, dass ich am kommenden Donnerstag nach Bad Oeynhausen muss, damit mein Loch im Herzen verschlossen werden kann.

„Fällst du also länger aus? Oder kannst du überhaupt noch Sport machen?“, fragte er mich besorgt.

Ich beruhigte ihn und gab ihm wieder, was die Ärzte aus Osnabrück gesagt hatten. „Alles halb so wild“, erklärte ich ihm.

Wir verbrachten den Abend zusammen und philosophierten über unsere Leidenschaft Fußball.

Die Tage vergingen und der Tag, an dem es ins Herzzentrum nach Bad Oeynhausen gehen sollte, rückte näher. Natürlich wurde auch die damit verbundene Nervosität von Tag zu Tag größer.

Dann war der Tag des Eingriffs gekommen. Meine Tasche war gepackt und meine Mutter und ich machten uns wie geplant auf den Weg ins sechzig Kilometer entfernte Bad Oeynhausen. Ich wurde auf der kinderkardiologischen Station aufgenommen und kam in ein Zimmer mit einem etwas jüngeren Jungen als Zimmernachbar. Ich begrüßte ihn etwas schüchtern, da wieder alles neu für mich war. Die Pflegerin erklärte mir alle wichtigen Funktionen der Notklingel und verkabelte mich mit einer sogenannten Telemetrie, die dafür zuständig ist, dass meine Werte von Puls und EKG auf den Bildschirmen der Pflegezentrale zu sehen waren. Dann brachte sie mich zum Ultraschall, damit vor dem Eingriff nochmal alles gecheckt werden konnte. Meine Mutter war die ganze Zeit bei mir und wich mir nicht von der Seite.

Der diensthabende Arzt untersuchte mein Herz mit dem Ultraschallgerät mindestens eine Stunde lang und machte unzählige Bilder davon. Danach teilte er mir die Ergebnisse mit: „Jonathan, dein größtes Problem ist nicht das Loch im Herzen, sondern eine Entzündung deines Herzmuskels. Das geplante Verschließen des Loches wird erstmal nicht stattfinden, sondern wir müssen das Problem mit der Herzmuskelentzündung genauer abklären.“

Irgendwie wusste ich nicht, wie ich das deuten sollte. War es jetzt sehr schlimm mit der Entzündung? Oder ist alles halb so wild? Wie geht es denn jetzt weiter? Bin ich doch kranker als gedacht? Fragen über Fragen, die in meinem Kopf herumschwirrten.

Ich wurde wieder auf mein Zimmer gebracht und hatte dort Zeit, mit meiner Mutter zu reden.

„Eine Entzündung“, sagte ich, „wie soll man das denn jetzt am besten behandeln?“

Meine Mutter versuchte mich zu beruhigen und meinte, dass wir abwarten sollten, was die Ärzte vorschlagen würden.

Nach etwa einer Stunde kamen mehrere Ärzte ins Zimmer und besprachen mit uns die Situation. Sie wollten eine Herzkatheteruntersuchung mit einer Myokardbiopsie bei mir durchführen, wobei über die Leiste ein Herzkatheter bis zum Herzen geschoben wird und mir dort kleine Proben aus dem Herzen entnommen werden, um dann bestimmen zu können, ob es wirklich eine Herzmuskelentzündung ist und woher sie kommt.

Proben beziehungsweise ein kleines Stück aus dem Herzen zu entnehmen, hörte sich im ersten Moment sehr gruselig für mich an. Ich wusste ja gar nicht, wie so etwas ging und ablief. Doch ich wurde umgehend aufgeklärt: Diese Proben seien nur winzig klein und ich müsste mir keine Sorgen machen.

Ein paar Tage später wollten die Ärzte den Eingriff durchführen. Ich war nervös und angespannt, weil es für mich die erste Operation war. Zwar war ich als Kind schon einmal im Krankenhaus gewesen, aber hatte keine Erinnerungen mehr daran, wusste davon nur aus Erzählungen. Ich wurde für die Myokardbiopsie vorbereitet und ins Herzkatheterlabor gebracht. Dort wurde die Narkose eingeleitet und irgendwann wachte ich völlig schmerzfrei wieder im Bett in meinem Krankenzimmer auf.

