Unterm Oleander - Kaptain Hein Seemann - E-Book

Unterm Oleander E-Book

Kaptain Hein Seemann

4,8

Beschreibung

In dem Buch "Unterm Oleander" geht es um die Biografie eines jungen Seemannes. Wie er seine Ausbildung in fernen Ländern, mit neuen Beziehungen, viel Humor und einigen schweren, auch körperlichen Gewaltanwendungen übersteht. Hier wird gnadenlos dargestellt, wie man als junger Mann in die Gesellschaft der Seeleute aufgenommen wird und vor allem besteht. Als da wäre das Erlebnis, in Wismar einzulaufen. Wir nehmen den Lotsen auf und laufen in Wismar ein. Dort vor der Pier angekommen stellen wir fest, dass keine Leinenleute vor Ort sind. Aber, ich als alter Hase kenne mich ja aus. Und als der Alte von der Brücke über Lautsprecher auf die Back ruft, "Moses spring mal eben an Land und mach fest", tja da zögerte ich nicht und sprang an Land. Ich sprang über die Reling und setzte gerade zur Landung an. Die Füße wollten gerade den Boden berühren als es neben mir ein metallisches ritsch ratsch zu hören ist. Ich drehte meinen Kopf…….

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Seitenzahl: 218

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Prolog

Der Seemann

Die Reise beginnt

Der Alte

Ungeschriebene Gesetze

Der schnellste Moses der Welt oder Wie ich lernte, schnell zu sein

Was ein Fichflet ist und eine Art, seine Religion zu betrachten

Der Kapitänswechsel

Ein Seemann ist einfach nicht fürs Laufen geboren

Ein Moses wird zum Seemann und vollen Besatzungsmitglied

Wie man eine Kneipe auch anders als durch eine Tür verlassen kann

Ein neuer Koch und ein neuer Schiffsmechaniker

Mein erstes ausländisches Weihnachtsfest

Wenn die Zöllner auf einen warten

Auch ein Moses braucht einmal Urlaub

Was eine Seefahrtschule mit einer Jugendherberge zu tun hat

St. Patrick’s Day in Irland

Maschinendienst

Kochende Kartoffeln, die anbrennen

Der Thunfisch und ein Indianertanz

Bis zum letzten Atemzug

Süditalien

Der Aufstieg

Urlaub in Paris

Sonnenuntergang bei Skagen

Äquatortaufe

Kakerlakenrennen

Grillbananen

Teetrinken in der Wüste

Bombenwetter in Libyen

Der zweite Piratenüberfall

Flussfahrt

Ein Bierglas im Gesicht

Schmuggel in der Putzlappenkiste

Strafrunde

Sandsturm

Gran Canaria

Erneut auf dem Schulschiff

Waffenschieber

Kaltes Bier

Der Stier und das Waschpulver

Magdalena

ENDE Epilog

Prolog

Mit diesem Buch möchte ich mich bei meinen leider viel zu früh verstorbenen Eltern bedanken. Dafür, dass sie mir eine unbeschwerte Kindheit bereitet haben, und ganz besonders dafür, dass sie mir erlaubt haben, meinen Kindheitstraum zu erfüllen. Es ist und war nicht selbstverständlich, dass Eltern einem Minderjährigen die Ausbildung zu einem Seemann gestattet haben, umso mehr gilt mein Dank und mein Respekt meinen Eltern für diesen Schritt. Erst jetzt, ein Vierteljahrhundert später, kann ich nachvollziehen, was für eine schwerwiegende Entscheidung ich da von meinen Eltern erwartet habe.

Des Weiteren möchte ich mich auf diesem Wege auch bei meinen Geschwistern und allen Verwandten und Bekannten bedanken, die mir seit dieser Zeit beistehen und mir immer wieder geschrieben und mich über die Neuigkeiten aus der Familie und dem Leben an Land informiert haben.

Auch sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass alle Personen und Geschichten in diesem Buch frei erfunden sind und eine Übereinstimmung rein zufällig und nicht bewusst ist. Und einen Dank an Sie, liebe Leser, dass Sie sich die Zeit nehmen, dieses Buch zu lesen.

Ihr Hein Seemann

Der Seemann

Ich stehe hier, fast regungslos, um mich herum vertraute Geräusche aus leiser Musik, Rauschen von Wasser und dem Surren elektronischer Geräte. Quasi, wie eine Werbung verspricht, ein Fels in der Brandung. Und dieser Vergleich ist gar nicht einmal so schlecht. Denn ich schaue durchs Fenster auf die leicht bewegte See hinaus.

Meine kurzen blonden Haare, die zum Mittelscheitel gekämmt sind, bewegen sich leicht im Windzug, der auf der Schiffsbrücke herrscht, da beide Türen ein wenig geöffnet sind. Bei meiner Körpergröße von 179 cm habe ich mit 85 kg einige Kilo zu viel, doch damit kann ich gut leben und auf ein sogenanntes Sixpack bin ich nicht so wirklich versessen.

Zurzeit ist außer mir noch ein Wachmann auf der Brücke. Ein Matrose, als Ausguck tätig und von den Philippinen stammend. Ein netter und sympathischer Kollege, der seinen Job versteht und der mein Vertrauen genießt.

Während ich da nun so regungslos stehe und meine blauen, sanften Augen die See und den Horizont nach anderen Schiffen absuchen, schweifen meine Gedanken zu dem Zeitpunkt zurück, an dem alles begann.

Tja, wann begann alles? War es, als ich als kleiner Bub von vier Jahren mit meinen strohblonden Haaren auf dem Schoß meines Großvaters saß?

Mein Großvater ist mir in Erinnerung als ein aufrichtiger weißhaariger Herr, der am Sonntag ein weißes Hemd und eine Krawatte trug und der mir immer wieder versuchte beizubringen gerade zu laufen. Rücken gerade, Bauch rein und Brust raus. Ich bin stundenlang mit ihm marschiert. Und genau bei diesem Mann mit seiner großen schwarzen Hornbrille saß ich auf dem Schoß und blätterte in einer Illustrierten. Auf der einen Seite war ein Passagierschiff zu sehen, ich kann mich leider nicht daran erinnern, welches es war, doch es war groß und weiß und schwamm in kristallklarem blauen Wasser, auf dem Hintergrund waren Palmen zu sehen. Ich drückte mit meinem kleinen Zeigefinger auf das Foto und sagte: „Opa, auf dem Schiff werde ich einmal Kapitän.“ Leider verstarb mein Großvater zwei Jahre später, als ich gerade in die Schule gekommen war. Aber dieses Erlebnis ist mir in Erinnerung geblieben und wird mir auch heute noch von meinen vier größeren Geschwistern vorgehalten.

Aber so ist es wohl als Nesthäkchen. Und irgendwie finde ich es auch schön. Bei diesen Gedanken, fern der Heimat und auf einem Kurs, der mir wieder neue Abenteuer eröffnen wird, kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dabei weiß ich genau, ich sollte nicht in meinen Gedanken schwelgen, denn wie heißt es so schön im alten Shanty von Hans Albers: „Seemann, lass das Träumen“. Doch manchmal, in Augenblicken wie diesen, da ist es einfach nicht möglich, nicht an zu Hause und an die Vergangenheit zu denken. Doch vielleicht war es auch eins der Erlebnisse, die ich als Jugendlicher hatte.