Ich war müde und fühlte mich kaputt. Meine Mutter war auch da. Die zuständige Pflegerin erklärte uns, dass meine Leiste mit einem Druckverband abgebunden war, damit sich die Punktionsstelle wieder schließt, die der Eingang für den Herzkatheter gewesen war. Ich musste nun also sechs Stunden ruhig liegen bleiben, bis der Druckverband entfernt werden konnte.

Die ersten Stunden waren relativ entspannt, doch irgendwann merkte ich, dass ich dem menschlichen Bedürfnis, dem Wasserlassen, nachgehen musste. Es war meine erste Erfahrung mit einer Urinflasche – was sich in Zukunft noch unzählige Male wiederholen sollte. Dieses Problem war leicht aus der Welt geschafft, aber gegen Ende der sechs Stunden begannen die Rückenschmerzen durch das angespannte und verkrampfte Liegen. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und tapfer zu bleiben. Als die Pflegerin nach der angegebenen Zeit hereinkam, um den Verband abzunehmen, war ich sehr erleichtert.

Am frühen Abend kam der diensthabende Arzt noch vorbei und teilte uns mit, dass auf meinem EKG ein unruhiger Rhythmus zu erkennen war, was auf eine Entzündung des Herzmuskels zurückzuführen sei. „Aber um wirklich sicher zu sein, müssen wir warten, bis die Ergebnisse da sind“, sagte er. Weiterhin würde rund um die Uhr beobachtet, wie sich mein Herzrhythmus entwickelte.

An diesem Abend lag ich im Bett und dachte über die Situation nach. Es wird also ein längerer Aufenthalt hier, und ein schnelles Comeback beim Fußball wird es wohl erstmal nicht geben. Ich war enttäuscht und wusste nicht, wie ich alles verstehen sollte.

Die nächsten Tage vergingen mühsam und ich passte mich immer mehr dem Krankenhausalltag an. Ich wusste schnell, zu welchen Zeiten es Essen gab und wann die tägliche Visite stattfand. Meine Zimmernachbarn wechselten und ich erklärte den neuen Zimmernachbarn beispielsweise, wie der Fernseher funktionierte. Hat mir das alles Spaß gemacht? Eher weniger, weil ich einfach lieber nach Hause wollte. Die Ergebnisse waren aber immer noch nicht da.

Ein paar Tage später bei der täglichen Visite dachte ich, dass wieder einmal die üblichen Fragen gestellt würden. Wie es mir geht oder ob es etwas Neues gibt, das waren zwei von den Fragen, die immer gestellt wurden. Aber dieses Mal hatten die Ärzte die Ergebnisse der Biopsie mit an Bord, die ihren Erstverdacht bestätigten. Es handelte sich also tatsächlich um eine Herzmuskelentzündung. Sie war möglicherweise auf Ringelröteln zurückzuführen, die ich einige Jahre vorher gehabt hatte.

Nun hatten wir eine Erklärung für das, was genau los war. Aber ein Medikament gegen diese Entzündung gab es leider nicht. Ein Antibiotikum hilft nicht gegen ein Virus. So wurde ich Mitte Juni entlassen, da es außer Extraschlägen keine Auffälligkeiten im EKG gab.

Nun waren es deutlich mehr als nur ein paar Tage geworden, denn es war Mitte Mai, als ich im Krankenhaus aufgenommen wurde. Es war eine Entlassung mit der Ansage, dass ich mich schonen sollte und derzeit keinen Sport machen dürfte.

Leider war es ein Abschied mit baldigem Wiedersehen.

Mit 200 über die Autobahn

Endlich war ich wieder zu Hause. Ich sollte mich zwar schonen – aber hey, ich war wieder zu Hause! Zur Begrüßung umarmte ich meine Oma und war froh, sie nach fast vier Wochen endlich wiederzusehen.