Wie für jeden kleinen Jungen, der an einem dieser Entwässerungskanäle aufgewachsen ist, gab es auch für mich nichts Verlockenderes, als an den warmen Nachmittagen des Sommers am Kanal zu sitzen und zu angeln oder davon zu träumen, auf große Reise zu gehen. Einfach den Kanal hinunter, bis er in einen großen Fluss mündet und dieser wiederum in ein Meer mündet, und dann um die Welt. Doch ich war schon immer so eingestellt, dass ich nicht nur träumen wollte, ich wollte es erleben. Also habe ich mir mit meinem Schulfreund ein Floß gebaut. Gut, es hat nicht für die große Reise gereicht, aber wir hatten erste Erfahrung in der großen Seefahrt gesammelt. Nur, wie üblich wurde es uns nach einiger Zeit zu langweilig und vor allem zu anstrengend, mit den selbst gebastelten Paddeln uns mühselig von einem Ufer zum nächsten zu begeben und eigentlich nicht weiterzukommen. Auch ein Segel aus einem Bettlaken brachte nicht sehr viel, da kaum Wind ging und wir unser viereckiges Floß auch nicht am Wind fahren lassen konnten. Also haben wir beschlossen, dass wir uns aus unserem Floß einen Steg bauen wollten, weil man für ein richtiges Boot ja auch ‚ne Pier brauchte.

Zum Glück war mein Freund zwei Jahre älter und sein Vater der Besitzer eines örtlichen Autohauses. Es war kein großes Autohaus, so wie man es heute kennt. So etwas gab es zum Ende der Siebziger noch nicht auf dem Lande. Aber er hatte alte Schrottautos auf dem Hof und ‚ne Werkstatt, in der wir nach Feierabend basteln durften. Wir haben uns überlegt, wir flexen uns ein Dach von einem der Schrottautos ab und bauen uns einen Motor mit Propeller dran. Ein Dach hatten wir schnell gefunden. Wir haben uns für ein VW-Käfer-Dach entschieden, da es weiter gebogen war und wir uns erhofften, dass wir länger trocken bleiben würden. Nachdem wir die Fenster herausgedrückt hatten, haben wir das Dach abgeflext und gleich danach zum Kanal geschafft. Es musste schließlich ausprobiert werden, ob es schwimmfähig war.

Und ... was soll ich sagen, es lag im Wasser und wir fühlten uns schon fast wie Kapitäne. Doch dann fiel uns ein, wir mussten ja auch noch einen Antrieb haben. Und wo sollten wir den hernehmen? Aber am Abend kam mir ein Gespräch meiner Eltern zugute. Ich hörte, wie sie sich darüber unterhielten, dass in zwei Tagen Sperrmüll wäre und was sie noch an die Straße stellen wollten. Am nächsten Tag unterrichtete ich meinen Freund davon und wir beschlossen, am darauffolgenden Tag die Schule zu schwänzen. Gesagt, getan. Wir sind nicht zur Schule gefahren, stattdessen sind wir mit den Rädern durchs Dorf gefahren und haben Ausschau nach alten Benzinrasenmähern gehalten. Insgesamt haben wir drei Stück davon gefunden und diese haben wir kurzerhand hinter den Rädern hergezogen und in die Werkstatt gebracht. Dort angekommen, haben wir uns darangemacht, einem der Mäher wieder Leben einzuhauchen, was uns auch nach kurzer Zeit gelang. Danach wurde der Motor vom Gehäuse geschraubt und wir standen vor der nächsten Herausforderung.

Wie befestigt man einen Rasenmähermotor an einem umgedrehten Autodach und wie kann man dann an der Welle eine Verlängerung anbringen, um am Ende noch einen Propeller daraufzubekommen? Wir haben auch da praktisch gedacht und uns aus alten Stahlstangen ein kleines Podest gebaut, welches wir auf das umgedrehte Autodach geschweißt haben. Nun hatten wir also ein umgedrehtes Autodach, auf dem ein circa 60 cm hohes Podest thronte, das dazu noch schräg geneigt war, da wir sonst die Welle nicht in einen passenden Winkel bekommen konnten. Auf dieser Konstruktion verschraubten wir unseren Motor. An die Welle des Motors schweißten wir mit viel Mühe und vielen vergeblichen Versuchen eine runde Eisenstange. Diese war so lang, dass sie ins Wasser reichen und auch noch etwa zwanzig Zentimeter unter die Oberfläche kommen würde. Ans Ende, welches ins Wasser kam, wurde noch ein alter Metallpropeller von einem Lüfter geschweißt, welchen wir aus einer der Schrottkisten ausgebaut hatten. Nun hatten wir für diese Konstruktion drei oder vier Tage gebraucht und es war wieder spät geworden.

Was halt für einen Jungen in dem Alter spät war. Um neun wurde ich von meinen Eltern gerufen und musste nach Hause. Und das so kurz vorm Stapellauf. Das ging gar nicht. Aber ich fand keine Ausrede, die es gerechtfertigt hätte, noch ‚ne Stunde dabeibleiben zu können. Also haben wir beschlossen, dass wir am nächsten Nachmittag zum Stapellauf zusammenkommen würden. In der Nacht konnte ich vor Aufregung fast nicht einschlafen und der nächste Morgen in der Schule wollte auch nicht vergehen. Doch dann war es so weit. Ich war zu Hause, die Hausaufgaben gemacht, diese von meiner Mutter kontrolliert und nun aber nichts wie los. Auch mein Freund war gerade fertig geworden und wir sind los, um unser super Schiff zu Wasser zu bringen. Der Stapellauf war auch einfach und praktisch zugleich. Wir haben das Gefährt an die Kanalböschung gestellt, uns dahinter, bis drei gezählt, es kurz angeschoben, draufgesprungen, ganz nach vorne gestellt, damit der Propeller in die Luft ging, und ab ging es. Es war ja nicht tief, nur etwa 1,5 m, und es rutschte echt gut. Nun gut, anstatt übers Wasser zu gleiten, hat es viel Wasser aufgenommen und wir lagen natürlich im schönsten Kanalwasser. Doch unser Superschiff schwamm und der Propeller war unter Wasser. Also interessierte es uns auch nicht weiter, ob wir nass waren oder nicht, denn das kann doch einen Seemann nicht erschüttern. Wir schöpften das Wasser aus unserem Boot und dann haben wir den Motor gestartet. Da wir auf den Luftfilter und einige Dämmlagen verzichtet hatten, war es etwas laut. Das Wasser spritzte hinten im hohen Bogen und zum Teil auch so, dass wir immer mal wieder etwas davon abbekamen. Doch es funktionierte und wir kamen vorwärts. Als wir zweimal etwa fünfhundert Meter den Kanal rauf und runter gefahren waren und unser Tank leer war, haben wir uns entschlossen, noch einen Spritzschutz hinten anzubringen.

Also haben wir uns abgemüht, das Gefährt wieder aus dem Wasser zu bekommen und unsere Idee in die Tat umzusetzen. Am nächsten Tag haben wir das Gefährt zu Wasser gelassen und sind dann am Steg eingestiegen. Das war entschieden trockener. Auch das Spritzwasser blieb draußen. Also sind wir mit dem Fahrrad zum Ortskern gefahren (dort war die nächste Tankstelle) und haben Benzin geholt. Danach haben wir uns entschlossen, zu genau diesem Ortskern mit unserm Boot zu fahren, um dort ein Softeis zu essen. Wir sind auch gut angekommen und das Eis hat wunderbar geschmeckt. Nur hatten wir nicht bedacht, dass wir mit unserer lauten Kiste an der Polizeiwache vorbeigefahren sind und dass man einander in so einem Dorf kannte. Die Herren von der Polizeiwache hatten also nichts anderes zu tun, als zu warten, bis sie uns mit unserem lauten Geknatter hörten, um uns dann ans Ufer zu bitten. Tja, das war’s dann mit der Seefahrt. Wir durften noch bis nach Hause fahren, aber da mussten wir unsere Superkiste dann auch noch persönlich verschrotten. Das tat schon weh. Aber wir wollten natürlich keinen Ärger mit der Polizei. Und schon gar nicht wollten wir, dass die Polizei mit unseren Eltern redet.