Am nächsten Tag lud mich der Enkel unserer Nachbarn zum Grillen ein. Er ist nur zwei Jahre jünger als ich und wir verstanden uns. Es tat richtig gut, mal wieder eine Bratwurst zu essen nach den vier Wochen nur mit Krankenhauskost. Es war wieder ein Stück Alltag eingekehrt und ich konnte von meinen Erlebnissen im Krankenhaus berichten.

Irgendwann nach dem Essen fühlte ich mich wieder unwohl. Hatte ich etwa zu viel gegessen? Nein, das fühlte sich anders an. Ich legte mich aufs Sofa, zog das T-Shirt hoch und konnte sehen, dass meine Brust und mein Bauch stark wackelten. Ich bat seine Eltern, meine Mutter anzurufen. Ich spürte, dass bei mir irgendetwas nicht stimmte und ich so nicht nach Hause gehen konnte.

Meine Mutter kam sofort vorbei. Sie wählte die Nummer der Kinderstation in Bad Oeynhausen und sprach mit dem diensthabenden Arzt. Sie fühlte meinen Puls, während sie telefonierte, um auch als Laie festzustellen, dass das Herz nicht mit dem normalen Ruhepuls, sondern wesentlich schneller schlug.

Ich fühlte mich schlechter und wurde schwächer. Mein Körper spielte definitiv verrückt. Es bestanden nun zwei Möglichkeiten: Entweder mit dem Krankenwagen nach Osnabrück fahren und dann schauen, wie es weitergeht, oder wir fahren selbst, jedoch direkt nach Bad Oeynhausen in die Klinik.

Ich weiß nicht wieso, aber wir entschieden uns für die zweite Variante und fuhren Richtung Bad Oeynhausen. Ich fühlte mich schlecht und von Kilometer zu Kilometer ging es mir schlechter. Ich war wie in Trance und wurde zunehmend abwesender.

Meine Augen waren nur noch halb geöffnet und ich fragte immer wieder mit schwacher Stimme, wann wir endlich da sind.

„Noch zwanzig Kilometer, Jonathan“, versuchte meine Mutter mich zu beruhigen.

„Bitte fahr schneller, ich kann nicht mehr“, antwortete ich.

Sie musste sich auf den Verkehr konzentrieren und trotzdem spürte ich immer wieder ihre Blicke. Ich legte meine Hand auf ihren Oberschenkel. Sie drückte meine Hand und bat mich, durchzuhalten. Völlig entkräftet fragte ich immer wieder nach, wann wir endlich da sind. Ich wusste nicht, ob das alles zu viel für mich war und ob ich diese Fahrt überstehen würde, aber meine Mutter forderte mich immer wieder auf, wach zu bleiben, und ich bemühte mich.

Als ich sie sagen hörte: „Jonathan! Wir sind sofort da!“, nickte ich nur noch und war heilfroh.

Am Herzzentrum angekommen, stützte sie mich, und wir gingen so gemeinsam zur Kinderstation. Wir gingen direkt auf die Pflegezentrale zu: „Mir geht es so schlecht. Irgendetwas stimmt nicht mit mir.“

Kaum hatte ich das gesagt, kam das ganze Gegrillte inklusive Beilagen aus mir heraus und landete vor mir auf dem Fußboden. Mir war es in dem Moment nicht peinlich, da ich nur den Wunsch hatte, dass es mir wieder besser ging. Die beiden Pflegerinnen schnappten sich einen Rollstuhl und brachten mich in dasselbe Zimmer, das ich am Tag vorher überglücklich verlassen hatte.

„Du bist wieder hier?“, fragte mein alter Zimmernachbar.

„Ja, leider“, antwortete ich nur. Ich legte mich aufs Bett und wurde direkt an den Monitor angeschlossen. Sofort blinkte ein rotes Licht und Warnsignale ertönten. Ich blickte in Richtung Bildschirm und sah die Zahl 205. Ich hatte Angst und wenig Kraft. Die Pflegerinnen bauten zwischen mir und meinem Zimmernachbarn eine Sichtschutzwand auf.