Welche dieser beiden Geschichten nun der Auslöser war, dass ich zur See fahre, ich kann es nicht sagen. Vielleicht war es auch die Tat, die ich mit fünfzehn anstellte. Ich war schon ein kleiner Held mit zwölf, denn kurz nach der Tat mit dem Superschiff habe ich meine erste Freundin gehabt. Und mit ihr habe ich als erster Junge aus unserer Klasse öffentlich auf dem Schulhof rumgeknutscht. Aber nach zwei Jahren war diese Liebe verflogen und man knutschte mit der einen oder der anderen rum.

Mit knappen fünfzehn wollte ich mehr und somit habe ich mich dann mit meiner damaligen Flamme nach dem Schwimmbadbesuch noch am See zu einer Ruderboottour verabredet. Klar, man konnte die Ruderboote nicht ausleihen, aber sie lagen da und so ein kleines Schloss sollte mich nicht daran hindern, mit der süßen Maus alleine zu sein. Bevor ich zum Schwimmbad gefahren bin, habe ich das Schloss geöffnet und so gelegt, dass es aussah, als ob es noch verschlossen sei. Nach dem Schwimmbadbesuch kam ich mit Susanne zum Boot und wir sind eingestiegen.

Ich habe uns dann über diesen See gerudert und an der anderen Seite das Boot ins Gebüsch gleiten lassen. Die Ufer des Sees waren fast rundherum mit Weidenbüschen zugewachsen und diese hingen zum Teil bis ins Wasser. Unter so einer Weide habe ich das Ruderboot an einem Ast fest vertäut und mich dann ganz der süßen Susanne gewidmet. Wir haben himmlisch geknutscht. Wenn ich daran denke, steigt mir ihr süßer Geruch noch in die Nase und ich spüre ihre Lippen und ihre Zunge, wie sie mit der meinen spielt. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht berücksichtigt hatte, war, dass Susanne keinen Rock, sondern eine Jeans trug. Beim Küssen streichelte ich ihre Haare und über ihren Rücken und unser Geknutsche wurde immer wilder. Ich wurde mutiger und ließ eine meiner Hände auf ihr Bein fallen. Dann strich ich mit meiner Hand langsam an ihrem Bein empor, was ihr auch gefiel, doch als ich den Reißverschluss öffnete, da hat sie mir eine gescheuert, dass ich das Gleichgewicht verlor und außenbords fiel. Ich muss ziemlich verdutzt dreingeschaut haben, denn sie lachte aus vollem Herzen. Nachdem wir beide uns wieder etwas einbekommen hatten, hat sie mir geholfen, wieder an Bord zu kommen. Nun saß ich da, das Wasser lief mir nur so aus den Hosenbeinen und den Turnschuhen. Da meinte Susanne nur: „Ich glaube, nun müssen wir dir die nassen Sachen aber ausziehen.“ Sie hatte es noch nicht einmal ausgesprochen, da fing sie auch schon an, mir die Klamotten auszuziehen.

Da ich sie in den Arm nahm, um sie zu küssen, waren auch ihre Sachen nass und wir haben diese auch gleich ausgezogen. Wir haben uns gegenseitig gestreichelt und am ganzen Körper geküsst. Wenn wir auch nicht miteinander geschlafen haben, so hatten wir doch einen wunderschönen Nachmittag. Es sollten noch einige davon folgen mit ihr. Doch es war wie verhext. Mehr als Petting und Knutschen war nicht drin. So verbrachten wir die Wochen bis zu den Ferien, und als diese anfingen, stand sie auf einmal weinend vor mir. Ich wusste nicht, was los war, doch ich sollte es gleich erfahren. Und Sie können mir glauben, es tat weh, es tat sogar furchtbar weh. Sie sagte mir, dass sie morgen in der Früh wegfahren würde und dass sie nicht wiederkommen würde. Ihre Eltern hatten ihr am gestrigen Abend erzählt, dass sie nach Süddeutschland ziehen würden und sie nur die Ferien abgewartet hätten, damit sie nicht in der Schule etwas verpassen würde. Für uns beide brach eine Welt zusammen und wir konnten gar nicht mehr aufhören zu weinen. Wir wollten uns nicht trennen und wir wollten schon gar nicht auseinandergerissen werden. Doch es kam, wie es kommen musste, sie zog weg und alle Treueschwüre hielten nur für die nächsten Wochen. Da ich nicht genau wusste, wohin sie gezogen war, und ich in den darauffolgenden Wochen auch keinen Brief von ihr erhalten habe, habe ich wieder angefangen, mich mit Freunden zu verabreden. Ich fing zu diesem Zeitpunkt an in die Disco zu gehen. Die war sage und schreibe acht Kilometer von meinem Elternhaus entfernt und meine Eltern meinten: „Wenn du in die Disco willst, dann musst du mit dem Rad fahren.“ Also sind wir mit dem Rad gefahren. Tja und da der Weg ja weit war und wir nicht ganz dumm, haben wir immer irgendwie die Zeit verpennt und kamen natürlich zu spät. Unsere Ausrede war dann immer, dass wir kurz vor der Haustür das Ventil vom Rad herausgedreht haben, um mit einem Platten und geschobenem Rad zu Hause anzukommen. Das hat auch geklappt und so verging die Zeit.

In der Hauptschule hatte ich gute Zensuren und somit habe ich versucht, die Realschule dranzuhängen. Doch leider ist es mir nicht geglückt und ich bin durch die mündliche Prüfung gerasselt. Vielleicht hatte ich mit Christoph Kolumbus auch nicht das richtige Thema für mich gefunden. Nun gut, es war wieder seefahrtsbezogen, auch wenn ich es damals noch nicht gesehen habe, aber dieser Faden zieht sich durch mein gesamtes Leben. Mit dem Realschulabschluss hatte ich eigentlich vor, das Berufsgrundjahr in der Elektronik zu absolvieren, um dann in Richtung Fernsehtechnik zu gehen.

Ich habe mich dementsprechend auf der Schule angemeldet, und als ich die Prüfung vergeigt hatte, muss ich gestehen, hatte ich auch keine Lust mehr, diesen Beruf zu erlernen. Das Gute an dieser Schule war, dass ich zur zwanzig Kilometer entfernten Kreisstadt musste und ich somit morgens und nachmittags eine Stunde mit dem Bus fahren musste. Dort ging es schon ganz anders zur Sache und es wurde geknutscht und gefummelt und hin und wieder blieb man auch einfach mal in der Stadt, um dann mit dem letzten Bus des Tages zurückzufahren. Wie es so im Leben ist, findet man in verschiedenen Abschnitten neue Freunde und einer von diesen neuen Freunden erzählte mir, dass er zur See fahren wolle, wenn er die Penne hinter sich hätte. Das war doch mal was. Weg von zu Hause und die Welt kennen lernen. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr fing diese Idee an mir zu gefallen. An einem der nächsten Tage blieb ich länger in unserer Kreisstadt und ging zum Berufsinformationszentrum. Dort sog ich alles in mich auf, was mit der Seefahrt zu tun hatte. Mein Entschluss stand fest, ich wollte zur See fahren. Als es mal wieder zu Hause so weit war, was ich denn nun nach der Schule machen wolle, sagte ich: „Ich werde zur See fahren. Ich will mir die Welt anschauen und ich will Matrose werden.“ Wie sich vielleicht jeder von Ihnen vorstellen kann, liebe Leser, waren meine Eltern nicht so sehr begeistert von dieser Idee und sie versuchten es mir auszureden. Doch je mehr sie dagegensprachen, desto mehr wollte ich es. Und so kam, was kommen musste. Ich schrieb eine Bewerbung und mein Vater ist mit mir zu einem Reeder in die Kreisstadt gefahren. Dieser hatte zu diesem Zeitpunkt vier Schiffe und sein Büro war im Keller seines Hauses untergebracht. Ich weiß nicht mehr, was er alles wollte, aber ich weiß, er wollte irgendwann mit mir alleine reden und mein Vater sollte draußen warten. Nun gut, um es kurz zu machen, ich bekam die Möglichkeit, meine Ausbildung zum Schiffsmechaniker bei ihm zu machen. Und nun begann das Abenteuer meines Lebens. Und dieses Abenteuer hat bis heute angehalten. Und ich bin immer noch mittendrin im Abenteuer. Doch lassen Sie es mich der Reihe nach erzählen.