Kurz darauf kamen die diensthabenden Ärzte und meine Mutter ins Zimmer und uns wurde mitgeteilt, dass sie nun versuchen würden, mein Herz wieder in einen normalen Rhythmus zu bringen. „Wir werden dich gleich mit Hilfe eines Narkosemittels sozusagen schlafen legen und dann mit dem Defibrillator einen Schock abgeben. Damit möchten wir deinen Herzrhythmus stabilisieren und in einen Sinusrhythmus bringen“, erklärten die Ärzte.

Für mich war es in dem Moment okay, ich wollte mich einfach nur besser fühlen. Meine Mutter war angespannt und nervös, willigte aber selbstverständlich ein. Eine Pflegerin begleitete sie aus dem Zimmer, nachdem ich sie verabschiedet hatte. Die Pflegerinnen erklärten mir genau, was nun passieren würde und nahmen mir so die Unsicherheit. Der Arzt spritzte mir das Sedativum und kurze Zeit später merkte ich, dass ich müde wurde und einschlief.

Als ich wieder zu mir kam, war meine Mutter bei mir und ich fühlte mich besser.

„Ist alles wieder gut?“, fragte ich sie.

„Alles ist wieder im Takt“, beruhigte sie mich.

Doch irgendetwas brannte auf meiner Brust. Ich hob die Decke hoch und sah zwei Abdrücke, ähnlich wie eine Bügeleisenform mit roter Umrandung. Es brannte wie ein Sonnenbrand. Als die Pflegerin kurz darauf vorbeikam, um zu schauen, wie es mir ging, fragte ich sie nach den Abdrücken. Sie erklärte mir, dass diese beim Einsatz vom Defibrillator meistens entstehen, und gab mir dafür eine Creme, die angenehm kühlte. Ich war noch erschöpft von dem Narkosemittel und wollte diesen unangenehmen Tag endlich abschließen und schlafen. Meiner Mutter wurde auf der Kinderstation ein Notfallbett bereitgestellt, denn mittlerweile war es spät geworden.

Am nächsten Morgen lag ich in meinem Krankenbett und dachte nach: Die Herzrhythmusstörungen und die waghalsige Autofahrt gestern waren echt krass. Wie wird es weitergehen? Und was kann man dagegen tun?

Mir schwirrten tausend Fragen durch den Kopf und ich fühlte mich leer. Meine Mutter hatte genau so viele Fragen und wir hofften, dass die Ärzte Licht ins Dunkel würden bringen können.

Der diensthabende Arzt am Wochenende machte uns noch einmal bewusst, dass es sehr leichtsinnig war, am Tag zuvor mit dem eigenen Auto gekommen zu sein.

Der weitere Plan sah erstmal vor, dass ich im Krankenhaus bleibe und mein Herzrhythmus fortan genau beobachtet wird. Der Arzt und ich waren uns einig, dass ein Leben im jetzigen Zustand zu Hause nicht möglich und viel zu gefährlich wäre. Hier war es für mich eine gewohnte Umgebung. Ich war ja gerade wochenlang auf diesem Zimmer gewesen, sodass ich der noch ungewissen Situation wenigstens eine Sache genau kannte: die Essenszeiten. Es war diese Art Humor, den ich an den Tag legte, der mir half, meine Angst und die Ungewissheit über den weiteren Verlauf zu überspielen.

Die nächsten Tage vergingen schleppend und der Krankenhausalltag nahm seinen Lauf. Der Herzrhythmus blieb ruhig und ich hoffte, dass es langsam wieder besser würde. Den Alltag im Krankenhaus hatte ich mittlerweile drin, ich hatte mich fast schon dran gewöhnt. Erschreckend daran war, dass der Alltag im Krankenhaus für mich zur Normalität wurde. Aber ich wusste auch, dass man dem Ganzen auf den Grund gehen musste, um zukünftig keine lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen mehr zu erleiden.