Die Reise beginnt

Wie man so ist in jungen Jahren, hatte auch ich ‚ne große Klappe vor meinen Freunden. Aber als der Tag der Abreise kam, da wurde ich recht kleinlaut. Ich brauchte bloß sechzig Kilometer zu fahren, um auf meinem ersten Schiff, einem Kümo (Küstenmotorschiff), anzuheuern. Es war gerade einmal neunundsechzig Meter lang. Für mich war es damals riesig. Es war außen gurkengrün, die Kräne/Bäume waren in einem gelb und die Aufbauten weiß gestrichen. Ich ging also an Bord und nachdem ich vom Kapitän begrüßt worden war, habe ich mich von meinem Schwager und meinem Vater verabschiedet. Das war die letzte Verbindung nach Hause. Nun gab es kein Zurück mehr. Ich bekam eine Kammer zugewiesen und ich packte meine Siebensachen aus. Nachdem ich das erledigt hatte, nahm mich der Matrose an die Seite und zeigte mir das Schiff und erklärte mir einige Rettungsmittel. Danach musste ich mit den anderen (wir waren zu dritt an Deck) den Weizen mit der Schaufel trimmen (glatt streichen und den Weizen in den Ecken verteilen). Es war keine wirklich anstrengende Arbeit, doch mir blieb die Luft so langsam weg, da ich eine schwere allergische Reaktion auf Getreide und Heu habe. Doch ich biss mich durch und irgendwann war es dann auch geschafft und wir konnten die Luken schließen. Der Matrose zog die Luken zu, der Leichtmatrose und ich (Moses) gingen mit der Knaggenstange rum. Das heißt, wir haben die Knaggen eingehängt und mit der Stange als Verlängerung wurden die Knaggen in die Verschlussposition gebracht. Bis der Lotse (ein ortskundiger Kapitän, der sich mit den besonderen Gegebenheiten des Reviers auskennt) kam, sollte noch eine Stunde Zeit sein. Also hatten wir noch Zeit, in Ruhe zu Abend zu essen und einen Kaffee zu trinken. Wir waren mit dem Abendessen fertig und hatten noch eine geraucht, da kam auch der Lotse und es hieß: „Klar vorn und achtern.“ Ich wurde mit dem Matrosen und dem Steuermann zum Vordeck geschickt. Und dann hieß es endlich: „ Leg out. Alle Leinen los.“ Erst jetzt realisierte ich, dass mein Wunsch in Erfüllung gegangen war, und ich freute mich darauf. Wir haben noch das Deck aufgeklart (Leinen verstaut und alle Luken verschlossen) und sind dann zu meinem ersten Feierabend und Auslaufbier gegangen. Ich sollte mich noch oft zu einem solchen Auslaufbier an der Reling am Achterdeck einfinden.

Da wir drei vom Deck uns eine Dusche und Toilette teilen mussten, ging es der Reihe nach. Das war eigentlich nicht immer so, doch dieser Dusch-/Toilettenraum hatte noch eine Besonderheit. Die Toilette stand auf einem Podest, damit das Wasser im Notfall nicht zurücklaufen konnte. Somit hieß die Toilette hier an Bord auch liebevoll „Thron“. Diese stand nicht in einer Ecke, nein! Die Toilette stand mitten im Raum an der hinteren Wand. In der Ecke rechts daneben war die Dusche und in der Ecke davor das Waschbecken. Gegenüber waren die Waschmaschine und der Trockner. Die Dusche konnte man mit einem Kunststoffvorhang abtrennen. Ich war als Letzter dran, doch das kümmerte mich nicht wirklich. Nach dem Duschen bin ich in die Koje (ins Bett), und bevor mein Kopf auf dem Kopfkissen aufschlug, war ich eingeschlafen. Ich hatte einen tiefen, traumlosen Schlaf und wurde am Morgen vom Koch geweckt. Dies ist auf solchen Schiffen eine alte ungeschriebene Regel, da der Koch schon früher wach ist und dann eben den Weckdienst übernimmt.

Das Schiff rollte ein wenig und ich ging in den Waschraum, um mich etwas frisch zu machen. Der Leichtmatrose stand unter der Dusche, der Matrose war gerade am Waschbecken fertig und meinte nach einem fröhlichen guten Morgen, wie ich denn geschlafen hätte. Super, tief und fest. Da meinte er: „Na, dann ist ja gut, dann wird aus dir auch noch ein richtiger Seemann.“ Zum Abschluss meinte er noch, dass wir zugleich die Dusche, die Toilette, das Waschbecken oder auch die Waschmaschine und den Trockner benutzen würden. Also immer rein in die gute Stube. Als ich fertig war, ging ich in die Mannschaftsmesse, um mein erstes Frühstück an Bord einzunehmen. Das hatte was! Die Messe war einfach eingerichtet. An der Wand eine Bank über Eck und davor der Tisch (die Back). Davor noch zwei Stühle. Ich fragte den Matrosen, wo ich denn sitzen könne. Am besten auf dem Arsch und dann hier auf der Bank. Der Stuhl da vorne sei für den Koch, der Leichtmatrose sitze dort und er, er sitze immer hier. Den Stuhl könne er mir nicht empfehlen, da dieser bei etwas mehr Seegang nicht mehr zum Sitzen, sondern zum Rutschen einladen würde. Also nahm ich Platz und der Koch kam rein. „Moin, Moses, na, alles klar? Was willst du denn?“ Hääää? Da wurde mir erklärt, dass wir bei unserem Koch jeden Morgen unsere Eier nach Wunsch bekommen würden. Also bestellte ich mir mal zwei Spiegeleier. Ich goss mir Kaffee ein, schmierte mir ‚ne Scheibe Brot und haute erst einmal kräftig rein. So gefiel mir das Leben. Ich saß in einer Runde Gleichgesinnter und man unterhielt sich über die täglichen Schönheiten, die das Leben bereithielt.

Am Anfang hatte ich eine Menge zu lernen. Sei es, wo was auf dem Schiff ist bzw. wie etwas auf dem Schiff genannt wurde. Es war schon ‚ne Menge, was einen Seemann von einer Landratte unterschied. Aber schon nach kurzer Zeit gab es für mich nur noch Backbord und Steuerbord und nicht mehr Links und Rechts. Anders verhielt es sich mit der Back. Denn die Back war einmal der Tisch in der Messe und zum anderen der Ort vorne am Bug des Schiffes, auf dem die Winden, Poller und Ähnliches zu finden waren. Aber auch hier sollte ich mir den Unterschied noch nachhaltig und sehr wirksam einprägen. Doch ich versuche der Reihe nach zu erzählen und da kam noch einiges zuvor. Nach dem Frühstück ging es an Deck und ich lernte die ersten schiffstypischen Arbeiten. Als ich an Deck kam und nirgendwo mehr Land zu sehen war, war es schon ein großartiges Gefühl. Egal wo man hinschaute, nur Wasser, Himmel und irgendwann der Horizont. Dazu kam der Geruch von frischer Seeluft und Sonnenstrahlen wie aus dem Bilderbuch. Dies war und ist auch heute noch der Inbegriff von Freiheit nach meiner Definition.

Der Alte

Ich war nun schon zwei Tage an Bord und King‘s Lynn im Osten Englands kam näher. Wir sollten am Abend einlaufen und ich war schon sehr gespannt auf meinen ersten Hafen, den ich in meinem Leben anlaufen würde. Die Jungs und auch der Koch hatten mir schon viel über die Pubs, die Mädels und das Bier erzählt.